Inhalt

EStGBeschR §§ 7h, 10f, 11a
Text gilt ab: 16.10.2025
Gesamtvorschrift gilt bis: 15.10.2030

1.   Bescheinigungsverfahren

1.1   Beantragung der Bescheinigung

1Die Bescheinigung ist objektbezogen zu beantragen. 2Für Gebäudeteile, die selbstständige unbewegliche Wirtschaftsgüter sind, sowie für Eigentumswohnungen und im Teileigentum stehende Räume sind grundsätzlich jeweils eigenständige Bescheinigungen auszustellen. 3Mehrere selbstständige unbewegliche Wirtschaftsgüter nach Satz 2 liegen vor, wenn ein Gebäude in verschiedenen Nutzungs- und Funktionszusammenhängen steht (zum Beispiel Nutzung teilweise zu eigenen Wohnzwecken und teilweise zu fremden Wohnzwecken).
4In Fällen von Bauträger- oder Erwerbermodellen und Wohn- und Teileigentumsgemeinschaften kann stattdessen eine Gesamtbescheinigung inklusive der Aufteilung auf die einzelnen Teilobjekte ausgestellt werden, soweit die bzw. der Antragstellende wirksam von den jeweiligen Erwerberinnen bzw. Erwerbern oder Eigentümern bevollmächtigt wurde. 5Ist eine Gesamtbescheinigung nach Satz 4 erteilt worden, dürfen für Erwerberinnen bzw. Erwerber oder Eigentümer keine Einzelbescheinigungen mehr erteilt werden. 6Zur erforderlichen objektbezogenen Aufteilung der begünstigten Aufwendungen vergleiche Nr. 5.
7Die Bescheinigung muss in Textform per Formular (Anlage 1) oder elektronisch über den hierfür vorgesehenen Dienst im von einer Gemeinde bereitgestellten Online-Portal von den Eigentümern oder einer wirksam bevollmächtigten Person beantragt werden. 8An eine Vertretung ist eine Bescheinigung nur zu erteilen, wenn eine wirksame Vertretungsbefugnis vorliegt.

1.2   Umfang des Bescheinigungsverfahrens

1Das Bescheinigungsverfahren umfasst nach R 7h Abs. 4 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) die Prüfung,
a)
ob das Gebäude in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder städtebaulichen Entwicklungsbereich belegen ist (Nr. 2 und 4),
b)
ob Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen im Sinne des § 7h Abs. 1 Satz 1 EStG oder andere Maßnahmen im Sinne des § 7h Abs. 1 Satz 2 EStG durchgeführt worden sind (Nr. 3),
c)
in welcher Höhe Aufwendungen, die die Voraussetzungen der Nr. 2 erfüllen, angefallen sind (Nr. 5),
d)
inwieweit Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln durch eine für Sanierungsgebiete oder städtebauliche Entwicklungsbereiche zuständige Behörde bewilligt worden sind oder nach Ausstellung der Bescheinigung bewilligt werden (vergleiche Nr. 6).
2Bei der Bescheinigung handelt sich um einen Verwaltungsakt in Form eines Grundlagenbescheides, an den die Finanzbehörden im Rahmen des gesetzlich vorgegebenen Umfangs gebunden sind (§ 171 Abs. 10 in Verbindung mit § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung – AO). 3Ist die Bescheinigung aus Sicht der Finanzbehörde für Maßnahmen erteilt worden ist, bei denen die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen, hat die Finanzbehörde ein Remonstrationsrecht, das heißt, sie kann die Gemeinde zur Überprüfung veranlassen sowie um Rücknahme oder Änderung der der antragstellenden Person erteilten Bescheinigung innerhalb der Jahresfrist (Art. 48 Abs. 4 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes – BayVwVfG) nach Maßgabe des Art.48 Abs. 1 BayVwVfG bitten. 4Die Gemeinde ist verpflichtet, der Finanzbehörde die Rücknahme oder Änderung der Bescheinigung mitzuteilen (§ 4 der Mitteilungsverordnung – MV). 5Bescheinigungen, die nach dem 31. Dezember 2020 erteilt wurden und offensichtlich rechtswidrig sind, binden die Finanzbehörden nicht; eines Remonstrationsverfahrens bedarf es insoweit nicht.
6Eine Bescheinigung ist offensichtlich rechtswidrig, wenn an dem Verstoß der streitigen Maßnahme oder Bescheinigung gegen formelles oder materielles Recht vernünftigerweise kein Zweifel besteht und sich deshalb die Rechtswidrigkeit aufdrängt; ein besonders schwerwiegender Fehler ist – anders als bei Art. 44 BayVwVfG – nicht erforderlich. 7Von einer offensichtlichen Rechtswidrigkeit ist insbesondere auszugehen, wenn
a)
offensichtlich eine Rechtsgrundlage für die Erteilung der Bescheinigung fehlt oder
b)
die bzw. der Begünstigte die Bescheinigung durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Hinsicht unrichtig oder unvollständig waren (zum Beispiel Bescheinigung von Baumaßnahmen, die ohne vorherige Abstimmung mit der Gemeinde durchgeführt worden sind.
8Die bescheinigten Aufwendungen können steuerrechtlich nur berücksichtigt werden, wenn auch die weiteren steuerrechtlichen Voraussetzungen, die durch die zuständige Finanzbehörde geprüft werden, vorliegen (vergleiche Nr. 7).
9Die Bindungswirkung der ausgestellten Bescheinigung erstreckt sich daher nicht auf diese Punkte, die einer abschließenden Prüfung durch die Finanzbehörde vorbehalten sind.
10In die Bescheinigung ist folgender Hinweis aufzunehmen:
„Diese Bescheinigung ist nicht alleinige Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Steuervergünstigung. Die Finanzbehörde prüft weitere steuerrechtliche Voraussetzungen, insbesondere ob durch die Baumaßnahmen ein bautechnischer Neubau entstanden ist, die Abziehbarkeit der Aufwendungen als Betriebsausgaben, als Werbungskosten oder wie Sonderausgaben und die Zugehörigkeit der Aufwendungen zu den Anschaffungskosten im Sinne des § 7h Abs. 1 Satz 3 EStG oder zu den Herstellungskosten, zum Erhaltungsaufwand oder zu den nicht abziehbaren Kosten.“.
11Um den Eigentümern frühzeitig Klarheit über den Inhalt der zu erwartenden Bescheinigung zu geben, kann die Gemeinde bereits eine schriftliche Zusicherung nach Art. 38 BayVwVfG über die zu erwartende Bescheinigung geben. 14Die dabei zugrunde gelegten Voraussetzungen sind eindeutig darzustellen.
13Die schriftliche Zusicherung hat den Hinweis zu enthalten, dass allein die zuständige Finanzbehörde prüft, ob steuerlich begünstigte Anschaffungs-, Herstellungs- oder Erhaltungskosten im Sinne der §§ 7h, 10f und 11a EStG oder hiernach nicht begünstigte andere Kosten vorliegen.
14Die schriftliche Zusicherung ist keine Bescheinigung im Sinne des § 7h Abs. 2 EStG. 15Sie ist nicht zur Vorlage geeignet, um die erhöhten Absetzungen in Anspruch zu nehmen.
16Eine verbindliche Auskunft über die voraussichtliche Bemessungsgrundlage der Steuervergünstigung kann nur die zuständige Finanzbehörde bei Vorliegen einer schriftlichen Zusicherung der Gemeinde unter den allgemeinen Voraussetzungen für die Erteilung einer verbindlichen Auskunft durch die Finanzbehörden (§ 89 Abs. 2 ff. AO in Verbindung mit § 2 Abs. 1 der Steuer-Auskunftsverordnung – StAuskV) geben.