Inhalt

Text gilt ab: 26.10.2023

3.   Prävention und Hilfemaßnahmen

3.1   Allgemeine Grundsätze

3.1.1   Zielsetzung und Abgrenzung zum allgemeinen Sicherheitsrecht

1Oberstes Ziel aller vorbeugenden sozialen Hilfemaßnahmen und jeder Betreuung ist die Vermeidung von Obdach- und Wohnungslosigkeit, um auf Dauer den Verbleib oder die Unterbringung in einer Normalwohnung zu erreichen. 2Diese ist auch wichtige Zielsetzung für eine soziale Wiedereingliederung, sofern der Eintritt von Obdach- und Wohnungslosigkeit trotz präventiver Maßnahmen nicht verhindert werden konnte.
3Obdach- und Wohnungslosigkeit ist daher in erster Linie mit Mitteln des sozialen Wohnungsbaus sowie des Sozialrechts, das vielfältige soziale Hilfen gewährt, zu begegnen. 4Langfristig kann auch die Bauleitplanung zur Vermeidung von Obdach- und Wohnungslosigkeit beitragen. 5Das Sicherheitsrecht ist dagegen als Eingriffsrecht und nicht als Leistungsrecht ausgestaltet, weshalb geeignete Hilfen hier nicht zur Verfügung stehen. 6Die sicherheitsrechtliche Notunterbringung kann daher nur eine vorübergehende Lösung zur unmittelbaren Gefahrenabwehr darstellen, erfordert jedoch weder die Unterbringung in einer Normalwohnung, noch beendet sie die Wohnungslosigkeit (vgl. zum Sicherheitsrecht Nr. 4). 7Die genannte Zielsetzung setzt daher eine begleitende Beratung und Betreuung der betreffenden Personen durch die Sozialbehörden voraus. 8Ziel dieser Hilfen ist es, dass die betreffenden Personen wieder unabhängig von Sozialleistungen leben können. 9Dazu gehört vor allem, dass Wohnungsverlust vermieden wird beziehungsweise dass den Obdach- und Wohnungslosen geholfen wird, in eine normale Wohnung zurückzukehren.
10Drohende Obdach- und Wohnungslosigkeit sowie die Wiedereingliederung hiervon betroffener Personen in Normalwohnungen erfordern daher eine intensive Sozialarbeit. 11Eine enge Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Sozialbehörden und den Verbänden der freien Wohlfahrtspflege ist dazu unerlässlich. 12Auf die Erforderlichkeit und die Möglichkeiten der Zusammenarbeit unter Nr. 3.2 dieser Empfehlungen wird hingewiesen. 13Unter Berücksichtigung der besonderen Situation sind die Möglichkeiten des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II), des SGB VIII, des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) und des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) voll auszuschöpfen. 14Dies gilt insbesondere für vorbeugende Maßnahmen zur Vermeidung von Obdach- und Wohnungslosigkeit.

3.1.2   Soziale Hilfemaßnahmen

1Der Ermittlung und Feststellung des Hilfebedarfs kommt eine besondere Bedeutung zu, da sich Art, Form und Maß der Hilfeleistung bei Obdach- und Wohnungslosigkeit nach den Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls richten. 2Die betroffenen Stellen, insbesondere auch die Sozialhilfeträger, sollen im Zusammenwirken die individuellen Umstände und Ursachen der Notlage klären. 3Dabei erschöpfen sich die persönlichen Hilfen nicht in Beratung und Aufklärung. 4Sie erfordern vielmehr tätige Sozialarbeit, die praktische Hilfe und organisatorische Unterstützung, also eine situationsangemessene Betreuung, leistet. 5Auf die Mitteilungspflichten (Art. 84 Abs. 2 des Gesetzes zur Ausführung der Sozialgesetze – AGSG) und Mitwirkungspflichten (Art. 83 Abs. 1 AGSG) der kreisangehörigen Gemeinden wird hingewiesen.
6Die nachfolgenden Leistungen des SGB II und SGB XII umfassen grundsätzlich keine Wohnraumvermittlung, aber eine Beratung des Leistungsberechtigten mit dem Ziel, ihn zur Selbsthilfe zu befähigen. 7In besonderen Einzelfällen ist im Rahmen der Sozialhilfe auch die Beschaffung einer Unterkunft möglich (vgl. dazu Nr. 3.4).
8Die Zuständigkeit für Leistungen wie Beratung, Betreuung sowie Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts liegt beim zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) beziehungsweise beim zuständigen örtlichen Sozialhilfeträger (SGB XII). 9Die Zuständigkeit für die Leistungen der Eingliederungshilfe (SGB IX) für Menschen mit Behinderung und die stationären und teilstationären Leistungen der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten (SGB XII) liegt im Aufgabenbereich des Trägers der Eingliederungshilfe beziehungsweise der überörtlichen Träger der Sozialhilfe (Bezirke). 10Die Zuständigkeit für ambulante Leistungen der Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten liegt im Aufgabenbereich der örtlichen Träger der Sozialhilfe (Landkreise, kreisfreie Städte). 11Bei Zweifeln über die Zuständigkeit empfiehlt sich eine Nachfrage beim zuständigen Landratsamt beziehungsweise Kreisverwaltungsreferat der kreisfreien Stadt.
12Für erwerbsfähige Wohnungs- und Obdachlose kommen vorrangig auch Leistungen zur Eingliederung in Arbeit nach §§ 16 ff. SGB II und Leistungen zur Arbeitsförderung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) (hier insbesondere auch besondere Leistungen nach §§ 117 ff. SGB III) in Betracht.
13Sofern die obdach- beziehungsweise wohnungslose Person Sozialleistungen beantragt oder erhält, obliegen ihr zumutbare Mitwirkungspflichten, die sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls richten. 14Kommt die Person den zumutbaren Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) nicht innerhalb einer gesetzten angemessenen Frist nach und wird hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, können die Leistungen bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagt oder entzogen werden (§ 66 SGB I). 15Hierauf ist die Person vorher schriftlich hinzuweisen (§ 66 Abs. 3 SGB I).

3.2   Zusammenarbeit vor Ort

1Auf der kommunalen Ebene hängt der Erfolg in der Prävention und Bekämpfung von Obdach- und Wohnungslosigkeit von einer gelingenden Netzwerk- und Kooperationsarbeit ab. 2Es wird daher empfohlen, abhängig von der örtlichen Bedarfslage, die Zusammenarbeit der Akteure auf Grundlage eines gemeinsam getragenen örtlichen Programms zur Prävention von Obdach- und Wohnungslosigkeit mit klar formulierten Zielsetzungen, Maßnahmen und Verantwortlichen niederzulegen.
3Bei der Erarbeitung einer Gesamtkonzeption zur Lösung von Problemen im Zusammenhang mit Obdach- und Wohnungslosigkeit empfiehlt sich grundsätzlich ein Zusammenwirken folgender Stellen: Sozialhilfeverwaltung, Jobcenter, Jugendamt, Wohnungsamt, Wohnungswirtschaft, untere Gesundheitsbehörde (Gesundheitsamt), örtliche Sicherheitsbehörde (Gemeinde), Gleichstellungsbeauftragte, Wohlfahrtsverbände und sonstige Organisationen, die sich der Betreuung von Obdach- und Wohnungslosen widmen. 4Die Koordination Wohnungslosenhilfe Nord- und Südbayern steht bei Bedarf beratend zur Verfügung.
5Dabei kann für kreisfreie Städte das Konzept einer kommunalen Fachstelle zur Vermeidung von Obdach- und Wohnungslosigkeit die organisatorische Grundlage für eine präventive Ausrichtung der Hilfen in Wohnungsnotfällen darstellen (vgl. Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge, Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Prävention von Wohnungslosigkeit durch Kooperation von kommunalen und freien Trägern, DV 17/13 AF III sowie Landesarbeitsgemeinschaft der öffentlichen und freien Wohlfahrtspflege in Bayern – LAG Ö/F –, Rahmenkonzept „Hilfe für wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen in Bayern“, Juni 2009). 6Ihr Leitgedanke ist es, in Fällen der Rechtsträgeridentität (kreisfreie Städte), Teilkompetenzen aus dem ordnungsrechtlichen, sozialrechtlichen und dem wohnungsmarktlichen Bereich, die für die Bearbeitung von Wohnungsnotfällen erforderlich sind und ansonsten über verschiedene Ressorts in der Kommunalverwaltung verteilt sind, in einer Organisationseinheit (Fachstelle) zusammenzuführen. 7Aufgabe der Fachstelle ist insbesondere die Beratung zur Vermeidung von Wohnungsverlust und Bekämpfung bestehender Wohnungslosigkeit.
8Eine Kooperation mit einer Fachstelle empfiehlt sich insbesondere auf folgenden Gebieten:
Übernahme von Mietrückständen und gegebenenfalls Veranlassung weiterer sozialrechtlicher Hilfemaßnahmen;
sicherheitsrechtliche Obdachlosenunterbringung;
Kooperation mit der Wohnungswirtschaft und den spezialisierten Hilfeangeboten bei freien Trägern und
Öffentlichkeitsarbeit bei Mietenden und Vermietenden über mögliche Hilfeangebote.
9Im Hinblick auf den Sozialdatenschutz wird empfohlen, eine Einwilligung der beziehungsweise des Betroffenen einzuholen.
10Nach § 68 Abs. 3 SGB XII sollen die Sozialhilfeträger im Rahmen der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten mit Vereinigungen, die sich die gleichen Aufgaben zum Ziel gesetzt haben (insbesondere den Verbänden der Freien Wohlfahrt), sowie mit sonst beteiligten Stellen zusammenarbeiten. 11§ 18 SGB II normiert, dass die zuständigen Träger der SGB II-Leistungen im Rahmen ihrer Aufgaben und Befugnisse mit den Gemeinden, Kreisen und Bezirken sowie den weiteren Beteiligten des örtlichen Ausbildungs- und Arbeitsmarktes zusammenarbeiten.

3.3   Übernahme von Mietschulden und Sonstiges

1Eine wichtige sozialrechtliche Maßnahme zur Vermeidung von Obdach- und Wohnungslosigkeit ist die Möglichkeit der Übernahme von Mietschulden durch den Sozialhilfeträger oder das Jobcenter, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist (vgl. § 36 Abs. 1 SGB XII, § 22 Abs. 8 SGB II). 2Bei Wohnraummietverhältnissen liegt eine Gefährdung der bisher bewohnten Unterkunft bereits vor formellen mietrechtlichen Schritten wie einer Mahnung, der Kündigung und/oder der Räumungsklage vor. 3Nach den Regelungen des SGB II und SGB XII sind die Amtsgerichte entsprechend verpflichtet, die örtlich zuständigen Träger nach dem SGB II (Jobcenter) und SGB XII (Sozialhilfeträger) oder die von ihnen beauftragte Stelle nach Eingang einer Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Abs. 1, 2 Satz 1 Nr. 3 in Verbindung mit § 569 Abs. 3 BGB unverzüglich zu informieren (§ 22 Abs. 9 SGB II, § 36 Abs. 2 SGB XII). 4Bei Eingang einer Mitteilung oder wenn sie auf andere Weise von den Mietschulden erfährt (zum Beispiel durch Mitteilung der beziehungsweise des Leistungsberechtigten), muss die zuständige Stelle – unter Mitwirkung der beziehungsweise des Betroffenen – prüfen, ob die fristlose Kündigung durch eine Mietschuldenübernahme abgewendet werden kann.
5Beim Vorliegen der Voraussetzungen des § 543 Abs. 1, 2 Satz 1 Nr. 3 in Verbindung mit § 569 Abs. 3 BGB kann ein Mietverhältnis wegen Zahlungsverzugs zwar fristlos gekündigt werden, die Kündigung wird aber unter anderem dann unwirksam, wenn bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit der Räumungsklage die Vermieterin beziehungsweise der Vermieter befriedigt wird oder eine öffentliche Stelle sich ihr beziehungsweise ihm gegenüber bindend zur Befriedigung verpflichtet (§ 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB). 6Rechtshängigkeit liegt vor, wenn die Klageschrift der beziehungsweise dem Beklagten zugestellt ist.
7Ein innerhalb der Schonfrist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB erfolgter Ausgleich des Mietrückstands beziehungsweise eine entsprechende Verpflichtung einer öffentlichen Stelle hat lediglich Folgen für die auf § 543 Abs. 1, 2 Satz 1 Nr. 3 BGB gestützte außerordentliche fristlose, nicht jedoch für eine aufgrund desselben Mietrückstands hilfsweise auf § 573 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB gestützte ordentliche Kündigung. 8Bei einer gleichzeitig ausgesprochenen ordentlichen Kündigung nach § 573 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB ist es unverzichtbar, mit der Vermieterin beziehungswiese dem Vermieter eine Vereinbarung zur Rücknahme der ordentlichen Kündigung zu schließen.
9Mietschulden sollen nur übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Obdach- oder Wohnungslosigkeit droht. 10Die Leistung ist notwendig, wenn ohne sie die Obdach- oder Wohnungslosigkeit nicht verhindert werden kann. 11Bei der wiederholten Übernahme von Mietschulden oder bei einer wiederholten Kündigung ist die Notwendigkeit nicht gegeben, wenn auch in Zukunft mit einer weiteren Übernahme von Mietschulden oder einer erneuten Kündigung zu rechnen ist. 12Die Sicherung der Unterkunft kann damit nicht mehr erreicht werden. 13Kann durch Zahlung der Mietschulden durch den Sozialhilfeträger oder das Jobcenter zwar die fristlose, nicht aber die erfolgte ordentliche Kündigung abgewendet werden, so ist eine Mietschuldenübernahme ausgeschlossen.
14Die Übernahme von Mietschulden soll im Rahmen des SGB II als Darlehen erbracht werden (§ 22 Abs. 8 Satz 4 SGB II). 15Im Rahmen des SGB XII sind diese Geldleistungen entweder als Beihilfe oder als Darlehen (§ 36 Abs. 1 Satz 3 SGB XII) möglich. 16Erforderlichenfalls kann die Miete direkt an die Vermieterin beziehungsweise den Vermieter oder an andere Empfangsberechtigte gezahlt werden (§ 22 Abs. 7 SGB II, § 35a Abs. 3 SGB XII).
17Nach Maßgabe des § 22 Abs. 6 SGB II und des § 35a Abs. 2 Satz 5 SGB XII besteht auch die Möglichkeit, Kosten zur Beschaffung einer Wohnung, eines Umzugs oder einer Mietkaution anzuerkennen. 18Voraussetzung ist jedoch die vorherige Zustimmung des Leistungsträgers.

3.4   Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach dem SGB XII

1Die Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten (Achtes Kapitel des SGB XII) richten sich an Personen, bei denen besondere Lebensverhältnisse mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind. 2Hierzu zählen insbesondere Obdach- und Wohnungslosigkeit und in Verbindung damit weitere existenzielle Problemlagen.
3Mit der Hilfe nach §§ 67 ff. SGB XII wird im Rahmen der Sozialhilfe eine Leistung zur Überwindung einer sozialen Notlage bereitgestellt, die über die sozialhilferechtlich abgedeckten allgemeinen Risiken des Lebens wie Einkommensarmut, Krankheit etc. hinausgeht. 4Die Sozialhilfeträger können hier vielfältige Unterstützung leisten. 5Diese reichen von der persönlichen Unterstützung und erforderlichen Beratung bei der Beschaffung oder in besonderen Einzelfällen auch dem Verschaffen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27. November 2019, Az. 1 S 2192/19) einer Wohnung oder betreuten Wohnens, teilstationären Hilfen und bis hin zur Unterbringung in stationären Einrichtungen. 6Besondere Bedeutung kommt dabei der aufsuchenden Beratung in Notunterkünften zu. 7Der Leistungsumfang ergibt sich aus der Verordnung zur Durchführung der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten.
8Da die Notlage zur sozialen Ausgrenzung führen kann, kommt der zügigen Gewährung dieser Hilfen eine besondere Bedeutung zu. 9Maßnahmen können hierbei Dienst-, Geld- und Sachleistungen sein, die notwendig sind, um die besonderen sozialen Schwierigkeiten nachhaltig abzuwenden, zu beseitigen, zu mildern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten. 10Vorrangig sind als Hilfe zur Selbsthilfe vor allem Leistungen der Beratung und persönlichen Unterstützung für die Hilfesuchenden und ihre Angehörigen bei der Erhaltung und Beschaffung einer Wohnung zu erbringen.
11Zur Beratung und persönlichen Unterstützung gehört vor allem, den Hilfebedarf zu ermitteln, die Ursachen der besonderen Lebensumstände sowie der sozialen Schwierigkeiten festzustellen und diese den Hilfesuchenden bewusst zu machen. 12Des Weiteren sollen Hilfesuchende über in Betracht kommende Maßnahmen und geeignete Hilfeangebote und Hilfeorganisationen informiert werden. 13Diese sollen, soweit erforderlich, vermittelt werden. 14Auf Leistungen anderer Stellen oder nach anderen Vorschriften des SGB XII ist hinzuwirken.
15In Fällen, in denen verschiedene Maßnahmen entweder parallel zueinander und/oder zeitlich nacheinander zu ergreifen sind und dies ein planvolles, abgestimmtes Verhalten mehrerer Stellen über einen längeren Zeitplan erfordert, ist in geeigneten Fällen ein Gesamtplan zu erstellen (§ 68 Abs. 1 Satz 2 SGB XII in Verbindung mit § 2 Abs. 3 der Verordnung zur Durchführung der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten).
16Soweit der Bedarf durch Leistungen nach anderen Vorschriften des SGB XII – nach § 35a Abs. 2 Satz 5 SGB XII können auch Wohnungsbeschaffungskosten übernommen werden (in Ausnahmefällen zum Beispiel auch Maklergebühren) – sowie des SGB VIII und des SGB IX tatsächlich gedeckt wird, sind die Hilfen nach § 67 SGB XII nachrangig.
17Zur weiteren Erläuterung wird sowohl auf die Verordnung zur Durchführung der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten als auch auf die Gemeinsame Richtlinie der bayerischen Bezirke zum Vollzug der Hilfe nach §§ 67–69 SGB XII sowie zum Vollzug der Bayreuther Vereinbarung verwiesen (Bayerische Sozialhilferichtlinien, Richtlinien zu §§ 67–69 SGB XII, Anhang 24).

3.5   Sozialleistungen nach dem SGB II beziehungsweise SGB XII zur Sicherung des Lebensunterhalts

3.5.1   Leistungen nach dem SGB II

1Erwerbsfähige Personen haben bei Hilfebedürftigkeit Anspruch auf Leistungen zur Eingliederung in Arbeit (§§ 14 ff. SGB II), insbesondere auf kommunale Eingliederungsleistungen (§ 16a SGB II) sowie auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (§§ 19 ff. SGB II).
2Landkreise und kreisfreie Städte können als insoweit zuständige Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 AGSG) für erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Rahmen der kommunalen Eingliederungsleistungen Hilfe nach § 16a Nr. 3 SGB II in Form von psychosozialer Betreuung erbringen, wenn dies für die Eingliederung in das Erwerbsleben erforderlich ist.
3Allgemeine Hinweise zum Vollzug des SGB II finden sich auch in den auf den Seiten des Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales (StMAS) eingestellten Vollzugshinweisen (AMS) zum SGB II (vgl. https://www.stmas.bayern.de/grundsicherung/jobcenter/index.php).

3.5.2   Leistungsberechtigung nach dem SGB XII

1Nicht erwerbsfähige Personen und mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebende nicht erwerbsfähige Angehörige haben bei Bedürftigkeit Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt (§§ 27 ff. SGB XII). 2Als nicht erwerbsfähig gelten Personen, die wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 8 Abs. 1 SGB II).
3Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung haben bei Bedürftigkeit Personen ab dem Erreichen der Altersgrenze (wird schrittweise vom 65. Lebensjahr auf das 67. Lebensjahr erhöht) und Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind (§ 41 SGB XII).
4Diese Leistungen können neben den Leistungen nach dem Achten Kapitel des SGB XII (Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten) erbracht werden.

3.5.3   Leistungen im Zusammenhang mit den Kosten einer Unterkunft im SGB II/SGB XII

1Zu den Leistungen im SGB II/SGB XII gehört auch die Übernahme von Mietschulden, weil sie die drohende Obdach- beziehungsweise Wohnungslosigkeit im Anfangsstadium (bei drohender Kündigung und Räumung wegen Mietschulden) verhindern kann.
2Die Leistungen zum Lebensunterhalt umfassen im SGB II/SGB XII neben der Regelleistung/dem Regelsatz auch die angemessenen tatsächlichen Unterkunftskosten (gegebenenfalls auch Übernachtungskosten in Einrichtungen der Obdachlosenhilfe) sowie die angemessenen tatsächlichen Heizkosten.
3Daneben sind auch Leistungen zur Deckung von einmaligen Bedarfen, insbesondere zur Erstausstattung für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten, möglich (§ 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II, § 31 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII).
4Nach Maßgabe des § 22 Abs. 6 SGB II beziehungsweise des § 35a Abs. 2 Satz 5 SGB XII besteht auch die Möglichkeit, Kosten zur Beschaffung einer Wohnung, eines Umzugs oder einer Mietkaution anzuerkennen. 5Voraussetzung ist jedoch die vorherige Zustimmung des Leistungsträgers.

3.6   Eingliederungshilfe nach dem SGB IX sowie weitere Beratungs- und Unterstützungsangebote für Menschen mit Behinderung

1Für Menschen mit Behinderung beziehungsweise Menschen, die von einer Behinderung bedroht sind, (§ 2 Abs. 1 SGB IX) können Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB IX in Betracht kommen, um eine individuelle Lebensführung zu ermöglichen und eine gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern (§ 90 Abs. 1 SGB IX). 2Zu den Leistungen zählen:
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation;
Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (dies beinhaltet Leistungen zur Beschäftigung, zum Beispiel Leistungen im Arbeitsbereich anerkannter Werkstätten für Menschen mit Behinderung);
Leistungen zur Teilhabe an Bildung (zum Beispiel Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung oder zur schulischen oder hochschulischen Ausbildung oder Weiterbildung für einen Beruf);
Leistungen zur Sozialen Teilhabe. Hierzu gehören unter anderem die Versorgung mit nicht medizinischen Hilfsmitteln, Leistungen zur Förderung der Verständigung (zum Beispiel Übernahme der Kosten für eine Gebärdensprachdolmetscherin / einen Gebärdensprachdolmetscher), Leistungen für Wohnraum (zum Beispiel Hilfen bei der Beschaffung, dem Umbau, der Ausstattung und der Erhaltung von Wohnraum, der den besonderen Bedürfnissen von Menschen mit Behinderung entspricht), Assistenzleistungen (zum Beispiel Leistungen für die allgemeine Erledigung des Alltags wie die Haushaltsführung, die Gestaltung sozialer Beziehungen, die persönliche Lebensplanung, die Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben, die Freizeitgestaltung einschließlich sportlicher Aktivitäten sowie die Sicherstellung der Wirksamkeit der ärztlichen und ärztlich verordneten Leistungen) und heilpädagogische Leistungen für Kinder, die noch nicht zur Schule gehen.
3Zuständig sind die Bezirke (Art. 66d AGSG). 4Es empfiehlt sich eine frühzeitige Kontaktaufnahme mit den Bezirken sowie eine frühzeitige formlose Antragstellung (§ 108 SGB IX).
5Ein weiteres Beratungs- und Unterstützungsangebot bieten die Dienste der Offenen Behindertenarbeit (OBA) (vgl. https://www.stmas.bayern.de/inklusives-leben/offene-behindertenarbeit/index.php).
6Für Menschen, die mit psychischen Problemen oder seelischen Notsituationen konfrontiert sind, deren Angehörige und das soziale Umfeld bieten die Sozialpsychiatrischen Dienste in Bayern (SpDi) in Trägerschaft der Verbände der freien Wohlfahrtspflege niedrigschwellig gezielte Beratung an (vgl. https://www.sozialpsychiatrischedienste-bayern.de).
7Als Soforthilfe in psychischen Notlagen steht der regional zuständige Krisendienst (vgl. https://www.krisendienste.bayern) in Trägerschaft des jeweiligen Bezirks zur Verfügung. 8Die Krisendienste Bayern (Art. 1 des Bayerischen Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetzes – BayPsychKHG) sind ein psychosoziales Beratungs- und Hilfeangebot, das allen Menschen in psychischen Krisen sowie deren Angehörigen und Mitbetroffenen in Bayern offensteht, Hilfe und Orientierung bietet und über aktuelles Wissen zu wohnortnahen Unterstützungsangeboten verfügt. 9Die Krisendienste ergänzen das bestehende Versorgungssystem und übernehmen in diesem Zusammenhang zudem eine Lotsen- und Steuerungsfunktion. 10Über die einheitliche und kostenlose Rufnummer 0800 / 655 3000 ist der Krisendienst täglich rund um die Uhr bayernweit erreichbar. 11Bei Bedarf werden die Fachkräfte des Krisendienstes auch aufsuchend tätig.
12Bei Fragen zum Thema „Sucht“ kann sich an die psychosozialen Suchtberatungsstellen (PSBen) in Trägerschaft der Verbände der freien Wohlfahrtspflege gewandt werden (vgl. https://www.kbs-bayern.de/einrichtungen/suchtberatung). 13Diese bieten unabhängig von der Art des Suchtproblems (zum Beispiel Alkohol, illegale Drogen, Medikamente, Glücksspiel, Medien- und Internetnutzung) suchtgefährdeten beziehungsweise suchterkrankten Menschen und deren Angehörigen Hilfe und Unterstützung. 14In den meisten Fällen erfolgen hier die ersten Kontakte mit den Betroffenen; Weichenstellungen zu stationären oder ambulanten Therapien können ermöglicht, gegebenenfalls eine Entgiftungsbehandlung vermittelt und Nachsorge zur Vermeidung von Rückfällen geleistet werden. 15Die PSBen bieten auch Hilfestellung bei der Klärung der Kostenübernahme für die Behandlung und Rehabilitation an.
16Beratungen können direkt vor Ort oder online über die trägerübergreifende und bundesweit einheitliche Beratungsplattform „DigiSucht“ (vgl. https://www.suchtberatung.digital) erfolgen. 17Auch kombinierte Beratungskonzepte aus digitaler und analoger Beratung vor Ort sind möglich. 18Mit „DigiSucht“ wurde ein besonders niedrigschwelliger, sowie zeit- und ortsungebundener Zugang zum Hilfs- und Unterstützungsangebot der PSBen geschaffen. 19Ergänzend bietet die Koordinierungsstelle der Bayerischen Suchthilfe (KBS) einen Überblick über niedrigschwellige Angebote (vgl. https://www.kbs-bayern.de/einrichtungen/niedrigschwellige-hilfen).
20Eine weitere Anlaufstelle besteht in dem Angebot der Selbsthilfe in Bayern (vgl. https://www.seko-bayern.de).

3.7   Wohngeld

1Wohngeld kann zur Vermeidung und Beseitigung von Obdach- und Wohnungslosigkeit beitragen. 2Die Gewährung von Wohngeld richtet sich nach dem Wohngeldgesetz (WoGG), der Wohngeldverordnung (WoGV) und der Wohngeld-Verwaltungsvorschrift (WoGVwV). 3Mit Wohngeld leistet der Staat eine finanzielle Hilfe zu den Wohnkosten. 4Es wird als Zuschuss zur Miete (für Mieterinnen und Mieter) oder als Lastenzuschuss (für selbstnutzende Eigentümerinnen und Eigentümer) geleistet.
5Wohngeld kann auch Personen gewährt werden, die durch die Sicherheitsbehörde in Obdachlosenunterkünfte oder in Wohnraum Dritter eingewiesen sind, auch wenn das Nutzungsentgelt an die Sicherheitsbehörde gezahlt wird (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 WoGG in Verbindung mit Nr. 3.13 Satz 1 Nr. 5 WoGVwV).
6Voraussetzung ist insbesondere, dass die Räumlichkeiten, für die Wohngeld gewährt werden soll, für eine gewisse Dauer zum Wohnen bestimmt sind und ein eigenes häusliches Wirtschaften möglich ist (vgl. Nr. 2.01 WoGVwV). 7Daher kann beispielsweise für Notunterkünfte kein Wohngeld gewährt werden.
8Wohngeld wird zudem nur an Personen geleistet, die keine Transferleistungen (wie zum Beispiel Bürgergeld, Sozialhilfe) beziehen, da bei Transferleistungen die Unterkunftskosten bereits berücksichtigt werden.
9Weitere Auskünfte erteilen die zuständigen Wohngeldbehörden. 10Das sind die Landratsämter und kreisfreie Gemeinden, in denen der Wohnraum liegt, für den Wohngeld bezogen werden soll.

3.8   Bezug von gefördertem Wohnraum

1Ergänzend zu den begleitenden Maßnahmen bei der (vorübergehenden) Obdachlosenunterbringung sollen die zuständigen Stellen auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme von gefördertem Wohnraum hinweisen. 2Die Antragsberechtigung setzt insbesondere voraus, dass Wohnungssuchende die nach dem Bayerischen Wohnraumförderungsgesetz (BayWoFG) beziehungsweise nach dem Bayerischen Wohnungsbindungsgesetz (BayWoBindG) maßgeblichen Einkommenshöchstgrenzen einhalten sowie rechtlich und tatsächlich in der Lage sind, für ihren Haushalt auf längere Dauer einen Wohnsitz als Mittelpunkt der Lebensbeziehungen zu begründen und dabei einen selbstständigen Haushalt zu führen.
3Bei Vorliegen der Voraussetzungen erteilen die zuständigen Stellen, dies sind regelmäßig die Landratsämter und kreisfreien Gemeinden, einen sogenannten Allgemeinen Wohnberechtigungsschein, mit dem bayernweit in Gebieten ohne erhöhten Wohnungsbedarf eine geförderte Wohnung gesucht werden kann. 4Die Entscheidung, an wen die geförderte Wohnung vermietet wird, trifft aber die Vermieterin beziehungsweise der Vermieter.
5In sogenannten Gebieten mit erhöhtem Wohnungsbedarf kommt das Benennungsverfahren zur Anwendung; die Antragsberechtigung für eine Benennung ist grundsätzlich an dieselben Voraussetzungen geknüpft wie beim Wohnberechtigungsschein. 6Das Benennungsverfahren soll sicherstellen, dass einkommensschwächere Personen oder Personen mit besonderen persönlichen Umständen eine Wohnung vermittelt bekommen. 7Danach darf die Vermieterin beziehungsweise der Vermieter die Wohnung nur an von der zuständigen Stelle benannte Wohnungssuchende überlassen; Grundlage für die Überlassung der Wohnung ist hier also nicht die Vorlage eines Wohnberechtigungsscheins. 8Die zuständige Stelle hat die Wohnungssuchenden unter Berücksichtigung des sozialen Gewichts des Wohnungsbedarfs und der Bewohnerstrukturen sowie ergänzend nach der bisherigen Dauer des gewöhnlichen Aufenthalts zu benennen. 9Die zuständige Stelle trifft somit eine Vorauswahl. 10Dabei soll sie auch berücksichtigen, ob Wohnungssuchende in der Lage und bereit sind, ihre mietvertraglichen Pflichten zu erfüllen, insbesondere – sofern die Zahlung der Miete nicht auf andere Weise gewährleistet ist (wie zum Beispiel Unterkunftsleistungen nach SGB II und XII, vgl. Nr. 3.5) – die zulässige Miete zu zahlen. 11Die letztendliche Entscheidung, an wen die geförderte Wohnung vermietet wird, treffen aber weiterhin die Vermietenden. 12Welche Gebiete in Bayern sogenannte Gebiete mit erhöhtem Wohnungsbedarf sind, ergibt sich aus der Anlage zu § 3 Abs. 1 der Durchführungsverordnung Wohnungsrecht (DVWoR).

3.9   Gesundheitshilfe und Kranken-/Pflegeversicherung

1Obdach- und wohnungslose Personen bedürfen gesundheitlicher Hilfe in besonderem Maße, da infolge der Lebensumstände die Gefahr des Auftretens psychischer und körperlicher Krankheiten größer ist.
2Die Krankenkassen sind zur Beratung über Rechte und Pflichten nach dem Sozialgesetzbuch und zur Auskunft über alle Angelegenheiten nach dem Sozialgesetzbuch verpflichtet (§§ 14, 15 SGB I).
3Erwerbsfähige Bezieherinnen und Bezieher von Bürgergeld werden grundsätzlich in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) pflichtversichert (§ 5 Abs. 1 Nr. 2a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – SGB V). 4Sie erhalten eine Krankenversichertenkarte und Leistungen von der GKV. 5Die Beiträge werden von der Bundesagentur für Arbeit beziehungsweise von dem zugelassenen kommunalen Träger gezahlt (§ 252 Abs. 1 Satz 2 SGB V) und vom Bund getragen (§ 251 Abs. 4 Satz 1 SGB V). 6Für nicht erwerbsfähige Familienangehörige besteht in der Regel eine beitragsfreie Familienversicherung (§ 10 SGB V). 7Greift diese nicht, können nicht erwerbsfähige Bezieherinnen und Bezieher von Bürgergeld vom zuständigen Träger der Grundsicherung einen Zuschuss zu ihren Krankenversicherungsbeiträgen erhalten (§ 26 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 SGB II).
8Nicht in der GKV pflichtversichert werden jedoch erwerbsfähige Bezieherinnen und Bezieher von Bürgergeld, wenn sie zuletzt privat krankenversichert waren oder keinen Versicherungsschutz hatten und dem Kreis der selbständigen oder versicherungsfreien Personen angehörten (§ 5 Abs. 5a SGB V). 9Versicherungsfrei sind zudem Personen, die nach Vollendung des 55. Lebensjahres versicherungspflichtig werden, wenn sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Versicherungspflicht nicht gesetzlich versichert waren und mindestens die Hälfte dieser Zeit nicht zum schutzbedürftigen Personenkreis der gesetzlichen Krankenversicherung gehört haben (§ 6 Abs. 3a SGB V). 10Privat Versicherte mit einem Versicherungsvertrag, der der Versicherungspflicht nach § 193 Abs. 3 des Versicherungsvertragsgesetzes genügt, erhalten auf Antrag einen Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag (§ 26 Abs. 1 Satz 1 SGB II).
11Versicherungspflichtige Mitglieder der GKV sind in der sozialen Pflegeversicherung ebenfalls pflichtversichert, das gilt insofern auch für erwerbsfähige Bezieherinnen und Bezieher von Bürgergeld (§ 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2a des Elften Buches Sozialgesetzbuch – SGB XI). 12Die Beiträge werden ebenfalls von der Bundesagentur für Arbeit beziehungsweise von dem zugelassenen kommunalen Träger gezahlt (§ 60 Abs. 1 Satz 2 SGB XI in Verbindung mit § 252 Abs. 1 Satz 2 SGB V) und vom Bund getragen (§ 59 Abs. 1 Satz 1 SGB XI in Verbindung mit § 251 SGB V). 13Ein Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung kann allerdings nur bei Vorliegen der zweijährigen Vorversicherungszeit nach § 33 Abs. 2 SGB XI entstehen). 14Sofern keine Mitgliedschaft in einer Pflegeversicherung besteht oder die Leistungen der sozialen Pflegeversicherung den Pflegebedarf nicht vollständig decken, kann bei Vorliegen von Bedürftigkeit ein Anspruch auf Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII bestehen.
15Empfängerinnen und Empfänger von Leistungen nach dem SGB XII können gesetzlich krankenversichert sein (zum Beispiel über die Krankenversicherung der Rentner). 16Bei fehlender Krankenversicherung gibt es darüber hinaus die „unechte“ Krankenversicherung (sogenannte Statusversicherung) bei einer gesetzlichen Krankenkasse. 17Die gewählte Krankenkasse übernimmt die Krankenbehandlung der SGB XII-Leistungsberechtigten nach § 264 Abs. 2 bis 7 SGB V und erwirbt einen Erstattungsanspruch für die gewährten Leistungen und entstehenden Verwaltungskosten gegen den Sozialhilfeträger (§ 48 Satz 2 SGB XII in Verbindung mit § 264 Abs. 2 bis 7 SGB V). 18Die Leistungsberechtigten erhalten dadurch eine verfahrens- und leistungsrechtliche Gleichstellung mit den gesetzlich Krankenversicherten, ohne volle Mitgliedschaftsrechte in einer Krankenkasse zu erwerben.
19Sofern die Voraussetzungen des § 48 Satz 2 SGB XII in Verbindung mit § 264 Abs. 2 SGB V nicht vorliegen, erhalten die Betroffenen bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen nach den §§ 47 ff. SGB XII Hilfen zur Gesundheit nach § 48 Satz 1 SGB XII im Umfang von §§ 47 bis 51 SGB XII. 20Der Sozialhilfeträger hat die Leistungen für die Leistungsberechtigten, die nicht zum Kreis der Berechtigten des § 48 Satz 2 SGB XII in Verbindung mit § 264 Abs. 2 bis 7 SGB V gehören, als Sachleistungen durch Einschaltung Dritter, deren Kosten von ihm übernommen werden, zu gewähren (Ausnahmefall). 21Leistungsausschlüsse, insbesondere gemäß § 23 Abs. 3 SGB XII, sind zu beachten.

3.10   Kinder- und Jugendhilfe

1Die Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe werden von den Kommunen (Jugendämter der Landkreise und kreisfreien Städte) im eigenen Wirkungskreis in enger Zusammenarbeit mit anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe wahrgenommen.
2Eltern beziehungsweise Personensorgeberechtigte mit ihren Kindern in Notunterkünften bedürfen der besonderen Unterstützung bei der Bewältigung ihrer Probleme durch gezielte Hilfe, insbesondere Stärkung der Erziehungskompetenz der Eltern und Resilienzförderung der Kinder und Jugendlichen. 3Dabei ist die individuelle Situation zu berücksichtigen; sie kann einen längeren intensiven Kontakt oder Jugendhilfeleistungen erforderlich machen.
4In Gebieten, in denen eine Vielzahl Obdachloser untergebracht ist, sollte im Rahmen der kommunalen Sozial- und Jugendhilfeplanung besonders darauf geachtet werden, dass ausreichende Angebote geschaffen und vorgehalten werden, die den Bedürfnissen von betroffenen Eltern, Kindern und Jugendlichen und – in Einzelfällen – jungen Volljährigen gerecht werden. 5Es ist vorrangig auf die Inanspruchnahme der bestehenden allgemeinen örtlichen Hilfesysteme, Dienste und Einrichtungen hinzuwirken. 6Auch für junge Volljährige, die obdach- beziehungsweise wohnungslos oder von Wohnungslosigkeit bedroht sind, kommen gegebenenfalls bis zum 21. Lebensjahr, in begründeten Ausnahmefällen bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe in Betracht (§ 41 SGB VIII; Unterbringung ist aber nur dann Bestandteil der Jugendhilfeleistung, sofern bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen durch das Jugendamt eine vollstationäre Leistung erbracht wird).
7Schwangere und Familien in Notunterkünften sollen regelmäßig auf die besonderen Hilfen, vor allem auf die Beihilfen der „Landesstiftung Hilfe für Mutter und Kind“, auf das Bundeselterngeld, das Bayerische Familiengeld und auf die Möglichkeit der Unterbringung in gemeinsamen Wohnformen für Mutter und Kind (§ 19 SGB VIII) hingewiesen werden.