Titel:
Vorzeitige Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit – erfolglose Klage einer Postbeamtin
Normenkette:
BBG § 44 Abs. 1, Abs. 2
Leitsätze:
1. Dienstunfähigkeit setzt voraus, dass bei der Beschäftigungsbehörde kein Dienstposten zur Verfügung steht, der dem statusrechtlichen Amt des Beamten zugeordnet und gesundheitlich für ihn geeignet ist. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
2. Für eine vorausschauende Suche nach freiwerdenden und/oder neu zu besetzenden Dienstposten ist ein Zeitraum von sechs Monaten angemessen. (Rn. 50) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine Pflicht zu einer dienstherrnübergreifenden Suche nach einer anderweitigen Verwendung besteht nicht. (Rn. 58) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Bundesbeamtenrecht, Postnachfolgeunternehmen, (Vorzeitige) Versetzung einer Beamtin in den Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit, Keine Verletzung der Suchverpflichtung bzgl. einer anderen Verwendbarkeit, vorzeitige Versetzung in den Ruhestand, Postbeamter, Fehlzeiten, anderweitige Verwendungsmöglichkeit, Beamter auf Lebenszeit, Suchpflicht
Fundstelle:
BeckRS 2025, 24743
Tatbestand
1
Die Klägerin wendet sich gegen die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit.
2
Die am … 1973 geborene Klägerin steht als Posthauptsekretärin (mittlerer Dienst, Besoldungsgruppe A8) im Dienst der Beklagten und war bei der Deutschen Post AG seit 2005 – abgesehen von der befristeten Abordnung zum … in … vom … bis … – zuletzt im Geschäftsbereich (GB) Vertrieb Post & Paket am Standort … eingesetzt.
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Wegen dauerhafter Fehlzeiten und fehlender anderweitiger Verwendungsmöglichkeit versetzte die Beklagte die Klägerin mit Verfügung vom … wegen Dienstunfähigkeit mit Ablauf des … erstmalig in den vorzeitigen Ruhestand.
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Nachdem die erneute Unterbringungsprüfung im … die Möglichkeit zur Abordnung an das … ergeben hatte (Tätigkeit als Assistentin), hob die Beklagte die Ruhestandsversetzung mit Bescheid vom … auf und ordnete die Klägerin zum … bis … mit einer Arbeitszeit von 20,5 Wochenstunden (WAZ) an das … ab.
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Zum … verlängerte die Beklagte die Abordnung der Klägerin an das … (sodann mit 32 WAZ) bis zum … Mit Schreiben vom 18. Februar 2022 forderte die Beklagte die Klägerin zur ärztlichen Untersuchung auf. Auf Grund des betriebsärztlichen Gutachtens von … vom 25. Mai 2020, der betriebsärztlichen Stellungnahme vom 22. Juli 2020 und des erneuten betriebsärztlichen Gutachtens vom 16. März 2021 sei die Klägerin nur noch begrenzt dienstfähig (32 WAZ). Darüber hinaus sei die Klägerin seit dem 27. Dezember 2021 ununterbrochen erkrankt. Aus diesem Grund und zur Prüfung einer weiteren Einsatzmöglichkeit am … samt ggfs. möglicher Erhöhung der Wochenarbeitszeit werde eine ärztliche Untersuchung nach § 44 Abs. 6 Bundesbeamtengesetz (BBG) angeordnet.
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Mit ärztlichem Gutachten vom 31. März 2022 wurde festgestellt, die Klägerin sei mit 32 Wochenstunden weiterhin begrenzt dienstfähig. Aus medizinischer Sicht bestünden Leistungseinschränkungen. Das positive Restleistungsvermögen stelle sich wie folgt dar: halb- bis untervollschichtiger Einsatz mit nicht mehr als acht Stunden täglich mit einer Wochenarbeitszeit von 32 Stunden, in Tagesschicht in geschlossenen Räumen/Hallen bzw. in temperierten Räumen. Für das positive Restleistungsvermögen bezüglich der Arbeitsschwere (Gewichtswerte für Heben und Tragen oder für Hantierungen mit Gegenständen), vgl. Ausführungen Bl. 1228 der Aktenheftung ZGP Unterbringungsprüfung 2022, Band II. Folgende Arbeiten und Belastungen seien auszuschließen (negatives Gesamtleistungsbild): lange Laufleistung über 2.000 m, häufiges Ein- und Aussteigen aus Fahrzeugen, ständiges Stehen, erhöhte Verletzungsgefahr und Reisetätigkeit. Der medizinisch zumutbare Arbeitsweg liege bei ca. 45 Minuten (einfach) mit dem Pkw. Ein Umzug sei medizinisch nicht zumutbar. Ein Wechsel zwischen Sitzen und Stehen sei notwendig, keine Überkopfarbeit.
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Laut der tragenden Gründe zum Untersuchungsauftrag (vgl. Bl. 1231 der Aktenheftung ZGP Unterbringungsprüfung 2022, Band II) habe die Klägerin ihre Tätigkeit am … sehr gut bewältigen können, es sei jedoch im Jahr 2021 zu zwei größeren Operationen (Hämorrhoiden-Operation, Gallenblasenoperation und Nabelbruchoperation) gekommen, die längere Fehlzeiten verursacht hätten. Auf Grund der mangelnden Belastbarkeit der Bauchwand könne die Klägerin nur noch bis 2 kg heben. Darüber hinaus bestünden weiterhin die chronischen Erkrankungen (u.a. Lipo- und Lymphödem, Adipositas per Magna sowie wechselnde Schmerzen im Rahmen einer Fibromyalgie und Trigeminusneuralgie), auf Grund derer das Leistungsbild weiterhin eingeschränkt sei (s. bereits Gutachten 2019, 2020 und 2021). Bei rezidivierenden depressiven Phasen liege weiterhin eine stabile Psyche vor. Eine Besserung des Leistungsbildes sei dauerhaft nicht zu erwarten.
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Zum … beendete das … wegen urlaubs- und krankheitsbedingter Fehlzeiten (ab … bis …: 31 Fehltage) die Abordnung der Klägerin vorzeitig. Der Einsatz der Klägerin im Bereich eines Projektes zur Bestandsaufnahme und Inventur sei für das … nicht wirtschaftlich, es könne auf Grund der Fehlzeiten der Klägerin keine adäquate Personaleinsatzplanung erfolgen. Vielmehr müssten aus anderen Bereichen personelle Ressourcen für das Projekt aufgebracht werden, um den Rückstand aufzuarbeiten. Die Abordnung und damit die anderweitige Verwendung im Sinne des § 44 BBG sei daher aus Sicht des … gescheitert.
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Mit Verfügung vom … stellte die Beklagte die Klägerin ab dem … bis auf Weiteres widerruflich von der Erbringung der Arbeitsleistung frei.
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Laut internem Vermerk vom 22. April 2022 (vgl. Bl. 1242 ff. der Aktenheftung ZGP Unterbringungsprüfung 2022, Band II, Heft 1) seien alle Einsatzmöglichkeiten im gesamten GB Vertrieb Post & Paket bzgl. einer Beschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin im Rahmen der begrenzen Dienstfähigkeit überprüft worden. Im Einzelnen überprüft worden seien die Geschäftsbereiche Personal, Vertrieb, Post & Paketvertriebsmanagement P& P Fl., KAM & Sales Support P& P Fl. sowie Vertrieb SME Post & Paket mit ihren jeweils untergeordneten Abteilungen. Die Prüfung habe alle in den Geschäftsbereichen eingerichteten Stellen und Arbeitsposten des mittleren Dienstes beinhaltet. Im Einzelnen seien dies: Assistent, Buchhalter, Serviceassistent, Account Manager Innendienst, Telesales Agent Farmer/Hunter, Sachbearbeiter. Die einzigen zwei Arbeitsplätze (Account Manager Innendienst in …), die zwar dem Umkreis zur möglichen Reisetätigkeit entsprechen würden, könnten anhand der anderweitigen Einschränkungen im Leistungsbild ausgeschlossen werden (u.a. Arbeitsschwere von bis zu 2 kg, lange Laufleistungen über 2.000 m u.w.). Es gebe daher bei Betrachtung aller im gesamten Bundesgebiet eingerichteten Arbeitsstätten bzw. Betriebsteile der GB Vertrieb keine Arbeitsstätten bzw. Betriebsteile, die sich innerhalb des medizinisch zumutbaren Arbeitsweges von ca. 45 Minuten einfacher Fahrstrecke mit dem Pkw befinden würden. Ein Umzug sei laut Restleistungsbild medizinisch nicht zumutbar. Sämtliche Tätigkeiten des mittleren Dienstes im Vertrieb würden in über 25% der Arbeitszeit ein Heben und Tragen bis ca. 15 kg erfordern, sodass die Beamtin gemäß „Auszug medizinisches Gesamtleistungsbild“ nicht eingesetzt werden könne. Auch sei die Aufgabenerfüllung in allen Abteilungen mit erhöhter Reisetätigkeit verbunden, da der Vertrieb bundesweit aufgestellt sei. Andere Tätigkeiten des mittleren Dienstes ohne die nach dem Gutachten auszuschließenden Belastungen seien in den Geschäftsbereichen nicht vorhanden. Auch sei ein Einsatz in der niedrigeren Laufbahn des einfachen Dienstes (Produktionsassistent, Juniorassistent) nicht möglich, da bei allen in der einfachen Laufbahn vorhandenen Arbeits- und Teilarbeitsposten Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten mit mehr als 2 kg anfallen würden. Ferner liege keine Stelle des einfachen Dienstes innerhalb des medizinisch zumutbaren Arbeitsweges von ca. 45 Minuten.
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Mit Email vom 8. Juni 2022 (vgl. Bl. 1a ff. der Aktenheftung ZGP Unterbringungsprüfung 2022, Band II, Heft 2 „Postinterne Unterbringungsprüfung“) fragte die Beklagte bundesweit bei anderen Organisationseinheiten der Deutschen Post, im Rahmen der Zuweisung bei Tochter-, Enkel-, Beteiligungs- oder Drittunternehmen und ggf. weiterer Prüfungen ab, ob dort eine anderweitige Verwendung der Klägerin gemäß §§ 44, 45 BBG zur Verfügung stünde. Beigefügt war der anonymisierte „Auszug Medizinisches Gesamtleistungsbild“ über die Klägerin vom 31. März 2022.
12
Laut der Rückmeldungen (Eingang zw. 8. und 20. Juni 2022) der angefragten Dienststellen konnte keine der Abgefragten der Klägerin zum jetzigen Zeitpunkt oder in absehbarer Zeit einen ihrem Restleistungsvermögen entsprechenden Dienstposten in der Laufbahngruppe des mittleren oder einfachen Dienstes zur Verfügung stellen (vgl. Bl. 8 ff. der Aktenheftung ZGP Unterbringungsprüfung 2022, Band II, Heft 2). Eine Begründung war zumeist beigefügt.
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Die seitens der Beklagten in Auftrag gegebene Unterbringungsprüfung bei anderen Bundesbehörden (vgl. Bl. 129 ff. der Aktenheftung ZGP Unterbringungsprüfung 2022, Band II, Heft 3 „Dialogisches Verfahren“) blieb ebenfalls erfolglos.
14
Mit Schreiben vom 15. August 2022 hörte die Beklagte die Klägerin zur beabsichtigten Versetzung in den Ruhestand an (vgl. Bl. 1252 der Aktenheftung ZGP Unterbringungsprüfung 2022, Band II).
15
Über ihren Bevollmächtigten ließ die Klägerin einwenden, dass nicht nach einer amtsangemessenen anderen Verwendung für sie gesucht worden sei. Nicht bekannt sei, welche Kriterien die Beklagte bei ihrer Abfrage vorgegeben habe. Die Antwortschreiben auf die überwiegend im Juni/Juli 2022 stattgefundene Unterbringungsprüfung würden zudem bereits aus Februar bis April 2022 stammen und seien weit überwiegend nicht nachprüfbar oder nachvollziehbar. Seit der Überprüfung seien darüber hinaus bereits zwischen 4 bis 9 Monaten vergangen, seit April 2022 sei die Klägerin nicht mehr arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Sie sei in einem Umkreis von 60 km einsatzfähig. Durch ihre unterschiedlichen Vorverwendungen bei der Post sei es ihr möglich, in kurzer Zeit auch andere Bürotätigkeiten zu übernehmen.
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Die Beklagte trat diesen Ausführungen entgegen und führte aus, die Unterbringungsprüfung sei nicht zu beanstanden, die klägerischen Einwendungen seien unbegründet.
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Mit Schreiben vom 28. Oktober 2022 widersprach der Betriebsrat GB Vertrieb Post & Paket der beabsichtigten Zurruhesetzung der Klägerin. Nach der Rückkehr der Klägerin aus der bis zum … dauernden Abordnung sei erneut eine Unterbringungsprüfung durchzuführen gewesen. Die Dienstunfähigkeitsuntersuchung der Klägerin läge zudem bereits über ein halbes Jahr zurück. Zwischenzeitlich könnten sich Änderungen im Gesundheitszustand der Klägerin ergeben haben.
18
Die Beklage führte hierauf aus, dass eine anderweitige Verwendungsprüfung für die Klägerin innerhalb des Geschäftsbereichs und bei anderen Organisationseinheiten der Deutschen Post AG durchgeführt worden sei. Auch bei anderen Niederlassungen und im Rahmen der Zuweisung von Tätigkeiten sowie über das sog. Dialogische Verfahren der Zentrale bei Bundesbehörden habe keine Unterbringungsmöglichkeit gefunden werden können. Das Zurruhesetzungsverfahren könne auch ohne neue Dienstunfähigkeitsuntersuchung weitergeführt werden, da zentrale Aussage des betriebsärztlichen Gutachtens aus März 2022 sowie der tragenden Gründe zum Untersuchungsauftrag gewesen sei, dass mit einer Verbesserung des Gesamtleistungsbildes dauerhaft nicht zu rechnen sei. Die Beklagte sei sich der finanziellen Auswirkungen einer Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit sehr bewusst, allerdings stünden die im Gutachten angegebenen Gesundheitsstörungen und die daraus resultierenden Einschränkungen einem weiteren Einsatz unter Berücksichtigung des im Beamtenrecht verankerten Fürsorgeprinzips ausdrücklich entgegen. Eine Verschlimmerung der Beschwerden durch berufliche Belastungen müsse ausgeschlossen werden können.
19
Mit Bescheid vom 22. Dezember 2022 versetzte die Beklagte die Klägerin mit Ablauf des … wegen dauernder Dienstunfähigkeit nach § 44 Abs. 1 BBG in den Ruhestand.
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Nach fristgerechter Widerspruchseinlegung forderte die Beklagte die Klägerin am 10. März 2023 zu einer weiteren Dienstunfähigkeitsuntersuchung auf. Die Unterbringungsprüfung sei ergebnislos geblieben. Es werde gebeten zu prüfen, ob auf Grund der zeitlichen Unzumutbarkeit (45 Minuten einfacher Arbeitsweg; Umzug nicht zumutbar) und Ausschluss der Reisetätigkeit auch Dienstreisen betroffen seien und wenn ja, in welchem Umfang.
21
Mit ärztlichem Gutachten vom 14. März 2023 wurde festgestellt, die Klägerin sei weiterhin nur begrenzt dienstfähig (nicht mehr als acht Stunden täglich mit 32 WAZ). Auch die weiteren Einschränkungen des Leistungsvermögens der Klägerin seien unverändert. Reisetätigkeiten (Dienstreisen) seien nicht möglich.
22
Laut internem Vermerk vom 28. März 2023 wurden daraufhin erneut alle Einsatzmöglichkeiten im gesamten GB Vertrieb Post & Paket im mittleren und einfachen Dienst bzgl. einer Beschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin im Rahmen ihrer begrenzten Dienstfähigkeit überprüft. Die Prüfung sei jedoch ergebnislos geblieben (vgl. Bl. 1333 f. der Aktenheftung ZGP Unterbringungsprüfung 2023, Band III Heft 1).
23
Von März bis Mai 2023 führte die Beklagte anhand des im neuerlichen Gutachten beschriebenen Restleistungsbildes („Auszug Medizinisches Gesamtleistungsbild“) der Klägerin erneut eine bundesweite Unterbringungsprüfung durch („Postinterne Unterbringungsprüfung“ sowie „Dialogisches Verfahren“, vgl. Aktenheftung ZGP Unterbringungsprüfung 2023, Band III Heft 2 und Heft 3).
24
Laut der Rückmeldungen (postintern: Eingang zw. 31. März und 11. April 2023; Dialogisches Verfahren: Eingang zw. 2. Mai 2023 und 4. September 2023) der angefragten Behörden und Dienststellen konnte keine der Abgefragten der Klägerin einen ihrem Restleistungsvermögen entsprechenden Dienstposten in der Laufbahngruppe des mittleren oder einfachen Dienstes zur Verfügung stellen (vgl. Bl. 8 ff. der Aktenheftung ZGP Unterbringungsprüfung 2023, Band III, Heft 3). Eine Begründung war zumeist beigefügt.
25
Mit Widerspruchsbescheid vom 12. September 2023 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen die vorzeitige Zurruhesetzung zurück. Gemäß dem medizinischen Gesamtleistungsbild aus dem vorliegenden Gutachten vom 14. März 2023 bestehe ein Restleistungsvermögen mit einer Wochenarbeitszeit von 32 Stunden und acht Stunden täglich für eine halb- bis untervollschichtige Tätigkeit im Tagesdienst mit weiteren Einschränkungen (ausgeschlossen sei eine lange Laufleistung über 2.000 m, häufiges Ein- und Aussteigen aus Fahrzeugen, ständiges Stehen, Tätigkeiten mit erhöhter Verletzungsgefahr sowie Reisetätigkeiten, ein zumutbarer Arbeitsweg von ca. 45 Minuten einfacher Strecke, Umzug nicht zumutbar, Wechsel zwischen Sitzen und Stehen notwendig, keine Überkopfarbeit). Es sei jedoch im gesamten Geschäftsbereich der Beklagten keine Verwendungsmöglichkeit für die Klägerin im Rahmen dieses Restleistungsvermögens vorhanden. Geprüft worden seien alle Einsatzmöglichkeiten im gesamten GB Vertrieb Post & Paket sowie alle in den Geschäftsbereichen eingerichteten Stellen/Arbeitsposten des mittleren und einfachen Dienstes. Auch die Unterbringungsprüfung bundesweit bei anderen Organisationseinheiten der Deutschen Post AG nach den §§ 44, 45 BBG, im Rahmen der Zuweisung bei Tochter-, Enkel-, Beteiligungs- oder Drittunternehmen nach § 4 Abs. 4 Postpersonalrechtsgesetz (PostPersRG) bzw. extern bei anderen Bundesbehörden sei erfolglos verlaufen. Es sei daher nach pflichtgemäßem Ermessen gemäß § 44 Abs. 1 BBG entschieden worden, die Klägerin für dauernd dienstunfähig zu erklären. Die gegen die beabsichtigte Zurruhesetzung erhobenen Einwendungen der Klägerin und des Betriebsrats seien geprüft und zurückgewiesen worden. Der Vorstand der Deutschen Post AG habe gemäß § 47 Abs. 1 BBG seine Zustimmung zur Zurruhesetzung erteilt. Seitens der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation Deutsche Bundespost seien gemäß § 14 des Gesetzes über die Errichtung einer Bundesanstalt für Post und Telekommunikation Deutsche Bundespost keine Einwände erhoben worden.
26
Am 11. Oktober 2023 ließ die Klägerin über ihren Bevollmächtigten hiergegen Klage erheben. Die Annahme der Beklagten, die Klägerin sei anderweitig nicht verwendbar, sei falsch. Die Klägerin verfüge über ein Restleistungsvermögen mit 32 WAZ und acht Stunden täglich. Die Beklagte sei ihrer Prüf- und Suchpflicht für eine anderweitige Verwendung der Klägerin nicht hinreichend nachgekommen. Zwar seien zahlreiche Bundesbehörden zum Zweck der Unterbringungsprüfung kontaktiert worden, die Antwortschreiben der Behörden seien jedoch in wesentlichen Punkten weit überwiegend nicht nachprüf- oder nachvollziehbar. Es lägen keine Informationen dazu vor, welche Kriterien der Dienstherr in Bezug auf das Leistungsbild der Klägerin vorgegeben habe und welche Kriterien seitens der jeweiligen Behörden, vor allem für welchen Zeitpunkt, geprüft worden seien. Eine Projektstelle oder der Einsatz der Klägerin auf einem Telearbeitsplatz seien seitens der Beklagten nicht in Erwägung gezogen bzw. geprüft worden. Unter dem Gesichtspunkt „Weiterverwendung vor Versorgung“ bestünden daher durchgreifende rechtliche Bedenken gegen eine Versetzung in den Ruhestand. Es sei zweifelhaft, ob die Beklagte sämtliche Möglichkeiten ausgeschöpft habe.
27
Die Klägerin beantragt,
der Zurruhesetzungsbescheid vom 22. Dezember 2022 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 12. September 2023 wird aufgehoben.
28
Die Beklagte beantragt
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Zur Begründung nimmt die Beklagte auf den angegriffenen Bescheid sowie den Widerspruchsbescheid Bezug. Die pauschale Behauptung, die Beklagte sei ihrer Prüf- und Suchpflicht nach einer anderweitigen Verwendung für die Klägerin nicht nachgekommen, sei völlig unsubstantiiert und werde nicht belegt. Die Beklagte sei ihrer Prüf- und Suchpflicht ordnungsgemäß nachgekommen. Gemäß der höchstrichterlichen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung habe die Beklagte eine weitere Verwendung der Klägerin innerhalb der eigenen Dienststelle ausgiebig geprüft und nachvollziehbar verneint. Im Anschluss habe sie ihre Anfrage an alle Unternehmen des Gesamtkonzerns gerichtet und schließlich auch auf weitere Bundesbehörden im gesamten Bundesgebiet erweitert. Bei der Suche nach einer anderweitigen Verwendung habe die Beklagte die Leistungseinschränkungen der Klägerin zutreffend beschrieben. Dies ergebe sich nachvollziehbar aus den vorliegenden Unterbringungsprüfungen. Am … sei ein erneuter Einsatz im bisherigen Tätigkeitsbereich nicht möglich, da das … keine weitere Beschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin sehe.
30
Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die vorgelegten Behördenakten verwiesen. Für den Verlauf der mündlichen Verhandlung wird auf das Sitzungsprotokoll vom 16. Juli 2025 verwiesen.
Entscheidungsgründe
31
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
32
Die Versetzung der Klägerin in den Ruhestand ist im entscheidungserheblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, der Widerspruchsentscheidung der Beklagten vom 12. September 2023, rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
33
Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 BBG ist ein Beamter auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn er wegen des körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung der Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) ist.
34
Maßstab für die Beurteilung der Dienstunfähigkeit ist nicht das vom Beamten zuletzt wahrgenommene Amt im konkret-funktionellen Sinn (Dienstposten), sondern das Amt im abstrakt-funktionellen Sinn. Es umfasst alle bei der Beschäftigungsbehörde dauerhaft eingerichteten Dienstposten, auf denen der Beamte amtsgemessen beschäftigt werden kann. Daher setzt Dienstunfähigkeit voraus, dass bei der Beschäftigungsbehörde kein Dienstposten zur Verfügung steht, der dem statusrechtlichen Amt des Beamten zugeordnet und gesundheitlich für ihn geeignet ist (vgl. BVerwG, U.v. 16.11.2017 – 2 A 5.16 – juris Rn. 21). Bei der Dienstunfähigkeit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der uneingeschränkten Nachprüfung der Verwaltungsgerichte unterliegt. Für die Feststellung der gesundheitsbedingten Einschränkungen der Leistungsfähigkeit des Beamten kommt dem Dienstherrn kein der Kontrollbefugnis der Gerichte entzogener Beurteilungsspielraum zu (vgl. BVerwG, U.v. 19.3.2015 – 2 C 37.13 – ZBR 2015, 379 ff.).
35
Die Versetzung eines Beamten in den vorzeitigen Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit setzt die Feststellung krankheitsbedingter Leistungseinschränkungen voraus. Diese Beurteilungsvorgänge erfordern in aller Regel besondere medizinische Sachkenntnis, über die nur ein Arzt verfügt. Den Gesundheitszustand des Beamten festzustellen und medizinisch zu bewerten ist Aufgabe des Arztes, die Schlussfolgerungen hieraus für die Beurteilung der Dienstfähigkeit zu ziehen, ist dagegen Aufgabe der Behörde und gegebenenfalls der Gerichte (vgl. BVerwG, U.v. 31.8.2017 – 2 A 6.15 – juris Rn. 63). Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die Feststellung der Dienstunfähigkeit ist derjenige der letzten Verwaltungsentscheidung, danach eingetretene wesentliche Veränderungen sind nicht zu berücksichtigen. Jeweils bis zum Zeitpunkt seiner Entscheidung eingetretene Entwicklungen muss und kann der Dienstherr berücksichtigen, unabhängig davon, ob dies der Ausgangsbescheid oder der Widerspruchsbescheid ist (vgl. BVerwG, U.v. 16.10.1997 – 2 C 7.97 – juris Rn. 16 ff.).
36
1. Das Zurruhesetzungsverfahren ist formell nicht zu beanstanden. Klägerische Einwendungen wurden diesbezüglich auch nicht vortragen.
37
Die Beklagte hat die Klägerin ordnungsgemäß angehört und unter Angabe von Gründen auf die beabsichtigte Versetzung in den Ruhestand hingewiesen (§ 47 Abs. 1 BBG).
38
Eine Beteiligung des Betriebsrats und sonstiger in den Postnachfolgeunternehmen zuständigen Gremien ist, soweit ersichtlich, erfolgt.
39
2. Die Beklagte ist zu Recht von der Dienstunfähigkeit der Klägerin i.S.d. § 44 BBG ausgegangen.
40
Zwar ist die Klägerin mit einer WAZ von 32 Stunden teildienstfähig (vgl. zuletzt Gutachten vom 14. März 2023), allerdings stand im Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides im gesamten Geschäftsbereich der Beklagten auf Grund der bei der Klägerin vorliegenden und im ärztlichen Gutachten vom 14. März 2023 dokumentierten individuellen krankheitsbedingten Leistungseinschränkungen weder in der Laufbahn des mittleren noch in der des einfachen Dienstes eine besetzbare leidensgerechte Stelle zur Verfügung.
41
Die Beklagte durfte sich bei der Zurruhesetzungsverfügung auf die ärztlichen Gutachten vom 31. März 2022 und 14. März 2023, insbesondere auf die darin attestierten krankheitsbedingten Leistungseinschränkungen der Klägerin stützen. Es bestehen keine Anhaltspunkte, die schlüssigen gutachtlichen Feststellungen in Zweifel zu ziehen. Die Klägerin hat bzgl. beider ärztlicher Gutachten auch keinerlei Einwendungen geltend gemacht. Sofern der Betriebsrat eingewandt hat, eine nochmalige Untersuchung der Klägerin wäre vor Abschluss des Zurruhesetzungsverfahrens erforderlich gewesen, ist auszuführen, dass eine solche nochmalige Untersuchung der Klägerin vor Abschluss des Widerspruchsverfahrens im März 2023 stattgefunden, aber zu keinen weiteren oder anderen Ergebnissen in Bezug auf den Gesundheitszustand der Klägerin geführt hat. Ohnehin ist fraglich, ob eine solche tatsächlich notwendig gewesen war, da bzgl. des Gesundheitszustandes der Klägerin unabhängig vom Zeitablauf keine wesentlichen Änderungen vorgetragen oder sonst ersichtlich waren, aus denen sich Zweifel hätten ergeben können, dass das ärztliche Gutachten vom 31. März 2022 den Gesundheitszustand der Klägerin zum maßgeblichen Zeitpunkt der Zurruhesetzungsverfügung nicht mehr zutreffend wiedergibt, zumal ärztlicherseits bereits mehrfach festgestellt wurde, dass eine Besserung des Leistungsbildes der Klägerin gerade nicht zu erwarten sei (vgl. zur Aktualität ärztlicher Gutachten: OVG NRW, B.v. 5.7.2023 – 6 A 610.21 – juris Rn. 10 ff. m.w.N.). Mangels Entscheidungserheblichkeit kann dies jedoch letztlich dahinstehen.
42
3. Die Klägerin war im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung der Beklagten nicht anderweitig verwendbar. Die Verwendungsprüfung der Beklagten, die rechtlich nicht zu beanstanden ist, verlief ergebnislos.
43
Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 3 BBG wird nicht in den Ruhestand versetzt, wer anderweitig verwendbar ist. Eine anderweitige Verwendung ist gemäß § 44 Abs. 2 BBG möglich, wenn ein anderes Amt, auch einer anderen Laufbahn, übertragen werden kann. Zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand kann einem Beamten unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist (§ 44 Abs. 3 BBG). Für die in § 44 BBG geregelten anderweitigen Verwendungsmöglichkeiten für Beamte gilt, dass damit eine Pflicht des Dienstherrn einhergeht, anderweitige Verwendungsmöglichkeiten zu suchen, da nur dieses Verständnis dem Ziel der Vorschrift, dienstunfähige Beamte nach Möglichkeit im aktiven Dienst zu halten, gerecht wird.
44
Vorliegend konnte im Geschäftsbereich der Beklagten weder in der Laufbahn des mittleren noch in der niedrigeren Laufbahn des einfachen Dienstes eine den krankheitsbedingten Leistungseinschränkungen entsprechende besetzbare Stelle für die Klägerin gefunden werden.
45
Die Beklagte hat die Einsatzmöglichkeiten der Klägerin im gesamten Geschäftsbereich ausweislich der Behördenakten umfassend geprüft. Die in Betracht kommenden Tätigkeiten scheiterten allesamt an dem Restleistungsvermögen der Klägerin (v.a. einfache Fahrstrecke zum Dienstort 45 Minuten, Heben bis 2 kg, keine Reisetätigkeit). Ihrer Suchverpflichtung ist die Beklagte dabei vollumfänglich nachgekommen.
46
a) Entsprechend den Vorgaben der Rechtsprechung (vgl. BVerwG, U.v. 19.3.2015 – 2 C 37.13 – juris Rn. 17) hat die Beklagte die Suche nach einer anderweitigen Verwendung für die Klägerin auf Dienstposten im GB Vertrieb Post & Paket, postintern vorhandene bzw. freiwerdende Stellen sowie auf den gesamten Bereich der Bundesverwaltung erstreckt. Die Verwendungsprüfung erfolgte dabei mehrfach, zuletzt nach Bescheidserlass auf Grund des Widerspruchs der Klägerin im Zeitraum von März 2023 bis August 2023 (vgl. Aktenheftung ZGP Unterbringungsprüfung 2023, Band III).
47
Im Rahmen der Unterbringungsprüfung konnten zwar innerhalb der Deutschen Post AG, GB Vertrieb Post & Paket für die Klägerin im täglich zumutbar erreichbaren Umkreis zwei Arbeitsplätze gefunden werden (Account Manager Innendienst …*), jedoch waren diese auf Grund der gesundheitlichen Einschränkungen im Leistungsbild der Klägerin nicht für sie geeignet (vgl. Bl. 1459 ff. der Aktenheftung ZGP Unterbringungsprüfung 2023, Band III). Im Übrigen erfordern laut den Feststellungen der Beklagten sämtliche Tätigkeiten des mittleren Dienstes im Vertrieb in über 25% der Arbeitszeit ein Heben und Tragen bis ca. 15 kg, sodass die Klägerin dort nicht eingesetzt werden kann, da sie nach dem medizinischen Gesamtleistungsbild nicht mehr als 2 kg Heben und Tragen darf. Im Übrigen ist die Aufgabenerfüllung in allen Abteilungen des GB Vertrieb Post & Paket mit erhöhter Reisetätigkeit verbunden, da der Vertrieb bundesweit aufgestellt ist. Bei der Klägerin, die dem nicht widersprochen hat, sind jedoch Reisetätigkeiten bzw. Dienstreisen ausgeschlossen. Auch ist ein Einsatz in der niedrigeren Laufbahn des einfachen Dienstes (Produktionsassistent, Junior Assistent) nicht möglich, da bei allen hier vorhandenen Arbeits- und Teilarbeitsposten Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten mit mehr als 2 kg anfallen würden und dies nach dem medizinischen Gesamtleistungsbild bei der Klägerin ausgeschlossen ist.
48
Ebenso ergebnislos verlief die postinterne Unterbringungsprüfung (vgl. Bl. 1348 ff. der Aktenheftung ZGP Unterbringungsprüfung 2023, Band III) sowie die bundesweite Verwendungssuche im Rahmen des Dialogischen Verfahrens (vgl. Bl. 1460 ff. der Aktenheftung ZGP Unterbringungsprüfung 2023, Band III).
49
Auf die in den vorangegangenen Jahren durchgeführten Verwendungsprüfungen wird ebenfalls Bezug genommen (vgl. Akten Unterbringungsprüfung 2021 und 2022).
50
b) Die Suche der Beklagten erstreckte sich dabei auf freie oder in absehbarer Zeit voraussichtlich neu zu besetzende Dienstposten. Die Rechtsprechung hält für eine vorausschauende Suche nach freiwerdenden und/oder neu zu besetzenden Dienstposten einen Zeitraum von sechs Monaten für angemessen (vgl. BVerwG, U.v. 19.3.2015 – 2 C 37.13 – juris Rn. 19). Dieser Anforderung ist die Beklagte nachgekommen, indem sie in der Suchanfrage angegeben hat, mitzuteilen, ob im Zuständigkeitsbereich der jeweils angeschriebenen Behörde „derzeit oder in absehbarer Zeit (über die nächsten sechs Monate hinaus)“ eine Einsatzmöglichkeit für die Klägerin bestünde und dabei zudem auf §§ 44,45 Bezug genommen hat (vgl. Bl. 1351 ZGP Unterbringungsprüfung 2023, Band III).
51
c) In ihren Suchanfragen legte die Beklagte die noch vorhandene Leistungsfähigkeit der Klägerin zutreffend und sachlich neutral dar (zu den Anforderungen vgl. BVerwG, U.v. 19.3.2015 – 2 C 37.13 – juris Rn. 19). Sie gab die Angaben zur Person der Klägerin, zu deren Restleistungsvermögen sowie vorhandenen Leistungseinschränkungen in anonymisierter Form wieder. Der beigefügte anonymisierte „Auszug Medizinisches Gesamtleistungsbild“ über die Klägerin vom 31. März 2022 ermöglichte den angefragten Behörden die Einschätzung, ob die Klägerin für eine Verwendung in deren Verantwortungsbereich in Betracht kommt.
52
d) Nicht zu beanstanden ist, dass die Beklagte der Klägerin keinen ausschließlichen Telearbeitsplatz zur Verfügung gestellt oder eine Projektstelle geschaffen hat.
53
Wie aus dem Vermerk der Beklagten (vgl. Bl. 1333 ff. der Aktenheftung ZGP Unterbringungsprüfung 2023, Band III) hervorgeht, existieren reine Telearbeitsplätze bei der Deutschen Post weder im einfachen noch im mittleren Dienst.
54
Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, einen solchen oder eine Projektstelle für die Klägerin neu einzurichten. Nach den Vorgaben der Rechtsprechung wird im Rahmen der Durchführung einer ordnungsgemäßen Verwendungsprüfung nicht gefordert, dass personelle oder organisatorische Änderungen vorgenommen werden – mithin neue Stellen geschaffen werden –, um eine Weiterverwendung der betroffenen Person zu ermöglichen (vgl. BVerwG, U.v. 26.3.2009 – 2 C 73.08 – juris Rn. 14, 61 m. w. N.).
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e) Die Suchanfragen der Beklagten enthielten nicht lediglich eine Verschweigensfrist gegenüber den angefragten Behörden, sondern waren mit einem konkreten Abgabedatum versehen (zu den Anforderungen vgl. BVerwG, U.v. 19.3.2015 – 2 C 37.13 – juris Rn. 21). Die Beklagte fragte bei Ausbleiben einer entsprechenden Rückmeldung gemäß den Anforderungen der Rechtsprechung (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 19.3.2015 – 2 C 37.13 – juris Rn. 22) bei den angefragten Behörden nach und bat um Antwort (vgl. z.B. Bl. 1608 ff. der Aktenheftung ZGP Unterbringungsprüfung 2023, Band III). In welcher Form die Verwaltung der Suchpflicht nachkommt, bleibt im Übrigen ihrer Organisationsgewalt überlassen (vgl. BVerwG, B.v. 6.3.2012 – 2 A 5.10 – IÖD 2012, 122, 123; BVerwG, U.v. 19.3.2015 – 2 C 37.13 – juris Rn. 22).
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f) Die Suche erfolgte ergebnisoffen und ernsthaft. Etwaige Fehler oder Mängel wurden seitens der Klägerin nicht substantiiert dargetan. Sofern pauschal bemängelt wird, dass nicht aus allen Absageschreiben der angefragten Behörden ersichtlich sei, wie und in welchem Umfang nach einem Arbeitsplatz für die Klägerin gesucht worden sei, ist dies nicht zu beanstanden, zumal die meisten Antworten eine Begründung der Absage enthielten und damit einen Einblick in erfolgte Suchanstrengungen gaben. In der Rechtsprechung wird fernab der vorstehend dargelegten strengen Anforderungen jedenfalls nicht gefordert, dass die angefragten Behörden die unternommenen Suchanstrengungen konkret darlegen oder beschreiben. Gerade bei personalstarken Dienstherrn – wie vorliegend – wäre dies auch mit einem nicht zu rechtfertigenden Zeitaufwand verbunden (vgl. ähnlich zur Dokumentationspflicht: OVG NRW, B. v. 5.7.2023 – 6 A 610.21 – juris Rn. 42). Im Fall der hier notwendigen bundesweiten Stellensuche erschließt sich auf Grund der klägerischen Leistungseinschränkungen bzgl. der täglich zumutbaren Fahrstrecke (ca. 45 Minuten einfach mit dem Pkw) und der Unzumutbarkeit eines Umzuges aus medizinischen Gründen der Absagegrund der Behörden häufig ohnehin von selbst.
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g) Die Beklagte hat gemäß § 44 Abs. 3 BBG explizit auch nach einer geringerwertigen Tätigkeit für die Klägerin in der Laufbahn des einfachen Dienstes gesucht.
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Eine Pflicht zu einer dienstherrnübergreifenden Suche nach einer anderweitigen Verwendung für die Klägerin besteht nicht (vgl. HessVGH, U.v. 17.9.2024 – 1 A 24.24 – juris Rn. 76).
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Nach alledem ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte ihrer Suchverpflichtung nach einer anderweitigen Verwendungsmöglichkeit für die Klägerin nicht nachgekommen wäre. Sie war in ihrem gesamten Vorgehen, das sich über einen langen Zeitraum erstreckt hat, vielmehr ersichtlich bemüht, für die Klägerin einen leidensgerechten Dienstposten zu finden. Bei einer Gesamtbetrachtung sämtlicher im Vorfeld der Zurruhesetzung erfolgten Bemühungen hat die Beklagte dem den Reglungen des § 44 BBG innewohnenden Grundsatz „Weiterverwendung vor Versorgung“ in effektiver Weise zur Umsetzung verholfen.
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4. Die Klage war daher mit der sich aus § 154 Abs. 1 VwGO ergebenden Kostenfolge abzuweisen.