Inhalt

VGH München, Beschluss v. 16.01.2025 – 22 ZB 23.1789
Titel:

Nachweis einer gegenteiligen Förderpraxis, Richtlinienwidrige Förderung, Dritter, Aufklärungsmangel

Schlagworte:
Nachweis einer gegenteiligen Förderpraxis, Richtlinienwidrige Förderung, Dritter, Aufklärungsmangel
Vorinstanz:
VG Augsburg, Urteil vom 30.08.2023 – Au 6 K 21.1868
Fundstelle:
BeckRS 2025, 811

Tenor

I. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 30. August 2023 – Au 6 K 21.1868 – wird abgelehnt.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 24.140,47 € festgesetzt.

Gründe

1
Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt die Klägerin, die Inhaberin eines Schaustellerbetriebs (Süßwarenverkauf, Mandel- und Nussbrennerei) ist, ihren Antrag auf Bewilligung einer weiteren Förderung in Höhe von 24.140,47 € nach der Richtlinie für die Gewährung von Überbrückungshilfe des Bundes für kleinere und mittlere Unternehmen – Phase 3 (Überbrückungshilfe III) weiter.
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Die Beklagte lehnte die ursprünglich beantragte Förderung mit Bescheid vom 17. August 2021 teilweise ab. Zur Begründung der Ablehnung wurde ausgeführt, dass es sich bei den geltend gemachten Kosten für den Austausch von Absetzwinden (i.H.v. 1.450,00 €), für die Reparatur eines Wohnwagens (i.H.v. 5.700,00 €) und für die Bemalung eines Mandelwagens (i.H.v. 7.500,00 €) nicht um förderfähige regelmäßig wiederkehrende Wartungs- und Instandhaltungsmaßnahmen handle, sondern um Renovierungsmaßnahmen, die nach den Förderrichtlinien nicht erstattungsfähig seien. In der Kostenposition „Digitalisierung“ seien nur die Kosten für die Erstellung eines Online-Shops förderfähig. Zu diesen zählten jedoch keine Anschaffungen im gewöhnlichen Geschäftsbetrieb, wie der Erwerb eines Mobiltelefons, eines Druckers und eines Notebooks. Bei Zugrundelegung der Richtlinie seien diese Positionen daher ebenfalls herauszunehmen.
3
Mit Urteil vom 30. August 2023 hat das Verwaltungsgericht Augsburg die Klage, mit der die Klägerin beantragt hatte, den Bescheid teilweise aufzuheben, soweit die Beklagte die Förderung in Höhe von 24.140,47 € abgelehnt habe, und diese zu verpflichten, über den Antrag insofern neu zu entscheiden, abgewiesen.
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Mit ihrem fristgerecht eingegangenen und begründeten Antrag auf Zulassung der Berufung macht die Klägerin ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie Verfahrensfehler geltend.
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Die Beklagte ist dem Zulassungsantrag entgegengetreten.
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Ergänzend wird auf die vorgelegte Behördenakte und die Gerichtsakten verwiesen.
II.
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Aus dem der rechtlichen Überprüfung durch den Senat allein unterliegenden Vorbringen in der Antragsbegründung (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (1.); die Rechtssache hat zudem weder eine grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (2.) noch liegt ein Verfahrensmangel i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO vor (3.).
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1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, wenn nach dem Vortrag der Rechtsmittelführerin gegen dessen Richtigkeit gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (BVerfG, B.v. 7.10.2020 – 2 BvR 2426/17 – juris Rn. 34; BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – juris Rn. 9). Die Rechtsmittelführerin muss konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus ihrer Sicht im Ergebnis falsch ist. Dazu muss sie sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 62 f.). Erforderlich ist eine fallbezogene Begründung, die dem Senat eine Beurteilung der Zulassungsfrage ohne weitere eigene aufwändige Ermittlungen ermöglicht.
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1.1 Zur Begründung ihres Antrags auf Zulassung der Berufung bringt die Klägerin im Wesentlichen vor, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Einrichtung des Online-Shops und die Anschaffung der „damit verbundenen“ Hardware in keinem hinreichenden Zusammenhang mit der Pandemie gestanden hätten. Nach Ende der pandemiebedingten Einschränkungen für Jahrmärkte und Volksfeste sei ein solcher Vertriebsweg jedoch uninteressant. Es verstehe sich von selbst, dass zur Einrichtung eines Online-Shops ein Zugangsgerät erforderlich sei und dass ein Drucker zur Dokumentation der Vorgänge benötigt werde. Ein anderweitiger Einsatz der Geräte sei im künftigen Betrieb nicht notwendig und auch nicht beabsichtigt gewesen. Das EC-Kartenlesegerät sei zwar nicht Bestandteil des Online-Shops gewesen. Es habe aber einer kontaktlosen Zahlung vor Ort gedient und damit der Reduzierung der Infektionsgefahr. In Bezug auf die Reparatur des Mandel- und des Wohnwagens habe das Verwaltungsgericht verkannt, dass die Schäden allein durch die coronabedingt überlange Einlagerung entstanden seien. Dies gelte auch für die Schäden an den Winden. Die für den weiteren Betrieb notwendigen Reparaturmaßnahmen und der Austausch der Absetzwinden seien daher durch die Corona-Pandemie verursacht worden. Zusammenfassend führt die Klägerin aus, dass es ausreichend sein müsse, wenn die Kosten allein durch die „Folgen der Coronamaßnahmen“ verursacht worden seien. Sie trägt vor, dass die Beklagte in vergleichbaren Fällen eine Förderung – sowohl von IT-Ausstattung als auch von Reparaturen – gewährt habe, ohne dies allerdings näher zu konkretisieren und die jeweiligen Umstände im Einzelnen vorzutragen.
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1.2 Das Verwaltungsgericht hat die Rechtmäßigkeit der Teilablehnung der beantragten Förderung damit begründet, dass nach der tatsächlich ausgeübten Verwaltungspraxis der Beklagten die Voraussetzungen für die Gewährung einer Zuwendung von der Klägerin nicht dargelegt und nachgewiesen worden seien. Grundsätzlich liege es gerade in Zuwendungsverfahren in der Sphäre des Zuwendungsempfängers, die Voraussetzungen für die Gewährung einer Förderung bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt darzulegen und nachzuweisen. Alles, was im Verwaltungsverfahren nicht vorgetragen worden oder erkennbar gewesen sei, habe auch im Rahmen der konkreten Ermessensausübung nicht berücksichtigt werden können, so dass ermessensrelevante Tatsachen, die erstmals im Klageverfahren vorgebracht worden seien, keine Berücksichtigung finden könnten.
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Die teilweise Ablehnung der Digitalisierungskosten sei danach nicht zu beanstanden. Nach der Förderpraxis der Beklagten, wie sie sich vor allem aus Ziffer 2.4 Position 14 der FAQ zur „Corona-Überbrückungshilfe für kleine und mittelständische Unternehmen“ (Dritte Phase von November 2020 bis Juni 2021 – im Folgenden: FAQ) ergebe, sei die Anschaffung von IT-Hardware als Investition in die Digitalisierung u.a. nur dann förderfähig, wenn die Maßnahme in angemessenem Verhältnis zu den Zielen stehe und primär der Existenzsicherung des Unternehmens diene, also kein Abbau eines Investitionsstaus vorliege. Die Ablehnungsgründe der Beklagten – günstigere Hardware (insbesondere in Bezug auf das Laptop) sei vorzugswürdig sowie zur Existenzsicherung ausreichend gewesen und es handle sich um allgemein vorzuhaltende Arbeitsmittel, deren Anschaffung nicht explizit pandemiebedingt erforderlich geworden sei – seien nicht zu beanstanden. Der klägerische Einwand, ohne den Erwerb der Hardware habe der Online-Shop nicht betrieben werden können, greife nicht durch. Es sei schon nicht hinreichend substantiiert dargelegt worden, wie der – geförderte – Online-Shop durch ein EC-Kartenlesegerät, ein Handy und einen Drucker betreut werden solle. Die Beklagte habe nachvollziehbar dargelegt, dass die Überbrückungshilfe III als außerordentliche Wirtschaftshilfe ausgestaltet sei und diejenigen Unternehmen hätten gefördert werden sollen, die erhebliche Umsatzausfälle aufgrund der Corona-Pandemie erlitten hätten. Dieser Zweck werde gefährdet, wenn Positionen ersetzt würden, die auch unabhängig von der Pandemie entstanden wären. Aus diesen Gründen könnten die Kosten für Anschaffungen betreffend eine unabhängig von der Pandemie vorzuhaltende Ausstattung mit der Überbrückungshilfe III nicht erstattet werden.
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Aus denselben Gründen seien auch die Ausgaben für die Reparatur der beiden Wägen und für den Ersatz der Winden nicht förderfähig. Ausweislich Ziffer 2.4 Position 6 der FAQ zählten zu den förderfähigen Kosten Zahlungen für Instandhaltung, Wartung oder Einlagerung von Anlagevermögen und gemieteten Vermögensgegenständen, einschließlich der EDV. Nicht davon erfasst seien dagegen Ausgaben für Renovierungsarbeiten, für Maßnahmen, deren Notwendigkeit bereits vor der Pandemie angestanden hätte (Beseitigung eines Investitionsstaus) sowie für Maßnahmen, die nicht ursächlich im Zusammenhang mit Vorschriften zur Eindämmung der Corona-Pandemie stünden. Ziel der Überbrückungshilfe sei nur, die Existenzsicherung zu gewährleisten, nicht dagegen die Förderung dauerhafter Investitionen in Maßnahmen, die nicht nur der „Überbrückung“ dienten, sondern eine bleibende Verbesserung bewirkten. Nach der diesen Maßstäben entsprechenden Verwaltungspraxis, die die Beklagte plausibel dargelegt habe, scheide eine Förderung der Kosten für die Ersetzung der Absetzwinden und für die Reparatur bzw. die Bemalung des Wohn- und des Mandelwagens aus. Es handle sich um allgemeine Renovierungsarbeiten bzw. um den Ersatz von Wirtschaftsgütern. Darin seien nach dem Verständnis der Beklagten keine wiederkehrenden Wartungs- oder Instandhaltungsarbeiten zu sehen, die allein förderfähig seien. Es handle sich vielmehr jeweils um die Behebung eines (einmaligen) substanzbedingten Schadens, bei dem kein ursächlicher Zusammenhang zu Vorschriften zur Eindämmung der Corona-Pandemie bestehe und mithin um – wie der Klägerbevollmächtigte selbst ausgeführt habe – eine Instandsetzung der jeweiligen Betriebsmittel.
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1.3 Mit ihrem Vorbringen zieht die Klägerin die Richtigkeit des Urteils nicht ernsthaft in Zweifel.
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1.3.1 Soweit sie sich gegen die teilweise Ablehnung der Förderung für die IT-Ausstattung wendet, fehlt es an einer hinreichenden Auseinandersetzung mit den Feststellungen im Urteil, dass nach der Förderpraxis der Beklagten keine Kosten für Geräte übernommen wurden, bei denen es sich um allgemein vorzuhaltende Arbeitsmittel handelt. Das Verwaltungsgericht hat nachvollziehbar dargelegt, dass nach der Förderpraxis der Beklagten, die diese aus Ziffer 2.4 Position 14 i.V.m. Anhang 4 der FAQ ableitet, die Maßnahmen primär der Existenzsicherung des Unternehmens in der Pandemie gedient haben müssen und es sich nicht um Maßnahmen handeln darf, die bereits vor Beginn der Pandemie angestanden hätten. Insofern wird in der Zulassungsbegründung lediglich behauptet, dass das Laptop und der Drucker betrieblich nicht notwendig gewesen seien, deren Einsatz – außerhalb des Online-Shops – nicht vorgesehen sei und daher der notwendige Bezug zur Pandemie gegeben sei Bei den angeschafften Geräten handelt es sich allerdings um eine in derartigen Betrieben heutzutage standardmäßig vorhandene IT-Ausstattung. Entgegen dem klägerischen Vorbringen erscheint es selbst in kleineren Schaustellerbetrieben allgemein üblich, technische Geräte wie Laptops, Drucker und Mobiltelefone auch außerhalb eines Online-Shops zur Bewältigung der geschäftlichen Korrespondenz und Kommunikation einzusetzen. Warum dies bei der Klägerin anders sein soll, hätte einer näheren Darlegung bedurft, um ernstliche Zweifel an der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts zu begründen. Entsprechendes gilt für das Kartenlesegerät, dessen Anschaffung im Zulassungsverfahren ebenfalls nicht näher erläutert wurde. Die Klägerin setzt sich mit der Förderpraxis der Beklagten, wonach diese Maßnahmen primär der Existenzsicherung des Unternehmens in der Pandemie gedient haben müssten und nicht dem Abbau eines Investitionsstaus, nicht hinreichend auseinander. Darüber hinaus geht das Zulassungsvorbringen auch nicht darauf ein, dass in den Urteilsgründen das angemessene Verhältnis der Maßnahmen zu den verfolgten Zielen verneint wurde, nicht zuletzt in Bezug auf das Laptop. Darin ist nach der vom Verwaltungsgericht festgestellten tatsächlichen Förderpraxis ebenfalls ein Ausschlussgrund zu sehen.
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1.3.2 Ebenso wenig führt der Vortrag zu den Ausgaben für die Reparatur der beiden Wägen und für die Erneuerung der Winden zur Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel. Mit dem wesentlichen Argument des Verwaltungsgerichts, dass nach der festgestellten Förderpraxis der Beklagten keine allgemeinen Renovierungskosten im Sinn einer dauerhaften Verbesserung der Ausstattung ersetzt worden seien, setzt sich die Klägerin in der Zulassungsbegründung nicht auseinander. Soweit sie sich auf die Kausalität der Pandemie für die von ihr getätigten Ausgaben beruft und ausführt, dass es nur aufgrund des coronabedingten Ausfalls von Veranstaltungen zu einer verlängerten Einlagerungszeit und zu den Beschädigungen gekommen sei, genügt dies nicht, um die Förderfähigkeit nach der Förderpraxis der Beklagten bejahen zu können. Das Verwaltungsgericht hat insofern zutreffend darauf abgestellt, dass es sich bei den durch die Einlagerung verursachten Schäden nicht um einen üblichen Verschleiß und bei der Behebung um keine wiederkehrenden Maßnahmen handelt. Die Lagerungsschäden seien zudem vermeidbar gewesen, etwa durch anderweitige Lagerung oder durch eine regelmäßige Kontrolle des Zustands. Dies wird letztlich auch durch den klägerischen Vortrag bestätigt, dass bei mehrfacher Aktivierung die Schäden hätten vermieden werden können. Aus diesen Gründen hat das Verwaltungsgericht auch die Ursächlichkeit der Corona-Pandemie für den Eintritt der Schäden verneint, womit sich die Klägerin im Zulassungsverfahren ebenfalls nicht auseinandersetzt.
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1.3.3 Soweit die Klägerin eine abweichende tatsächliche Verwaltungspraxis behauptet, fehlt es ebenfalls an einer hinreichenden Darlegung. Die Voraussetzungen für das Entstehen einer Förderpraxis hat das Verwaltungsgericht in Übereinstimmung mit der obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. BayVGH, B.v. 4.12.2023 – 22 ZB 22.2621 – juris Rn. 14) erläutert. Woraus sich ergeben soll, dass die nach diesen Maßstäben getroffenen Feststellungen unzutreffend seien, legt die Klägerin nicht dar und behauptet lediglich, sie wisse von zahlreichen Mitbewerbern, die eine entsprechende Geschäftsausstattung erstattet bekommen hätten, ohne dies näher zu belegen oder wenigstens zu konkretisieren. Im Zusammenhang mit der ebenfalls erhobenen Aufklärungsrüge (dazu unter 3.) trägt sie vor, dass sie bei hinreichender (gerichtlicher) Aufklärung in der Lage gewesen wäre, Fälle einer abweichenden Verwaltungspraxis zu benennen. Welche dies sein sollen, bleibt aber ebenfalls offen. Schließlich setzt sie sich auch nicht mit dem Hinweis der Beklagten auseinander, die dargelegt hat, dass in Fällen einer Abschlagszahlung eine Überprüfung im Rahmen der Schlussrechnung dazu führen könne, dass Kostenpositionen letztlich nicht anerkannt werden.
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1.3.4 Soweit sich die Klägerin im Schriftsatz vom 31. Januar 2024, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof am selben Tag eingegangen, erstmalig sinngemäß darauf beruft, dass aufgrund des Einsatzes von KI-Programmen bei der Bearbeitung der Förderanträge ein Ermessensausfall vorliege, führt dies ebenfalls nicht zur Zulassung der Berufung. Nach dem Ablauf der Darlegungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO (hier mit Ablauf des Montags, 6. November 2023) geltend gemachte weitere Gründe für ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung sind unbeachtlich (vgl. BayVGH, B.v 14.1.2013 – 10 ZB 12.2102 – NVwZ-RR 2013, 438; NdsOVG, B.v. 5.9.2014 – 7 LA 75/13 – juris Rn. 23; Happ in Eyermann, VwGO, § 124a Rn. 53). Bei den Ausführungen im Schriftsatz vom 31. Januar 2024 handelt es sich um keine Vertiefung des bisherigen Vorbringens, sondern um neue Gründe.
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Im Übrigen ergeben sich aus dem verspäteten Vortrag auch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils. Entgegen dem klägerischen Vorbringen lässt sich dem vorgelegten Informationsschreiben, das die Beklagtenbevollmächtigten unabhängig von laufenden Klageverfahren an alle Bayerischen Verwaltungsgerichte versendet haben und in dem sie sich ausdrücklich mit einer Weiterleitung an Kläger einverstanden erklären, nicht entnehmen, dass im streitgegenständlichen Förderverfahren keine Ermessensausübung stattgefunden haben könnte. Vielmehr wird darin im Wesentlichen ausgeführt, dass bei Erstantragsverfahren Bewilligungen lediglich auf Plausibilität überprüft worden seien, weil eine durchgehende händische Überprüfung angesichts der Vielzahl von Verfahren – über 450.000 Anträge während der Hochzeit der Pandemie – nicht möglich gewesen sei. Die Einzelüberprüfung der Fixkostenpositionen sei dabei in die Endabrechnung verlagert worden. Es ist dagegen nicht davon die Rede, dass Anträge auf der Grundlage automatisierter Vorgänge abgelehnt worden seien. Vor allem lässt sich aus der von der Beklagten vorgelegten Behördenakte entnehmen, dass im hier streitgegenständlichen Verwaltungsverfahren mehrere Mitarbeiter an den Steuerberater der Klägerin konkrete Nachfragen vor allem auch zu den abgelehnten und hier streitgegenständlichen Kostenpositionen gestellt haben, u.a. am 28. Juni, am 30. Juni, am 8. Juli und am 6. August 2021. Neben diesen Fragen und den Antworten des Bevollmächtigten der Klägerin sind auch die einzelnen Bearbeitungsschritte durch die Sachbearbeiter in den Akten mit Datum und Uhrzeit dokumentiert. Zur Teilablehnung finden sich unter dem 12. August 2021 zwei Vermerke der Sachbearbeiterin, aus denen sich nicht nur die Beträge der teilweisen Ablehnung, sondern auch die wesentlichen Gründe ergeben, die dann in den streitgegenständlichen Förderbescheid übernommen wurden. Aus diesen Aktenvermerken lässt sich nicht nur nachvollziehen, dass die Stellungnahmen des Steuerberaters hinsichtlich anderer Positionen zu einer Klärung und zu einer positiven Förderentscheidung geführt haben, sondern vor allem auch warum und in welchem Umfang die Kostenpositionen „FK 06 Instandhaltung“ sowie „FK 21 Digitalisierungsmaßnahmen“ trotz der Rückfragen und der Erläuterungen nicht gefördert wurden. Die von Klägerseite sinngemäß aufgeworfene Frage, inwiefern ein ablehnender Förderbescheid vollständig automatisch erlassen werden darf, stellt sich daher nicht.
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2. Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.
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2.1 Als grundsätzlich klärungsbedürftig formuliert die Klägerin die Frage, „ob auch weiterhin die pauschale Behauptung, dass die Entscheidung in dem anhängigen Verfahren den übrigen Entscheidungen entspreche und damit ermessensgerecht und dem Gleichheitsgebot genügend ausreichend sei oder eine detaillierte Begründung zu erfolgen hat, dass die Ermessenserwägung auch im Rahmen der Intention des Gesetzgebers war, zu mindestens aber die Beklagte in den gerichtlichen Verfahren glaubhaft zu machen hat, dass die Ermessensausübung auch den üblichen Verfahren entspricht.“
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Die Beantwortung dieser Frage wäre in einem Berufungsverfahren nicht entscheidungserheblich. Die Klägerin unterstellt dabei zu Unrecht, dass die Beklagte die Förderpraxis lediglich pauschal behauptet und zudem eingeräumt habe, dass „die Verwaltungspraxis nicht unter Beweis gestellt werden kann“ und „dass aufgrund der Vielzahl der Fälle eine entsprechende Gleichbehandlung nicht garantiert werden kann“. Dem ist die Beklagte unter Hinweis auf das Sitzungsprotokoll entgegengetreten. Sie hat nachvollziehbar dargelegt, dass die Verwaltungspraxis erstinstanzlich erläutert wurde. Soweit die Klägerin davon ausgeht, das Verwaltungsgericht habe die pauschale Behauptung einer Förderpraxis ausreichen lassen, steht dies nicht nur im Widerspruch zu den Urteilsgründen, in denen im Einzelnen ausgeführt wird, dass die Beklagte nach Überzeugung des Verwaltungsgerichts die Verwaltungspraxis plausibel dargelegt habe. Auch das Berufungsgericht dürfte seine Feststellungen zur ständigen Verwaltungspraxis der Beklagten nicht auf pauschale Behauptungen stützen.
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2.2 Soweit die Klägerin mit ihrer Frage und ihrem weiteren Vorbringen darauf abstellt, welche Anforderungen an die Feststellung einer tatsächlich ausgeübten Förderpraxis zu stellen sind, ist diese Fragestellung einer grundsätzlichen Klärung auch nicht zugänglich. Es kommt darauf an, ob die Bewilligungsbehörde ihre Verwaltungspraxis überzeugend darlegen und begründen kann, sowie darauf, dass eine der dargestellten Förderpraxis widersprechende Bewilligung von Subventionen nicht von ihr geduldet oder gebilligt wird und eine möglicherweise „gleichheitswidrige“ Bewilligung einen sog. „Ausreißer“ darstellt (BayVGH, B.v. 5.9.2024 – 22 ZB 23.1004 – juris Rn. 11 f.). Eine über den Einzelfall hinausgehende Klärung, wie dies zu erfolgen hat, ist dabei nicht möglich.
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2.3 Die darüber hinaus im Schriftsatz vom 31. Januar 2024 erstmals aufgeworfene (weitere) Frage, „ob der Einsatz von Vorentscheidungsmechanismen und der Einsatz von KI überhaupt mit dem [wohl „den“] gesetzlichen Voraussetzung[en] übereinstimmen“ ist bereits unbeachtlich, weil sie nach Ablauf der Darlegungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO formuliert wurde. Im Übrigen wäre die Frage aus den oben dargelegten Gründen nicht entscheidungserheblich und würde sich in einem Berufungsverfahren nicht stellen (vgl. 1.3.4). Im Übrigen fehlt es insofern an einer hinreichenden Auseinandersetzung mit den Erwägungen des Verwaltungsgerichts.
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3. Die Berufung ist auch nicht wegen Verfahrensfehlern im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zuzulassen.
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3.1 Ein Verfahrensverstoß wegen Verletzung der Pflicht zur Sachaufklärung (§ 86 Abs. 1 VwGO) ist nicht ersichtlich.
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3.1.1 Ein solcher Verfahrensfehler ergibt sich nicht aus der Rüge der Klägerin, das Verwaltungsgericht habe nicht hinreichend aufgeklärt, ob es sich bei der nicht geförderten Anschaffung von IT-Hardware um den Erwerb einer üblichen Geschäftsausstattung gehandelt habe oder um eine Investition im Hinblick auf den Online-Shop, ob die Anschaffung des EC-Kartenlesegeräts „erforderlich“ gewesen sei und ob bzw. inwieweit die Reparaturmaßnahmen zur Fortführung des Geschäftsbetriebs erforderlich gewesen seien. Darüber hinaus wird in der Zulassungsbegründung der Sache nach auch eine Verletzung der Aufklärungspflicht im Hinblick auf die Feststellung der jeweiligen Verwaltungspraxis geltend gemacht.
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3.1.2 Die Anforderungen an die Darlegung einer Aufklärungsrüge (vgl. dazu BVerwG, B.v. 30.6.2021 – 9 B 46.20 – juris Rn. 17) sind nicht erfüllt. Der Umfang der Sachaufklärungspflicht aus § 86 Abs. 1 VwGO bestimmt sich allein anhand der materiell-rechtlichen Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts. Auf deren Grundlage hat es nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ob es Aufklärungsmaßnahmen ergreift, insbesondere Beweisangeboten nachgeht. Die Aufklärungspflicht verlangt nicht, dass das Gericht Ermittlungen anstellt, auf die es nach seinem Rechtsstandpunkt für den Ausgang des Rechtsstreits nicht ankommt. Ferner endet die gerichtliche Aufklärungspflicht dort, wo das Vorbringen der Beteiligten keinen tatsächlichen Anlass zu weiterer Aufklärung bietet (vgl. BayVGH, B.v. 12.4.2021 – 8 ZB 21.23 – juris Rn. 46 m.w.N. und weiter auch BVerwG, B.v. 16.12.2019 – 4 BN 16.19 – juris Rn. 2). Die Aufklärungsrüge ist kein Mittel, Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten, vor allem das Unterlassen des Stellens von Beweisanträgen in der mündlichen Verhandlung, zu kompensieren (Happ in Eyermann, VwGO, § 124a Rn. 75). Hat ein anwaltlich vertretener Kläger im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht nicht durch Stellung eines Beweisantrags auf die von ihm nunmehr beanstandete unterbliebene Sachaufklärung hingewirkt, kann eine Aufklärungsrüge keinen Erfolg haben (vgl. BVerwG, B.v. 13.1.2009 – 9 B 64.08 – juris Rn. 5), außer es wird dargelegt, aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne einen Beweisantrag hätten aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, B.v. 25.2.2021 – 2 B 69.20 – juris Rn. 27; BayVGH, B.v. 18.8.2022 – 10 ZB 22.1265 – juris Rn. 6).
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In Bezug auf den Erwerb der IT-Ausstattung legt die Klägerin nicht näher dar, weshalb sich dem Verwaltungsgericht eine weitere Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen, ohne dass in der mündlichen Verhandlung seitens ihres Bevollmächtigten darauf hingewirkt worden wäre. Dies gilt umso mehr, als es sich um Umstände aus ihrer Sphäre handelt und der Beklagtenvertreter – ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 30. August 2023 – an der bisherigen Auffassung festgehalten hat, es handle sich dabei um allgemeine Betriebsmittel und keine „spezifisch anlässlich der Pandemie erforderliche Ausrüstung“. Entsprechendes gilt für die Anschaffung des EC-Kartenlesegeräts. Auch insofern wäre es Sache der Klägerin gewesen, die vom Beklagten nicht anerkannte Erforderlichkeit darzulegen, etwa durch plausible Schilderung der betrieblichen Abläufe, und ggf. unter Beweis zu stellen.
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Soweit die Klägerin sich darauf beruft, das Verwaltungsgericht habe nicht hinreichend aufgeklärt, was die Ursache der Schäden an den Winden sowie am Wohn- und am Mandelwagen gewesen sei, sowie darüber, inwieweit die Reparaturmaßnahmen für die Fortführung des Geschäftsbetriebs erforderlich gewesen seien, fehlt es an der Entscheidungserheblichkeit. Der klägerische Vortrag, die Schäden seien durch die lange Einlagerungsdauer entstanden, wurde vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegt. Auf den Umstand, dass die Maßnahmen für die Fortsetzung des Geschäftsbetriebs notwendig waren, kam es ebenfalls nicht an. Die Ablehnung der Förderung wurde insofern nicht damit begründet, dass es sich um überflüssige Maßnahmen gehandelt habe.
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Hinsichtlich der Feststellung der Verwaltungspraxis der Beklagten fehlt es ebenfalls an der Darlegung der Klägerin, warum sich dem Verwaltungsgericht eine weitere Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen, ohne dass in der mündlichen Verhandlung seitens ihres Bevollmächtigten darauf hingewirkt worden wäre. Soweit die Klägerin der Ansicht ist, die Beklagte habe die tatsächlich ausgeübte Förderpraxis nicht hinreichend dargelegt, ist dies der gerichtlichen Sachverhalts- und Beweiswürdigung zuzuordnen. Diese unterfällt regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem materiellen Recht; dass hier ein Ausnahmefall vorliegen würde, zeigt das Zulassungsvorbringen nicht auf (vgl. BVerwG, B.v. 23.5.2017 – 7 B 17.16 – juris Rn. 6).
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Im Übrigen würde eine Aufklärungsrüge nach § 86 Abs. 1 VwGO unter anderem Darlegungen dazu voraussetzen, welche tatsächlichen Feststellungen bei der Durchführung der vermissten Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer für die Klägerin als Rechtsmittelführerin günstigeren Entscheidung hätte führen können (vgl. etwa BVerwG, B.v. 2.3.2023 – 4 B 16.22 – juris Rn. 7; BayVGH, B.v. 15.12.2022 – 22 ZB 22.1405 – juris Rn. 17). Ausführungen dazu enthält die Begründung des Zulassungsantrags jedoch nicht.
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3.2 Es besteht auch sonst kein aus der Verletzung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) herrührender Verfahrensmangel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO. Ein Gehörsverstoß liegt nicht vor, wenn das Gericht einem Vorbringen nicht folgt, sondern aus Gründen des materiellen Rechts oder des Prozessrechts zu einem anderen Ergebnis gelangt, als es der Beteiligte für richtig hält (vgl. BayVGH, B.v. 14.2.2018 – 2 ZB 16.1842 – juris Rn. 25 m.w.N.).
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3.3 Schließlich macht die Klägerin eine Verletzung der gerichtlichen Hinweispflicht (§ 86 Abs. 3 VwGO) geltend, ohne darzulegen, worin diese bestehen soll. Dabei ist zu berücksichtigen, dass bei anwaltlich vertretenen Beteiligten davon ausgegangen werden kann, dass der Bevollmächtigte mit der Sach- und Rechtslage hinreichend vertraut ist (vgl. BVerwG, B.v. 12.12.2017 – 8 B 16.17 – juris Rn. 10 ff.).
34
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung aus § 47 Abs. 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO. Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig, § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO.