1.
Bestattungseinrichtungen
1.1
Begriff
1Bestattungseinrichtungen im Sinne von Art. 7 BestG sind nicht nur Grundstücke und Gebäude wie zum Beispiel Friedhöfe, Leichenräume (Leichenhäuser) und Feuerbestattungsanlagen, sondern alle Einrichtungen, die unmittelbar der Bestattung und deren Vorbereitung dienen sollen. 2Die Einrichtungen umfassen auch das geeignete Personal, um die Verstorbenen waschen, ankleiden, einsargen, befördern, bestatten und umbetten zu können.
1.2
Bedürfnis für gemeindliche Bestattungseinrichtungen
1Zu den Aufgaben der Gemeinde nach Art. 7 BestG gehört nicht nur das Herstellen und Unterhalten von Bestattungseinrichtungen, sondern auch deren Betrieb. 2Die Gemeinde muss jedoch Bestattungseinrichtungen nur herstellen, unterhalten und betreiben, soweit dafür ein öffentliches Bedürfnis besteht. 3Das ist in dem Umfang nicht der Fall, in dem Dritte Bestattungseinrichtungen bereithalten. 4Das Ausmaß der gemeindlichen Pflicht ist daher für jede einzelne Gemeinde besonders festzustellen. 5Im Gegensatz zur Pflicht ist das Recht der Gemeinde, Bestattungseinrichtungen zu betreiben, von der Tätigkeit Dritter nicht abhängig. 6Dieses Recht folgt aus dem Auftrag der Art. 149, 83 der Verfassung. 7Von einer Gemeinde kann daher nicht verlangt werden, dass sie die Tätigkeit ihrer Bestattungseinrichtungen einschränkt oder einstellt, wenn kirchliche Friedhofsträger oder private Unternehmen tätig sind oder tätig werden wollen.
1.3
Bestattungshoheitsverwaltung und Bestattungswirtschaftsbetriebe
1.3.1
1Gemäß Art. 8 Abs. 2 BestG können nur juristische Personen des öffentlichen Rechts Träger von Friedhöfen sein. 2Die Trägerschaft ist hoheitlicher Natur (Bestattungshoheitsverwaltung). 3Zur Bestattungshoheitsverwaltung gehören die Vorhaltung von Friedhöfen und Leichenräumen und die damit verbundenen Verwaltungsmaßnahmen (zum Beispiel Grabzuteilung oder Festsetzung des Bestattungszeitpunkts) sowie die im Zusammenhang mit der Bestattung stehenden Dienstleistungen, soweit für sie ein Benutzungszwang angeordnet ist (siehe Nr. 2.2). 4Auch wenn die Gemeinde keinen Benutzungszwang anordnet, muss sie aufgrund ihrer verfassungsrechtlichen Pflicht zur Totenbestattung in geeigneter Weise Sorge dafür tragen, dass die im Zusammenhang mit der Bestattung stehenden Dienstleistungen ordnungsgemäß erledigt werden. 5Dafür trägt sie als Friedhofsträgerin die Letztverantwortung. 6An der hoheitlichen Natur der Aufgabe ändert sich nichts, wenn die Gemeinde sie in privatrechtlicher Form erfüllt. 7Auch in diesem Fall ist das Grabnutzungsrecht („Ob“ der Benutzung der Bestattungseinrichtungen) ein von der Gemeinde durch Verwaltungsakt verliehenes Sondernutzungsrecht öffentlich-rechtlicher Natur. 8Die näheren Modalitäten („Wie“ der Benutzung) können öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich ausgestaltet werden (vergleiche BVerwG, Urteil vom 6. April 2005, Az. 8 CN 1/04).
1.3.2
1Neben ihrer hoheitlichen Tätigkeit kann die Gemeinde im Rahmen des gemeindlichen Unternehmensrechts (Art. 86 ff. GO) Leistungen anbieten, die auch von privatwirtschaftlich tätigen Unternehmen erbracht werden (Bestattungswirtschaftsbetrieb). 2Soweit Bestattungswirtschaftsbetriebe der Totenfürsorge in dem in Nr. 1.1 dargestellten Umfang dienen, erfüllen sie einen öffentlichen Zweck und werden herkömmlich der Daseinsvorsorge zugerechnet. 3Voraussetzung ist dabei auch, dass ein Bezug zur Gemeindebevölkerung oder zum Gemeindegebiet besteht. 4Entscheidend ist, wem die im Rahmen der Daseinsvorsorge wahrgenommene Tätigkeit zugutekommt (vergleiche BVerwG, Urteil vom 20. Januar 2005, Az. 3 C 31/03). 5Zulässig sind in diesem Rahmen auch Fernüberführungen mit einem örtlichen Bezug. 6Ein hinreichend spezifischer Bezug zur örtlichen Gemeinschaft ist bei Fernüberführungen jedenfalls dann gegeben, wenn auswärts verstorbene Einwohnerinnen und Einwohner einer Gemeinde zurückbefördert werden sollen (vergleiche VG München, Urteil vom 27. September 2007, Az. M 12 K 06.2141). 7Etwas anderes gilt für Tätigkeiten, die nach Art und Umfang über die Totenfürsorge hinausgehen (zum Beispiel Einrichtung einer Friedhofsgärtnerei, Verkauf von Kränzen und Blumen, Durchführung von Fernüberführungen ohne örtlichen Bezug). 8Die Zulässigkeit dieser Tätigkeiten richtet sich nach den Vorschriften des gemeindlichen Unternehmensrechts, wobei vor allem die Subsidiaritätsklausel (Art. 87 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GO) zu beachten ist.
1.3.3
1Bestattungswirtschaftsbetriebe unterliegen den wettbewerbsrechtlichen Vorschriften des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB). 2Das bedeutet vor allem, dass die Gemeinde die inhaltliche Verknüpfung ihrer hoheitlichen Aufgaben mit den Aufgaben des Bestattungswirtschaftsbetriebs im Wettbewerb mit privaten Bestattungsunternehmen nicht missbräuchlich ausnutzen darf. 3Ein Missbrauch liegt unter anderem vor, wenn sie aus dieser Verknüpfung wettbewerbliche Vorteile zieht, die ihre Mitbewerber nicht erzielen können. 4Die Gemeinde muss daher den Bestattungswirtschaftsbetrieb in der Bezeichnung sowie auch räumlich, organisatorisch und personell so vom Hoheitsbereich trennen, dass die Kundschaft ohne Schwierigkeiten erkennen kann, welche Leistungen sie aus öffentlich-rechtlichen Gründen nur bei der Gemeinde und welche sie auch bei privaten Bestattungsunternehmen erhält. 5In Fällen, in denen eine räumliche Trennung nicht realisiert werden kann, muss die Gemeinde durch geeignete Maßnahmen der irrtümlichen Annahme einer Monopolstellung für den kommunalen Bestattungsdienst entgegenwirken (zum Beispiel durch Informationstafeln mit Firmenangaben von anderen regional relevanten Bestattungsunternehmen oder durch die Möglichkeit zur Auslage von Werbematerial dieser Wettbewerber). 6Auch sonst dürfen gemeindliche Bestattungswirtschaftsbetriebe, die über eine marktstarke Stellung oder über eine gegenüber privaten Bestattungsunternehmen überlegene Marktmacht verfügen, andere Unternehmen (zum Beispiel Zulieferer, private Bestattungsunternehmen) nicht unmittelbar oder mittelbar unbillig behindern oder ohne sachlich gerechtfertigten Grund ungleich behandeln (zum Beispiel durch nicht gerechtfertigte Ausgestaltung von Preisen oder Geschäftsbedingungen).
1.4
Durchführung gemeindlicher Aufgaben durch private Unternehmen
1.4.1
1Die Gemeinde muss ihre mit dem Betrieb von Bestattungseinrichtungen zusammenhängenden hoheitlichen Aufgaben nicht selbst durch eigenes Personal oder eigene Bestattungseinrichtungen erfüllen, sondern kann sich – soweit die Aufgabe dafür geeignet ist – auch privater Unternehmen bedienen, die in fachlicher, betrieblicher und persönlicher Hinsicht geeignet und zuverlässig sind. 2Es ist zu empfehlen, dem Dienstleistungsvertrag die entsprechenden Anforderungen an Bestattungsdienstleistungen nach der EN 15017 zugrunde zu legen. 3Geeignete Aufgaben sind die in Nr. 2.2.1 genannten Dienstleistungen, soweit die Gemeinde für sie einen Benutzungszwang festgelegt hat. 4Hoheitliche Maßnahmen wie Grabzuteilung oder Gebührenfestsetzung trifft die Gemeinde selbst. 5Eine Übertragung der Aufgaben selbst, also eine Beleihung des Unternehmens, ist mangels gesetzlicher Grundlage nicht möglich.
1.4.2
1Die Gemeinde muss die Rechtsbeziehungen zu dem Unternehmen so gestalten, dass dieses nur als ihr Gehilfe zur Erfüllung ihrer hoheitlichen Aufgaben tätig wird. 2Im Verhältnis zu den Benutzern der Bestattungseinrichtungen muss die Gemeinde Partnerin der wegen einer Bestattung anzuknüpfenden Rechtsbeziehungen bleiben. 3Auftraggeberin des Unternehmens kann daher nur die Gemeinde selbst, nicht aber die oder der Hinterbliebene sein. 4Das Unternehmen kann daher gegenüber den Hinterbliebenen auch nicht im eigenen Namen abrechnen.
1.4.3
1Bei öffentlich-rechtlicher Regelung der Benutzung der Bestattungseinrichtungen durch Satzung müssen die Benutzungsgebühren (vergleiche Nr. 2.3.1) von der Gemeinde durch Gebührenbescheid gegenüber den Nutzungsberechtigten festgesetzt werden; dies gilt auch für die im Auftrag der Gemeinde erbrachten Leistungen des Unternehmens. 2Die Gebühren können durch das private Unternehmen eingehoben werden, wenn ihm die Gemeinde insoweit die Kassengeschäfte gemäß Art. 101 GO übertragen hat. 3Dabei sind § 56 KommHV-Kameralistik und § 52 KommHV-Doppik zu beachten.
1.4.4
1Auch bei privatrechtlicher Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses kann das Grabnutzungsrecht nur durch die Gemeinde selbst begründet werden. 2Rechtsbeziehungen bestehen insoweit nur zwischen ihr und den Grabnutzungsberechtigten. 3Ergänzende zivilrechtliche Vereinbarungen zwischen einem als Gehilfe der Gemeinde eingebundenen Privaten und den Grabnutzungsberechtigten über die näheren Modalitäten der Nutzung sind rechtlich nicht ausgeschlossen, sofern diese vorab mit der Gemeinde abgestimmt und ausreichende Einwirkungsmöglichkeiten der Gemeinde gegenüber dem Gehilfen und den Nutzern zur Wahrung des Friedhofszwecks (Art. 5 BestG) sichergestellt sind. 4Die Gemeinde kann den Gehilfen beauftragen, das von ihr festgesetzte privatrechtliche Entgelt in ihrem Namen zu bestimmen und vom Schuldner einzufordern.
1.4.5
1Verträge, die die Gemeinde zur Erfüllung ihrer hoheitlichen Bestattungsaufgaben mit privaten Unternehmen schließt, setzen grundsätzlich einen Wettbewerb voraus. 2Die Laufzeit solcher Verträge sollte verhältnismäßig kurz (etwa auf zwei bis fünf Jahre, abhängig vom Investitionsbedarf und der Amortisationsdauer) befristet sein. 3Erreicht oder überschreitet der geschätzte Auftragswert (ohne Umsatzsteuer) den Schwellenwert nach § 106 Abs. 2 Nr. 1 GWB in Verbindung mit Art. 4 Buchst. c der Richtlinie 2014/24/EU, sind die vergaberechtlichen Vorschriften des Teils 4 GWB in Verbindung mit der Vergabeverordnung (VgV) anzuwenden. 4Danach ist grundsätzlich ein EU-weites Ausschreibungsverfahren nach den Regeln der Vergabeverordnung durchzuführen. 5Bei der Schätzung des Auftragswerts ist die gesamte Dienstleistung unter Berücksichtigung der Laufzeit des Vertrages nach § 3 Abs. 11 VgV einzubeziehen. 6Auf § 60 VgV wird im Interesse einer Vermeidung von Dumping-Angeboten besonders hingewiesen. 7Wird ein Auftrag, der unter die genannten Bestimmungen fällt, in unzulässiger Weise ohne vorherige Veröffentlichung einer Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union vergeben, ist er von Anfang an unwirksam, wenn dieser Verstoß in einem Nachprüfungsverfahren festgestellt worden ist (§ 135 Abs. 1 GWB). 8Unterhalb des Schwellenwertes gelten § 31 KommHV-Kameralistik, § 30 KommHV-Doppik und die dazu vom Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Finanzen und für Heimat bekannt gemachten Vergabegrundsätze.
1.4.6
1Der Vertrag sowie das Handeln der Gemeinde und ihres Gehilfen müssen so gestaltet sein, dass das Unternehmen aus seiner Tätigkeit im hoheitlichen Bereich nicht missbräuchlich wettbewerbswidrige Vorteile für seinen eigenen Unternehmensbereich zulasten anderer privater Unternehmen erlangen kann. 2Die in Nr. 1.3.3 genannten Grundsätze zur Vermeidung wettbewerbswidrigen Handelns, insbesondere zur erforderlichen räumlichen, organisatorischen und personellen Trennung, gelten grundsätzlich entsprechend. 3Der Benutzer muss deutlich erkennen können, ob das Unternehmen ihm gegenüber als Vertreter der Gemeinde tätig wird (was nur im Rahmen von Nr. 1.4.1 zulässig ist) oder aber Leistungen des eigenen Unternehmens anbietet. 4Auch die Gemeinde muss in ihrem Verhalten gegenüber den Hinterbliebenen darauf achten, ihrem Gehilfen nicht missbräuchlich wettbewerbswidrige Vorteile zu verschaffen. 5Der Gehilfe darf gegenüber den Hinterbliebenen nur benannt werden, wenn es zur Aufgabenerfüllung erforderlich ist.
1.5
Anlage von Bestattungseinrichtungen
1Das Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention und das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) haben einen „Hygieneleitfaden Friedhöfe“ erstellt. 2Er wird als unverbindliche Hilfestellung für den Vollzug der Anforderungen an Friedhöfe und Grabstätten gemäß Art. 9 Abs. 1 Satz 1 BestG empfohlen und ist auf der Internetseite des LGL abrufbar.
1.6
Verkehrssicherungspflicht
1Die Gemeinde ist als Friedhofsträger verpflichtet, die gemeindlichen Friedhöfe in einem verkehrssicheren Zustand zu halten. 2Die Verkehrssicherungspflicht umfasst die Sicherung vor Gefahren auf den Wegen und vor Gefahren, die von Gebäuden, Grabdenkmälern und erkennbar gefährdenden Bäumen ausgehen. 3Die Friedhofsträger sind grundsätzlich nicht verpflichtet, die Aufstellung von Grabmälern zu überwachen, sie müssen jedoch in angemessenen Zeitabständen die Standfestigkeit aufgestellter Grabmäler überprüfen. 4An diese Überwachungspflicht werden im Interesse der Sicherheit der Friedhofsbesucher hohe Anforderungen gestellt. 5Die Überprüfung darf sich nicht auf den Augenschein beschränken; die Grabmäler sind durch eine Druckprobe (entweder von Hand oder durch ein geeignetes Gerät) daraufhin zu untersuchen, ob sie noch standsicher sind und sich nicht im Gefüge gelockert haben. 6Die Überwachung muss durch fachkundige Bedienstete oder fachlich qualifizierte und geeignete Handwerksbetriebe im Auftrag der Gemeinde erfolgen. 7In der Regel genügt eine jährliche Überprüfung nach dem Ende der winterlichen Witterung. 8Für nähere Informationen wird auf einschlägige Publikationen der Haftpflichtversicherer beziehungsweise der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) verwiesen. 9Eine Anleitung zur Standsicherheitsprüfung von Grabmälern hat der Verband der Friedhofsverwalter Deutschlands e. V. auf seiner Internetseite im Downloadbereich veröffentlicht. 10Im Übrigen wird den Gemeinden empfohlen, in ihre Friedhofssatzungen Vorschriften über die standsichere Aufstellung von Grabdenkmälern aufzunehmen.
1.7
Naturfriedhöfe
1Bestattungen in der freien Natur können auch im Wege der Ausnahmevorschrift des Art. 12 BestG grundsätzlich nicht zugelassen werden. 2Eine naturnahe Bestattung kommt aber auf Naturfriedhöfen infrage. 3Ein Naturfriedhof ist ein weitgehend naturbelassenes Gelände ohne besonders angelegte Grabstätten, zum Beispiel ein Wald, in dem die Beisetzungen an der Wurzel der Bäume erfolgen. 4Ein Naturfriedhof muss ein Friedhof im Sinne von Art. 7 und 8 BestG sein. 5Dafür sind die nachfolgenden Voraussetzungen zu beachten.
1.7.1
1Träger muss eine juristische Person des öffentlichen Rechts sein (Art. 8 Abs. 2 BestG). 2Die Rechtsbeziehungen zwischen der Gemeinde, einem etwa eingeschalteten privaten Unternehmen und den Grabnutzungsberechtigten müssen den in Nr. 1.4 näher dargelegten Vorgaben entsprechen. 3Die Gemeinde ist Partnerin der Rechtsbeziehungen zu den Grabnutzungsberechtigten. 4Sie vergibt das Nutzungsrecht aufgrund eigener Entscheidung und setzt die Gebühren eigenverantwortlich fest. 5Ein privates Unternehmen kann bei der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben der Gemeinde nur als deren Gehilfe tätig sein (zum Beispiel bei der Auswahl des für die Bestattung zur Verfügung gestellten Baumes). 6Insbesondere ist der Private nicht zu eigenständigen Vertragsverhandlungen mit den Grabnutzungsberechtigten oder Dritten berechtigt. 7Es muss nach außen erkennbar sein, dass die Gemeinde verantwortliche Trägerin des Naturfriedhofs ist. 8Auch Verträge, die Gemeinden mit privaten Unternehmen im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Naturfriedhofs schließen, setzen grundsätzlich einen Wettbewerb voraus. 9Nr. 1.4.5 Satz 1 und 3 bis 8 gelten daher entsprechend.
1.7.2
1Das Gebiet muss als Friedhof gewidmet werden. 2Voraussetzung für die Widmung ist, dass die Gemeinde bis zum Ablauf der Ruhezeiten die Verfügungsbefugnis über das Grundstück hat. 3Soweit sie nicht selbst Eigentümerin ist, ist es notwendig, die Verfügbarkeit zivilrechtlich durch Eintragung einer Grunddienstbarkeit (§§ 1018 ff. BGB) zugunsten der Gemeinde abzusichern. 4Eine zivilrechtliche Verknüpfung der Verfügungsbefugnis mit dem Betrieb durch ein bestimmtes Unternehmen ist nicht zulässig, da es der dauerhaften Sicherstellung des Friedhofszwecks nach Art. 8 Abs. 1 BestG und der Rolle des privaten Unternehmens als Gehilfen der Gemeinde als Friedhofsträgerin zuwiderlaufen würde.
1.7.3
Die Einrichtung eines Naturfriedhofs ist nur zulässig, wenn im Gemeindegebiet auch ein herkömmlicher gemeindlicher Friedhof zur Verfügung steht.
1.7.4
1Der Naturfriedhof muss durch eine Einfriedung als Friedhof erkennbar und geschützt sein. 2Dies ergibt sich aus dem Begriff und der Zweckbestimmung eines Friedhofs als nach außen geschütztes Areal und Ruhestätte, die die Würde der Verstorbenen gewährleisten muss. 3Angesichts des Schutzzweckes ist eine lediglich optische Abgrenzung (zum Beispiel durch Schilder oder andere Markierungen) nicht ausreichend; erforderlich ist mindestens eine Hecke oder eine in der Wirkung vergleichbare Einfriedung, die das gesamte Gelände umschließt.
1.7.5
1Für Beisetzungen auf Naturfriedhöfen, etwa an der Wurzel eines Baumes, kommen nur Urnenbestattungen in Betracht. 2Die Gemeinden können durch Gestaltungsregelungen Grabpflege und Grabschmuck auf Naturfriedhöfen untersagen. 3Es sollte aber die Möglichkeit bestehen, auf Wunsch den Namen der Verstorbenen und friedhofstypische Symbolik an der Begräbnisstelle anzubringen.
1.7.6
1Bauplanungsrechtlich sind Naturfriedhöfe nur auf der Grundlage einer Bauleitplanung zulässig, da es sich um nicht privilegierte Vorhaben im Außenbereich handelt. 2Bei ihrer Anlage müssen die Erfordernisse einer geordneten städtebaulichen Entwicklung und die Ziele der Raumordnung beachtet werden (Art. 9 Abs. 1 Satz 2 BestG). 3Durch die Einrichtung eines Naturfriedhofs wird eine größere Fläche im Außenbereich für eine gewisse Dauer sichtbar aus der originären Außenbereichsnutzung herausgenommen und einer anderen, spezielleren Zweckbestimmung zugeführt. 4Damit liegt eine bodenrechtliche und städtebauliche Relevanz vor, die unterschiedliche öffentliche Belange berührt und eine planerische Steuerung durch die Gemeinde im Rahmen der kommunalen Planungshoheit erfordert. 5Unabhängig von einer Errichtung baulicher Anlagen ist es daher mindestens erforderlich, die Fläche des Naturfriedhofs in einem Flächennutzungsplan auszuweisen. 6Die Einfriedung des Naturfriedhofs ist nur dann in den Flächennutzungsplan aufzunehmen, wenn es sich bei ihr um eine bauliche Anlage handelt. 7Für bauliche Anlagen kommt eine privilegierte Zulässigkeit nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB in Betracht; dies ist im Einzelfall zu prüfen.
1.7.7
1Die Einrichtung von Naturfriedhöfen in Waldgebieten setzt eine Rodungserlaubnis nach Art. 9 Abs. 2 BayWaldG voraus. 2Das gilt auch, wenn keine Bäume gefällt werden, da die Bodennutzungsart Wald zugunsten der Nutzung als Begräbnisstätte in den Hintergrund tritt. 3Die Erlaubnis kann unter Beachtung der Rodungsvorschriften entweder durch die bestattungsrechtliche oder bauordnungsrechtliche Genehmigung oder durch die Aufstellung eines Bebauungsplans ersetzt werden (Art. 9 Abs. 8 BayWaldG).
1.7.8
1Die Widmung als Friedhof und damit als öffentliche Einrichtung (Art. 8 Abs. 1 BestG) verlangt im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht gewisse Schutzmaßnahmen, um einen gefahrlosen Friedhofsbesuch sicherzustellen. 2Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung zur Verkehrssicherungspflicht bei herkömmlichen Friedhöfen und Waldflächen wird die Beachtung folgender Punkte empfohlen:
1.7.8.1
1Besucher eines Naturfriedhofs, der weitgehend naturbelassen bleiben soll, können nicht den gleichen Sicherheitsstandard erwarten wie bei einem herkömmlichen Friedhof. 2Die Gemeinde ist aber als Friedhofsträgerin verpflichtet, insbesondere bei Beerdigungen und sonstigen Veranstaltungen, die eine größere Zahl von Besuchern erwarten lassen, einen gefahrlosen Zugang zu den Begräbnisplätzen zu gewährleisten. 3Dies erfordert etwa Sicherungsmaßnahmen gegen Schnee- und Eisglätte und eine regelmäßige Untersuchung des Baumbestandes auf Krankheitsbefall, Schneebruch und Sturmschäden. 4Die Beseitigung von Unebenheiten wie Baumwurzeln werden Friedhofsbesucher dagegen nicht erwarten dürfen. 5Außerhalb von Veranstaltungen dürfte ein reduzierter Sicherheitsmaßstab gelten. 6Dieser umfasst zumindest die für den Eigentümer eines Grundstücks in der freien Natur geltende Verkehrssicherungspflicht für atypische, insbesondere durch ihn selbst geschaffene Gefahrenquellen (zum Beispiel unsicher gelagerte Holzstapel) und die Beseitigung umgefallener Bäume und größerer Äste, die den Zugang zu den Grabstätten versperren. 7Darüber hinausgehende Sicherungspflichten für waldtypische Gefahren oder Räum- und Streupflichten dürften nicht bestehen.
1.7.8.2
1Ein Haftungsausschluss ist bei öffentlich-rechtlicher Regelung der Verkehrssicherungspflicht generell und bei privatrechtlicher Gestaltung formularmäßig jedenfalls für körperliche und gesundheitliche Schäden unzulässig. 2Zu empfehlen sind jedoch Hinweise auf den besonderen Charakter des Naturfriedhofs als gezielt naturbelassenes Gelände und auf die damit verbundenen typischen Gefahren für Besucher.
1.7.8.3
1Verkehrssicherungspflichtig ist grundsätzlich der Friedhofsträger. 2Eine Übertragung der Verkehrssicherungspflicht auf einen privaten Erfüllungsgehilfen ist zulässig, wenn eine klare Absprache die Sicherung der Gefahrenquelle zuverlässig garantiert. 3Mit der Übernahme der Verkehrssicherungspflicht wird der Übernehmende selbst für den Schutz Dritter deliktrechtlich verantwortlich. 4Bei dem ursprünglich Verkehrssicherungspflichtigen verbleibt eine Kontroll- und Überwachungspflicht.
1.7.9
Die jagdlichen Belange sind im Einzelfall mit der zuständigen unteren Jagdbehörde abzustimmen.