Inhalt

BayFraktG
Text gilt ab: 01.08.2023
Fassung: 26.03.1992
Gesamtansicht
Vorheriges Dokument (inaktiv)
Nächstes Dokument (inaktiv)

Gesetz zur Rechtsstellung und Finanzierung der Fraktionen im Bayerischen Landtag
(Bayerisches Fraktionsgesetz – BayFraktG)
Vom 26. März 1992
(GVBl. S. 39)
BayRS 1100-2-F

Vollzitat nach RedR: Bayerisches Fraktionsgesetz (BayFraktG) vom 26. März 1992 (GVBl. S. 39, BayRS 1100-2-F), das zuletzt durch Gesetz vom 7. Juli 2023 (GVBl. S. 310) geändert worden ist
Der Landtag des Freistaates Bayern hat das folgende Gesetz beschlossen, das nach Anhörung des Senats hiermit bekanntgemacht wird:
Art. 1
Rechtsstellung der Fraktionen
(1) 1Fraktionen sind mit eigenen Rechten und Pflichten ausgestattete Vereinigungen im Landtag, zu denen sich Mitglieder des Bayerischen Landtags zusammengeschlossen haben. 2Sie dienen der politischen Willensbildung im Landtag. 3Sie helfen den Mitgliedern, ihre parlamentarische Tätigkeit auszuüben und zur Verfolgung gemeinsamer Ziele aufeinander abzustimmen. 4Sie können mit Fraktionen anderer Parlamente zusammenarbeiten und die Öffentlichkeit über ihre Tätigkeit unterrichten.
(2) 1Fraktionen können am allgemeinen Rechtsverkehr teilnehmen und unter ihrem Namen klagen und verklagt werden. 2Sie sind nicht Teil der öffentlichen Verwaltung und üben keine öffentliche Gewalt aus.
(3) Das Nähere über die Bildung einer Fraktion sowie über ihre Rechte und Pflichten bestimmt die Geschäftsordnung des Landtags.
Art. 2
Leistungen an Fraktionen
1Zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben erhalten die Fraktionen Geldleistungen nach Art. 3 sowie sonstige Geldleistungen für bestimmte Zwecke, soweit dies der Haushaltsplan vorsieht. 2Der Landtag stellt den Fraktionen Räumlichkeiten zur Verfügung. 3Der Landtag kann den Fraktionen Gegenstände zur Nutzung überlassen. 4Die Geld- und Sachleistungen dürfen nicht für Zwecke der Parteien verwendet werden.
Art. 3
Geldleistungen zur Deckung des allgemeinen Bedarfs
(1) 1Die Fraktionen erhalten monatliche Geldleistungen zur Deckung ihres allgemeinen Bedarfs, deren Höhe im Haushaltsplan festgesetzt wird. 2Die Geldleistung setzt sich aus einem Grundbetrag für jede Fraktion, aus einem Betrag für jedes Mitglied und einem weiteren Zuschlag für jede Fraktion, die nicht die Staatsregierung trägt (Oppositionszuschlag), zusammen.
(2) 1Eine Fraktion erhält die Geldleistung ab dem auf die Wahl folgenden Tag, wenn sie sich innerhalb eines Monats bildet, bis zum Wahltag des nächsten Landtags. 2Im übrigen wird die Geldleistung nur für den Zeitraum gewährt, in dem die Fraktion die Voraussetzungen erfüllt, die die Geschäftsordnung des Landtags stellt. 3Art. 24 Abs. 6 des Bayerischen Abgeordnetengesetzes gilt entsprechend.
(3) Die Fraktionen dürfen Rücklagen bis zur Höhe von 60 % der jährlichen Mittel nach Abs. 1 bilden.
(4) 1Vergütungen an Fraktionsmitglieder mit besonderen Funktionen sind zulässig. 2Die Fraktionen sind verpflichtet, die Höhe der nach Satz 1 gezahlten Vergütungen an die einzelnen Fraktionsmitglieder mit besonderen Funktionen in der Rechnungslegung nach Art. 6 zu veröffentlichen.
Art. 4
Rückgewähr
(1) Geldleistungen, die nicht für den in Art. 2 oder Art. 3 bestimmten Zweck verwendet wurden, sind mit Vorlage der Rechnung nach Art. 6, spätestens jedoch nach Ablauf der Fristen des Art. 6 Abs. 1 Satz 3 zurückzuzahlen.
(2) 1Erfüllt eine Fraktion nicht mehr die Voraussetzungen, die die Geschäftsordnung des Landtags stellt, so sind Räumlichkeiten und Gegenstände, die der Landtag zur Verfügung gestellt hat oder die aus Geldleistungen nach Art. 2 oder Art. 3 beschafft worden sind, dem Landtag zu übertragen. 2Die Fraktion gilt über die Dauer der Wahlperiode hinaus als fortbestehend, sofern sie sich in der folgenden Wahlperiode nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung des Landtags neu bildet; das Vermögen einschließlich der Forderungen und Verbindlichkeiten aus Rechtsgeschäften der früheren Fraktion geht auf sie über.
Art. 5
Buchführung
1Erhalten die Fraktionen Geldleistungen nach Art. 2 und 3, so haben sie über diese getrennt nach Einnahmen und Ausgaben in der Gliederung des Art. 6 Abs. 3 Buch zu führen. 2Aus diesen Mitteln beschaffte oder vom Landtag überlassene Gegenstände sind zu kennzeichnen und in einem besonderen Nachweis aufzuführen (Inventarverzeichnis).
Art. 6
Rechnungslegung der Fraktionen
(1) 1Die Fraktionen haben über die Verwendung der Geldleistungen nach Art. 2 und 3 öffentlich Rechnung zu legen. 2Die Rechnung muss jeweils ein Kalenderjahr umfassen. 3Sie ist spätestens zum Ende des sechsten Monats nach Ablauf des Kalenderjahres oder des Monats vorzulegen, in dem die Geldleistungen nach Art. 3 Abs. 2 letztmals gezahlt wurden.
(2) Die Rechnung ist vom Fraktionsvorsitzenden und einem Stellvertreter zu unterzeichnen.
(3) Die Rechnung ist wie folgt nach Einnahmen und Ausgaben zu gliedern:
1.
Einnahmen:
a)
Geldleistungen nach Art. 2 und 3,
b)
sonstige Einnahmen.
2.
Ausgaben:
a)
Vergütungen an Fraktionsmitglieder mit besonderen Funktionen unter Angabe des Gesamtbetrags, der Zahl der Fraktionsmitglieder mit besonderen Funktionen und der an diese Fraktionsmitglieder gezahlten Einzelbeträge,
b)
Personalausgaben für Fraktionsmitarbeiterinnen und Fraktionsmitarbeiter (Gesamtbetrag, Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als Summe an Vollzeitäquivalenten),
c)
Ausgaben des laufenden Geschäftsbetriebes,
d)
Ausgaben für Veranstaltungen oder für die Zusammenarbeit mit Fraktionen anderer Parlamente,
e)
Ausgaben für Öffentlichkeitsarbeit,
f)
sonstige Ausgaben.
(4) Die Rechnung muss außerdem das Vermögen und die Schulden zu Beginn und Ende des Kalenderjahres sowie die Höhe der Rücklagen ausweisen.
(5) Die Rechnung muss den Prüfungsvermerk eines Wirtschaftsprüfers oder einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft aufweisen, dass die Vorschriften der Abs. 3 und 4 eingehalten sind.
(6) Solange Fraktionen mit der Rechnungslegung im Verzug sind, sind Geldleistungen nach Art. 2 oder Art. 3 zurückzubehalten.
(7) Das Inventarverzeichnis ist von den Fraktionen zum Ende jeder Legislaturperiode vorzulegen.
Art. 7
Veröffentlichung
Der Präsident des Landtags veröffentlicht jährlich die geprüften Rechnungen der Fraktionen als Drucksache.
Art. 8
Rechnungsprüfung
1Der Oberste Rechnungshof ist berechtigt, die Verwendung der Geldleistungen nach Art. 2 und 3 durch Fraktionen zu prüfen. 2Die Art. 89, 90, 94 bis 99 der Bayerischen Haushaltsordnung finden Anwendung; die Erforderlichkeit der Wahrnehmung der parlamentarischen Aufgaben einer Fraktion ist nicht Gegenstand der Prüfung.
Art. 9
Verschwiegenheitspflicht der Fraktionsangestellten
(1) 1Angestellte der Fraktionen sind, auch nach Beendigung ihres Beschäftigungsverhältnisses, verpflichtet, über die ihnen bei ihrer Tätigkeit bekanntgewordenen Angelegenheiten Verschwiegenheit zu bewahren. 2Dies gilt nicht für Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen.
(2) 1Angestellte der Fraktionen dürfen, auch nach Beendigung ihres Beschäftigungsverhältnisses, ohne Genehmigung über solche Angelegenheiten weder vor Gericht noch außergerichtlich aussagen oder Erklärungen abgeben. 2Die Genehmigung erteilen die jeweiligen Fraktionsvorsitzenden.
Art. 10
Liquidation
(1) 1Erfüllt eine Fraktion nicht mehr die Voraussetzungen, die die Geschäftsordnung des Landtags stellt, oder löst sie sich auf, so findet eine Liquidation statt. 2Die Fraktion gilt bis zur Beendigung der Liquidation als fortbestehend, soweit der Zweck der Liquidation dies erfordert. 3Die Liquidatoren sind mindestens drei und höchstens fünf in der Satzung der Fraktion bestimmte Fraktionsmitglieder. 4Sofern die Satzung der Fraktion nichts anderes bestimmt, sind die Liquidatoren die Fraktionsvorsitzenden, die parlamentarische Geschäftsführerin oder der parlamentarische Geschäftsführer und zwei stellvertretende Fraktionsvorsitzende. 5Verfügt eine Fraktion über mehr als zwei stellvertretende Fraktionsvorsitzende, so sind Mitliquidatoren die beiden stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden mit der längsten Parlamentszugehörigkeit, bei gleicher Parlamentszugehörigkeit diejenigen mit dem höchsten Lebensalter.
(2) 1Die Liquidatoren haben die laufenden Geschäfte zu beenden, die Forderungen einzuziehen und die Gläubiger zu befriedigen. 2Die Satzung der Fraktion kann vorsehen, dass immer zwei Liquidatoren gemeinschaftlich zur Vertretung befugt sind. 3Sie sind berechtigt, zu diesem Zweck neue Geschäfte einzugehen und das Vermögen in Geld umzusetzen. 4Die Zweckbindung gemäß Art. 2 Satz 3 ist zu beachten. 5Fällt den Liquidatoren bei der Durchführung der Liquidation ein Verschulden zur Last, so haften sie für den daraus entstehenden Schaden gegenüber den Gläubigern als Gesamtschuldner.
(3) 1Die Liquidatoren haben der Präsidentin oder dem Präsidenten des Landtags spätestens drei Monate nach dem Ereignis, das zum Verlust der Rechtsstellung nach Art. 1 geführt hat, bezüglich des Vermögensstandes zu diesem Zeitpunkt Rechnung zu legen. 2Nach dieser ersten Rechnungslegung ist alle sechs Monate über den Verlauf der Liquidation erneut Rechnung zu legen. 3Nach Beendigung der Liquidation ist der Präsidentin oder dem Präsidenten des Landtags abschließend Rechnung zu legen. 4Für den jeweiligen Inhalt der Rechnungslegung ist Art. 6 Abs. 1 bis 6 entsprechend anzuwenden. 5Das Inventarverzeichnis ist jeweils beizufügen.
(4) 1Das nach der Beendigung der Liquidation auf Grund von Leistungen nach Art. 2 und 3 vorhandene Vermögen ist entsprechend Art. 4 zurückzugewähren. 2Die Finanz- und Personalakten einschließlich der Akten zur Liquidation der Fraktion sind dem Landtagsamt zur Aufbewahrung zu übergeben. 3Nach Ablauf von zehn Jahren sind die Akten zu vernichten. 4Auf Antrag kann einer Fraktionsmitarbeiterin oder einem Fraktionsmitarbeiter die sie beziehungsweise ihn betreffende Personalakte statt der Vernichtung auch überlassen werden.
(5) 1Das verbleibende Vermögen der Fraktion ist den Anfallsberechtigten zu überlassen. 2Anfallsberechtigt sind die in der Satzung der Fraktion bestimmten Personen oder Stellen. 3Enthält die Satzung hierüber keine Bestimmung, so fällt das Vermögen an die Partei, aus der die Fraktion hervorgegangen ist.
(6) 1Maßnahmen nach den Abs. 4 und 5 dürfen erst vorgenommen werden, wenn seit dem Ereignis, das zum Verlust der Rechtsstellung nach Art. 1 geführt hat, sechs Monate verstrichen sind. 2Die Sicherung der Gläubiger hat nach § 52 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu erfolgen. 3Die Liquidation soll spätestens 18 Monate nach dem Ereignis, das zum Verlust der Rechtsstellung nach Art. 1 geführt hat, abgeschlossen sein.
Art. 11
Richtlinien zur Wirtschaftsführung
Das Landtagspräsidium regelt im Einvernehmen mit dem Ältestenrat die Einzelheiten zur Wirtschaftsführung der Fraktionen durch Richtlinien.
Art. 12
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt mit Wirkung vom 1. Januar 1992 in Kraft.
München, den 26. März 1992
Der Bayerische Ministerpräsident
Dr. h. c. Max Streibl