8.
Einstellung und Dienstverhältnis der hauptamtlichen Bewährungs- und Gerichtshelfer
8.1
Hauptamtliche Bewährungshelfer
8.1.1
Anforderungen für die Tätigkeit im Bewährungshilfedienst
1Die richtige Auswahl und die Qualifikation der Bewährungshelfer sind Voraussetzungen für die Qualität der Arbeit. 2Zur weiteren Verbesserung der Personalauswahl wurde daher ein Anforderungsprofil entwickelt, das – ohne erschöpfend zu sein – Kriterien enthält, die von Bewährungshelfern erfüllt werden müssen. 3Die Anforderungen für die Tätigkeit im Bewährungshilfedienst sind:
8.1.1.1
1Fachliche Kompetenz
- 1.
Fachliche Kenntnisse und Rechtskenntnisse im Umgang mit Bewährungs- und Führungsaufsichtsprobanden sowie Risikoprobanden,
- 2.
Fachkenntnisse über sozialpädagogische Handlungsansätze und -strategien, insbesondere im Umgang mit psychisch auffälligen und/oder erkrankten Probanden,
- 3.
Fachkenntnisse aus den Komplementärwissenschaften zum Bereich
- •
abweichendes Verhalten/Delinquenz,
- •
Dissozialität,
- •
Gewalt,
- •
Sucht,
- •
psychische Störungen und/oder Krankheiten,
- •
Diskriminierung,
- •
Arbeitslosigkeit,
- 4.
Kompetenz in der Beratung in Zwangskontexten,
- 5.
Kenntnisse über die Gesprächsführung mit unterschiedlichen Verfahren/Methoden,
- 6.
Kompetenz in der Durchführung sozialer Gruppenarbeit sowie Projektarbeit,
- 7.
Fachliche Kompetenz zum Einschätzen der Risikofaktoren,
- 8.
Fachkenntnisse über sozialpädagogische Handlungsansätze und Strategien unter Nutzung der vorhandenen externen Ressourcen (Schnittstellenmanagement), insbesondere bei gefährlichen und psychisch auffälligen Straftätern in folgenden Formen:
- •
Auseinandersetzung mit der Tat,
- •
Arbeiten mit protektiven und kriminogenen Faktoren,
- •
Arbeiten mit Rückfallvermeidungsplänen der sozialtherapeutischen Abteilungen der Justizvollzugsanstalten und der Maßregeleinrichtungen,
- 9.
Wissen und Handlungskompetenz bei der Betreuung von Probanden aus den unterschiedlichsten Kulturbereichen (einschließlich Subkulturen).
2Generell müssen Bewerber durch das Studium befähigt sein, ihre fachliche Tätigkeit im Einklang mit den entwickelten Qualitätsstandards auszuüben und diese Tätigkeit EDV-unterstützt zu dokumentieren. 3Ein Studienabschluss „Soziale Arbeit“ mit dem Schwerpunkt Resozialisierung ist wünschenswert. 4Einzelne Qualifikationen können bei Bedarf durch ergänzende Einführungsschulungen und andere Fortbildungsveranstaltungen erworben werden.
8.1.1.2
Persönliche Kompetenz
- 1.
Sicheres Auftreten,
- 2.
Ausdrucksvermögen,
- 3.
Reflexionsfähigkeit,
- 4.
Bandbreite der Wahrnehmungsfähigkeit,
- 5.
Pflichtbewusstsein,
- 6.
Frustrationstoleranz,
- 7.
physische und psychische Belastbarkeit.
8.1.1.3
Soziale Kompetenz
- 1.
Teamfähigkeit,
- 2.
die Fähigkeit, eine Beziehung zum Probanden aufzubauen und zu erhalten,
- 3.
Konfliktfähigkeit und Durchsetzungsfähigkeit,
- 4.
Kreativität,
- 5.
Innovationsbereitschaft,
- 6.
Organisationsgeschick (d.h. Fähigkeit zu eigenverantwortlicher Arbeitsorganisation).
8.1.1.4
1Sonstige Kompetenzen
- 1.
Akzeptanz der Institution „Justiz“,
- 2.
Bereitschaft zu Qualifizierung, Fortbildung und Teilnahme an Supervision,
- 3.
EDV-Kenntnisse,
- 4.
Fremdsprachenkenntnisse,
- 5.
Frühere sozialpädagogische Tätigkeiten (Erfahrung in anderen, vor allem in sozialen Berufen ist wünschenswert,)
- 6.
Mobilität.
2Im Übrigen wird auf das Berufsbild „Bewährungshelfer“ auf der Internetseite des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz (www.justiz.bayern.de) Bezug genommen.
8.1.2
1Die Befugnisse des Arbeitgebers bei der Begründung, beim Vollzug und bei der Beendigung von Arbeitsverhältnissen der Bewährungshelfer im Arbeitnehmerverhältnis werden, soweit keine andere Zuständigkeit bestimmt ist, den Präsidenten der Landgerichte übertragen. 2Folgende Angelegenheiten bedürfen der Zustimmung des zuständigen Präsidenten des Oberlandesgerichts:
- –
Einstellungen,
- –
Weiterbeschäftigungen nach Ablauf von befristeten Arbeitsverhältnissen,
- –
Höhergruppierungen,
- –
Änderungen der regelmäßigen Arbeitszeit,
- –
Kündigungen und
- –
Beschäftigungen über die Altersgrenze hinaus.
3Für die Versetzung und Abordnung der Bewährungshelfer im Arbeitnehmerverhältnis ist der Präsident des Oberlandesgerichts zuständig (Nr. 4 der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 31. Mai 1985 über die Ausübung von Befugnissen in Personalangelegenheiten der Angestellten und Arbeiter in der jeweils geltenden Fassung).
8.1.3
Die Zuständigkeit für Bewährungshelfer im Beamtenverhältnis in beamtenrechtlichen Angelegenheiten ist in der Verordnung über die Zuständigkeit in richterrechtlichen und beamtenrechtlichen Angelegenheiten in der Justizverwaltung (ZustV-JM) in der jeweils geltenden Fassung geregelt.
8.1.4
1Voraussetzung für die Einstellung als Bewährungshelfer ist, dass der Bewerber die Ausbildung zum Diplom-Sozialpädagogen (FH) oder Diplom-Sozialarbeiter (FH) abgeschlossen hat oder über einen Bachelor-Abschluss im Studiengang „Soziale Arbeit“ verfügt, eine staatliche Anerkennung vorlegt und eine spätere Übernahme in das Beamtenverhältnis möglich ist. 2Ausnahmen hiervon bedürfen der Zustimmung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz. 3Außerdem ist hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung die für den Bewährungshilfedienst erforderliche Außendienstfähigkeit im amtsärztlichen Zeugnis nachzuweisen.
8.1.5
1Die Ausschreibung freier Stellen für Bewährungshelfer wird, soweit erforderlich, von dem Präsidenten des Landgerichts veranlasst. 2Bewerbungen sind bei dem zuständigen Präsidenten des Landgerichts einzureichen oder diesem zuzuleiten. 3Der Präsident des Landgerichts oder der von ihm Beauftragte führt unter Hinzuziehung des Leitenden Bewährungshelfers mit den in die engere Auswahl einbezogenen Bewerbern ein Vorstellungsgespräch.
8.1.6
1Die Bewährungshelfer werden, sofern sie nicht bereits die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen für eine Übernahme in das Beamtenverhältnis besitzen, im Arbeitnehmerverhältnis eingestellt. 2Für das Arbeitsverhältnis der Bewährungshelfer als Arbeitnehmer gelten die Bestimmungen des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L). 3Die Übernahme in das Beamtenverhältnis richtet sich nach den Bestimmungen über den Qualifikationserwerb von Regelbewerbern (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Art. 38 ff. des Gesetzes über die Leistungslaufbahn und die Fachlaufbahnen der bayerischen Beamten; Leistungslaufbahngesetz – LlbG).
8.1.7
1Sobald die Zustimmung zur Einstellung des Bewerbers im Arbeitnehmerverhältnis vorliegt (Nr. 8.1.2), schließt der Präsident des Landgerichts mit dem Bewährungshelfer den Arbeitsvertrag ab. 2Für den Arbeitsvertrag ist das jeweils festgestellte Muster zu verwenden und folgende Nebenabrede zu vereinbaren, die nicht gesondert gekündigt werden kann:
Herr/Frau ... wird als hauptamtlicher Bewährungshelfer beschäftigt. Hierzu gilt die Bekanntmachung über Bewährungshilfe, Führungsaufsicht und Gerichtshilfe in der jeweils geltenden Fassung.
Der Bewährungshelfer hat auch außerhalb der üblichen Dienststunden erreichbar und - soweit veranlasst - tätig zu sein; dabei handelt es sich nicht um die Anordnung oder die Genehmigung von Überstunden. Er ist zur Teilnahme an den ihm angebotenen Fortbildungsveranstaltungen grundsätzlich verpflichtet.
Der Bewährungshelfer ist verpflichtet, unter Beachtung einschlägiger fachlicher Qualitätsstandards zu arbeiten.
3Angelegenheiten des Direktionsrechtes (z.B. Dienstsitz, Geschäftsverteilung) sind nicht durch den Arbeitsvertrag zu regeln.
8.1.8
1Die Dienstaufsicht über den Bewährungshelfer übt der Präsident des Landgerichts aus. 2Die Fachaufsicht obliegt dem für die Dienststelle bestellten Leitenden Bewährungshelfer (Nr. 6.1).
8.2
Gerichtshelfer
8.2.1
Einstellungsvoraussetzungen
Hinsichtlich der Voraussetzungen für die Einstellung im Gerichtshilfedienst gilt Nr. 8.1.4 entsprechend.
8.2.2
Anforderungen für die Tätigkeit im Gerichtshilfedienst
1Hinsichtlich der Anforderungen für die Tätigkeit im Gerichtshilfedienst gilt grundsätzlich das Anforderungsprofil im Bewährungshilfedienst gemäß Nrn. 8.1.1.1 bis 8.1.1.4. 2Ausgenommen vom Anforderungsprofil im Gerichtshilfedienst sind die speziellen Anforderungen im Bewährungshilfedienst, die unter Nr. 8.1.1.1 als fachliche Kompetenzen Nrn. 6, 7 und 8 und unter Nr. 8.1.1.3 als soziale Kompetenz Nr. 2 formuliert sind. 3Im Übrigen wird auf das Berufsbild „Gerichtshelfer“ auf der Internetseite des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz (www.justiz.bayern.de) Bezug genommen.
8.2.3
1Im Übrigen gelten Nrn. 8.1.2 bis 8.1.8 entsprechend. 2Für Gerichtshelfer bei den Staatsanwaltschaften tritt an die Stelle des Präsidenten des Oberlandesgerichts der Generalstaatsanwalt, an die des Präsidenten des Landgerichts der Leitende Oberstaatsanwalt. 3Ernennungsbehörde für die Beamten des Gerichtshilfedienstes ist der Präsident des Oberlandesgerichts im Einvernehmen mit dem Generalstaatsanwalt (§ 1 Abs. 1 ZustV-JM in der jeweils geltenden Fassung).
8.2.4
1Die Leitenden Oberstaatsanwälte sollen für die Belange der Gerichtshilfe in ihrem Bezirk einen Staatsanwalt bestellen. 2Dieser soll insbesondere auch darauf hinwirken, dass bei der Einschaltung der Gerichtshilfe die in Nrn. 4.1.2 bis 4.2.4 genannten Grundsätze beachtet werden.