Titel:
Kostenerhebung für Vollverpflegung gegenüber ukrainischen Kriegsflüchtlingen im SGB-II-Bezug
Normenketten:
DVAsyl § 4, § 5, § 22, § 24
RBEG § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1
AufnG Art. 1 Abs. 1
AsylbLG § 1 Abs. 1 Nr. 8, Abs. 3a
SGB II § 20 Abs. 1 S. 1, § 34, § 103 Abs. 1
BayKG Art. 13, Art. 21 Abs. 4 S. 3
Leitsätze:
1. Die vom BayVGH aufgestellten Grundsätze zur nachträglichen Gebührenerhebung für Unterkunftskosten gegenüber anerkannten, mittellosen Flüchtlingen (B.v. 10.7.2023 – 12 C 23.30311 –) sind bei einer vergleichbaren Lage auch auf die Kostenerhebung von Verpflegungskosten für ukrainische Kriegsflüchtlinge übertragbar. (Rn. 58 – 59)
2. Eine Anwendbarkeit dieser Grundsätze scheidet jedoch aus, sofern die den anerkannten, mittellosen Flüchtlingen gleichgestellten ukrainischen Kriegsflüchtlinge von einem Sozialleistungsträger vorab SGB-II-Leistungen für Ernährung erhalten haben und damit vor Kostenfestsetzung gewährleistet ist, dass diese gegenüber dem Freistaat durch bloße Weitergabe der Leistungen Schuldbefreiung erhalten können. (Rn. 60 – 62)
3. Eine Berücksichtigung der Einrede der faktisch bestehenden Existenzbedrohung bereits auf Ebene der Kostenerhebung scheidet im Übrigen aus, sofern sich der Untergebrachte durch sozialwidrigen (§ 34 Abs. 2 SGB II) Verbrauch der SGB-II-Leistungen selbst in die existenzbedrohende Lage gebracht hat. (Rn. 64 – 66)
4. Weder das Sozialstaatsgebot noch das Recht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums sichern dem zur Vermeidung von Obdachlosigkeit Untergebrachten zu, dass er sich über die Organisation einer Gemeinschaftsunterkunft hinweg i. S. eines „Rosinenpickens“ die zur Verfügung gestellten Leistungen des Staates i.S. seiner Fürsorgepflicht nach seinem persönlichen Belieben modifizieren kann. (Rn. 50 und 67)
Schlagworte:
Kostenerhebung für Vollverpflegung gegenüber ukrainischen Kriegsflüchtlingen im SGB-II-Bezug, Anwendbarkeit der vom BayVGH für Unterkunftskosten ergangenen Rechtsprechung (hier verneint), Berücksichtigung der faktischen Existenzbedrohung im Erhebungsverfahren (hier verneint), Benutzungsgebühren, Aufenthaltstitel, Grundsicherung, Kosten der Unterkunft, Gemeinschaftsunterkunft, Existenzminimum, Sozialstaatsgebot, Vollverpflegung, Festsetzungsfrist, existenzbedrohende Lage, sozialwidriges Verhalten
Fundstellen:
FDSozVR 2025, 028848
BeckRS 2025, 28848
Tenor
1. Die Verfahren werden eingestellt, soweit sie die in den Bescheiden vom 30. November 2023, vom 4. Dezember 2023, vom 15. März 2024, vom 12. April 2024, vom 9. Mai 2024, vom 10. Juni 2024 sowie vom 12. Juli 2024 gegenüber den Klägerinnen festgesetzten Unterkunftsgebühren für die Abrechnungszeiträume Juli 2022 bis Juni 2024 betreffen.
2. Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen.
3. Von den Kosten der gerichtskostenfreien Verfahren tragen die Klägerinnen 3/4 und der Beklagte 1/4.
4. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit von Kostenfestsetzungsbescheiden der Regierung von Unterfranken, Zentrale Gebührenabrechnungsstelle Bayern (zGAST), vom 30. November 2023 (AN 4 K 23.2631), 4. Dezember 2023 (AN 4 K 25.2511), 15. März 2024 (AN 4 K 25.2512), 12. April 2024 (AN 4 K 25.2513), 9. Mai 2024 (AN 4 K 24.1056), 10. Juni 2024 (AN 4 K 25.2514) sowie 12. Juli 2024 (AN 4 K 24.1938), worin für die Zeit von Juli 2022 bis Juni 2024 von den Klägerinnen ursprünglich Benutzungsgebühren für die Inanspruchnahme einer staatlichen Unterkunft sowie Verpflegungskosten i.H.v. insgesamt 9.356,84 EUR gefordert wurden.
2
1. Die Klägerinnen sind ukrainische Staatsangehörige. Bei der Klägerin zu 1) handelt es sich um eine ausgebildete Buchhalterin mit zusätzlichem Betriebswirt im kaufmännisch-technischen Bereich (Bl. 23 BA zu AN 4 K 23.2631). Die Klägerin zu 2) ist die minderjährige Tochter der Klägerin zu 1). Sie reisten aufgrund des Kriegsgeschehens in der Ukraine am 7. März 2022 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Die erkennungsdienstliche Behandlung sowie Speicherung der Daten im AZR erfolgte am 25. April 2022. Am 4. Juni 2022 wurde den Klägerinnen eine Fiktionsbescheinigung ausgestellt. Der ab 7. März 2022 gültige Aufenthaltstitel, eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG), wurde erst nach Ausstellung der Fiktionsbescheinigung erteilt. Unstreitig wohnten die Klägerinnen zwischen Juli 2022 und Juni 2024 ununterbrochen in einer staatlichen Gemeinschaftsunterkunft.
3
2. Mit – in der Adresszeile stets an die Klägerin zu 1) adressierten (vgl. beispielhaft Bl. 56 GA zu AN 4 K 23.2631) – Bescheiden vom 30. November 2023, 4. Dezember 2023, 15. März 2024, 12. April 2024, 9. Mai 2024, 10. Juni 2024 sowie 12. Juli 2024 verpflichtete der Beklagte die Klägerinnen zur Zahlung von Kosten, die der folgenden Tabelle entnommen werden können:
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Abrechnungsmonat
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Bescheiddatum
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Unterkunftsgebühren der Kl. zu 1)
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Verpflegungsgebühren der Kl. zu 1)
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Unterkunftsgebühren der Kl. zu 2)
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Verpflegungsgebühren der Kl. zu 2)
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BA zu AN 4 K 23.2631
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07/2022
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30.11.23
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79,00 EUR
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150,93 EUR
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…
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118,02 EUR
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Bl. 38 ff.
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08/2022
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30.11.23
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79,00 EUR
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150,93 EUR
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…
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118,02 EUR
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Bl. 129 ff.
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09/2022
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30.11.23
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79,00 EUR
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150,93 EUR
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…
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118,02 EUR
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Bl. 136 ff.
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10/2022
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30.11.23
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79,00 EUR
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150,93 EUR
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…
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118,02 EUR
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Bl. 143 ff.
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11/2022
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30.11.23
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79,00 EUR
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150,93 EUR
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…
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118,02 EUR
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Bl. 45 ff.
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12/2023
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30.11.23
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79,00 EUR
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150,93 EUR
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…
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118,02 EUR
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Bl. 52 ff.
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01/2023
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30.11.23
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79,00 EUR
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150,93 EUR
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…
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118,02 EUR
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Bl. 59 ff.
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02/2023
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30.11.23
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79,00 EUR
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150,93 EUR
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…
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118,02 EUR
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Bl. 66 ff.
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03/2023
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30.11.23
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79,00 EUR
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150,93 EUR
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…
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118,02 EUR
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Bl. 73 ff.
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04/2023
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30.11.23
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79,00 EUR
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150,93 EUR
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…
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118,02 EUR
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Bl. 80 ff.
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05/2023
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30.11.23
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79,00 EUR
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150,93 EUR
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…
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160,38 EUR
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Bl. 87 ff.
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06/2023
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30.11.23
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79,00 EUR
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150,93 EUR
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…
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160,38 EUR
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Bl. 94 ff.
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07/2023
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30.11.23
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79,00 EUR
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150,93 EUR
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…
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160,38 EUR
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Bl. 101 ff.
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08/2023
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30.11.23
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79,00 EUR
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150,93 EUR
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…
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160,38 EUR
|
Bl. 108 ff.
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09/2023
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30.11.23
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79,00 EUR
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150,93 EUR
|
…
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160,38 EUR
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Bl. 115 ff.
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10/2023
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30.11.23
|
79,00 EUR
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150,93 EUR
|
…
|
160,38 EUR
|
Bl. 122 ff.
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11/2023
|
04.12.23
|
79,00 EUR
|
150,93 EUR
|
…
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160,38 EUR
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Bl. 151 ff.
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12/2023
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15.03.24
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86,00 EUR
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150,93 EUR
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52,00 EUR
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160,38 EUR
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Bl. 249 ff.
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01/2024
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15.03.24
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86,00 EUR
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150,93 EUR
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52,00 EUR
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160,38 EUR
|
Bl. 249 ff.
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02/2024
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15.03.24
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86,00 EUR
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150,93 EUR
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52,00 EUR
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160,38 EUR
|
Bl. 249 ff.
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03/2024
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12.04.24
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86,00 EUR
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150,93 EUR
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52,00 EUR
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160,38 EUR
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Bl. 320 ff.
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04/2024
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09.05.24
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86,00 EUR
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150,93 EUR
|
52,00 EUR
|
160,38 EUR
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Bl. 332 ff.
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05/2024
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10.06.24
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86,00 EUR
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150,93 EUR
|
52,00 EUR
|
160,38 EUR
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Bl. 389 ff.
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06/2024
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12.07.24
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86,00 EUR
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150,93 EUR
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52,00 EUR
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160,38 EUR
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Bl. 450 ff.
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4
In den Gründen der Bescheide wird im Wesentlichen ausgeführt, die Kostenpflicht ergebe sich aus Art. 21 des Kostengesetzes (KG) i.V.m. §§ 22 ff. der Asyldurchführungsverordnung (DVAsyl). Gemäß § 22 DVAsyl würden für die Inanspruchnahme von staatlichen Einrichtungen sowie anderer gewährter Sachleistungen Kosten erhoben. Die verpflichteten Personen seien zur Entrichtung der Kosten verpflichtet, da sie die genannten Leistungen in Anspruch genommen hätten und nicht zum Kreis der nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) leistungsberechtigten Personen gehörten. Die Kostenschuld entstehe mit dem Tag des Einzugs in die Einrichtung und ende mit Beendigung des Nutzungsverhältnisses, § 27 Abs. 1 DVAsyl. Für die Inanspruchnahme einer staatlichen Einrichtung gemäß §§ 4 und 5 DVAsyl einschließlich Heizung, Haushaltsenergie und sonstiger Betriebskosten würden Benutzungsgebühren nach § 23 Abs. 1 DVAsyl pro volljähriger Person und Kalendermonat für ein Mehrbettzimmer mit bis zur vier Betten i.H.v. 79,00 EUR (in der Fassung bis zum 30. November 2023) bzw. 86,00 EUR (in der Fassung ab dem 1. Dezember 2023) erhoben, wobei hierin ein Anteil von 20,00 EUR für die Haushaltsenergie enthalten sei. Bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres seien Personen gemäß § 23 Abs. 2 Satz 2 DVAsyl (in der Fassung bis zum 30. November 2023) von der Entrichtung von Benutzungsgebühren für die Inanspruchnahme einer staatlichen Einrichtung gemäß §§ 4 und 5 DVAsyl befreit. In der Fassung ab dem 1. Dezember 2023 betrage die Benutzungsgebühr pro minderjähriger Person und Kalendermonat für ein Mehrbettzimmer mit bis zu vier Betten 52,00 EUR. Darin enthalten seien 10,00 EUR für die Haushaltsenergie. Die Höhe der von den oben genannten Personen zu entrichtenden Benutzungsgebühren sei dem angefügten Berechnungsblatt zu entnehmen. Die Höhe der Auslagen für die Verpflegung richte sich nach § 24 DVAsyl. Die Auslagen würden demnach entsprechend dem für die Unterkunft zugrundeliegenden Vertrag zur Sicherstellung der Verpflegung, pro Monat maximal bis zur Höhe der jeweiligen Beträge für den Bereich Nahrungsmittel und Getränke der Abteilung 1 und 2 der §§ 5 Abs. 1 und 6 Abs. 1 des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes (RBEG), geltend gemacht. Die Höhe der zu entrichtenden Auslagen sei ebenfalls dem beigefügten Berechnungsblatt zu entnehmen.
5
Den Bescheiden wurde jeweils ein entsprechendes Berechnungsblatt beigefügt.
6
Zwischenzeitlich wurden vom zuständigen Jobcenter die vollständigen Unterkunftsgebühren betreffend die Klägerinnen i.H.v. 2.309,00 EUR bezahlt.
7
3. Die Klägerin zu 1) hat am 21. Dezember 2023 gegen die Bescheide vom 30. November 2023 sowie vom 4. Dezember 2023 persönlich, am 4. April 2024 gegen den Bescheid vom 15. März 2024, am 14. Mai 2024 gegen den Bescheid vom 12. April 2024, am 21. Mai 2024 gegen den Bescheid vom 9. Mai 2024, am 24. Juni 2024 gegen den Bescheid vom 10. Juni 2024, sowie am 29. Juli 2024 gegen den Bescheid vom 12. Juli 2024 mittels Prozessbevollmächtigtem Klagen erhoben.
8
Für die persönliche Klageerhebung am 21. Dezember 2023 nutzte die Klägerin zu 1) einen nicht näher konkretisierten Vordruck, der auch die Klage als gesetzliche Vertreterin ermöglicht hätte (Bl. 1 GA zu AN 4 K 23.2631), wovon die Klägerin zu 1) jedoch keinen Gebrauch gemacht hat. Die Klage richtete sich ausweislich des Vordrucks gegen den Kostenbescheid vom 30. November 2023 für die Abrechnungen von Juli 2022 bis November 2023 (Bl. 2 GA zu AN 4 K 23.2631). Im Zuge der persönlichen Klagebegründung benannte die Klägerin zu 1) für den Zeitraum Juli 2022 bis Oktober 2023 Gesamtkosten i.H.v. 5.821,35 EUR und für den Zeitraum November 2023 Gesamtkosten i.H.v. 390,31 EUR (Bl. 14 GA zu AN 4 K 23.2631).
9
Der Prozessbevollmächtige der Klägerinnen erhob die Klagen stets im Namen der Klägerin zu 1) und beantragte zunächst stets die Aufhebung der streitgegenständlichen Bescheide. Eine weitere Beschränkung des Klagebegehrens wird nicht vorgenommen (vgl. beispielhaft Bl. 50 GA zu AN 4 K 23.2631).
10
Mit Schriftsatz vom 10. September 2025 erklärte der Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen den Rechtsstreit hinsichtlich der durch das Jobcenter übernommenen Unterkunftsgebühren i.H.v. 2.309,00 EUR für erledigt (Bl. 208 f. GA zu AN 4 K 23.2631). Mit Schriftsatz vom 9. Januar 2025 erklärte der Beklagte bereits vorab die Zustimmung zu einer etwaigen Erledigungserklärung im Hinblick auf die Unterkunftsgebühren für den Abrechnungszeitraum Juli 2022 bis Juni 2024 (Bl. 164 GA zu AN 4 K 23.2631).
11
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen beantragt letztlich:
Die Bescheide vom 30. November 2023, vom 4. Dezember 2023, vom 15. März 2024, vom 12. April 2024, vom 9. Mai 2024 vom 10. Juni 2024 sowie vom 12. Juli 2024 werden aufgehoben, soweit sie die gegenüber den Klägerinnen festgesetzten Verpflegungskosten betreffen.
12
Die Klägerin zu 1) vertritt mit am 21. Dezember 2023 bei Gericht eingegangenem Schreiben (Bl. 1 ff. GA zu AN 4 K 23.2631) zunächst persönlich die Auffassung, dass sie mit dem in Rechnung gestellten Betrag für die Verpflegung im Zeitraum Juli 2022 bis November 2023 nicht einverstanden sei. Sie sei über die Kosten der Verpflegung nicht informiert worden, insbesondere sei ihnen der Berechnungsvertrag nicht zur Verfügung gestellt worden (Bl. 3 GA zu AN 4 K 23.2631). Beigefügt wurde ferner ein an die Regierung von Unterfranken adressierter Antrag auf Einstellung der Verpflegung. Gegenüber der Regierung vertritt die Klägerin zu 1) die Auffassung, dass die bereitgestellten Mahlzeiten nicht den vertraglich festgelegten Standardnormen des § 24 DVAsyl entsprochen hätten. Die auf diese Rechtsgrundlage gestützten Entscheidungen seien daher mangels Rechtsgrundlage rechtswidrig (Bl. 6 GA zu AN 4 K 23.2631).
13
Mit am 19. Januar 2024 eingegangenem Schreiben nahm die Klägerin zu 1) persönlich ergänzend Stellung (Bl. 14 ff. GA zu AN 4 K 23.2631). Die Klägerin zu 1) habe von der Regierung von Unterfranken am 6. Dezember 2023 Rechnungen für den Abrechnungszeitraum Juli 2022 bis Oktober 2023 i.H.v. 5.821,35 EUR sowie am 7. Dezember 2023 eine Rechnung für den Abrechnungszeitraum November 2023 i.H.v. 390,31 EUR erhalten. Nicht nur habe sie den Vertrag zur Berechnung nicht einsehen können, sie habe diesen auch nicht unterzeichnet. Die Klägerin zu 1) sei vorübergehend arbeitslos und habe kein anderes Einkommen als die Beihilfe des Arbeitsamtes. Es sei nicht nachvollziehbar, wieso die Klägerinnen seitens der Leitung, des Mieters oder des Vermieters in der gesamten Zeit nicht über die Kostenpflicht informiert worden seien. Es sei ferner nicht nachvollziehbar, auf welcher Grundlage die Forderungen gestellt worden seien. Am 22. Dezember 2023 sowie am 27. Dezember 2023 hätten sie einen Antrag auf Einstellung der Verpflegung zum 1. Januar 2024 gestellt, über den noch nicht entschieden worden sei. Auf einen Brief an das Landratsamt … hin habe die Klägerin zu 1) die Antwort erhalten, dass es nicht möglich sei, in der Unterkunft selbständig zu kochen, da keine Kochgelegenheiten zur Verfügung stünden. Am 16. Januar 2024 hätten die ukrainischen Bewohner der Gemeinschaftsunterkunft das Landratsamt erneut per Sammelbrief darum gebeten, keine Speisen zu bestellen, die sie nicht essen wollten. Ferner sei auch das Verfallsdatum der Produkte nicht bekannt. Nachdem die Klägerin zu 1) mit den Lebensmitteln nicht zufrieden gewesen sei, habe sie von ihrem Arbeitslosengeld eigene Lebensmittel für die Familie gekauft.
14
Nach zwischenzeitlicher Anzeige des Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen nahm dieser mit Schriftsatz vom 4. April 2024 ergänzend Stellung (Bl. 50 ff. GA zu AN 4 K 23.2631).
15
Die Klägerin zu 1) habe vom Beklagten keine Verpflegung erhalten, weil sie selbst für die Mahlzeiten aufgekommen sei. Sie habe die Verpflegung abgelehnt, weil zu wenig Lebensmittel bereitgestellt worden seien und das Essen schlechte Qualität gehabt habe. Der Beklagte habe die Klägerin zu 1) nicht darüber belehrt, dass ein Nutzungsverhältnis entstehe und dass für die (nicht in Anspruch genommene) Verpflegung Auslagen anfielen.
16
Abzustellen sei auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (§ 77 Asylgesetz (AsylG)). § 77 AsylG sei hier anwendbar, weil die DVAsyl eine Verordnung i.S.d. § 50 Abs. 2 AsylG sei. Die angefochtenen Bescheide des Beklagten seien rechtswidrig. Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des § 22 Abs. 1 DVAsyl lägen nicht vor. Kostenschuldner, die dem Personenkreis des Art. 1 Abs. 1 des Aufnahmegesetzes (AufnG) zuzurechnen seien, seien von der Erhebung von Kosten befreit, es sei denn, sie erfüllten die Voraussetzungen des § 2 AsylbLG und würden über Einkommen und/oder Vermögen verfügen. Die Klägerin zu 1) sei dem Personenkreis des Art. 1 Abs. 1 AufnG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 8 AsylbLG zuzurechnen. Die Gebührenhöhe sei jedenfalls nicht rechtmäßig. Die Auslagen für die Vollverpflegung dürften nicht in Rechnung gestellt werden, weil die Klägerin zu 1) die Vollverpflegung abgelehnt und nicht in Anspruch genommen habe. Der Beklagte sei nicht berechtigt, die Vollverpflegung aufzuzwingen, nachdem die Klägerin zu 1) diese abgelehnt habe. Die Gebührenfestsetzung sei rechtswidrig, weil die Klägerin zu 1) über die Folgen des Nutzungsverhältnisses nicht belehrt worden sei. Weiter sei zu beanstanden, dass der Beklagte die Gebühr erst gut ein Jahr nach der Nutzung erhoben habe.
17
§ 22 Abs. 1 DVAsyl sei im vorliegenden Fall nicht anwendbar, weil die Norm gegen Art. 13 der Massenzustrom-RL 2001/55/EG verstoße. Die Mitgliedstaaten würden hiernach dafür Sorge tragen, dass die Personen, die vorübergehenden Schutz genössen, die notwendige Hilfe in Form von Sozialleistungen und Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sowie im Hinblick auf die medizinische Versorgung erhielten, sofern sie nicht über ausreichende Mittel verfügten. Hieraus gehe eindeutig hervor, dass die Mitgliedstaaten nicht berechtigt seien, Benutzungsgebühren für die Inanspruchnahme staatlicher Unterkünfte und für die Verpflegungen zu erheben, insbesondere wenn die betroffene Person mittellos sei. Die Richtlinie enthalte keine mit dem Art. 17 Abs. 4 der Asylaufnahmerichtlinie 2013/33/EU vergleichbare Regelung, nach der die Mitgliedstaaten von den Antragstellern verlangen könnten, dass sie für die Kosten der im Rahmen der Aufnahme vorgesehenen materiellen Leistungen sowie der medizinischen Versorgung ganz oder teilweise aufkämen. Darüber hinaus sei es ungerecht und stelle aus der Sicht der Richtlinie einen Verstoß gegen die Gleichbehandlung dar, wenn der Mitgliedsstaat einem ukrainischen Staatsangehörigen die notwendige Hilfe in Form von Sozialleistungen und Unterkunft (Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II)) gewähre und keine Gebühren dafür erhebe, während die andere Person, die keine Wohnung gefunden habe, für die Unterkunft und Verpflegung aufkommen müsse. Zur Klärung dieser Frage werde angeregt, ein Vorabentscheidungsverfahren gem. Art. 267 AEUV einzuleiten. Nationales Recht müsse im Zweifel richtlinienkonform ausgelegt werden. Die Klägerinnen könnten sich auf die RL 2001/55/EG berufen. Die Rechtsgrundlage für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis sei § 24 AufenthG i.V.m. dem Beschluss (EU) 2022/382. Nach dieser Vorschrift werde einem Ausländer, dem aufgrund eines Beschlusses des Rates der Europäischen Union gemäß der RL 2001/55/EG vorübergehender Schutz gewährt werde und der seine Bereitschaft erklärt habe, im Bundesgebiet aufgenommen zu werden, für die nach den Art. 4 und 6 der RL 2001/55/EG bemessene Dauer des vorübergehenden Schutzes eine Aufenthaltserlaubnis erteilt.
18
4. Der Beklagte beantragt in sämtlichen Verfahren
19
Zur Begründung wird mit Schriftsatz vom 9. Januar 2025 (vgl. Bl. 157 ff. GA zu AN 4 K 23.2631) vorgetragen, dass die Klagen im Hinblick auf die festgesetzten Unterkunftsgebühren für die Abrechnungsmonate Juli 2022 bis Juni 2024 mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig und im Übrigen auch unbegründet seien. Vorab werde darauf hingewiesen, dass ausweislich der Klageschriften und Klagebegründung lediglich … Klage erhoben habe. Die streitgegenständlichen Bescheide hätten jedoch teilweise mit der Verpflichtung zur Zahlung von Unterkunfts- und Verpflegungskosten auch jeweils einen eigenständigen Verwaltungsakt, der an das minderjährige Kind … adressiert sei, enthalten. Eine Vertretung des Kindes sei den Klageschriften nicht zu entnehmen. Soweit die Bescheide daher die Verpflichtung zur Zahlung von Verpflegungssowie Unterkunftsgebühren hinsichtlich des Kindes … regelten, seien diese nicht streitgegenständlich. Die Bescheide seien insoweit bestandskräftig geworden.
20
Die Bescheide seien rechtmäßig. Die Klägerinnen seien nicht von der Erhebung von Kosten befreit gewesen, insbesondere nicht gemäß § 22 Abs. 2 DVAsyl. Die Klägerinnen seien nicht dem Personenkreis des Art. 1 Abs. 1 AufnG zuzurechnen. Die Klägerinnen seien im streitgegenständlichen Zeitraum nicht leistungsberechtigt nach dem AsylbLG gewesen. Eine Leistungsberechtigung nach dem AsylbLG ergebe sich weder aus § 1 Abs. 1 Nr. 8 noch aus § 1 Abs. 3a AsylbLG. Soweit der Bevollmächtigte von einer Leistungsberechtigung nach dem AsylbLG im streitgegenständlichen Zeitraum ausgehe und hierbei auf § 1 Abs. 1 Nr. 8 AsylbLG verweise, verkenne er die Tatbestandsmerkmale der Norm. Neben der Erteilung des Aufenthaltstitels bzw. einer entsprechenden Fiktionsbescheinigung vor dem 1. Juni 2022 dürften weder eine erkennungsdienstliche Behandlung durchgeführt, noch die Daten im AZR gespeichert worden sein. Die erkennungsdienstliche Behandlung sowie Speicherung der Daten im AZR seien am 25. April 2022 erfolgt. § 1 Abs. 1 Nr. 8a AsylbLG sei auf die Klägerinnen nicht anwendbar, da ihr der Aufenthaltstitel (gültig ab 7. März 2022) erst nach Ausstellung der Fiktionsbescheinigung erteilt worden sei. Die Klägerin zu 1) habe im streitgegenständlichen Zeitraum im Übrigen auch tatsächlich Leistungen nach dem SGB II bezogen.
21
Bei der Unterbringung der Klägerinnen in der Unterkunft KVB … handele es sich um ein öffentlich-rechtliches Benutzungsverhältnis (vgl. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 AufnG). Grundsätzlich würden in staatlichen Unterkünften untergebrachte Geflüchtete durch Aushänge über die Kostenerhebung informiert werden. In diesen Aushängen werde unter anderem darauf hingewiesen, dass für die Zurverfügungstellung von Vollverpflegung Auslagen erhoben würden, um das eigene Ausgabeverhalten darauf einzurichten. Eine solche Information sei jedoch für die Rechtmäßigkeit der Kostenerhebung nicht erforderlich.
22
Entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten sei es nicht zu beanstanden, dass die Kosten teilweise erst gut ein Jahr nach der Nutzung erhoben worden seien, denn es sei keine Festsetzungsverjährung eingetreten. Die Verjährung richte sich vorliegend nach Art. 21 Abs. 4 Satz 3 i.V.m. Art. 13 KG. Die Festsetzungsfrist betrage vier Jahre und beginne mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden sei. Der streitgegenständliche Anspruch auf die Benutzungsgebühren und Verpflegungsauslagen für die ältesten Abrechnungsmonate Juli 2022 bis Dezember 2022 sei im Jahr 2022 entstanden. Somit habe für diese Abrechnungsmonate die Festsetzungsverjährungsfrist mit Ablauf des 31. Dezember 2022 begonnen, diese habe demnach zum Zeitpunkt des Erlasses der streitgegenständlichen Bescheide noch nicht geendet und werde selbst für die ältesten Abrechnungsmonate nicht vor Ablauf des 31. Dezember 2026 enden.
23
Das zuständige Jobcenter habe die streitgegenständlichen Unterkunftsgebühren für die Abrechnungsmonate Juli 2022 bis Juni 2024 zwischenzeitlich übernommen.
24
§ 24 AufenthG setze die RL 2001/55/EG in nationales Recht um. Ein Anspruch auf gleichberechtigten Zugang zu den sozialen Leistungen sei nach der RL 2001/55/EG und § 24 AufenthG nicht vorgeschrieben. Den Mitgliedstaaten bleibe es vorbehalten, über den Mindeststandard der Richtlinie hinausgehende soziale Leistungen zu gewähren. Bund und Länder hätten sich im Mai 2022 darüber geeinigt, Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine, denen vorübergehender Schutz gewährt worden sei, ab 1. Juni 2022 einen Anspruch auf Grundsicherung nach SGB II zu gewähren und damit Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine anerkannten Flüchtlingen gleichzustellen („Rechtskreiswechsel“). Soweit Bedürftigkeit vorliege, übernehme das zuständige Jobcenter – wie vorliegend – die anfallenden Benutzungsgebühren. Hinsichtlich der Auslagen für Verpflegung verkenne der Bevollmächtigte, dass die Klägerin zu 1) die ihr hierzu zustehenden Leistungen für Ernährung bereits durch das Jobcenter erhalten habe.
25
Da die vertraglich tatsächlich entstehenden Kosten bei Zurverfügungstellung von Verpflegung als Sachleistung deutlich höher seien als die den Kostenschuldnern für Nahrungsmittel und Getränke zustehenden Leistungen nach den Sozialgesetzbüchern, würden die Auslagen pro Monat auf die Höhe der jeweiligen Beträge für den Bereich Nahrungsmittel und Getränke der Abteilung 1 und 2 des § 5 Abs. 1 und § 6 Abs. 1 RBEG begrenzt werden (§ 24 Satz 2 DVAsyl). Es sei zwar zutreffend, dass es keine Rechtspflicht zur Inanspruchnahme einer Verpflegung gebe, jedoch werde den Klägerinnen die Verpflegung nicht „aufgezwungen“. Bei der Unterkunft in … handele es sich um eine Asylunterkunft, in welcher gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 AsylbLG der Bedarf an Ernährung als Teil des notwendigen Bedarfs durch Sachleistungen gedeckt werden könne. Wie der Bedarf für Ernährung durch Sachleistung gedeckt werde, obliege im Übrigen der Organisation des Leistungsträgers. Die Klägerin zu 1) sei als Inhaberin einer Fiktionsbescheinigung bzw. eines Aufenthaltstitels nach § 24 Abs. 1 AufenthG und damit als sog. „Fehlbelegerin“ verpflichtet, sich eigenständig privaten Wohnraum zu suchen und aus der staatlichen Asylunterkunft auszuziehen. Hierzu sei sie auch mehrfach aufgefordert worden. Ihr weiterer Aufenthalt in der staatlichen Asylunterkunft werde zur Vermeidung des Eintritts von Obdachlosigkeit lediglich geduldet. Durch die freiwillige Inanspruchnahme der Unterkunft in … nehme sie die staatlicherseits zur Verfügung gestellte Verpflegung in Kauf und erfülle den Tatbestand des § 24 DVAsyl. Der Antrag auf Einstellung der Verpflegung sei vom Beklagten zuständigkeitshalber an das zuständige Landratsamt weitergeleitet worden. Wie der Behördenakte des Beklagten ebenfalls zu entnehmen sei, sei dieser Antrag jedoch abgelehnt worden, da eine Selbstversorgung in der genutzten Unterkunft nicht gestattet werden könne, da dort keine Kochgelegenheit zur Verfügung stehe. Andernfalls bestünde die Gefahr des Verstoßes gegen brandschutzrechtliche Vorgaben. Obwohl die Klägerin zu 1) als „Fehlbelegerin“ nicht einmal Anspruch auf eine staatlich zur Verfügung gestellte Unterbringung habe, seien ihr laut dem Schreiben des Landratsamts vom 28. März 2024 (siehe Anlage zum Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 21. Mai 2024) aus reiner Kulanz mehrere alternative Asylunterkünfte mit Selbstversorgungsmöglichkeiten angeboten worden, sodass es den Klägerinnen zwischenzeitlich ohne Weiteres möglich gewesen wäre, der ungewünschten Verpflegung zu entgehen. Dieses Entgegenkommen sei von der Klägerin zu 1) jedoch jedes Mal abgelehnt worden. In der von den Klägerinnen bewohnten Asylunterkunft sei die Verpflegungssachleistung wie auch die ebenfalls zur Verfügung gestellte Heizung und Haushaltsenergie somit untrennbar mit der Unterkunft verbunden. Die Klägerinnen könnten sich ebenso wenig von der Verpflegung abmelden, wie sie auf Heizung oder Strom verzichten könnten. Die Zurverfügungstellung der streitgegenständlichen Unterbringung inklusive Heizung, Haushaltsenergie und Verpflegung erfolge als Einheit.
26
Im Übrigen sei auch der Anteil für Ernährung in den Regelsätzen nicht darauf ausgelegt, sich täglich vollständig außer Haus zu verpflegen. Der Regelbedarf nach § 20 SGB II umfasse sämtliche Bedarfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und habe sich im Jahr 2022 für eine alleinstehende oder alleinerziehende leistungsberechtigte Person auf 449,00 EUR bzw. im Jahr 2023 auf 502,00 EUR bzw. im Jahr 2024 auf 563,00 EUR belaufen. Der im Regelsatz enthaltene Anteil für Ernährung habe in den Jahren 2022 bis 2024 bei monatlich 150,93 EUR und somit mit durchschnittlich ca. 5,00 EUR pro Tag unter der finanziellen Möglichkeit einer gesunden Außer-Haus-Verpflegung gelegen.
27
Eine Kostentragung durch das Jobcenter für die streitgegenständlichen Verpflegungskosten scheide aus, denn die Klägerin zu 1) habe den Bedarf für Ernährung nach § 20 Abs. 1 SGB II als Bestandteil des Regelbedarfs zur Sicherung des Lebensunterhaltes bereits monatlich durch die SGB II Leistungen ausgezahlt bekommen. Aufgrund der neben dem Regelbedarf bereitgestellten Gemeinschaftsverpflegung in der Unterkunft hätten die Klägerinnen somit Doppelleistungen erhalten. Zum 1. Januar 2024 habe der Gesetzgeber durch die Einführung des § 68 SGB II diesem Umstand Rechnung getragen. Dort sei gerade die Konstellation geregelt, in der Personen im Leistungsbezug nach dem SGB II in einer Gemeinschaftsunterkunft ohne Selbstversorgungsmöglichkeit wohnen würden. Dementsprechend hätten die Klägerinnen seit August 2024 keine Doppelleistungen mehr erhalten, sondern die Bedarfe für Ernährung (und Haushaltsenergie) nur noch in Form von Sachleistungen.
28
Mit den obigen Ausführungen dürften auch die europarechtlichen Bedenken des Klägerbevollmächtigten ausgeräumt sein. Da die Klägerin zu 1) tatsächlich Leistungen nach dem SGB II erhalten habe, erübrige sich eine Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Klägerbevollmächtigten, es liege eine Ungleichbehandlung seiner Mandantin im Vergleich zu Personen, die Leistungen nach dem SGB II gewährt bekommen würden, vor.
29
5. Auf richterliche Anfrage hin vertritt der Beklagte mit Schriftsatz vom 10. September 2025 (Bl. 200 GA zu AN 4 K 23.2631) weiterhin die Auffassung, dass nur … Klägerin sei. Es werde ergänzend angemerkt, dass der für die Klageschrift vom 20. Dezember 2023 verwendete Vordruck ausdrücklich die Möglichkeit vorgesehen habe, die Klage ebenso als gesetzliche Vertreterin zu erheben. Hiervon habe die Klägerin zu 1) keinen Gebrauch gemacht. Auch der Prozessbevollmächtige habe in sämtlichen Schriftsätzen nur eine Person als Klägerin aufgeführt.
30
6. Auf weitere richterliche Anfrage hin lässt sich die Klägerin zu 1) mit Schriftsatz vom 17. September 2025 (Bl. 230 ff. GA zu AN 4 K 23.2631) ergänzend ein. Dass sie für Unterkunft und Verpflegung zahlen müssten, habe die Klägerin zu 1) erst im Dezember 2023 erfahren, als sie die Rechnungen von der Regierung für den Zeitraum Juli 2022 bis Oktober 2023 erhalten habe. Erst seit Januar 2024 hänge am Eingang ein Aushang mit der Information über die Zahlungspflicht. Vor dem Erhalt dieser Rechnungen sei kein einziger Bewohner dieser Unterkunft von der Verwaltung über die Zahlungspflicht informiert worden. Sie hätten der Verwaltung Briefe mit Fragen zur Zahlung für Unterkunft und Verpflegung geschrieben. Das Sozialamt sei ebenfalls informiert worden, dass sie ab dem 1. Januar 2024 auf die Verpflegung verzichten würden.
31
Der Prozessbevollmächtige der Klägerinnen lässt sich rechtlich dahingehend ein, dass die für mittellose, anerkannte Flüchtlinge ergangene Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (BayVGH) für die vorliegende Fallgestaltung, insbesondere im Hinblick auf das Sozialstaatsprinzip und das dort formulierte Verbot einer „fortdauernden Schuldknechtschaft“ gegenüber dem Staat, vergleichbar sei. Zwar seien die Klägerinnen nach § 24 AufenthG untergebracht und damit formal nicht Asylbewerber i S.d. AsylbLG, doch seien sie ebenfalls staatlich zugewiesen und vollständig auf existenzsichernde Leistungen nach dem SGB II angewiesen. Damit seien sie ebenso wie anerkannte Flüchtlinge sozialstaatlich besonders schutzbedürftig. Vor diesem Hintergrund erscheine die analoge Anwendung der Grundsätze aus der Entscheidung des BayVGH auf die Klägerinnen gerechtfertigt. Dies gelte umso mehr, wenn man berücksichtige, dass keine hinreichende Belehrung über das Entstehen eines Kostenverhältnisses erfolgt sei und den Klägerinnen keinerlei echte Wahl hinsichtlich der Verpflegung zugestanden worden sei. Die Klägerinnen hätten keine Verpflegungsleistungen erhalten, da sie diese von Anfang an abgelehnt und sich selbst versorgt hätten. Der Beklagte sei über diese Ablehnung auch informiert worden. Es stelle sich die Frage, ob in einer solchen Konstellation überhaupt Auslagen i.S. einer Gegenleistung entstanden seien, für die eine Kostenerhebung rechtmäßig erfolgen könne.
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7. Auf die weitere richterliche Anfrage nahm der Beklagte mit Schriftsatz vom 30. September 2025 Stellung (Bl. 240 ff. GA zu AN 4 K 23.2631).
33
Unabhängig davon, dass aus Sicht des Beklagten eine vorherige Information über die Gebührenpflicht für eine rechtmäßige Kostenerhebung nicht erforderlich sei, seien die Bewohner von staatlichen Einrichtungen hierüber informiert worden. Eine Hinweispflicht ergebe sich jedoch weder aus dem KG, noch aus der DVAsyl. Vielmehr könne die Klägerin zu 1) nicht in schutzwürdiger Weise erwarten, dass ihr Unterkunft und Verpflegung kostenfrei neben den Leistungen des Sozialleistungsträgers zur Verfügung gestellt werden würden. Auch im Heimatland der Klägerin zu 1) stünden Wohnraum und Ernährung nicht kostenfrei zur Verfügung. In Folge der Leistungsgewährung nach dem SGB II sei der Klägerin zu 1) über die dort erhaltenen Merkblätter und Leistungsbescheide zudem bekannt gewesen, dass die gewährte Regelleistung anteilig für die Verpflegung bestimmt sei und eine Doppelleistung im Bereich der Verpflegung (also eine Vermögensmehrung anstelle einer bloßen Bedarfsdeckung) nicht in schutzwürdiger Weise erwartet werden könne. Der Erhalt der Mahlzeiten in der Unterkunft sei von der Klägerin zu 1) in ihrer Klageschrift auch bestätigt worden. Erstmals mit Schreiben vom 20. Dezember 2023 habe die Klägerin zu 1) geäußert, dass sie die Verpflegung für die Zukunft (für das Jahr 2024) nicht mehr wolle. Das Landratsamt habe ihr daraufhin mitgeteilt, dass es in der Unterkunft keine Kochgelegenheit gebe und die Ernährung deshalb weiterhin als Sachleistung gewährt werde. Die Klägerin zu 1) sei zudem mehrfach darauf hingewiesen worden, dass sie jederzeit eine private Mietwohnung anmieten könne. Daneben sei ihr die Unterbringung in mehreren Unterkünften mit eigener Kochgelegenheit angeboten worden, die durch die Klägerin zu 1) jedoch jedes Mal abgelehnt worden seien (vgl. Anlage im Schriftsatz vom 22. Mai 2024; Schreiben Landratsamt … vom 28. März 2024).
34
Aufgrund des hohen Zustroms an Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine habe im Sommer 2022 zunächst die Unterbringung und Versorgung der Ankommenden im Vordergrund gestanden. Mit E-Mail vom 16. November 2022 habe das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration (StMI) einen Aushang zur Gebührenerhebung in staatlichen Unterkünften, mit welchem insbesondere die ukrainischen Bewohner hätten informiert werden sollen, an alle Regierungen mit der Bitte, diese an die Kreisverwaltungsbehörden weiterzuleiten, verteilt. Das zuständige Landratsamt habe den Betreiber der Unterkunft – die … – mit E-Mail vom 18. November 2022 gebeten, die Aushänge zu veranlassen. Hierzu sei nunmehr durch die … mitgeteilt worden, eine E-Mail zur Kostenpflicht erst am 2. Januar 2024 erhalten und am selben Tag zum Aushang gebracht zu haben. Das Vorhandensein von Aushängen in der Unterkunft sei jedenfalls ab Januar 2024 unstreitig.
35
Zur Frage, weshalb die Verpflegungskosten zunächst vom Jobcenter an die Klägerin zu 1) ausgezahlt worden seien, anstatt diese direkt an die Behörde zu bezahlen, werde darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber erst durch die Einführung des § 68 SGB II zum 1. Januar 2024 diese Vorgehensweise ermöglicht habe. Zuvor habe es schlicht an einer Rechtsgrundlage für eine direkte Kostenerstattung gefehlt. Dementsprechend erhalte die Klägerin zu 1) seit August 2024 keine Doppelleistungen mehr, sondern die Bedarfe für Ernährung (und Haushaltsenergie) nur noch in Form von Sachleistungen.
36
Die im Bereich der Asylunterbringungskosten ergangene Rechtsprechung des BayVGH betreffe die Unterkunftskosten für anerkannte mittellose Flüchtlinge. Die Klägerin zu 1) und ihre Tochter seien gemäß § 2 Abs. 1, Abs. 2 der Ukraine-Aufenthalts-Übergangsverordnung (UkraineAufenthÜV) für die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels befreit. Damit sei der Klägerin zu 1) die Einreise nach Deutschland auch ohne das regelmäßig erforderliche Visum möglich gewesen. Eine Verpflichtung zum Wohnen in staatlichen Unterkünften habe von Beginn an nicht bestanden. Nach der Grundidee des SGB II/XII miete sich die betreffende Person selbständig Wohnraum an und bekomme die Kosten der Unterkunft vom Jobcenter erstattet. Neben der vorrangig anzustrebenden privaten Wohnungsnahme würden Kriegsflüchtlinge jedoch zur Vermeidung von Notlagen in Asylunterkünften geduldet werden. Nachdem die Klägerin zu 1) Schuldbefreiung über das Jobcenter erhalten habe, sei in Bezug auf die hier nicht mehr streitgegenständlichen Unterkunftsgebühren eine Vereinbarkeit mit der Rechtsprechung des BayVGH gegeben.
37
Die Verpflegungskosten stünden in keinem Zusammenhang mit der Rechtsprechung des BayVGH zur „fortdauernden Schuldknechtschaft“. Hierzu werde auf das in der Anlage übersandte Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 28. März 2025 (Az. W 7 K 24.40) verwiesen. Demnach sei zu berücksichtigen, dass es – anders als bei den Unterkunftskosten – nicht darum gehe, dass die Klägerin zu 1) die Auslagen für die Verpflegung aus originär eigenen Mitteln bestreite. Zwar sei auch die Verpflegung von mittellosen Personen von der Fürsorgepflicht des Staates umfasst. Dieser sei seiner Pflicht jedoch bereits dadurch nachgekommen, dass der Klägerin zu 1) und ihrer Tochter Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausgezahlt worden seien. Der entsprechende Regelbedarf umfasse gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB II insbesondere Kosten für Ernährung, womit die Verpflegungskosten, die in den streitgegenständlichen Bescheiden geltend gemacht werden würden, abgegolten seien. Es gehe mithin darum, dass die Klägerin zu 1) diese Mittel an den Beklagten weiterreiche, der für die Verpflegung der Klägerinnen aufgekommen sei. Für sie sei die zur Verfügung gestellte Verpflegung damit kostenneutral. Würde man das anders sehen, würde es letztlich zu einer Doppelleistung des Staates zu Gunsten der Klägerinnen kommen, für die es keine Rechtsgrundlage gebe. Vor diesem Hintergrund seien die üblichen gesetzlich vorgesehenen Mittel wie Stundung und Ratenzahlung ausreichend, um angemessen auf die finanziellen Verhältnisse der Klägerinnen zu reagieren. Der Beklagte habe bereits auf diese Möglichkeit hingewiesen.
38
8. Mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2025 (Bl. 278 ff. GA zu AN 4 K 23.2631) übermittelt der Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen auf richterliche Anfrage hin diverse Bewilligungsbescheide des Jobcenters sowie Einkommensnachweise.
39
9. Mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2025 (Bl. 422 ff. GA zu AN 4 K 23.2631) übersendet der Beklagte eine Stellungnahme des Betreibers der Unterkunft …, die seitens des Landratsamtes … übermittelt worden sei. Entgegen der ursprünglichen Mitteilung bestätige der Betreiber der Unterkunft, dass die Aushänge, die am 18. November 2022 durch das Landratsamt zugesandt worden seien, den Bewohnern unmittelbar per Aushang zugänglich gemacht worden seien.
40
10. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die übermittelten Behördenakten in den Verfahren AN 4 K 23.2631, AN 4 K 24.1056, AN 4 K 24.1938, AN 4 K 24.2392, AN 4 K 24.2716, AN 4 K 24.3108, AN 4 K 24.3299, AN 4 K 25.2511, AN 4 K 25.2512, AN 4 K 25.2513 und AN 4 K 25.2514 sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 6. Oktober 2025 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
41
Die Klagen sind – soweit noch streitig über sie zu entscheiden ist – zulässig, aber unbegründet.
42
Die Klagen wurden durch in mündlicher Verhandlung verkündeten Beschluss in zulässiger Weise zur gemeinsamen Verhandlung sowie zur gemeinsamen Entscheidung verbunden (Bl. 434 GA zu AN 4 K 23.2631), § 93 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
43
Das Gericht geht entgegen der Auffassung des Beklagten nach Würdigung der Gesamtumstände des Falles im Ergebnis auch von einer wirksamen Klageerhebung für die Klägerin zu 2) aus, weil für das Gericht erkennbar eine vollumfängliche Aufhebung der festgesetzten Kosten begehrt ist. Hierbei verkennt das Gericht nicht, dass weder die Klägerin zu 1) noch der später beauftragte Prozessbevollmächtigte für die minderjährige Klägerin zu 2), deren gesetzliche Vertreterin die Klägerin zu 1) ist, ausdrücklich Klage erhoben haben und dass der von der Klägerin zu 1) genutzte Vordruck ausdrücklich auch die Klageerhebung als gesetzliche Vertreterin ermöglicht hätte (Bl. 1 GA zu AN 4 K 23.2631). Andererseits berief sich der Beklagte erstmalig im Zuge der Klageerwiderung vom 9. Januar 2025 (Bl. 157 ff. GA zu AN 4 K 23.2631), mit welcher gleichsam erst die vollständigen Behördenakten, deren Übermittlung bereits mit Erstzustellung vom 22. Dezember 2023 erbeten worden war (Bl. 12 GA zu AN 4 K 23.2631), übersendet wurden, auf die fehlende Klageerhebung im Namen der Klägerin zu 2). Ein frühzeitiges, klarstellendes gerichtliches Hinwirken auf eine Konkretisierung des klägerischen Begehrens vor Ablauf der Klagefrist war damit faktisch nicht möglich. Ferner ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den Klägerinnen um ukrainische Staatsangehörige handelt, die zunächst nicht rechtlich vertreten waren und der deutschen Sprache ausweislich der Behördenakte allenfalls bedingt mächtig sind (Bl. 23 BA zu AN 4 K 23.2631). Diesem Umstand wurde gerichtlicherseits unter anderem dadurch Rechnung getragen, dass für die mündliche Verhandlung eine Dolmetscherin für die russische Sprache zugezogen worden ist (Bl. 435 ff. GA zu AN 4 K 23.2631), deren Einsatz für das Gericht offenkundig notwendig gewesen ist. Weiterhin lässt sich dem Beklagtenvorbringen entgegenhalten, dass weder die Klägerin zu 1) noch der Prozessbevollmächtigte im Zuge der Klageerhebungen zum Ausdruck bringen, dass die gegen die streitgegenständlichen Bescheide erhobenen Anfechtungsklagen auf einen Teil der festgesetzten Kosten beschränkt werden sollen. Vielmehr benennt die Klägerin zu 1) als angegriffenen Bescheid ausdrücklich den Kostenbescheid vom 30. November 2023 für den Abrechnungszeitraum Juli 2022 bis November 2023 (Bl. 2 GA zu AN 4 K 23.2631), wobei das Gericht im Ergebnis davon ausgeht, dass die Klägerin zu 1) aufgrund der unübersichtlichen Vielzahl der Kostenbescheide nur versehentlich von einem Einzelbescheid vom 30. November 2023 spricht und die Benennung des Bescheides vom 4. Dezember 2023, der den ausdrücklich benannten Abrechnungszeitraum November 2023 betrifft, vergessen hat. Im Übrigen bestärkt auch die weitere persönliche Klagebegründung durch die Klägerin zu 1) (Bl. 14 ff. GA zu AN 4 K 23.2631) den Eindruck, dass die Klägerin zu 1) von Anfang an vollumfänglich gegen die erlassenen Bescheide vorgehen wollte. Insoweit werden ausdrücklich die Gesamtkosten der Kostenbescheide benannt. Und schließlich muss im Lichte der mangelhaften Sprachkenntnisse der Klägerinnen sowie der allgemeinen Situation ukrainischer Kriegsflüchtlinge ebenso berücksichtigt werden, dass die streitgegenständlichen Bescheide in der Adresszeile vorrangig an die Klägerin zu 1) adressiert gewesen sind und diese folgerichtig auch nur ihr zugestellt worden sind (vgl. beispielhaft Bl. 56 GA zu AN 4 K 23.2631).
44
Soweit die Beteiligten die Verwaltungsstreitsachen im gerichtlichen Verfahren bereits schriftlich hinsichtlich der vom Jobcenter übernommenen Unterkunftskosten i.H.v. 2.309,00 EUR für erledigt erklärt haben (Bl. 164, 208 f. GA zu AN 4 K 23.2631), ist das Verfahren einzustellen (§ 92 Abs. 3 VwGO (analog)) mit der Folge, dass insoweit lediglich über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden ist (§ 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO).
45
Die Anfechtungsklagen betreffend die noch streitgegenständlichen Verpflegungskosten für den Abrechnungszeitraum Juli 2022 bis Juli 2024 sind unbegründet, weil die Bescheide vom 30. November 2023, vom 4. Dezember 2023, vom 15. März 2024, vom 12. April 2024, vom 9. Mai 2024, vom 10. Juni sowie vom 12. Juli 2024 insoweit rechtmäßig sind und die Klägerinnen nicht in ihren Rechten verletzen, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Der Beklagte macht die festgesetzten Verpflegungskosten im streitgegenständlichen Zeitraum zu Recht geltend.
46
Durchgreifende Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Kostenbescheide wurden weder geltend gemacht, noch sind sie sonst für das Gericht ersichtlich. Die Klägerinnen erfüllen den Tatbestand der §§ 22, 24 DVAsyl und können letztlich keine durchgreifenden Einwände gegen die konkrete Kostenerhebung geltend machen.
47
1. Die Klägerinnen erfüllen für den streitgegenständlichen Zeitraum im Hinblick auf die festgesetzten Verpflegungskosten zunächst den Kostentatbestand der §§ 22, 24 DVAsyl.
48
a) Für die Inanspruchnahme von staatlichen Einrichtungen gemäß §§ 4 und 5 DVAsyl und anderer gewährter Sachleistungen werden durch die zuständige Behörde Kosten nach dieser Verordnung (Benutzungsgebühren) erhoben, § 22 Abs. 1 DVAsyl. Gemäß § 22 Abs. 2 DVAsyl sind Kostenschuldner, die dem Personenkreis des Art. 1 Abs. 1 AufnG zuzurechnen sind, von der Erhebung von Kosten befreit, es sei denn, sie erfüllen die Voraussetzungen des § 2 AsylbLG und verfügen über Einkommen und/oder Vermögen. Soweit einer kostenpflichtigen Person staatlich zurechenbar Vollverpflegung zur Verfügung gestellt wird, richten sich die Auslagen für die Verpflegung nach dem jeweils zugrunde liegenden Vertrag zur Sicherstellung der Verpflegung, § 24 Satz 1 DVAsyl. Gemäß § 24 Satz 2 DVAsyl werden die Auslagen pro Monat nur bis zur Höhe der jeweiligen Beträge für den Bereich Nahrungsmittel und Getränke der Abteilung 1 und 2 des § 5 Abs. 1 und § 6 Abs. 1 RBEG geltend gemacht.
49
b) Unbestritten haben die Klägerinnen die staatliche Einrichtung im streitgegenständlichen Abrechnungszeitraum als Unterkunft in Anspruch genommen. Ferner ließ sich die Klägerin zu 1) im Zuge der mündlichen Verhandlung dahingehend konkretisierend ein, dass sie auch die Vollverpflegung in Anspruch genommen hätten, bis sie die ersten Kostenbescheide am 6. bzw. 7. Dezember 2023 erhalten hätten (Bl. 439 GA zu AN 4 K 23.2631). Zur Erfüllung des Kostentatbestandes genügt nach dem Wortlaut des § 24 Satz 1 DVAsyl – in Abgrenzung zu § 22 Abs. 1 DVAsyl, der auf eine Inanspruchnahme abstellt – bereits die staatlich zurechenbare Zurverfügungstellung von Vollverpflegung. Dass den Klägerinnen auch über den Dezember 2023 hinaus staatlich zurechenbar Vollverpflegung zur Verfügung gestellt wurde, wird seitens der Klägerinnen nicht bestritten. Der Beklagte ließ sich vielmehr substantiiert und nachvollziehbar dahingehend ein, dass die in Rede stehende Gemeinschaftsunterkunft Vollverpflegung anbiete und aufgrund brandschutzrechtlicher Anforderungen keine Kochmöglichkeiten zur Verfügung gestellt werden könnten. Vielmehr erfolge die Unterbringung und Verpflegung in derartigen Gemeinschaftsunterkünften ohne Selbstversorgungsmöglichkeiten als Einheit, weshalb auf die Vollverpflegung nicht wirksam verzichtet werden könne und der Antrag der Klägerinnen auf Einstellung der Vollverpflegung konsequenterweise durch das zuständige Landratsamt abgelehnt worden sei.
50
c) Dass die Klägerinnen die Vollverpflegung spätestens ab dem 7. Dezember 2023 faktisch nicht mehr in Anspruch genommen haben, ändert nichts daran, dass die Auslagen für die einheitlich organisierte Vollverpflegung staatlicherseits angefallen sind und den Klägerinnen in kostenrechtlicher Hinsicht zugerechnet werden können. Insoweit müssen sich die Klägerinnen auch darauf verweisen lassen, dass ihr gleichsam gestellter Antrag auf Einstellung der Verpflegung durch das zuständige Jobcenter aus Brandschutzgründen abgelehnt wurde. Soweit die Klägerinnen sinngemäß geltend machen, dass ihnen die Vollverpflegung nicht habe aufgezwungen werden können, vermag dies in mehrerlei Hinsicht nicht zu überzeugen. So kann im streitgegenständlichen Fall von einem „Aufzwingen“ bereits dem Grunde nach nicht die Rede sein. Im Falle der Klägerinnen bestand aufgrund ihres Aufenthaltsstatus zu keiner Zeit eine Wohnverpflichtung in der konkreten Gemeinschaftsunterkunft. Der Aufenthalt der Klägerinnen in der Gemeinschaftsunterkunft erfolgte trotz dessen, dass die Klägerinnen nachweislich zur privaten Wohnsitznahme angehalten worden waren, vielmehr im Rahmen der Fürsorgepflicht des Staates zur Vermeidung von Obdachlosigkeit. Der „aufgezwungenen“ Verpflegung hätte damit letztlich entweder durch Bezug einer Privatwohnung oder durch Annahme des Angebotes des zuständigen Landratsamtes, in eine andere Gemeinschaftsunterkunft mit Selbstversorgungsmöglichkeit umzuziehen, aus dem Weg gegangen werden können. Die Ablehnung dieser Alternativstandorte erfolgte dagegen ersichtlich aus nicht erheblichen privaten Beweggründen (Bl. 440 GA zu AN 4 K 23.2631). Im Übrigen sind die Klägerinnen nachdrücklich darauf zu verweisen, dass weder das Sozialstaatsgebot noch die verfassungsrechtliche Garantie der Sicherung des Existenzminimums (Art. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG) den Freistaat Bayern über seine Fürsorgepflicht hinausgehend verpflichtet, dem zur Vermeidung von Obdachlosigkeit Untergebrachten über das Maß der Gewährleistung des Existenzminimums hinaus Wahlmodelle hinsichtlich der Unterbringungs- und Selbstversorgungsmöglichkeiten zu eröffnen.
51
Der von den Klägerinnen vorgebrachte unsubstantiierte Einwand, dass die zur Verfügung gestellte Vollverpflegung ungenießbar gewesen sei und nicht den Mindeststandards entsprochen habe, entbehrt letztlich offenkundig jeglicher Grundlage. Insoweit müssen sich die Klägerinnen insbesondere darauf verweisen lassen, dass die Beschwerden sich ausweislich der Behördenakte vollumfänglich auf den Zeitpunkt nach Erlass der ersten Kostenbescheide im November 2023 beschränken. Wäre die Verpflegung tatsächlich ungenießbar und nicht nur den Ansprüchen der Klägerinnen nicht genügend gewesen, wäre zumindest zu erwarten gewesen, dass auch für den Zeitraum Juli 2022 bis November 2023 eine vorgerichtliche Beschwerdekorrespondenz existieren würde.
52
d) Weiterhin sind die Klägerinnen entgegen ihrem Vorbringen nicht von der Kostenerhebung nach § 22 Abs. 1 DVAsyl befreit.
53
Die Klägerinnen unterfallen weder dem Personenkreis des Art. 1 Abs. 1 AufnG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 8 AsylbLG noch dem Personenkreis des Art. 1 Abs. 1 AufnG i.V.m. § 1 Abs. 3a AsylbLG. Die Klägerinnen sind am 7. März 2022 in das Bundesgebiet eingereist und ihnen wurde am 4. Juni 2022 eine Fiktionsbescheinigung ausgestellt. Die erkennungsdienstliche Behandlung sowie Speicherung der Daten im AZR ist am 25. April 2022 erfolgt. Ausweislich des nicht weiter bestrittenen und ohne Weiteres nachvollziehbaren Vortrages des Beklagten erfolgte die Erteilung der ab 7. März 2022 gültigen Aufenthaltserlaubnis konsequenterweise nach Ausstellung der Fiktionsbescheinigung. Damit waren die Klägerinnen jedenfalls ab dem Juli 2022 nicht mehr leistungsberechtigt i.S.d. AsylbLG, sondern bezogen nachweislich SGB-II-Leistungen.
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Weiterhin teilt das Gericht die Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen nicht, wonach § 22 Abs. 1 DVAsyl im vorliegenden Fall aufgrund europarechtlicher Bedenken nicht anwendbar sei und es ungerecht sei, wenn der Mitgliedsstaat einem ukrainischen Staatsangehörigen Leistungen nach dem SGB II gewähre und keine Gebühren dafür erhebe, während die andere Person, die keine Wohnung gefunden habe, für die Unterkunft und Verpflegung aufkommen müsse. Tatsächlich findet im vorliegenden Fall jedoch gerade keine Ungleichbehandlung statt. Die Klägerinnen als ukrainische Kriegsflüchtlinge haben seit dem 1. Juni 2022 – mithin für den streitgegenständlichen Abrechnungszeitraum – tatsächlich Leistungen nach dem SGB II bezogen und wurden insoweit dem Personenkreis der anerkannten Flüchtlinge gleichgestellt. Ein darüberhinausgehender europarechtlicher oder gleichheitsrechtlicher Verstoß ist für das Gericht gerade nicht erkennbar.
55
Schließlich dringen die Klägerinnen mit ihrem Einwand, wonach sie im Hinblick auf die Unterkunftssowie Verpflegungskosten niemals einen Vertrag gesehen, geschweige denn unterschrieben hätten und im Übrigen erst im Januar 2024 über die Kostenpflicht informiert worden seien, im Ergebnis nicht durch. Denn weder das KG noch die DVAsyl enthalten gesetzlich vorgesehene Hinweispflichten. Die Kostenpflicht der Untergebrachten folgt darüber hinaus nicht aus einem eigenen privatrechtlichen Vertrag mit dem Unterkunftsbetreiber. Vielmehr folgt die Kostenpflicht durch Erfüllung der Kostentatbestände in §§ 22 ff. DVAsyl von Gesetzes wegen.
56
2. Die Klägerinnen können sich auch auf Rechtsfolgenseite nicht erfolgreich auf Einreden oder auf von Amts wegen zu beachtende Einwendungen gegen die Erhebung der streitgegenständlichen Verpflegungskosten berufen.
57
a) Die Klägerinnen können sich zur Überzeugung der Kammer nicht auf eine bereits im Festsetzungsverfahren von Amts wegen zu berücksichtigende Einwendung der Existenzbedrohung berufen. Trotz einiger Parallelen lässt sich die entsprechende Rechtsprechung des BayVGH (B.v. 16.5.2018 – 12 N 18.9 – juris; B.v. 10.7.2023 – 12 C 23.30311 – juris) auf den vorliegenden Fall nicht übertragen. Aber selbst wenn der Einwand der (faktisch bestehenden) Existenzbedrohung als systematische Besonderheit im vorliegenden Fall bereits im Festsetzungsverfahren zu berücksichtigen wäre, dringen die Klägerinnen aufgrund sozialwidrigen Verhaltens hiermit nicht durch.
58
(1) Der BayVGH ging im Bereich der Asylunterbringungskosten im Hinblick auf anerkannte (teilweise) mittellose Flüchtlinge in mehreren Entscheidungen von der Rechtswidrigkeit (nachträglicher) Unterkunftsgebühren aus. Hiernach gehört die Fürsorge für Hilfsbedürftige gehört zu den selbstverständlichen Verpflichtungen des Sozialstaats. Dem korrespondiert, abgeleitet aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG, das Recht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (vgl. BayVGH, B.v. 10.7.2023 – 12 C 23.30311 – juris Rn. 4). Dazu gehört auch, dass ein zunächst mittelloser Kläger nach Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft mit dem Ziel der Vermeidung von Obdachlosigkeit weiterhin kostenfrei in der zugewiesenen Unterkunft verbleiben darf. Der Beklagte tritt insoweit zum Zwecke der Abwendung von Obdachlosigkeit mit einer Fürsorgeleistung in Vorlage. Werden anerkannten (teilweise) mittellosen Flüchtlingen gleichwohl (nachträglich) Unterkunftsgebühren oder -kosten auferlegt, so muss im Lichte des Sozialstaatsgebots und der Garantie der Sicherung des Existenzminimums gewährleistet sein, dass sie als zum Bezug von Leistungen nach dem SGB-II Berechtigte Befreiung über das Sozialleistungssystem im Umfang ihrer Leistungsunfähigkeit erhalten (vgl. BayVGH, B.v. 10.7.2023 – 12 C 23.30311 – juris Rn. 5). Der Beklagte kann diesem Gesichtspunkt nicht allein dadurch Rechnung tragen kann, dass er für die Betroffenen im Wege der Geschäftsführung ohne Auftrag Anträge auf Kostenübernahme bei den Jobcentern (§§ 6d, 44b SGB II) stellt mit dem Ziel, dass „seine“ Unterkunftsgebühren als Kosten der Unterkunft im Rahmen des SGB-II Bezuges (§ 22 SGB II) von dort getragen werden. Auch Stundung und zeitweilige Niederschlagung der Gebühren- oder Kostenforderungen erweisen sich nicht als taugliche Instrumente einer Verwirklichung der Anforderungen des Sozialstaatsgebots, denn beide lassen das Fortbestehen des Anspruchs unberührt (vgl. BayVGH, B.v. 10.7.2023 – 12 C 23.30311 – juris Rn. 6). Die (teilweise) mittellosen Betroffenen befänden sich dadurch im Umfang ihrer Leistungsunfähigkeit weiterhin in einer fortwährenden „Schuldknechtschaft“ des Staates (vgl. BayVGH, B.v. 10.7.2023 – 12 C 23.30311 – juris Rn. 7). Es kann im Lichte des Sozialstaatsgebots und der verfassungsrechtlichen Gewährleistung des Existenzminimums nicht in Betracht kommen, anerkannte (teilweise) mittellose Flüchtlinge – noch dazu nachträglich – mit einer Gebühren- oder Kostenforderung für eine existenzsichernde Leistung zu überziehen, ohne dass zugleich sichergestellt wäre, dass die festgesetzten Gebühren bzw. Kosten auch tatsächlich (und nicht nur lediglich theoretisch) vom zuständigen Sozialleistungsträger im Umfang ihrer Leistungsunfähigkeit übernommen werden. Der betroffene Personenkreis anerkannter (teilweise) mittelloser Flüchtlinge darf aufgrund der von Bund und Ländern gewählten Konstruktion der Finanzierung der Kosten der Unterbringung über staatliche (oder kommunale) Gebühren- bzw. Kostenfestsetzungen einerseits und eine nachfolgende Übernahme der Kosten durch die Sozialleistungsträger andererseits nicht schlechter stehen, als er stünde, wenn er die Unterkunft unmittelbar vom Beklagten im Rahmen eines privatrechtlichen Rechtsverhältnisses angemietet und vom zuständigen Sozialleistungsträger die Übernahme dieser existenzsichernden Kosten durch unmittelbare Auszahlung des Mietzinses an den Beklagten (vgl. § 22 Abs. 7 Satz 1 SGB II) begehrt hätte (vgl. BayVGH, B.v. 10.7.2023 – 12 C 23.30311 – juris Rn. 8). Anerkannte (teilweise) mittellose Flüchtlinge können daher durch eine (nachträgliche) Festsetzung von Unterbringungsgebühren oder -kosten im Umfang ihrer Leistungsunfähigkeit nicht in einer Art fortwährender (persönlicher) „Nachhaftung“ für rechtmäßig in Anspruch genommene existenzsichernde Fürsorgeleistungen gehalten werden (vgl. BayVGH, B.v. 10.7.2023 – 12 C 23.30311 – juris Rn. 9). Der seitens der Betroffenen regelmäßig zu Recht erhobene Einwand der Existenzgefährdung ist daher bereits als (potentiell) rechtsvernichtende Einwendung von Amts wegen im Rahmen der Kostenfestsetzung und -fälligstellung zu berücksichtigen. Der Beklagte hat diese Einwendung aufgrund der im Schreiben des damaligen Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 21. November 2017 eingegangenen Selbstbindung, wonach eine finanzielle Überforderung der Gebührenschuldner unbedingt zu vermeiden ist, bereits von Amts wegen im Rahmen der Kostenfestsetzung und -fälligstellung zu berücksichtigen, indem er dem Kostenschuldner durch ein dem Festsetzungsbescheid beigefügtes Schreiben die ausdrückliche Befugnis einräumt, anstelle der geschuldeten Leistung eine andere Leistung – die Abtretung seiner Ansprüche gegenüber dem Sozialleistungsträger auf Übernahme der Kosten der Unterkunft – an Erfüllungs statt zu erbringen (vgl. BayVGH, B.v. 10.7.2023 – 12 C 23.30311 – juris Rn. 16). Das Schuldverhältnis zwischen dem Kläger als Schuldner der Kostenforderung und dem Beklagten als Gläubiger der Unterkunftskosten erlischt dadurch – zumindest zum Teil – bereits unmittelbar mit der Abtretung an Erfüllungs statt (vgl. BayVGH, B.v. 10.7.2023 – 12 C 23.30311 – juris Rn. 17). Der Beklagte machte sich eines widerrechtlichen Verhaltens schuldig, wenn er dem anerkannten (teilweise) mittellosen Flüchtling nicht die Möglichkeit eröffnete, die aus der nachträglichen Kostenfestsetzung resultierende Forderung – zumindest teilweise – durch Abtretung der ihm gegen den Sozialleistungsträger zustehenden Ansprüche auf Übernahme der Kosten der Unterkunft zu befriedigen (vgl. BayVGH, B.v. 10.7.2023 – 12 C 23.30311 – juris Rn. 18). Die zGAST hat die rechtsunkundigen Betroffenen deshalb sachverständig zu beraten und zu unterstützen (vgl. Art. 25 Abs. 1 und 2 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG)) und ihnen gegebenenfalls ein Abtretungsformular zu übersenden, nach dessen Unterzeichnung die Gebührenforderung – zumindest teilweise – im Umfang der gemeinsam mit dem jeweils zuständigen Sozialleistungsträger (Jobcenter) auf der Grundlage der Entscheidung des Bundessozialgerichts (U.v. 19.5.2021 – B 14 AS 19/20 R – juris) festzustellenden Bedürftigkeit erlischt (vgl. BayVGH, B.v. 10.7.2023 – 12 C 23.30311 – juris Rn. 20). Das Ausfallrisiko geht damit entsprechend den Vorgaben des Sozialstaatsprinzips und der verfassungsrechtlichen Gewährleistung des Existenzminimums im Umfang der Leistungsunfähigkeit der Betroffenen unmittelbar mit der Abtretung auf den Beklagten über (vgl. BayVGH, B.v. 10.7.2023 – 12 C 23.30311 – juris Rn. 21). Durch die Abtretung des Anspruchs der (teilweise) mittellosen Flüchtlinge gegenüber dem Sozialträger erhält der Beklagte Gelegenheit, die Kostenforderung im Umfang der Leistungsunfähigkeit des Kostenschuldners unmittelbar beim zuständigen Sozialleistungsträger geltend zu machen und sich gegebenenfalls mit diesem über die Angemessenheit der Forderung aus abgetretenem Recht gerichtlich auseinanderzusetzen (vgl. BayVGH, B.v. 10.7.2023 – 12 C 23.30311 – juris Rn. 23).
59
Auch die Verpflegung von mittellosen Personen ist von der Fürsorgepflicht des Staates umfasst (vgl. VG Würzburg, U.v. 28.3.2025 – W 7 K 24.40 – n.v. UA S. 16). Das Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes garantiert jedem Einzelnen, gleichviel ob deutscher oder ausländischer Staatsangehörigkeit, die „Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein“, wozu untrennbar (u.a.) die Befriedigung der Grundbedürfnisse „Wohnen“ und „Essen“ sowie die „Versorgung mit Energie“ gehört (vgl. BayVGH, B.v. 16.5.2018 – 12 N 18.9 – juris Rn. 102).
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(2) Die aufgestellten Grundsätze lassen sich jedoch trotz Parallelen weder konkret noch in abstrahierter Form auf den hier vorliegenden Fall übertragen.
61
Das Gericht verkennt zunächst nicht, dass die Situation der Klägerinnen derjenigen von anerkannten, mittelosen Flüchtlingen zum Teil vergleichbar ist. Für die Klägerinnen bestand im streitgegenständlichen Zeitraum keine Pflicht, in der Gemeinschaftsunterkunft zu wohnen. Vielmehr waren sie angehalten, eine eigene Wohnung zu beziehen. Die Unterbringung in der Gemeinschaftsunterkunft erfolgte zur Vermeidung von Obdachlosigkeit. Die Klägerinnen wurden dem Rechtskreis der anerkannten, mittellosen Flüchtlinge dahingehend gleichgestellt, dass sie im streitgegenständlichen Zeitraum ebenfalls SGB-II-Leistungen bezogen haben. Von der Mittellosigkeit der Klägerinnen ist darüber hinaus auszugehen. Die sukzessive Forderung von Gebühren, wobei zunächst mittels 16 Bescheiden nachträglich Gesamtkosten i.H.v. 5.821,36 EUR in Rechnung gestellt wurden und sich die Gesamtkosten anschließend durch weitere sechs Bescheide für insgesamt acht Abrechnungsmonate nicht nur unerheblich erhöht haben, erweist sich für die Klägerinnen bei lebensnaher Betrachtung potentiell existenzgefährdend.
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Jedoch ist der Beklagte im Hinblick auf die allein noch streitgegenständlichen Verpflegungskosten seiner gesetzlichen Fürsorgepflicht vollumfänglich nachgekommen, mithin war vor Festsetzung der Kosten gewährleistet, dass die Klägerinnen Schuldbefreiung über das Sozialleistungssystem erhalten konnten. Anders als in den vom BayVGH entschiedenen Fällen, in welchen der Beklagte nachträglich Unterkunftsgebühren erhoben hatte, ohne beispielsweise durch eine Möglichkeit der schuldbefreienden Abtretung von Sozialleistungsansprüchen sicherzustellen, dass der anerkannte mittellose Flüchtling tatsächlich Schuldbefreiung über den Sozialleistungsträger erhielt, wurden den Klägerinnen im vorliegenden Fall die SGB-II-Leistungen im Voraus ausbezahlt. Die Klägerinnen bestreiten die festgesetzten Auslagen damit nicht aus originär eigenen Mitteln und tragen damit auch nicht das Ausfallrisiko. Die zur Verfügung gestellte Vollverpflegung erweist sich durch die vorgesehene, bloße Weitergabe der vom Regelbedarf gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB II umfassten Kosten für die Ernährung für die Klägerinnen vielmehr als kostenneutral (so auch VG Würzburg, U.v. 28.3.2025 – W 7 K 24.40 – n.v. UA S. 17). Müsste im konkreten Fall bereits auf der Ebene der Festsetzung auf die Forderung der Kosten verzichtet werden, hätten die Klägerinnen in nicht zu rechtfertigender Weise Doppelleistungen erhalten und würden in nicht zu rechtfertigender Weise gegenüber anderen SGB-II-Leistungsberechtigten bessergestellt werden.
63
Das Gericht verkennt hierbei ausdrücklich nicht, dass die Gebührenerhebung infolge des Verbrauches der Leistungen potentiell existenzbedrohend sein kann. Nachdem der Beklagte seiner Fürsorgepflicht durch Vorausleistung nachgekommen ist, müssen sich die Klägerinnen mit ihrer Einrede jedoch auf die Möglichkeiten des Erlasses, der Stundung und Ratenzahlung verweisen lassen.
64
(3) Aber selbst wenn die Einwendung der (hier faktischen) Existenzbedrohung bereits von Amts wegen auf Festsetzungsebene zu prüfen wäre, dringen die Klägerinnen unter Heranziehung der Maßstäbe des § 34 SGB II hiermit nicht durch.
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(3.1) Das deutsche Sozialleistungsrecht sieht eine (Rück-)Erstattung rechtmäßig gewährter Hilfen nur in Fällen „sozialwidrigen Verhaltens“ – § 34 Abs. 1 SGB II, § 103 Abs. 1 SGB XII – vor (vgl. BayVGH, B.v. 10.7.2023 – 12 C 23.30311 – juris LS 2). Wer nach Vollendung des 18. Lebensjahres vorsätzlich oder grob fahrlässig die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch an sich oder an Personen, die mit ihr oder ihm in einer Bedarfsgemeinschaft leben, ohne wichtigen Grund herbeigeführt hat, ist zum Ersatz der deswegen erbrachten Geld- und Sachleistungen verpflichtet (§ 34 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Der einen Ersatzanspruch nach § 34 SGB II tragende Vorwurf der Sozialwidrigkeit ist darin begründet, dass der Betreffende – im Sinne eines objektiven Unwerturteils – in zu missbilligender Weise sich selbst oder seine unterhaltsberechtigten Angehörigen in die Lage gebracht hat, existenzsichernde Leistungen in Anspruch nehmen zu müssen. Verwendet er etwa erzielte Einnahmen nicht zur Sicherung des Lebensunterhalts und wird dadurch Hilfebedürftigkeit herbeigeführt, kann dies einen Ersatzanspruch nach § 34 SGB II auslösen, wenn ein anderes Ausgabeverhalten grundsicherungsrechtlich abverlangt war. Einzubeziehen bei dieser Einordnung sind schließlich auch die im SGB II festgeschriebenen Wertmaßstäbe, in denen sich ausdrückt, welches Verhalten als dem Grundsatz der Eigenverantwortung vor Inanspruchnahme der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zuwiderlaufend angesehen wird (vgl. BSG, U.v. 29.8.2019 – B 14 AS 50/18 R – juris Rn. 20). Verwenden Leistungsberechtigte einmalige Einnahmen nicht zur Sicherung des Lebensunterhalts im Verteilzeitraum und führen sie so Hilfebedürftigkeit (ggf. teilweise) herbei, kann solches Verhalten einen Ersatzanspruch nach § 34 SGB II auslösen. Insbesondere wenn dem Leistungsberechtigten aus vorangegangenen Bezugszeiträumen oder nach entsprechender Aufklärung durch den Träger der Grundsicherung, die insbesondere bei sog. Aufstockern mit laufenden und einmaligen Erwerbseinkommen angezeigt erscheint, bekannt ist oder bekannt sein müsste, in welcher Weise der Einsatz einer einmaligen Einnahme von ihm erwartet wird, kann bei entgegenstehendem Verhalten ein solcher Anspruch entstehen. Der Anspruch nach § 34 SGB II (nunmehr in Verbindung mit den erleichterten Möglichkeiten seiner Realisierung, vgl. § 43 Abs. 1 SGB II nF) sichert das Bedürfnis der Allgemeinheit ausreichend, Steuermittel nicht dort aufzuwenden, wo die Abwendung von Hilfebedürftigkeit dem Hilfebedürftigen auch aus eigener Kraft möglich gewesen wäre und die Notlage also schuldhaft herbeigeführt wird (vgl. BSG, U.v. 29.11.2012 – B 14 AS 33/12 R – juris Rn. 17 f.).
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(3.2) Ausgehend von diesen rechtlichen Grundsätzen können sich die Klägerinnen im Zuge des Kostenerhebungsverfahrens nicht auf die von Amts wegen zu berücksichtigende Einwendung der Existenzbedrohung berufen, weil sie sich in Bezug auf die ausbezahlten SGB-II-Leistungen eines sozialwidrigen Verhaltens schuldig gemacht haben.
67
Vorab ist festzuhalten, dass den Klägerinnen jedenfalls seit der Bekanntgabe der Kostenbescheide vom 30. November 2023 am 6. Dezember 2023 (vgl. Bl. 14, 439 GA zu AN 4 K 23.2631) positiv bekannt ist, dass für die Vollverpflegung in der Gemeinschaftsunterkunft Kosten erhoben werden. Trotz dieser positiven Kenntnis, der zusätzlichen Ablehnung ihres Antrages auf Einstellung der Verpflegung durch das Landratsamt sowie der bewussten Ablehnung angebotener alternativer Gemeinschaftsunterkünfte mit Selbstversorgungsmöglichkeiten entschieden sich die Klägerinnen eigenmächtig dafür, seit Januar 2024 nicht mehr in die Kantine zu gehen und die SGB-II-Leistungen weiterhin für eigene Lebensmittel zu verbrauchen (Bl. 439 f. GA zu AN 4 K 23.2631). Weder das Sozialstaatsgebot noch das Recht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums sichern dem Hilfebedürftigen jedoch zu, dass er sich über die Organisation einer Gemeinschaftsunterkunft hinweg i. S. eines „Rosinenpickens“ die zur Verfügung gestellten Leistungen des Staates i.S. seiner Fürsorgepflicht nach seinem persönlichen Belieben modifizieren kann. Durch den Verbrauch der weiterzugebenden SGB-II-Leistungen handelten die Klägerinnen offenkundig in zu missbilligender Weise, mithin sozialwidrig. Es widerspricht offenkundig den Wertmaßstäben des SGB II, dieses zu missbilligende, eigenverantwortliche Handeln der Klägerinnen auf den Steuerzahler, mithin die Allgemeinheit, zu verlagern.
68
Nichts anderes gilt nach Auffassung der Kammer auch für die Kostenbescheide betreffend den Abrechnungszeitraum Juli 2022 bis November 2023. Zunächst ist das Gericht davon überzeugt, dass das mögliche Fehlen von Hinweisen über die Kostenerhebung für das Verhalten der Klägerinnen nicht kausal gewesen ist (so auch VG Würzburg, U.v. 28.3.2025 – W 7 K 24.40 – n.v.), die Klägerinnen ihre SGB-II-Leistungen vielmehr auch im Zeitraum Juli 2022 bis November 2023 für eigene Lebensmittel verbraucht hätten, soweit sie bereits ab Juli 2022 durch Aushänge über die Kostenpflicht informiert worden wären. Denn trotz der oben dargestellten späteren positiven Kenntnis über die Kostenpflicht haben die Klägerinnen anschließend lediglich eigenmächtig nicht mehr in der Kantine gegessen, während sie von den Möglichkeiten, in eine andere Gemeinschaftsunterkunft mit Selbstversorgungsmöglichkeit auszuweichen oder in eine private Wohnung zu ziehen, um der staatlicherseits zur Verfügung gestellten Vollverpflegung zu entgehen, keinen Gebrauch gemacht haben. Unabhängig davon, ob die Klägerinnen bereits im Zeitraum Juli 2022 bis November 2023 durch Aushänge in der Gemeinschaftsunterkunft über die Kostenpflicht der Vollverpflegung informiert wurden, müssen sich die Klägerinnen den Verbrauch der SGB-II-Leistungen zum Kauf von eigenen Lebensmitteln auch aufgrund von grob fahrlässiger Unkenntnis zurechnen lassen. Weder das KG noch die DVAsyl normieren zunächst eine derartige Hinweispflicht. Die Wertung der grob fahrlässigen Unkenntnis sowie der Sozialwidrigkeit des klägerischen Verhaltens folgt aus den Gesamtumständen des konkreten Einzelfalles. Bei der Klägerin zu 1) handelt es sich ausweislich der Behördenakte um eine ausgebildete Buchhalterin mit zusätzlichem Betriebswirt im kaufmännisch-technischen Bereich (Bl. 23 BA zu AN 4 K 23.2631). Es muss davon ausgegangen werden, dass der Klägerin zu 1) ausgehend von ihrem Bildungsstand ohne Weiteres bewusst gewesen ist, dass das Grundbedürfnis „Nahrung“ sowohl in ihrem Heimatland als auch in Deutschland grundsätzlich nicht kostenfrei zur Verfügung steht. Auch einem juristischen Laien hätte sich in der Situation der Klägerin zu 1) offenkundig aufdrängen müssen, dass die Klägerinnen einerseits bis Dezember 2023 die Vollverpflegung trotz einiger Qualitätsbeschwerden in Anspruch genommen hatten und ihnen anderseits im Zuge des Regelbedarfes gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB II Leistungen für Ernährung ausbezahlt wurden, mithin eine Doppelleistung vorliegt. Die Klägerinnen können sich insbesondere nicht erfolgreich darauf berufen, dass ihnen nicht bewusst gewesen sei, dass der Regelbedarf auch den Bedarf an Ernährung umfasst (§ 20 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Ausweislich des beispielhaft vorgelegten Bescheides des zuständigen Jobcenters vom 28. Juni 2022 (Bl. 350 ff. GA zu AN 4 K 23.2631) verweist das Jobcenter dort im Zuge der Bewilligung von SGB-II-Leistungen in den ergänzenden Erläuterungen auf das im Internet verfügbare „Merkblatt SGB II – Grundsicherung für Arbeitsuchende“, welches ebenso unter „www.jobcenter.digital“ abrufbar ist. In dem Merkblatt kann sich auch der juristische Laie informieren, welche Leistungen vom Regelbedarf umfasst sind (vgl. https://www.arbeitsagentur.de/datei/merkblatt-bue…75.pdf, S. 42, abgerufen am 6. Oktober 2025). Auf das Merkblatt als weiterführende Hinweise wird zusätzlich auch in den „Ausfüllhinweise(n) zur Beantragung von Bürgergeld (aH)“ (https://www.arbeitsagentur.de/datei/hinweise-antrag-sgb2_ba042694.pdf, S. 1, abgerufen am 6. Oktober 2025), welches zusätzlich in russischer sowie ukrainischer Sprache verfügbar ist (vgl. https://www.arbeitsagentur.de/arbeitslos-arbeit-finden/downloads-arbeitslos-arbeit-finden#buergergeld-formulare, abgerufen am 6. Oktober 2025), hingewiesen. Im Übrigen geht die Kammer auch davon aus, dass die Klägerin zu 1) im Zuge der Beantragung der SGB-II-Leistungen – wie im Bereich des Sozialleistungsrechts üblich – diverses Informationsmaterial, wozu zudem die oben genannten Merkblätter gehören, in physischer Form erhalten hat. Insoweit ließ sich auch die Klägerseite dahingehend ein, dass derartige Merkblätter jedermann erhalte (Bl. 440 GA zu AN 4 K 23.2631). Durch den Verbrauch der weiterzugebenden SGB-II-Leistungen handelten die Klägerinnen – wie bereits im Zuge des Zeitraumes der positiven Kenntnis dargestellt – ebenso offenkundig in zu missbilligender Weise, mithin sozialwidrig. Es widerspricht offenkundig den Wertmaßstäben des SGB II, dieses zu missbilligende, eigenverantwortliche Handeln der Klägerinnen auf den Steuerzahler, mithin die Allgemeinheit, zu verlagern.
69
b) Weitere durchgreifende Einwände gegen die konkrete Kostenerhebung sind für das Gericht nicht ersichtlich.
70
Bedenken gegen die konkrete Höhe der Forderung wurden weder geltend gemacht, noch sind solche für das Gericht ersichtlich. Vielmehr entsprechen die gegenüber den Klägerinnen festgesetzten Verpflegungskosten gemäß § 24 Satz 2 DVAsyl der Höhe der Beträge für den Bereich Nahrungsmittel und Getränke der Abteilung 1 und 2 des § 5 Abs. 1 und § 6 Abs. 1 RBEG in seiner jeweiligen Fassung.
71
Soweit der Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen beanstandet, dass die Kosten erst gut ein Jahr nach der Nutzung erhoben wurden, dringt er damit schließlich nicht im Ansatz durch. Mangels einer entsprechenden Regelung in der DVAsyl beträgt die Festsetzungsfrist im vorliegenden Fall gemäß Art. 21 Abs. 4 Satz 3 i.V.m. Art. 13 KG vier Jahre, wobei die Frist mit Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem der Kostenanspruch entstanden ist. Mit Blick auf den ältesten Abrechnungszeitraum für Juli 2022 ist damit offenkundig keine Festsetzungsverjährung anzunehmen.
72
c) Das Gericht verweist abschließend nochmals ausdrücklich darauf, dass die Klägerinnen sich im Hinblick auf die faktisch potentiell existenzgefährdende Kostenforderung auf die bestehenden Möglichkeiten des Erlasses, der Stundung und Ratenzahlung, mithin auf eine Berücksichtigung der Einwendungen auf zweiter Stufe, verweisen lassen müssen.
73
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO.
74
Im Hinblick auf die ausgeurteilten Verpflegungskosten i.H.v. 7.047,84 EUR tragen die Klägerinnen als Unterlegene die Kosten des Verfahrens, § 154 Abs. 1 VwGO.
75
Im Hinblick auf die nicht mehr streitgegenständlichen Unterkunftskosten i.H.v. 2.309,00 EUR geht das Gericht im Ergebnis für die Klägerinnen als mittellose ukrainische Kriegsflüchtlinge, die sich aufgrund des russischen Angriffskrieges berechtigt in Deutschland aufhalten, SGB-II-Leistungen beziehen und zur Vermeidung von Obdachlosigkeit in einer Asylunterkunft untergebracht sind, von einer vergleichbaren Situation zu derjenigen von anerkannten mittellosen Flüchtlingen aus. In Anwendung der Rechtsprechung des BayVGH (B.v. 16.5.2018 – 12 N 18.9 – juris Rn. 99 ff.; B.v. 10.7.2023 – 12 C 23.30311 – juris Rn. 3 ff.) folgt aus der Verkennung der vom BayVGH aufgestellten Handlungsmaximen im konkreten Fall die Rechtswidrigkeit der festgesetzten Unterkunftskosten aus dem Verstoß gegen das Sozialstaatsprinzip, weshalb es billigem Ermessen entspricht, dem Beklagten als voraussichtlich Unterlegenen die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen (§ 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Der Beklagte muss sich insoweit seinen eigenen Vortrag aus dem Schriftsatz vom 9. Januar 2025 entgegenhalten lassen, wonach das zuständige Jobcenter die Unterkunftsgebühren für den hier streitgegenständlichen Abrechnungszeitraum zwischenzeitlich übernommen hat und die Klägerinnen (zwischenzeitlich) Schuldbefreiung über einen Sozialleistungsträger erhalten haben (Bl. 162 GA zu AN 4 K 23.2631).
76
Das Verfahren ist jedenfalls als Streitigkeit um Benutzungsgebühren für Asylbewerberunterkünfte gemäß § 188 VwGO – mithin als Angelegenheit der Fürsorge – gerichtskostenfrei (vgl. BayVGH, B.v. 14.3.2022 – 12 C 22.170 – juris Rn. 7 ff.; VG Würzburg, U.v. 28.3.2025 – W 7 K 24.40 – n.v. UA S. 19).
77
Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).