2.
Voraussetzungen einer Bescheinigung nach den §§ 7i, 10f, 11b EStG
Die Bescheinigung darf nur erteilt werden, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:
2.1
Denkmaleigenschaft
1Das Gebäude oder der Gebäudeteil muss nach Art. 1 BayDSchG ein Baudenkmal (Art. 1 Abs. 1, 2 BayDSchG) oder Teil einer Mehrheit von baulichen Anlagen, das heißt eines Ensembles (Art. 1 Abs. 1, 3 BayDSchG) sein. 2Das Gebäude, der Gebäudeteil oder das Ensemble (Baudenkmal) müssen jeweils bereits vor Beginn der Bauarbeiten den öffentlich-rechtlichen Bedingungen des Denkmalschutzes in der näheren Ausgestaltung durch das Bayerische Denkmalschutzgesetz unterliegen. 3Entfällt die öffentlich-rechtliche Bindung durch die Denkmalschutzvorschriften für das Gebäude innerhalb des zwölfjährigen Begünstigungszeitraums der §§ 7i und 10f EStG, entfällt die steuerliche Begünstigung ab dem Kalenderjahr, das dem Zeitpunkt des Wegfalls der Denkmaleigenschaft folgt.
4Der Wegfall der Denkmaleigenschaft ist der zuständigen Finanzbehörde vom Landesamt für Denkmalpflege mitzuteilen.
2.2
Erforderlichkeit der Aufwendungen
1Die Aufwendungen müssen nach Art und Umfang dazu erforderlich sein, das Gebäude oder den Gebäudeteil als Baudenkmal oder Teil eines Ensembles zu erhalten oder sinnvoll zu nutzen. 2Für bestehende Gebäude innerhalb eines Ensembles, die keinen eigenen Denkmalwert haben, müssen die Aufwendungen nach Art und Umfang zur Erhaltung des denkmalpflegerisch schützenswerten äußeren Erscheinungsbildes des Ensembles erforderlich sein. 3Ausnahmsweise sind hierbei auch Maßnahmen im Inneren eines Gebäudes berücksichtigungsfähig, wenn sie unmittelbaren Einfluss auf das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes und in der Folge auf das Erscheinungsbild des Ensembles haben. 4Maßnahmen im Inneren des Gebäudes haben dann unmittelbaren Einfluss auf das äußere Erscheinungsbild, wenn sie der Abwehr einer dem äußeren Erscheinungsbild akut drohenden Gefahr dienen und zwingend erforderlich sind, um das Gebäude in seinem äußeren Erscheinungsbild zu erhalten oder einer wesentlichen Verschlechterung des äußeren Erscheinungsbildes des Gebäudes entgegenzuwirken. 5Dies kann beispielsweise bei Maßnahmen zur Stabilisierung des Baukörpers der Fall sein, wenn der Baukörper andernfalls einzustürzen droht. 6Gebäude ohne eigenen Denkmalwert in der engeren Umgebung eines Baudenkmals und außerhalb eines Ensembles, erfüllen die Voraussetzungen des § 7i Abs. 1 Satz 4 EStG nicht.
2.2.1
Merkmal „zur Erhaltung des Baudenkmals erforderlich“
1Das Merkmal „zur Erhaltung des Baudenkmals erforderlich“ bedeutet, dass es sich um Aufwendungen für die Substanz des Baudenkmals handeln muss, die nach Art und Umfang erforderlich sind, um die Merkmale zu erhalten, die die Eigenschaft des Gebäudes als Baudenkmal begründen. 2Ist diese Voraussetzung erfüllt, muss nicht geprüft werden, ob die Aufwendungen zur sinnvollen Nutzung des Baudenkmals erforderlich waren.
3Wegen des Tatbestandsmerkmals der „Erforderlichkeit“ ist ein strenger Maßstab an die Aufwendungen zu legen. 4Es reicht nicht aus, dass die Aufwendungen aus denkmalpflegerischer Sicht angemessen oder vertretbar sind, sie müssen unter denkmalpflegerischen Gesichtspunkten notwendig sein. 5Die Tatsache, dass eine denkmalrechtliche Erlaubnis erteilt wurde, weil die Voraussetzungen hierfür vorlagen, entbindet nicht von der Prüfung, ob die Aufwendungen erforderlich sind. 6Die Erforderlichkeit der Baumaßnahmen muss sich aus dem Zustand des Baudenkmals vor Beginn der Baumaßnahmen und dem denkmalpflegerisch sinnvoll erstrebenswerten Zustand ergeben. 7Aufwendungen, die nicht der Eigenart des Baudenkmals entsprechen, sind danach nicht bescheinigungsfähig. 8Dies gilt zum Beispiel für Aufwendungen für Anlagen und Einrichtungen, deren Vorhandensein in Gebäuden mit gleicher Nutzungsart nicht üblich sind, zum Beispiel Whirlpool, Sauna, Schwimmbad.
9Die Prüfung der Erforderlichkeit schließt jedoch keine Angebots- und Preiskontrolle ein.
2.2.2
Merkmal „zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich“
1Das Merkmal „zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich“ erweitert den Umfang der bescheinigungsfähigen Kosten. 2Das Merkmal ist erfüllt, wenn die Aufwendungen die Denkmaleigenschaft nicht oder nicht wesentlich beeinträchtigen und erforderlich sind, um eine unter denkmalschutzrechtlichen Gesichtspunkten sinnvolle Nutzung des Baudenkmals zu erhalten, wieder herzustellen oder zu ermöglichen, und geeignet erscheinen, die Erhaltung des Baudenkmals auf Dauer sicherzustellen. 3Zur sinnvollen Nutzung gehören deshalb Maßnahmen zur Anpassung eines Baudenkmals an zeitgemäße Nutzungsverhältnisse. 4Dazu können im Einzelfall je nach Art der Nutzung Aufwendungen für eine Heizungsanlage, Toiletten und Badezimmer, zählen. 5Eine Aufzugsanlage kann ausnahmsweise erforderlich sein, wenn das denkmalverträglichste Nutzungskonzept eine solche objektiv erfordert (zum Beispiel Krankenhaus, medizinische Praxis, Altenwohnen); sozial-individuelle Bedürfnisse sind unter den Gesichtspunkten der §§ 7i, 10f und 11b EStG nicht zu berücksichtigen. 6Aufwendungen können auch dann berücksichtigt werden, wenn hierdurch ein Abbruch verhindert und die Denkmaleigenschaft erhalten wird.
2.2.3
Merkmal „Erforderlichkeit“ und wirtschaftliche Nutzung
1Zum Merkmal der „Erforderlichkeit“ gelten die Ausführungen unter Nr. 2.2.1 entsprechend.
2Zur sinnvollen Nutzung erforderlich sind auch Aufwendungen, die dazu dienen, eine unter denkmalpflegerischen Gesichtspunkten angemessene wirtschaftliche Nutzung des Baudenkmals zu ermöglichen, nicht jedoch Aufwendungen, die dazu dienen, die wirtschaftliche Nutzung des Baudenkmals zu optimieren. 3Hierzu zwei Beispiele:
- a)
1Ein dem Denkmalschutz unterliegendes Dreifamilienhaus ist ohne Umgestaltung nutzbar, trägt sich aber bei dieser Nutzung wirtschaftlich nicht. 2Hiervon kann beispielsweise ausgegangen werden, wenn Grundsteuer nach § 32 Abs. 1 Nr. 1 des Grundsteuergesetzes (GrStG) erlassen wird. 3In diesem Fall sind die Aufwendungen bescheinigungsfähig, die erforderlich sind, um das Gebäude so umzugestalten, dass es wirtschaftlich nutzbar ist, wenn die Umgestaltung aus denkmalpflegerischer Sicht vertretbar ist.
- b)
1Ein dem Denkmalschutz unterliegendes Dreifamilienhaus ist aus wirtschaftlicher Sicht auch ohne Umgestaltung weiterhin nutzbar. 2Eine Umgestaltung in sechs Wohnungen wäre aus denkmalpflegerischer Sicht zwar vertretbar. 3In diesem Fall sind die hierfür entstehenden Aufwendungen jedoch nicht zur sinnvollen Nutzung im Sinne der §§ 7i, 10f und 11b EStG erforderlich.
4Aufwendungen, die ausschließlich auf Wirtschaftlichkeitsüberlegungen des Eigentümers beruhen, können nicht in die Bescheinigung aufgenommen werden. 5Hierzu gehört beispielsweise in der Regel der Ausbau des Dachgeschosses zusätzlich zur vorhandenen Nutzung. 6Stehen nur Teile eines Gebäudes unter Denkmalschutz und sind diese Gebäudeteile selbstständig nicht nutzungsfähig (zum Beispiel Fassade, Dachreiter), können auch unter dem Gesichtspunkt der sinnvollen Nutzung Aufwendungen, die nicht unmittelbar diese Gebäudeteile betreffen, nicht in die Bescheinigung einbezogen werden.
7Die laufende Unterhaltung eines Baudenkmals ist keine Baumaßnahme.
8Laufende (jährlich) wiederkehrende Unterhaltungskosten wie Wartungskosten für Heizungsanlagen oder Reinigungskosten für Teppichböden und Ähnliches sind nicht bescheinigungsfähig. 9Besondere denkmalbedingte Pflege- und Unterhaltungskosten wie die restauratorische Wartung, Reinigung von Skulpturen, einer Innendekoration oder Renovierung einer Stuckdecke sind bescheinigungsfähig.
2.3
Vorherige Abstimmung
1Die Baumaßnahmen müssen vor Beginn ihrer Ausführungen mit dem Landesamt für Denkmalpflege abgestimmt worden sein. 2Die Abstimmung mit dem Landesamt für Denkmalpflege kann über das dazu bestimmte Online-Verfahren im BayernPortal oder innerhalb eines denkmalrechtlichen Erlaubnisverfahrens oder eines das denkmalrechtliche Erlaubnisverfahren ersetzenden sonstigen Genehmigungsverfahrens (zum Beispiel Baugenehmigungsverfahren) erfolgen, sofern das Landesamt für Denkmalpflege unter ausdrücklicher Ansprache der einkommensteuerlichen Fragestellungen eingebunden ist.
3Wird den Bedenken des Landesamts für Denkmalpflege im denkmalrechtlichen Erlaubnis-, Baugenehmigungs- oder sonstigen öffentlich-rechtlichen Gestattungsverfahren nicht Rechnung getragen, fehlt es diesbezüglich auch an der steuerlichen Abstimmung. 4Daher ist bereits im jeweiligen Bescheid auf die sich daraus ergebenden negativen Rechtsfolgen, nämlich die mangels Abstimmung mit dem Landesamt für Denkmalpflege nicht mögliche steuerliche Bescheinigung, hinzuweisen.
5Die Abstimmung kann auf die sich aus einem denkmalrechtlichen oder diese ersetzenden sonstigen Erlaubnis ergebenden Anforderungen verweisen.
6Eine etwaige Verfahrensfreistellung (Baugenehmigung oder denkmalrechtliche Erlaubnis) entbindet nicht von einer Abstimmung mit dem Landesamt für Denkmalpflege.
7Etwas anderes kann gelten, wenn eine umfassende Abstimmung mit dem Landesamt für Denkmalpflege für wiederkehrende Maßnahmen (Fassadenanstrich, Reinigung, Standards im Innern wie zum Beispiel Parkett und Stuck, auch bei stufenweiser Sanierung mehrerer Wohnungen) erfolgt ist und diese Maßnahmen unverändert auch über mehrere Jahre umgesetzt werden.
2.3.1
Fehlende vorherige Abstimmung
1Ist eine vorherige Abstimmung unterblieben, liegen die Voraussetzungen für die Erteilung der Bescheinigung nicht vor. 2Die fehlende vorherige Abstimmung kann nicht nachträglich ersetzt werden, auch nicht durch die nachträgliche Erteilung einer Baugenehmigung oder einer denkmalrechtlichen Erlaubnis.
3Wird erst im Verlauf der Baumaßnahmen erkennbar, dass ein Baudenkmal vorliegt, können die Aufwendungen bescheinigt werden, die nach dem Zeitpunkt entstanden sind oder entstehen, ab dem das Gebäude als Baudenkmal anerkannt wurde und die Baumaßnahmen betreffen, die vor ihrem Beginn mit der Bescheinigungsbehörde abgestimmt worden sind.
4Werden in diesem Zusammenhang auch Baumaßnahmen durchgeführt, die nicht den mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege nach Maßgabe der denkmalpflegerischen Zielsetzungen erfolgten Abstimmungen entsprechen, sind diese (insoweit) nicht bescheinigungsfähig. 5Sollten derartige Baumaßnahmen die denkmalpflegerischen Zielsetzungen im Ergebnis konterkarieren (so dass zum Beispiel die Denkmaleigenschaft als solche verloren geht), können sie im Einzelfall dazu führen, dass selbst die Durchführung der im Vorfeld nach Maßgabe der denkmalpflegerischen Zielsetzungen durchgeführten Baumaßnahmen nicht mehr bescheinigungsfähig sind. 6Wenn die jeweiligen Voraussetzungen vorliegen, ist die Bescheinigungsbehörde befugt, die Bescheinigung gemäß Art. 48 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) zurückzunehmen oder gemäß Art. 49 BayVwVfG zu widerrufen.
2.3.2
Abstimmungsverfahren
1Die Abstimmung zwischen den Beteiligten ist mit allen erheblichen Daten in Textform festzuhalten.
2Um die ordnungsgemäße Durchführung der Baumaßnahmen entsprechend der Abstimmung und die Abwicklung des Bescheinigungsverfahrens zu erleichtern, empfiehlt es sich, bei der Abstimmung die vorgelegten Unterlagen in Bezug zu nehmen, die Bauherrin bzw. den Bauherren darauf hinzuweisen, dass nur die abgestimmten Baumaßnahmen durchgeführt werden dürfen und dass jede Änderung einer erneuten vorherigen Abstimmung bedarf, sowie zu bestimmen, dass bei der Endabrechnung der Maßnahme die zu bescheinigenden Kosten nach Gewerken aufzulisten und die Belege einschließlich der detaillierten, nachvollziehbaren und prüffähigen Rechnungen der Handwerksbetriebe vorzulegen sind. 3Der Bescheinigungsbehörde bleibt das Recht zur Anforderung von Originalrechnungen vorbehalten.
4Erfüllen nicht alle vorgesehenen Baumaßnahmen die Voraussetzungen für eine Bescheinigung, soll die Bauherrin bzw. der Bauherr von der Bescheinigungsbehörde im Rahmen der Abstimmung darauf ausdrücklich hingewiesen werden.
5Es ist empfehlenswert, die Bauherrin bzw. den Bauherrn in Textform darauf hinzuweisen, dass bei erheblichen Abweichungen der durchgeführten Baumaßnahmen von dem Ergebnis der Abstimmung keine Bescheinigung gemäß § 7i EStG erteilt wird.
2.3.3
Zusicherung nach § 38 VwVfG
1Um der Bauherrin bzw. dem Bauherrn frühzeitig Klarheit über den Inhalt der zu erwartenden Bescheinigung zu geben, kommt über das Online-Verfahren zur Abstimmung im Bayern-Portal hinaus im Einzelfall die Zusicherung nach Art. 38 BayVwVfG in Betracht. 2Die Bauherrin bzw. der Bauherr hat die Tatbestände, für die sie bzw. er die Bescheinigung begehrt, genau anzugeben, beispielsweise nach Gewerken oder Bauteilen. 3Unter Hinweis auf Art. 38 BayVwVfG ist die Bauherrin bzw. der Bauherr zu verpflichten, bei unvorhergesehenen Bauabläufen unverzüglich die Bescheinigungsbehörde zu benachrichtigen. 4Die Zusicherung hat den Hinweis an die Bauherrin bzw. den Bauherrn zu enthalten, dass allein die zuständige Finanzbehörde prüft, ob steuerlich begünstigte Anschaffungs-, Herstellungs- oder Erhaltungskosten im Sinne der §§ 7i, 10f und 11b EStG oder hiernach nicht begünstigte andere Kosten vorliegen. 5Eine verbindliche Auskunft über die zu erwartende Bemessungsgrundlage für die Steuervergünstigung kann nur die zuständige Finanzbehörde bei Vorliegen einer Zusicherung der Bescheinigungsbehörde über den zu erwartenden Inhalt der Bescheinigung unter den allgemeinen Voraussetzungen für die Erteilung einer verbindlichen Auskunft durch die Finanzbehörden geben (§ 89 Abs. 2 ff. der Abgabenordnung – AO in Verbindung mit § 2 Abs. 1 der Steuer-Auskunftsverordnung – StAuskV).
6Die Zusicherung ist keine Bescheinigung im Sinne des § 7i Abs. 2 EStG. 7Sie ist nicht zur Vorlage geeignet, um die erhöhten Absetzungen in Anspruch zu nehmen.