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Text gilt ab: 01.01.1957
Fassung: 06.05.1954
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Staatsvertrag
zwischen dem Land Baden-Württemberg und dem Freistaat Bayern über die Ableitung der sogen. Egauquellen bei Dischingen und Ballmertshofen (Lkr. Heidenheim) durch die Staatliche Landeswasserversorgung in Stuttgart (LW)[1]
Vom 6. Mai/1. Juni 1954

Vollzitat nach RedR: Staatsvertrag zwischen dem Land Baden-Württemberg und dem Freistaat Bayern über die Ableitung der sogen. Egauquellen bei Dischingen und Ballmertshofen (Lkr. Heidenheim) durch die Staatliche Landeswasserversorgung in Stuttgart (LW) in der in der bereinigten Sammlung des Bayerischen Landesrechts (BayBS II S. 566, BayRS 01-1-2-U) veröffentlichten bereinigten Fassung

[1] Die Wiedergabe des Staatsvertrags folgt der in der bereinigten Sammlung des Bayerischen Landesrechts (BayBS II S. 566, BayRS 01-1-2-U) veröffentlichten bereinigten Fassung. In der Bayerischen Rechtssammlung wurde gem. Art. 8 Abs. 3 BayRSG vom Abdruck abgesehen.
1.
Zustimmung des Bayerischen Staates
Der Freistaat Bayern stimmt der von der Staatlichen Landeswasserversorgung in Stuttgart (LW) beabsichtigten Wasserentnahme aus den sogen.
Egauquellen bei Dischingen und Ballmertshofen (Lkr. Heidenheim) für Zwecke der öffentlichen Wasserversorgung nach Maßgabe dieses Vertrages und der ihm beigefügten Anlagen 1–9 (a)unter ausdrücklichem Vorbehalt des Ergebnisses der wasserrechtlichen Prüfung und Verbescheidung der Maßnahme und der von den Beteiligten erhobenen Einwendungen grundsätzlich zu.

(a) [Amtl. Anm.:] Von dem Abdruck der umfangreichen Anlagen wurde abgesehen. Sie befinden sich in den Archiven der beteiligten Staaten.
2.
Umfang der Wasserentnahme
Die Wasserentnahme aus den sogen.
Egauquellen (Buchbrunnen in der Gemeinde Ballmertshofen, Gallengehrenquelle und Brunnen I in der Gemeinde Dischingen, letzterer auf dem Grundstück Pl. Nr. 257 Gemarkung Dischingen) erfolgt im Rahmen der Anlage 7a des beiliegenden Bauentwurfs und darf erst bei einer Wasserführung der Egau unterhalb des Buchbrunnens von 800 l/sec beginnen.
Zur Sicherung des örtlichen Bedarfs ist die Entnahme von bis zu 25 l/sec ohne Rücksicht auf die Wasserführung der Egau zulässig.
Der natürliche Ablauf der Buchbrunnenquelle darf durch die Fassung nicht verändert werden.
In dem Bohrbrunnen I auf dem Grundstück Pl. Nr. 257 darf keine Pumpe zur Förderung einer größeren Wassermenge eingesetzt werden, um eine Absenkung des Grundwasserspiegels zu vermeiden.
3.
Anwendung des bayerischen Wasserrechts und wassergesetzliches Verfahren
Das Land Baden-Württemberg verpflichtet sich, die Auswirkungen der Maßnahme auf das bayerische Gebiet sowie die Einwendungen und Entschädigungsansprüche der dort Beteiligten grundsätzlich nach bayerischem Wasserrecht zu würdigen und zu verbescheiden.
Es stimmt daher einer Mitwirkung des Landratsamts Dillingen im wasserrechtlichen Verfahren in der Weise zu, daß die Einwendungen der auf bayerischem Gebiet Beteiligten vom Landratsamt Dillingen nach bayerischem Verfahrensrecht entgegengenommen, unter Zuziehung der bayerischen amtlichen Sachverständigen (Wasserwirtschaftsamt, Landesamt für Wasserversorgung, Landesstelle für Gewässerkunde, Fischereirat, Landwirtschaftsamt, Landesanstalt für Moorwirtschaft usw.) geprüft und, soweit eine Einigung (Vergleich) der Beteiligten mit der Antragstellerin nicht erzielt werden kann, von der bayerischen Wasserrechtsbehörde (Landratsamt Dillingen) entwurfsmäßig verbeschieden werden.
Das Land Baden-Württemberg verpflichtet sich ferner, grundsätzlich das Ergebnis mit Gründen in den wasserrechtlichen Bescheid der baden-württembergischen Wasserrechtsbehörde aufzunehmen.
Sollte ein Einvernehmen der beiderseitigen Wasserrechtsbehörden (Kreisverwaltungsbehörden und Regierungen) hierüber nicht erzielt werden können, wird dieses Einvernehmen über Inhalt und Begründung des wassergesetzlichen Bescheides von den beiderseitigen Staatsministerien hergestellt.
Die Gutachten der oben bezeichneten bayerischen Fachdienststellen werden von dem Land Baden-Württemberg als amtliche Gutachten anerkannt.
4.
Stau- und Triebwerksanlagen
Das Land Baden-Württemberg verpflichtet sich insbesondere, der LW die angemessene Entschädigung der Triebwerksbesitzer für den Nutzwasserentzug zur Auflage zu machen.
Dabei sind vorbehaltlich anderweitiger Parteivereinbarung die Triebwerke grundsätzlich – soweit möglich – technisch den neuen Wasserverhältnissen anzupassen.
Die dadurch entstehenden Kosten einschließlich der notwendigen Aufwendungen für etwaige neue Bedingungen und Auflagen im wasserrechtlichen Verfahren müssen von der LW getragen werden.
Soweit Naturalentschädigung durch Anpassung der Triebwerke an die neuen Wasserverhältnisse zu gewähren ist, bleibt die Bestimmung des Unternehmers der privatrechtlichen Vereinbarung der Beteiligten überlassen.
Triebwerke, die durch den Wasserentzug nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden können und nicht durch technische Maßnahmen wieder wirtschaftlich gestaltet werden können, sind abzulösen, auf Verlangen des Berechtigten auch einschließlich der zum Triebwerk gehörenden Grundstücke.
Bei der Wertermittlung ist von den Grundsätzen des Art. V des bayerischen Zwangsabtretungsgesetzes auszugehen.
5.
Fischerei
Das Land Baden-Württemberg verpflichtet sich ferner, die zur Aufrechterhaltung und Schonung der Fischerei sowie zum Ausgleich der entstehenden Ertrags- und Umstellungskosten im bayerischen Teil der Egau notwendigen Auflagen anzuordnen.
Dabei soll nach Möglichkeit die Egau als Salmonidengewässer erhalten werden, soweit sie bisher diese Eigenschaft besaß.
6.
Vorflutverhältnisse
Die LW wird im wassergesetzlichen Verfahren auf die Dauer von 30 Jahren verpflichtet, gegenüber den betroffenen bayerischen Gemeinden die durch die Verringerung der Wasserführung in der Egau nachweislich bedingte Verschlechterung der Vorflutverhältnisse und damit der Entwässerungsgrundlagen in angemessener Weise auszugleichen.
Soweit im übrigen besondere private Abwassereinleitungen zur Zeit rechtmäßig bestehen, wird die LW verpflichtet, nachteilige Einwirkungen auf diese privaten Anlagen gleichfalls angemessen auszugleichen.
7.
Grundwasserabsenkung
Bei Auftreten von Trockenschäden infolge nachgewiesener Grundwasserabsenkung durch die LW wird diese verpflichtet, durch geeignete Maßnahmen im wassergesetzlich zulässigen Ausmaß für den notwendigen technischen Ausgleich auf ihre Kosten zu sorgen.
Die vorgesehenen technischen Maßnahmen sollen nach einem vom Wasserwirtschaftsamt Günzburg zu erstellenden Bauentwurf durchgeführt werden.
Soweit durch diese Maßnahmen erhebliche Schädigungen in der Landwirtschaft nicht vermieden werden können, hat die LW den Grundstückseigentümern angemessene Entschädigung zu leisten.
8.
Messungseinrichtung
Die LW wird zur Einrichtung und sorgfältigen Unterhaltung geeigneter Messungs- und Registriervorrichtungen verpflichtet.
Als Meßstelle sind insbesondere die Guldesmühle und die Buchmühle vorgesehen.
Den bayerischen Fachbehörden (B. Landesamt für Wasserversorgung, Landesstelle für Gewässerkunde und Wasserwirtschaftsamt Günzburg, Landesstelle für Moorwirtschaft in München) wird durch entsprechende Auflage das Recht zur jederzeitigen Benützung und Kontrolle dieser Messungs- und Registriervorrichtungen eingeräumt.
9.
Eisschäden
Die LW wird verpflichtet, nachweislich aufgetretene und durch die Verminderung der Wasserführung bedingte Eisschäden auszugleichen und etwa drohenden weiteren Schäden durch geeignete technische Vorkehrungen zu begegnen.
10.
Wasserversorgung
Soweit durch die Maßnahmen der LW in einzelnen bayerischen Grenzgemeinden nachweislich die Möglichkeit der Grundwassererschließung für Zwecke der öffentlichen Wasserversorgung erheblich beeinträchtigt oder verteuert werden sollten, wird die LW verpflichtet, den betroffenen Gemeinden das benötigte Wasser zu den gleichen Bedingungen wie ihren übrigen Abnehmern zu liefern.
*
Dem vorstehenden Staatsvertrag hat der Bayerische Landtag mit Beschluß vom 26. Februar 1954 zugestimmt. Nachdem auch der Landtag des Landes Baden-Württemberg dem Staatsvertrag mit Gesetz vom 13. September 1954 (GBl. S. 137), verkündet am 29. September 1954, zugestimmt hat, ist der Staatsvertrag gemäß § 4 des genannten Gesetzes am 30. September 1954 in Kraft getreten.
München, den 8. November 1954
Bayerischer Ministerpräsident