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VG München, Urteil v. 18.07.2025 – M 26b K 21.2172
Titel:

Rundfunkbeitrag, Erstattung zuviel gezahlter Rundfunkbeiträge, Allgemeine Leistungsklage, Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten und Verzinsung, Verzugsschaden

Normenketten:
RBStV § 10 Abs. 3 S. 1
VwGO § 162
BGB § 286
BGB § 288
VwGO § 167 Abs. 1 S. 1
Leitsatz:
Der Übergang von der Auskunfts- zur Leistungsstufe im Rahmen einer Stufenklage nach § 254 ZPO stellt keine Klageänderung dar und ist auch ohne die Voraussetzungen des § 91 VwGO zulässig. (Rn. 30)
Schlagworte:
Rundfunkbeitrag, Erstattung zuviel gezahlter Rundfunkbeiträge, Allgemeine Leistungsklage, Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten und Verzinsung, Verzugsschaden
Fundstelle:
BeckRS 2025, 18893

Tenor

I. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 17,98 EUR zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger begehrt Auskunft über die von ihm bezahlten Rundfunkbeiträge und die Rückerstattung von überzahlten Rundfunkbeiträgen sowie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
2
Der Kläger wird vom Beklagten unter der Beitragsnummer … … … zur Zahlung von Rundfunkbeiträgen für die Wohnung unter der Anschrift „…Platz 1, … …“ herangezogen. Das Rundfunkbeitragskonto war zum Stand 29. April 2015 bis einschließlich März 2015 ausgeglichen.
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Die Höhe des Rundfunkbeitrags betrug vom 1. Januar 2013 bis 31. März 2015 17,98 EUR pro Monat, ab April 2015 17,50 EUR pro Monat.
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Der Kläger entrichtete für seine Wohnung ab April 2015 trotz der zwischenzeitlichen Reduzierung des Rundfunkbeitrags weiterhin einen Rundfunkbeitrag in Höhe von 17,98 EUR pro Monat. Im Zeitraum August 2017 bis Ende 2020 entrichtete er nach einem Kontowechsel den Rundfunkbeitrag für die Wohnung zudem doppelt, also in Höhe von 35,96 EUR pro Monat. Ab dem Jahr 2021 entrichtete der Kläger den Rundfunkbeitrag in Höhe von 17,50 EUR pro Monat.
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Am 11. Januar 2021 wandte sich der Kläger per Onlineformular an den Beitragsservice und teilte mit, dass er bemerkt habe, dass seit mehreren Jahren zwei Daueraufträge zugunsten des Beklagten bestünden. Er bat um Mitteilung der Überzahlung auf seinem Beitragskonto und Rückerstattung der zu viel entrichteten Beiträge. Eine Reaktion des Beklagten hierauf ist nicht aktenkundig.
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Mit Schreiben vom 22. Januar 2021 zeigte der Klägervertreter unter Übermittlung einer Vollmacht vom 18. Januar 2021 die Vertretung des Klägers gegenüber dem Beklagten an und forderte den Beklagten auf, bis zum 5. Februar 2021 eine Zahlungsübersicht für die Beiträge des Klägers vorzulegen. Des Weiteren teilte der Klägervertreter mit, dass sich beim derzeitigen Sachstand rechnerisch mindestens eine Überzahlung von insgesamt 1.329,12 EUR ergebe und forderte den Beklagten auf, diesen Betrag bis zum 5. Februar 2021 zu erstatten.
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Mit Schreiben vom 29. Januar 2021 teilte der Beklagte mit, dass ein Guthaben in Höhe von 752,32 EUR zugunsten des Klägers bestünde, welches zur Erstattung angewiesen worden sei. Die Überzahlungen des Klägers seien mit den laufenden Rundfunkbeiträgen verrechnet worden. Dem Schreiben lag eine „detaillierte Aufstellung“ des Beitragskontos bei. Danach sei das Beitragskonto bis einschließlich 03.2015 ausgeglichen gewesen. Von 04.2015 bis 12.2020 habe die Summe der Beiträge insgesamt 1.207,50 EUR betragen. In der detaillierten Aufstellung wurden außerdem die ab dem 29. Mai 2015 bis zum 16. März 2020 eingegangenen Zahlungen des Klägers aufgelistet.
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Der Beklagte erstattete am 1. Februar 2021 den Betrag von 752,32 EUR auf das Kanzleikonto des Klägervertreters.
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Mit Schreiben vom 19. Februar 2021 wies der Klägerbevollmächtigte die Aufstellung des Bevollmächtigten inhaltlich und auch vom abgedeckten Zeitraum her als unzureichend zurück und forderte den Beklagten unter Fristsetzung auf, das Beitragskonto des Klägers seit Januar 2014 zu prüfen und die bis dato geleisteten Zahlungen offenzulegen.
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Mit Schreiben vom 10. März 2021 verteidigte der Beklagte die von ihm berechnete Überzahlung in Höhe von 752,32 EUR und legte wiederum eine detaillierte Aufstellung des klägerischen Beitragskontos vor. Danach sei das Beitragskonto bis einschließlich 06.2013 ausgeglichen gewesen. Von 07.2013 bis 03.2021 habe die Summe der zu zahlenden Beiträge insgesamt 1.637,58 EUR betragen; hinzu kämen noch Säumniszuschläge in Höhe von 8 EUR. In der detaillierten Aufstellung wurden außerdem die ab dem 21. Januar 2014 bis zum 28. Dezember 2020 vom Kläger geleisteten Zahlungen in Höhe von 2.345,40 EUR aufgelistet. Nach Abzug der an den Kläger geleisteten Erstattung in Höhe von 752,32 EUR bleibe ein aktueller Kontostand von -52,50 EUR zulasten des Klägers.
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Am 30. März 2021 überwies der Kläger nach einer entsprechenden Zahlungserinnerung Rundfunkbeiträge in Höhe von 52,50 EUR an den Beklagten.
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Am 21. April 2021 erhob der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht München und beantragt,
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I. Der Beklagte wird verpflichtet, Auskunft über die Höhe der vom Kläger vom 01.01.2014 bis zum 21.04.2021 bezahlten Rundfunkgebühren unter der Beitragsnummer … … … zu erteilen.
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II. Der Beklagte wird verpflichtet, den nach Auskunftserteilung ermittelten Betrag an den Kläger zu bezahlen.
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III. Der Beklagte wird verpflichtet, an den Kläger vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 201,71 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
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Zur Begründung der Klage wird im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger ursprünglich einen Dauerauftrag zur Erfüllung der Beitragspflicht eingerichtet hatte. Im Juli 2017 habe der Kläger seine Bank gewechselt und einen automatisierten Kontowechselservice beauftragt. Zum Jahreswechsel 2020/2021 sei dem Kläger aufgefallen, dass zugunsten des Beklagten irrtümlich zwei Daueraufträge über dem Betrag von jeweils 17,98 EUR, einmal Mitte und einmal zum Ende jeden Monats seit August 2017 eingerichtet worden waren. Da mehrmalige Versuche des Klägers, eine Auskunft über die Zahlungen über das Kontaktformular des Beitragsservice ohne Reaktion geblieben seien, habe er sich an seine jetzigen Prozessbevollmächtigten gewandt. Der Beklagte habe auch auf das Schreiben des Prozessbevollmächtigten nur oberflächlich Stellung genommen und nicht alle relevanten Zahlungseingänge aufgeführt und eine Aufrechnung der Rückforderung mit angeblich laufenden Rundfunkbeiträgen erklärt. Die doppelte Zahlung der Rundfunkbeiträge habe jedenfalls mindestens seit August 2017 bestanden. Aufgrund des Bankwechsels habe der Kläger keinen Zugriff mehr auf den davorliegenden Zeitraum.
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Der Beklagte beantragt mit Schriftsatz vom 28. Juni 2021,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass das insgesamt entstandene Guthaben in Höhe von 752,32 EUR korrekt berechnet und dem Kläger am 1. Februar 2021 erstattet und mit Schreiben vom 29. Januar 2021 erläutert wurde. Das an den Klägerbevollmächtigten adressierte Schreiben vom 10. März 2021 habe nicht zugestellt werden können, der Empfänger sei unter der Anschrift nicht zu ermitteln gewesen. Eine Rechtsgrundlage für den Auskunftsanspruch sei nicht dargelegt und nicht ersichtlich. Der Klage fehle teilweise auch das Rechtsschutzbedürfnis, denn dem Kläger sei der überzahlte Betrag im Januar 2021 vollständig erstattet worden. Über diesen Betrag hinaus sei die Klage unbegründet, weil die Voraussetzungen des Erstattungsanspruchs gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStV) nicht erfüllt seien.
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Mit Schriftsatz vom 9. Juli 2021 übermittelte der Beklagte einen Abdruck des Schreibens vom 10. März 2021 an das Gericht, welches diesen an den Klägerbevollmächtigten weiterleitete.
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Mit Schriftsatz vom 3. Mai 2022 teilte der Klägerbevollmächtigte mit, dass er die Auskunft des Beklagten bis Ende 2020 zur Kenntnis genommen habe und in Hinblick auf Ziffer I des Antrags der restlichen Auskunft entgegensehe. Ergänzend werde darauf hingewiesen, dass nicht nachvollziehbar sei, warum der Beklagte das Schreiben vom 10. März 2021 an den Klägerbevollmächtigten persönlich und nicht an die den Kläger vertretende Kanzlei adressiert habe. Dies erkläre die Unzustellbarkeit des Schreibens vom 10. März 2021. Nach der nunmehr gegebenen Auskunft berechne sich die Überzahlung auf insgesamt 770,30 EUR.
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Mit Schriftsatz vom 1. März 2024 konkretisierte der Klägerbevollmächtigte den vom Beklagten zu erstattenden Betrag auf 17,98 EUR.
23
Mit Beschluss vom 23. April 2024 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter/Berichterstatter übertragen.
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Mit Schriftsätzen vom 15. Mai 2024 und 17. Mai 2024 verzichteten die Beteiligten auf eine mündliche Verhandlung.
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Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage hat teilweise Erfolg.
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1. Das Gericht kann gemäß § 101 Abs. 2 VwGO mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Aufgrund des Kammerbeschlusses vom 23. April 2024 ist der Berichterstatter gemäß § 6 Abs. 1 VwGO als Einzelrichter zur Entscheidung über die Klage berufen.
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2. Das Gericht geht davon aus, dass der Kläger nach der Auskunftserteilung durch den Beklagten mit nach Klageerhebung übermittelten Schriftsatz vom 10. März 2021 nunmehr neben der Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 201,71 EUR zuzüglich Zinsen lediglich noch die Erstattung rechtsgrundlos entrichteter Rundfunkbeiträge in Höhe von 17,98 EUR begehrt und insoweit im Rahmen der Stufenklage gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 254 ZPO vom Auskunfts- und unbezifferten Leistungsbegehren zum bezifferten Leistungsantrag übergegangen ist.
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Dem liegt zugrunde, dass der Klägerbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 3. Mai 2022 zunächst zwar noch ausgeführt hatte, dass er nach Übermittlung des Schriftsatzes vom 10. März 2021 im Hinblick auf den Antrag Ziffer I der restlichen Auskunft entgegensehe. Der Klägerbevollmächtigte hat jedoch mit dem zeitlich späteren Schriftsatz vom 1. März 2024 erkennbar das ursprüngliche Auskunftsbegehren aufgegeben, weil er nunmehr ohne Bezugnahme auf eine etwaig noch erforderliche Auskunft das Leistungsbegehren auf Basis der bereits gegebenen Auskunft auf 17,98 EUR bezifferte. Für das Gericht ist auch nicht ersichtlich, dass zur Bezifferung des Leistungsbegehrens des Klägers noch weitere Auskünfte des Beklagten erforderlich wären. Die zwischen den Beteiligten streitigen Überzahlungen betreffen lediglich den Zeitraum April 2015 bis einschließlich Dezember 2020, über welche der Beklagte bereits Auskunft erteilt hat. Vor April 2015 war das Beitragskonto des Klägers zudem nach übereinstimmender Darstellung der Beteiligten ausgeglichen und auch seit Jahresbeginn 2021 sind für das Gericht keine im Wege eines Auskunftsbegehrens aufzuklärenden tatsächlichen Differenzen zwischen den Beteiligten erkennbar geworden.
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3. Die so verstandene Klage ist zulässig. Insbesondere ist bezüglich der jetzt noch begehrten Erstattung von Rundfunkbeiträgen in Höhe von 17,98 EUR der Übergang von der Auskunftszur Leistungsstufe auch ohne Vorliegen der Voraussetzungen von § 91 VwGO zulässig (vgl. Kopp/Schenke, § 91 Rn. 9). Im Rahmen einer Stufenklage nach § 254 ZPO ist nämlich der Übergang von der Auskunftszur Leistungsstufe nach § 173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO nicht als Klageänderung anzusehen (vgl. BGH, U.v. 8. 11. 1978 – VIII ZR 199/77 – NJW 1979, 925, 926; BGH, U.v. 21.02.1991 – III ZR 169/88 – NJW 1991, 1893).
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4. Die Klage ist nur teilweise begründet.
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4.1. Der Kläger hat gegen den Beklagten gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag einen Anspruch auf Erstattung von 17,98 EUR.
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Nach § 10 Abs. 3 Satz 1 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStV) kann, soweit ein Rundfunkbeitrag ohne rechtlichen Grund entrichtet wurde, derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, von der durch die Zahlung bereicherten Landesrundfunkanstalt die Erstattung des entrichteten Betrages fordern.
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Der Kläger hatte zunächst in Höhe von 770,30 EUR rechtsgrundlos Rundfunkbeiträge entrichtet. Der Kläger war als Inhaber der von ihm selbst bewohnten Wohnung nach § 2 Abs. 1 RBStV und § 7 Abs. 3 Satz 1 RBStV zur Entrichtung monatlicher Rundfunkbeiträge verpflichtet. Für den streitgegenständlichen Zeitraum April 2015 bis einschließlich Dezember 2020 betrug der monatliche Beitrag 17,50 EUR (§ 8 Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag in der Fassung des 16. Rundfunkänderungsstaatsvertrags vom 9. Juli 2014). Alle Rundfunkbeiträge, die der Kläger über die gesetzlich geschuldeten Monatsbeiträge entrichtete, erfolgten ohne Rechtsgrund. Die gesamten Überzahlungen des Klägers in Höhe von 770,30 EUR setzen sich im Einzelnen aus den folgenden Beträgen zusammen:
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̶ April 2015 bis Juli 2017: überhöhte Zahlungen von monatlich 17,98 EUR statt monatlich 17,50 EUR. Die Überzahlung beträgt insoweit 13,44 EUR (28 Monate mal 0,48 EUR Überzahlung je Monat).
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̶ August 2017 bis Dezember 2020: Zahlung von monatlich 35,96 EUR statt monatlich 17,50 EUR. Die Überzahlung beträgt insoweit 756,86 EUR (41 Monate mal 18,46 EUR Überzahlung je Monat).
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Der Beklagte wurde durch diese rechtsgrundlos geleisteten Rundfunkbeiträge bereichert. Der Rundfunkbeitrag ist nämlich nach § 10 Abs. 2 Satz 1 RBStV am die zuständige Landesrundfunkanstalt, hier also den Beklagten, zu entrichten und wird gemäß § 10 Abs. 7 Satz 1 RBStV vom Beitragsservice lediglich für die Landesrundfunkanstalt eingezogen.
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Der nach § 10 Abs. 3 Satz 1 RBStV entstandene Anspruch des Klägers gegen den Beklagten auf Erstattung der rechtsgrundlos entrichteten Rundfunkbeiträge in Höhe von 770,30 EUR ist jedoch nach § 362 Abs. 1 BGB in Höhe von 752,32 EUR erloschen und besteht daher noch in Höhe von 17,98 EUR. Der Beklagte hatte nämlich durch die Überweisung von 752,32 EUR auf das Kanzleikonto des Klägerbevollmächtigten am 1. Februar 2021 den Anspruch teilweise erfüllt. Der Klägerbevollmächtigte war zum Empfang der Erstattung nach der vorprozessual vorgelegten Vollmacht des Klägers vom 18. Januar 2020 auch berechtigt. Dass noch Beitragsschulden des Klägers bestehen, die unter Umständen gemäß § 13 der Rundfunkbeitragssatzung des Beklagten verrechnet werden könnten, ist von den Beteiligten weder vorgetragen noch sonst für das Gericht ersichtlich. Insbesondere hatte der Kläger am 30. März 2021 vor Klagerhebung die noch offenen Rundfunkbeiträge an den Beklagten beglichen.
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4.2. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten und von Zinsen hierauf. Rechtsgrundlagen für diese geltend gemachten Ansprüche sind nicht ersichtlich.
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Eine Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten kommt im Verwaltungsprozess nur nach Maßgabe von § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO in Betracht. Danach sind, soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Die Tatbestandsvoraussetzungen von § 162 Abs. 2 Satz22 VwGO sind jedoch nicht erfüllt, weil ein Vorverfahren im Sinne von §§ 68 ff. VwGO mangels eines Verwaltungsaktes vorliegend nicht eröffnet gewesen ist (vgl. VG Neustadt a.d. Weinstraße, U.v. 13.3.2018 – 5 K 802/17.NW – beckonline m.w.N).
41
Eine Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten und Zinsen kommt auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines „Verzugsschadens“ in Betracht. Anders als bei vertraglichen Ansprüchen kommt bei dem hier im Raum stehendem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch eine direkte oder analoge Anwendung der §§ 286, 288 BGB grundsätzlich nicht in Betracht (vgl. BVerwG, U. v. 20.9.2001 – 5 C 5.00 – beckonline m.w.N.; vgl. auch BeckOGK/Dornis, 1.6.2024, BGB § 288 Rn. 49; BeckOGK/Dornis, 1.6.2024, BGB § 286 Rn. 48 ff.; BeckOK BGB/Lorenz, 74. Ed. 1.5.2025, BGB § 286 Rn. 9; MüKoBGB/Ernst, 9. Aufl. 2022, BGB § 286 Rn. 20-23). Lediglich bei an zivilrechtliche Verhältnisse angenäherten öffentlich-rechtlichen Gleichordnungsverhältnissen könnten die §§ 286 ff. BGB Anwendung finden (BeckOGK/Dornis, 1.6.2024, BGB § 286 Rn. 50 m.w.N.). Ein solches Gleichordnungsverhältnis ist hier jedoch weder vorgetragen noch sonst für das Gericht ersichtlich.
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5. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Der Beklagte ist mit dem Erstattungsanspruch in Höhe von 17,98 EUR im Verhältnis zu den erfolglos geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 201,71 EUR nur zu einem geringen Teil unterlegen.
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6. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO (vgl. BeckOK VwGO/Schmidt-Kötters, 73. Ed. 1.4.2025, VwGO § 167 Rn. 26) i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.