Inhalt

VJuSchG
Text gilt ab: 01.02.2018

Abschnitt 1 
Allgemeines

1. Zielsetzung und Begriffsbestimmungen

1.1 Ziel

1Mit diesen Verwaltungsvorschriften soll ein einheitlicher Vollzug des Jugendschutzgesetzes in Bayern sichergestellt werden. 2Die ohne Angabe des Gesetzes genannten Paragraphen beziehen sich auf das Jugendschutzgesetz (JuSchG).

1.2 Kooperation

1Der Vollzug des Jugendschutzgesetzes gelingt am wirkungsvollsten, wenn Jugendämter, Ordnungsämter, Polizei, Gemeinden, weitere zuständige Behörden, Schulen, Veranstalter und Gewerbetreibende zusammenarbeiten. 2Um vorhandene Ressourcen effektiv einsetzen zu können, empfiehlt es sich, bestimmte Verfahrensabläufe und Vorgehensweisen bereits im Voraus zu vereinbaren und durch entsprechende Kooperationsvereinbarungen zu untermauern. 3Die gegenseitige Information aller Stellen wirkt präventiv und trägt so dazu bei, den Jugendschutz vor Ort zu verbessern. 4In diesem Zusammenhang wird auch auf die Mitteilungspflicht des Art. 54 AGSG hingewiesen. 5Danach sollen alle Behörden sowie die Träger der freien Jugendhilfe Tatsachen, die eine Gefährdung junger Menschen annehmen lassen, dem zuständigen Jugendamt unverzüglich mitteilen.

1.3 Erziehungsbeauftragung

1.3.1 

1In § 1 Abs. 1 Nr. 4 wurde mit der Gesetzesnovellierung 2003 der bisherige Begriff des „Erziehungsberechtigten“ durch den Begriff der „erziehungsbeauftragten Person“ ersetzt. 2Dies kann jede Person sein, soweit sie über 18 Jahre ist, auf Dauer oder zeitweise Erziehungsaufgaben wahrnimmt und aufgrund einer Vereinbarung mit der personensorgeberechtigten Person handelt. 3Außerdem können erziehungsbeauftragte Personen auch solche sein, die ein Kind oder eine jugendliche Person im Rahmen der Ausbildung oder der Jugendhilfe betreuen.

1.3.2 

1Eine wirksame Erziehungsbeauftragung liegt unter folgenden Voraussetzungen vor: 2Die erziehungsbeauftragte Person muss volljährig sein. 3Zwischen den Eltern bzw. der personensorgeberechtigten Person und der erziehungsbeauftragten Person muss eine entsprechende Vereinbarung im Einzelfall tatsächlich getroffen worden sein, mit der im Rahmen eines Auftragsverhältnisses die Aufsichtspflicht als Teil der Personensorge übertragen wird. 4Die Verantwortung über die sorgfältige Auswahl der erziehungsbeauftragten Person obliegt den Eltern bzw. den personensorgeberechtigten Personen. 5Die Vereinbarung ist darzulegen, die Schriftform wird empfohlen. 6Es genügt nicht, dass die Personensorgeberechtigten eine Blankovollmacht erteilen und der Minderjährige den Namen der erziehungsbeauftragten Person ergänzt.

1.3.3 

1Die erziehungsbeauftragte Person muss dem Erziehungsauftrag und den damit verbundenen Aufsichtspflichten nachkommen können. 2Sie muss die Aufsichtspflicht tatsächlich wahrnehmen und objektiv in der Lage sein, den anvertrauten jungen Menschen zu leiten und zu lenken. 3Dies ist etwa dann nicht mehr der Fall, wenn die erziehungsbeauftragte Person nicht (mehr) anwesend ist oder infolge Alkohol- oder Drogenkonsums objektiv nicht mehr in der Lage ist, die vereinbarten Aufsichtspflichten zu übernehmen. 4Wenn die benannte Person in einem anderen Raum angetroffen wird, muss zunächst geklärt werden, ob diese nur kurz den Raum verlassen hat und sich nur vorübergehend woanders befindet oder ob sie sich dauerhaft von dem zu beaufsichtigenden Minderjährigen entfernt hat. 5Bei einem dauerhaften Aufenthalt in einem anderen Raum, der nachgewiesen werden muss, läge ein Verstoß gegen die Bestimmungen des JuSchG vor. 6Bei einer nur vorübergehenden Entfernung von dem Minderjährigen liegt noch kein Verstoß vor, da die erziehungsbeauftragte Person grundsätzlich noch in der Lage ist, den ihr übertragenen Aufgaben gerecht zu werden.

1.3.4 

1Die Einsetzung des Veranstalters, Gastwirts oder von diesen beauftragten Personen als „erziehungsbeauftragte Person“ ist nicht möglich, da hier ein Interessenskonflikt vorliegt. 2Eine effektive Wahrnehmung des Erziehungsauftrags und der Beaufsichtigung dürften ebenso kaum möglich sein.

1.3.5 

1Jugendleiter oder Jugendleiterinnen sind nur dann kraft Gesetzes erziehungsbeauftragte Person, wenn sie genau in dieser Funktion mit den Jugendlichen eine Unternehmung machen oder eine Veranstaltung besuchen. 2In allen anderen Fällen ist auch für Jugendleiter eine Beauftragung durch die Eltern notwendig.

1.3.6 

1Hinsichtlich der Frage bis zu wie viele Kinder bzw. Jugendliche von einer Person beaufsichtigt werden können, sind vor allem die örtlichen Gegebenheiten und die Art der Veranstaltung zu berücksichtigten. 2So werden zum Beispiel bei einem Konzert mit Sitzplätzen mehr Kinder beaufsichtigt werden können als bei einem Besuch in einer großen, eventuell sogar auf mehrere Bereiche oder Ebenen aufgeteilten Diskothek.

1.3.7 

1Auch bei Eltern und der erziehungsbeauftragten Person kommt selbst eine Ordnungswidrigkeit in Betracht, wenn sie ihre Aufsichtspflichten im Rahmen einer „Erziehungsbeauftragung“ verletzen. 2Schließlich kann durch die Aufsichtspflichtverletzung ein Verhalten eines Kindes oder einer jugendlichen Person herbeigeführt oder gefördert werden, das durch ein Verbot im JuSchG verhindert werden soll (§ 28 Abs. 4).

1.4 Trägermedien

Trägermedien sind Medien mit Texten, Bildern oder Tönen auf gegenständlichen Trägern (Offline-Medien), wie zum Beispiel Bücher, Zeitschriften, Comics, Tonträger, CDs, DVDs, USB-Sticks, Spielautomaten etc.

1.5 Telemedien

1Telemedien sind alle nicht gegenständlichen Medien, die über elektronische Informations- und Kommunikationsdienste zugänglich gemacht werden. 2Hierzu zählen insbesondere Internet-Dienste (Online-Medien) wie Internetseiten, Chat, E-Mail, Messenger, Online-Games und Video-on-demand, aber auch der Teletext. 3Als Übermitteln oder Zugänglichmachen gilt das Bereithalten von eigenen oder fremden Inhalten. 4Rundfunksendungen (Fernsehen und Radio) gehören nicht zu den Telemedien.

1.6 Versandhandel

1Unter den Begriff Versandhandel fallen zum Beispiel Internet-Shopping, Tele-Shopping und Katalogversand. 2Versandhandel ist nur zulässig, falls durch technische oder sonstige Vorkehrungen sichergestellt ist, dass kein Versand an Kinder und Jugendliche erfolgt. 3Zum Versandhandel siehe die Rechtsauffassung und die Praxishinweise der OLJB zum (Online-)Versandhandel in der Anlage 1.

1.7 Verheiratete Jugendliche

1Die Vorschriften der §§ 2 bis 14 gelten nicht für verheiratete Jugendliche (§ 1 Abs. 5). 2Die Regelungen der §§ 15 ff. (Schutz vor jugendgefährdenden Medien) sind jedoch auch auf sie anzuwenden.

2. Prüfungs- und Nachweispflicht

Auf die Hinweise bei Nr. 4 zur Kontrolle der Aufenthaltsbeschränkungen durch den Gewerbetreibenden bzw. Veranstalter wird hingewiesen.

2.1 Nachweispflicht

2.1.1 

Die Betroffenen haben die Pflicht, ihr Lebensalter in geeigneter Weise nachzuweisen, zum Beispiel durch entsprechende Ausweispapiere oder andere Dokumente mit Lichtbild (Personalausweis, Führerschein oder ähnlich).

2.1.2 

1Erziehungsbeauftragte Personen haben gemäß § 2 Abs. 1 ihre Beauftragung auf Verlangen darzulegen, möglichst in Schriftform. 2Diese sollte folgende Angaben enthalten: Name, Geburtsdatum und Anschrift des Kindes bzw. Jugendlichen und der erziehungsbeauftragten Person. 3Des Weiteren sollten Name, Anschrift und Telefonnummer der Eltern aufgeführt werden, unter welcher sie für Nachfragen oder für den Notfall zu erreichen sind, sowie Datum, Ort bzw. Name der Veranstaltung und Angaben über den Zeitraum, für den die Beauftragung gilt.

2.1.3 

1Die Hinterlegung des Personalausweises beim Gewerbetreibenden oder Veranstalter zu Kontrollzwecken ist unzulässig, weil das Personalausweisgesetz (PAuswG) seit dem 1. November 2010 in § 1 Abs. 1 Satz 3 PAuswG vorsieht, dass „vom Ausweisinhaber nicht verlangt werden darf, den Personalausweis zu hinterlegen oder in sonstiger Weise den Gewahrsam aufzugeben“. 2Auch Kopien oder Fotos des Personalausweises nach § 20 Abs. 2 PAuswG dürfen nicht verlangt oder angefertigt werden, da sie nicht erforderlich sind. 3Schließlich genügt bereits die Vorlage des Personalausweises zur Alterskontrolle.

2.1.4 

1Es wird empfohlen, dass Minderjährige sich unter Vorlage ihres Personalausweises oder eines sonstigen Dokuments namentlich (Familien- und Vorname) in eine Anwesenheitsliste eintragen, die auf der jeweiligen Veranstaltung ausgelegt wird, um die Kontrolle der jugendschutzrechtlichen Vorgaben zu ermöglichen. 2Die Eintragungen sind mittels des Ausweises zu überprüfen. 3Entsprechend der Größe und dem Zuschnitt der Veranstaltung ist für den Ordnungsdienst geeignetes und ausreichend qualifiziertes Personal in genügender Anzahl einzusetzen. 4Die Kontrolle der zeitlichen Aufenthaltsbeschränkungen (§ 4 Abs. 1 Satz 2, § 5 Abs. 1 und 2) sollte zum gesetzlich vorgegebenen Zeitpunkt stattfinden. 5Um sicherzustellen, dass alle unbegleiteten Minderjährigen die Veranstaltung tatsächlich verlassen haben, sollten die Minderjährigen beim Verlassen der Gaststätte bzw. Veranstaltung aus der Liste gestrichen werden. 6Verbliebene Minderjährige sind zum Verlassen aufzufordern; gegebenenfalls sind Anwesenheitskontrollen durchzuführen. 7Die Anwesenheitsliste sollte nur den für die Kontrollen zuständigen Personen zugänglich sein und ist aus Gründen des Datenschutzes nach Abschluss der Kontrollen zu vernichten.

2.1.5 

1Um sicherzustellen, dass die Jugendlichen ohne Begleitung einer personensorgeberechtigten oder erziehungsbeauftragten Person die Lokalität bzw. die Veranstaltung zum vorgegebenen Zeitpunkt verlassen, kann – zusätzlich zur Vorlage des Personalausweises beim Eintritt – bspw. die Hinterlegung eines Schülerausweises oder eines mit Lichtbild versehenen Ausweises eines Verkehrsverbunds verlangt werden. 2Die hinterlegten Ausweise sind sicher aufzubewahren und sollen nur den für die Kontrolle zuständigen Personen zugänglich sein. 3Hilfreich ist auch die Kennzeichnung der unterschiedlichen Altersgruppen mit verschiedenen, farbigen Armbändern, die nicht geöffnet und wieder verschlossen werden können. 4Grundsätzlich bleibt es aber den Gewerbetreibenden und Veranstaltern überlassen, wirksame Maßnahmen zur Alterskontrolle zu treffen.

2.2 Prüfungspflicht

1Veranstalter und Gewerbetreibende haben keine generelle Prüfungspflicht, sondern müssen lediglich in Zweifelsfällen das Lebensalter bzw. die Erziehungsbeauftragung überprüfen. 2Zur Überprüfung sind sie berechtigt, sich Ausweispapiere zeigen zu lassen. 3Ein Zweifelsfall liegt dann vor, wenn sich aus dem äußeren Erscheinungsbild, aus Äußerungen oder dem Verhalten Anhaltspunkte für das Nichterreichen der Altersgrenze ergeben. 4Das Risiko einer Fehleinschätzung hinsichtlich des Zweifelsfalles liegt beim Veranstalter bzw. Gewerbetreibenden.

3. Bekanntmachung der Vorschriften

3.1 Aushang der einschlägigen Vorschriften

1Nach dem Gesetzeswortlaut und dem Sinn der Vorschrift wird verlangt, dass diejenigen (aktuellen) Vorschriften schriftlich bekannt gemacht werden, die die jeweilige Betriebseinrichtung bzw. Veranstaltung betreffen (Aushangpflicht). 2Aushänge können bei der Aktion Jugendschutz Bayern bezogen werden (www.bayern.jugendschutz.de). 3Bei Nichtbeachtung oder Zuwiderhandlung kann nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 ein Bußgeld verhängt werden.

3.2 Kino, Film- und Spielprogramme

1Eine Verpflichtung, bereits bei der Werbung und Ankündigung von Filmen in Schaukästen, durch Inserate oder Plakatanschläge die Altersfreigabe des Filmes bekannt zu machen, besteht nicht. 2§ 3 Abs. 2 Satz 3 regelt nur die inhaltliche Ausgestaltung der Werbung für Filme, Film- und Spielprogramme, das heißt, wie geworben werden darf. 3Verboten ist jede Werbung, die auf jugendbeeinträchtigende Inhalte hinweist oder die in jugendbeeinträchtigender Weise erfolgt (vgl. § 14 Abs. 1). 4Dabei reicht es aus, wenn dies nur für eine der in § 14 in Bezug genommenen Altersgruppen der Fall ist. 5Die Bestimmung, dass nicht auf jugendbeeinträchtigende Inhalte hingewiesen werden soll, darf jedoch nicht so eng ausgelegt werden, dass die Meinungsfreiheit unzulässig eingeengt wird – so muss werbende Filmkritik darauf hinweisen dürfen, dass ein Kriegsfilm oder Western die Gefechtsszenen ausführlich und im Einzelnen darstellt oder dass in einem Erotikfilm Nacktszenen zu finden sind. 6Entscheidend ist, dass diese Hinweise in der Werbung informativ und nicht reißerisch gegeben werden (vgl. BayObLG, Beschluss vom 25. Februar 1980, Az. 3 Ob OWi 3/80). 7Satz 3 ersetzt jedoch nicht die Prüfung, ob überhaupt geworben werden darf. 8Dies bestimmt sich nach § 15 Abs. 5 JuSchG bzw. § 184 Abs. 1 Nr. 4 StGB (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Oktober 1988, Az. 1 StR 395/88, NJW 1989, S. 409 ff.).