Titel:
Unzulässige Klage im Wege der Ersatzeinreichung auf Verlängerung der Dienstunfallfürsorge
Normenketten:
BayBeamtVG § 45 Abs. 1, Abs. 2, § 46, § 52
VwGO § 55d, § 57 Abs. 2, § 60 Abs. 1, Abs. 2, § 74 Abs. 1, Abs. 2, § 173 S. 1
ZPO § 222 Abs. 1, § 294
BGB § 188 Abs. 2, § 194
Leitsätze:
1. Nach § 55d S. 1 VwGO sind vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die unter anderem durch einen Rechtsanwalt eingereicht werden, als elektronisches Dokument zu übermitteln. Eine herkömmliche Einreichung etwa auf dem Postweg oder per Fax ist prozessual grundsätzlich unwirksam. Nur dann, wenn eine Übermittlung aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich ist, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig. Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen. Die Einhaltung der Vorschrift ist eine Frage der Zulässigkeit und daher von Amts wegen zu beachten; sie steht nicht zur Disposition der Beteiligten. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
2. Soweit danach eine Ersatzeinreichung zulässig ist, sind die vor-übergehende Unmöglichkeit entweder bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen. Die Glaubhaftmachung der vorübergehenden (technischen) Unmöglichkeit erfordert eine aus sich heraus verständliche, geschlossene Schilderung der tatsächlichen Abläufe oder Umstände, die zur vorübergehenden Unmöglichkeit der elektronischen Übermittlung aus technischen Gründen geführt hat. Sie kann insbesondere durch eine anwaltliche Versicherung der Angaben, dh durch eine anwaltliche Versicherung der Richtigkeit der Angaben unter Bezugnahme auf die Standespflichten, und durch Screenshots, die die Störung belegen würden, oder anderweitige Nachweise für die erfolglosen Versuche erfolgen. Soweit § 55d Satz 4 VwGO eine Glaubhaftmachung zulässt, die unverzüglich nach der Ersatzeinreichung erfolgen kann, ist bei einem Zeitraum von mehr als einer Woche ohne das Vorliegen besonderer Umstände keine Unverzüglichkeit mehr gegeben. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Beamtenrecht, keine formwirksame Klageerhebung, Anforderungen an Glaubhaftmachung, Erfordernis einer unverzüglichen Darlegung, Dienstunfall, Verlängerung, Dienstunfallfürsorge, Anerkennung, Dienstunfallausgleich, MdE weniger als 25 v.H., Unzulässigkeit, Anforderungen, Glaubhaftmachung, Erfordernis, unverzügliche Darlegung, Wiedereinsetzung, Ersatzeinreichung, Fax, elektronisches Dokument, Klagefrist, Unverzüglichkeit
Fundstelle:
BeckRS 2025, 341
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist bezüglich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe de festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Der Kläger begehrt eine Verlängerung der Dienstunfallfürsorge durch den Beklagten.
2
1. Mit Bescheid vom 15. Mai 2020 erkannte das Landesamt für Finanzen einen Unfall des Klägers vom 3. März 2020 als Dienstunfall im Sinne des Art. 46 BayBeamtVG an. Der Kläger habe daher grundsätzlich Anspruch auf Unfallfürsorgeleistungen (Art. 45 Abs. 1 und Abs. 2 BayBeamtVG). Als Dienstunfall Folgen wurden festgestellt: Schnittwunden Hand rechts mit Durchtrennung der Flexor Digitorum Supercialis und Profundus (FDS und FDP) von Digiti 2 und 5 sowie Durchtrennung der radialen Arterie und Nerv Digitus 2 (A2, N2), akute Belastungsreaktion (F43.0) und kleinflächige Abstufungen im Bereich des zentralen Thorax.
3
Durch Bescheid vom 1. Februar 2022 erkannte das Landesamt für Finanzen als weitere Folgen des Dienstunfalls vom 3. März 2020 an: ausgeprägte Funktionsbeeinträchtigung der rechten Hand mit Bewegungseinschränkungen sämtlicher Langfinger unterschiedlicher Ausprägung und funktionell fast vollständige Einsteifung des Mittelgelenkes und des Endgelenkes am rechten Zeigefinger und des Mittelgelenkes am rechten Kleinfinger; zudem narbige Einziehung der rechten Handinnenfläche und am rechten Handgelenk mit auch endgradiger Bewegungseinschränkung des rechten Handgelenkes sowie Hyposensibilität und eingeschränkter 2 Punkte Diskrimination im Narbenbereich am rechten Zeigefinger bei erhaltener Schutzsensibilität sämtlicher Langfinger.
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Durch Bescheid vom 2. Februar 2022 gewährte das Landesamt für Finanzen dem Kläger gemäß Art. 52 BayBeamtVG Unfallausgleich und zwar ab 3. März 2020 in Höhe von monatlich 348,00 EUR, ab 1. Juli 2020 in Höhe von monatlich 360,00 EUR und ab 8. September 2020 in Höhe von monatlich 156,00 EUR (Ziffer 1). Ab 23. September 2021 werde Unfallausgleich nicht mehr gewährt (Ziffer 2). Zur Begründung wurde insbesondere ausgeführt, dass unter Bezugnahme auf eine unfallchirurgisch-orthopädische Begutachtung vom 24. September 2021 ab dem 23. September 2021 kein Unfallausgleich mehr gewährt werden könne, da die dienstunfallbedingte MdE weniger als 25 v.H. betrage. Auf die weitere Begründung des Bescheids wird Bezug genommen.
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Am 2. März 2022 ließ der Kläger durch seine Bevollmächtigten gegen den Bescheid vom 1. Februar 2022 und vom 2. Februar 2022 Widerspruch erheben. Zur Begründung wurde insbesondere vorgetragen, dass der Gutachter in seinem Gutachten vom 24. September 2021 ohne weitere Begründung zu dem Ergebnis komme, dass die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit aktuell nur mit 20% einzuschätzen sei. Es sei unklar, weshalb für die Zeit bis zum Tag der Begutachtung am 23. September 2021 die MdE noch mit 25% bewertet worden sei. Der Gutachter lege nicht offen, aufgrund welcher Tabellenwerte die Beurteilung vorgenommen worden sei. Nach den Erfahrungswerten würden Funktionsstörungen im Bereich der Langfinger und des Daumens mit einer MdE von 10-25 bewertet.
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Mit Schreiben vom 25. Mai 2022 nahm der Bevollmächtigte des Klägers den Widerspruch bezüglich des Bescheids vom 1. Februar 2022 zurück.
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Mit Schreiben vom 29. Dezember 2022 führte der Bevollmächtigte des Klägers aus, dass trotz der bestehenden Beweislastregeln man davon ausgehe, dass hier die Dienstunfallfolgen von Amts wegen zu ermitteln seien, weshalb auch im Auftrag des Beklagten ein unfallchirurgisch-orthopädisches Gutachten bei Herrn … eingeholt worden sei. Es werde erwartet, die Ausführungen des Bevollmächtigten dem Gutachter zur Überprüfung vorzulegen. Seitens des Klägers könnten aktuell keine weiteren Befunde oder gutachterliche Stellungnahmen vorgelegt werden.
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Am 5. Januar 2023 erließ das Landesamt für Finanzen den Widerspruchsbescheid. Der Widerspruch vom 2. März 2022 gegen den Bescheid des Landesamts für Finanzen vom 2. Februar 2022 werde zurückgewiesen (Ziffer 1). Kosten würden für diesen Bescheid nicht erhoben. Der Widerspruchsführer habe seine eigenen Kosten des Verfahrens zu tragen (Ziffer 2). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass ein Anspruch auf Unfallfürsorgeleistungen nur dann bestehe, wenn das Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatsachen (hier: Höhe der unfallbedingten MdE) von den Beamten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bewiesen werde. Es würden die allgemeinen Beweisgrundsätze gelten. Vom Kläger seien keine ärztlichen Nachweise erbracht worden, dass die unfallbedingte MdE des Klägers auch nach dem 22. September 2021 noch mit mindestens 25 v.H. einzuschätzen sei. Es sei weder in der Widerspruchsbegründung noch im ergänzenden Schreiben des Bevollmächtigten vom 29. Dezember 2022 Anhaltspunkte vorgetragen worden, dass die Bewertung durch den Gutachter falsch sei. Eine ergänzende Stellungnahme des Gutachters sei daher nicht erforderlich gewesen.
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Laut Zustellungsurkunde wurde der Bescheid dem Bevollmächtigten des Klägers am 11. Januar 2023 zugestellt.
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2. Hiergegen ließ der Kläger durch seinen Bevollmächtigten am 13. Februar 2023, 18:07 Uhr, per Fax Klage erheben. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger mit seiner Klage weiterhin die Zahlung eines Unfallausgleich aufgrund des erlittenen Messerangriffs während der Ausübung der dienstlichen Tätigkeit begehre. Das vorliegende Gutachten sei nicht verwertbar, da es sich nach den Angaben des Beklagten nach der Versorgung-Medizinverordnung richte. Dies stehe im Widerspruch zu Art. 52 Abs. 2 BayBeamtVG, wonach sich die Minderung der Erwerbsfähigkeit nach der körperlichen Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben beurteile. Die Versorgung-Medizinverordnung erlaube die Feststellung eines GdB nach § 152 SGB IX. Die Feststellung eines GdB sei aber nicht vergleichbar mit einer MdE. Es hätte eine Auseinandersetzung im Widerspruchsverfahren hinsichtlich der vorgenommenen MdE-Einschätzung bedurft. Der Beklagte könne sich nicht darauf zurückziehen, dass es Sache des Klägers sei, hier abweichende gutachterliche Einschätzungen vorzulegen. Auf die weiteren Ausführungen des Bevollmächtigten wird Bezug genommen.
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Der Kläger beantragte,
Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 2. Februar 2022 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 5. Januar 2023 verpflichtet, dem Kläger ein Unfallausgleich auch über den 22. September 2021 hinaus nach einer MdE in Höhe von 25% zu gewähren.
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Per EGVP übersandte der Bevollmächtigte des Klägers am 17. Februar 2023, 13:50 Uhr, zum Nachweis, weshalb die Klage per Ersatzzustellung (vorab per Telefax) und nicht per besonderem elektronischen Anwaltspostfach (per beA) übermittelt habe werden können, die Störberichte vom 13. Februar sowie vom 14. Februar 2023. Auf den Inhalt der Steuerberichte wird Bezug genommen.
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Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und beantragte,
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Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Klage insbesondere unbegründet sei. Die Bewertungen des Gutachters seien nicht zu beanstanden. Dass der Gutachter bis zum Tag vor der Untersuchung des Klägers noch von 25% MdE ausgegangen sei, sei zugunsten des Klägers erfolgt, da der Gutachter am Untersuchungstag selbst nur noch zu einer Beurteilung von 20% MdE gekommen sei. Der Gutachter habe seine Einschätzung aufgrund seiner langjährigen Erfahrung als Arzt und Gutachter treffen können. Medizinisch fundierte Einwendungen gegen das Gutachten seien nicht ersichtlich. Anderweitige ärztliche Einschätzungen gebe es nicht. Es bestehe deshalb kein Grund, von den Feststellungen des vorliegenden Gutachtens abzuweichen. Auch die Einholung eines weiteren Gutachtens sei nicht erforderlich. Auf die weiteren Ausführungen wird Bezug genommen.
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3. Mit Schreiben vom 5. April 2024 forderte das Gericht die Klägerseite auf, zur Einhaltung des § 55d VwGO vorzutragen. Hierauf führten die Bevollmächtigten am 8. Mai 2024 aus, die Klageschrift sei am 13. Februar 2023 bei Gericht eingegangen, was mit gerichtlichem Schreiben vom 16. Februar 2023 mitgeteilt worden sei. Der Widerspruchsbescheid sei am 11. Januar 2023 zugestellt worden, sodass Fristablauf für die Einreichung der Klage am 13. Februar 2023 gewesen sei, der 11. Februar 2023 sei ein Samstag gewesen. Die Klageerhebung per beA sei am 13. Februar 2023 aufgrund einer Störung des Systems nicht möglich gewesen, sodass die Übersendung per Fax erfolgt sei. Dem Gericht seien die Störmeldungen vorgelegt worden. Nach der Störmeldung vom 13. Februar 2023 habe ab 11:30 Uhr eine Störung der Adresssuche bestanden, dies bedeute, dass eine Zieladresse für die Versendung per beA nicht habe eingegeben werden können. Diese Störung sei jedoch nicht um 13:12 Uhr behoben gewesen, wie man dem Störbericht vom 13. Februar 2023 entnehmen könne, sondern habe bis zum 14. Februar 2023 angedauert. In dem Störprotokoll vom 14. Februar 2023 heiße es, dass das voraussichtliche Ende am 13. Februar 2023 um 15:15 Uhr gewesen sein solle. Die Störung habe jedoch tatsächlich bis zum Ende der Arbeitszeit des Unterzeichners gegen 18:00 Uhr angedauert. Dies ergebe sich auch daraus, dass die gleiche Störung am 14. Februar 2023 wieder aufgetreten sei, angeblich seit 10:20 Uhr. Es sei deshalb auch am 14. Februar 2023 eine Versendung per beA nicht möglich gewesen. Das tatsächliche Ende der Störung sei nicht bekannt, aus dem Störprotokoll vom 14. Februar 2023 ergebe sich dies nicht. Es werde versichert, dass am 13. Februar 2023 eine Versendung per beA aufgrund der Störung bei der Adressbuchsuche nicht möglich gewesen sei.
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Durch Schreiben vom 10. Dezember 2024 führte der Bevollmächtigte ergänzend aus, dass es seitens des angefragten beA-Anwendungssupportes bei der Auskunft verbleibe, dass am 13. Februar 2023 von 11:30 bis 15:15 Uhr eine Störung bei der Adressbuchsuche bestanden habe. Danach sollten angeblich keine weiteren Störungen aufgetreten sein, wobei dies nicht den Tatsachen entspreche, da tatsächliche Störungen hier weiter vorgelegen hätten. Nach Auskunft des Anwendersupports sollen die Störung erst am Folgetag gegen 10:20 Uhr, und dann nahezu ganztägig bis 16:00 Uhr weiter bestanden haben. Die Störung habe am 13. Februar 2023 auch über 15:15 Uhr hinaus bestanden, weshalb eine Versendung der Klageschrift per beA innerhalb der Geschäftszeiten des Büros nicht möglich gewesen sei. Es sei deshalb die Entscheidung getroffen worden, eine Ersatzeinreichung per Telefax vorzunehmen. Der Bevollmächtigte gebe hierzu eine eidesstattliche Versicherung ab. Auf diese wird Bezug genommen.
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4. Durch Beschluss vom 7. Mai 2024 wurde der Rechtsstreit dem Berichterstatter zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen. Die Beteiligten haben durch Schreiben vom 27. Dezember 2024 bzw. durch Schreiben vom 3. Januar 2025 übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
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5. Bezüglich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Über das Verfahren konnte ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entschieden werden, weil die Beteiligten hierauf übereinstimmend verzichtet haben, § 101 Abs. 2 VwGO.
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Die Klage hat keinen Erfolg, da sie bereits unzulässig ist. Innerhalb der Klagefrist wurde keine formwirksame Klage erhoben.
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1. Nach § 74 Abs. 2 u. Abs. 1 VwGO ist die Klage innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids zu erheben. Der hier maßgebliche Widerspruchsbescheid wurde dem Bevollmächtigten des Klägers am 11. Januar 2023 zugestellt. Die einmonatige Klagefrist lief nach § 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 1 ZPO, § 188 Abs. 2 BGB, § 193 BGB am Montag, 13. Februar 2023 um 24 Uhr, ab. Der Kläger hat bis zu diesem Zeitpunkt keine formwirksame Klage durch seinen Bevollmächtigten erheben lassen. Die Klageerhebung vom 13. Februar 2023 genügt nicht den Anforderungen des § 55d VwGO.
22
Nach § 55d Satz 1 VwGO sind vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die unter anderem durch einen Rechtsanwalt eingereicht werden, als elektronisches Dokument zu übermitteln. Eine herkömmliche Einreichungetwa auf dem Postweg oder per Faxist prozessual grundsätzlich unwirksam. Nur dann, wenn eine Übermittlung aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich ist, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig (§ 55d Satz 3 VwGO). Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen (§ 55d Satz 4 VwGO). Die Einhaltung der Vorschrift ist eine Frage der Zulässigkeit und daher von Amts wegen zu beachten; sie steht nicht zur Disposition der Beteiligten (BayVGH, B.v. 2.5.2022 – 6 ZB 22.30401 – juris Rn. 2 m.w.N.; BayVGH, B.v. 4.1.2024 – 6 CE 23.1766 – juris). Die Einreichung der Klageschrift am 13. Februar 2023 mittels Fax um 18:07 Uhr genügt den Anforderungen des § 55d Satz 1 VwGO nicht.
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Zugleich hat der Bevollmächtigte auch nicht die Maßgaben des § 55d Satz 3 und Satz 4 VwGO eingehalten. Soweit danach eine Ersatzeinreichung – bspw. per Fax zulässig ist – sind die vor-übergehende Unmöglichkeit entweder bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen. Die Glaubhaftmachung (§ 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 294 ZPO) der vor-übergehenden (technischen) Unmöglichkeit erfordert eine aus sich heraus verständliche, geschlossene Schilderung der tatsächlichen Abläufe oder Umstände, die zur vorübergehenden Unmöglichkeit der elektronischen Übermittlung aus technischen Gründen geführt hat (BayVGH, B.v. 20.1.2023 – 8 CS 22.2562 – juris Rn. 15; VGH BW, B.v. 5.12.2023 – A 12 S 1719/23 – juris Rn. 4 m w. N.; vgl. ferner BGH, B.v. 21.09.2022 – XII ZB 264/22 – juris Rn. 15; SächsOVG, B.v. vom 10.1.2023 – 4 B 260/22 – juris Rn. 23). Sie kann insbesondere durch eine anwaltliche Versicherung der Angaben, d. h. durch eine anwaltliche Versicherung der Richtigkeit der Angaben unter Bezugnahme auf die Standespflichten (vgl. dazu BayVGH, B.v. 2.05.2022 – 6 ZB 22.30401 – juris Rn. 7; SächsOVG, B.v. 10.01.2023 – 4 B 260/22 – juris Ls. und Rn. 23; vgl. auch BGH, B.v. 05.07.2017 – ZB 463/16 – juris Rn. 14), und durch Screenshots, die die Störung belegen würden (vgl. BayVGH, B.v. 8.06.2022 – 1 ZB 22.30532 – juris Rn. 3), oder anderweitige Nachweise für die erfolglosen Versuche (vgl. dazu OVG NRW, B.v. 20.10.2023 – 1 B 943/23 – juris Rn. 4) erfolgen. Soweit § 55d Satz 4 VwGO eine Glaubhaftmachung zulässt, die unverzüglich nach der Ersatzeinreichung erfolgen kann, ist – unabhängig von der Frage, ob die Glaubhaftmachung zusammen mit der Ersatzeinreichung grundsätzlich vorrangig vor einer nachträglichen Glaubhaftmachung zu erfolgen hat – bei einem Zeitraum von mehr als einer Woche ohne das Vorliegen besonderer Umstände keine Unverzüglichkeit mehr gegeben (vgl. VGH BW, B.v. 5.12.2023 – A 12 S 1719/23 – juris Rn. 4 m. w. N.; VGH BW, B.v. 18.6.2024 – 14 S 761/24 – juris Rn. 3).
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Im Zusammenhang mit der Ersatzeinreichung am 13. Februar 2023 sind keine Ausführungen zur Glaubhaftmachung nach § 55d Satz 4 VwGO erfolgt. Der Schriftsatz des Bevollmächtigten vom 17. Februar 2022, übermittelt per beA, genügte ebenfalls nicht zur Glaubhaftmachung der Voraussetzungen des § 55d Satz 3 VwGO, weil er keine aus sich verständliche Schilderung der Umstände, die zu einer Glaubhaftmachung der Unmöglichkeit führen könnten, enthielt und nicht schlüssig war. Der Schriftsatz beschränkte sich auf die Übersendung von zwei Störberichten zum 13. und 14. Februar 2023 und der Angabe, dass die Klage aus diesem Grund nicht über das beA übersandt habe werden können. Aus den Störberichten ergab sich für den 13. Februar 2023 eine Störung bei der Adressbuchsuche von 11:30 Uhr bis 15:15 Uhr. Danach wäre eine Übermittlung der Klageschrift während der normalen Büroöffnungszeiten aber möglich gewesen. Aussagen zu einer Störung über den in den Störberichten belegten Zeitraum hinaus beinhaltete er nicht.
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Weitere Ausführungen des Bevollmächtigten zu den Umständen Ersatzeinreichung, wonach die Störung auch darüber hinaus bestanden habe und man aus diesem Grund nach 18 Uhr entschieden habe, die Klage per Fax einzureichen, erfolgten erst auf gerichtliche Aufforderung per Anwaltsschriftsatz am 8. Mai 2024 und ergänzend am 10. Dezember 2024. Dies war aber nicht mehr unverzüglich im Sinne des § 55d Satz 4 VwGO.
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2. Gleichfalls kam keine Wiedereinsetzung nach § 60 Abs. 1 u. Abs. 2 VwGO nicht in Betracht. Die Klägerseite hat insoweit keine Umstände vorgetragen, die zur Annahme eines fehlenden Verschuldens Veranlassung geben könnten. Insbesondere ist auch kein vorheriger Hinweis des Gerichts auf die Anforderungen des § 55d Satz 4 VwGO geboten. Die Anforderungen ergeben sich vielmehr unmittelbar aus dem Gesetz (vgl. BGH, B.v. 10.1.2024 – AnwZ (Brfg) 15/23 – juris Rn. 17).
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO und der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.