Titel:
Hauptsacheerledigung, Weiterbildung in der Pflege, Weiterbildung zur Einrichtungsleitung, Weiterbildung zur Pflegedienstleitung, Anrechnung vergleichbarer Qualifikationen auf die Weiterbildung, zuständige Behörde, Vereinigung der Pflegenden in Bayern, KöR, Passivlegitimation, beliehener Unternehmer
Normenketten:
VwGO § 92 Abs. 3
VwGO § 161 Abs. 2
PfleWoqG Art. 25 Abs. 1
AVPfleWoqG 2025 § 52 Abs. 3
AVPfleWoqG 2021 § 90
AVPfleWoqG 2025 § 54 Abs. 1 S. 1
AVPfleWoqG 2025 § 54 Abs. 2
AVPfleWoqG 2021 § 55
BayPfleG Art. 1 Abs. 1
BayPfleG Art. 6 Abs. 2
Hauptsatzung der Vereinigung der Pflegenden in Bayern KöR, Stand 3.4.2019
Leitsatz:
Die Vereinigung der Pflegenden in Bayern KöR ist als beliehener Unternehmer richtiger Beklagter in einem Klageverfahren mit dem Streitgegenstand Anrechnung von Qualifikationen auf die Weiterbildung zur Pflegedienstleitung und zur Einrichtungsleitung nach § 54 Abs. 1 Satz 1 AVPfleWoqG.
Schlagworte:
Hauptsacheerledigung, Weiterbildung in der Pflege, Weiterbildung zur Einrichtungsleitung, Weiterbildung zur Pflegedienstleitung, Anrechnung vergleichbarer Qualifikationen auf die Weiterbildung, zuständige Behörde, Vereinigung der Pflegenden in Bayern, KöR, Passivlegitimation, beliehener Unternehmer
Fundstelle:
BeckRS 2025, 899
Tenor
I. Das Verfahren wird eingestellt.
II. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
III. Der Streitwert wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Der Kläger, der die Berufsbezeichnung Notfallsanitäter sowie die Berufsbezeichnung Gesundheits- und Krankenpfleger führt, hat bei der Beklagten unter dem 20. Oktober 2021 auf der Grundlage von § 55 Abs. 2, § 57 Abs. 2, § 58 der Verordnung zur Ausführung des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes und Weiterbildung in der Pflege und Hebammenkunde (AVPfleWoqG) vom 27. Juli 2011 (GVBl. 2011, 346), zuletzt geändert durch Verordnung vom 22. Dezember 2020 (GVBl. S. 691) (im Folgenden: AVPfleWoqG 2021) einen Antrag auf Anrechnung verschiedener Qualifikationen auf die Weiterbildung zur Einrichtungsleitung gemäß § 70 AVPfleWoqG 2021 und zur Pflegedienstleitung gemäß § 74 AVPfleWoqG 2021 gestellt.
2
Mit Bescheid vom 11. November 2021 hat die Beklagte bestimmte Qualifikationen des Klägers auf die Module B und C der Weiterbildung zur Einrichtungsleitung gemäß § 73 Abs. 1 AVPfleWoqG 2021 i.V.m. Anlage 1 zur AVPfleWoqG 2021 angerechnet und den Nachweis für ein Praktikum nach § 73 Abs. 2 Nr. 2 AVPfleWoqG 2021 sowie für eine Projektarbeit nach § 73 Abs. 2 Halbs. 1 AVPfleWoqG 2021 bestätigt. Zugleich hat sie die Anrechnung weiterer Qualifikationen auf die Anerkennung der Module A und D der Weiterbildung zur Einrichtungsleitung abgelehnt, dies mit der Begründung, die vorgelegten Antragsunterlagen seien lediglich zu 27% bzw. 67% als gleichwertig zu Anlage 1 AVPfleWoqG 2021 zu betrachten. Dies beruhe auf der Entscheidung der Beklagten, lediglich Qualifikationsnachweise zu berücksichtigen, die mit einer Prüfung endeten.
3
Mit Bescheid vom 22. November 2021 hat die Beklagte bestimmte Qualifikationen des Klägers auf die Basismodule B und C sowie auf die Aufbaumodule B, C und D für die Fortbildung zur Pflegedienstleitung angerechnet. Zugleich hat sie bestimmte ergänzende Inhalte der Module B und C zur Weiterbildung Pflegedienstleitung auf die Weiterbildung zur Einrichtungsleitung angerechnet. Darüber hinaus hat sie die Anerkennung bestimmter Qualifikationen des Klägers auf das Modul A der Basiserweiterung auf die Weiterbildung zur Pflegedienstleitung, auf das Modul A der Aufbauerweiterung auf die Weiterbildung zur Pflegedienstleitung, auf das Modul D der Basiserweiterung auf die Weiterbildung zur Pflegedienstleitung, auf die ergänzenden Inhalte des Moduls A der Weiterbildung zur Einrichtungsleitung und auf die ergänzenden Inhalte des Moduls D der Weiterbildung zur Einrichtungsleitung abgelehnt, dies mit der Begründung, die vorgelegten Antragsunterlagen seien zu lediglich 44% bzw. 0% bzw. 0% bzw. 64% bzw. 38% als gleichwertig zu Anlage 1 AVPfleWoqG 2021 zu betrachten. Es könnten nur Qualifikationsnachweise berücksichtigt werden, die mit einer Prüfung endeten.
4
Gegen die Bescheide vom 11. November 2021 und vom 22. November 2021 hat der Kläger am 10. Dezember 2021 Widerspruch erheben und mit Schreiben vom 9. März 2022 detailliert begründen sowie weitere umfangreiche Unterlagen vorlegen lassen.
5
Mit Widerspruchsbescheid vom 14. April 2022 hat die Beklagte die Widersprüche gegen die Bescheide vom 11. November 2021 und vom 22. November 2021 zurückgewiesen und dies damit begründet, sowohl die ursprünglich als auch die nachträglich vorgelegten Nachweise seien ohne für den Kläger positives Ergebnis auf den Tatbestand des erfolgreich absolvierten Abschlusses geprüft worden.
6
Am 11. Mai 2022 hat der Kläger Klage gegen die Vereinigung der Pflegenden in Bayern KöR zum Verwaltungsgericht Würzburg erheben und beantragen lassen, unter insoweitiger Aufhebung der Bescheide vom 11. November 2021 und vom 22. November 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. April 2022 die Beklagte zu verpflichten, die Qualifikationen des Klägers als gleichwertig auf die Weiterbildung „Einrichtungsleitung“ sowie „Pflegedienstleitung“ anzurechnen. Fehlerhaft seien bestimmte Qualifikationen und Kompetenzen des Klägers allein mit der Begründung einer fehlenden Prüfung nicht berücksichtigt worden, obwohl diese Qualifikationen und Kompetenzen auch ohne abschließende Prüfung gleichwertig seien.
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Die Beklagte hat sich mit dem Argument verteidigt, sie sei nicht die richtige Beklagte; dies sei der Freistaat Bayern, als dessen Untereinheit sie nach § 90 AVPfleWoqG 2021 handele. Darüber hinaus seien Weiterbildungen gemäß § 57 Abs. 1 AVPfleWoqG 2021 nur gleichgestellt, wenn sie vergleichbar seien und erfolgreich absolviert worden seien. Das Wort „erfolgreich“ erfordere im Kontext der weiteren Vorschriften des Teils 6 der Verordnung zur Ausführung des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes den Abschluss einer Weiterbildung durch eine erfolgreich abgelegte Prüfung.
8
Unter dem 27. September 2024 hat der Kläger eine Bescheinigung über den erfolgreichen Abschluss des Weiterbildungsstudiums „Master of Health Business Administration“ vom 25. September 2024 vorlegen lassen. Hierauf hat die Beklagte mit Bescheiden vom 19. Dezember 2024 die Bescheide vom 11. November 2021 und vom 22. November 2021 sowie den Widerspruchsbescheid vom 14. April 2022 aufgehoben und aufgrund der im Klageverfahren vorgelegten Unterlagen die Gleichwertigkeit der Qualifikation „Einrichtungsleitung“ sowie der Qualifikation „Pflegedienstleitung“ festgestellt.
9
Der Kläger hat daraufhin den Rechtsstreit für erledigt erklären lassen; dem hat die Beklagte zugestimmt mit dem Antrag, die Kosten des Verfahrens dem Kläger aufzuerlegen, da bis zur Vorlage der ergänzenden Unterlagen im Klageverfahren die Klage keine Aussicht auf Erfolg gehabt habe.
10
Aufgrund der übereinstimmenden Erklärungen der Beteiligten ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt. Das Verfahren ist daher in rechtsähnlicher Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.
11
Gemäß § 161 Abs. 2 VwGO hat das Gericht nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes lediglich über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden.
12
Billigem Ermessen entspricht es regelmäßig, die Kosten demjenigen Beteiligten aufzuerlegen, der voraussichtlich im Verfahren unterlegen und deshalb nach Maßgabe des § 154 VwGO kostenpflichtig geworden wäre. Sind die Erfolgsaussichten völlig offen, so sind die Kosten in der Regel gegeneinander aufzuheben. Wo die Verwaltungsgerichtsordnung wie z.B. in § 155 Abs. 4 VwGO eine besondere Kostenregelung getroffen hat, ist diese auch im Rahmen der Entscheidung gemäß § 161 Abs. 2 VwGO zu beachten. Ebenso ist zu berücksichtigen, wenn sich die Beteiligten in einem anderen Verfahren gerichtlich oder im anhängigen Verfahren außergerichtlich geeinigt und dabei auch festgelegt haben, wer die Kosten des sich erledigenden Verfahrens trägt. Ist schließlich die Erledigung von einem Beteiligten herbeigeführt worden und liegen die Gründe hierzu in dessen Bereich, so ist dies im Regelfall zu seinem Nachteil zu werten. Ob sich die Hauptsache tatsächlich erledigt hat, darf das Gericht nicht prüfen; auch für eine weitere Sachverhaltsaufklärung, insbesondere für eine Beweisaufnahme, ist grundsätzlich kein Raum.
13
Billigem Ermessen entspricht es im vorliegenden Fall, die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufzuheben.
14
Dies ergibt sich daraus, dass die Erfolgsaussichten der Klage bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses offen waren.
15
Die Klage hatte nicht etwa deswegen keine Aussicht auf Erfolg, weil sie sich – wie die Beklagte argumentiert – gegen die falsche Beklagte gerichtet und ihr somit die Passivlegitimation gefehlt hätte (W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 30. Aufl. 2024, Vorb. § 40 Rn. 28). Die Vereinigung der Pflegenden in Bayern KöR war die richtige Beklagte.
Dies ergibt sich aus Folgendem:
16
Nach Art. 25 Abs. 1 Nr. 2 PfleWoqG wird das Staatsministerium ermächtigt, durch Rechtsverordnung zur Durchführung dieses Gesetzes Regelungen u.a. für die Fort- und Weiterbildung der Beschäftigten zu erlassen.
17
Auf dieser Grundlage hat die Bayerische Staatsregierung die Verordnung zur Ausführung des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes und Weiterbildung in der Pflege und Hebammenkunde (AVPfleWoqG) vom 27. Juli 2011 (GVBl. 2011, 346), zuletzt geändert mit Verordnung vom 3. Dezember 2024 (GVBl. 2024, 662) – im Folgenden: AVPfleWoqG 2025 – erlassen. In dessen 4. Teil „Allgemeine Vorschriften zur Weiterbildung“ ist in § 52 Abs. 3 festgelegt, dass für den Vollzug u.a. der Teile 4 und 5 die Vereinigung der Pflegenden in Bayern KöR die zuständige Behörde ist (vgl. auch § 90 AVPfleWoqG in der vom 1.1.2021 bis zum 30.6.2024 gültigen Fassung (VO vom 22.12.2020, GVBl. 2020, 691) – im Folgenden: AVPfleWoqG 2021 -: zuständige Behörde i.S. der §§ 53 bis 89 ist die Vereinigung der Pflegenden in Bayern KöR).
18
In Teil 5 „Besondere Vorschriften zur Weiterbildung“ der AVPfleWoqG 2025 sind die Weiterbildung zur Einrichtungsleitung und zur Pflegedienstleitung im Einzelnen geregelt. Diese sind damit auch von der Zuständigkeit der Vereinigung der Pflegenden in Bayern KöR erfasst.
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Zu den Aufgaben der Vereinigung der Pflegenden in Bayern KöR gehört es nach § 55 Abs. 2 Satz 1 AVPfleWoqG 2025, über Anträge auf Anrechnung erfolgreich absolvierter Module oder vergleichbarer Qualifikationen auf die Weiterbildung zu entscheiden. Voraussetzung hierfür ist nach der derzeit gültigen Fassung der AVPfleWoqG 2025 (VO vom 3.12.2024, GVBl. 2024, 662), dass diese mit einer Prüfung erfolgreich abgeschlossen wurden und die Inhalte gleichwertig sind. Demgegenüber hat § 55 Abs. 1 AVPfleWoqG in der vom 1. Januar 2021 bis zum 30. Juni 2024 gültigen Fassung (VO vom 22.12. 2020, GVBl. 2020, 691) bestimmt, dass auf Antrag erfolgreich absolvierte Module oder vergleichbare Qualifikationen auf die Weiterbildung angerechnet werden können, sofern die Inhalte gleichwertig sind. Das Kriterium der erfolgreich abgeschlossenen Prüfung war in dieser Vorschrift nicht enthalten.
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Nach Art. 1 Abs. 1 Satz 1 des Bayerischen Gesetzes über die Berufsausübung und die Berufsvertretung der Angehörigen der Pflegeberufe (Bayerisches Pflegendengesetz – BayPfleG) vom 27. April 2017 (GVBl. 2017, 78), zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. Juli 2024 (GVBl. 2024, 205), ist die Vereinigung der Pflegenden in Bayern eine Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Sitz in München. Nach Art. 1 Abs. 1 Satz 2 BayPfleG ordnet und verwaltet sie ihre Angelegenheiten im Rahmen der Gesetze selbst und führt ein Dienstsiegel mit dem kleinen Staatswappen. Nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayPfleG führt das Staatsministerium die Aufsicht über die Vereinigung der Pflegenden in Bayern aus. Nach Satz 2 der Vorschrift handelt es sich hinsichtlich der übertragenen staatlichen Aufgaben und der Verwendung der Haushaltsmittel um Fachaufsicht, im Übrigen um Rechtsaufsicht. Nach Art. 6 Abs. 2 Satz 3 BayPfleG gelten für die Durchführung der Aufsicht die Vorschriften der Gemeindeordnung entsprechend.
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Aus § 1 der Hauptsatzung der Vereinigung der Pflegenden in Bayern KöR vom 3. April 2019 ergibt sich, dass die Vereinigung der Pflegenden in Bayern eine Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Sitz in München ist (Nr. 1), dass sie ihre Angelegenheiten im Rahmen der Gesetze selbst ordnet und verwaltet und ein Dienstsiegel mit kleinem Staatswappen führt (Nr. 2) und dass sie der Rechtsaufsicht des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege unterliegt (Nr. 3).
22
Aus diesen Vorschriften wird deutlich, dass die Vereinigung der Pflegenden in Bayern KöR kein Teil des Rechtssubjekts Freistaat Bayern ist, sondern als Körperschaft des öffentlichen Rechts ein eigenständiges Rechtssubjekt. Sie handelt auf der Grundlage von § 52 Abs. 3 AVPfleWoqG 2025 (§ 90 AVPfleWoqG 2021) als beliehener Unternehmer, dem nach § 52 AVPfleWoqG 2025 die hoheitliche Befugnis übertragen worden ist, die Teile 4 bis 6 sowie die Ordnungswidrigkeitsverfahren nach § 89 Nr. 4 AVPfleWoqG 2025 zu vollziehen (bzw. die gemäß § 90 AVPfleWoqG 2021 als zuständige Behörde i.S. der §§ 53 bis 89 AVPfleWoqG 2021 bestimmt ist). Als beliehener Unternehmer unterliegt sie gemäß Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayPfleG hinsichtlich der übertragenen staatlichen Aufgaben – also auch im Rahmen des § 52 Abs. 3 AVPfleWoqG 2025 (§ 90 AVPfleWoqG 2021) – der Rechtsaufsicht und der Fachaufsicht des Staatsministeriums (vgl. zur Rechts- und Fachaufsicht bei Beliehenen: Schmitz in Stelkens/Bonk/Sachs, VwGO, Kommentar, 10. Aufl. 2023, § 1 Rn. 46). Nach Satz 3 der Vorschrift gelten für die Durchführung der Aufsicht die Vorschriften der Gemeindeordnung entsprechend. Auch dies macht deutlich, dass es sich bei der Vereinigung der Pflegenden in Bayern nicht um einen Teil des Freistaates Bayern handelt, sondern – ebenso wie bei einer Gemeinde – um ein eigenständiges Rechtssubjekt, das hinsichtlich der Ausübung ihm übertragener staatlicher Befugnisse der Fachaufsicht bedarf.
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Konsequenterweise hat deshalb die Vereinigung der Pflegenden in Bayern KöR selbst über den Widerspruch des Klägers vom 9. Dezember 2021 mit Widerspruch vom 14. April 2022 entschieden, dies auf Grundlage von § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VwGO, da der Beliehene selbst dann den Widerspruchsbescheid erlässt, wenn – wie im vorliegenden Fall – die Aufsichtsbehörde eine oberste Landesbehörde ist (so die h.M., vgl. W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 30. Aufl. 2024, § 73 Rn. 3 a.E.; a.A.: Wöckel in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 73 Rn. 2).
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Im Übrigen geht auch das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege in seinem Leitfaden zur Ausführungsverordnung des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes (AVPfleWoqG), § 53 bis § 98, Weiterbildungen in der Pflege, Stand 1. März 2014, Ziffer C 9.a – Anrechnung gleichwertiger Qualifikationen gemäß § 56 Abs. 1 + 2 AVPfleWoqG – Anrechnungsbescheid – davon aus, dass über die Anrechnung die Weiterbildungseinrichtung als beliehene Behörde entscheidet (vgl. auch Ziffer C 7. mit weiteren Ausführungen zur beliehenen Behörde, die hiernach auch Klagegegner ist), dies allerdings noch bezüglich der bis zum 31. Dezember 2020 gültigen Rechtslage, wonach gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 AVPfleWoqG i.d.F. vom 1. September 2011 (GVBl. 2011, 346) noch die Weiterbildungseinrichtung (und nicht die Vereinigung der Pflegenden in Bayern KöR) selbst über Anträge auf Anrechnung erfolgreich absolvierter Module oder vergleichbarer Qualifikationen auf die Weiterbildung entscheidet.
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Aus alledem ergibt sich, dass die Vereinigung der Pflegenden in Bayern KöR der richtige Beklagte ist und der Klage deshalb nicht die Passivlegitimation fehlt, sie also nicht etwa von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte (A.A. VG Bayreuth im Verfahren B 10 K 22.452 – n.v. –, vgl. dortiges Schreiben des VG Bayreuth vom 27.5.2022, allerdings ohne jegliche Begründung).
26
Allerdings waren die Erfolgsaussichten im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses völlig offen.
27
Zentraler Streitpunkt und maßgebliche Begründung für die Ablehnung der Anrechnung bestimmter im Einzelnen genannter Vorqualifikationen auf die Weiterbildungen zur Einrichtungsleitung und zur Pflegedienstleitung in den Bescheiden vom 11. November 2021 und vom 22. November 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. April 2022 war die fehlende Prüfung zum Abschluss der jeweils geltend gemachten Vorqualifikation. Zusätzlich wurde die Ablehnung der Anrechnung hinsichtlich einzelner geltend gemachter Vorqualifikationen damit begründet, es sei nicht ersichtlich, welche Kompetenzen die jeweilige Qualifikation in Bezug auf die Qualifikation „Einrichtungsleitung“ vermittelt habe.
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Diese Fragen hätten im Rahmen einer streitigen Entscheidung einer detaillierten Aufklärung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsichtlich bedurft, dies auch bezüglich der Auslegung des Begriffs „erfolgreich“ in § 55 Abs. 1 AVPfleWoqG 2021 und insbesondere auch vor dem Hintergrund der oben dargestellten Änderung des § 55 AVPfleWoqG zum 1. Juli 2024. Zudem hätte die Vergleichbarkeit bestimmter Vorqualifikationen im Einzelnen und detailliert überprüft werden müssen.
29
Aus dem Wortlaut des § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO („nach billigem Ermessen“; „der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen“) sowie aus der Systematik des Gesetzes ergibt sich, dass weitere Sachverhaltsaufklärungen nach der Hauptsacheerledigung durch das Gericht nicht statthaft sind. Die Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes darf nicht zu einer eingehenden Prüfung der Erfolgsaussichten der Klage führen. Lässt sich mit angemessenem vertretbarem Aufwand keine Aussage über den Ausgang des Verfahrens machen, so entspricht es regelmäßig der Billigkeit, die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufzuheben (Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 161 Rn. 15 und Rn. 16 m.w.N.).
30
So liegt der Fall aus den oben dargestellten Gründen hier.
31
Damit waren die Kosten des Verfahrens im Rahmen des billigen Ermessens gegeneinander aufzuheben.
32
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 2 GKG, denn der Sach- und Streitstand bietet über die Bestimmung des Streitwertes nach § 52 Abs. 1 GKG gemäß der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache keine genügenden Anhaltspunkte, so dass ein Streitwert von 5.000,00 EUR anzunehmen ist. Da es sich im vorliegenden Fall um zwei unterschiedliche Streitgegenstände handelt, nämlich zum einen um die Anerkennung von Vorqualifikationen auf die Weiterbildung zur Pflegedienstleitung und zum anderen um die Anerkennung von Qualifikationen auf die Weiterbildung zur Einrichtungsleitung, war ein Streitwert von jeweils 5.000,00 EUR, insgesamt also 10.000,00 EUR anzunehmen.