Inhalt

VGH München, Beschluss v. 20.02.2025 – 22 ZB 24.62
Titel:

Fälligstellung eines Zwangsgeldes wegen Verstoßes gegen Auflage zu einer gaststättenrechtlichen Erlaubnis (Unterlassen der Außenbewirtschaftung im Wirtschaftsgarten zur Nachtzeit - erfolgloser Antrag auf Zulassung der Berufung

Normenketten:
VwGO§ 43, § 124 Abs. 2 Nr. 2, Nr. 3
VwZVG Art. 37
Leitsätze:
1. Ein Verschulden ist – wie generell bei Beugemitteln ohne strafähnlichen Ahndungscharakter im Verwaltungsvollstreckungsrecht – nicht erforderlich, solange keine unzumutbaren Anforderungen an den Betroffenen gestellt werden. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
2. Von einem Gastwirt, dem aufgrund vorangegangener Beschwerden wegen Ruhestörung zur Nachtzeit für den Außenbereich eine Betriebszeitbeschränkung für die Nachtzeit auferlegt wurde, kann verlangt werden, dass er auch ohne konkreten Anlass kontrolliert, ob sich nach der Schließung der Gaststätte noch Gäste im Außenbereich aufhalten. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
3. Im Gaststättenrecht ist auch der durch den Gaststättenbetrieb im weiteren Sinne verursachte Lärm (z. B. An- und Abfahrtsverkehr, Verweilen der Gäste vor der Gaststätte) dem Gastwirt zurechenbar (BVerwG, U. v. 12.12.2019 – 8 C 3.19, GewArch 2020, 237, Rn. 28). Eine Duldung der Außenbewirtschaftung liegt auch vor, wenn der Betreiber bzw. seine Mitarbeiter die Einhaltung der verfügten Betriebszeit für den Außenbereich der Gaststätte nicht ausreichend kontrolliert haben. (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Fälligstellung eines Zwangsgeldes wegen Verstoßes gegen ein Bewirtungsverbot zur Nachtzeit für einen Wirtschaftsgarten, Duldung der Außenbewirtschaftung, fällig gewordenes Zwangsgeld, Ruhestörung, gaststättenrechtliche Erlaubnis, Auflage, Außenbewirtung, Wirtschaftsgarten, Nachtzeit, Fälligstellung des Zwangsgeldes, Verschulden
Vorinstanz:
VG Bayreuth, Urteil vom 20.12.2023 – B 8 K 21.781
Fundstellen:
BeckRS 2025, 2843
GewA 2025, 263
LSK 2025, 2843

Tenor

I. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 20. Dezember 2023 – B 8 K 21.781 – wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 500,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
1
Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger seinen in erster Instanz erfolglosen Antrag auf Feststellung, dass das mit Schreiben vom 16. Oktober 2018 fällig gestellte Zwangsgeld in Höhe von 500,00 € nicht fällig geworden ist, weiter.
2
Mit Bescheid vom 3. April 2017 hatte der Beklagte dem Kläger nach Beschwerden aus der Nachbarschaft wegen Ruhestörung als Auflage zu seiner gaststättenrechtlichen Erlaubnis u.a. aufgegeben, dass die Außenbewirtung im Wirtschaftsgarten zur Nachtzeit (22:00 bis 6:00 Uhr) zu unterlassen ist. Für den Fall einer Zuwiderhandlung gegen diese Anordnung wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 € angedroht.
3
Laut Ordnungswidrigkeitenanzeige vom 3. August 2018 kam es am 28. Juli 2018 gegen 1:00 Uhr aufgrund einer Nachbarbeschwerde zu einer Kontrolle der Gaststätte des Klägers durch zwei Polizeibeamte der Polizeiinspektion K. Diese stellten fest, dass sich im Biergarten der Gaststätte, der sich an der rückwärtigen Seite des Gebäudes befindet, noch vier Personen mit Getränken aufgehalten hätten. Die Lautstärke sei nicht übermäßig hoch gewesen, die Personen hätten sich in normalem Ton unterhalten. Als Verantwortlicher vor Ort habe sich Herr M. zu erkennen gegeben. Er habe angegeben, dass das Lokal bereits geschlossen sei, den Gästen im Außenbereich habe er nicht explizit erlaubt, sich im Biergarten aufzuhalten. Herr M. sei belehrt worden und die Gäste seien gebeten worden, den Außenbereich zu verlassen. Herr M. gab im Rahmen seiner Betroffenenanhörung am 31. Juli 2018 an, dass „sie um 1:00 Uhr geschlossen gehabt hätten und noch mit Aufräumen beschäftigt gewesen seien. Die Gäste hätten sich ohne ihre Zustimmung rausgesetzt“.
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Mit Schreiben vom 16. Oktober 2018 teilte das Landratsamt K. dem Kläger mit, dass er am 28. Juli 2018 um 1:29 Uhr entgegen des Bescheides des Landratsamtes K. vom 3. April 2017 zugelassen habe, dass sich zur Nachtzeit (nach 22:00 Uhr) vier Gäste im Wirtschaftsgarten der Gaststätte aufgehalten hätten. Das angedrohte Zwangsgeld von 500,00 € sei damit zur Zahlung fällig.
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Die gegen die Fälligstellung erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 20. Dezember 2023 abgewiesen, das dem Kläger am 21. Dezember 2023 zugestellt worden ist.
6
Mit Schriftsatz vom 10. Januar 2024 hat die Klägerbevollmächtigte beantragt, die Berufung gegen das Urteil wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, wegen besonderer rechtlicher oder tatsächlicher Schwierigkeiten und wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen und begründete den Zulassungsantrag im selben Schriftsatz.
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Der Beklagte ist dem Zulassungsantrag entgegen getreten.
8
Ergänzend wird auf die vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakten verwiesen.
II.
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist hat keinen Erfolg, weil der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht vorliegt und die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 VwGO nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt sind.
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1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestünden dann, wenn nach dem Vortrag des Rechtsmittelführers gegen dessen Richtigkeit gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (BVerfG, B.v. 7.10.2020 – 2 BvR 2426.17 – juris Rn. 34; BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – juris Rn. 9). Der Rechtsmittelführer muss konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 62 f.).
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1.1 Nach diesen Maßstäben rechtfertigt das Vorbringen des Klägers, wonach das Verwaltungsgericht zu Unrecht von einer Zuwiderhandlung gegen Ziffer I. 3. des Bescheids vom 3. April 2017 ausgegangen sei, nicht die Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils.
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1.1.1 Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, dass das Zwangsgeld fällig geworden sei, da unter einer unzulässigen Außenbewirtung auch die Duldung des Verzehrs in der Gaststätte erworbener Getränke außerhalb der durch Bescheid festgesetzten Zeiten für die Außenbewirtschaftung zu verstehen sei. Dies sei selbst bei Wahrunterstellung des klägerischen Sachvortrags der Fall, wonach das Personal des Klägers angewiesen gewesen sei, die Auflagen aus dem Bescheid der Beklagten vom 3. April 2017 unbedingt einzuhalten. Die erforderlichen Abwehrmaßnahmen gegen den Verzehr der in der Gaststätte des Klägers erworbenen Getränke im Wirtschaftsgarten seien nicht getroffen worden bzw. der Verzehr der in der Gaststätte des Klägers erworbenen Getränke im Wirtschaftsgarten sei nicht ausreichend behindert worden. Denn dem Kläger obliege die Pflicht, die Einhaltung der Sperrzeit für den Wirtschaftsgarten regelmäßig zu kontrollieren. Dem Personal des Klägers sei jedoch eine solche Kontrollpflicht nicht aufgegeben worden.
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1.1.2 Der Kläger bringt demgegenüber vor, das Verwaltungsgericht verkenne, dass auch eine Duldung des Verzehrs der Gäste im Außenbereich außerhalb der festgelegten Sperrzeiten durch den Kläger bzw. durch seine Mitarbeiter voraussetze, dass sie gewusst hätten oder zumindest damit hätten rechnen müssen, dass die Gäste die in seinem Lokal erworbenen Getränke im Außenbereich außerhalb der festgesetzten Sperrzeiten konsumierten. Davon gehe auch die vom Verwaltungsgericht zitierte Entscheidung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe (U.v. 20.9.2011 – 4 K 2211/10 – juris) aus. Im Gegensatz zu dieser Entscheidung handle es sich vorliegend um einen erstmaligen und nach wie vor einzigen Vorfall, bei dem Gäste die im Innenbereich erworbenen Getränke mit nach außen genommen und diese dort „fertig konsumiert“ hätten. Der Kläger bzw. dessen Mitarbeiter hätten bereits aus diesem Grunde nicht damit rechnen müssen, dass Gäste ihre Getränke noch im Außenbereich außerhalb der Sperrzeiten fertig konsumieren. Insbesondere sei dem Kläger bzw. dessen Mitarbeitern nicht bekannt gewesen, dass die Gäste ihre Getränke mit nach draußen genommen hätten, um diese im Außenbereich noch fertig zu konsumieren. Denn Herr M. habe im Innenbereich kurz vor der Schließung der Gaststätte abkassiert und darauf hingewiesen, dass die Gaststätte in Kürze schließe. Die Bedienung habe bemerkt, dass die Gäste das Lokal verließen, aber nicht, dass sie die Getränke mitgenommen haben.
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Soweit das Verwaltungsgericht darauf abstelle, dass bei Schließung der Gaststätte immer zu kontrollieren sei, ob die Gäste auch tatsächlich die Gaststätte verlassen hätten, verkenne das Verwaltungsgericht den klägerischen Sachvortrag. Die Gäste seien darauf hingewiesen worden, dass sie austrinken müssten, weil die Gaststätte schließe. Zudem habe es sich um ein einmaliges Ereignis gehandelt. Die vom Verwaltungsgericht geforderte Kontrollverpflichtung, ohne jeglichen konkreten Anlass und nach dem vorher auch noch die Gäste angewiesen worden seien, auszutrinken und zu gehen, stelle nach Auffassung des Klägers eine überspannte Kontrollanforderung dar. Für eine passive Außenbewirtung und damit einhergehende Abwehrmaßnahmen könne gerade dann, wenn es sich um einen erstmaligen und einzigen Vorfall handele, eine „derart ständige Kontrolle“ nicht gefordert werden.
15
1.1.3 Damit zieht der Kläger die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, wonach das Zwangsgeld fällig geworden ist, weil der Kläger bzw. seine Mitarbeiter den Verzehr der Getränke außerhalb der Öffnungszeit für den Wirtschaftsgarten geduldet hätten, nicht ernsthaft in Zweifel. Es ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass es maßgeblich auf die Zurechenbarkeit des Verhaltens Dritter ankommt (vgl. BVerwG, U.v. 12.12.2019 – 8 C 3.19 – juris Rn. 28) und dass ein Verschulden – wie generell bei Beugemitteln ohne strafähnlichen Ahndungscharakter im Verwaltungsvollstreckungsrecht (vgl. BVerwG, U.v. 21.1.2003 – 1 C 5.02 – juris Rn. 19; OVG NW, B.v. 24.5.2017 – 4 B 346/17 – juris) – nicht erforderlich ist, solange keine unzumutbaren Anforderungen an den Betroffenen gestellt werden. Soweit der Kläger vorbringt, ein Dulden liege nur dann vor, wenn er bzw. seine Mitarbeiter hätten wissen müssen, dass sich Gäste im Außenbereich aufhielten oder dies schon öfter vorgekommen sei, liegen diese Ausführungen neben der Sache, weil das Verwaltungsgericht für das Vorliegen des Duldungstatbestands ausschließlich darauf abstellt, ob vom Gaststättenbetreiber die erforderlichen Maßnahmen ergriffen worden sind, um die Einhaltung der im Bescheid vom 3. April 2017 angeordneten Bewirtungszeit für den Außenbereich der Gaststätte zu gewährleisten. Es kommt folglich nach der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht darauf an, ob ein oder mehrere Verstöße gegen eine „Sperrzeitbestimmung“ vorliegen oder der Gaststättenbetreiber vom Aufenthalt der Gäste im Wirtschaftsgarten Kenntnis hatte oder hätte haben können. Denn das Verwaltungsgericht definiert Dulden als Unterlassen von Abwehrmaßnahmen (UA S. 9). Diese Definition zieht der Kläger mit seinem Zulassungsvorbringen nicht ernsthaft in Zweifel. Auch steht die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts entgegen dem Vorbringen des Klägers nicht in Widerspruch zum Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 2. September 2011 – 4 K 2211/10, das eine Untersagungsverfügung wegen unerlaubter Sondernutzung öffentlichen Straßenraums durch eine „Außenbewirtschaftung“ zum Gegenstand hat. Soweit sich das Verwaltungsgericht auf diese Entscheidung bezieht, entnimmt es dieser Entscheidung nur die Definition für den Begriff der „Außenbewirtschaftung“ (vgl. Rn. 25 UA VG Karlsruhe), nämlich die Bewirtung der Gäste außerhalb bestimmter Flächen und Zeiten, und die Duldung, dass in der Gaststätte erworbene Getränke außerhalb bestimmter (hierfür zugelassener) Flächen verzehrt werden. Ein Rechtssatz, dass ein Dulden der Außenbewirtschaftung nur dann vorliegt, wenn der Gaststättenbetreiber davon Kenntnis hat oder haben muss, dass seine Gäste ihre bei ihm erworbenen Getränke außerhalb der zugelassenen Fläche oder der zugelassenen Zeiten zu sich nehmen, lässt sich dem Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe nicht entnehmen. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe stellt für die unberechtigte Inanspruchnahme von öffentlichem Straßengrund alleine darauf ab, ob diese dem Gastwirt zurechenbar ist. Im Bereich des Gaststättenrechts ist auch der durch den Gaststättenbetrieb im weiteren Sinne verursachte Lärm (z.B. An- und Abfahrtsverkehr, Verweilen der Gäste vor der Gaststätte) dem Gastwirt zurechenbar (BVerwG, U.v. 12.12.2019 – 8 C 3.19 – juris Rn. 28).
16
Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht eine Duldung der Außenbewirtschaftung angenommen, weil der Kläger bzw. seine Mitarbeiter die Einhaltung der verfügten Betriebszeit für den Außenbereich der Gaststätte nicht ausreichend kontrolliert haben. Das Verwaltungsgericht hat zwar die Aussage des Klägers, er habe seine Mitarbeiter angewiesen, dafür Sorge zu tragen, dass die Auflage aus dem Bescheid vom 3. April 2017 eingehalten wird, als wahr unterstellt, hat dies aber nicht ausreichen lassen, sondern eine Kontrollpflicht gefordert. Die Einwendungen des Klägers hiergegen begründen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Insbesondere reicht die Aufforderung von Herrn M., dass die Gäste austrinken sollten, weil die Gaststätte bald schließe, nicht um die Einhaltung der Sperrzeit im Außenbereich zu gewährleisten. Es hätte zumindest eines weiteren Hinweises bedurft, dass auch ein Aufenthalt im Außenbereich der Gaststätte (der im Sommer auch naheliegend ist) nicht zulässig ist. Zudem kann von einem Gastwirt, dem aufgrund vorangegangener Beschwerden wegen Ruhestörung zur Nachtzeit für den Außenbereich eine Betriebszeitbeschränkung für die Nachtzeit auferlegt wurde, verlangt werden, dass er auch ohne konkreten Anlass kontrolliert, ob sich nach der Schließung der Gaststätte noch Gäste im Außenbereich aufhalten. Eine derartige Kontrollpflicht davon abhängig zu machen, ob es bereits zu Verstößen gegen die Betriebszeitbeschränkung gekommen ist – wie der Kläger wohl meint –, widerspräche dem Sinn und Zweck der Auflage. Denn diese soll ab Bekanntgabe und nicht erst nach mehrmaligen Verstößen die Nachtruhe der Anwohner sicherstellen. Eine Nutzung des Wirtschaftsgartens der Gaststätte zur Nachtzeit könnte der Gastwirt zudem durch organisatorische Maßnahmen wie das Verschließen des Zugangs zum Wirtschaftsgarten unterbinden, ohne dass es hierfür einer fortlaufenden Kontrolle der Gäste durch das Personal bedürfte.
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1.2 Die Ausführungen des Klägers zu Ziffer IV. des Bescheids vom 3. April 2017 sind nicht entscheidungserheblich, weil die Fälligstellung des Zwangsgeldes nach Ziffer III. des Bescheids wegen eines Verstoßes gegen Ziffer I.3. (Außenbewirtschaftung im Wirtschaftsgarten zur Nachtzeit) und nicht wegen eines Verstoßes gegen das Bewirtungsverbot vor dem Vordereingang zur Spitalgasse erfolgte. Dass von dem Gebot, die Außenbewirtung im Wirtschaftsgarten zur Nachtzeit zu unterlassen, auch ein Verweilen von Gästen umfasst wird, die ihre im Lokal bestellten Getränke dort konsumieren wollen, folgt aus der gebotenen Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont (vgl. dazu Weiß, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 36, Rn. 91) und musste im Bescheid daher nicht ausdrücklich erwähnt werden. Insofern bedurfte es – entgegen dem Vorbringen des Klägers – auch keiner Feststellungen im Urteil zur „eindeutigen Erkennbarkeit“ der entsprechenden Pflichten.
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1.3 Das Vorbringen des Klägers zur Ermessensausübung des Landratsamtes rechtfertigt ebenfalls nicht die Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils.
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1.3.1 Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, das Landratsamt sei zu Recht davon ausgegangen, dass aufgrund der Historie der Gaststätte nicht auf die Zahlung des Zwangsgeldes hätte verzichtet werden können. Durch das Landratsamt sei am 22. März 2017 ein Bußgeldbescheid erlassen worden, weil die Nachbarschaft erheblich in ihrer Nachtruhe belästigt worden sei. Wegen eines Verstoßes gegen Ziffer 1 (richtig Ziffer I.1, Geschlossenhalten der Fenster und Türen nach 22 Uhr) des Bescheids vom 3. April 2017 sei bereits am 26. Juni 2017 ein Zwangsgeld fällig gestellt worden. Aufgrund nächtlicher Ruhestörungen am 28. Mai 2017, 17. Juni 2017 und 24. Juni 2017 seien ebenfalls Bußgeldbescheide erlassen worden. Folglich sei nicht davon auszugehen, dass künftig keine weiteren Zuwiderhandlungen mehr zu befürchten sind, weshalb es schon an der Grundvoraussetzung fehle, gemäß Art. 37 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 VwZVG von der Beitreibung des Zwangsgeldes abzusehen. Eine Lärmbelästigung der Nachbarschaft sei entgegen der klägerischen Ausführungen gerade nicht ausgeschlossen, denn laut der immissionsschutzfachlichen Stellungnahme vom 16. September 2016 wäre der zur Nachtzeit zulässige Immissionswert von 45 dB(A) bei Anwesenheit von vier Gästen bereits um 9 dB(A) überschritten.
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1.3.2 Der Kläger bringt diesbezüglich vor, dass zahlreiche Anzeigen der Nachbarschaft wegen Lärmbelästigung völlig unbegründet gewesen seien. Auch bei dem Vorfall am 28. Juli 2018 hätten sich die Gäste in moderatem Ton unterhalten. Zudem habe es sich bei dem Vorfall um einen erstmaligen Vorfall dieser Art gehandelt. Für den Kläger sei zudem mit dem Konsum der in der Gaststätte erworbenen Getränke im Wirtschaftsgarten kein wirtschaftlicher Vorteil verbunden gewesen.
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1.3.3 Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils ergeben sich aus diesem Vorbringen nicht. Auch wenn es sich bei dem Verstoß gegen das Bewirtschaftungsverbot zur Nachtzeit um den ersten Verstoß gegen diese Auflage zum Schutz der Nachbarschaft vor Ruhestörung gehandelt haben mag, so zeigt die Aufzählung der gegen den Kläger wegen Ruhestörung verhängten Bußgelder und die Fälligstellung eines Zwangsgeldes wegen eines Auflagenverstoßes, dass sich der Kläger in der Vergangenheit nicht ernsthaft um die Einhaltung der Nachtruhe seiner Nachbarschaft bemüht hat und es der Verhängung von Zwangsmitteln bedarf, um ihn zu rechtskonformem Verhalten anzuhalten. Da für die festgestellten Verstöße wiederholt Bußgelder verhängt worden sind, kann es sich entgegen der Behauptung des Klägers auch nicht um „völlig unbegründete Anzeigen“ gehandelt haben. Da durch die vier anwesenden Gäste bereits eine Überschreitung des zulässigen Immissionsrichtwerts für die Nacht vorlag, kommt es auf die Feststellung der Polizei, dass sich die Gäste bei deren Eintreffen in moderatem Ton unterhalten hätten, nicht an. Unerheblich ist auch, ob der Kläger aus dem Dulden der Außenbewirtung zum konkreten Zeitpunkt einen wirtschaftlichen Vorteil gezogen hat. Zwangsgelder sollen den Pflichtigen dazu anhalten, seine Verpflichtungen zu erfüllen; sie dienen nicht der „Gewinnabschöpfung“ bei pflichtwidrigem Verhalten.
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2. Der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist bereits nicht hinreichend dargelegt. Der Kläger zeigt nicht auf, worin die besondere rechtliche Schwierigkeit bei der Würdigung des Vorliegens einer „passiven Außenbewirtschaftung“ bestehen soll.
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3. Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache ist ebenfalls nicht hinreichend dargelegt. Der Kläger formuliert schon keine konkrete Grundsatzfrage, „die Frage der Außenbewirtung“ lässt eine konkrete Fragestellung nicht erkennen. Zudem wäre die Frage, unter welchen Umständen eine „passive Außenbewirtung“ vorliegt, einer grundsätzlichen Klärung nicht zugänglich, weil es auf den konkreten Einzelfall ankommt, ob von einer Duldung der Außenbewirtung ausgegangen werden kann. Es erschließt sich nicht, weshalb sich aus der Nähe zu einer Wohnbebauung die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der Rechtsache ergeben sollte.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47, § 52 Abs. 3 GKG i.V.m. den Ziffern 1.3 und 1.7.1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).