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Text gilt ab: 01.01.2021
Fassung: 14.08.1997
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Vertrag zwischen dem Freistaat Bayern und dem Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern sowie der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern
vom 14. August 1997

Vollzitat nach RedR: Vertrag zwischen dem Freistaat Bayern und dem Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern sowie der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern vom 14. August 1997 (GVBl. S. 30, BayRS 01-7-1-K), der zuletzt durch Vertrag vom 18. April 2023 (GVBl. S. 460) geändert worden ist
Präambel
Eingedenk des geschichtlich bedingten besonderen Verhältnisses zu seinen jüdischen Bürgern und geleitet von dem Wunsch, das freundliche Verhältnis zwischen dem Freistaat und der jüdischen Glaubensgemeinschaft zu fördern und zu festigen, hat der Freistaat Bayern, vertreten durch den Ministerpräsidenten Dr. Edmund Stoiber, mit dem Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern, vertreten durch den Präsidenten Dr. Dr. Simon Snopkowski, am 14. August 1997 einen Vertrag geschlossen. Die Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern tritt diesem Vertrag bei, der folgende Fassung erhält:
Artikel 1
Staatsleistung
(1) 1Zur Erhaltung und Pflege des gemeinsamen deutsch-jüdischen Kulturerbes und zur Aufrechterhaltung jüdischen Gemeindelebens in den Israelitischen Kultusgemeinden Bayerns beteiligt sich der Freistaat Bayern an den laufenden Ausgaben für religiöse und kulturelle Zwecke sowie an den laufenden Aufwendungen für allgemeine Sicherheitsmaßnahmen mit 18 000 000 € ab dem Haushaltsjahr 2021. 2Der Betrag nach Satz 1 wird ab dem Jahr 2022 an die Entwicklung der Beamtenbesoldung angepasst, und zwar um den Vomhundertsatz, um den sich jeweils das Grundgehalt der Besoldungsgruppe A 13 Stufe 10 der Anlage 3 des Bayerischen Besoldungsgesetzes gegenüber dem Stand zum 31. Dezember 2020 geändert hat. 3Stichtag hierfür ist jeweils der 31. Dezember des Vorjahres.
(2) 1Die Zahlung erfolgt entsprechend dem jeweiligen Anteil an den Landesverband, an die Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern sowie an sonstige, durch den Zentralrat der Juden in Deutschland anerkannte israelitische oder jüdische Kultusgemeinden, die nicht dem Landesverband angehören und Ansprüche erheben, welche durch die Staatsleistung nach Abs. 1 abgegolten werden. 2Der Anteil der sonstigen israelitischen oder jüdischen Kultusgemeinden berechnet sich dabei nach der Mitgliederzahl nach dem Stand vom 31. Dezember des Vorvorjahres. 3Die Aufteilung der Gesamtsumme erfolgt zunächst hälftig auf den Landesverband und die Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern. 4Der an die sonstigen israelitischen oder jüdischen Kultusgemeinden nach Satz 2 zu zahlende Betrag wird, wenn diese ihren Sitz in Oberbayern haben, vom Anteil der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern abgezogen, in den übrigen Fällen vom Anteil des Landesverbands. 5Der Abzug nach Satz 4 unterbleibt, wenn der Landesverband oder die Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern sich mit der anspruchsberechtigten israelitischen oder jüdischen Kultusgemeinde einvernehmlich auf eine andere Lösung verständigen. 6Die Verteilung der Mittel innerhalb des Landesverbands erfolgt durch diesen.
(3) Zur Berechnung der Beträge nach Abs. 2 Satz 2 übermitteln der Landesverband und die Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern dem Staatsministerium für Unterricht und Kultus bis spätestens zum 30. September des Vorjahres ihre entsprechenden Mitgliederzahlen.
Artikel 2
Religionsunterricht
(1) 1Der jüdische Religionsunterricht ist an den Volksschulen, Realschulen, Gymnasien, Förderschulen, Berufsschulen, Berufsaufbauschulen, Wirtschaftsschulen, Fachoberschulen, Berufsoberschulen, an sonstigen Schulen nach Maßgabe der Schulordnung, für jüdische Schüler ordentliches Lehrfach (Pflichtfach); Art. 137 Abs. 2 der Verfassung des Freistaates Bayern bleibt unberührt. 2Der Unterricht wird im Einvernehmen mit den Schulaufsichtsbehörden und unter Beachtung der für den Religionsunterricht allgemein geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften organisiert. 3Er kann in Räumen abgehalten werden, die vom Landesverband oder den Kultusgemeinden zur Verfügung gestellt werden, sofern sie für Unterrichtszwecke geeignet sind.
(2) Der Religionsunterricht wird unbeschadet der staatlichen Schulaufsicht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Glaubensgemeinschaft erteilt.
(3) An den nach Art. 6 Abs. 1 des Gesetzes über den Schutz der Sonn- und Feiertage – Feiertagsgesetz – FTG – (BayRS 1131-3-I), zuletzt geändert durch Gesetz vom 12. Mai 2015 (GVBl S. 82), geschützten israelitischen Feiertagen haben die bekenntniszugehörigen Schüler an den Schulen aller Gattungen unterrichtsfrei.
(4) 1Die Verantwortung für den Religionsunterricht obliegt dem Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern und der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, jeweils für ihren eigenen Zuständigkeitsbereich. 2Die Organisation und Durchführung des Religionsunterrichts vor Ort obliegt der jeweiligen Kultusgemeinde.
(5) Der Religionsunterricht kann nur von Lehrkräften erteilt werden, die die wissenschaftliche und pädagogische Eignung für diese Aufgabe haben und für die von der jeweils zuständigen Schulaufsichtsbehörde eine Unterrichtsgenehmigung erteilt wurde.
(6) Der Personal- und Sachaufwand für den Religionsunterricht ist durch die Staatsleistung nach Art. 1 abgegolten.
Artikel 3
Ausschluss sonstiger Leistungen
1Der Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden und die Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern werden über die nach Art. 1 gewährten Leistungen hinaus keine weiteren finanziellen Forderungen an den Freistaat Bayern herantragen. 2Unberührt bleiben Leistungen, die nach Maßgabe der allgemein geltenden Gesetze oder auf Grund von Vereinbarungen mit dem Bund und den Ländern gewährt werden. 3Dazu gehören vor allem die staatlichen Leistungen zur dauernden Pflege verwaister israelitischer Friedhöfe in Bayern sowie die staatlichen Leistungen zur Unterbringung und Betreuung jüdischer Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion. 4Unberührt bleiben die Zuschüsse zum Finanzierungsbeitrag des Freistaates Bayern für jüdische Gemeindezentren in Bayern, die nach Maßgabe des Staatshaushalts erbracht werden; hierdurch wird weder eine staatliche Baulast an Gebäuden der Israelitischen Kultusgemeinden noch ein Anspruch auf regelmäßige staatliche Förderung von Baumaßnahmen begründet.
Artikel 4
Freundschaftsklausel
1Die Bayerische Staatsregierung, der Landesverband und die Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern werden sich zur Regelung von Angelegenheiten, die die beiderseitigen Interessen berühren, miteinander ins Benehmen setzen. 2Sie werden etwaige Meinungsverschiedenheiten auf freundschaftliche Weise ausräumen.
Artikel 5
Änderungsbegehren
Änderungsbegehren zu Art. 1 Abs. 1 können von beiden Vertragsparteien jeweils mindestens ein Jahr vor der begehrten Änderung, frühestens im Jahr 2025 für eine Änderung ab dem 1. Januar 2027, vorgebracht werden.
Artikel 6
Inkrafttreten
Die Änderungen des Vertrags treten nach Zustimmung des Bayerischen Landtags am 1. Januar 2016 in Kraft.
München, den 10. November 2015
Der Bayerische Ministerpräsident
Horst Seehofer
Der Präsident des Landesverbands
der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern
Dr. Josef Schuster
Die Präsidentin der Israelitischen
Kultusgemeinde München und Oberbayern
Dr. h.c. Charlotte Knobloch
Protokollvermerk:
1Die Voraussetzung der Anerkennung durch den Zentralrat der Juden in Deutschland nach Art. 1 Abs. 2 Satz 1 ist erfüllt, wenn das Präsidium des Zentralrats der Juden in Deutschland unter Einbeziehung der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland und der Allgemeinen Rabbinerkonferenz Deutschland die betreffende Gruppierung als jüdische Gemeinde anerkannt hat.
2Der Anerkennungsregelung nach Art. 1 Abs. 2 Satz 1 liegt dabei das gemeinsame Verständnis der Vertragsparteien zugrunde, dass der Zentralrat der Juden in Deutschland für alle Richtungen innerhalb des Judentums offen ist und die Prüfung und Entscheidung über die Anerkennung als jüdische Gemeinde im Sinne des Vertrags unabhängig von der Mitgliedschaft der betreffenden Gruppierung im Zentralrat der Juden in Deutschland und der Art deren rechtlicher Organisationsform anhand objektiver Kriterien vornehmen wird.
3Eine Mitwirkung von Mitgliedern oder Vertretern der Vertragsparteien im Rahmen des Anerkennungsverfahrens und bei der Anerkennungsentscheidung des Zentralrats der Juden in Deutschland ist ausgeschlossen.
4Ferner besteht Einigkeit zwischen den Vertragsparteien, dass im Falle der Entscheidung eines Gerichts, dass eine Gruppierung als jüdische Gemeinde im Sinne des Vertrags zu behandeln ist, über eine Anpassung des Vertrags verhandelt werden soll.
5Auf Gemeinden, die bereits vor dem 1. Januar 2021 einen Anteil an der Staatsleistung nach Art. 1 Abs. 2 Satz 4 erhalten haben, findet die Voraussetzung der Anerkennung durch den Zentralrat der Juden in Deutschland nach Art. 1 Abs. 2 Satz 1 keine Anwendung.