Titel:
Vorläufiger Rechtsschutz gegen eine beschränkte Erlaubnis zur Ertüchtigung einer Hochwasserschutzanlage, Aufhebung der Vollziehung
Normenketten:
VwGO § 80, § 80a
WHG § 67, § 68 Abs. 1
UmwRG § 1, § 2, § 4
Schlagworte:
Vorläufiger Rechtsschutz gegen eine beschränkte Erlaubnis zur Ertüchtigung einer Hochwasserschutzanlage, Aufhebung der Vollziehung
Fundstelle:
BeckRS 2025, 34271
Tenor
I. Die aufschiebende Wirkung der Klage M 31 K 25.4059 der Antragsteller gegen die mit Bescheid vom 30. November 2021 erteilte beschränkte wasserrechtliche Erlaubnis zur Ertüchtigung des vorhandenen Dammbauwerks mit Ausbau auf HQ100 des Klammerweihers durch die Beigeladene wird wiederhergestellt.
II. Der Beigeladenen wird aufgegeben, bis spätestens 31. März 2026 unter Vorlage entsprechender Unterlagen ein Verfahren nach § 68 WHG für die Ertüchtigungsmaßnahmen am Klammerweiher beim Antragsgegner einzuleiten. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
III. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens zu ¾, die Antragsteller tragen sie als Gesamtschuldner zu ¼. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
IV. Der Streitwert wird auf 7.500,- EUR festgesetzt.
Gründe
1
Die Antragsteller begehren die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die der Beigeladenen mit Bescheid vom 30. November 2021 vom Antragsgegner erteilten beschränkten wasserrechtlichen Erlaubnis zur Ertüchtigung des vorhandenen Dammbauwerks mit Ausbau auf HQ100 des Klammerweihers auf dem Grundstück mit der Fl.-Nr. 2* …, Gemarkung und Stadt B** … Der im nördlichen Stadtgebiet der Beigeladenen am Siedlungsrand gelegene Klammerweiher besteht nach Darstellung in den Plan- und behördlichen Unterlagen bereits seit mehr als 100 Jahren. Das Gewässer wurde nach Aktenlage vor dem hier gegenständlichen behördlichen Verfahren wasserrechtlich nie behandelt. Unabhängig von einer hier nicht aktenkundigen Historie dient der Klammerweiher jedenfalls auch dem Hochwasserschutz, indem der in einer Senke gelegene Weiher für ein Einzugsgebiet von etwa 303.000 m² abfließendes Hangwasser insbesondere aus dem nördlich und östlich gelegenen nicht besiedelten Bereich aufnimmt. Ferner wird der Weiher durch einen von Norden kommenden Graben mit Wasser gespeist. Im Süden und südwestlichen Bereich des Weihers in Richtung des besiedelten Stadtgebiets befindet sich ein Erddamm, der in der Vergangenheit bereits mehrfach unkontrolliert überströmt wurde.
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Die Antragsteller sind Miteigentümer der Grundstücke FlNr. 3* … und 4* …, Gemarkung B** …, die südwestlich des Klammerweihers liegen. Die Beigeladene ist Vorhabenträgerin einer – in den Planunterlagen so bezeichneten – Instandsetzung des Klammerweihers, die neben der Ertüchtigung und Sanierung der Hochwasserschutzfunktion wohl auch der (erstmaligen) wasserrechtlichen Behandlung des Gewässers dienen soll. Als konkrete Maßnahmen für die Ertüchtigung sind insbesondere die Herstellung eines neuen Einlaufbauwerks sowie einer Hochwasserentlastung in Form einer abgesenkten Dammscharte an der westlichen Seite des Gewässers inklusive eines Ablaufgerinnes und eines Tosbeckens vorgesehen. Das Tosbecken und damit das Ende des Ablaufgerinnes befindet sich wenige Meter nordöstlich des Grundstücks FlNr. 4* … der Antragsteller.
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Die Maßnahmen wurden mit im Hauptsacheverfahren (M 31 K 25.4059) streitbefangenem Bescheid des Antragsgegners vom 30. November 2021 in Gestalt einer beschränkten, bis zum 30. November 2041 befristeten wasserrechtlichen Erlaubnis gestattet. Als Zweck der Benutzung ist im Bescheid ausgeführt, die erlaubte Gewässerbenutzung diene dem Aufstauen von Wasser zur Herstellung des bereits bestehenden Weihers. Ausgeführt wurden die Maßnahmen seitens der Beigeladenen – soweit aus den Akten überhaupt ersichtlich – offenbar erst Ende 2024 bis Anfang 2025.
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Die Antragsteller haben am 4. Juli 2025 Klage gegen den Bescheid erhoben. Sie rügen eine fehlerhafte Planung sowie eine unzumutbare Beeinträchtigung ihres Grundstücks. Vor den ausgeführten Maßnahmen seien im Hochwasserfall Nachbargrundstücke betroffen gewesen, mit Ausführung der Maßnahmen seien nunmehr die Grundstücke der Antragsteller betroffen. Es bestehe eine Gefährdung von Eigentum sowie Leib und Leben. Der Bescheid verstoße gegen das wasserrechtliche Rücksichtnahmegebot und verletze die Antragsteller in Art. 14 Abs. 1 GG sowie Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG. Geltend gemacht wird ferner ein Aufhebungsanspruch aus § 4 Abs. 1 UmwRG. Insbesondere verkenne der Beklagte die Planfeststellungsbedürftigkeit des Vorhabens.
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Nachdem die Antragsteller am 14. Oktober 2025 im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes die Feststellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage beantragten, ordnete der Antragsgegner mit Bescheid vom 30. Oktober 2025 die sofortige Vollziehung des streitbefangenen Bescheids vom 30. November 2021 an.
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Die Antragsteller beantragen mit Schriftsatz vom 1. Dezember 2025 nunmehr sinngemäß,
- 1.
-
die aufschiebende Wirkung ihrer am 4. Juli 2025 erhobenen Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 30. November 2021 wiederherzustellen und
- 2.
-
die Aufhebung der Vollziehung anzuordnen.
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Der Antragsgegner legt die Behördenakten vor und beantragt,
8
Er verteidigt den streitgegenständlichen Bescheid und verweist maßgeblich darauf, dass es sich bei dem Vorhaben lediglich um die Unterhaltung und Ertüchtigung eines bestehenden Damms gehandelt habe. Die Situation im Fall eines Hochwassers sei verbessert worden, ferner seien die Auswirkungen des Vorhabens örtlich begrenzt und ohne wesentliche Einwirkungen auf Rechte Dritter. Insbesondere eine Neubetroffenheit und Gefahrenlage für die Antragsteller ergebe sich nicht. Auswirkungen im Bereich des Grundstücks der Antragsteller würden von der Beigeladenen zukünftig untersucht. Die Beigeladene sei durch den Antragsgegner aufgefordert worden, Gutachten hierzu erstellen zu lassen. Ferner werde der Antragsgegner Maßnahmen zur Hochwasserentlastung anordnen, sofern die weiteren Untersuchungen ergeben, dass diese nötig seien.
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Die Beigeladene äußert sich nicht zur Sache.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten des Eil- und Hauptsacheverfahrens (M 31 K 25.4059) sowie die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
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A. Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragsteller hat Erfolg. Er ist zulässig und begründet.
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I. Der Antrag ist zulässig.
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Der Antragsgegner hat mit Bescheid vom 30. Oktober 2025 die sofortige Vollziehung der im Bescheid vom 30. November 2021 erteilten beschränkten wasserrechtlichen Erlaubnis (Art. 15 BayWG) zum Aufstauen des Gewässers Klammerweiher auf dem Grundstück FlNr. 2* …, Gemarkung und Stadt B** … angeordnet. Demnach ist der Antrag nach §§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 Satz 1 2. Hs VwGO statthafter Rechtsbehelf.
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Die Antragsteller sind auch antragsbefugt, § 42 Abs. 2 VwGO analog. Sie geben an, durch die in der Hauptsache beklagte beschränkte wasserrechtliche Erlaubnis in ihren Rechten verletzt zu sein. Da sie nicht Adressat des angefochtenen Bescheids sind, setzt dies voraus, dass sie die Verletzung einer Vorschrift geltend machen, die dazu bestimmt ist, sie als Dritten zu schützen. Die Antragsteller berufen sich der Sache nach auf eine Verletzung des in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 13 Abs. 1 WHG verankerten wasserrechtlichen Rücksichtnahmegebots (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 4.4.2022 – 8 CS 21.2389 – juris Rn. 17). Dazu machen sie geltend, als Unterlieger des Dammbaus am Klammweiher von einem Anspringen der damit verbundenen Hochwasserentlastung auf ihren Wohngrundstücken FlNr. 3* … und 4* …, Gemarkung B** … in erheblicher Weise betroffen zu sein. Es ist sonach nicht von vornherein ausgeschlossen, dass der Betrieb der beklagten Hochwasserschutzmaßnahme in qualifizierter und individualisierter Weise gegen Rechte der Antragsteller verstößt.
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II. Der Antrag ist begründet.
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Das Aussetzungsinteresse des Antragstellers überwiegt das Vollziehungsinteresse der Beigeladenen.
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Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach §§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO ergeht die Entscheidung auf der Grundlage einer Abwägung der widerstreitenden Vollzugs- und Aussetzungsinteressen der Beteiligten. Das Gericht trifft dabei eine originäre Interessenabwägung (vgl. BVerwG, B.v. 22.03.2010 – 7 VR 1.10 – juris Rn. 13, BayVGH, B.v. 31.8.2022 – 22 AS 22.40052 – juris Rn. 26). Wird – wie hier – von einem Dritten die einem anderen erteilte und diesen begünstigende Zulassung angegriffen, steht als besonderes Vollzugsinteresse in einem solchen Dreiecksverhältnis nicht das besondere öffentliche Interesse der Verwaltung am Vollzug des Verwaltungsakts im Vordergrund. Vielmehr ist – wie sich dem Wortlaut von § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Alt. 2 VwGO entnehmen lässt – auf das überwiegende Interesse eines Beteiligten abzustellen. Wesentliches Element für die Interessenabwägung ist auch bei tripolaren Rechtsverhältnissen der voraussichtliche Erfolg des Hauptsacheverfahrens (vgl. BVerfG, B. v. 1.10.2008 – 1 BvR 2466/08 – juris Rn. 21; BVerwG. B.v. 19.12.2014 – 7 VR 5/14 – juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 31.8.2022 aaO; B.v. 9.11.2021 – 8 CS 21.2166 – juris Rn. 27). Dem Charakter des Antragsverfahrens entsprechend kann das Gericht seine vorläufige Entscheidung im Regelfall nur auf der Grundlage einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage treffen. Ergibt diese, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon als offensichtlich rechtswidrig, besteht kein Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Kann wegen der besonderen Dringlichkeit oder der Komplexität der Rechtsfragen keine Abschätzung über die Erfolgsaussichten im Sinne einer Evidenzkontrolle getroffen werden, sind allein die einander gegenüberstehenden Interessen unter Berücksichtigung der mit der Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einerseits und deren Ablehnung andererseits verbundenen Folgen zu gewichten (vgl. BVerwG, B. v. 19.12.2014 – 7 VR 5.14 – juris Rn. 9).
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Nach diesen Maßstäben überwiegt das Aussetzungsinteresse des Antragstellers, weil die Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 30. November 2021 bei summarischer Prüfung Erfolg haben wird. Diese ist voraussichtlich zulässig und (jedenfalls ganz überwiegend) begründet.
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Das wasserrechtliche Gestattungsverfahren zur Erteilung der streitbefangenen beschränkten wasserrechtlichen Erlaubnis leidet, da die erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist, an einem absoluten Verfahrensfehler i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. b UmwRG, der – vorbehaltlich § 4 Abs. 1b UmwRG – ohne Weiteres, d.h. unabhängig von den in § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO und Art. 46 BayVwVfG geregelten Voraussetzungen zur Aufhebung der Zulassungsentscheidung führt. Ein solcher Fehler ist erheblich, ohne dass es darauf ankommt, ob die verletzten Verfahrensvorschriften der Gewährleistung eines materiellen subjektiven Rechts dienen und ob die Fehler die Sachentscheidung beeinflusst haben können (BVerwG, U.v. 27.9.2018 – 7 C 24/16 – juris Rn. 36).
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Diese Fehlerfolgenregelung des § 4 Abs. 1 UmwRG gilt nach Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 dieser Vorschrift auch für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 VwGO wie den Antragstellern, wenn diese – wie hier (vgl. oben) – die dafür notwendige Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO innehaben (vgl. BVerwG, B.v. 14.11.2018 – 4 B 12.18 – juris Rn. 4 m.w.N.; BayVGH, B.v. 16.8.2022 – 8 B 22.1073 – juris Rn. 43 f.).
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Die Zulassung der streitgegenständlichen Dammerhöhung des Klammerweihers hätte wegen seiner Funktion als Hochwasserrückhaltebecken nach § 68 WHG der Planfeststellung bedurft. Die in der Hauptsache beklagte Maßnahme steht nach § 67 Abs. 2 Satz 3 WHG einem Gewässerausbau gleich (BayVGH, U.v. 8.10.2025 – 8 A 24.40000 – juris Rn. 19). Die Erhöhung des vorhandenen Dammes zwischen Station 0+015 und 0+080 (vgl. Lageplan zum Antrag, Behördenakte) sowie die Errichtung einer Hochwasserentlastung mit Tosbecken stellen eine wesentliche Umgestaltung des Bestandbauwerks dar, die den Hochwasserabfluss gezielt beeinflusst. Ob diese Beeinflussung positiver oder negativer Natur ist, ist dabei nicht von Bedeutung. Dammbauten beeinflussen den Hochwasserabfluss dann, wenn sie – wie hier – dem Hochwasserschutz dienen, den Hochwasserabfluss hemmen oder ihn beschleunigen (sollen). Gleichermaßen unerheblich ist ferner, ob ein Überschwemmungsgebiet festgesetzt worden ist (vgl. Czychowski/Reinhardt, WHG, 13. Aufl. 2023, § 67 Rn. 43; Lau in: Schink/Fellenberg, GK-WHG, 2021, § 67 Rn. 34 und 37).
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Nach § 9 Abs. 3 und 4, § 7 Abs. 1 UVPG i.V.m. Nr. 13.13 der Anlage 1 zum UVPG war für die mit der angefochtenen beschränkten wasserrechtlichen Erlaubnis zugelassene Dammbaumaßnahme eine allgemeine Vorprüfung zur Feststellung der UVP-Pflicht erforderlich. Eine solche Vorprüfung ist indes vollständig unterblieben und wurde bisher auch nicht nachgeholt.
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Ob dieser absolute Verfahrensfehler in der Hauptsache mit Blick auf § 4 Abs. 1b UmwRG zur Aufhebung der angefochtenen beschränkten wasserrechtlichen Erlaubnis vom 30. November 2021 führt, kann im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes offenbleiben. Auch wenn eine Fehlerbehebung in einem (ergänzenden) Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren in der hier gegebenen Verfahrenskonstellation in Betracht käme, erweist sich der Bescheid vom 30. November 2021 jedenfalls als rechtswidrig und nicht vollziehbar. Bereits damit geht der Erfolg des Antrags nach §§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 Satz 1 Hs. 2 VwGO mit der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage einher.
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Für den weiteren Verfahrensgang weist das Gericht zudem auf Folgendes hin: Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung, wenn sie nicht durch Plan- bzw. Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann (vgl. Art. 75 Abs. 1a Satz 2 Hs. 1 BayVwVfG, § 4 Abs. 1b Satz 2 Nr. 2 UmwRG bzgl. des Gewässerausbaus; § 4 Abs. 1b Satz 1 UmwRG bzgl. der Erlaubnis zur Gewässerbenutzung). Ein ergänzendes Verfahren scheidet dagegen aus, wenn der Verfahrensfehler die Gesamtkonzeption der Planung betrifft, also die Planung von vornherein als Ganzes in Frage gestellt ist (vgl. BVerwG, U.v. 24.5.2018 – 4 C 4.17 – juris Rn. 34 m.w.N. zu § 75 Abs. 1a Satz 2 VwVfG, dem § 4 Abs. 1b Satz 1 UmwRG nachgebildet ist, vgl. BT-Drs. 18/12146 S. 16). Ausgehend davon ist eine UVP(-Vorprüfung) in einem ergänzenden Verfahren grundsätzlich nachholbar (vgl. BVerwG, U.v. 8.1.2014 – 9 A 4.13 – juris Rn. 27; Fellenberg/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 4 UmwRG Rn. 101). Dies gilt selbst dann, wenn das Vorhaben – wie hier – bereits in Betrieb genommen wurde (vgl. BVerwG, U.v. 27.9.2018 – 7 C 24.16 – juris Rn. 41; EuGH, U.v. 26.7.2017 – C-196/16 u.a. – juris Rn. 41 ff.; BayVGH, B.v. 16.8.2022 – 8 B 22.1073 – juris Rn. 52 ff.).
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Nachdem der Antragsgegner und die Beigeladene unter Außerachtlassung von § 67 Abs. 2 Satz 3 WHG das fachplanungsrechtliche Zulassungsregime nach § 68 WHG in Gänze unbeachtet gelassen haben, bestehen – unabhängig von der grundsätzlichen Möglichkeit der Nachholung der UVP-Vorprüfung und deren (zwingend ergebnisoffenem, vgl. Fellenberg/Schiller in Landmann/Rohmer, aaO § 4 UmwRG Rn. 102) Ausgang – mit Blick auf das notwendige Beteiligungsrecht Betroffener nach Art. 69 Satz 1 BayWG i.V.m. Art. 73 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG, das uneingeschränkt auch im Falle einer Plangenehmigung bestünde (Art. 74 Abs. 6 Satz 2 Hs. 2 BayVwVfG), vorliegend nicht unerhebliche Zweifel an der Zulässigkeit eines (lediglich) ergänzenden Verfahrens. Selbst bei einer Nachholung der UVP-Vorprüfung, die zum dem Ergebnis käme, dass eine UVP für das streitige Vorhaben nicht notwendig ist, würde sich die Fehlerkorrektur nicht hierauf beschränken können. Es ist mit Blick auf den rechtsirrig vollständigen Verzicht auf das nach § 68 WHG einschlägige Zulassungsverfahren – namentlich wegen der hier gänzlich unterbliebenen Beteiligung der Öffentlichkeit und der sich daran anschließenden Unmöglichkeit ihrer Einflussnahme auf das weitere Verfahren im Rahmen von Art. 73 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG – wohl nicht ausreichend verlässlich auszuschließen, dass hierdurch die Planung in ihrer Gesamtkonzeption betroffen sein kann. Dies gilt auch vor dem Hintergrund der vom Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung verneinten Frage, ob die Vorschriften über die Durchführung von Planfeststellungsverfahren Dritten unabhängig vom materiellen Recht eine eigene, selbstständig durchsetzbare Rechtsposition auf Durchführung des richtigen Verwaltungsverfahrens als solchem einräumen (vgl. z.B. B.v. 4.4.2012 – 9 B 95.11 – juris Rn. 6 ff.). Denn es dürfte zumindest nach Aktenlage nicht hinreichend klar sein, ob die Planung aufgrund der bisher nicht ausreichend unter Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit bewältigten Frage der Belastung von Anliegern durch mögliche Überflutungsereignisse die fachplanerisch notwendige Abwägung (vgl. statt vieler Kümper in: Schink/Fellenberg, GK-WHG, 2021, § 68 Rn. 65 ff.) insgesamt oder bezogen auf einen abtrennbaren Planungsteil in der notwendigen Ausgewogenheit zu leisten in der Lage sein wird.
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B. Dem Antrag auf Anordnung der Aufhebung der Vollziehung der in der Hauptsache angefochtenen beschränkten wasserrechtlichen Erlaubnis zur Ertüchtigung des vorhandenen Dammbauwerks mit Bescheid vom 30. November 2021 war in Ausübung des gerichtlichen Ermessens nur insoweit nachzukommen, als künftig rechtmäßige Zustände herzustellen und hierbei die Rechte der Antragsteller zu sichern sind.
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Der als Aufhebung der Vollziehung in der Sache beantragte vorläufige Rückbau des Hochwasserentlastungsbauwerks bzw. dessen Außerbetriebsetzung erweist sich nach den im vorläufigen Rechtsschutz anzulegenden Maßstäben als nicht sachgerecht. Die Effektivität des vorläufigen Rechtsschutzes gebietet es jedoch, die Belange der Antragsteller zeitnah in dem hierfür gesetzlich vorgesehenen behördlichen Verfahren nach § 68 WHG zu berücksichtigen.
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I. Nach §§ 80a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO kann das Gericht, wenn der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen ist, die Aufhebung der Vollziehung anordnen.
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1. Diese Befugnis stellt ein Annexverfahren zur gerichtlichen Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Klage dar und setzt mithin – wie hier gegeben – die Aussetzung der Vollziehung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung voraus. Nach zutreffender Auffassung handelt es sich hierbei nicht, wie von Antragstellerseite vorgetragen, um eine gebundene, gleichsam automatische Entscheidung; vielmehr entscheidet das Gericht über den Antrag auf Aufhebung der Vollziehung in entsprechender Anwendung der für seine Entscheidung im Aussetzungsverfahren geltenden Grundsätze. Es hat das öffentliche Interesse – in der Konstellation des § 80a Abs. 3 VwGO gegebenenfalls auch das Interesse des Dritten – an dem Fortbestand des Vollzugs gegen das Interesse des Antragstellers an der Aufhebung der Vollziehung abzuwägen (BayVGH, B.v. 11.12.2020 – 3 CS 20.1407 – juris Rn. 19; zum Ganzen und im Ergebnis ebenso Külpmann, in: Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 8. Aufl. 2025, § 43 Rn. 11; zu den verschiedenen Auffassungen m.w.N. etwa OVG NRW, B.v. 29.9.2021 – 8 B 188/21 – juris Rn. 44 ff.). Selbst wenn im Fall von § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO von einer bloßen Befugnisnorm und damit nicht von einer Eröffnung gerichtlichen Ermessens ausgegangen wird, wird gleichwohl eingeräumt, dass das Gericht dem öffentlichen Interesse am weiteren Bestand des Vollzugs ausnahmsweise den Vorrang einräumen könne (Funke-Kaiser in: Bader, VwGO, 9. Auflage 2025, § 80 Rn. 122). Insofern muss den unterschiedlichen Ansätzen mit Blick auf das Ergebnis nicht nachgegangen werden (so im Übrigen auch OVG NRW, B.v. 29.9.2021 – 8 B 188/21 – juris Rn. 44 ff.).
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2. Dies zugrunde gelegt, erweist sich hier die Aufhebung der Vollziehung im Sinne des beantragten (vorläufigen) Rückbaus der Ertüchtigungsmaßnahmen bzw. dessen vorläufiger Außerbetriebsetzung als nicht sachgerecht. Grundsätzlich wird die aufschiebende Wirkung rückwirkend für den Zeitpunkt herstellt, in dem der Verwaltungsakt erlassen wurde (vgl. SächsOVG, U.v. 12.10.2005 – 5 B 471/04 – juris Rn. 17; grundlegend BVerwG, U.v. 6.7.1973 – IV C 79.69 – juris Rn. 16). Somit verlieren bereits getroffene Vollzugsmaßnahmen nachträglich ihre Rechtsgrundlage und werden rechtswidrig. Im Rahmen der zutreffenden Interessenabwägung spricht daher im Grundsatz Vieles für eine Anordnung nach § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO, wenn das Gericht – wie hier – die aufschiebende Wirkung auf der Grundlage einer Prüfung der Rechtslage ausgesprochen hat, weil es Widerspruch oder Anfechtungsklage offensichtliche Erfolgsaussichten beimisst (Külpmann, in: Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 8. Aufl. 2025, § 43 Rn. 1, 11).
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Dem insoweit letztlich inmitten stehende Rechtsgedanken, wonach ein öffentliches Interesse an dem Fortbestand des Vollzugs bei einem – jedenfalls formell – rechtswidrigen Vorhaben nicht besteht, stehen im vorliegenden Fall indes gewichtige Belange gegenüber. Zunächst ist zu berücksichtigen, dass dem streitgegenständlichen Vorhaben der Ertüchtigung des vorhandenen Dammbauwerks bzw. der Hochwasserentlastungsanlage – nach Aktenlage und soweit im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes zu beurteilen – jedenfalls keine grundsätzlichen Hindernisse, insbesondere solche nach § 68 Abs. 3 Nr. 1 WHG, entgegenstehen und eine fachliche Handlungsnotwendigkeit besteht. Vor dem Hintergrund von § 68 Abs. 3 Nr. 1 WHG ist die von den Antragstellern angeführte Überflutungsgefahr auf ihren Grundstücken voraussichtlich ohne Bedeutung. Ob der Ausbau eines Gewässers die Hochwassergefahr erheblich, dauerhaft und nicht ausgleichbar erhöht, ist nicht für einzelne Grundstücke, sondern bezogen auf den räumlichen Einwirkungsbereich des Vorhabens insgesamt zu beurteilen. Sofern ein dem Hochwasserschutz dienender Gewässerausbau insgesamt zu einer Verringerung der Hochwassergefahr führt, würde eine mit dem Ausbau verbundene lokale Erhöhung der Stau-, Grund- und Druckwassergefahren keine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit darstellen. Derartige Folgeprobleme einer Hochwasserschutzmaßnahme wären im Planfeststellungsverfahren insbesondere durch die Anordnung von Schutzmaßnahmen zu bewältigen (vgl. BayVGH, U.v. 8.10.2025 – 8 A 24.40000 – juris Rn. 37 m.w.N.).
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Zudem erweist sich die wirksame Hochwasservorsorge und konkret das mit dem Vorhaben verfolgte Ziel, bebautes Ortsgebiet der Beigeladenen vor Hochwassergefahren zu schützen (vgl. etwa Gutachten des Wasserwirtschaftsamts im wasserrechtlichen Verfahren vom 3.9.2021, S. 2 f., Behördenakte), als ein maßgebliches Ziel des Wasserhaushaltsgesetzes und des Bayerischen Wassergesetzes (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, §§ 72 ff. WHG, Art. 43 ff. BayWG) und ist wesentlicher Bestandteil des wasserrechtlichen Bewirtschaftungssystems (vgl. aktuell BayVGH, U.v. 8.10.2025 – 8 A 24.40000 – juris Rn. 32). Zudem wurden an dem Dammbauwerk im ursprünglichen Zustand Schadstellen und Wasseraustritte festgestellt, die eine (umgehende) Sanierung erforderlich machten (E-Mail des Wasserwirtschaftsamts vom 19.3.2024, Behördenakte).
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Vor dem Hintergrund dieser fachlichen, tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten erwiese sich ein – auch vorläufiger – Rückbau der Ertüchtigungsmaßnahmen als offensichtlich den überragenden Interessen des Schutzes vor Hochwassergefahren zuwiderlaufend, zumal auch seitens der Antragsteller der Betrieb der Anlage jedenfalls dem Grunde nach nicht infrage gestellt wird (Anlage AST 2, S. 4). Die in der Antragsschrift auch in den Blick genommene „vorläufige Außerbetriebsetzung des Hochwasserentlastungsbauwerks“ dürfte sich ausgehend von den Planunterlagen (Entwurfsplanung S. 13 f., Anlage K 2 bzw. Behördenakte) auf die überlastbare Dammscharte und insbesondere das folgende Gerinne und das Tosbecken beziehen. Auch insoweit gilt, dass die damit wohl verfolgte teilweise Außerbetriebnahme der umgesetzten Hochwasserschutzmaßnahme der Handlungsnotwendigkeit zur Sicherstellung eines funktionierenden Hochwasserschutzes entgegenstehen würde. Nach der gutachtlichen Feststellung des amtlichen Sachverständigen sind die durchgeführten Maßnahmen für einen weiteren Betrieb des Klammerweihers zwingend und für einen Schutz der Unterlieger erforderlich (Gutachten des Wasserwirtschaftsamts im wasserrechtlichen Verfahren vom 3.9.2021, S. 4 f., Behördenakte). Die Kammer verkennt nicht, dass zur Wahrung der Belange der Antragsteller möglicherweise eine im Einzelnen abweichende Plankonzeption des örtlichen Hochwasserschutzes – insgesamt oder bezogen auf einen abtrennbaren Planungsteil – erforderlich sein könnte; hierfür liegen indes – zumal im Rahmen eines Eilverfahrens – keine hinreichenden fachlichen Aussagen vor bzw. ist dies Aufgabe und Gegenstand des noch durchzuführenden Planfeststellungs- bzw. Plangenehmigungsverfahrens. Im Rahmen des hier zu beurteilenden Anspruchs auf Aufhebung der Vollziehung stehen im Zuge der zu treffenden Interessenabwägung dem Rückbau oder der Außerbetriebsetzung der erfolgten Ertüchtigungsmaßnahmen die überragenden Interessen eines insgesamt funktionierenden Hochwasserschutzes entgegen. Mit anderen Worten mögen die getroffenen Maßnahmen zwar derzeit (formell) rechtswidrig und mit Blick auf die Belange der Antragsteller möglicherweise unzureichend oder jedenfalls verfahrensmäßig unzureichend ermittelt und behandelt sein, sie sind indes nach Aktenlage (faktisch) aus Gründen der Gewährleistung des örtlichen Hochwasserschutzes erforderlich.
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2. Auch eine möglicherweise von Seiten der Antragsteller mit ihrem Antrag erstrebte nur teilweise Außerbetriebsetzung der Anlage, etwa nur hinsichtlich der Überlaufschwelle und des Abflusswegs zum Tosbecken, stellt, soweit im Eilverfahren zu beurteilen, nach der Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamts vom 23. Oktober 2025 (Anlage zur Antragserwiderung vom 30.10.2025) keine unter Hochwasserschutzgesichtspunkten tragfähige Option dar. Die Anlagensicherheit des bestehenden Damms wird gerade durch ein unkontrolliertes Überströmen gefährdet bzw. wird der Ausschluss eines Dammversagens gerade durch die Erhöhung der Abflusskapazität und mithin gerade auch durch die vorgesehene Überlaufschwelle sichergestellt (S. 2 f., 4 der vorgenannten Stellungnahme). Zu den fachlichen und technischen Auswirkungen der beantragten Aufhebung der Vollziehung bzw. der (auch nur teilweisen) Außerbetriebsetzung der Anlage äußern sich im Übrigen die von Antragstellerseite vorgelegten fachlichen Stellungnahmen (Anlagen AST 1 und AST 3) nicht. Betrachtet werden darin maßgeblich planerische Defizite und eine fehlende Betroffenheit des Grundstücks der Antragsteller vor dem Ausbau der Maßnahme im Gegensatz zum Zustand nach dem Ausbau, nicht aber die Funktionsfähigkeit des Hochwasserschutzes im räumlichen Einwirkungsbereich des Vorhabens insgesamt (zuletzt ergänzendes Gutachten vom 14.11.2025, Anlage AST 3, S. 7 f.).
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Mit diesen Überlegungen ist in Bezug auf die durch die Antragsteller hervorgehobene und auf ihr Grundstück bezogene Gefahr für Leib und Leben – die im Übrigen von Seiten der wasserwirtschaftlichen Fachbehörde dezidiert nicht gesehen wird, vgl. Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamts vom 23. Oktober 2025 (Anlage zur Antragserwiderung vom 30.10.2025, S. 4) – im Rahmen der gerichtlichen Interessenabwägung auch zu berücksichtigen, dass die durchgeführte Ertüchtigung der Anlage, mag sie auch, wie bereits mehrfach ausgeführt, verfahrensfehlerhaft genehmigt worden sein und möglicherweise berechtigte Belange der Antragsteller nicht ausreichend berücksichtigen, jedenfalls dem allgemeinen Hochwasserschutz und insbesondere dem Schutz des unmittelbar unterhalb des Dammes befindlichen Siedlungsbereichs dienen. Konkret dient die Ertüchtigung der Anlage insbesondere dazu, die Gefahr eines Dammbruchs durch Überströmen zu bannen (zuletzt Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamts vom 23.10.2025, Anlage zur Antragserwiderung vom 30.10.2025, S. 4). Im konkreten Einzelfall überwiegt daher (ausnahmsweise) das öffentliche Interesse an dem Fortbestand des Vollzugs, sodass eine Rückbaumaßnahme oder eine Außerbetriebsetzung auch nur von Teilen der Anlage zurückstehen müssen.
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II. Zur Sicherstellung eines effektiven Rechtsschutzes für die Antragsteller ist indes die Verpflichtung der Beigeladenen auszusprechen, zeitnah das erforderliche, auch die Belange der Antragsteller berücksichtigende behördliche Verfahren zur Ertüchtigung der Anlage Klammerweiher und mithin zur Sicherstellung eines funktionsfähigen, die Belange Dritter berücksichtigenden Hochwasserschutzes nach § 68 WHG einzuleiten.
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Im Rahmen der Entscheidung über die Aufhebung der Vollziehung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO kann das Gericht über die abstrakte Anordnung der Aufhebung der Vollziehung hinausgehen und selbst bestimmen, wie die Vollziehung rückgängig zu machen ist. Zwar sieht § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO dies im Gegensatz zu § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO nicht ausdrücklich vor. Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG gebietet jedoch insoweit eine entsprechende Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO, falls dies zur Effektivität des vorläufigen Rechtsschutzes erforderlich ist (Külpmann, in: Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 8. Aufl. 2025, § 43 Rn. 14; VGH BW, B.v. 22.2.1991 – 14 S 2966/90 – NVwZ-RR 1991, 409; wohl im Ergebnis auch OVG Bremen, B.v. 14.3.1991 – 1 B 14/91 – juris Rn. 14).
38
Nach dem oben Ausgeführten kommt auf Grundlage einer gerichtlichen Interessenabwägung eine Aufhebung der Vollziehung in Gestalt eines (vorläufigen) Rückbaus oder einer Außerbetriebsetzung der Anlage zum Hochwasserschutz im konkreten Fall – auch nur teilweise – nicht in Betracht. Die Belange der Antragsteller sind zunächst im Rahmen des dafür vorgesehenen Planfeststellungs- bzw. Plangenehmigungsverfahrens zu würdigen und zu berücksichtigen. Im vorliegenden Fall besteht die Besonderheit, dass ein solches Verfahren nach § 68 Abs. 1 WHG nicht durchgeführt wurde. Das Gericht berücksichtigt hierbei den in § 80c Abs. 2 Satz 3 VwGO zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken und setzt der Beigeladenen als Vorhabensträgerin – letztlich als Minus zu einer Aufhebung der Vollziehung – eine Frist zur Mangelbehebung und damit Einleitung des hier erforderlichen behördlichen Verfahrens. Die Vorschrift ist vorliegend zwar nicht unmittelbar anwendbar (§ 80c Abs. 1, Abs. 2 Satz 5 VwGO), sie zeichnet aber dennoch einen auch hier nutzbar zu machenden Ansatz des Gesetzgebers zur Bewältigung von formellen und materiellen Mängeln bei der Genehmigung besonders bedeutsamer Infrastrukturvorhaben im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vor.
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Unter Anwendung dieses Rechtsgedankens erscheint eine Frist zur Vorlage eines entsprechenden Antrags von etwas mehr als drei Monaten angemessen, zumal wesentliche Planunterlagen bereits vorhanden sind.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 3, 155 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung nach §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG orientiert sich an Nrn. 51.3, 9.6.1 i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2025.