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Text gilt ab: 06.07.1992

1. Veräußerung von Vermögensgegenständen unter ihrem Wert

Mit der Aufhebung der genannten Vorschriften der Kommunalgesetze ist die Genehmigungspflicht für Veräußerungen unter Wert entfallen. An der materiellen Rechtslage hat sich dadurch nichts geändert: Das grundsätzliche gesetzliche Verbot von Veräußerungen unter Wert (Art. 75 Abs. 1 Satz 2 GO, Art. 69 Abs. 1 Satz 2 LKrO, Art. 67 Abs. 1 Satz 2 BezO) besteht unverändert fort. Die Fragen,
ob eine Veräußerung unter Wert vorliegt und
ob sie ausnahmsweise zulässig ist,
sind inhaltlich nach den gleichen Kriterien wie bisher zu prüfen.

1.1 Wertermittlung

Der Grundsatz der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung (Art. 61 Abs. 2 GO) verlangt, dass die Gemeinden sich vor der Veräußerung eines Vermögensgegenstandes Klarheit über dessen Wert verschaffen. Außerdem ermöglicht nur eine verlässliche Wertermittlung den Vollzug des Art. 75 GO. Der Wert ist daher vor jeder Veräußerung eines kommunalen Vermögensgegenstandes zu ermitteln, gleichgültig, ob die Kommune zum vollen Wert oder unter Wert veräußern will. Auch wenn sie von vornherein beabsichtigt, unter Wert zu veräußern, muss die Höhe des Preisabschlags festgestellt, also zunächst der volle Wert ermittelt werden.

1.1.1 

„Voller Wert“ im Sinne von Art. 75 Abs. 1 Satz 2 GO ist der Verkehrswert. Verkehrswert ist der Preis, der in dem Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den Eigenschaften und der sonstigen Beschaffenheit der Sache oder dem Inhalt und der Ausgestaltung des Rechts ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre (vgl. Art. 10 Abs. 1 Satz 2 BayEG und § 194 BauGB). Die Wertermittlung muss auf den Zeitpunkt der Veräußerung bezogen sein.

1.1.2 

Durch die Aufhebung der Verordnung über die Veräußerung kommunaler Vermögensgegenstände ist den Kommunen ein bestimmtes Wertermittlungsverfahren kommunalrechtlich nicht mehr vorgeschrieben. Das von ihnen im Einzelfall gewählte Verfahren muss jedoch objektiv und nachprüfbar sein. Die Art des Verfahrens und das Ergebnis der Wertermittlung müssen daher schriftlich vermerkt und zu den Akten genommen werden.
Es wird empfohlen, den Wert wie folgt zu ermitteln:

1.1.2.1 

bei Grundstücken
anhand der für Bodenrichtwerte geführten Grundstückskarte oder Liste (§ 16 GutachterausschussV, BayRS 2130-2-I) oder
durch ein Gutachten des Gutachterausschusses, eines amtlich bestellten Sachverständigen oder einer mit Grundstücksbewertungen allgemein befassten Stelle der Kommune entsprechend den Vorschriften des Baugesetzbuchs und der zu seiner Ausführung erlassenen Vorschriften

1.1.2.2 

bei börsengängigen Wertpapieren nach dem letzten notierten Tageskurs

1.1.2.3 

bei sonstigen Vermögensgegenständen durch eigene, schriftlich zu begründende Schätzung.

1.2 Bestimmung des Veräußerungspreises

Finanzhilfen (Zuschüsse, zinslose oder zinsgünstige Darlehen, Schulddienstbeihilfen, Stundungen usw.) der Kommunen, die in einem inneren Zusammenhang mit der Veräußerung eines Vermögensgegenstandes stehen, sind bei der Bestimmung des Veräußerungspreises zu berücksichtigen.

1.3 Zulässigkeit von Veräußerungen unter Wert

Veräußerungen unter Wert sind zulässig, wenn sie der Erfüllung kommunaler Aufgaben dienen. Diese Voraussetzung muss sowohl für den Preisnachlass überhaupt als auch für seine Höhe vorliegen. Der Grund des Preisnachlasses muss den Akten entnommen werden können.

1.3.1 

Für Veräußerungen unter Wert im kommunalen Wohnungswesen gilt die IMBek vom 15.11.1988 (AllMBl S. 895) in der durch diese Bekanntmachung geänderten Fassung.

1.3.2 

Veräußerungen unter Wert sind grundsätzlich keine zulässigen Maßnahmen unmittelbarer kommunaler Wirtschaftsförderung. Zu den kommunalen Aufgaben gehört im Allgemeinen nur die indirekte Wirtschaftsförderung; Maßnahmen, die einzelnen Unternehmen geldwerte Vorteile einräumen, sind lediglich ausnahmsweise zulässig (z.B. um eine aus städtebaulichen Gründen notwendige Verlagerung eines Betriebs zu ermöglichen).

1.3.3 

Die Kommunen müssen sich um eine ausreichende Sicherung des mit der Veräußerung unter Wert verfolgten Zwecks bemühen (s. Nr. 2.6 IMBek vom 15. November 1988).

1.4 Nachweis der Zulässigkeit

Da das Grundbuchamt vor der Eintragung die Zulässigkeit einer kommunalen Grundstücksveräußerung zu prüfen hat, wird empfohlen, dem Antrag auf Grundbucheintragung eine schriftliche Feststellung des Vertretungsberechtigten beizufügen, dass eine Veräußerung unter Wert nicht vorliegt oder dass eine Veräußerung unter Wert oder eine unentgeltliche Veräußerung wegen der Erfüllung einer näher zu bezeichnenden kommunalen Aufgabe zulässig ist.
Die Feststellung ist zu unterschreiben und mit Siegel oder Stempel zu versehen (§ 29 Abs. 3 GBO).