Titel:
Asylklage, Ugander, Grundstücksstreit, Unglaubhaft, Zuerkennung subsidiärer Schutz in Griechenland, Keine Bindung an Zuerkennung in Griechenland, Ergebnisoffene Prüfung
Normenketten:
AsylG § 3
AsylG § 78
AufenthG § 60
Schlagworte:
Asylklage, Ugander, Grundstücksstreit, Unglaubhaft, Zuerkennung subsidiärer Schutz in Griechenland, Keine Bindung an Zuerkennung in Griechenland, Ergebnisoffene Prüfung
Fundstelle:
BeckRS 2025, 22938
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Der 1988 geborene Kläger zu 1, dessen 1991 geborene Ehefrau (Klägerin zu 2) sowie deren 2017 (Klägerin zu 3) und 2019 (Kläger zu 4) geborenen Kinder sind ugandische Staatsangehörige. Sie reisten am 20. Juli 2021 auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten hier am 19. August 2021 einen Asylantrag.
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Bei der Anhörung der Kläger zu 1 und zu 2 am 12. Juli 2022 trugen sie im Wesentlichen vor, dass sie wegen eines Grundstücksstreits mit dem Onkel des Klägers zu 1 Uganda verlassen hätten. Der Onkel habe ein Grundstück, das der Kläger zu 1 von seinem Vater geerbt habe, verkaufen und den Erlös aufteilen wollen. Das habe der Kläger zu 1 abgelehnt. Der Onkel habe im Jahr 2015 zunächst die Mutter des Klägers zu 1 geschubst, sodass diese auf den Hinterkopf gefallen und dann verstorben sei. Dann sei die Frau des Klägers zu 1 bedroht worden und schließlich der Bruder des Klägers zu 1 zusammengeschlagen worden und er verstorben sei. Gegen Ende des Jahres 2015 hätten Leute an einem Sonntagvormittag die Scheiben des Hauses der Kläger zu 1 und 2 eingeworfen und hätten sie umbringen wollen. Sie seien dann durch die Hintertür geflohen und zu einem Freund gegangen. Von dort seien sie ausgereist. Außerdem drohe den Töchtern der Familie eine Schamlippendehnung, die in ihrem Stamm weit verbreitet sei.
3
Den Klägern wurde am 5. Juli 2019 durch eine Entscheidung in zweiter Instanz subsidiärer Schutz durch Griechenland zuerkannt. Bei ihrer Anhörung durch die griechischen Behörden am 6. und 12. Juni 2017 gaben die Kläger an, dass der Onkel des Klägers zu 1 ein Grundstück verkaufen wollte. Da der Kläger zu 1 dies abgelehnt habe, habe der Onkel im Jahr 2015 die Schwiegermutter gestoßen, sodass diese auf den Hinterkopf gefallen und dann verstorben sei. Ebenso sei der Bruder des Klägers zu 1 von Leuten zusammengeschlagen worden, worauf auch dieser verstorben sei. Auch die Klägerin zu 2 sei bedroht worden, dass ihr Mann das Grundstück verkaufen sollte. Am 29. November 2015 hätten sich Leute dem Haus der Kläger zu 1 und 2 genähert, die Fenster mit Steinen zerworfen und die Kläger zu 1 und 2 seien dann aus dem Haus geflohen. Darauf seien sie zu einem Freund und dann ausgereist.
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Mit Bescheid vom 8. September 2022 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1), auf Asylanerkennung (Nr. 2) sowie auf subsidiären Schutz (Nr. 3) als unbegründet ab, stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (Nr. 4). Es forderte die Klagepartei auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen, anderenfalls wurde die Abschiebung nach Uganda oder in einen anderen Staat, in den eingereist werden darf oder der zur Rückübernahme verpflichtet ist, angedroht (Nr. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 6).
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Die Klagepartei hat am 20. September 2022 Klage erhoben (M 5 K 22.31867) und beantragt,
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1. Der Bescheid der Beklagten vom 8.September 2022, zugestellt am 15. September 2022, wird in Ziffern 1 und 3 bis 6 aufgehoben.
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2. Unter Aufhebung des Bescheides wird die Beklagte verpflichtet festzustellen, dass
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a. beim Kläger die Flüchtlingseigenschaft vorliegt.
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b. Hilfsweise: der subsidiäre Schutzstatut bei ihm vorliegt.
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c. Abschiebungsverbote gem. § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) bei ihm vorliegen.
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Das Bundesamt hat die Akten vorgelegt und beantragt,
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Mit Beschluss vom 12. Februar 2024 wurde das Verfahren M 5 K 22.31867 ausgesetzt. Mit Verfügung vom 12. Mai 2025 wurde das Verfahren unter dem Aktenzeichen M 5 K 25.31924 fortgesetzt.
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Das Bundesamt teilte mit Schreiben vom 6. März 2025 mit, dass sich auch unter Berücksichtigung der eingeholten Unterlagen der griechischen Behörden im Rahmen des dort durchgeführten Asylverfahrens keine neuen Erkenntnisse ergäben. Die Kläger machten im Wesentlichen dieselben Gründe geltend. Der streitgegenständliche Bescheid bleibe aufrechterhalten.
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Am 11. August 2025 fand mündliche Verhandlung statt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte in diesem Verfahren, die vorgelegte Behördenakte sowie auf das Protokoll vom 11. August 2025 verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage, über die trotz Fernbleibens eines Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung entschieden werden konnte (§ 102 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung/VwGO), ist begründet. Der Kläger haben im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 des Asylgesetzes/AsylG) keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch das Bundesamt gem. § 3 AsylG (§ 113 Abs. 5 VwGO). Der Bescheid des Bundesamtes ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.
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1. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG. Das Gericht ist nach dem persönlichen Eindruck, den es von den Klägern zu 1 und 2 in der mündlichen Verhandlung gewonnen hat, von der Unglaubhaftigkeit deren Vortrags und der Unglaubwürdigkeit der Kläger überzeugt.
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a) Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Griechenland bindet die deutschen Asylbehörden nicht (EuGH, U.v. 18.6.2024 – C-753/22 – NVwZ 2024, 1153, juris Rn. 56 ff.). Vielmehr ist auf der Grundlage der Erkenntnisse im vorangegangenen Asylverfahren in Griechenland ergebnisoffen das Asyl- und Schutzgesuch des Klägers zu prüfen (EuGH, U.v. 18.6.2024 – C-753/22 – NVwZ 2024, 1153, juris Rn. 76 ff.). Aus dieser Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ist nicht abzuleiten, dass das Bundesamt bei einem noch nicht rechtkräftig abgeschlossenen Asylverfahren auf der Grundlage der Erkenntnisse im vorangegangenen Asylverfahren ein komplett neues Asylverfahren durchführen muss. Es genügt eine Prüfung dieser Erkenntnisse im Rahmen des durchgeführten, noch nicht abgeschlossenen Asylverfahrens, was u.U. zu einer Abhilfe führen kann. Die Verwaltungsgerichte haben eine den genannten Maßstäben entsprechende Prüfung vorzunehmen, wenn sie nicht bereits im Verfahren beim Bundesamt erfolgt ist (BVerwG, U.v. 24.3.2025 – 1 C 6.24 – juris Rn. 15, 25 f.).
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b) Nach § 3 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 AsylG besteht ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. Anerkennung als Asylberechtigter (bei Einreise auf dem Luftweg) dann, wenn sich der Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will und er keine Ausschlusstatbestände erfüllt. Eine Verfolgung i.S.v. § 3 Abs. 1 AsylG liegt nach § 3a AsylG bei Handlungen vor, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Abs. 2 der Konvention vom 4. November 1959 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist (§ 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG), oder in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte bestehen, die so gravierend sind, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (§ 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylG). Als Verfolgung im Sinne des Abs. 1 können unter anderem gemäß § 3a Abs. 2 AsylG die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden oder auch unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung gelten. Dabei muss zwischen den genannten Verfolgungsgründen und den als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen gemäß § 3a Abs. 3 AsylG eine Verknüpfung bestehen.
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Die Verfolgung kann gemäß § 3c AsylG vom Staat oder von Parteien oder Organisationen ausgehen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder aber von nichtstaatlichen Akteuren, sofern die vorgenannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten und dies unabhängig davon, ob im Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
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Die Flüchtlingseigenschaft wird nicht zuerkannt, wenn im Herkunftsland eine interne Schutzmöglichkeit besteht, § 3e AsylG.
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c) Die Furcht vor Verfolgung ist begründet, wenn dem Ausländer die Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich drohen; das entspricht dem Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit. Dieser Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzuwenden. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23/12 – juris Rn. 32; B.v. 7.2.2008 – 10 C 33/07 – juris Rn. 37).
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Die begründete Furcht vor Verfolgung kann dabei sowohl auf tatsächlich erlittener oder unmittelbar drohender Verfolgung bereits vor der Ausreise im Herkunftsstaat (Vorverfolgung) oder auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Ausländer das Herkunftsland verlassen hat (Nachfluchtgründe), insbesondere auch auf einem Verhalten des Ausländers, das Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung ist (§ 28 Abs. 1a AsylG).
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d) Der der Prognose zugrunde zu legende Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit bleibt auch dann unverändert, wenn der Ausländer bereits Vorverfolgung erlitten hat. Allerdings ist nach Art. 4 Abs. 4 der RL 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 – Qualifikationsrichtlinie – (ABl. L 337 S. 9) die Tatsache, dass ein Ausländer bereits verfolgt wurde bzw. von solcher Verfolgung unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Ausländers vor Verfolgung begründet ist, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Ausländer erneut von solcher Verfolgung bedroht wird. Dies ist im Sinne einer widerlegbaren tatsächlichen Vermutung zu verstehen (vgl. BVerwG, U.v. 27.4.2010 – 10 C 5/09 – juris Rn. 23).
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e) Das Gericht muss auf einer hinreichenden Tatsachengrundlage von der Richtigkeit seiner gewonnenen Prognose drohender Verfolgung die volle richterliche Überzeugung erlangt haben (vgl. BVerwG, U.v. 13.2.2014 – 10 C 6/13 – juris Rn. 18).
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Für die Beurteilung der Glaubhaftigkeit des Vorbringens gilt nach den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen, die sich in Art. 4 Abs. 1, 2 und 5 der Qualifikationsrichtlinie widerspiegeln, dass es dem Ausländer obliegt, von sich aus umfassend die Gründe für das verfolgungsbedingte Verlassen der Heimat substantiiert, unter Angabe genauer Einzelheiten und in sich stimmig darzulegen.
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Der Vortrag, insbesondere zu den in die eigene Sphäre fallenden Ereignissen, muss geeignet sein, den Schutzanspruch lückenlos zu tragen (vgl. BVerwG, U.v. 24.3.1987 – 9 C 321/85 – juris Rn. 9).
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Das Gericht muss sich in vollem Umfang die Überzeugung von der Wahrheit des von dem Ausländer behaupteten individuellen Verfolgungsschicksals verschaffen, wobei allerdings der typische Beweisnotstand hinsichtlich der Vorgänge im Herkunftsland bei der Auswahl der Beweismittel und bei der Würdigung des Vortrags und der Beweise angemessen zu berücksichtigen ist. Unauflösbare Widersprüche und erhebliche Steigerungen des Vorbringens sind hiermit unvereinbar und können dazu führen, dass dem Vortrag im Ganzen nicht geglaubt werden kann, es sei denn, die Widersprüche und Unstimmigkeiten können überzeugend aufgelöst werden (vgl. BVerwG, U.v. 12.11.1985 – 9 C 27/85 – juris Rn. 11 ff.; B.v. 21.7.1989 – 9 B 239/89 – juris Rn. 3).
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2. Nach diesen Grundsätzen haben die Kläger keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.
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a) Der Vortrag der Kläger zu 1 und 2 ist unglaubhaft, da er nicht plausibel ist. Denn es ist kein nachvollziehbarer Grund dafür ersichtlich, warum der Kläger zu 1 nicht ernsthaft erwogen hat, das umstrittene Grundstück an seinen Onkel zu verkaufen. Dieser für die Plausibilität zentrale Punkt fehlt insbesondere in der Entscheidung der zweiten Instanz der griechischen Behörden (Entscheidung vom 5.7.2019 Nr. 11). Zudem ist dort davon die Rede, dass der Kläger zu 1 auf sein Eigentum verzichten solle. Bei der Anhörung vor dem Bundesamt hat der Kläger zu 1 angegeben (dort S. 5), dass er das Land an eine andere Person verkaufen solle und der Erlös dann aufgeteilt werden solle. Es ist völlig unplausibel, dass der Kläger zu 1 wie auch seine Ehefrau das Land verlassen, ohne den sich aufdrängenden Schritt zu erwägen, dem Onkel nachzugeben und das Grundstück doch zu verkaufen. Hiermit in der mündlichen Verhandlung konfrontiert konnte der Kläger zu 1 keine sachliche Einlassung geben. Er hat vielmehr unter Hinweis auf die Tradition einen Verkauf kategorisch ausgeschlossen. Das ist für das Gericht nicht nachvollziehbar. Wenn für die Kläger zu 1 und 2 eine Notlage in dem Sinn bestanden haben soll, dass sie das Land binnen kurzer Zeit verlassen müssten, dann ist es nicht nachvollziehbar, dass nicht auch in Erwägung gezogen wird, das Grundstück doch zu verkaufen. Auch ansonsten wirkten die Darstellungen – wie auch das Bundesamt in seinem Bescheid angegeben hat – oberflächlich und gekünstelt. Auffallend war auch, dass die Kläger zu 1 und 2 keine genaueren Daten der einzelnen Vorkommnisse in Uganda genauer angeben konnten, obwohl ihnen klar sein musste, dass sie in der mündlichen Verhandlung nach ihrem Verfolgungsschicksal gefragt werden würden. Das gilt auch mit Blick auf den Umstand, dass die äußere Verfolgungsgeschichte von den Klägern zu 1 und 2 im Wesentlichen konsistent und auch übereinstimmend mit dem in Griechenland vorgetragenen angeblichen Verfolgungsschicksal geschildert wurde. Am Gesamteindruck der Unglaubhaftigkeit – im Wesentlichen aufgrund Unplausibilität – ändert sich dadurch aber nichts.
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Aus der in englischer Sprache in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Bestätigung der Polizei vom 17. (oder auch 14.) 12.2015 folgt nichts Anderes. Dort ist lediglich angegeben, dass der Kläger zu 1 die von ihm angegebenen angeblichen Vorfälle angezeigt und dass die Polizei diese aufgenommen hat. Dass sich das tatsächlich so auch zugetragen hat, folgt daraus gerade nicht.
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Schließlich ist es reine Mutmaßung der Kläger, dass sich bei einer Rückkehr nach Uganda die Repressionshandlungen durch den Onkel fortsetzen würden. Denn die von ihnen geschilderte Situation liegt mittlerweile 10 Jahre zurück. Der Kläger zu 1 weiß nicht einmal, ob der Onkel noch lebt.
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Zudem ist es auch nicht nachvollziehbar, dass es den Klägern nicht möglich sein sollte, dass sich die Kläger an einen anderen Ort in Uganda begeben könnten, wo sie vor dem Onkel sicher sind. Allein der Hinweis, dass sein Onkel in der Immobilienbranche sei und gute Verbindungen habe, genügt nicht. Durch einen mehrmaligen Umzug ließen sich die Spuren der Kläger verwischen.
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Auch aus der der Klägerin zu 3 (Tochter der Kläger zu 1 und 2) angeblich drohenden Schamlippendehnung folgt nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer asylerheblichen Verfolgung. Denn aus den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnismitteln folgt nicht, dass ein Zwang zu einer Schamlippendehnung besteht. Es ist nicht ersichtlich, dass die Eltern gehindert wären, sich einer eventuell bestehenden familiären Erwartung entziehen zu können. Dass hierzu in der Schule ein Zwang bestehen würde, ist in keinem Erkenntnismittel berichtet, das zum Gegenstand des Verfahrens gemacht ist. Auch ist auf die Möglichkeit eines Umzugs innerhalb Ugandas hinzuweisen. Im Übrigen ist zu betonen, dass weibliche Genitalverstümmelung in Uganda nur ganz selten praktiziert wird und unter einer massiven staatlichen Strafdrohung steht (Auskünfte terre des femmes vom 16..2015 und 9/2016).
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b) Daneben knüpfen die von den Klägern zu 1 und 2 vorgetragenen Drohungen und Übergriffe des Onkels nicht an asylerhebliche Merkmale im Sinn des Art. 16a Abs. 1 GG an (Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 16. Auflage 2020, Art. 16a Rn. 11 ff.). Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Asylgesetzes / AsylG ist für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft erforderlich, dass sich ein Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslandes befindet. Auch eine kriminelle Verfolgung muss an ein in § 3 AsylG genanntes Merkmal anknüpfen, um als politische Verfolgung gelten zu können. Eine Verfolgung i.S. des § 3 AsylG kann nach § 3c Nr. 3 AsylG auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen, sofern der Staat oder ihn beherrschende Parteien oder Organisationen einschließlich internationale Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten (VG Augsburg, B.v. 6.4.2017 – 4 S 17.31616 – juris Rn. 17).
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Die vorgetragenen Übergriffe knüpfen nicht an asylerhebliche Merkmale an. Denn diese Maßnahmen dienten einer – ausdrücklich nicht nachvollziehbaren – angeblichen Drucksituation des Onkels des Klägers zu 1 zum Verkauf eines Grundstücks. Die Kläger wurden damit nicht wegen ihrer politischen Einstellung oder anderer asylerheblicher Merkmale Opfer der angegebenen angeblichen Übergriffe. Es handelt sich um kriminelle Übergriffe, gegen die der ugandische Staat grundsätzlich schutzbereit und -fähig ist (Länderinformationsblatt Uganda des Österreichischen Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29. Juli 2017, S, 7 ff. – trotz Korruption). Nach dem Länderinformationsblatt Uganda des Österreichischen Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29. Juli 2017 (S. 6 f.) kann die politische Lage in Uganda als relativ stabil bezeichnet werden.
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c) Das Bundesamt hat im Übrigen auch zu Recht die Zuerkennung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) und das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG abgelehnt.
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Das erkennende Gericht geht – anders als die griechische Flüchtlingsbehörde zweiter Instanz – davon aus, dass ausgehend von der zugrunde liegenden Erkenntnislage der ugandische Staat grundsätzlich schutzbereit und -fähig ist (siehe hierzu oben unter b). Die Polizei hat die Anzeigen des Klägers zu 1 nach den angeblichen Übergriffen auch aufgenommen und eine Bestätigung der Anzeigen erstellt (vorgelegt in der mündlichen Verhandlung am 11.8.2025). Zudem ist auf die nach Ansicht des Gerichts bestehende inländische Schutzalternative hinzuweisen, die nach u.U. erforderlichen mehrmaligen Umzug besteht (s.o. unter a).
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Für das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist konkret weder etwas vorgetragen noch ersichtlich.
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Da die Kläger vor ihrer Ausreise ihren Lebensunterhalt ohne weiteres bestreiten konnten, wird ihnen das auch bei einer Rückkehr nach Uganda möglich sein. Da ihr Vortrag unglaubhaft ist, dass sie angeblich von einem Onkel bedrängt würden, können sie ihren Lebensunterhalt erwirtschaften.
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3. Auch gegen die Rechtmäßigkeit des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 AufenthG bestehen keine Bedenken.
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Zur weiteren Begründung wird auf den Bescheid des Bundesamtes verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG).
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4. Die Kläger haben als unterlegene Beteiligte nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen.
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Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Nach § 83 b AsylG ist das Verfahren gerichtskostenfrei.