Inhalt

VVBaySÜG
Text gilt ab: 01.09.2020
Gesamtvorschrift gilt bis: 31.08.2030

2. Erster Abschnitt Allgemeine Vorschriften

2.1 VV zu Art. 1 BaySÜG Zweck des Gesetzes

2.1.1 Zu Art. 1 Abs. 1

1Gemeinsamer Anknüpfungspunkt für eine Überprüfung aus Gründen sowohl des personellen Geheimschutzes als auch des vorbeugenden personellen Sabotageschutzes ist die Ausübung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit. 2Geregelt werden sowohl die Erstüberprüfung (Art. 4 Abs. 1, Art. 9 BaySÜG) als auch die Wiederholungsüberprüfung (Art. 22 Abs. 2 BaySÜG). 3Der Begriff „betraut“ wird als Oberbegriff zu den einzelnen Formen verwendet, nach denen einer Person eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit entweder zugewiesen oder übertragen wird oder die Person zu ihr ermächtigt wird. 4Vom Schutz umfasst sind auch Verschlusssachen, weil das Gesetz in Art. 7 BaySÜG Grundzüge zum materiellen Schutz geheimhaltungsbedürftiger Informationen enthält, die bisher nur in untergesetzlichen Regelungen (beispielswiese der VSA) geregelt waren.

2.1.2 Zu Art. 1 Abs. 2

Siehe Vorbemerkung.

2.2 VV zu Art. 2 BaySÜG Anwendungsbereich des Gesetzes

2.2.1 Zu Art. 2 Abs. 1

1Die politischen Parteien und ihre Stiftungen werden einbezogen, weil sie in der Lage sein müssen, in Einzelfällen Verschlusssachen entgegenzunehmen, und daher Sicherheitsüberprüfungen für bestimmte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durchzuführen haben. 2Zur Vermeidung eines Normenkonflikts mit § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes (SÜG) wird die Geltung auf Parteien und Stiftungen mit Sitz in Bayern und bayerische Untergliederungen eingeschränkt.

2.2.2 Zu Art. 2 Abs. 2

1Die Mitglieder der Staatsregierung und des Landtags sind aufgrund ihrer verfassungsrechtlichen Stellung von der unmittelbaren Geltung des BaySÜG ausgenommen. 2Die Möglichkeit, eine freiwillige Anwendung des BaySÜG durch Geschäftsordnung und Ähnliches zu bestimmen, bleibt bestehen. 3Richterinnen und Richter sind einer Sicherheitsüberprüfung nach dem BaySÜG zu unterziehen, wenn sie Verwaltungsaufgaben wahrnehmen und dabei Zugang zu Verschlusssachen haben. 4Eine im Rahmen der rechtsprechenden Tätigkeit notwendige Befassung mit Verschlusssachen ist ohne Sicherheitsüberprüfung möglich, weil ansonsten Konflikte mit dem verfassungsrechtlich geschützten Anspruch auf den gesetzlichen Richter entstehen könnten. 5Geheimhaltungsinteressen können bei der Abwägung, ob der Inhalt von Verschlusssachen in den Prozess eingebracht wird oder nicht (vergleiche § 96 der Strafprozessordnung und § 99 der Verwaltungsgerichtsordnung), berücksichtigt werden.

2.3 VV zu Art. 3 BaySÜG Sicherheitsempfindliche Tätigkeiten

2.3.1 Zu Art. 3 Abs. 1

Zentraler Anknüpfungspunkt für eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit im personellen Geheimschutz ist die Verschlusssache, die in Art. 7 BaySÜG näher definiert wird.

2.3.1.1 Zu Nr. 1 und 2

1Zugang zu Verschlusssachen haben Personen, die inhaltlich von einer Verschlusssache Kenntnis nehmen sollen. 2Auf die Art der Kenntnisnahme, das heißt Sehen oder Hören, kommt es nicht an. 3Es hat daher auch Zugang zu Verschlusssachen, wer in Besprechungen und Sitzungen Verschlusssacheninformationen zu Gehör bekommt. 4Erfasst werden auch die Fälle, in denen der Betroffene von der Verschlusssache keine inhaltliche Kenntnis nehmen soll, aber die Möglichkeit der Kenntnisnahme hat. 5Dies liegt etwa bei Personen vor, die Verschlusssachen transportieren oder bewachen, die informationstechnische Einrichtungen wie zum Beispiel Datenverarbeitungssysteme warten oder instand setzen, mit deren Hilfe Verschlusssachen übertragen, verarbeitet oder gesichert werden. 6Die Möglichkeit, dass diese Personen auch Kenntnis von der Verschlusssache bekommen können, macht ihre Tätigkeit zur sicherheitsempfindlichen Tätigkeit. 7Daher müssen Kuriere oder Boten, denen Verschlusssachen zum Transport anvertraut werden, ebenso auf ihre Zuverlässigkeit überprüft sein wie die Personen, die inhaltlich Kenntnis von den Verschlusssachen erhalten sollen.

2.3.1.2 Zu Nr. 3

1Eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit übt auch aus, wer, ohne Zugang zu Verschlusssachen zu haben, in einer Behörde oder sonstigen öffentlichen Stelle oder in einem Teil von ihr tätig ist, die aufgrund des Umfangs und der Bedeutung dort anfallender Verschlusssachen zum Sicherheitsbereich erklärt worden ist. 2Umfang und Bedeutung müssen kumulativ vorliegen. 3Es reicht also nicht aus, wenn nur eine Verschlusssache von herausragender Bedeutung in einer Behörde vorliegt, um sie zum Sicherheitsbereich zu deklarieren. 4Zuständig für die Feststellung, ob eine Behörde oder sonstige öffentliche Stelle oder Teile von ihnen sicherheitsempfindlich sind, ist die jeweils zuständige oberste Staatsbehörde beziehungsweise die kommunale Gebietskörperschaft oder eine sonstige der Aufsicht des Freistaates Bayern unterstehende juristische Person des öffentlichen Rechts im Einvernehmen mit dem Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration.

2.3.1.3 Zu Nr. 4

1Anknüpfungspunkt für den vorbeugenden personellen Sabotageschutz ist die Beschäftigung an einer sicherheitsempfindlichen Stelle einer lebenswichtigen Einrichtung. 2Jede Person, die aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses an einer solchen Stelle tätig ist oder dort tätig werden soll, ist zu überprüfen. 3Demnach sind alle Personen, die an solchen Stellen die Möglichkeit zur Beeinflussung haben, einer Sicherheitsüberprüfung zu unterziehen. 4Neben den unmittelbar dort arbeitenden Personen sind auch die Vorgesetzten sowie diejenigen einzubeziehen, die Zugangs-, Zutritts- beziehungsweise Zugriffsrechte haben oder vergeben. 5Dabei kommt es nicht darauf an, ob es sich dienst- oder arbeitsrechtlich um eigenes Personal der Behörden mit sicherheitsempfindlichen Stellen oder solches von Fremdfirmen (zum Beispiel Wartungs- und Reinigungspersonal) handelt. 6„Tätig sein“ bedeutet die Möglichkeit der Beeinflussung durch Zugang (zu Informationen), Zutritt (physischer Aspekt), Zugriff (elektronischer Aspekt) oder verbindliche Weisung. 7Nicht „tätig“ sind sonstige Personen, die aufgrund entsprechender Sicherheitsmaßnahmen die sicherheitsempfindliche Stelle nicht beeinflussen können.

2.3.2 Zu Art. 3 Abs. 2

1Die Lebenswichtigkeit einer Einrichtung ist unabhängig davon, ob sie zum öffentlichen oder zum nicht-öffentlichen Bereich zählt, gegeben, wenn entweder die Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 2 Nr. 1, 2 oder 3 BaySÜG erfüllt sind. 2Eine Beeinträchtigung liegt bereits bei jeder Art der Beeinträchtigung des Betriebsablaufs oder der bestimmungsgemäßen Funktion vor. 3Unter anderem kann die Freisetzung von Stoffen bereits eine Beeinträchtigung darstellen.

2.3.2.1 Zu Nr. 1

1Unverzichtbar sind die Produkte und Leistungen, wenn sie für die Aufrechterhaltung einer Grundsicherung erforderlich sind. 2Dies ist bei kurzfristiger Ersetzbarkeit nicht der Fall.

2.3.2.2 Zu Nr. 2

1Die betriebliche Eigengefahr ist die Gefahr, die vom betrieblichen Arbeitsprozess oder von den eingesetzten Produktionsmitteln selbst ausgeht. 2Betriebliche Eigengefahren weisen generell alle Einrichtungen auf, in denen gefährliche Güter oder Grundstoffe hergestellt, verarbeitet oder gelagert werden. 3Dies gilt auch für Güter und Grundstoffe, die in ihrer Grundeigenschaft nicht gefährlich sind, durch entsprechende Anhäufung oder sonstige Beeinflussung jedoch eine Gefährdung darstellen können. 4Die erforderliche Größe des Bevölkerungsteils, dessen Gesundheit oder Leben erheblich gefährdet sein kann, lässt sich nicht abstrakt quantifizieren. 5Die Prognose einer festen Mindestzahl ist hier nicht gefordert. 6Eine Gesamtwürdigung aller Umstände ist notwendig.

2.3.2.3 Zu Nr. 3

1Die Funktion des Gemeinwesens stellt eine ordnungsrechtliche Komponente dar. 2Die Beeinträchtigung des Funktionierens muss kausal für das Entstehen erheblicher Unruhe in großen Teilen der Bevölkerung sein. 3Erhebliche Unruhe manifestiert sich in individueller Angst bei vielen Menschen oder in körperlicher Reaktion. 4Die Unruhe muss weiterhin ursächlich für Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung sein. 5Das Schutzgut der „öffentlichen Sicherheit“ umfasst drei Teilaspekte:
die Unverletzlichkeit der Rechtsordnung; damit ist die Gesamtheit des geltenden Rechts gemeint, die gewahrt werden soll; auch Grundrechte und private Rechte zählen dazu,
die Unverletzlichkeit individueller Rechte und Rechtsgüter; sie sind aber nur Gegenstand der öffentlichen Sicherheit, soweit sie nicht anderweitig geschützt werden (Subsidiarität),
der Bestand des Staates und seiner Einrichtungen als ein anerkanntes Schutzelement der öffentlichen Sicherheit; geschützt sind die Träger von Hoheitsgewalt mit ihren Organen und Behörden sowie die ihnen zugeordneten Einrichtungen gegen äußere Störungen und Beeinträchtigungen jedweder Art.
6Unter dem Schutzgut der „öffentlichen Ordnung“ wird die Gesamtheit der ungeschriebenen Regeln verstanden, deren Befolgung nach den jeweils herrschenden sozialen und ethischen Anschauungen als unerlässliche Voraussetzung eines geordneten menschlichen Zusammenlebens innerhalb eines bestimmten Gebiets angesehen wird. 7Eine Gefahr im Sinn der Vorschrift besteht der Rechtsprechung zufolge im Falle einer Sachlage, die bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens in absehbarer Zeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit einen Schaden für eines der Schutzgüter (öffentliche Sicherheit beziehungsweise Ordnung) eintreten lassen wird.

2.3.3 Zu Art. 3 Abs. 3

1Die Verteidigungswichtigkeit einer Einrichtung beruht zum einen auf dem genannten Zweck der Einrichtung und zum anderen auf dem erheblichen Gefährdungspotenzial der Einrichtung. 2Dieses muss durch eine in Art. 3 Abs. 3 BaySÜG genannte Beeinträchtigung verursacht sein.

2.3.4 Zu Art. 3 Abs. 4

1Der Begriff „Organisationseinheit“ ist weder räumlich noch rein organisationsrechtlich zu verstehen. 2Vielmehr sind alle Personen, die Zugang zu der sicherheitsempfindlichen Stelle einer lebenswichtigen Einrichtung haben oder sie beeinflussen können – auch auf elektronischem Wege – erfasst. 3Die sicherheitsempfindliche Stelle muss vor unberechtigtem Zugang geschützt sein. 4Die betroffenen Behörden müssen sicherstellen, dass nicht überprüfte Personen keine Beeinflussungsmöglichkeiten (Zugang zu Informationen, Zutritt als physischer Aspekt, Zugriff als elektronischer Aspekt oder Weisungsbefugnis) von sicherheitsempfindlichen Stellen haben.

2.3.5 Zu Art. 3 Abs. 5

1Zuständig für die Bestimmung der sicherheitsempfindlichen Stellen innerhalb der festgelegten lebens- oder verteidigungswichtigen Einrichtungen sind die obersten Staatsbehörden. 2Das Einvernehmen des Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration wird auf schriftliche Mitteilung der obersten Staatsbehörde durch Schreiben des Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration erteilt.

2.4 VV zu Art. 4 BaySÜG Betroffener Personenkreis

2.4.1 Zu Art. 4 Abs. 1

1„Mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betraut werden soll“ bedeutet, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen ist, dass der betroffenen Person auch tatsächlich eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit zugewiesen oder übertragen wird. 2Dies setzt in der Regel einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem Zeitpunkt der Sicherheitsüberprüfung und der Betrauung mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit voraus. 3Die Sicherheitsüberprüfung muss grundsätzlich durchgeführt und abgeschlossen sein, bevor die betroffene Person mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betraut wird, Art. 17 Abs. 6 Satz 2 BaySÜG; Ausnahmen von diesem Grundsatz sind abschließend in Art. 17 Abs. 6 Satz 3 BaySÜG aufgeführt.
4Die Sicherheitsüberprüfungen von Personen, die bereits vor Feststellung einer sicherheitsempfindlichen Stelle an einer solchen tätig waren und dies noch sind, müssen unverzüglich, spätestens aber innerhalb eines Jahres eingeleitet werden.
5Die Sicherheitsüberprüfung ist nur mit Zustimmung der betroffenen Person zulässig. 6Die Erteilung der Zustimmung ist auch in elektronischer Form möglich, sofern die zuständige Stelle einen entsprechenden Zugang hierzu eröffnet. 7In diesem Fall können die in Art. 3a Abs. 2 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes geregelten Schriftformäquivalente genutzt werden (zum Beispiel qualifizierte elektronische Signatur).
8Im Einzelfall kann es erforderlich sein, Beschäftigten bereits ab Vollendung des 16. Lebensjahres eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit zu übertragen. 9Da die sicherheitsempfindliche Tätigkeit im Zusammenhang mit einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis steht, ist die minderjährige Person hinsichtlich der von ihr zu erteilenden Zustimmung zur Sicherheitsüberprüfung unbeschränkt geschäftsfähig, soweit der gesetzliche Vertreter die minderjährige Person ermächtigt hat, in Dienst oder Arbeit zu treten (vergleiche § 113 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs).
10Um Mehrfachüberprüfungen zu vermeiden, kann auf eine Sicherheitsüberprüfung verzichtet werden, wenn nachprüfbar bereits eine gleich- oder höherwertige Sicherheitsüberprüfung, beispielsweise des Bundes, durchgeführt worden ist und diese aktuell ist. 11Gleichwertigkeit liegt vor, wenn die im Rahmen der jeweiligen Sicherheitsüberprüfungsstufe durchgeführten Maßnahmen dem Standard des BaySÜG entsprechen. 12Bei der Prüfung der Verzichtsmöglichkeiten dürfen auch Zuverlässigkeitsüberprüfungen zum Beispiel nach dem Luftsicherheitsgesetz oder dem Atomgesetz einbezogen werden. 13Der Verzicht auf die Durchführung einer weiteren Sicherheitsüberprüfung steht im Ermessen der zuständigen Stelle. 14Ein solcher ist jedoch nur möglich, soweit die bereits durchgeführte Überprüfung ohne Feststellung eines Sicherheitsrisikos abgeschlossen wurde und innerhalb der letzten fünf Jahre erfolgte. 15Beim Wechsel der betroffenen Person zwischen den Bereichen Geheimschutz und Sabotageschutz sowie bei zusätzlicher Aufnahme der sicherheitsempfindlichen Tätigkeit im Bereich Geheimschutz beziehungsweise im Bereich Sabotageschutz ist das Landesamt für Verfassungsschutz über die neue Beschäftigung zu unterrichten. 16Das Landesamt für Verfassungsschutz kann an der Entscheidung über die fortbestehende Aktualität der Sicherheitsüberprüfung beteiligt werden. 17Das Landesamt für Verfassungsschutz teilt der zuständigen Stelle auf Anforderung mit, ob das mitgeteilte Votum aus der bereits vorliegenden Überprüfung auch für die neue Beschäftigung der betroffenen Person Gültigkeit besitzt. 18Es fordert hierzu gegebenenfalls den Sicherheitsüberprüfungsakt von derjenigen Behörde an, die an der letzten Überprüfung mitgewirkt hat (§ 5 Abs. 1 und § 3 des Bundesverfassungsschutzgesetzes – BVerfSchG, § 3 Abs. 1 des Gesetzes über den militärischen Abschirmdienst). 19Neue Maßnahmen zur Verifizierung oder zur Ergänzung der Erkenntnisse aus der letzten Überprüfung darf das Landesamt für Verfassungsschutz nicht einleiten. 20Kann die Feststellung, ob ein Sicherheitsrisiko vorliegt, ohne zusätzliche Maßnahmen nicht getroffen werden, ist eine neue Sicherheitsüberprüfung erforderlich.

2.4.2 Zu Art. 4 Abs. 2

1Bei den beiden höchsten Überprüfungsarten im Bereich des Geheimschutzes soll die Ehegattin, Lebenspartnerin, Lebensgefährtin oder der Ehegatte, Lebenspartner, Lebensgefährte in die Sicherheitsüberprüfung einbezogen werden. 2Im Falle der Einbeziehung wird sie oder er zur mitbetroffenen Person. 3Der Grund für die Einbeziehung beruht auf der Erkenntnis, dass Sicherheitsrisiken der mitbetroffenen Person sich aufgrund der engen persönlichen Beziehung auf die betroffene Person auswirken können (zum Beispiel Sachverhalte, die sich für eine Erpressung durch einen ausländischen Nachrichtendienst eignen).
4Eine „auf Dauer angelegte Gemeinschaft“ ist eine zwischen einem Mann und einer Frau oder zwei Personen gleichen Geschlechts bestehende Lebensgemeinschaft, die keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt, sich durch innere Bindungen auszeichnet und ein gegenseitiges Einstehen der Partner in den Not- und Wechselfällen des Lebens füreinander begründet (BVerfGE 87, 234, 264). 5Ein wichtiges Indiz hierfür ist eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft. 6Eine auf Dauer angelegte Gemeinschaft wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass – wie auch in der Ehe oder Lebenspartnerschaft – in einzelnen Bereichen getrennt gewirtschaftet wird.
7Über Ausnahmen der Einbeziehung einer mitbetroffenen Person entscheidet der Geheimschutzbeauftragte. 8Eine praktische Fallgestaltung für die Ausnahme sind getrennt lebende Ehepartner oder Lebenspartner, zwischen denen keine enge persönliche Beziehung mehr besteht. 9Eine Ausnahme kann auch vorliegen, wenn die Ehegattin, Lebenspartnerin, Lebensgefährtin oder der Ehegatte, Lebenspartner, Lebensgefährte einer betroffenen Person, die oder der bereits mehrmals in Sicherheitsüberprüfungen einbezogen worden ist, bei der folgenden Wiederholungsprüfung ihre oder seine Zustimmung zur Einbeziehung verweigert, sich im Übrigen aber mit den Angaben zu ihrer oder seiner Person in der Sicherheitserklärung einverstanden erklärt. 10Bei einer derartigen Sachlage hat der Geheimschutzbeauftragte anhand des Einzelfalls zu entscheiden, ob ausnahmsweise auf die Einbeziehung verzichtet werden kann. 11Gegebenenfalls sollte das Landesamt für Verfassungsschutz an der Entscheidungsfindung beteiligt werden. 12Wesentlich für die Entscheidung über die Ausnahme dürften die Gründe sein, warum die Ehegattin, Lebenspartnerin, Lebensgefährtin oder der Ehegatte, Lebenspartner, Lebensgefährte ihre oder seine Zustimmung verweigert.
13Die Einbeziehung bedeutet, dass das Landesamt für Verfassungsschutz zur Ehegattin, Lebenspartnerin, Lebensgefährtin oder zum Ehegatten, Lebenspartner, Lebensgefährten die Anfragen an andere Behörden richtet, wie sie in Art. 16 Abs. 1 bis 2 BaySÜG beschrieben sind.
14Wird die Zustimmung nicht erteilt und kann auch nicht ausnahmsweise auf die Einbeziehung verzichtet werden, ist eine Sicherheitsüberprüfung der betroffenen Person nicht durchführbar und damit die Übertragung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit nicht möglich.

2.5 VV zu Art. 5 BaySÜG Zuständigkeit

2.5.1 Zu Art. 5 Abs. 1 Satz 1

2.5.1.1 Zu Nr. 1

1 Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BaySÜG trifft die grundsätzliche Regelung der Zuständigkeit für die Sicherheitsüberprüfung sowohl im Bereich des personellen Geheimschutzes als auch im Bereich des vorbeugenden personellen Sabotageschutzes. 2Im Bereich des personellen Geheimschutzes betraut grundsätzlich die Dienststellenleitung beziehungsweise der Geheimschutzbeauftragte die betroffene Person mit der sicherheitsempfindlichen Tätigkeit. 3Auch im Bereich des vorbeugenden personellen Sabotageschutzes ist die Behörde für die Durchführung der Sicherheitsüberprüfung zuständig, die eine Person mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betrauen will. 4Eine Sonderregelung für Sicherheitsüberprüfungen von Personen, die zu einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit bei einer nicht-öffentlichen Stelle ermächtigt werden sollen, enthält Art. 30 BaySÜG.

2.5.1.2 Zu Nr. 2

Staatliche Mittelbehörden sind grundsätzlich auch für den ihnen nachgeordneten Bereich zuständige Stelle.

2.5.1.3 Zu Nr. 3

1 Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BaySÜG enthält eine Sonderregelung für die politischen Parteien und deren Stiftungen, die teilweise auch staatliche Verschlusssachen erhalten und daher Sicherheitsüberprüfungen für bestimmte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durchführen müssen. 2Die Parteien sind aufgrund ihrer verfassungsmäßigen Stellung selbst zuständige Stelle für die Sicherheitsüberprüfung, unabhängig von staatlichen Stellen. 3Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fraktionen und der Landtagsabgeordneten werden vom Landtagsamt als zuständiger Stelle (vergleiche Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BaySÜG) überprüft. 4Für die persönlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der bayerischen Bundestagsabgeordneten und Mitglieder des Europaparlaments, die nicht Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einer Fraktion sind, ist zuständige Stelle die politische Partei oder deren Untergliederung im Sinn des Art. 2 Abs. 1 Satz 2 BaySÜG. 5Die Parteien (Vorstand oder Geschäftsstelle) sollten einen oder mehrere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit der Wahrnehmung der Aufgaben der zuständigen Stelle nach dem BaySÜG beauftragen. 6Diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dürfen nicht gleichzeitig mit personalverwaltenden Aufgaben betraut sein (vergleiche Art. 5 Abs. 2 BaySÜG). 7Sie haben die vorliegende Allgemeine Verwaltungsvorschrift bei der Sicherheitsüberprüfung von Personen zu beachten und anzuwenden.

2.5.2 Zu Art. 5 Abs. 1 Satz 2

1Die oberste Staatsbehörde kann im unmittelbar nachgeordneten Bereich die Zuständigkeit für die Sicherheitsüberprüfungen für die Behördenleiterinnen oder Behördenleiter, Geheimschutzbeauftragten und deren Vertreterinnen oder Vertreter sowie für die Personen, die einer erweiterten Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen (Ü3) unterzogen werden sollen, an sich ziehen. 2Sie kann ferner auch für die Behördenleiterinnen oder Behördenleiter und Geheimschutzbeauftragten der staatlichen Mittelbehörden sowie deren Vertreterinnen oder Vertreter die Zuständigkeit für die Sicherheitsüberprüfungen übernehmen. 3Das Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration hat außerdem die Möglichkeit, in Abweichung von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BaySÜG auf Wunsch eines Landkreises oder einer kreisfreien Stadt die Regierung zur zuständigen Stelle auch für die kommunalen Beschäftigten zu bestimmen.

2.5.3 Zu Art. 5 Abs. 2

1Die Trennung von der Personalverwaltung soll die betroffene Person davor schützen, dass Erkenntnisse aus der Sicherheitsüberprüfung in unzulässiger Weise auch für personalverwaltende Zwecke genutzt werden. 2Eine solche Nutzung ist nur unter den Voraussetzungen des Art. 26 Abs. 1 Satz 3 BaySÜG zulässig. 3Der Begriff „Personalverwaltung“ ist weit auszulegen und auf alle Stellen der Behörde zu beziehen, die personalverwaltende und personalrechtliche Entscheidungen treffen oder daran mitwirken. 4Hierzu zählen auch der Personalrat, die Schwerbehindertenvertretung und die Gleichstellungsbeauftragte in der Dienststelle. 5Zur Personalverwaltung gehören dagegen nicht die Aufgaben, die Fachvorgesetzte wahrnehmen, zum Beispiel Geheimschutzbeauftragte gegenüber ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
6Dieser Grundsatz bedeutet sowohl die personelle als auch die organisatorische Trennung zwischen personellem Geheimschutz beziehungsweise Sabotageschutz und Personalverwaltung. 7Zum einen sollen bei Sicherheitsentscheidungen die Sicherheitsinteressen nicht mit anderen Interessen (eine Person wird für eine bestimmte Aufgabe dringend benötigt) vermischt werden. 8Zum anderen sollen sich nachteilige Sicherheitserkenntnisse zu einer Person nicht auf andere (nicht-sicherheitsrelevante) Personalmaßnahmen (zum Beispiel Beförderung) auswirken. 9Aus diesem Grunde dürfen auch die Sicherheitsakten der personalverwaltenden Stelle nicht zugänglich gemacht werden (vergleiche Art. 23 Abs. 3 Satz 2 BaySÜG).
10Datenschutzbeauftragte haben unter anderem auf die Einhaltung der datenschutzbezogenen Vorschriften des BaySÜG hinzuwirken. 11Wegen möglicher Interessenskollisionen sollen sie deshalb ebenfalls keine Aufgaben der zuständigen Stelle wahrnehmen dürfen.
12Auch für die Ansprechpartner für Korruptionsprävention sollen wegen der engen Zweckbindung der personenbezogenen Daten aus der Sicherheitsüberprüfung (Art. 26 BaySÜG) mögliche Interessenskollisionen ausgeschlossen werden.

2.5.4 Zu Art. 5 Abs. 3

1 Art. 5 Abs. 3 Nr. 1 BaySÜG enthält zunächst eine umfassende Zuständigkeit des Landesamts für Verfassungsschutz für Sicherheitsüberprüfungen von betroffenen Personen, die beim Landesamt für Verfassungsschutz Mitarbeiter sind oder sich dort bewerben. 2Dabei übt das Landesamt für Verfassungsschutz sowohl die Kompetenzen der zuständigen Stelle als auch der mitwirkenden Behörde aus.
3 Art. 5 Abs. 3 Nr. 2 BaySÜG legt die primäre Zuständigkeit des Landesamts für Verfassungsschutz für andere betroffene Personen, die dort eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit ausüben sollen, fest. 4Sie dient der Klarstellung, dass das Landesamt für Verfassungsschutz auch in diesen Fällen für die Sicherheitsüberprüfung und die Bewertung, ob ein Sicherheitsrisiko vorliegt, zuständig ist. 5Der letzte Halbsatz gibt dem Landesamt für Verfassungsschutz die Möglichkeit, in Bezug auf die in Art. 5 Abs. 3 Nr. 2 BaySÜG genannten Personen im Einzelfall auf seine Zuständigkeit zu verzichten.

2.6 VV zu Art. 6 BaySÜG Geheimschutzbeauftragter

1Zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben nach dem BaySÜG bestellen die zuständigen Stellen einen Geheimschutzbeauftragten und eine vertretungsberechtigte Person. 2Der Geheimschutzbeauftragte ist „Herr des Verfahrens“ und hat, unabhängig von den Aufgaben nach der VSA,
in der Behörde für die Durchführung des BaySÜG zu sorgen,
die Behördenleitung in allen Fragen des personellen Geheimschutzes zu beraten,
in Verdachtsfällen das Landesamt für Verfassungsschutz und andere an der Aufklärung beteiligte Behörden zu unterstützen.
3Darüber hinaus ist er für die ordnungsgemäße Durchführung aller Geheimschutzverpflichtungen nach dem BaySÜG und den dazu ergangenen Regelungen verantwortlich und hat die dazu erforderlichen Befugnisse wie Informations- und Belehrungs-, Anordnungs- und Kontrollrechte wie auch ein unmittelbares Vortragsrecht bei der Dienststellenleitung. 4Insbesondere entscheidet er nach Art. 17 Abs. 4 BaySÜG über das Vorliegen eines Sicherheitsrisikos. 5Die Aufgaben des Geheimschutzbeauftragten erstrecken sich nicht auf den näheren Schutz der Informationstechnik. 6Aufgrund der hierfür erforderlichen besonderen Fachkenntnisse wird diese Aufgabe durch den IT-Sicherheitsbeauftragten wahrgenommen. 7Bei den Geheimschutzbeauftragten verbleibt indes die Gesamtverantwortung.
8Das dem Geheimschutzbeauftragten nach § 3 Abs. 3 VSA eingeräumte unmittelbare Vortragsrecht bei der Behördenleitung erstreckt sich auch auf seine personellen Geheimschutzaufgaben und schließt das Vorlagerecht ein. 9Der Geheimschutzbeauftragte sollte der Dienststellenleitung unmittelbar unterstellt werden. 10Andere Aufgaben sollen ihm nur zugewiesen werden, soweit er diese ohne Beeinträchtigung seiner Aufgaben auf dem Gebiet des Geheimschutzes erfüllen kann. 11Zur Wahrung der Kontinuität und Wirksamkeit der Geheimschutzpraxis sollen der Geheimschutzbeauftragte und seine Mitarbeiter ihre Tätigkeit mehrere Jahre ausüben und besonders geschult werden.
12Der Geheimschutzbeauftragte nimmt auch die Aufgaben des vorbeugenden personellen Sabotageschutzes im Sinn des Art. 1 Abs. 2 Nr. 2 BaySÜG wahr. 13Eine gesonderte Bestellung eines Sabotageschutzbeauftragten ist regelmäßig nicht erforderlich. 14Falls in Einrichtungen nach Art. 1 Abs. 2 Nr. 2 BaySÜG Maßnahmen des personellen Geheimschutzes entbehrlich sind, ist ein Sabotageschutzbeauftragter zu bestellen, der ebenfalls besonders zu schulen ist.
15Die Geheim- und Sabotageschutzbeauftragten sind mindestens einer erweiterten Sicherheitsüberprüfung (Ü2) zu unterziehen, da diese im Rahmen der Sicherheitsüberprüfungen Kenntnis von Verschlusssachen auch der Geheimhaltungsstufe GEHEIM erhalten können.

2.7 VV zu Art. 7 BaySÜG Verschlusssachen

Die näheren Aufgaben und Befugnisse im materiellen Geheimschutz sind in der VSA geregelt.

2.7.1 Zu Art. 7 Abs. 1

1Die Definition der Verschlusssache entspricht der in Art. 3 Satz 1 des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes (BayVSG) in Verbindung mit § 3 Abs. 2 Nr. 1 BVerfSchG verwendeten Beschreibung. 2Sie gilt unabhängig von der Darstellungsform, zum Beispiel für Schriftstücke, Zeichnungen, Karten, Fotokopien, Lichtbildmaterial, Lochstreifen, Magnetspeicher und elektrische Signale, Bauwerke, Geräte und technische Einrichtungen sowie das gesprochene Wort. 3Sie setzt die kenntlich gemachte Einstufung in einen der in Art. 7 Abs. 2 BaySÜG aufgeführten Verschlusssachengrade voraus. 4Art. 7 Abs. 1 Satz 2 BaySÜG enthält eine Definition der Kryptomittel. 5Zeichnet sich ab, dass ein Projekt als Verschlusssache einzustufen sein wird, ist das Personal vor Beginn der Arbeiten gemäß Art. 4 BaySÜG zu überprüfen.

2.7.2 Zu Art. 7 Abs. 1a

1Die Weitergabe von eingestuften Informationen und die Kenntnisnahme solcher Informationen sind auf das zur jeweiligen Aufgabenerfüllung notwendige Maß zu beschränken. 2Daher gilt der Grundsatz „Kenntnis nur, wenn nötig“. 3Dies bedeutet aber auch, dass jede Person, die für ihre Aufgabenerfüllung einen Bedarf an der Kenntnisnahme von einer Verschlusssache hat, diese Kenntnis auch erlangen soll. 4Insofern wird auch dem Prinzip „Pflicht zur Teilung von Informationen“ Rechnung getragen, also der Bereitstellung von Informationen für alle Personen mit einem entsprechenden Bedarf.

2.7.3 Zu Art. 7 Abs. 2

1Die Einstufung kann nur von einer staatlichen Institution oder auf deren Veranlassung von nichtstaatlichen Stellen vorgenommen werden, weil es um Informationen geht, die im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftig sind. 2Definiert werden alle Geheimhaltungsgrade der Verschlusssachen. 3Eine Sicherheitsüberprüfung ist aber erst für den Umgang mit Verschlusssachen des Grades VS-VERTRAULICH und höher erforderlich (Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 BaySÜG). 4Die Definitionen entsprechen denen der VSA. 5Unter „lebenswichtige Interessen“ im Sinn von Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 BaySÜG fällt insbesondere die ausreichende Verteidigungsfähigkeit, die zum Beispiel beim Verrat von Informationen, der die Funktion entscheidender Waffensysteme ganz oder weitgehend infrage stellt, gefährdet sein kann.

2.7.4 Zu Art. 7 Abs. 3

Personen, denen Zugang zu Verschlusssachen gewährt wird, sind zur Verschwiegenheit sowie zum Schutz der Verschlusssachen vor unbefugter Kenntnisnahme verpflichtet.

2.7.5 Zu Art. 7 Abs. 4

1 Art. 7 Abs. 4 Satz 1 BaySÜG begründet die Verpflichtung von Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen im Sinn des Art. 2 Abs. 1 Satz 1 BaySÜG, die mit Verschlusssachen umgehen, diese durch Maßnahmen des materiellen Geheimschutzes zu schützen. 2Dabei wird auch die Zielrichtung des Schutzes definiert. 3Verlust und Durchbrechungen der Vertraulichkeit von Verschlusssachen sollen verhindert werden, auf das Erkennen und die Aufklärung solcher Versuche soll hingewirkt werden. 4Die einzelnen zu ergreifenden Maßnahmen ergeben sich aus der VSA.
5Die politischen Parteien nach Art. 21 des Grundgesetzes erhalten Verschlusssachen nur, soweit sie sich freiwillig zur Beachtung der VS-Vorschriften verpflichtet haben. 6Die Realisierung der VS-Vorschriften liegt in der Eigenverantwortung der Parteien.
7 Art. 7 Abs. 4 Satz 2 BaySÜG verankert gesetzlich, dass der Verschlusssachenschutz der Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen nicht endet, wenn diese Verschlusssachen an nicht-öffentliche Stellen weitergeben. 8Als Weitergabe sind dabei alle Fälle zu verstehen, in denen Zugang zu Verschlusssachen gewährt wird oder die Möglichkeit einer Kenntnisnahme entsteht, die nicht durch organisatorische oder sonstige geeignete Maßnahmen ausgeschlossen werden kann. 9Auch das Erstellen einer Verschlusssache im Rahmen von Forschung und Entwicklung, welches auf Veranlassung einer amtlichen Stelle oder im Interesse einer amtlichen Geheimhaltung angeordnet wurde, fällt hierunter.
10Die eine Verschlusssache herausgebende Stelle kann weitere Vorgaben zum Schutz der Verschlusssache treffen. 11Für die überwiegende Mehrzahl von Verschlusssachen werden die mit der jeweiligen Einstufung verbundenen Schutzmaßnahmen nach den jeweils geltenden untergesetzlichen Vorschriften genügen. 12Es kann aber erforderlich sein, auch für Verschlusssachen, deren Inhalt einen höheren Geheimhaltungsgrad nicht rechtfertigt, weitergehende Schutzmaßnahmen anzuordnen (etwa ein Verbot der elektronischen Übermittlung). 13Daher sieht Art. 7 Abs. 4 Satz 3 BaySÜG vor, dass die herausgebende Stelle besondere Schutzmaßnahmen unabhängig von der jeweiligen Einstufung als Auflage anordnen kann, um den jeweils notwendigen Schutz der Vertraulichkeit sicherzustellen. 14Diese Anordnungen sind für den Empfänger der Verschlusssache verbindlich.

2.8 VV zu Art. 8 BaySÜG Sicherheitsrisiken, sicherheitserhebliche Erkenntnisse

2.8.1 Zu Art. 8 Abs. 1 Satz 1

1Es müssen tatsächliche Anhaltspunkte für ein Sicherheitsrisiko vorhanden sein. 2Abstrakte Möglichkeiten oder Vermutungen reichen nicht aus. 3Die tatsächlichen Anhaltspunkte müssen im Einzelfall, bezogen auf die sicherheitsempfindliche Tätigkeit, die die betroffene Person ausübt beziehungsweise ausüben soll, vorliegen. 4Entscheidend ist, dass ein Sicherheitsrisiko für die auszuübende sicherheitsempfindliche Tätigkeit besteht. 5Ergebnisse aus Sicherheitsüberprüfungen im Rahmen des personellen Geheimschutzes können in der Regel nicht ohne Weiteres für Sicherheitsüberprüfungen im Rahmen des vorbeugenden personellen Sabotageschutzes und umgekehrt übernommen werden. 6Die Prüfung, ob ein Sicherheitsrisiko vorliegt, erfolgt jeweils unter Zugrundelegung der speziellen Anforderungen der sicherheitsempfindlichen Tätigkeit. 7Kann eine Überprüfung nicht stattfinden, zum Beispiel wegen versagter Zustimmung zur Sicherheitsüberprüfung, wird zwar kein Sicherheitsrisiko festgestellt; die Beschäftigung im sicherheitsempfindlichen Bereich scheitert aber an der Undurchführbarkeit der Sicherheitsüberprüfung. 8Gleiches gilt, wenn die Ehegattin, Lebenspartnerin, Lebensgefährtin oder der Ehegatte, Lebenspartner, Lebensgefährte
bei der Sicherheitsüberprüfung nach Art. 11 oder 12 BaySÜG ihre oder seine Zustimmung zur Einbeziehung in die Sicherheitsüberprüfung nach Art. 4 Abs. 2 BaySÜG verweigert und nicht ausnahmsweise auf die Einbeziehung verzichtet werden kann (vergleiche Nr. 2.4.2),
zwar der Einbeziehung in die Sicherheitsüberprüfung zustimmt, aber der Speicherung von Daten zu ihrer oder seiner Person sowohl in Dateien als auch in Akten widerspricht,
bei der Sicherheitsüberprüfung nach Art. 10 BaySÜG ihr oder sein Einverständnis zur Datenangabe nach Art. 15 Abs. 2 Satz 4 BaySÜG verweigert (vergleiche Nr. 4.3.3).
9Die Überprüfung kann auch dann nicht abgeschlossen werden, wenn der nach Art. 16 Abs. 6 BaySÜG festgelegte Überprüfungszeitraum nicht gewahrt ist.

2.8.1.1 Zu Nr. 1

1Zweifel an der Zuverlässigkeit können sich sowohl im Bereich des Geheimschutzes als auch im Bereich des Sabotageschutzes aus zahlreichen Anhaltspunkten ergeben. 2Beispiele sind: strafrechtliche Verfahren – insbesondere Verurteilungen –, übermäßiger Alkoholgenuss, Einnahme von bewusstseinsverändernden Drogen oder Medikamenten, Verstöße gegen Dienstpflichten, geistige oder seelische Störungen.
3Anhaltspunkte für Zweifel an der Zuverlässigkeit der betroffenen Person können sich auch ergeben, wenn die Ehegattin, Lebenspartnerin, Lebensgefährtin oder der Ehegatte, Lebenspartner, Lebensgefährte strafrechtlich erheblich in Erscheinung getreten ist oder kriminellen oder extremistischen Gruppierungen angehört oder sie unterstützt. 4Die Zweifel ergeben sich aus der Frage, ob der Person, die enge persönliche Beziehungen zu solchen Personen unterhält, im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige Tatsachen anvertraut werden können beziehungsweise ob sie an einer sicherheitsempfindlichen Stelle innerhalb einer lebens- oder verteidigungswichtigen Einrichtung beschäftigt werden kann. 5Hier kommt es auf die Einzelfallfeststellungen an.
6Im Bereich des Sabotageschutzes geht es dabei weniger um allgemeine Zuverlässigkeitsanforderungen für Tätigkeiten an sicherheitsempfindlichen Stellen im öffentlichen und nicht-öffentlichen Bereich, sondern um Anhaltspunkte, die bewusste Sabotage – vornehmlich mit terroristischem Hintergrund – befürchten lassen. 7Bei der Einzelfallbetrachtung in diesem Bereich ist aber auch zu berücksichtigen, dass Beziehungen zu extremistischen oder terroristischen Vereinigungen Zweifel an der Zuverlässigkeit der betroffenen Person bei der Wahrnehmung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit begründen können.

2.8.1.2 Zu Nr. 2

1Das Sicherheitsrisiko nach Art. 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BaySÜG beruht auf den Erfahrungen aus der Spionageabwehr; es bezieht sich aber nicht allein auf den Schutz von Verschlusssachen, sondern auch auf den Sabotageschutz. 2Fremde Nachrichtendienste nutzen persönliche Schwächen aus, um Personen unter Druck zu setzen und zur nachrichtendienstlichen Tätigkeit zu zwingen. 3Diese Schwächen können zum Beispiel Überschuldung, Spielsucht und Tätigkeiten beziehungsweise Verhaltensweisen sein, die die betroffene Person unbedingt verborgen halten will, zum Beispiel sexuelle Neigungen oder bei Verheirateten außereheliche intime Beziehungen. 4Bekennt sich jedoch die betroffene Person offen zu ihren Neigungen und außerehelichen intimen Beziehungen, so sind sie als Druckmittel zur nachrichtendienstlichen Anbahnung ausgeschlossen. 5Als Druckmittel ausgenutzt werden auch verwandtschaftliche Beziehungen in Staaten, für die besondere Sicherheitsregelungen (vergleiche Art. 37 BaySÜG) gelten. 6Auch häufige Reisen in diese Staaten können die betroffene Person einer besonderen Gefährdung durch ausländische Nachrichtendienste aussetzen. 7Die „besondere Gefährdung“ fordert nicht den Nachweis eines konkreten Kontakts zu einem ausländischen Nachrichtendienst.
8Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass auch Vereinigungen im Sinn der §§ 129 bis 129b StGB oder extremistische Organisationen an Informationen über den Wissensstand der Sicherheitsbehörden interessiert sind und versuchen werden, sich entsprechenden Zugang zu diesen Informationen zu verschaffen. 9Auch wird die Gefahr gesehen, dass die genannten Vereinigungen oder Organisationen versuchen könnten, Personen, die Zutritt zu einer sicherheitsempfindlichen Stelle innerhalb einer lebens- oder verteidigungswichtigen Einrichtung haben, zu erpressen, dort Sabotageakte zu begehen.

2.8.1.3 Zu Nr. 3

1Ein Sicherheitsrisiko liegt regelmäßig auch bei Zweifeln am Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung vor. 2Da Verschlusssachen im staatlichen Interesse geheim zu halten sind, sind Personen, die durch ihr aktives Tun eine Gegnerschaft zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung erkennen lassen, nicht geeignet, Verschlusssachen anvertraut zu erhalten. 3Gleiches gilt, wenn eine Person erkennen lässt, dass sie nicht jederzeit aktiv für die Erhaltung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung eintritt. 4Viele Verschlusssachen sind geheimhaltungsbedürftig, weil sie Vorbereitungen für Spannungs-, Krisen- oder Verteidigungsfälle enthalten. 5Sie sollen nicht Personen anvertraut werden, von denen man weiß oder aufgrund von tatsächlichen Anhaltspunkten annimmt, dass sie nicht für den Bestand der freiheitlichen demokratischen Grundordnung eintreten. 6Zweifel am Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung begründen auch beim vorbeugenden personellen Sabotageschutz regelmäßig ein Sicherheitsrisiko, da ein Gegner des staatlichen Systems geneigt sein kann, dieses durch Sabotageakte zu beschädigen.

2.8.2 Zu Art. 8 Abs. 1 Satz 2

1Ein Sicherheitsrisiko bei der betroffenen Person kann sich auch ergeben, wenn es in der mitbetroffenen Person vorliegt. 2Gleiches gilt für andere Personen, die im Haushalt der betroffenen Person leben oder zu ihr in enger persönlicher Beziehung stehen. 3Mit der Formulierung „kann“ soll verhindert werden, dass Gefährdungserkenntnisse zur mitbetroffenen Person zwingend ein Sicherheitsrisiko bei der betroffenen Person sind. 4Auch hier kommt es auf den jeweiligen Einzelfall an.

2.8.3 Zu Art. 8 Abs. 2

1Die Definition der sicherheitserheblichen Erkenntnis ist erforderlich, weil sie als Vorstufe zu möglichen Sicherheitsrisiken Maßnahmen auslöst, wie zum Beispiel Mitteilungspflichten und Prüfmaßnahmen, die als Eingriffe in das informationelle Selbstbestimmungsrecht gesetzlich festgelegt werden; vergleiche Art. 17 Abs. 1 Satz 2 BaySÜG.
2Bei Abschluss der Sicherheitsüberprüfung kann das Landesamt für Verfassungsschutz zu nach Art. 17 Abs. 1 Satz 2 BaySÜG mitgeteilten sicherheitserheblichen Erkenntnissen Sicherheitshinweise geben. 3Unter Sicherheitshinweisen sind fallbezogene Empfehlungen zu verstehen, die zum Beispiel zur weiteren Betreuung der betroffenen Person aus Anlass von Beziehungen in Staaten, in denen besondere Sicherheitsrisiken für die mit sicherheitsempfindlicher Tätigkeit betrauten Personen zu besorgen sind oder aufgrund finanzieller Belastungen notwendig erscheinen.
4Unberührt von den in Art. 37 BaySÜG geregelten Reisebeschränkungen besteht die Möglichkeit, bei allen Überprüfungsarten die betroffene Person im Einzelfall aufgrund sicherheitserheblicher Erkenntnisse zur Anzeige von Reisen – gegebenenfalls nur in bestimmte Staaten der Staatenliste im Sinn von Art. 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 18 BaySÜG – zu verpflichten, wenn eine gegenüber der Allgemeinheit erheblich erhöhte nachrichtendienstliche Gefährdung nicht ausgeschlossen werden kann. 5Diese Auflage kommt als „milderes“ Mittel in Betracht, wenn ohne eine solche Anzeigepflicht ein Sicherheitsrisiko gemäß Art. 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BaySÜG festgestellt werden müsste.