Inhalt

Text gilt ab: 15.11.2022

3. Anwendung

3.1 Vorrang der flächenhaften Versickerung über bewachsenen Oberboden

1Entsprechend den Ziffern 3.1.3.2 und 8.2.1 REwS soll Straßenoberflächenwasser nach Möglichkeit nicht gesammelt abgeleitet, sondern dezentral über Bankette und Böschungen beziehungsweise Mulden versickert werden. 2Diese Lösung ist auch anzustreben, wenn die REwS anstelle des DWA-Regelwerks für die Entwässerung innerörtlicher Straßen herangezogen werden.

3.2 Versickerungsraten im Straßenraum

1Versickerungsvorgänge im Straßenseitenraum (zum Beispiel Bankette, Böschungen) mindern entsprechend der dort gegebenen Versickerungsrate den zur Einleitung in das Oberflächengewässer gelangenden Regenabfluss. 2Entsprechend Ziffer 3.5.3.3 REwS kann auf bewachsenen Flächen im Böschungsbereich eine spezifische Versickerungsrate von mindestens 100 l/(s * ha) angesetzt werden. 3Auf bewachsenen Dammböschungen können mit entsprechendem Nachweis (zum Beispiel Kf-Wert-Bestimmung oder Versickerungsversuch) auch höhere Versickerungsraten in Betracht kommen. 4Für Einschnittsböschungen im Lockergestein kann im Regelfall ebenfalls eine Versickerungsrate von 100 l/(s * ha) angesetzt werden. 5Dabei ist jedoch stets die Versickerungsfähigkeit des Untergrunds durch geotechnische Untersuchungen nachzuweisen. 6In Rasenmulden können nach REwS – sofern keine höheren Raten nachgewiesen wurden – pauschal 100 l/(s * ha) angesetzt werden. 7Bankette nach ZTV E-StB (Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Erdarbeiten im Straßenbau) haben nach ihrer Fertigstellung mindestens eine Versickerungsrate von 10 l/(s * ha), die für die Reduzierung des Regenabflusses anzusetzen ist; bei nachfolgender Etablierung eines geschlossenen Grasbewuchses auf dem Bankett wird sich demgegenüber die Versickerungsrate noch vergrößern.

3.3 Behandlung und Rückhaltung des Straßenoberflächenwassers bei Einleitung in ein Oberflächengewässer

3.3.1 Behandlung des Straßenoberflächenwassers – Emissionsbetrachtung

1Ziffer 8.1.2 REwS gibt für die Einleitung von gesammeltem Niederschlag in ein Oberflächengewässer als Mindestanforderung die Begrenzung der eingeleiteten Feststoff-Jahresfracht auf maximal 280 kg AFS63 pro Hektar vor (analog zum DWA-Regelwerk für innerörtliche Straßen). 2Zur Abschätzung der AFS63-Rohfracht werden Referenzwerte vorgegeben, die sich nach dem Schadstoffabtragspotenzial der zu entwässernden Straßenfläche richten (Ziffer 8.1.2, Tabelle 7). 3Für den jeweiligen Einzelfall ist die zutreffende Belastungskategorie festzulegen. 4Der daraus resultierende Wirkungsgrad, den die gegebenenfalls erforderliche Behandlungsanlage für die Einhaltung der zulässigen AFS63-Fracht mindestens aufweisen muss, ergibt sich aus Ziffer 8.1.2, Tabelle 8. 5In Ziffer 8.1.5, Tabelle 9, sind Typen von erprobten Behandlungsanlagen mit ihren entsprechenden Wirkungsgraden aufgeführt. 6Die Zahlenwerte der Tabelle 7 für die mittleren AFS63-Abtragsfrachten der drei Belastungskategorien wurden aus entsprechenden Forschungsergebnissen für Außerortsstraßen abgeleitet. 7Wegen der dort typischen Entwässerung über Bankett und Böschung zur Transportmulde und der damit verbundenen teilweisen Rückhaltung von AFS63, sind sie für die Kategorien II und III niedriger als die entsprechenden Referenzwerte im DWA A-102-2. 8Sofern außerorts Niederschlagswasser in ein Oberflächengewässer eingeleitet werden soll, das ganz überwiegend von Straßenflächen ohne eine entsprechende Seitenraumgestaltung stammt, sollte für die Ermittlung der zu erwartenden AFS63-Abtragsfracht daher die Notwendigkeit für die Berücksichtigung der Referenzwerte nach DWA A-102-2 geprüft werden.

3.3.2 Behandlung des Straßenoberflächenwassers – Immissionsbetrachtung

1Für die Ermittlung der Erlaubnisfähigkeit beziehungsweise der dafür erforderlichen Behandlungsleistung ist regelmäßig eine Auswirkungsprognose für die beantragte Niederschlagswassereinleitung im Hinblick auf den Gewässerzustand erforderlich (Ziffern 8.1.2 und 8.1.4 REwS). 2Daraus können gegebenenfalls weitergehende Anforderungen im Vergleich zur bloßen Emissionsbetrachtung nach den Vorgaben der REwS resultieren. 3Eine entsprechende Prüfung ist insbesondere zur Umsetzung der Vorgaben aus der europäischen Wasserrahmenrichtlinie beziehungsweise der nationalen Oberflächengewässerverordnung (OGewV) mit konkretem Bezug auf die von der vorgesehenen Einleitung betroffenen Wasserkörper erforderlich. 4Für diese immissionsorientierte Betrachtungsweise wird in den REwS auf eine von der FGSV erstellte Methodik für einen entsprechenden Fachbeitrag hingewiesen. 5Diese ist im mittlerweile veröffentlichten Merkblatt zur Berücksichtigung der Wasserrahmenrichtlinie in der Straßenplanung, Ausgabe 2021 (M WRRL) dargestellt. 6Auf das Schreiben „Gemeinsame Hinweise für die Beurteilung des Verschlechterungsverbots nach § 27 WHG im Zusammenhang mit Neubau- und Änderungsmaßnahmen an Straßen“ von StMB und StMUV vom 7. November 2022 (Az.: StMB-22-4400-2-1-4; StMUV-58a-U4401-2016/1-74) wird verwiesen. 7Zusätzlich verweisen wir auf das LfU-Merkblatt 4.4/22 (Bayerisches Landesamt für Umweltschutz), das Hinweise zur Festlegung weitergehender Anforderungen für bestimmte Entwässerungs- beziehungsweise Einleitungssituationen (unter anderem für Karstgebiete) enthält.

3.3.3 Rückhalteräume für Straßenoberflächenwasser

1Ziffer 8.7.2.4 REwS beschreibt die Bemessung von Regenrückhalteräumen. 2Darin wird empfohlen, bei einer Bemessung anhand des einfachen Verfahrens nach DWA-A 117 den Zuschlagsfaktor für das Risikomaß fz an außerörtlichen Straßen abweichend vom DWA-A 117 mit fz = 1,0 anzusetzen. 3Aufgrund eigener Untersuchungen wird für Bayern jedoch grundsätzlich fz = 1,2 empfohlen (vergleiche LfU-Merkblatt Nr. 4.3/9). 4Dieser Wert kann daher für die Bemessung nur unterschritten werden, wenn als Ergebnis einer Einzelfallprüfung eine Beeinträchtigung von Siedlungsstrukturen oder kritischer Infrastruktur im Versagensfall nicht anzunehmen ist. 5Ziffer 8.7.2.4 REwS empfiehlt, die Festlegung des Bemessungsregens stets mit der zuständigen Wasserbehörde auf die jeweiligen örtlichen Verhältnisse abzustimmen, dafür jedoch mindestens eine Häufigkeit von 0,5/a zugrunde zu legen. 6Zusätzlich wird festgestellt, dass im Hinblick auf den Klimawandel ein Zuschlag auf das nach Regelwerk ermittelte Rückhaltevolumen sinnvoll sein kann. 7Aus wasserwirtschaftlicher Sicht sollte zur adäquaten Berücksichtigung der diesbezüglichen regionalen Unterschiede in Bayern dafür jedoch nicht nachträglich eine pauschale Erhöhung des zunächst ermittelten Rückhaltevolumens mit einem einheitlichen Faktor vorgenommen werden. 8Vielmehr sollte bereits für die Ermittlung des Rückhaltevolumens ein Bemessungsregen mit angemessen herabgesetzter Häufigkeit nach der Systematik des LfU-Merkblatts 4.3/1 eingesetzt werden. 9Ziffer 8.3 REwS verweist bezüglich der Bemessung speziell von Retentionsbodenfilteranlagen zunächst auf DWA-A 178; dies betrifft einerseits die erforderliche Filterfläche in Abhängigkeit von der Summe aller daran angeschlossenen befestigten Flächen (AE,b,a) sowie den für die reine Filterfunktion erforderlichen Retentionsraum über der Filterschicht. 10Andererseits ist bei weitergehenden hydraulischen Anforderungen in der Regel ein größeres beziehungsweise zusätzliches Rückhaltevolumen erforderlich. 11Für seine Ermittlung wird auf die vereinfachte Bemessung nach DWA-A 117 verwiesen. 12In sie geht die reduzierte Fläche (Ared = AU) ein (Ziffer 3.5.4 REwS). 13Sie ist nicht gleichbedeutend mit der oben genannten befestigten Fläche AE,b,a.

3.3.4 Betrieb, Wartung und Unterhalt bei Anlagen zur Behandlung und Rückhaltung von Straßenoberflächenwasser

1Abwasseranlagen sind gemäß § 60 Abs. 1 WHG so zu betreiben und zu unterhalten, dass die Anforderungen an die Abwasserbeseitigung sowie die einschlägigen allgemein anerkannten Regeln der Technik eingehalten werden. 2In Ziffer 12 der REwS wird auf FGSV 441 (Hinweise zur Kontrolle und Wartung von Entwässerungseinrichtungen an Außerortsstraßen – H KWES) verwiesen. 3Für Entwässerungsanlagen in kommunaler Hand ist zudem DWA-A 147 zu beachten.

3.4 Vermeidung von Straßengräben

1Aus Gründen der Verkehrssicherheit weisen wir besonders auf Ziffer 5.3.1 REwS hin, wonach Straßengräben nur in Ausnahmefällen vorzusehen sind, da sie Hindernisse im Sinne der „Richtlinien für passiven Schutz an Straßen durch Fahrzeugrückhaltesysteme (RPS)“ darstellen, insbesondere in den Bereichen mit Rohrdurchlässen parallel zur Straße unter Einmündungen beziehungsweise Zufahrten. 2Eine Entwässerung über Straßenmulden, bei der diese Durchlässe vermieden werden können, soll deshalb stets angestrebt werden.

3.5 Straßenrinnen

1Zu den Ausführungen bezüglich offenporiger Beläge bei Bordrinnen unter Ziffer 5.4.2 REwS wird darauf hingewiesen, dass hier die Unterkante bei -5 cm (Stufe) läge und mithin eine Gefährdung der Verkehrssicherheit darstellen könnte. 2Bordrinnen sollen deshalb bei offenporigen Belägen vermieden werden. 3Sie sind zudem im genannten Merkblatt „M OPA“ (Merkblatt für Asphaltdeckschichten aus Offenporigem Asphalt) nicht abgebildet.

3.6 Schächte

1Unter Ziffer 6.2.1 der REwS wird im letzten Absatz die Bevorzugung von einwalzbaren Schachtabdeckungen bei Asphaltbauweise aufgeführt. 2Schächte im Fahrbahnbereich sollten (außerhalb geschlossener Ortschaften) vermieden werden und grundsätzlich im Bereich des Banketts situiert werden.

3.7 Tausalz

1In Ziffer 8.1.4 REwS wird der Einsatz von Tausalz auf Straßen mit mittlerer und hoher Verkehrsbelastung zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit als alternativlos dargestellt. 2Aus Sicht des Gewässer- und Bodenschutzes ist der Salzeintrag in Gewässer durch einen bedarfsgerechten Taumitteleinsatz im differenzierten Winterdienst zu minimieren. 3Die in der REwS angekündigte Methodik zur Abschätzung des Eintrags von Chlorid aus der Straßenentwässerung in die Gewässer im Rahmen der Immissionsbetrachtung wurde mittlerweile im Merkblatt zur Berücksichtigung der Wasserrahmenrichtlinie in der Straßenplanung, Ausgabe 2021 (M WRRL) unter Ziffer 4.4 im Dezember 2021 veröffentlicht.

3.8 Bankette

1Zu Ziffer 8.2.2.1 REwS im dritten Absatz wird darauf hingewiesen, dass gemäß Ziffer 4.2.3 in den „Richtlinien für Landstraßen (RAL)“ Bankette aus Gründen der Verkehrssicherheit standfest auszubilden sind. 2Darüber hinaus sind Bankette von Bedeutung für die Rückhaltefunktion gegenüber AFS63 (siehe Ziffer 3.3.1). 3Gemäß Ziffer 8.2.2.1 REwS ist auch bei einer standfesten Herstellung nach den ZTV E-StB von einer ausreichenden Reinigungsleistung bei Versickerung im Hinblick auf den Boden- und Grundwasserschutz auszugehen. 4Aus betriebsdienstlichen Gründen kann geprüft werden, ob auf eine Begrünung durch Magerrasen verzichtet werden kann, ohne dass die insgesamt erforderliche Rückhaltefunktion für AFS63 wesentlich geschmälert wird, zum Beispiel wenn ohnehin eine Behandlung mit Retentionsbodenfilter nachfolgt.