Titel:
Unterlassungsanspruch, UGP-RL, Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit, Verbraucherzentrale, Verbraucherschutz, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Unlautere Geschäftspraktiken, Ordnungshaft, Unionsgesetzgebung, Unzulässige Beeinflussung, Sachliche Zuständigkeit, Erheblichkeitsschwelle, Sachlicher Anwendungsbereich, Erhebliche Beeinträchtigung, Aggressive Geschäftspraktiken, Regelbeispiel, Geschäftliche Handlung, Kostenentscheidung, Absatzförderung, Unzulässigkeit
Schlagworte:
Unterlassungsanspruch, Zuständigkeit des Gerichts, Verbraucherschutz, Unlautere Geschäftspraktiken, Dark Patterns, Online-Plattform, Ticketversicherung
Fundstelle:
GRUR-RS 2025, 6221
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, wobei die Ordnungshaft an ihren jeweiligen gesetzlichen Vertretern zu vollziehen ist, und insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen darf, zu unterlassen, im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern im Internet unter https://www.eventim.de für den Kauf von Tickets zu werben bzw. werben zu lassen und in diesem Zusammenhang gegenüber Verbrauchern, die im Warenkorb eine angebotene kostenpflichtige Ticketversicherung nicht ausgewählt haben und den Bestellvorgang über den Button „Weiter zur Kasse“ fortsetzen, ein Fenster einzublenden, in dem die Verbraucher noch einmal zu einer Entscheidung über die Ticketversicherung aufgefordert werden, wenn dies geschieht wie nachstehend abgebildet:
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten um die grafische Gestaltung bei Abschluss einer Ticketversicherung im Rahmen des Internetsauftritts der Beklagten.
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Der Kläger ist der Dachverband aller 16 Verbraucherzentralen und mehr als 30 weiterer verbraucherpolitischer Organisationen in Deutschland und als qualifizierte Einrichtung gem. § 4 UKlaG in der entsprechenden, vom Bundesamt für Justiz geführten Liste eingetragen.
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Die Beklagte bietet auf ihrer Internetseite den Kauf von Tickets für Veranstaltungen an. Zusammen mit dem Ticketerwerb ist es möglich, eine kostenpflichtige Ticketversicherung über die ER-GO-Versicherung abzuschließen. Dieses Angebot gestaltet die Beklagte in der Weise, dass gegenüber dem sonstigen Warenkorbinhalt dieses zentriert und mit blauer Farbe hervorgehoben ist, wobei das bei der Auswahl anzuklickende Kästchen in weißer Farbe gehalten ist („Bestellseite“, Anlage K5).
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Klickt der Besteller, ohne die Ticketversicherung durch Anklicken des weißen Kästchens im hellblauen Feld auszuwählen, auf den ebenfalls in blauer Farbe gehaltenen Button „Weiter zur Kasse“, öffnet sich ein weiteres Fenster, in dem mit fetter Überschrift der Abschluss der Ticketversicherung empfohlen wird. Darin wird dem interessierten Käufer nochmals der Abschluss der Abschluss einer Ticketversicherung zur Vermeidung von „Ärger und Frust über ein verpasstes Event“ angetragen und die Möglichkeit gegeben, zwischen einem weiß unterlegten Button mit der Beschriftung „ich trage das volle Risiko“ und einem blau unterlegten Button auszuwählen, der eine Absicherung zu einem bestimmten Betrag anbietet („Empfehlungsseite“, Anlage K6).
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Der Kläger ist der Auffassung, dass die Beklagte mit diesem Vorgehen gegen Art. 25 Abs. 1 DSA (= VO (EU) 2022/2065) verstößt. Hierzu trägt der Kläger vor, dass nach dieser Vorschrift Anbieter von Online-Plattformen ihre Online-Schnittstellen (Benutzeroberfläche der Plattform) nicht so konzipieren, organisieren oder betreiben dürften, dass Nutzer getäuscht, manipuliert oder anderweitig in ihrer Fähigkeit, freie und informierte Entscheidungen zu treffen, maßgeblich beeinträchtigt oder behindert würden. Nach Art. 25 Abs. 3 DSA könne die Kommission Leitlinien für die Anwendung von Absatz 1 auf eine bestimmte Praxis herausgeben. Diese beziehe sich insbesondere darauf, dass bestimmte Auswahlmöglichkeiten stärker hervorgehoben würden, wenn der Nutzer eine Entscheidung treffen müsse, oder dass der Nutzer wiederholt aufgefordert werde, eine Auswahl zu treffen, obwohl eine solche Auswahl bereits getroffen worden sei. Diese Fallgruppen seien bereits grundsätzlich Formen unzulässiger Gestaltungsmuster. Bestätigt werde dieses Verständnis durch Erwägungsgrund (67) der genannten Verordnung. Dort seien als „Dark Patterns“ („dunkle Muster“) Praktiken definiert, mit denen darauf abgezielt oder erreicht werde, dass die Fähigkeit der Nutzer, eine autonome und informierte Auswahl oder Entscheidung zu treffen, maßgeblich verzerrt oder beeinträchtigt werde.
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Durch die Gestaltung des Angebots der Ticketversicherung auf der Bestellseite (Anlage K5) werde Art. 25 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 DSA verletzt. Die Auswahlmöglichkeiten würden nicht in neutraler Weise präsentiert, sondern eine bestimmte, im Interesse des Anbieters liegende Wahl der Ticketversicherung werde durch den blauen Kasten in zentraler Position in der Bildschirmansicht und das blau/weiß kontrastierende Kästchen hervorgehoben. Zudem korrespondiere die farbliche Hervorhebung mit dem Blau der Schaltfläche „Weiter zur Kasse“ und werde auch dadurch hervorgehoben. Damit stelle das Designmuster Anlage K5 ein Gestaltungsmuster dar, durch das der Nutzer manipuliert bzw. in seiner Fähigkeit, freie und informierte Entscheidungen zu treffen, maßgeblich beeinträchtigt werde.
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Auf der Empfehlungsseite (Anlage K6) werde der Nutzer ein weiteres Mal aufgefordert, die Ticketversicherung auszuwählen. Dabei werde ein Fenster eingeblendet, mit dem die Nutzererfahrung beeinträchtigt werde. Der Nutzer müsse nun die Ticketversicherung jetzt aktiv abwählen. Wegen des weiteren Inhalts der Seite und der mit auffallender dunkelblauer Farbe unterlegten Wahlmöglichkeit in demselben Blau, das der Nutzer zuvor bei „weiter zur Kasse“ gewählt habe, sei auch hier die Entscheidungsfähigkeit des Verbrauchers maßgeblich beeinträchtigt. Hieraus resultiere ein Unterlassungsanspruch des Klägers aus § 2 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 57 UKlaG.
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Die Anwendung der Vorschrift des Art. 25 Abs. 1 DSA sei auch nicht nach Absatz 2 dieser Vorschrift ausgeschlossen. Zwar gelte das Verbot nicht für Praktiken, die unter die Richtlinie 2005/29/EG (UGP-Richtlinie) fallen würden. Vorliegend könne jedoch kein Verstoß festgestellt werden, der von der UGP-RL vollständig erfasst werde. Art. 8 und 9 der UGP-RL würden aggressive Geschäftspraktiken betreffen, bei denen die Mittel der Belästigung, Nötigung und unzulässigen Beeinflussung eingesetzt werden und die geeignet seien, die Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers erheblich zu beeinträchtigen. Hier setze die Beklagte jedoch keines der vorstehenden Mittel ein. Auch werde kein Druck auf den Nutzer ausgeübt. Jedenfalls erreiche die Einwirkung auf die Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers nicht die für § 4a Abs. 1 Satz 2 UWG verlangte Intensitätsschwelle.
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, wobei die Ordnungshaft an ihren jeweiligen gesetzlichen Vertretern zu vollziehen ist, und insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen darf, zu unterlassen, im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern im Internet unter https://www.eventim.de für den Kauf von Tickets zu werben bzw. werben zu lassen und in diesem Zusammenhang
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im Warenkorb eine kostenpflichtige Ticketversicherung anzubieten und diese mit blauer Hintergrundfarbe hervorzuheben, wenn dies geschieht wie in Anlage 1 abgebildet;
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gegenüber Verbrauchern, die im Warenkorb eine angebotene kostenpflichtige Ticketversicherung nicht ausgewählt haben und den Bestellvorgang über den Button „Weiter zur Kasse“ fortsetzen, ein Fenster einzublenden, in dem die Verbraucher noch einmal zu einer Entscheidung über die Ticketversicherung aufgefordert werden, wenn dies geschieht wie in Anlage 2 abgebildet.
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Die Beklagte beantragt,
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Die Klage sei schon deshalb unbegründet, weil die Verbotsnorm des Art. 25 Abs. 1 DSA nicht anwendbar sei. Es greife die abstrakte Bereichsausnahme des Art. 25 Abs. 2 DSA, weil der persönliche und sachliche Anwendungsbereich der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken („UGP-RL“) eröffnet sei. Die streitgegenständlichen Gestaltungsmuster würden in persönlicher Hinsicht das Unternehmer/Verbraucher-Verhältnis im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der UGP-RL betreffen. Sachlich gehe es bei den beanstandeten Praktiken, wie nach der UGP-RL erforderlich, um kommerzielle Verhaltensweisen bzw. Mitteilungen eines Gewerbetreibenden, die der Absatzförderung dienen, also Geschäftspraktiken vor bzw. während eines auf ein Produkt bezogenen Handelsgeschäfts. Ein Verbot nach der UGP-Richtlinie sei jedoch nicht erforderlich. Für Praktiken, die nach der UGP-RL als im Unternehmer-Verbraucher-Verhältnis spezielleres Sanktionsregime nicht verboten seien, würde auch nicht Art. 25 DSA eingreifen.
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Selbst wenn Art. 25 Abs. 1 DSA auf den vorliegenden Fall anwendbar sein sollte, würde die Beklagte mit den beanstandeten Designmustern nicht hiergegen verstoßen. Eine Indizwirkung für die Unzulässigkeit der streitgegenständlichen Gestaltungsmuster ergebe sich nicht bereits aus Art. 25 Abs. 3 DSA. Dort seien, anders als noch im Parlamentsentwurf vorgesehen, keine rechtsverbindlichen Regelbeispiele enthalten, anhand derer die Grenzen zulässiger Praktiken bestimmt werden könnten. Die danach vorgesehenen Leitlinien seien noch nicht erlassen worden, aber für eine abschließende Beurteilung der in Absatz 3 gelisteten Praktiken unerlässlich.
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Die vom Kläger beanstandeten Gestaltungsmuster verstießen auch nicht gegen das allgemeine Verbot nach Art. 25 Abs. 1 DSA. Zur Annahme eines danach unzulässigen „Dark Patterns“ seien eine deutlich einseitige Nutzenasymmetrie des Gestaltungsmusters zum Nachteil des Nutzers und die Überschreitung der Schwelle einer erheblichen Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit des durchschnittlichen Nutzers erforderlich. Die Ticketversicherung sei für Nutzer des Bestellprozesses der Beklagten objektiv nützlich, weshalb es an der erforderlichen Nutzenasymmetrie fehle. Die farbliche Markierung des Versicherungsangebots beeinträchtige auch nicht erheblich den freien Willensentschluss der Nutzer des Ticketportals. Dem durchschnittlichen Nutzer sei es zuzumuten, die Versicherung als unverbindliche Option zu erkennen und frei über ihren Abschluss zu entscheiden.
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Das beanstandete Pop-up-Fenster stelle ebenfalls keine unzulässige „Dark Pattern“ dar. Auch liege keine Nutzenasymmetrie vor. Außerdem würden Pop-up-Fenster zum Angebot weiterer nützlicher Produkte im Rahmen eines Bestellvorgangs zählen. Hier stelle das Pop-Up-Fenster der Beklagten eine Art „Rückversicherung“ dar. Von einem unzulässigen hartnäckigen Ansprechen sei jedoch erst bei dreimaliger Nachfrage an den Kunden auszugehen. In einer Vielzahl von Fällen beruhe die fehlende Auswahl des Kästchens zur Ticketversicherung darauf, dass Kunden das Versicherungsangebot übersehen würden oder ihre endgültige Entscheidung aufgeschoben hätten. Eine Rückversicherung sei legitim, weil aus Sicht der Beklagten keine unmissverständliche Nutzerentscheidung gegen die Versicherung, sondern gar keine Auswahl vorliege. Eine einmalige Nachfrage sei zumutbar und kein unzulässiges „Nagging“. Auch eine Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit der Nutzer sei nicht gegeben. Diesem werde kein unverhältnismäßiger Aufwand oder eine unverhältnismäßige Beanspruchung seiner Aufmerksamkeit dadurch aufgebürdet, dass er die Versicherung aktiv abwählen müsse.
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Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist hinsichtlich des in Bezug auf die Anlage K2 geltend gemachten Unterlassungsanspruchs begründet, im Übrigen ist sie als unbegründet abzuweisen.
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Die Klage ist zulässig. Die sachliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ergibt sich aus § 6 Abs. 1 S. 1 UKlaG.
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1. Der Kläger stützt seinen Anspruch auf Unterlassung auf eine Verletzung der Vorschrift des Art. 25 DSA und begründet die sachliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts aus der Vorschrift des § 2 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 57 UKlaG. Damit ist unabhängig von dem Vorliegen des materiellen Anspruchs selbst die Zuständigkeit des OLG Bamberg begründet, weil es sich gem. § 6 Abs. 1 UKlaG um eine Klage „nach diesem Gesetz“ handelt. Ob die Voraussetzungen der genannten Vorschrift erfüllt sind oder diese aufgrund der Bestimmung des Art. 25 Abs. 2 DSA nicht zur Anwendung kommt, ist in diesem Zusammenhang nicht zu prüfen.
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2. Im Übrigen wäre die Zuständigkeit des OLG Bamberg auch dann gegeben, wenn sich der Kläger entsprechend dem Vorbringen des Beklagten allein auf eine Verletzung wettbewerbsrechtlicher Vorschriften stützen würde. Auch insoweit würde es sich gem. § 6 Abs. 1 UKlaG um eine Klage „aus diesem Gesetz“ handeln, weil auch die hier infrage kommenden verbraucherschützenden Vorschriften des UWG, auf die ein in die Liste des Bundesamts für Justiz eingetragener Kläger gem. § 2 Abs. 1 S. 1 UKlaG einen Unterlassungsanspruch stützen kann, hierzu gehören (BGH WRP 2019, 883 Rn. 37 – Prämiensparverträge; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler/Alexander, 42. Aufl. 2024, UKlaG § 2 Rn. 72).
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Der Beklagten ist zuzugeben, dass bei einer Verletzung der Vorschriften des UWG gem. §§ 8, 14 Abs. 1 UWG auch eine landgerichtliche Zuständigkeit in Betracht kommt. Ein Vorrang einer der beiden Zuständigkeitsnormen ist durch den Gesetzgeber nicht geregelt; daher ist zu unterstellen, dass sie nebeneinander bestehen (Köhler/Born kamm/Feddersen/Köhler/Alexander, 42. Aufl. 2024, UKlaG § 6 Rn. 6, 10).
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Die Klage erweist sich in dem tenorierten Umfang als begründet.
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1. Entgegen der Auffassung des Klägers kann er sich zur Begründung seiner Unterlassungsansprüche nicht auf die Vorschrift des § 2 Abs. 2 Nr. 57 UklaG i.V.m. Art. 25 Abs. 1, Abs. 3 DSA berufen. Der Anwendungsbereich des Art. 25 Abs. 1 DSA ist vorliegend aufgrund der Bereichsausnahme gem. Art. 25 Abs. 2 DSA nicht eröffnet.
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a) Nach der letztgenannten Vorschrift ist die UGP-RL für Praktiken vorrangig, die in ihren Anwendungsbereich fallen. Dieser ist in Art. 3 Abs. 1 UGP-RL definiert. Demnach gilt die Richtlinie für unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern vor, während und nach Abschluss eines auf ein Produkt bezogenen Handelsgeschäfts. Für die Anwendung von Art. 25 Abs. 1, Abs. 3 DSA verbleiben damit im Wesentlichen nur Handlungen gegenüber Verbrauchern, die nicht unmittelbar der eigenen Absatzförderung dienen sowie Handlungen gegenüber Nicht-Verbrauchern (NK-DSA/Raue, 1. Aufl. 2023, DSA Art. 25 Rn. 100; Steinrötter/Schauer, WRP 2024, 873 Rn. 74; Schonhofen, DB 2023, 2740, S. 9).
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aa) „Produkt“ definiert Art. 2 lit. c) UGP-RL als jede Ware oder Dienstleistung, einschließlich digitaler Dienstleistungen und digitaler Inhalte. Eine solche digitale Dienstleistung stellt auch der von der Beklagten angebotene Ticketverkauf dar, ohne dass dies weiterer Begründung bedarf. Der Ticketverkauf ist zudem als „Geschäftspraktik“ einzuordnen, die nach Art. 2 lit. d) UGP-RL jede Handlung, Unterlassung, Verhaltensweise oder Erklärung, kommerzielle Mitteilung eines Gewerbetreibenden erfasst, die unmittelbar mit der Absatzförderung, dem Verkauf oder der Lieferung eines Produkts an den Verbraucher zusammenhängt.
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bb) Nach dieser Maßgabe fällt auch die mit dem Verkauf gleichzeitig angebotene Ticketversicherung unter Art. 2 lit. c), lit. d) UGP-RL. Die Beklagte wird zwar insoweit nicht Vertragspartner. Gleichwohl dient die Ticketversicherung unmittelbar auch der eigenen Absatzförderung, weil dem angesprochenen Verbraucher damit eine Sicherheit für den Fall der Verhinderung zur Verfügung gestellt wird, die zumindest auch dem Ziel dient, den deswegen unentschlossenen Verbraucher zum Ticketkauf zu bewegen. Eine ausschließliche Förderung des Absatzes eines fremden Unternehmens, die nicht unter Art. 3 Abs. 1 UGP-RL fällt (NK-DSA/Raue, DSA Art. 25 Rn. 95, 98), ist damit nicht gegeben.
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b) Dies bedeutet jedoch nicht, dass die in Art. 25 Abs. 1, Abs. 3 DSA niedergelegten Grundsätze unbeachtlich wären. Denn den genannten Vorschriften kommt auch für die Auslegung der UGP-RL Bedeutung zu.
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Der Unionsgesetzgeber hat durch das Verbot in Art. 25 Abs. 1 DSA kommerziellen Anbietern von Online-Plattformen Anforderungen an deren Gestaltung auferlegt, die als „Erfordernis an die berufliche Sorgfaltspflicht“ i.S.v. Art. 5 Abs. 2 lit. a) UGP-RL einzuordnen sind. Ebenso hat er durch Art. 25 Abs. 1 DSA und insbesondere durch die in Art. 25 Abs. 3 DSA genannten Beispiele seinen Willen zum Ausdruck gebracht, dass hiervon abweichende Geschäftspraktiken geeignet sind, im Sinne der Vorschrift des Art. 2 lit. e) UGP-RL die Fähigkeit des Verbrauchers, eine informierte Entscheidung zu treffen, spürbar zu beeinträchtigen und damit den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Die in Art. 25 Abs. 1 DSA verwendeten Begriffe einer „maßgeblichen Beeinträchtigung oder Behinderung“ besagen nichts anderes (Dregelies, Der Schutz vor Dark Patterns im DSA, MMR 2023, 243). Deshalb ist ein Verstoß gegen Art. 25 Abs. 1, Abs. 3 DSA nach Art. 5 Abs. 2 UGP-RL und hieraus folgend nach § 3 Abs. 2 UWG (als die diese Richtlinie umsetzende Vorschrift) als nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechend und damit als unlauteres Handeln einzuordnen (Europäische Kommission, Leitlinien UGP-RL S. 101; Steinrötter/Schauer, Lauterkeitsrechtliche Behandlung von Dark Patterns, WRP 2024, 873 Rn. 42; Raue/Heesen, NJW 2022, 3537, Rn. 34; NK-DSA/Raue, 1. Aufl. 2023, DSA Art. 25 Rn. 103). Es kann daneben eine unzulässige Beeinflussung gem. Art. 2 lit. j) UGP-RL und damit eine aggressive geschäftliche Handlung gem. Art. 8, 9 UGP-RL, § 4a Abs. 1 S. 2 Nr. 3 UWG vorliegen (Europäische Kommission, Leitlinien UGP-RL S. 101; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler/Alexander UWG § 4a Rn. 1.81 a; Dregelies, Der Schutz vor Dark Patterns im DSA, MMR 2023, 243).
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c) Aus dem Vorstehenden folgt, dass vorliegend die Beklagte jedenfalls über die Vorschriften der § 3 Abs. 2 UWG bzw. § 4a Abs. 1 S. 2 Nr. 3 UWG auch die Vorgaben aus Art. 25 Abs. 1, Abs. 3 DSA einzuhalten hat.
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2. Dass die Beklagte durch ihr erstmaliges Angebot auf Abschluss einer Ticketversicherung (Anlage K1) gegen die Vorschrift des Art. 25 DSA und damit gegen §§ 3 Abs. 2, 4a Abs. 1 S. 2 Nr. 3 UWG verstoßen hat, kann nicht angenommen werden.
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Die Beklagte betreibt mit ihrem Angebot eine Online-Plattform i.S.v. Art. 3 lit. i) DSA, mit der sie sich an Nutzer als geschützten Personenkreis von Art. 3 lit. b), 25 DSA wendet. Weiter erfüllt die für den streitgegenständlichen Bestellvorgang eingesetzte Software die Anforderungen an eine Online-Schnittstelle gem. Art. 3 lit. m) DSA. Mit diesem Angebot hat die Beklagte die streitgegenständliche Online-Schnittstelle (Anlage K1) jedoch nicht so konzipiert, dass Nutzer getäuscht, manipuliert oder anderweitig in ihrer Fähigkeit, freie und informierte Entscheidungen zu treffen, maßgeblich bzw. spürbar beeinträchtigt oder behindert werden.
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a) Die nach Art. 25 Abs. 1 DSA verbotene Manipulation eines Nutzers hat der Unionsgesetzgeber mit Abs. 3 dieser Vorschrift weiter konkretisiert. Hierin hat der Unionsgesetzgeber nicht nur für die darin genannten Fälle die Befugnis geschaffen, Leitlinien herauszugeben. Er hat insoweit auch Regelbeispiele geschaffen, die typisch für das Vorliegen von „dark patterns“ sind (NK-DSA/Raue, 1. Aufl. 2023, DSA Art. 25 Rn. 106). Hierzu gehört insbesondere, dass bestimmte Auswahlmöglichkeiten stärker hervorgehoben werden (Art. 25 Abs. 3 lit. a). Dies ist grundsätzlich schon dann anzunehmen, wenn die verschiedenen Auswahlmöglichkeiten in einer nicht neutralen Weise präsentiert werden („Framing“; Erwägungsgrund Nr. 67 Abs. 1 S. 4 VO (EU) 2022/2065).
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b) Vorliegend kann angesichts der Gestaltung des erstmaligen Angebots (Anlage K1) angenommen werden, dass die Ticketversicherung herausgehoben präsentiert wird. Sie fällt durch die blaue Unterlegung jedenfalls stärker ins Auge als der Text zu dem gewählten Ticket selbst und dem unter der Ticketversicherung liegenden Angebot für eine Geschenkverpackung. Ein „Framing“ im Sinne von Art. 25 Abs. 3 lit a) DSA liegt deshalb vor.
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c) Dies bedeutet jedoch noch nicht automatisch, dass das Vorgehen der Beklagten unzulässig wäre. Dies ist nur dann anzunehmen, wenn es die in der Vorschrift des Art. 25 Abs. 1 DSA niedergelegte Erheblichkeitsschwelle zur Beeinträchtigung der freien Entscheidung überschreitet. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
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aa) Die Beklagte beruft sich zwar vergeblich darauf, dass diese Schwelle bereits deshalb nicht erreicht sei, weil das Vorgehen im mutmaßlichen Interesse des Nutzers stehen würde („nudging“, s. hierzu Martini/Drews/Seeliger/Weinzierl, Dark Patterns, in ZfDR 2021, 47, 51; NK-DSA/Raue, 1. Aufl. 2023, DSA Art. 25 Rn. 92). Eine Nachteilhaftigkeit für den Verbraucher ergibt sich aus der Belastung durch den Abschluss der Ticketversicherung mit einer Zahlungspflicht im konkreten Fall von 29,94 € für eine zusätzliche und aus Sicht des Käufers möglicherweise auch unnötige Verbindlichkeit. Hierauf kommt es jedoch im Ergebnis nicht an.
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bb) Das streitgegenständliche Angebot ist nicht in der Weise gestaltet, dass der Nutzer in seiner Auswahlentscheidung „maßgeblich“ beeinträchtigt wird („Misdirection Pattern“; NK-DSA/Raue, 1. Aufl. 2023, DSA Art. 25 Rn. 67, 74, 75 f.)
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(1) Dieses Erfordernis trägt dem Umstand Rechnung, dass das Verbot aus Art. 25 Abs. 1 DSA nicht so verstanden werden darf, dass Anbieter daran gehindert werden, direkt mit Nutzern zu interagieren und ihnen neue oder zusätzliche Dienste anzubieten, solange sie mit dem Unionsrecht in Einklang stehen (Erwägungsgrund Nr. 67 Abs. 2 S. 2 VO (EU) 2022/2065).
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(2) Eine solche Beeinträchtigung liegt nicht bereits dann vor, wenn hierdurch jedweder potentieller Nutzer in einer freien Entscheidung beeinträchtigt wird. Abzustellen ist vielmehr auf einen durchschnittlichen und damit „angemessen gut unterrichteten und angemessen aufmerksamen und kritischen Nutzer“ (NK-DSA/Raue DSA Art. 25 Rn. 52). Wird dieser bei seiner Entscheidung in einem Ausmaß behindert, dass er sein Verhalten entsprechend dem Ziel des Betreibers anpasst, ist die Erheblichkeitsschwelle überschritten. Dies kann dann der Fall sein, wenn die Online-Plattform eine bestimmte Wahlmöglichkeit so hervorhebt, dass sie sofort ins Auge springt, damit sie ein unaufmerksamer Nutzer eher wählen und so seine Entscheidungsfindung auch unter Berücksichtigung der gesamten Gestaltung der Schnittstelle in eine bestimmte Richtung gelenkt wird (NK-DSA/Raue DSA Art. 25 Rn. 26, 62, 107). Jedenfalls dann, wenn der Anbieter die gewünschte Entscheidung so groß und auffällig präsentiert, dass der Nutzer die gebotene Alternative kaum noch wahrnimmt, sind die Voraussetzungen einer Beeinträchtigung in der Regel erfüllt (Maamar in Kraul, Das neue Recht der digitalen Dienste, § 4 Rn. 154).
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(3) Dies trifft jedoch bei dem streitgegenständlichen Angebot nicht zu. Durch die farbliche Markierung ist das Versicherungsangebot bei Aufruf der Webseite zwar nicht zu übersehen. Daneben nimmt jedoch der Ticketerwerb mit der grafischen Abbildung des Tickets in Zusammenschau mit den darunter liegenden Ticketdaten einen noch größeren Raum ein und zieht insbesondere durch die grafische Darstellung die Aufmerksamkeit des durchschnittlich informierten Verbrauchers bzw. des „angemessen aufmerksamen und kritischen Nutzers“ ebenfalls auf sich. Hierdurch und auch durch den rechts daneben abgebildeten Warenkorb kann dieser ohne Aufwand erkennen, dass die Ticketversicherung neben dem Ticketkauf eine zusätzliche Option darstellt, aber keineswegs zwingend für den Erwerb des Tickets erforderlich ist; die Wahrnehmung der Alternative zum Abschluss der Ticketversicherung ist bei der gewählten grafischen Darstellung also ohne weiteres möglich. Die Ticketversicherung springt damit nicht in dem Maße ins Auge, dass sie die angesprochenen Nutzerkreise eher wählen als davon Abstand nehmen würden. Aufgrund der Darstellung des Angebots in seiner Gesamtheit ist also eine „maßgebliche“ Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit der angesprochenen Nutzerkreise in Bezug auf die Ticketversicherung nicht anzunehmen.
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Die Klage bleibt damit hinsichtlich der Anlage 1 erfolglos.
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4. Die Beklagte hat jedoch durch ihr weiteres Angebot auf Abschluss einer Ticketversicherung (Anlage K2) gegen die Vorschrift des Art. 25 Abs. 1 DSA verstoßen.
41
a) Die Unzulässigkeit des Angebots ergibt sich noch nicht allein aus der wiederholten Nachfrage.
42
aa) Die wiederholte Aufforderung, eine Auswahl zu treffen, wenn diese bereits getroffen wurde („Nagging“), verwirklicht das in Art. 25 Abs. 3 lit. b) DSA normierte Regelbeispiel des „dark patterns“. Auch dies kann dazu führen, dass der Nutzer in der Möglichkeit, eine freie Entscheidung zu treffen, maßgeblich beeinträchtigt wird (Erwägungsgrund Nr. 67 Abs. 2 S. 1 VO (EU) 2022/2065; Leitlinien zur Auslegung und Anwendung der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt (2021/C 526/01 S. 102)). Wenn also eine Online-Plattform wiederholt Anfragen stellt, ohne dass es Anzeichen dafür gibt, dass der Nutzer seine Entscheidung geändert haben könnte, dann nutzt sie ihre strukturelle Überlegenheit aus, zu geringen eigenen Kosten den Nutzer zu einem unerwünschten Verhalten zu drängen (NK-DSA/Raue, 1. Aufl. 2023, DSA Art. 25 Rn. 86, 112).
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bb) Die Beklagte hat in der Anlage 2 ihr Angebot auf Abschluss einer Ticketversicherung wiederholt. Damit hat sie grundsätzlich das Regelbeispiel aus Art. 25 Abs. 3 lit. b) DSA erfüllt.
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cc) Jedoch gilt auch hier, dass das Angebot erst dann als unzulässig einzustufen ist, wenn die Schwelle zu einer maßgeblichen Beeinträchtigung überschritten ist. Bei „sanftem Nagging“ ist diese Grenze noch nicht erreicht (NK-DSA/Raue, 1. Aufl. 2023, DSA Art. 25 Rn. 83). Entscheidend ist auch insoweit die Sichtweise eines durchschnittlichen Nutzers im Hinblick auf die konkrete Gestaltung der Online-Plattform.
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Hiernach kann vorliegend allein durch die Wiederholung der Nachfrage nach einer Ticketversicherung durch die Beklagte noch keine unzulässige Beeinträchtigung angenommen werden. Die Beklagte hat diese ausdrücklich und in nicht zu übersehender Weise als „Empfehlung“ überschrieben. Damit ist dem durchschnittlich aufmerksamen und informierten Nutzer klar, dass der weitere Bestellvorgang hiervon nicht abhängig ist und ihm die volle Entscheidungsfreiheit darüber bleibt, ob er eine Versicherung abschließen oder er den Bestellvorgang auf den reinen Erwerb beschränken möchte. Auch durch den weiteren Text („in diesen Fällen ersparst du dir Ärger und Frust über ein verpasstes Event“) wird dem Nutzer vor Augen geführt, dass es nicht um den Kauf als solches, sondern über eine Absicherung geht. Dadurch dass die Beklagte lediglich einmal nachfragt, wird auch noch kein Druck auf den Nutzer in einem Maße aufgebaut, der als die Entscheidungsfreiheit beengend anzusehen wäre.
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b) Auch ein unzulässiges „Framing“ i.S.v. Art. 25 Abs. 3 lit. a) DSA kann in der Gestaltung der Webseite noch nicht gesehen werden.
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Zwar ist auch hier davon auszugehen, dass durch die farbliche Gestaltung der beiden zur Auswahl stehenden Alternativen die Ticketversicherung eher ins Auge fällt. Jedoch sind beide Alternativen gleich groß gestaltet, so dass einem aufmerksamen Nutzer die Alternative „ich trage das volle Risiko“ nicht entgehen kann. Im Übrigen wird durch diesen Text die Aufmerksamkeit des Nutzers auf diesen Button gelenkt.
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c) Allerdings führt gerade die Verwendung dieses Textes jedenfalls in Zusammenschau mit dem angesprochenen „Nagging“ zu einer unzulässigen Beeinflussung des hiervon angesprochenen Nutzers.
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aa) Grundsätzlich kann auch die Kombination von verschiedenen Gestaltungen einen Verstoß gegen Art. 25 Abs. 1 DSA begründen (s. hierzu NK-DSA/Raue, 1. Aufl. 2023, DSA Art. 25 Rn. 83). Diese Verbotsnorm sanktioniert nach ihrem Wortlaut die Gestaltung der Schnittstelle insgesamt und nicht nur einzelne Praktiken.
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bb) Die Beklagte nutzt sowohl die wiederholte Anfrage als auch die visuelle Gestaltung dazu, um den Nutzer zum Abschluss einer Ticketversicherung zu bewegen. Dies mag, isoliert betrachtet, aus den vorstehenden Gründen bei einem durchschnittlichen informierten und aufmerksamen Nutzer trotz Verwirklichung zweier Regelbeispiele noch nicht als „maßgebliche“ Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit einzuordnen sein. Im Zusammenhang mit dem ebenfalls bereits erwähnten, mit der Ablehnung der Versicherung einhergehenden Text auf dem Auswahlbutton „ich trage das volle Risiko“ ist diese Schwelle jedoch überschritten. Der Text bewirkt zwar eine erhöhte Aufmerksamkeit. Diese wird jedoch dadurch hervorgerufen, dass hiermit ein Szenario aufgebaut wird, das Angst vor einem Totalverlust des Kaufpreises erzeugt und auf den durchschnittlichen Nutzer bedrohend wirkt. Außerdem wird dem durchschnittlichen Nutzer nahegebracht, dass er das Verlustrisiko sogar bei Umständen trägt, die nicht in seiner Sphäre liegen. Denn mit der Formulierung „das volle Risiko“ verbindet der durchschnittliche Verbraucher die Vorstellung, dass er ohne Abschluss der Versicherung nunmehr den Verlust des Kaufpreises hinnehmen muss, wenn ein Besuch des Konzerts, gleich aus welchen Gründen, scheitert. Dass dies gerade bei einer Absage des Konzerts durch den Veranstalter nicht der Gesetzeslage entspricht, bedarf keiner weiteren Erörterung. Insoweit liegt eine Irreführung des Nutzers vor, die dazu führt, dass die Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt ist, weshalb die Gestaltung der Webseite gegen Art. 25 Abs. 1 DSA verstößt.
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cc) Dieser Verstoß begründet gleichzeitig, wie bereits ausgeführt, eine Verletzung der Vorschriften der §§ 3 Abs. 2, 4a Abs. 1 S. 2 Nr. 3, S. 3 UWG (Europäische Kommission, Leitlinien UGP-RL S. 101; Steinrötter/Schauer, Lauterkeitsrechtliche Behandlung von Dark Patterns, WRP 2024, 873 Rn. 42; Raue/Heesen, NJW 2022, 3537, Rn. 34; NK-DSA/Raue, 1. Aufl. 2023, DSA Art. 25 Rn. 103; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhlerf Alexander UWG § 4a Rn. 1.81 a; Dregelies, Der Schutz vor Dark Patterns im DSA, MMR 2023, 243). Das Vorgehen der Beklagten widerspricht den Anforderungen an eine geschäftliche Sorgfalt im Sinne von § 3 Abs. 2 UWG. Gleichzeitig stellt es eine unzulässige Beeinflussung des Verbrauchers gem. § 4a Abs. 1 S. 2 Nr. 3, S. 3 UWG dar. Es ist auch dazu geeignet, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen. Die Beklagte handelt damit Vorschriften zuwider, die dem Schutz der Verbraucher dienen. Daher kann sie insoweit vom Kläger gem. § 2 Abs. 1 UKlaG im Interesse des Verbraucherschutzes auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.
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Aus diesen Gründen ist die Klage hinsichtlich der Anlage 2 erfolgreich.
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1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
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2. 2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 709, 713, 543 Abs. 2, 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO i.V.m. § 6 Abs. 2 UKlaG. Von der an sich nach § 709 S. 1 ZPO notwendigen Sicherheitsleistung ist entsprechend dem Rechtsgedanken des § 713 ZPO abzusehen, weil ein Rechtsmittel nicht zulässig ist (OLG Düsseldorf, Urteil vom 23.05.2024 – 20 UKI 6/23, BeckRS 2024, 10956, Rn. 24).
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3. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO) liegen nicht vor. Der Senat weicht von der Rechtsprechung des BGH oder anderer Obergerichte nicht ab. Es liegt weder ein Fall von grundsätzlicher Bedeutung vor noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.