Inhalt
Verordnung zur Erprobung elektronischer Fernprüfungen an den Hochschulen in Bayern
(Bayerische Fernprüfungserprobungsverordnung – BayFEV)
Vom 16. September 2020
(GVBl. S. 570)
BayRS 2210-1-1-15-WK
Vollzitat nach RedR: Bayerische Fernprüfungserprobungsverordnung (BayFEV) vom 16. September 2020 (GVBl. S. 570, BayRS 2210-1-1-15-WK), die durch Verordnung vom 23. Juli 2024 (GVBl. S. 390) geändert worden ist
(1) 1Diese Verordnung gilt für elektronische Fernprüfungen an staatlichen und staatlich anerkannten Hochschulen in Bayern. 2Dies sind Prüfungen, die ihrer Natur nach dafür geeignet sind, in elektronischer Form und ohne die Verpflichtung, persönlich in einem vorgegebenen Prüfungsraum anwesend sein zu müssen, durchgeführt werden.
(2) 1Die elektronische Fernprüfung soll als zeitgemäße Prüfungsform erprobt werden. 2Sie kann auch als Alternative zu einer Präsenzprüfung angeboten werden, wenn und soweit diese als Folge von Einschränkungen und Hindernissen aufgrund einer Pandemie, Epidemie oder eines anderen erheblichen Infektionsgeschehens nicht oder nicht für alle Studierenden durchgeführt werden kann.
(1) Elektronische Fernprüfungen können in Form schriftlicher Aufsichtsarbeiten (Fernklausur) oder als mündliche oder praktische Fernprüfung angeboten werden.
(2) Fernklausuren werden in einem vorgegebenen Zeitfenster unter Verwendung elektronischer Kommunikationseinrichtungen mit Videoaufsicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 angefertigt.
(3) Mündliche und praktische Fernprüfungen werden als Videokonferenz nach § 7 Abs. 1 durchgeführt.
(1) 1Wird eine elektronische Fernprüfung angeboten, ist dies grundsätzlich zu Veranstaltungsbeginn festzulegen. 2Falls dies nicht möglich ist, erfolgt die Festlegung in einem angemessenen Zeitraum vor der Prüfung.
(2) Gleichzeitig werden die Studierenden informiert über
- 1.
-
die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten nach § 4,
- 2.
-
die technischen Anforderungen an die einzusetzenden Kommunikationseinrichtungen, die für eine ordnungsgemäße Durchführung der Prüfung erfüllt sein müssen, insbesondere das Bestehen einer geeigneten Bild- und Tonübertragung zur Videoaufsicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 oder Videokonferenz nach § 7 sowie eine qualitativ ausreichende Internetverbindung und
- 3.
-
die organisatorischen Bedingungen an eine ordnungsgemäße Prüfung.
(3) Es soll für die Studierenden die Möglichkeit bestehen, die Prüfungssituation in Bezug auf die Technik, die Ausstattung und die räumliche Umgebung im Vorfeld der Prüfung zu erproben.
(1) 1Im Rahmen elektronischer Fernprüfungen dürfen personenbezogene Daten verarbeitet werden, soweit dies zur ordnungsgemäßen Durchführung der Prüfung zwingend erforderlich ist. 2Dies gilt insbesondere für Zwecke der Authentifizierung nach § 5 und der Videoaufsicht nach § 6.
(2) 1Die Hochschulen stellen sicher, dass die bei der Durchführung einer elektronischen Fernprüfung anfallenden personenbezogenen Daten im Einklang mit den datenschutzrechtlichen Anforderungen, insbesondere mit der Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung – DSGVO), verarbeitet werden. 2Soll eine Übertragung personenbezogener Daten in ein Land außerhalb der Europäischen Union erfolgen, sind insbesondere die weiteren Anforderungen der Art. 44 bis 50 DSGVO zu beachten.
(3) 1Die Studierenden sind in präziser, transparenter, verständlicher und leicht zugänglicher Form insbesondere darüber zu informieren, zu welchem Zweck personenbezogene Daten verarbeitet werden und wann diese wieder gelöscht werden. 2Auf die Betrofffenenrechte nach den Art. 12 bis 21 DSGVO ist ausdrücklich hinzuweisen.
(4) Bei elektronischen Fernprüfungen sind Lernmanagementsysteme, Prüfungsplattformen, Videokonferenzsysteme und andere technische Hilfsmittel so zu verwenden, dass notwendige Installationen auf den elektronischen Kommunikationseinrichtungen der Studierenden nur unter den folgenden Voraussetzungen erfolgen:
- 1.
-
Die Funktionsfähigkeit der elektronischen Kommunikationseinrichtung wird außerhalb der Prüfung nicht und währenddessen nur in dem zur Sicherstellung der Authentifizierung sowie der Unterbindung von Täuschungshandlungen notwendigen Maße beeinträchtigt,
- 2.
-
die Informationssicherheit der elektronischen Kommunikationseinrichtung wird zu keinem Zeitpunkt beeinträchtigt,
- 3.
-
die Vertraulichkeit der auf der elektronischen Kommunikationseinrichtung befindlichen Informationen wird zu keinem Zeitpunkt beeinträchtigt und
- 4.
-
eine vollständige Deinstallation ist nach der Fernprüfung möglich.
(1) 1Vor Beginn einer elektronischen Fernprüfung erfolgt die Authentifizierung mit Hilfe eines gültigen Lichtbildausweises, der nach Aufforderung vorzuzeigen ist. 2Die Hochschulen können weitere, gleich geeignete Authentifizierungsverfahren durch Satzung festlegen, die sie neben der Authentifizierung nach Satz 1 zusätzlich anbieten.
(2) 1Eine Speicherung der im Zusammenhang mit der Authentifizierung verarbeiteten Daten über eine technisch notwendige Zwischenspeicherung hinaus ist unzulässig. 2Personenbezogene Daten aus der Zwischenspeicherung sind unverzüglich zu löschen.
§ 6
Videoaufsicht bei Fernklausuren
(1) 1Zur Unterbindung von Täuschungshandlungen während einer Fernklausur sind die Studierenden verpflichtet, die Kamera- und Mikrofonfunktion der zur Prüfung eingesetzten Kommunikationseinrichtungen zu aktivieren (Videoaufsicht). 2Eine darüberhinausgehende Raumüberwachung findet nicht statt. 3Die Videoaufsicht ist im Übrigen so einzurichten, dass der Persönlichkeitsschutz und die Privatsphäre der Betroffenen nicht mehr als zu den berechtigten Kontrollzwecken erforderlich eingeschränkt werden.
(2) 1Die Videoaufsicht erfolgt durch Aufsichtspersonal der Hochschulen. 2Eine automatisierte Auswertung von Bild- oder Tondaten der Videoaufsicht ist unzulässig.
(3) 1Eine Aufzeichnung der Prüfung oder anderweitige Speicherung der Bild- oder Tondaten ist nicht zulässig. 2§ 5 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend.
(4) 1Abweichend von den Abs. 2 und 3 kann die Videoaufsicht auch automatisiert erfolgen, wenn die elektronische Fernprüfung als Alternative zu einer Präsenzprüfung nach § 1 Abs. 2 Satz 2 angeboten werden soll, kein ausreichendes Aufsichtspersonal für die Durchführung der Videoaufsicht nach Abs. 2 Satz 1 zur Verfügung steht (Kapazitätsüberlastung) und die Studierenden ihre ausdrückliche Einwilligung erklärt haben. 2Die Studierenden sind vor Erteilung der Einwilligung nach Art. 9 Abs. 2 Buchst. a DSGVO über die Wirkungsweise einer automatisierten Videoaufsicht und die bestehenden Möglichkeiten zur Ablegung einer Präsenzprüfung zu unterrichten. 3Die Kapazitätsüberlastung ist zu dokumentieren. 4Personenbezogene Daten, die bei einer automatisierten Videoaufsicht verarbeitet werden, dürfen nicht länger gespeichert werden, als dies zu Kontrollzwecken unbedingt erforderlich ist. 5Die Erstellung von Persönlichkeitsprofilen ist unzulässig.
§ 7
Mündliche und praktische Fernprüfungen
(1) Für die zur Durchführung der mündlichen oder praktischen Fernprüfung notwendige Übertragung von Bild und Ton (Videokonferenz) über die Kommunikationseinrichtung der Studierenden gilt § 6 Abs. 1 und 2 entsprechend.
(2) 1Eine Aufzeichnung der Prüfung oder anderweitige Speicherung der Bild- oder Tondaten ist nicht zulässig. 2§ 5 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend. 3Die wesentlichen Inhalte der mündlichen Fernprüfung werden von einem Prüfer oder Beisitzer protokolliert.
(1) 1Die Teilnahme an elektronischen Fernprüfungen erfolgt auf freiwilliger Basis. 2Die Freiwilligkeit der Teilnahme ist grundsätzlich auch dadurch sicherzustellen, dass eine termingleiche Präsenzprüfung als Alternative angeboten wird. 3Termingleich sind Prüfungen, die innerhalb desselben Prüfungszeitraums unter strenger Beachtung der Grundsätze der Chancengleichheit stattfinden.
(2) 1Soll die elektronische Fernprüfung nach § 1 Abs. 2 Satz 2 angeboten werden, stellen die Hochschulen fest, ob und für wie viele Studierende eine Präsenzprüfung unter Beachtung der jeweils geltenden infektionsschutzrechtlichen Vorgaben und Empfehlungen angeboten werden kann. 2Kann eine Präsenzprüfung nicht durchgeführt werden oder melden sich zu viele Studierende für die Alternative der Präsenzprüfung an, können die Hochschulen Studierende auf den voraussichtlich nächstmöglichen Präsenzprüfungstermin verweisen. 3Prüfungsrechtliche Nachteile dürfen dadurch nicht entstehen. 4Hierzu legen die Hochschulen Kriterien fest, wobei die Auswahl vorrangig nach dem Studienfortschritt erfolgen soll. 5Den betroffenen Studierenden muss ein Wechsel zur elektronischen Fernprüfung ermöglicht werden.
(1) 1Ist die Übermittlung der Prüfungsaufgabe, die Bearbeitung der Prüfungsaufgabe, die Übermittlung der Prüfungsleistung oder die Videoaufsicht zum Zeitpunkt der Prüfung bei einer Fernklausur technisch nicht durchführbar, wird die Prüfung im jeweiligen Stadium beendet und die Prüfungsleistung nicht gewertet. 2Der Prüfungsversuch gilt als nicht vorgenommen. 3Dies gilt nicht, wenn den Studierenden nachgewiesen werden kann, dass sie die Störung zu verantworten haben. 4Das Wahlrecht nach § 8 bleibt unberührt.
(2) 1Ist die Bild- oder Tonübertragung bei einer mündlichen Fernprüfung vorübergehend gestört, wird die Prüfung nach Behebung der Störung fortgesetzt. 2Dauert die technische Störung an, so dass die mündliche Prüfung nicht ordnungsmäßig fortgeführt werden kann, wird die Prüfung zu einem späteren Zeitpunkt wiederholt. 3Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend. 4Tritt die technische Störung auf, nachdem bereits ein wesentlicher Teil der Prüfungsleistung erbracht wurde, kann die Prüfung fernmündlich ohne Verwendung eines Videokonferenzsystems fortgesetzt und beendet werden. 5Bei praktischen Prüfungen gelten die Sätze 1 bis 4 entsprechend.
1Die Hochschulen können Verfahren der Videoaufsicht durch automatisierte Auswertung von Bild- oder Tondaten erproben, wenn diese auf Übungsklausuren beschränkt bleiben. 2§ 8 Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend. 3Die Studierenden müssen auf der Grundlage von Informationen nach § 3 Abs. 2 ausdrücklich in die mit dieser Prüfungsform verbundene Datenverarbeitung eingewilligt haben.
(1) Das Satzungsrecht der Hochschulen nach Art. 13 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit Art. 61 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 des Bayerischen Hochschulgesetzes (BayHSchG) bleibt im Übrigen unberührt.
(2) Hochschulen, die elektronische Fernprüfungen durchführen, sind verpflichtet, an der Evaluierung nach Art. 61 Abs. 10 Satz 4 BayHSchG mitzuwirken.
§ 12
Inkrafttreten, Außerkrafttreten
(1) Diese Verordnung tritt mit Wirkung vom 20. April 2020 in Kraft.
(2) Diese Verordnung tritt am 31. Dezember 2024 außer Kraft.
München, den 16. September 2020
Bayerisches Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst
Bernd Sibler, Staatsminister