Titel:
Geldwäschepranger, Internetpranger, „Naming and Shaming“, erniedrigende Behandlung (verneint), Luxushersteller, Verhältnismäßigkeit, Existenzialgefahr, tatbestandliche Rückanknüpfung
Normenketten:
GwG § 57
RL 849/15 Art. 60
GrCh Art. 4, 15, 16 und 51
EMRK Art. 3
Schlagworte:
Geldwäschepranger, Internetpranger, „Naming and Shaming“, erniedrigende Behandlung (verneint), Luxushersteller, Verhältnismäßigkeit, Existenzialgefahr, tatbestandliche Rückanknüpfung
Fundstelle:
BeckRS 2025, 14155
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2.Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3.Mit Rechtskraft dieses Urteils wird der Beschluss des Gerichts vom 12. Mai 2023 (Az. AN 4 E 23.697) gegenstandslos.
Tatbestand
1
Die Klägerin wendet sich gegen die öffentliche Bekanntmachung einer gegen sie ergangenen Einziehungsmaßnahme auf der Internetseite des Beklagten.
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1. Die Klägerin betreibt als Einzelkauffrau unter ihrer Firma seit längerem ein Juwelier- und Uhrmachergeschäft in … Bei der Staatsanwaltschaft … wurde ein Ermittlungsverfahren geführt, wonach ein ehemaliger Kunde im Zeitraum zwischen 26. April 2013 und 23. Dezember 2014 bei der Klägerin mehrere Uhren erworben und mit inkriminiertem Bargeld bezahlt hatte. Das strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen die Klägerin wegen des Verdachts der Geldwäsche wurde laut Mitteilung vom 23. Dezember 2021 gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.
3
Mit Schreiben vom 3. Juni 2022 hörte der Beklagte die Klägerin im Verfahren über die Einziehung von Taterträgen nach § 29a OWiG an. Im Raum standen 53 Fälle der Verletzung der Verdachtsmeldepflicht bei der Erlangung hoher Bargelderträge. Mit selbständiger Mitteilung vom 14. Oktober 2022 wurde die Klägerin darauf hingewiesen, dass der Beklagte bestandskräftige Maßnahmen und unanfechtbare Bußgeldentscheidungen nach § 57 Abs. 1 GwG auf seiner Internetseite bekanntzumachen habe. Im weiteren Verlauf erließ der Beklagte am 14. November 2022 zuletzt einen Bescheid, wonach die Einziehung von 113.640,70 EUR angeordnet wurde.
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Der anwaltliche Vertreter beantragte mit Schreiben vom 9. Dezember 2022 unter Berufung auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dass die Bekanntmachung nach § 57 GwG in anonymisierter Form erfolgen solle. Mit Schreiben vom 12. Januar 2023 wurde die Klägerin durch den Beklagten zur beabsichtigten Veröffentlichung formal angehört. Hierzu nahm die Klägerin mit Schreiben vom 20. Januar 2023 Stellung und führte zum Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, zum Schutz personenbezogener Daten und zum generalpräventiven Zweck des § 57 GwG aus.
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Vor Klageerhebung wandte sich die Klägerin mit Schreiben ihres anwaltlichen Vertreters vom 3. April 2023 erneut an den Beklagten und forderte das Löschen der zwischenzeitlich erfolgten Bekanntmachung. Der Beklagte trat dieser Forderung mit Schreiben vom 5. April 2023 entgegen.
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2. Die Internetseite des Beklagten über die Veröffentlichung bestandskräftiger Maßnahmen und unanfechtbarer Bußgeldentscheidungen nach § 57 Abs. 1 des Gesetzes über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (Geldwäschegesetz – GwG) enthält zum Zeitpunkt der Klageerhebung folgende Eintragung:
Art und Charakter des Verstoßes: Verstoß gegen Meldepflicht (§ 43 GwG).
Art der Maßnahme: Einziehungsbescheid i.H.v. 113.640,70 €.
Bestands- bzw rechtskräftig seit: 12.12.2022
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Für den Verstoß verantwortliche natürliche und juristische Person oder Personenvereinigung: …
3. Der anwaltliche Vertreter erhebt mit Schriftsatz vom 7. Juli 2023 Klage und beantragt,
1. Dem Beklagten wird untersagt, öffentlich – insbesondere durch Veröffentlichung auf seiner Website – zu verbreiten und/oder zugänglich zu machen, dass gegen die Klägerin ein bestandskräftiger Einziehungsbescheid wegen eines behaupteten Verstoßes gegen die Meldepflicht nach § 43 GwG erging.
2. Dem Beklagten wird untersagt, öffentlich – insbesondere durch Veröffentlichung auf seiner Website – in nichtanonymisierter Form zu verbreiten und/oder zugänglich zu machen, dass gegen die Klägerin ein bestandskräftiger Einziehungsbescheid wegen eines behaupteten Verstoßes gegen die Meldepflicht nach § 43 GwG erging.
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Die Klage wird mit Schriftsatz vom 21. Dezember 2023 begründet. Die Klägerin habe einen Anspruch aus öffentlich-rechtlicher Folgenbeseitigung und Unterlassung. Es liege ein Verstoß gegen das strafrechtliche Rückwirkungsverbot vor. Für die Veröffentlichung existiere keine ausreichende Rechtsgrundlage, gegen die Vereinbarkeit des § 57 Abs. 1 GwG mit den Europäischen Grundrechten bestehe erheblich Bedenken. Ferner liege keine „bestandskräftige Maßnahme und unanfechtbare Bußgeldentscheidung“ vor. Darüber hinaus sei die Veröffentlichung als gerichtlich nach § 114 Satz 1 Alt. 1 VwGO analog überprüfbare Ermessensentscheidung rechtswidrig. Mit Blick auf die auf besonderem Vertrauen basierende Zusammenarbeit zwischen der Klägerin und den Uhrenherstellern sei die in Rede stehende Veröffentlichung existenzgefährdend und somit unverhältnismäßig. Ferner liege Unverhältnismäßigkeit vor, da die Klägerin auch ohne die Wirkungen der Veröffentlichung ihre Pflichten nach dem Geldwäschegesetzzwischenzeitlich vorbildlich umsetze.
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Wesentlicher und überlebenswichtiger Bestandteil des Geschäfts der Klägerin (über 70%) bestehe in der Veräußerung von Schweizer Luxusuhren. Das Anbieten solcher Uhren werde von potenziellen Kunden als Referenz empfunden, weise auf einen guten Namen hin. Der Anbieter gelte als besonders professionell, verlässlich und diskret. Das Anbieten der Schweizer Luxusuhren führe auch zu Umsätzen, die durch den Verkauf anderer Fabrikate oder Schmuckgegenstände entstehen, sodass der konzessionsbedingte Umsatz und Gewinn faktisch deutlich mehr als die angegebenen 70% betrage. Die Konzessionen für diese prestigeträchtigen Marken seien an umfangreiche Vertriebsverträge mit weitreichenden Anforderungen gebunden. Es sei überlebenswichtig, nicht auf einer Prangerliste geführt zu werden.
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Die Klage finde als allgemeine Leistungsklage statt, da die Veröffentlichung einen Realakt darstelle (BeckOK GwG/Pelz, 13. Ed. 1.3.2023, GwG § 57 Rn. 13). Ihr fehle es an der für einen Verwaltungsakt notwendigen Regelungswirkung. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Unterlassung bzw. auf Folgenbeseitigung der öffentlichen Verbreitung der bekanntgemachten Information.
11
Die Veröffentlichung im Internetpranger habe strafähnlichen Charakter und verstoße gegen das strafrechtliche Rückwirkungsverbot. Die Rechtsprechung bezeichne solche Veröffentlichungen entweder als Nebenfolge mit strafähnlichem Charakter oder sogar als Nebenstrafen (Erbs/ Kohlhaas/Kaiser, 244. EL Dezember 2022, UrhG § 111 Rn. 1). Das strafrechtliche Rückwirkungsverbot sei als höherrangiges Recht zu beachten. Hiergegen verstoße die auf einer Norm aus dem Jahr 2017 fußende Veröffentlichung von Ordnungswidrigkeiten, die spätestens im Jahr 2014 begangen worden seien.
12
Die vom Beklagten herangezogene Rechtsgrundlage, § 57 Abs. 1 GwG, erweise sich in mehrerlei Hinsicht als europarechtswidrig. Die Vorschrift verletze die in Art. 4 GRCh normierte Menschenwürde sowie die Berufs- und Unternehmensfreiheit nach Art. 15, 16 GRCh. Die Veröffentlichungsvorschrift stoße zudem potenziell an das Recht auf Privatleben, Art. 7 GRCh, und das Datenschutzgrundrecht, Art. 8 GRCh. Nach § 57 Abs. 1 GwG seien bestandskräftige Maßnahmen und unanfechtbare Bußgeldentscheidungen, die die zuständige Behörde wegen eines Verstoßes gegen das Geldwäschegesetz verhängt habe, auf einer hierfür vorgesehenen Internetseite bekanntzumachen. Die Vorschrift basiere auf Art. 60 Abs. 1 der Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zur Nutzung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (ABl. L 141 v. 5. Juni 2015, S. 73-117) (im Folgenden: RL 849/15). § 57 GwG und Art. 60 RL 849/15 sähen mit Blick auf die Angemessenheit der Rechtsanwendung Ausnahmen für den Einzelfall vor (vgl. § 57 Abs. 2 und 3 GwG sowie Art. 60 Abs. 1 UAbs. 2 RL 849/15). Ferner werde eine Höchstdauer der Bekanntmachung von fünf Jahren vorgeschrieben, wiederum mit der Möglichkeit einer kürzeren Bekanntmachungsdauer im Hinblick auf die Angemessenheit im Einzelfall (vgl. § 57 Abs. 4 GwG sowie Art. 60 Abs. 3 RL 849/15).
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Es liege ein nicht gerechtfertigter Eingriff in Art. 4 GRCh vor. Dieser garantiere, dass niemand der Folter oder unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung unterworfen werden dürfe. In sachlicher Hinsicht fielen unter den Begriff der Strafe alle Maßnahmen mit Sanktionscharakter (vgl. Grabenwarter/Pabel, EMRK, 6. Aufl. 2016, § 20 Rn. 43, 48) und somit nach dem Zweck der Vorschrift, welche neben der Spezial- und Generalprävention insbesondere auf die Sanktion gesetzwidrigen Verhaltens im Geldwäscherecht abziele (vgl. Herzog/Herzog, GwG, § 57 Rn. 1), auch die Bekanntmachungspflicht nach § 57 Abs. 1 GwG. Damit eine Behandlung oder Strafe als „unmenschlich“ oder „erniedrigend“ gelte, müssten nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte mehrere Umstände aufeinandertreffen und ein Mindestmaß an Schwere erreichen (vgl. Bergmann/Dienelt/J. Nusser, EMRK, Art. 3 Rn. 8). Dabei kämen der Vorsätzlichkeit, Dauer sowie den physischen oder psychischen Auswirkungen eine bedeutende Rolle zu. Der Schutzbereich sei demnach bereits dann eröffnet, wenn rein psychische Einwirkungen vorliegen (vgl. Calliess/Ruffert/Calliess, EU-GRCh, Art. 4 Rn. 12). Erniedrigend sei eine Behandlung oder Strafe, wenn bei den Betroffenen Gefühle der Angst, Qualen und Minderwertigkeit hervorgerufen würden, die zur Demütigung und Entwürdigung beitrügen oder diese sogar bezweckten (vgl. EGMR U.v. 6.10.2015 – 80442/12, Rn. 92 – Lecomte ./. Deutschland). Gemessen hieran verletze die Bekanntmachungspflicht nach § 57 Abs. 1 GwG aufgrund ihrer nicht zu unterschätzenden Intensität und der nachhaltigen Folgen das Verbot erniedrigender Strafen. Die Bekanntmachung nach § 57 Abs. 1 GwG habe nicht nur floskelhaft, etwa durch Nennung nur eines Aktenzeichens zu erfolgen, sondern vielmehr auch Informationen zu dem Bebußten sowie zu Art und Charakter des Verstoßes zu enthalten. Mit der Umsetzung der Vierten Geldwäscherichtlinie habe der Gesetzgeber damit nun das – jedenfalls vorwiegend präventive – Konzept des „Naming and Shaming“ etabliert. Symbolisch, historisch und auch faktisch werde die betroffene (juristische) Person öffentlich „an den Pranger“ gestellt und damit in eine beschämende Situation gebracht (vgl. Ellenberger/Bunte BankR-HdB, § 11 Rn. 720). Ohne auf die Folgen der Bekanntmachung einzugehen, berühre bereits diese Situation der Bloßstellung unmittelbar den Kernbereich der Menschenwürde (vgl. Herzog/Herzog, GwG, 4. Aufl. 2020, § 57 Rn. 1). Das Instrument des „Anprangerns“ stamme aus dem Mittelalter und entspreche in keiner Weise mehr einer würdegerechten Strafe. Der Pranger habe dazu gedient, den Delinquenten öffentlich auf dem Marktplatz bloßzustellen und den Beschimpfungen und Verschmähungen der Bevölkerung auszusetzen. Dass die Bekanntmachung im Internet erfolge und nicht auf dem öffentlichen Marktplatz, ändere nichts an der Intensität des Eingriffs. Vielmehr wiege der Eingriff und dessen Folgen durch die Dauerhaftigkeit der Bekanntmachung noch schwerer. Aus der Bekanntmachung und ihrer Prangerwirkung ergäben sich für die Betroffenen erhebliche Folgen. Es sei zu erwarten, dass sich Geschäftspartner vor dem Hintergrund der fehlenden Geldwäscheprävention abwendeten. Aufgrund der weltweit verfügbaren Informationen einer Bekanntmachung im Internet seien ein langfristiger Reputationsschaden und eine dauerhafte Stigmatisierung zu befürchten, die zu einem wirtschaftlichen „Todesurteil“ für den Betroffenen führen könnten (vgl. Herzog/Herzog, GwG, § 57 Rn. 1). Gerade im Internet bestehe die Gefahr, dass sich die Information verselbstständige und das Unternehmen, über die beabsichtigte spezialpräventive Reuewirkung hinaus, dauerhaft schädige (vgl. Herzog a.a.O.). Das gelte, zumal es spezialisierte Internetseiten gebe, die andere Seiten archivierten, sodass gelöschte Informationen dauerhaft verfügbar bleiben (vgl. etwa archive.org). Vor diesem Hintergrund würde die begrenzende Wirkung der normativ vorgeschriebenen Veröffentlichungsdauer nicht gewährleistet werden. Das Mittel der Bekanntmachung und die daraus folgende persönliche Erniedrigung sowie der Reputationsverlust verletzten den Kern der Menschenwürde. Es gebe demnach kein legitimes Ziel, wie etwa Gründe der Spezial- oder Generalprävention, welches einen Eingriff der vorliegenden Intensität rechtfertigen könne.
14
Mit der Bekanntmachungspflicht gehe zudem eine Verletzung der Berufs- und Unternehmensfreiheit nach Art. 15, 16 GRCh einher. Jede Person habe das Recht, zu arbeiten und einen frei gewählten oder angenommenen Beruf auszuüben, Art. 15 Abs. 1 GRCh. Die unternehmerische Freiheit werde nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten anerkannt, Art. 16 GRCh. Insgesamt gehe es somit um die umfassende Gewährleistung der wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit (Calliess/Ruffert/Ruffert, GRCh, Art. 15 Rn. 4; EuGH, Verb. Rs. 63/84 und 147/84, Slg. 1985, 2857, Rn. 23 (Finsider)). Eingriffe in die genannten Grundrechte seien insbesondere durch normative Regelungen möglich (Calliess/Ruffert/ Ruffert, GRCh, Art. 15 Rn. 10). Konkret liege ein Eingriff durch § 57 Abs. 1 GwG unter mehreren Gesichtspunkten vor. Zum einen stelle nach der Rechtsprechung jede finale Verschlechterung der Wettbewerbssituation eines Marktteilnehmers – und sei sie vermittelt über die (vorhersehbare) Reaktion Dritter – einen Eingriff in Art. 16 GRCh dar. Dies dürfe in aller Regel für die Fälle der „schlichten Verbraucherinformation“ zutreffen, sofern auch im Einzelfall ein spürbarer wirtschaftlicher Schaden drohe (vgl. EuGH Slg. 1998, I-1953 Rdn. 28; Slg. 1994, I-173 Rn. 81). Des Weiteren greife jede Sanktionierung eines bestimmten unternehmerischen Verhaltens in die Freiheit unternehmerischer Betätigung ein (vgl. EuGH Slg. 2013, I-0000 Rn. 123). Fungiere die behördliche Information demnach als eigenständige Sanktionsmaßnahme, so sei sie auch ohne weiteres als eigenständiger Grundrechtseingriff zu werten (vgl. WM 2014, 1893). Die Einschränkung der unternehmerischen Freiheit sei auch in Hinblick auf Art. 52 Abs. 1 GRCh nicht gerechtfertigt. Demnach seien Einschränkungen zulässig, wenn sie sich auf eine gesetzliche Regelung stützen könnten, dem Gemeinwohl (einschließlich der Rechte anderer) entsprächen, verhältnismäßig seien und den Wesensgehalt der Berufsfreiheit nicht beeinträchtigten (vgl. EuGH, Rs. 234/85, Slg. 1986, 2897, Rn. 8 (Keller)). Die Regelung des § 57 Abs. 1 GwG als Grundlage der Einschränkung begegne erheblichen rechtlichen Bedenken in Hinblick auf ihre Verhältnismäßigkeit, konkret die Angemessenheit. Konkretes Ziel des europäischen Gesetzgebers (vgl. KOM(2010) 716 endg. v. 8.12.2010, S. 13) sei insbesondere, neben den als bislang nicht ausreichend streng und abschreckend angesehenen finanziellen Sanktionen, die Reputation der Verpflichteten als empfindliches wirtschaftliches Gut zu erfassen (sogenannte „Prangerwirkung“). Vor diesem Hintergrund solle durch die öffentliche Bekanntgabe die öffentliche Wahrnehmung der Verpflichteten getroffen werden, um dadurch verstärkt Compliance durch Abschreckung bei den verpflichteten Unternehmen und verantwortlichen Personen zu erwirken (vgl. Zentes/Glaab/Wende, GwG, § 57 Rn. 2). Das Ziel der Spezial- und Generalprävention im Bereich des Finanzdienstleistungssektors durch Abschreckung stehe außer Verhältnis zu den verursachten Nachteilen für die Berufs- und Unternehmensfreiheit. Durch die Bekanntmachung des Klarnamens des Betroffenen drohe die akute Gefahr, laufende oder zukünftige Geschäftskontakte zu verlieren. Zudem erlaube die Information als Sanktionsinstrument naturgemäß nur ein „Alles“ oder „Nichts“. Die im Rahmen der Angemessenheitsprüfung für andere Sanktionstypen charakteristische Möglichkeit, die Strafhöhe nach Geldbetrag oder Haftdauer an die konkreten Umstände des Einzelfalls anzupassen, gehe ihr ab (vgl. WM 2014, 1893). Auch ein Vergleich zum Kartellrecht, wo die Veröffentlichung von Kartellverstößen längst alltäglich und als rechtskonform anerkannt sei und der Transparenz dienen solle (vgl. Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates v. 20.1.2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (FKVO), ABl. 2004 L 24, 1 ff., Erwägungsgrund 42; Herzog/Herzog, GwG, § 57 Rn. 6), könne die Bekanntmachungspflicht im Geldwäscherecht nicht rechtfertigen, da diese an ein bestimmtes Fachpublikum adressiert sei (vgl. Schmieszek/Langner WM 2014, 1893/1895 m.w.N.). § 57 GwG sehe weiter vor, dass Art und Charakter des Verstoßes und die für den Verstoß verantwortlichen natürlichen und juristischen Personen oder Personenvereinigungen zu benennen seien. Unabhängig von einer Suchfunktion könnten Internet oder Presseberichterstattung Anhaltspunkte für eine solche Suche geben (Müller NZWiSt 2017, 87/99), sodass eine Massenwirkung leicht erzeugt werden könne (vgl. auch Herzog/Herzog, GwG, § 57 Rn. 6).
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Die Veröffentlichungsvorschrift des § 57 Abs. 1 GwG verstoße potenziell auch gegen das Recht auf Privatleben aus Art. 7 GRCh und das Datenschutzgrundrecht aus Art. 8 GRCh. Art. 7 und 8 GRCh schützten vor der Veröffentlichung jeglicher Information über eine bestimmte oder bestimmbare natürliche Person (EuGH Slg. 2010, I- 11063 Rn. 52 ff.). Informiere dementsprechend eine Behörde die Öffentlichkeit darüber, dass eine namentlich identifizierte natürliche Person für bestimmte Rechtsverstöße verantwortlich sei, so liege darin ein Eingriff in Art. 7 und 8 GRCh. Eingriffe müssten sich auf das „absolut Notwendige“ beschränken. Der Gesetzgeber habe deshalb unter Abwägung der widerstreitenden Belange eine die Privatsphäre möglichst wahrende Regelung zu treffen (EuGH Slg. 2010, I-11063 Rn. 80 ff.). Ein legitimer Zweck und die Erforderlichkeit könnten jedenfalls bei natürlichen Personen für die Veröffentlichungsvorschriften nicht angenommen werden: Zum Zwecke des Verbraucherschutzes reiche es völlig aus, das betroffene Unternehmen und nicht Einzelpersonen anzugeben (vgl. WM 2014, 1893). Indes würfen Öffnungsklauseln, wie § 57 Abs. 2 GwG, wiederum erhebliche Probleme im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot auf. So fordere der EuGH für Eingriffe in das Datenschutzgrundrecht eine gesetzliche Grundlage, die hinreichend detailliert und präzise sei, um es den Betroffenen zu ermöglichen, mögliche Eingriffe vorherzusehen und ihr Verhalten entsprechend auszurichten (EuGH Slg. 2003, I-4989 Rn. 77). Die bloße gesetzgeberische Wiedergabe des Verhältnismäßigkeitsgebots genüge dem ersichtlich nicht. Im Übrigen schließe auch eine Anonymisierung nicht gänzlich aus, dass ein Personenbezug hergestellt werde.
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§ 57 Abs. 1 GwG, ermögliche nur eine Veröffentlichung von „bestandskräftigen Maßnahmen und unanfechtbaren Bußgeldentscheidungen“. Die hier im Raum stehende Einziehung nach § 29a OWiG stelle weder eine „Maßnahme“ nach Geldwäschegesetz noch eine „Bußgeldentscheidung“ dar. Die Einziehung sei die Entziehung deliktisch erlangter Vermögensvorteile und bezwecke nicht, dem Betroffenen die Begehung der Herkunftstat als Fehlverhalten vorzuwerfen und ihm deswegen vergeltend ein Übel zuzufügen. Sie diene vielmehr der Gewinnabschöpfung und damit dem Ausgleich einer unrechtmäßigen Vermögensverschiebung. Bezweckt werde die Wiederherstellung der verletzten Rechtsordnung, also die Beseitigung eines rechtswidrigen Zustandes für die Zukunft (vgl. BeckOK OWiG/Meyberg, 37. Ed. 1.1.2023, OWiG § 29a Rn. 7). Die Einziehung setze nicht einmal eine vorwerfbare Tat voraus (vgl. BeckOK OWiG/Meyberg, 37. Ed. 1.1.2023, OWiG § 29a Rn. 18). Eine „Maßnahme“ liege auch nicht vor, da hierunter nur solche nach dem spezialgesetzlichen § 51 Abs. 2 GwG zu verstehen seien (vgl. BeckOK GwG/Pelz, 13. Ed. 1.3.2023, GwG § 57 Rn. 5) und gerade nicht solche nach OWiG. Weiter ermögliche § 57 Abs. 1 GwG nicht die Veröffentlichung der Firma der Klägerin. Nach § 57 Abs. 1 Satz 2 GwG seien „die für den Verstoß verantwortlichen natürlichen Personen und juristischen Personen oder Personenvereinigungen“ zu nennen, was die Firma der Klägerin nicht sei.
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Die Veröffentlichung sei als gerichtlich nach § 114 Satz 1 Alt. 1 VwGO analog überprüfbare Ermessensüberschreitung rechtswidrig. Der Beklagte habe jeden anderen Eintrag anonym veröffentlicht und so sein Ermessen im Rahmen des Gleichbehandlungsgrundsatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG auf eine anonymisierte Veröffentlichung hin gebunden. Der Beklagte habe eine strenge Verhältnismäßigkeitsprüfung mit Blick auf die Folgen der Bloßstellung für die Klägerin und ein mögliches wirtschaftliches Todesurteil nicht durchgeführt. Die in Rede stehende Veröffentlichung gefährde die Existenz des Betriebs der Klägerin vor dem Hintergrund ihrer Zusammenarbeit mit den Uhrenherstellern. Die Veröffentlichung greife daher ohne ausreichende Rechtfertigung in die Berufsfreiheit und das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin ein. Die Höhe des einzuziehenden Betrages von 113.644,20 EUR stehe weiter in krassem Missverhältnis zu dem mit einer Prangerveröffentlichung verbundenen wirtschaftlichen Todesurteil für die Klägerin. Wenn nicht einmal die Einziehung sanktionierenden Charakter habe, wäre es unverhältnismäßig eine Veröffentlichung auf dem Internetpranger mit sanktionierender Wirkung zu vollziehen und so die Sanktionierung durch die Hintertür herbeizuführen. Daher würden auch Einziehungen nach § 29a OWiG nicht im Gewerbezentralregister eingetragen werden (vgl. BeckOK OWiG/Meyberg, 37. Ed. 1.1.2023, OWiG § 29a Rn. 9).
18
Ferner sei die Veröffentlichung unverhältnismäßig, da die Klägerin auch ohne die Wirkungen der Veröffentlichung ihre Pflichten nach dem Geldwäschegesetz zwischenzeitlich vorbildlich umsetze und sich seit dem Jahr 2015 durch die Klägervertreterin extern beraten lasse. Eine Geldwäscheerstprüfung des Beklagten im Jahr 2016 habe zu keinen ordnungsrechtlich relevanten Beanstandungen geführt. Die Klägerin erfülle die auch seitdem weiter zugenommenen Sorgfaltspflichten durch entsprechende organisatorische und personelle Maßnahmen. Entsprechend der Allgemeinverfügung des Beklagten vom 22. Juli 2021 Gz. RMF-SG10-2191-3-3 (Amtsblatt der Regierung von Unterfranken v. 12. August 2021, S. 107 ff) habe sie einen Geldwäschebeauftragten auf Führungsebene und einen Stellvertreter im Sinne des § 7 Abs. 1 GwG bestellt. Auch eine Folgeprüfung des Beklagten bei der Klägerin im Bereich Edelmetallhandel mit Anordnung vom 4. Februar 2022 sei beanstandungslos geblieben. Zuletzt am 12. Januar 2023 habe die Klägerin eine externe GwG-Schulung (auch) ihrer Mitarbeiter durchführen lassen. Aufgrund dessen wäre § 57 Abs. 4 GwG anzuwenden gewesen.
19
Die Wiederherstellung des vor der Veröffentlichung bestehenden Zustands durch Löschung der Veröffentlichung sei möglich und zumutbar. Insbesondere hätten die wichtigsten Geschäftspartner der Klägerin bisher noch nicht auf die Prangerliste reagiert.
20
Der Klägerin stehe ein Anspruch auf vollständige Löschung der Eintragung und nicht nur auf Anonymisierung zu. Die gegenständliche Veröffentlichung greife in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin ein. Dateneingriffe, wie die Übermittlung an die Öffentlichkeit oder an Dritte, dürften staatlicherseits nur vorgenommen werden, wenn der Betroffene zustimme oder der Dateneingriff von einer gesetzlichen Grundlage abgedeckt sei, an die im Falle nicht anonymisierter Verwendung strenge Anforderungen zu stellen seien (vgl. Jarass, NJW 1989, 857). Gleichwohl erfasse der Schutzbereich auch die Verwendung von Daten in anonymisierter Form, sofern sich diese als Akt der einzelnen Datenerhebung darstellten und nicht zu statistischen Zwecken verwendet würden (vgl. Dürig/Herzog/Scholz/Di Fabio, 100. EL Januar 2023, GG Art. 2 Abs. 1 Rn. 177). Die Veröffentlichung auf der Website solle gerade nicht einfach eine statistische Wiedergabe begangener Verstöße gegen das Geldwäschegesetz darstellen. Vielmehr liege der Zweck gerade in der Veröffentlichung einzelner bestandskräftiger Maßnahmen und Bußgeldentscheidungen. Durch die Veröffentlichung könne nicht ausgeschlossen werden, dass ein Personenbezug hergestellt werden könne. Vorliegend sei dies sogar mit hoher Wahrscheinlichkeit zu befürchten, da bis zur Anonymisierung am 11. April 2023 der Klarname der Klägerin veröffentlicht worden sei und es nicht ausgeschlossen werden könne, dass ein Geschäftspartner hiervon erfahren habe und sich die Veröffentlichung herumspreche. Eine Zuordnung sei auch möglich, da es die einzige Eintragung wegen des Verstoßes gegen die Meldepflicht nach § 43 GwG sei und es im Zuständigkeitsbereich der Regierung von Mittelfranken nur eine geringe Anzahl an Betrieben gebe, die über entsprechende Konzessionen für den Vertrieb von Schweizer Luxusuhren verfüge.
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4. Mit Schreiben vom 20. Juli 2023 erwidert der Beklagte und beantragt zuletzt,
Die Klage wird abgewiesen.
22
Zur Klagebegründung nimmt der Beklagte mit Schriftsatz vom 9. April 2024 inhaltlich Stellung. Die namentliche Veröffentlichung des Einziehungsbescheides auf der Internetseite der Regierung von Mittelfranken sei rechtmäßig aufgrund § 57 Abs. 1 GwG ergangen.
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Der rechtskräftige Einziehungsbescheid vom 24.11.2022 (Az. …*) sei eine bestandskräftige Maßnahme nach § 57 Abs. 1 Satz 1 GwG, der in der Vorschrift genannte Maßnahmenbegriff weit zu verstehen. Voraussetzung sei lediglich, dass eine solche Maßnahme auf der Grundlage eines Verstoßes gegen das Geldwäschegesetz erfolgt sei. Vorliegend habe dem Einziehungsbescheid der Verstoß gegen die Meldepflicht des Verpflichteten zugrunde gelegen (§ 11 Abs. 1 Satz 1 GwG a.F.), welcher auch nach damaligem Recht gem. § 17 Abs. 1 Nr. 14 GwG schon bußgeldbewehrt gewesen sei. Für die Führung des Bußgeldverfahrens und damit auch des Einziehungsverfahrens sei die Regierung von Mittelfranken als Aufsichtsbehörde zuständig. Der Erlass des Einziehungsbescheides liege in ihrem Aufgabenbereich, und ihm komme ein „präventiv-ordnender“ Maßnahmencharakter zu (Meyberg in BeckOK OWiG, 41. Edition, Stand: 1.1.2024, § 29a, Rn. 7). Ferner sei er dem Bußgeldbescheid gleichgestellt, § 87 Abs. 3 Satz 2 OWiG. Es komme nicht darauf an, ob die Maßnahme ihre Rechtsgrundlage allein im Geldwäschegesetz habe.
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Die Veröffentlichung falle nicht in den Schutzbereich des Art. 4 GRCh. Der Begriff der Folter sei ersichtlich nicht einschlägig. Es liege ebenfalls keine „unmenschliche oder erniedrigende Behandlung“ vor. Eine unmenschliche Behandlung sei „die absichtliche Zufügung schwerer physischer oder psychischer Leiden oder Schmerzen, die im Hinblick auf Intensität und Dauer eine ausreichende Schwere aufweisen“ (Jarass, GRCh, 4. Aufl. 2021, Art. 4 Rn. 7). Zudem seien dabei selbst drohende Gefahren wie „große Armut oder eine starke Verschlechterung der Lebensverhältnisse“ nicht ausreichend, um einen Verstoß zu bejahen. Es müsse sich vielmehr um eine Situation extremer materieller Not handeln, bei der die Person die elementarsten Bedürfnisse nicht mehr befriedigen könne (insbesondere Ernährung, Hygiene und Unterkunft), und die ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtige oder sie in einen Zustand der Verelendung versetze, der mit der Menschenwürde unvereinbar wäre (EuGH, U.v. 19.3.2019 – C-163/17 – Jawo – Rn. 92, 93). Demgegenüber stehe bei der erniedrigenden Behandlung die Demütigung im Vordergrund, welche dazu führen könne, Gefühle der Angst, des Schmerzes und der Unterlegenheit zu erwecken und die geeignet seien, einen Menschen zu demütigen und seinen körperlichen und moralischen Widerstand zu brechen (Jarass, aaO, Rn. 7). Die Veröffentlichung solle die Klägerin zur Einhaltung ihrer Pflichten nach dem Geldwäschegesetz anhalten und gleichzeitig generalpräventive Wirkung entfalten. Die Maßnahme sei weit davon entfernt, auf erniedrigende Weise einen körperlichen und moralischen Widerstand zu brechen oder Angst auszulösen. Im Gegenteil handele es sich im Grunde um eine sachliche Information der Öffentlichkeit darüber, dass ein Verstoß von einer bestimmen Person begangen worden sei. Eine darüberhinausgehende Demütigung und Anprangerung sei nicht gegeben, das erforderliche Mindestmaß an Schwere und Intensität für eine Verletzung des Art. 4 GRCh nicht erreicht.
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Ein solcher Eingriff wäre im Übrigen nach Art. 52 Abs. 1 GRCh gerechtfertigt. Die Klägerin verweise lediglich auf eine Betroffenheit ihrer unternehmerischen Freiheit durch einen möglichen Verlust von Geschäftskontakten und damit einer Verschlechterung der Wettbewerbssituation. Einschränkungen seien jedoch möglich, wenn sie Gründen des Gemeinwohls entsprächen, verhältnismäßig seien und den Wesensgehalt des Grundrechts nicht beeinträchtigten. Die gesetzliche Grundlage ergebe sich aus § 57 Abs. 1 GwG, deren Ziele dem Gemeinwohl dienten und den normierten Zielen der EU entsprächen (EuGH, Rs. C-200/96, Slg. 1998, I-1953, Rn. 23 – Metronome Musik; Rs. C-544/10, ECLI:ECLI:EU:C:2012:526, Rn. 54 – Deutsches Weintor; Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 15 GRCh, Rn. 14). Nach Art. 3 Abs. 3 EUV sei der Binnenmarkt ein Unionsziel. Ströme von illegalem Geld könnten die Integrität, Stabilität und das Ansehen des Finanzsektors schädigen und eine Bedrohung für den Binnenmarkt darstellen (Erwägungsgrund Nr. 1 der Vierten Geldwäscherichtlinie (Richtlinie EU 2105/849)). Das Ziel wäre gefährdet, wenn das Finanzsystem durch Einschleusen von unrechtmäßig erworbenem Geld missbraucht werde (vgl. Erwägungsgrund Nr. 5 a.a.O.). Indem die Vorschrift des § 57 GwG den Art. 60 RL 2015/849 umsetze, orientiere sie sich am Schutz des Binnenmarkts und damit am Gemeinwohl.
26
Die Maßnahme sei erforderlich, da finanzielle Sanktionen nicht ausreichten. Zur Umsetzung der Ziele sollten die Mitgliedstaaten wirksame, verhältnismäßige und abschreckende verwaltungsrechtliche Sanktionen und Maßnahmen für den Fall vorsehen, dass die Vorschriften nicht eingehalten würden (Erwägungsgrund Nr. 59). Lediglich finanzielle Sanktionen würden als nicht ausreichend streng und abschreckend angesehen, daher sollten die Maßnahmen auch die Reputation erfassen und durch die Veröffentlichung die öffentliche Wahrnehmung getroffen werden, um dadurch verstärkt Compliance durch Abschreckung bei den nach dem Geldwäschegesetz Verpflichteten zu erwirken (Klöhn/Schmolke, NZG 2015, 689/696 f.; Zentes/Glaab, GwG § 57 Rn. 2). Die namentliche Nennung sei auch deswegen erforderlich, da ansonsten keine ausreichende general-präventive Wirkung entstehe. Dies sei als mildestes Mittel zu sehen, da sich bei lediglich anonymer Nennung die Veröffentlichung auf die Information der Allgemeinheit beschränke.
27
Schließlich sei eine Veröffentlichung auch verhältnismäßig. Die Beschränkung der unternehmerischen Freiheit durch § 57 GwG müsse in einem angemessenen Verhältnis zu dem verfolgten Zweck stehen (EuGH, C-92/09, Slg. 2010, I-11063 Rn. 72 – Schecke; C-482/01, Slg. 2004, I-5257 Rn. 99 – Orfanopoulos). Die Veröffentlichung gehe nicht über das zur Verwirklichung des Ziels erforderliche Maß hinaus, indem sie nur bestandskräftige bzw. unanfechtbare Entscheidungen für eine Veröffentlichung, also keine Verdachtsfälle, vorsehe. Insgesamt sei das unternehmerische bzw. wirtschaftliche Interesse der Betroffenen geringer zu bewerten als die Erreichung einer präventiven Wirkung gegenüber anderen Marktteilnehmern.
28
Das Privatleben der Betroffenen nach Art. 7 GRCh sei nicht beeinträchtigt, da, wie von der Klägerin vorgetragen, nur unternehmerische Nachteile drohten. Ein Eingriff in personenbezogene Daten sei aus den oben genannten Gründen gerechtfertigt. Eine lediglich anonyme Bekanntmachung würde hier ihren Zweck verfehlen. § 57 GwG sehe in Absatz 1 als Regelfall die namentliche Nennung vor. Die in Absatz 2 geregelte Möglichkeit der Anonymisierung liege im Ermessen der Behörde und diene der Vermeidung besonderer Härten. Die Veröffentlichung sei zwingend auf erforderliche personenbezogene Daten beschränkt. Weitere Merkmale wie etwa die Adresse würden nicht veröffentlicht. Ein Betroffener müsse die Veröffentlichung vor dem Hintergrund des gesetzlichen Schutzzwecks hinnehmen.
29
Ein Verstoß gegen die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG liege durch die Veröffentlichung nicht vor. Die namentliche Nennung der Klägerin eröffne schon nicht den Schutzbereich der Berufsausübungsfreiheit. Das Grundrecht schütze nicht vor der Verbreitung zutreffender und sachlich gehaltener Informationen am Markt, die für das wettbewerbliche Verhalten der Marktteilnehmer von Bedeutung sein könnten, selbst wenn die Inhalte sich auf einzelne Wettbewerbspositionen nachteilig auswirkten (vgl. BVerfG, B.v. 26.6.2002 – 1 BvR 558/91 – Rn. 39 f.). Insbesondere schütze die Berufsfreiheit grundsätzlich nicht vor bloßen Veränderungen der Marktdaten und Rahmenbedingungen der unternehmerischen Tätigkeit. Nicht jedes staatliche Informationshandeln sei ohne Weiteres als Grundrechtseingriff zu bewerten (vgl. hierzu BVerfG, NJW 2018, 2109 Rn. 27 unter Verweis auf BVerfG, B.v. 26. 6.2002 – 1 BvR 558/9 und B.v. 25.7.2007 – 1 BvR 1031/07). Vorliegend handele es sich um eine sachliche Marktinformation in diesem Sinne. Ein Eingriff auf die Marktbedingungen konkret individualisierbarer Unternehmen durch den drohenden Entzug von Konzessionen sei durch die Klägerin bisher nicht hinreichend dargelegt worden. Die Klägerin trage nur allgemein vor, dass durch die namentliche Veröffentlichung der Verlust von Vertriebskonzessionen zu befürchten sei, ohne einen konkreten Nachweis hierfür zu erbringen. Soweit die Klägerin vorbringe, die Vergabe von Vertriebskonzessionen zweier Luxushersteller sei von einem makellosen Ruf des Konzessionsnehmers abhängig, sei schon nicht erkennbar, was die Kriterien für einen solchen „makellosen Ruf“ sein sollten. Insbesondere fehle es an einer genauen Darlegung von Kriterien und Maßstäben durch die Klägerin, wann und unter welchen Voraussetzungen eine derartige Konzession vergeben bzw. wieder zurückgenommen werde. Der drohende Verlust der Konzession durch die Veröffentlichung sei im Ergebnis eine bloße Mutmaßung. Ferner sei der Verkauf von Luxusuhren nur einen Teil der Tätigkeit der Klägerin und stelle kein eigens geschütztes Berufsfeld dar. Sie könne auch ohne dieses Geschäftsfeld weiter als Juwelierin tätig sein.
30
Die hier vorliegende Berufsausübungsregelung könne durch „vernünftige Allgemeinwohlerwägungen“ gerechtfertigt werden. Ein möglicher Eingriff durch die Veröffentlichung nach § 57 Abs. 1 GwG diene dem Schutz des Finanzmarktes durch Prävention, Aufdeckung und Untersuchung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Dies sei sogar als wichtiges Gemeinschaftsgut zu beurteilen. Der Eingriff sei dementsprechend gerechtfertigt.
31
Auch eine Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG scheide aus. Es werde gar nicht der Klarname der Klägerin auf der Internetseite des Beklagten veröffentlicht, sondern die Firma „…“. Insbesondere aufgrund des Doppelnamens „…“ der Klägerin lasse die Benennung der Firma nicht unmittelbar Rückschlüsse auf die Klägerin als Person zu. Zum anderen sei der Regelung in § 57 Abs. 1 Satz 3 GwG durch die Pflicht zur namentlichen Veröffentlichung ein möglicher Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht gerade immanent. Dem begegne § 57 Abs. 2 GwG im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes durch eine Möglichkeit zur Anonymisierung der betroffenen Person bzw. des Unternehmensträgers. Die Klägerin habe nicht ausreichend dargestellt, aus welchen Gründen in ihrem speziellen Fall ein unverhältnismäßiger Eingriff mit Blick auf das Allgemeine Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG vorliegen solle. Vielmehr argumentiere die Klägerin allgemein mit wirtschaftlichen Nachteilen, ohne eine konkrete Unverhältnismäßigkeit mit Blick auf das Persönlichkeitsrecht in ihrem Fall darzutun. Der Vortrag erschöpfe sich in einer allgemeinen Kritik an der „Prangerwirkung“ der Vorschrift des § 57 GwG. Ferner dürfe nicht außer Acht bleiben, dass der potentiell gewichtige Grundrechtseingriff dadurch relativiert werde, dass die betroffenen Unternehmen negative Öffentlichkeitsinformationen durch rechtswidriges Verhalten selbst veranlasst hätten (vgl. BVerfG, B.v. 21.3.2018 – 1 BvF 1/13 – NJW 2018, 2109 Rn. 36).
32
Im Übrigen sei die Veröffentlichung mit Blick auf die Verhältnismäßigkeit möglicher Grundrechtseingriffe gerechtfertigt. Die in der Regelung des § 57 Abs. 1 GwG normierte (namentliche) Veröffentlichungspflicht diene dem legitimen Zweck der effektiven Bekämpfung der Gefahren durch Geldwäsche mittels einer abschreckenden Wirkung sowohl in generalpräventiver als auch in spezialpräventiver Hinsicht. Sie sei dafür auch geeignet, da sie die effektive Bekämpfung der Geldwäsche bzw. deren Prävention aktiv fördere, wobei dem Gesetzgeber eine Einschätzungsprärogative zukomme (vgl. Lang, in: BeckOK GG, 56. Edition, Stand: 15.8.2023, Art. 2 Rn. 56 m.w.N.). Deutschland sei als größte Volkswirtschaft in der Europäischen Union und viertgrößte weltweit ein attraktives Ziel für Geldwäsche, da es ein offenes, politisch stabiles und bargeldaffines Land sei (vgl. dazu auch Bundesministerium der Finanzen, Erste Nationale Risikoanalyse 2018/2019, S. 25 f.; ebenso FATF, Mutual Evaluations Report [MER] 2022, S. 9; die FATF stellte im sogen. MER 2010 dar, dass Deutschland von der USamerikanischen Regierung ein hohes Risiko für Geldwäsche bescheinigt wurde, Statistiken der Vereinten Nationen viele drogenbezogene Straftaten, also genau die Vortaten im vorliegenden Fall, in Deutschland aufzeigen, vgl. MER 2010, S. 21, Ziff. 55 – 57). Durch § 57 GwG sei Art. 60 RL 2015/849 in deutsches Recht umgesetzt worden. § 57 GwG könne nur vor dem Hintergrund der effektiven Geldwäschebekämpfung auf nationaler und internationaler Ebene verstanden werden. Weiter führt der Beklagte zur Bedeutung der Geldwäschebekämpfung, insbesondere als spezielles Sicherheitsrecht, aus.
33
Das Abwenden von Vertragspartnern bei ggf. mangelhafter Geldwäscheprävention sei eine mögliche Folge. Dies sei jedoch nicht per se eine Sanktion, sondern gerade die Folge einer funktionierenden Geldwäscheprävention. Die Abschreckung sei, unter Zugrundelegung der Argumentation der Klägerin, im hart umkämpften Bereich des Luxusuhrenmarktes besonders wirksam. Dabei sei es ohne Belang, dass die Veröffentlichung denknotwendig im zeitlichen Nachgang zu den Verstößen geschehe. Der Gesetzgeber habe dies bewusst geregelt, da nur bestands- und rechtskräftige Maßnahmen bzw. Entscheidungen zu veröffentlichen seien, während etwa im Lebensmittelrecht auch Verdachtsfälle genügten (vgl. Raschke/Glotz, NZWiSt 2024, 17/23 m.w.N.). § 57 GwG gelte weiter auch, wenn der Verpflichtete im Zuge dieser Maßnahmen seine Geldwäsche-Compliance angepasst habe. Gemessen an der generalpräventiven Wirkung solcher Veröffentlichungsvorschriften werde eine vom Gesetzgeber gerade beabsichtigte Transparenz am Markt erzeugt (vgl. auch VG München, B.v. 6.10.2022 – M 26a E 22.4128 – BeckRS 2022, 27669 Rn. 62).
34
Die namentliche Veröffentlichung sei auch erforderlich gewesen, ein milderes, gleich effektives Mittel nicht ersichtlich. Eine anonymisierte Veröffentlichung stelle kein milderes, gleich effektives Mittel dar, weil eine bloß anonymisierte Veröffentlichung einer rein statistischen Auflistung von Verstößen gleichkomme. Die präventive Wirkung einer anonymisierten Veröffentlichung sei nicht gleich effektiv. Es lasse sich jedenfalls nicht ernsthaft bestreiten, dass eine Veröffentlichung unter Namensnennung einen ungleich höheren Abschreckungseffekt erzeugt als eine Bekanntgabe in anonymisierter Form (vgl. hierzu auch die Ausführungen des HessVGH, B.v. 4.8.2022 – 6 B 134/22 und Anmerkung Hippeli, zu HessVGH: Bekanntmachung von Maßnahmen der BaFin, BKR 2022, 860/862). Der Vorrang der namentlichen Veröffentlichung ergebe sich aus der Regelfallanordnung in § 57 Abs. 1 GwG. Nur in Ausnahmefällen könne eine Anonymisierung geboten sein, § 57 Abs. 2 Satz 2 und 1 Nr. 1 GwG. Nach Satz 2 könne „die Bekanntmachung auf anonymisierter Basis erfolgen, wenn hierdurch ein wirksamer Schutz nach Satz 1 Nummer 1 gewährleistet ist.“ Das betreffe Fälle, in denen die Bekanntmachung „das Persönlichkeitsrecht natürlicher Personen verletzen würde oder eine Bekanntmachung personenbezogener Daten aus sonstigen Gründen unverhältnismäßig wäre“. Dieser Subsidiaritätsgedanke ergebe sich auch aus der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/1155, S. 165).
35
Ferner handele es sich bei der Veröffentlichungspflicht um eine gebundene Entscheidung. Zur Parallelvorschrift des § 60b KWG führe der HessVGH aus, dass grundrechtliche Erwägungen bereits Eingang in die einfachgesetzlichen Ausformungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes hinsichtlich der Ausnahmevorschriften gefunden hätten. In der unmittelbaren Auseinandersetzung mit der Parallelvorschrift in § 57 GwG habe der HessVGH zudem darauf aufmerksam gemacht, dass sich an diesem Verständnis zugunsten der namentlichen Nennung als Normalfall auch nichts ändere, wenn man die Soll-Vorschrift im KWG als eine gegenüber der Ist-Vorschrift im Geldwäschegesetz weniger strenge Regelung ansehe (HessVGH, B.v. 4.8.2022 – 6 B 134/22, wobei es sich eigentlich um eine „Muss-Vorschrift“ handelt, vgl. Anmerkung Hippeli, zu HessVGH: Bekanntmachung von Maßnahmen der BaFin, BKR 2022, 860/866).
36
Bei der Veröffentlichungspflicht gehe es einerseits um die Aufklärung und Warnung der Öffentlichkeit (Generalprävention) und andererseits um die Verfolgung von Sanktionszwecken des Betroffenen (Spezialprävention). Bei der Aufklärung und Warnung handele es sich um ein Element der Gefahrenabwehr, indem die Veröffentlichungsvorschriften vor qualifizierten Gefahren schützten und die Öffentlichkeit befähigen sollten, tatsächliche oder potentielle Gefahren zu erkennen und zu vermeiden. Die bezweckte Publikumsinformation sei als „weiche“ Maßnahme im Sinne einer Selbstregulierung des Marktes zu sehen; sie solle über die Warnung vor Gefahren hinaus auch dazu führen, dass Marktteilnehmer aufgrund der Veröffentlichung routinierte Rechtsbrecher mieden. Die Sanktionswirkung ziele hingegen auf den Reputationsverlust für den Unternehmensträger (sowie die daraus folgenden wirtschaftlichen Einbußen) und die handelnden Organwalter ab (vgl. hierzu auch Armbrüster/Böffel, ZIP 2019, 1885/1886).
37
Die Veröffentlichungspflicht in § 57 GwG sei keine Besonderheit des Bereichs der Geldwäsche, sondern habe auch in eine Vielzahl anderer Rechtsgebiete Einzug gefunden, beispielsweise im Bereich des Kapitalmarktrechts in §§ 123 ff. WpHG. Das „naming and shaming“ habe auch eine lange Tradition im Kartellrecht. Die Kartellbehörden hätten bereits früh die gegen Kartellanten verhängten Bußgelder publik gemacht. Mittlerweile sei gem. § 62 GWB eine Veröffentlichung von bestimmten Verstößen im Bundesanzeiger vorgesehen. Die vom Gesetzgeber intendierte präventive Wirkung sei nur bei namentlicher Veröffentlichung hinreichend gewährleistet.
38
Die Maßnahme stehe nicht außer Verhältnis zum verfolgten Zweck. Die Klägerin habe in den im Raum stehenden Fällen bei der Erlangung hoher Bargelderträge ihre Pflichten zur Verdachtsmeldung bei der zuständigen Behörde unterlassen (Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen beim Bundeskriminalamt und Bayerisches Landeskriminalamt). Insbesondere im Zeitraum von 2013 bis 2014 habe die Klägerin Barverkäufe von Luxusarmbanduhren abgewickelt und hierdurch insgesamt Bargelderträge i.H.v. 2.301.494,10 EUR erzielt, ohne auch nur eine Verdachtsmeldung abzugeben. Zu betonen sei, dass die Verkäufe mit inkriminiertem Geld aus Drogengeschäften vorgenommen und hierbei nachweislich bandenmäßig durch den Ankauf von hochwertigen Luxusuhren in Deutschland gewaschen worden seien. Die namentliche Veröffentlichung stehe aufgrund der Vielzahl an gravierenden Verstößen nicht außer Verhältnis. Die Erreichung der Zwecke der General- und Spezialprävention zur Abwehr von Gefahren durch Geldwäsche überwiegen daher im Ergebnis das Persönlichkeitsrecht bzw. die Berufsfreiheit. Es seien auch keine Ermessensfehler ersichtlich.
39
Die vom Gericht in seinem Beschluss vom 12. Mai 2023 für die Frage der Unverhältnismäßigkeit als maßgeblich gesehene Veränderung der Marktsituation und die „Warnung“ auch von Herstellern stelle gerade den Zweck der Norm des § 57 GwG dar, um die Gefahren durch Geldwäsche möglichst effektiv, wirksam und nachhaltig zu bekämpfen. Die vom Gericht kritisierte Sanktionswirkung durch den Verlust des „makellosen Rufes“ und etwaiger Konzessionen sei die beabsichtigte und zu Präventionszwecken notwendige Folge der namentlichen Veröffentlichung. Diese solle gerade dazu führen, dass Marktteilnehmer, die sich gesetzeswidrig verhalten hätten, in Zukunft nicht weitere Verstöße gegen das Geldwäschegesetz begehen (könnten), weil andere Marktteilnehmer und insbesondere Hersteller sie mieden („Selbstregulierung des Marktes“). Sofern man in derartigen Fällen aufgrund der Gefahr einer veränderten Marktlage immer eine Unverhältnismäßigkeit annehmen würde, liefe § 57 Abs. 1 GwG leer, da dann die Zielrichtung der Sanktionierung des § 57 GwG immer als Argument für die Unverhältnismäßigkeit herangezogen werden könne.
40
Das Beispiel der Klägerin zeige außerdem sehr anschaulich, aus welchem Grund die Veröffentlichungspflicht nach § 57 Abs. 1 GwG erforderlich sei. Wie das Gericht selbst zutreffend darstelle, würden die Hersteller der Luxusuhren ohne die Veröffentlichung der Namen keine Kenntnis von der Verbindung der Konzessionsnehmerin zu Geldwäschemaßnahmen erlangen. Das Gericht schätze es in diesem Zusammenhang „auch als naheliegend ein, dass bei den Herstellern dieser Güter kein Bezug zu strafrechtlichen Machenschaften gewünscht ist, da dies dem Markenimage schaden könnte, der aber zugleich einen wesentlichen Aspekt des Marktwertes von Luxusgütern ausmacht“. Ohne die Pflicht zur Veröffentlichung des Namens der Klägerin könne diese die Zusammenarbeit mit den Herstellern der Luxusmarken unverändert mit „makellosem Ruf“ fortsetzen. In der Folge bestünde aber auch weiterhin die Gefahr, dass Verdachtsmeldungen unterbleiben und weitere Uhren unter Verstoß gegen das Geldwäschegesetz in den Verkehr gelangen würden, ohne dass die Hersteller zu irgendeinem Zeitpunkt von den Verhaltensweisen der Klägerin Kenntnis erlangen würden.
41
Die Maßnahme sei auch nicht gleichheitswidrig mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG. Die Regierung von Mittelfranken sei vorliegend nicht gebunden, jegliche Veröffentlichungen in anonymisierter Form durchzuführen. Die entsprechenden Entscheidungen ergingen im Einzelfall und seien entsprechend zu bewerten (vgl. HessVGH, B.v. 4.8.2022 – 6 B 134/22 – juris Rn. 29). Die Regierung von Niederbayern habe als weitere zuständige Aufsichtsbehörde für den Nichtfinanzsektor in Bayern bisher auch in Einzelfällen namentliche Veröffentlichungen vorgenommen. In diesen Fällen seien Bußgelder gegen teils unkooperative Verpflichtete wegen Verstößen gegen Kernpflichten des Geldwäschegesetzes in Höhe von ca. 2.000 bis 10.000 EUR verhängt worden. Zwischenzeitlich seien diese anfangs namentlichen Veröffentlichungen als Reaktion auf die Entscheidung der Kammer vom 12. Mai 2023 vorläufig anonymisiert worden.
42
In dem Bericht der Financial Action Task Force (FATF) vom August 2022 sei herausgestellt worden, dass sich die Veröffentlichung von Verstößen als besonders wirksame Maßnahme – insbesondere aufgrund der abschreckenden Wirkung für andere Unternehmen – erwiesen habe (vgl. FATF, MER 2022, Rn. 352). Es sei seitens des Beklagten daher nur folgerichtig, die Verwaltungspraxis auf derartige, evidenzbasierte Berichte und Empfehlungen anzupassen und daher von der (namentlichen) Veröffentlichung als wirksames Mittel zur Bekämpfung der Gefahren durch Geldwäsche Gebrauch zu machen.
43
Es liege entgegen der Auffassung der Klägerin auch kein Verstoß gegen das strafrechtliche Rückwirkungsverbot nach Art. 103 Abs. 2 GG vor. § 57 GwG sei keine Strafe im Sinne des Art. 103 Abs. 2 GG. Als solche sei jede staatliche Maßnahme anzusehen, die eine „missbilligende hoheitliche Reaktion auf ein schuldhaftes Verhalten“ darstelle (BVerfG, B.v. 11.6.1969 – 2 BvR 518/66). Die Zielrichtung müsse daher zumindest auch dem Schuldausgleich dienen. Eine Strafe liege nicht bereits dann vor, wenn eine Maßnahme mit Einbußen an Freiheit oder Vermögen verbunden sei und damit faktisch die Wirkung eines Übels entfalte (BVerfG, B.v. 14.1.2004 – 2 BvR 564/95). § 57 GwG verfolge das Ziel, dass die Verpflichteten verstärkt darauf achten sollten, sämtliche Bestimmungen des Geldwäschegesetzes einzuhalten, um einen Reputationsschaden zu vermeiden (vgl. Glos/Hildner/Glasow CCZ 2017, 83/88; Armbrüster/ Böffel, ZIP 2019, 1885/1886). Die eigentliche Zielsetzung der Geldwäscheprävention verdränge eine mögliche sanktionierende Wirkung. Allein aus möglichen wirtschaftlichen Einbußen ergebe sich noch nicht der Rückschluss, dass eine Strafe i.S.d. Art. 103 Abs. 2 GG vorläge (BVerfG, B.v. 14.1.2004 a.a.O.). Der Wortlaut des § 57 GwG orientiere sich gerade nicht an den Grundsätzen der Schuld, sondern am Pflichtverstoß. Die von Seiten der Klägerin vorgebrachten Ausführungen mit Verweis auf eine Kommentarfundstelle zu § 111 UrhG könnten nicht auf § 57 GwG übertragen werden, da es in § 111 UrhG um die Bekanntgabe von strafrechtlichen Verurteilungen gehe. Im Fall des § 57 Abs. 1 GwG komme es für die Veröffentlichung, wie der Fall der Klägerin gerade auch zeige, nicht auf eine strafrechtliche Verurteilung an. Zudem bezwecke die Bekanntmachung nach § 111 UrhG in erster Linie die Genugtuung und die Rehabilitierung des Verletzten sowie die Beseitigung einer eventuellen Verwirrung der Öffentlichkeit (Erbs/ Kohlhaas/Kaiser, 249. EL September 2023, UrhG § 111 Rn. 1). Das gelte ebenfalls für die Bekanntmachungsbefugnisse, die durch die Rechtsprechung als Nebenstrafe bezeichnet worden seien. In den dortigen Fällen sei es u.a. um falsche Verdächtigung gegangen, §§ 164, 165 StGB (BGH, U.v. 10.7.1957 – 2 StR 219/57 – NJW 1957, 1446). Es handele sich um Fälle, die derart mit dem Urteil und der eigentlichen Tat verknüpft sind, dass die Bedeutung der Bekanntmachung eine ganz andere sei und schon daher nicht mit der Bekanntmachungsbefugnis nach § 57 GwG verglichen werden könne. § 57 GwG sehe weder vordergründig eine Genugtuung noch eine Rehabilitierung der Verletzten vor. Sie ziele auf die Geldwäscheprävention und die Abwehr der mit der Geldwäsche verbundenen Gefahren ab. Sie solle insbesondere bewirken, dass andere Verpflichtete die geldwäscherechtlichen Verpflichtungen befolgten. Letztlich werte das BVerfG selbst die Sicherungsverwahrung nicht als Strafe i.S. des Art. 103 Abs. 2 GG (BVerfG, U.v. 5.2.2004 – 2 BvR 2029/01 – NJW 2004, 739).
44
5. Auf die richterliche Aufforderung, zur Betroffenheit der Klägerin durch eine anonymisierte Veröffentlichung Stellung zu nehmen, führt der anwaltliche Vertreter mit Schriftsatz vom 21. März 2025 aus. Die Auffassung des Gerichts sei unzutreffend, dass eine anonymisierte Veröffentlichung nur dann in Rechte der Klägerin eingreife, wenn die sie betreffende Information in irgendeiner Weise auf sie zurückgeführt werden könne und dass hierfür kein Hinweis bestehe. Die Klägerin sei im Laufe des Jahres 2024 Opfer eines Ladendiebstahls geworden.
45
Die Kriminalpolizei habe anlässlich der Anzeige diverse Scheideanstalten befragt, um den Verbleib des Diebesgutes zu ermitteln. Das Unternehmen … habe der Kriminalpolizei per Mail vom 24. Juli 2024 geantwortet, dass die Klägerin nicht zum Kundenstamm gehöre, weil sie die Geldwäscheprüfung im Zuge der Neukundenanlage nicht bestanden habe. Dazu habe … die streitgegenständliche Prangerliste in der nicht anonymisierten Form übermittelt.
46
Für die Klägerin ergebe sich hieraus, dass die nichtanonymisierte Prangerliste, obwohl diese nur für kurze Zeit Anfang 2023 online gewesen sei, nach wie vor „Fernwirkung“ habe und der nunmehr anonymisierte Eintrag weiterhin auf die Klägerin zurückzuführen sei. Im Geschäftsbereich der Klägerin würden die Prangerlisten offenbar regelmäßig gesichtet und auch dauerhaft verwahrt. Im konkreten Beispiel habe … die veraltete Prangerliste erwiesenermaßen fast eineinhalb Jahre aufbewahrt.
47
6. Der gerichtlichen Aufforderung an den Beklagten, bis zu einer Entscheidung des Gerichts jedenfalls die hilfsweise begehrte Anonymisierung vorzunehmen, kam dieser am 11. April 2023 nach. Mit Beschluss vom 12. Mai 2023 (AN 4 E 23.697) untersagte das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach dem Beklagten im Wege der einstweiligen Anordnung die streitgegenständliche Veröffentlichung in nichtanonymisierter Form.
48
Mit weiterem Beschluss vom 2. Juni 2023 (AN 4 E 23.1083) ordnete das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach die Klageerhebung innerhalb einer Frist von drei Wochen ab Rechtskraft dieses Beschlusses an.
49
In der mündlichen Verhandlung am 16. Mai 2025 hat der Klägervertreter eine Reihe von Beweisanträgen mit Bezug auf die wirtschaftlichen Folgen der Kündigung der Konzessionsverträge auf den Betrieb der Klägerin gestellt. Die Beweisanträge sind vom Gericht nach § 86 Abs. 2 VwGO abgelehnt worden.
50
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung sowie auf die Gerichts- und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
51
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat weder einen Anspruch aus Unterlassung und Folgenbeseitigung auf Nichtveröffentlichung (in Analogie zu § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB) der 2022 ergangenen Einziehungsmaßnahme unter namentlicher Benennung der Klägerin noch auf Löschung der zum Entscheidungszeitpunkt fortbestehenden anonymisierten Veröffentlichung.
52
Die zulässige Klage findet als allgemeine Leistungsklage statt.
53
Die Klägerin begehrt, dass der Beklagte die beabsichtigte Bekanntmachung der gegen sie ergangenen Einziehungsmaßnahme unter ihrer namentlichen Nennung unterlässt, die erfolgte anonymisierte Bekanntmachung löscht und in Zukunft auch die anonymisierte Bekanntmachung unterlässt. Dieses Begehren ist mit der allgemeinen Leistungsklage zu verfolgen, da weder in der Bekanntmachung selbst noch in der vorgelagerten Mitteilung über die beabsichtigte Bekanntmachung ein Verwaltungsakt zu erblicken ist (vgl. allgemein Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 42 Rn. 62; Pelz in BeckOK GwG, Stand: 1.3.2025, § 57 Rn. 13).
54
Der Gesetzgeber hat die Pflicht zur Bekanntmachung aus § 57 Abs. 1 des Gesetzes über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten – Geldwäschegesetz vom 23. Juni 2017 (BGBl. I 2017, S. 1822) i. d. F. von Art. 12 des Gesetzes vom 10. März 2023 (BGBl. I Nr. 64) (Geldwäschegesetz – GwG) nicht als Verwaltungsaktbefugnis ausgestaltet. Nach Art. 35 Satz 1 BayVwVfG ist ein Verwaltungsakt eine hoheitliche Maßnahme einer Behörde, die zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts getroffen wird und auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist.
55
Die Bekanntmachungspflicht nach § 57 Abs. 1 GwG trifft die zuständige Behörde nach Unterrichtung des Adressaten der bekanntzumachenden Maßnahme oder Bußgeldentscheidung. Eine an den Betroffenen adressierte Entscheidung über die Bekanntmachung sieht das Gesetz nicht vor. Die Bekanntmachung selbst findet rein tatsächlich, ohne selbständige Regelung und gegenüber der Allgemeinheit statt.
56
Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch (in Analogie zu § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB) auf Unterlassen der beabsichtigten Bekanntmachung der gegen sie 2022 ergangenen Maßnahme oder auf Löschen der erfolgten anonymisierten Bekanntmachung. Die Bekanntmachung steht im Einklang mit den rechtlichen Anforderungen.
57
Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung bzw. auf Anonymisierung der streitgegenständlichen Bekanntmachung basiert auf dem Rechtsinstitut des gewohnheitsrechtlich anerkannt allgemeinen Folgenbeseitigungsanspruchs (BayVGH, U.v. 19.10.2018 – 8 ZB 18.1235 – juris Rn. 11). Die ursprüngliche dogmatische Herleitung erfolgte in Analogie zu § 1004 BGB unter Heranziehung der grundgesetzlichen Normierungen des Rechtsstaatsprinzips, des effektiven Rechtsschutzes und der Freiheitsgrundrechte.
58
Notwendige Voraussetzung ist, dass durch hoheitliches Handeln ein fortdauernd rechtswidriger Zustand herbeigeführt worden ist bzw. droht herbeigeführt zu werden, und die Folgenbeseitigung rechtlich und tatsächlich möglich ist (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl. 2013, § 49a Rn. 30 f.). Der in Betracht kommende Zustand ist hier die fortdauernde anonymisierte bzw. die drohende nicht anonymisierte Eintragung der gegen die Klägerin ergangene Einziehungsmaßnahme auf der Internetseite des Beklagten. Die beabsichtige Eintragung in nicht anonymisierter Form ist rechtmäßig, insbesondere auch mit Blick auf die Grundrechte der Klägerin, so dass sie keinen Anspruch auf Unterlassung und Folgenbeseitigung hat.
59
Grundlage der beabsichtigten Bekanntmachung ist § 57 Abs. 1 GwG. Demnach sind bestandskräftige Maßnahmen und unanfechtbare Bußgeldentscheidungen, die die zuständige Behörde wegen eines Verstoßes gegen das Geldwäschegesetz verhängt hat, auf einer hierfür vorgesehenen Internetseite bekannt zu machen. Die Vorschrift basiert auf Art. 60 Abs. 1 der Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zur Nutzung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (ABl. L 141 v. 5. Juni 2015, S. 73 – 117) (im Folgenden: RL 849/15). § 57 GwG und Art. 60 RL 849/15 sehen mit Blick auf die Angemessenheit der Rechtsanwendung Ausnahmen für den Einzelfall vor (vgl. § 57 Abs. 2 und 3 GwG sowie Art. 60 Abs. 1 UAbs. 2 RL 849/15). Ferner sehen die Vorschriften zeitliche Beschränkungen für die Dauer der Bekanntmachung, wiederum mit der Möglichkeit einer kürzeren Bekanntmachungsdauer im Hinblick auf die Angemessenheit im Einzelfall, vor (vgl. § 57 Abs. 4 GwG sowie Art. 60 Abs. 3 RL 849/15).
60
Das Gericht hatte in seinem Beschluss vom 12. Mai 2023 (AN 4 E 23.697) mögliche Zweifel an der fehlenden Vereinbarkeit dieser Vorschriften mit der Europäischen Grundrechtecharta (GrCh) in den Raum gestellt. Diese Zweifel haben sich im Hauptsacheverfahren nicht in einer Weise verdichtet, die zu einer Vorlage einer Frage zur Geltung der Norm an den Europäischen Gerichtshof geführt hätte.
61
1. Das Gericht hält eine Vorlage der Frage der Vereinbarkeit der Bekanntmachungspflicht aus Art. 60 Abs. 1 RL 849/2015 mit der Europäischen Grundrechtecharta an den Europäischen Gerichtshof nicht für erforderlich.
62
Nach Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) kann das Verwaltungsgericht dem Europäischen Gerichtshof eine Frage über die Gültigkeit der Handlungen seiner Organe vorlegen, wenn es eine Entscheidung darüber zum Erlass seines Urteils für erforderlich hält.
63
Grundsätzlich wäre die Grundrechtecharta vorliegend nach Art. 51 GrCh anwendbar und dementsprechend die Prüfungskompetenz des Gerichtshofs eröffnet (EuGH, U.v. 26.2.2013 – C-617/10 – juris Rn. 19), da die Bekanntmachungspflicht aus § 57 Abs. 1 GwG, ihrerseits auf Art. 60 Abs. 1 RL 849/2015 basiert und der Erlass der Richtlinie eine Handlung eines Organs der Europäischen Union ist. Da eine Richtlinie nach Art. 288 Abs. 3 AEUV hinsichtlich ihrer Ziele verbindlich und damit in nationales Recht umzusetzen ist und aufgrund der gebundenen Formulierung zu den wirksamen Mitteln zum Schutz des Finanzstroms in RL 849/15 determiniert die Bekanntmachungspflicht vorliegend das nationale Recht aus § 57 Abs. 1 GwG insoweit.
64
Das Gericht kommt für die in eigener Zuständigkeit zu treffenden Frage über die Vorlage (Kotzur/Dienelt in Geiger/Khan, EUV/AEUV, 7. Aufl. 2023, Art. 267 Rn. 15) zu dem Ergebnis, dass es die Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nicht für erforderlich hält, Art. 267 Abs. 2 AEUV. Es bestehen keine durchgreifenden Bedenken mit Blick auf Art. 4, auf Art. 15 und 16 GrCh und anderen Rechten der Grundrechtecharta.
65
2. In der Bekanntmachungspflicht aus Art. 60 Abs. 1 RL 849/2015 liegt kein Verstoß gegen das Verbot der erniedrigenden Behandlung aus Art. 4 GrCh.
66
Die Rechtsprechung des Gerichtshofs hat sich im Zusammenhang mit der Frage der erniedrigenden Behandlung bisher v.a. im Zusammenhang mit den Dublin-Verordnungen auseinandergesetzt. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, auf dessen Rechtsprechung zu dem gleichlautenden Art. 3 der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EMRK) nach Art. 52 Abs. 3 Satz 1 GrCh zurückgegriffen werden kann, hat eine Behandlung als „erniedrigend“ erachtet, die geeignet ist, bei dem Opfer Gefühle der Angst, Beklemmung und Unterlegenheit hervorzurufen bzw. es zu demütigen und zu entwürdigen. Dabei muss eine Misshandlung ein Mindestmaß an Schwere erreichen, wobei die Beurteilung dieses Mindestmaßes von allen Umständen des Falles, insbesondere von der Dauer der Behandlung und deren physischen und psychischen Auswirkungen abhängt. Ferner ist für die Beurteilung, ob eine Behandlung „erniedrigend“ nach Art. 3 EMRK ist zu würdigen, ob sie darauf gerichtet war, den Betroffenen zu demütigen und herabzusetzen. Die zugefügten Leiden müssen jedenfalls über das hinausgehen, was mit einer bestimmten Form an berechtigter Behandlung verbunden ist (EGMR, U.v. 11.7.2006 – 54810/00 – juris Rn. 67 f.).
67
Hier ist zunächst zu sagen, dass die Bekanntmachung den Betroffenen mit seiner anprangernden Wirkung zielgerichtet bloßstellen soll (Pelz in BeckOK, 13. Ed. Stand: 1.3.2023, § 57 GwG Rn. 2). Das mit der Bekanntmachung verfolgte Konzept des „Naming and Shaming“ ist bewusst hierauf gerichtet. Das berührt den Kernbereich der Würde des Betroffenen (Herzog in Herzog, GwG, 4. Aufl. 2020, § 57 Rn. 1). Gerade die absichtliche Herbeiführung dieser Wirkung für den sozialen Geltungsanspruch hatte für das Gericht Fragen aufgeworfen (vgl. auch Borowsky in Meyer/Hölscheidt, GRCh, 5. Aufl. 2019, Art. 4 Rn. 13).
68
Trotz der mit der Bekanntmachung verbundenen zielgerichteten Intention der Bloßstellung dürfte die Schwere des Eingriffs für den Betroffenen regelmäßig überschaubar sein. Unabhängig von der Bezeichnung der Bekanntmachung als „Internetpranger“ geht es gerade nicht um eine körperliche Maßnahme an dem Betroffenen und er wird, soweit der Betroffene natürliche Person ist, auch nicht gegen seinen Willen irgendwohin verbracht. Vielmehr wird seine – bestandskräftig festgestellte – Rechtsverletzung öffentlich benannt, mithin angeprangert. Diese Bekanntmachung erfolgt an einen unbestimmten Personenkreis, so dass der Betroffene bzw. die Mitarbeiter des betroffenen Unternehmens damit rechnen müssen, beruflich oder privat auf das Fehlverhalten angesprochen zu werden, sich dafür zu rechtfertigen oder Häme anzuhören. Diese, allgemein für eine Bekanntmachung absehbaren, Folgen gehen nicht über das Maß einer berechtigten Behandlung hinaus.
69
Der Normgeber erwartet durch die beschämende Situation, in die der Betroffene gebracht werden solle, die Reintegration (Reue) des Betroffenen, der nicht wieder in eine solche Situation gelangen will (Herzog in Herzog, GwG, 4. Aufl. 2020, § 57 Rn. 1). Die Bekanntmachung dient dabei dem Schutz der Finanzströme und des Binnenmarktes insgesamt im Wege einer präventiven Maßnahme (vgl. Erwägungsgründe 1 und 59 sowie Art. 60 Abs. 1 der RL 849/15). In der Literatur wird dies so verstanden, dass die nach dem Geldwäschegesetz Verpflichteten durch die Regelung zu verstärkten Compliance-Bemühungen angehalten werden sollen (Pelz in BeckOK, GwG, Stand: 1.3.2025, § 57 GwG Rn. 2). Die Frage nach dem Internetpranger ist damit eine politische Entscheidung des Gesetzgebers, die dessen Einschätzungsprärogative unterliegt. Auch die bisherige obergerichtliche Rechtsprechung stellt die Zulässigkeit vergleichbarer Internetpranger nicht in Frage (vgl. beispielsweise zum Lebensmittelpranger nach § 40 Abs. 1a LFGB: BVerfG, B.v. 21.3.2018 – 1 BvF 1/13 – juris).
70
3. In der Bekanntmachungspflicht aus Art. 60 Abs. 1 der RL 849/2015 liegt weiter kein Verstoß gegen die Berufsfreiheit aus Art. 15 oder die unternehmerische Freiheit aus Art. 16 GrCh sowie andere Rechte aus der Grundrechtecharta. Bei der Bekanntmachungspflicht handelt sich um einen zulässigen Eingriff im Sinne des Art. 52 Abs. 1 GrCh.
71
Ein Eingriff erfüllt jedenfalls die Voraussetzungen aus Art. 52 Abs. 1 GrCh. Danach muss eine Einschränkung der Ausübung der in der Charta anerkannten Rechte und Freiheiten gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten. Unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dürfen Einschränkungen nur vorgenommen werden, wenn sie erforderlich sind und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, dass die Handlungen der Unionsorgane nicht die Grenzen dessen überschreiten, was zur Erreichung der mit der fraglichen Regelung zulässigerweise verfolgten Ziele geeignet und erforderlich ist, wobei dann, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen ist und die verursachten Nachteile nicht außer Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen dürfen (EuGH, U.v. 30.6.2016 – C-134/15 – juris Rn. 33).
72
a) Die Bekanntmachungspflicht ist gesetzlich in Art. 60 Abs. 1 der RL 849/2015 bzw. in § 57 Abs. 1 GwG vorgesehen und achtet den Wesensgehalt der berührten Grundrechte. Sie dient dem Schutz der Finanzströme und des Binnenmarktes insgesamt vor Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (vgl. Erwägungsgründe 1, 2 und 6 zu Art. 60 Abs. 1 der RL 849/15). Dabei handelt es sich um im Unionsrecht verankerte Zielsetzungen, die dem Gemeinwohl dienen (zum Binnenmarkt vgl. Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 1 EUV). Mit der Bekanntmachung soll eine wirksame und abschreckende verwaltungsrechtliche Maßnahme getroffen werden, die den vorgenannten Zielen dient (vgl. Erwägungsgrund 59 zu Art. 60 Abs. 1 der RL 849/15).
73
b) Die Bekanntmachungspflicht ist geeignet, dieses Ziel zu erreichen. Für den von der Bekanntmachung Betroffenen hat sie abschreckende Wirkung. Mit dem Bekanntwerden des Verstoßes droht ein öffentlicher Imageverlust und damit verbunden ein möglicher Verlust von Marktanteilen, indem sich Geschäftspartner, Lieferanten und potenzielle Kunden von dem Betroffenen abwenden.
74
Weiter wird mit der Bekanntmachung anderen nach RL 849/15 Verpflichteten aufgezeigt, dass das Gesetz in der Praxis umgesetzt wird. So werden die Verpflichteten zusätzlich motiviert, erhöhte Anstrengungen zu unternehmen, um es nicht zu einem möglicherweise bekanntzumachenden Verstoß kommen zu lassen (vgl. hierzu Pelz in BeckOK, GwG, Stand: 1.3.2025, § 57 GwG Rn. 2). Es ist nicht ersichtlich, dass es ein vergleichbares, gleichermaßen Erfolg versprechendes und weniger belastendes Mittel gibt.
75
c) In der Gesamtschau stellt sich das Konzept der Bekanntmachungspflicht dem Gericht auch nicht als fundamental unverhältnismäßig dar. Es steht nicht außer Verhältnis zu dem mit ihm angestrebten Ziel des Schutzes des Binnenmarktes und seiner Finanzströme.
76
Bedenken hatten sich für das Gericht insbesondere daraus ergeben, dass in der Richtlinie eine zeitliche Begrenzung der Bekanntmachung angelegt ist, die in der Praxis aber nicht zwingend eingehalten werden kann. Art. 60 Abs. 3 RL 849/15 enthält einen Veröffentlichungszeitraum von zunächst mindestens fünf Jahren, bei personenbezogenen Daten nur solange, wie dies nach den geltenden Datenschutzbestimmungen erforderlich ist. Das Gericht hatte im Eilverfahren hierzu ausgeführt, dass gerade im Internet die Gefahr der Verselbständigung von Informationen besteht, es insbesondere spezialisierte Internetseiten gibt, die andere Seiten archivieren, so dass gelöschte Informationen dauerhaft verfügbar bleiben (vgl. etwa archive.org). Dementsprechend könne die mit der Bekanntmachung beabsichtigte Wirkung nicht mit ihrem Löschen wirksam eingegrenzt werden. Diese Überlegungen sind im Ergebnis nicht durchgreifend.
77
Die Möglichkeit der Verselbständigung von Informationen besteht grundsätzlich immer und ist in gewisser Hinsicht gerade dem Internet wesensimmanent. Der Beklagte kann indessen grundsätzlich nur für die Informationen auf der eigenen Webseite zur Verantwortung gezogen werden, die im Übrigen allein die offizielle Informationsquelle für Bekanntmachungen nach dem Geldwäschegesetz ist, während eine archivierte Webseite Informationen aus der Vergangenheit enthält, die aus unterschiedlichen Gründen gelöscht worden sein können. Und weiter nimmt die Relevanz der Information aus der Bekanntmachung mit zunehmenden Zeitablauf ab.
78
Die Voraussetzungen für eine Bekanntmachung liegen vor, weshalb die Behörde hierzu verpflichtet war.
79
Nach § 57 Abs. 1 GwG hat die zuständige Behörde bestandskräftige Maßnahmen und unanfechtbare Bußgeldentscheidungen, die sie wegen eines Verstoßes gegen dieses Gesetz verhängt hat, nach Unterrichtung des Adressaten der Maßnahme- oder Bußgeldentscheidung auf ihrer Internetseite bekannt zu machen.
80
1. Die Einziehungsmaßnahme vom 12. Dezember 2022 ist eine Maßnahme im Sinne dieses Gesetzes. Die anwaltliche Argumentation, wonach die Einziehung der Entziehung deliktisch erlangter Vermögensvorteile diene und nicht das Vorhalten eines Fehlverhaltens bezwecke, geht an der Sache vorbei.
81
Der Begriff der Maßnahme aus § 57 Abs. 1 GwG knüpft an § 51 Abs. 2 Satz 1 GwG an, wonach die Aufsichtsbehörden im Rahmen der ihnen gesetzlich zugewiesenen Aufgaben die geeigneten und erforderlichen Maßnahmen und Anordnungen zu treffen haben, um die Einhaltung der „in diesem Gesetz“ und der in aufgrund dieses Gesetzes ergangenen Rechtsverordnungen festgelegten Anforderungen sicherzustellen. Dementsprechend muss es sich um Maßnahmen mit Bezug auf das Geldwäschegesetz handeln, die der Umsetzung der europarechtlich erforderlichen wirksamen Überwachung zur Sicherstellung der Einhaltung der Vierten Geldwäscherichtlinie getroffen werden (BT-Drs. 18/11555, S. 160). In Folge ist für den Begriff der Maßnahme der Pflichtenkreis nach dem Geldwäschegesetz maßgeblich.
82
Der Einziehungsbescheid vom 12. Dezember 2022 ist vor dem Hintergrund der Verletzung der Meldepflicht aus § 11 Abs. 1 Satz 1 GwG a.F. ergangen. Die Einhaltung dieser Pflicht ist mit einer Bußgeldvorschrift abgesichert, vgl. § 17 Abs. 1 Nr. 14 GwG. Der Erlass des Einziehungsbescheides knüpft an den Pflichtenverstoß aus dem Geldwäschegesetz an, deren effektive Umsetzung die Bekanntmachungspflicht aus § 57 Abs. 1 GwG absichert. Darauf, dass die Einziehung selbst ihre Rechtsgrundlage nicht im Geldwäschegesetz hat, kommt es nicht an.
83
2. Soweit der Klägervertreter vorträgt, die Bekanntmachung könne nicht erfolgen, weil § 57 Abs. 1 GwG nur von „die für den Verstoß verantwortlichen natürlichen Personen und juristischen Personen oder Personenvereinigungen“ spreche, nicht aber von einer Firma, kann er mit seinem Vorbringen nicht durchdringen.
84
Die streitgegenständliche Bekanntmachung bezeichnet die Klägerin unter ihrer Firma, als Einzelkauffrau mit dem Zusatz „e.K.“. Nach § 17 HGB ist die Firma eines Kaufmanns der Name, unter dem er seine Geschäfte betreibt, die Unterschrift abgibt und unter dem er auch klagen und verklagt werden kann. Mit der Firma wird keine eigenständige Rechtspersönlichkeit begründet. Die Klägerin bleibt weiterhin natürliche Person im Sinne des § 57 Abs. 1 GwG und die Firma ist die Bezeichnung im kaufmännischen Rechtsverkehr, weshalb die Bezeichnung auch für die Bekanntmachung verwendet werden kann. Die Austauschbarkeit von Firma und Name der natürlichen Person ergibt sich nicht zuletzt auch aus der Disponibilität in § 17 Abs. 2 HGB, wonach der Kaufmann unter der Firma verklagt werden kann, aber nicht muss (vgl. dazu Merkt in Hopt, HGB, 44. Aufl. 2025, § 17 Rn. 45).
85
Auch mit Blick darauf, dass die Firma Bestandteil des Persönlichkeitsrechts der Klägerin ist (Merkt in Hopt, HGB, 44. Aufl. 2025, § 17 Rn. 5), ist vorliegend keine schützenswerte Erwägung ersichtlich, weshalb die Vorschrift es nicht erlauben sollte, die Bekanntmachung unter der Firma der Klägerin zu ermöglichen. Im Gegenteil ist es vielmehr so, dass die effektive Wirksamkeit des Europarechts die Bekanntmachung auch der Firma gebietet. Denn gerade die Bezeichnung, mit der der Kaufmann im Geschäftsverkehr auftritt, hat Relevanz für den Binnenmarkt und die Finanzströme, um die es beim Schutz vor Geldwäsche geht.
86
3. Und ferner steht auch das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot der Bekanntmachung nicht im Wege. Das dem Art. 103 Abs. 2 GG entlehnte strafrechtliche Rückwirkungsverbot ist schon nicht einschlägig, da es sich bei der Bekanntmachung nicht um eine Strafe handelt (lit. a). Das allgemeine Rückwirkungsverbot greift ebenfalls nicht durch (lit. b).
87
a) Nach Art. 103 Abs. 2 GG kann eine Tat nur bestraft werden, wenn die Strafe gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. Dieses absolute Verbot bezieht sich nur auf Strafgesetze (BVerfG, U.v. 31.10.2023 – 2 BvR 900/22 – juris Rn. 84). Der Bekanntmachungspflicht aus Art. 57 Abs. 1 GwG kommt kein Strafcharakter in diesem Sinne zu.
88
Der Anwendungsbereich von Art. 103 Abs. 2 GG ist auf staatliche Maßnahmen beschränkt, die eine missbilligende hoheitliche Reaktion auf ein rechtswidriges, schuldhaftes Verhalten darstellen und wegen dieses Verhaltens ein Übel verhängen, das dem Schuldausgleich dient. Andere staatliche Eingriffsmaßnahmen werden von Art. 103 Abs. 2 GG nicht erfasst. Es genügt nicht, dass eine Maßnahme an ein rechtswidriges Verhalten anknüpft. Daher fällt die rein präventive Maßnahme der Sicherungsverwahrung nicht unter Art. 103 Abs. 2 GG, obwohl sie unmittelbar an eine Anlasstat anknüpft (BVerfG, U.v. 5.2.2004 – 2 BvR 2029/01 – juris Rn. 125). Die bekanntzumachende Einziehungsmaßnahme selbst ist ebenfalls keine Sanktion (BT-Drs. 18/9525, S. 58) und auch keine Strafe oder strafähnliche Maßnahme (BGH, U.v. 8.2.2019 – 3 StR 560/17 – Rn. 4; BVerfG, B.v. 10.2.2021 – 2 BvL 8/19 – Rn. 108). Auch bei der Bekanntmachungspflicht nach Art. 57 Abs. 1 GwG liegt der Schwerpunkt in dem präventiven Charakter der Bekanntmachung.
89
Wie bereits oben ausgeführt, dient die Bekanntmachung dem Schutz der Finanzströme und des Binnenmarktes insgesamt vor Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (vgl. insbesondere Erwägungsgründe 1, 2 und 6 zu RL 849/15). Der darüber hinaus spezialpräventive Charakter für den konkret Betroffenen ist nachrangig. Damit ist die Norm des § 57 Abs. 1 GwG im Übrigen auch nicht vergleichbar mit dem vom anwaltlichen Vertreter zitierten § 111 des Urhebergesetzes (UrhG). Diese Bekanntmachung soll nicht der Anprangerung des Täters, sondern der Rehabilitierung des verletzten Urhebers und der Klarstellung der Marktgegebenheiten dienen (Heinrich in Münchner Kommentar zum StGB, 4. Aufl. 2023, § 111 UrhG Rn. 1). Systematisch ergibt sich dies auch daraus, dass die Bekanntmachung nach § 111 UrhG unmittelbar an die urheberrechtlichen Strafvorschriften geknüpft ist und von einem Antrag des Verletzten abhängt. Ob der urheberrechtlichen Vorschrift tatsächlich der Charakter einer Strafe zukommt, kann hier offenbleiben.
90
b) Und ferner wurde vorliegend auch nicht das allgemeine rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot aus Art. 20 Abs. 3 GG verletzt.
91
Unmittelbarer Anknüpfungspunkt für die streitgegenständliche Bekanntmachung ist die Einziehungsmaßnahme aus dem Jahr 2022. Stellt man mit Blick auf dem im Rückwirkungsverbot angelegten Vertrauensschutz (Schulze-Fielitz in Dreier, Grundgesetz-Kommentar, 3. Aufl. 2015, Art. 20 Rn. 151) auf den Zeitpunkt des zuletzt 2014 begangenen Pflichtenverstoßes ab, handelt es sich bei der Regelung zur Bekanntmachungspflicht aus dem Jahr 2017 um eine tatbestandliche Rückanknüpfung auf einen in der Vergangenheit liegenden Sachverhalt, der noch nicht abgeschlossen war. Eine unechte Rückwirkung ist grundsätzlich zulässig, da das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel des Gemeinwohls dem Vertrauensschutz überwiegt (Schulze-Fielitz in Dreier, Grundgesetz-Kommentar, 3. Aufl. 2015, Art. 20 Rn. 166). Vorliegend sind auch keine besonderen Umstände des Einzelfalles ersichtlich, weshalb die Rückanknüpfung unzulässig sein soll. Wie oben bereits dargelegt, handelt es sich bei der Bekanntmachungspflicht insbesondere um eine legitime, geeignete und erforderliche Normierung zum Schutz der Finanzströme und des Binnenmarktes. Die Klägerin hatte kein besonderes Vertrauen darauf, dass an einen Verstoß gegen die damals schon bestehenden Geldwäschepflichten keine weiteren Folgen geknüpft werden (Schulze-Fielitz in Dreier, Grundgesetz-Kommentar, 3. Aufl. 2015, Art. 20 Rn. 168).
92
Die streitgegenständliche Bekanntmachung ist schließlich auch verhältnismäßig im Einzelfall, insbesondere mit Blick auf die Berufsfreiheit der Klägerin aus Art. 12 Abs. 1 GG.
93
1. Wie dargelegt, verfolgt die Bekanntmachung den Zweck des Schutzes der Finanzströme und des Binnenmarktes insgesamt vor Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Zu diesem Schutz ist sie auch mit Blick auf den Einzelfall geeignet und erforderlich. Insbesondere können Dritte die Anwendung der Geldwäschevorschriften in der Praxis erkennen und werden so zu erhöhten Compliance-Anstrengungen angeregt.
94
2. Das Gericht ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die streitgegenständliche Bekanntmachung und der mit ihr verfolgte Zweck auch in Ansehung der Berufsfreiheit der Klägerin aus Art. 12 Abs. 1 GG angemessen sind.
95
a) Die Berufsfreiheit wird als einheitliches Grundrecht verstanden, das sowohl die Freiheit der Berufsausübung als auch die Freiheit der Berufswahl umfasst. Dabei ist unter Beruf jede erlaubte Tätigkeit zu verstehen, die auf Dauer angelegt ist und der Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage dient (BVerfG, B.v. 19.7.2000 – 1 BvR 539/96 – juris Rn. 63). Zur Berufsausübung zählen alle genuin tätigkeitsbezogenen Aspekte des Berufs, also Form, Inhalt, Bezeichnung, die in Anspruch genommenen Mittel, Ort, zeitlicher, räumlicher und gegenständlicher Umfang, ferner die berufliche Werbung und Außendarstellung (Kämmerer in von Münch/Kunig, GG, 7. Aufl. 2021, Art. 12 Rn. 54). Die Klägerin ist mit ihrem Juweliergeschäft sachlich und persönlich Trägerin der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG.
96
Die Bekanntmachung im Internet stellt vorliegend einen Eingriff in die Berufsfreiheit dar, da sie direkt auf Marktbedingungen des Betriebs der Klägerin abzielt und die Markt- und Wettbewerbsbedingungen dieses Unternehmens nachteilig verändert (vgl. BVerfG, B.v. 21.3.2018 – 1 BvF 1/13 – juris Rn. 28 zur Regelung der Veröffentlichungspflicht nach § 40 Abs. 1a LFGB). Sie hat eine berufsregelnde Tendenz gerade zu Lasten des Betriebs der Klägerin und stellt nicht lediglich eine Warnung an die Allgemeinheit dar.
97
b) Die Klägerin ist durch die Bekanntmachung in ihrer Berufsausübung betroffen, nicht aber in der Freiheit der Berufswahl. Unabhängig von dem Vortrag zu einem drohenden Entzug der Konzessionen gibt es kein eigenes Berufsbild des Luxusuhrenverkäufers. Die Klägerin kann auch, wenn die von ihr befürchtete Bekanntmachung erfolgt, weiter als Juwelierin arbeiten und als solche Schmuck sowie Uhren ohne gesonderte Konzession am Markt anbieten. Dies gilt unabhängig von der Frage der Existenzgefahr des konkreten Betriebs.
98
Berufsausübungsregelungen werden grundsätzlich durch vernünftige Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt (BVerfG, U.v. 11.6.1958 – 1 BvR 596/56 – juris Rn. 76), die hier mit dem durch dem mit der Bekanntmachung verfolgten Schutzzweck zugunsten der Finanzströme und des Binnenmarktes vorliegen. Aber auch die darüber hinaus vorliegenden Umstände des Einzelfalles wiegen nicht so schwer, dass sie die Bekanntmachung unverhältnismäßig machen.
99
c) Für die weiteren Umstände des Einzelfalles trägt der Beklagte vor, dass der streitgegenständliche Pflichtenverstoß tatsächlich im Zusammenhang mit einem echten Fall der Geldwäsche stand. Bei diesem ging es um einen erheblichen Betrag im siebenstelligen Bereich, der sich nicht nur in dem bei der Klägerin eingezogenen Vorteil erschöpft. Ferner handelte es sich um Geldwäsche mit Bezug auf den internationalen Drogenhandel.
100
Soweit sich die Klägerin auf die vorbildliche Erfüllung ihrer Pflichten aus dem Geldwäschegesetz berufen will, ist hier kein gesonderter Aspekt zu ihren Gunsten zu erblicken. Vielmehr handelt es sich bei Rechtstreue um den gesetzlich zu erfüllenden und ohne Weiteres zu erwartenden Normalfall (vgl. in diesem Sinne: BayVGH, B.v. 19.9.2023 – 22 ZB 22.2089 – juris Rn. 23 zur Gewerbeuntersagung).
101
Indessen ist, anders als der Beklagte meint, das Abwenden der Marktteilnehmer nicht als Ziel einer Bekanntmachung zu verstehen. Die Regelung zur Bekanntmachung nimmt diese Möglichkeit bewusst als Bestandteil ihrer präventiven Konzeption in Kauf. Die Grenze wäre im Einzelfall, also in Abhängigkeit von den weiteren Umständen, möglicherweise dann erreicht, wenn sich die Bekanntmachung für den Betroffenen potenziell existenzgefährdend auswirken würde.
102
d) Im Zusammenhang mit einer existenziellen Gefahr für den Bestand ihres Betriebes hat sich die Klägerin auf das drohende Abwenden der Luxusuhrenhersteller als Geschäftspartner berufen. Eine solche Gefahr liegt zur Überzeugung des Gerichts jedoch nicht vor.
103
Die Klägerin hat durch Vorlage einer Mail ihrer Buchhalterin über eine Aufschlüsselung der Umsatzzahlen aufgezeigt, dass ein ganz erheblicher Teil ihres Umsatzes aus den Verkäufen der Produkte zweier Luxusuhrenhersteller herrührt. Sie hat indessen nicht aufgezeigt, dass sich diese Lieferanten aufgrund der Bekanntmachung abwenden würden und dass sich durch einen Fortfall des entsprechenden Umsatzes eine existenzielle Gefahr für das Ladengeschäft ergeben würde. Darüber hinaus hat die Klägerin bei mindestens einem Uhrenhersteller kein schützenswertes Interesse an der Nichtbekanntmachung, da sie zivilrechtlich zur Offenlegung des Vorfalls verpflichtet war.
104
(1) Ein drohendes Abwenden der Uhrenhersteller ergibt sich aus der überreichten Betriebsvereinbarung mit der Firma … (Anlage K15) nicht. Aus der Konzessionsvereinbarung mit der Firma … (Anlage K16) kann zwar eine Gefahr des Abwendens herausgelesen werden. Grundlage dafür ist aber nicht der durch die Bekanntmachung drohende Ansehensverlust der Klägerin, sondern eine eigenständige zivilrechtliche Verpflichtung, die diese mit … eingegangen ist.
105
(aa) Aus der Betriebsvereinbarung mit der Firma … ist der Vortrag, wonach der Klägerin bei Bekanntwerden der ergangenen Einzugsmaßnahme ein Entzug ihrer Konzessionsrechte drohen könnte, nicht herauszulesen. Der Vertrag geht in der Präambel zwar auf das „Qualitätsniveau und Ansehen der …-Produkte“ ein, stellt im Weiteren aber keine besonderen Anforderungen an das Ansehen des Vertragspartners. Hinsichtlich der Anforderungen an den zugelassenen Einzelhändler (Ziffer II des Vertrages) geht es v.a. um die räumlichen Möglichkeiten des Geschäfts zur Präsentation der Produkte sowie um die Qualifikation des Personals. Ein allgemeiner Bezug lässt sich bestenfalls aus Ziffer V des Vertrages herauslesen, wonach der Einzelhändler von „Maßnahmen oder Handlungen Abstand zu nehmen hat, die geeignet sind den Ruf oder das Ansehen dieser Produkte sowie Marke und Kennzeichen zu schaden“. Wieso die Einziehungsmaßnahme aber direkt auf den Uhrenhersteller … zurückfallen sollte, ist nicht ersichtlich und der Erwerb von Luxusprodukten zu Zwecken der Geldwäsche kein spezifisches Problem nur einer Luxusmarke.
106
(bb) Die Konzessionsvereinbarung mit der Firma … gibt indessen ein grundlegend anderes Bild wieder, als es von der Klägerin beschrieben wurde. Die Vereinbarung betont in der Präambel zunächst den besonderen Wert der Produkte. Unter Präambel Art. 1 Ziff. 1.7 wird ausgeführt, dass der Konzessionsgeber nur dann Informationen über Kunden anfordert, wenn dies notwendig ist, um den sehr hohen Qualitätsstandard der Erzeugnisse sowie der Serviceleistungen aufrechtzuerhalten.
107
In Art. 2 Ziff. 1.3 Uabs. 3 wird dem Konzessionsnehmer untersagt, „Anfragen Dritter Folge zu leisten, wenn aufgrund der Häufigkeit ihrer Kaufangebote sowie der Anzahl und Art der verlangten Stücke der Verdacht besteht, dass es sich nicht um einen Endkunden handelt.“ Ebenfalls ist untersagt „Anfragen Dritter Folge zu leisten, wenn er bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt vernünftigerweise erkennen kann, dass er dadurch kriminelle Aktivitäten, beispielsweise Geldwäsche, unterstützen würde. Er informiert in derartigen Fällen unverzüglich den Konzessionsgeber“. Die entsprechende Vorschrift ist in Art. 10 Ziff. 3 durch die Möglichkeit der fristlosen Vertragsbeendigung abgesichert. Aus Art. 9 ergibt sich weiter, dass der Vertrag „Intuitu Personae“ also in Ansehung der Person abgeschlossen wurde.
108
Basierend hierauf besteht zwar durchaus die Gefahr der Vertragsbeendigung durch den Konzessionsgeber. Die Klägerin ist in ihrem zivilrechtlichen Vertragsverhältnis allerdings selbst verpflichtet, ihren Vertragspartner zu informieren. Die Kenntnis ist damit keine kausale Gefahr der Bekanntmachung. Der Sachverhalt stellt sich dem Gericht vielmehr so dar, dass die Klägerin das streitgegenständliche Verfahren genutzt hat, ihre zivilrechtlichen Verpflichtungen zu umgehen.
109
(2) Schließlich und unabhängig davon ist keine Existenzgefahr für den Betrieb insgesamt durch Wegfall der entsprechenden Umsätze ersichtlich.
110
Die Frage der existenziellen Gefahr für den Betrieb der Klägerin ist eine Wertung, die auf Grundlage der betriebswirtschaftlichen Situation, mit Blick auf die Angemessenheit des Eingriffs in die Berufsfreiheit durch Bekanntmachung zu treffen ist. Das Gericht ermittelt die Grundlagen für diese Wertung als Sachverhalt von Amts, wobei die Klägerin, um deren betriebswirtschaftliche Situation es geht, dabei heranzuziehen ist (vgl. § 86 Abs. 1 VwGO). Die Klägerin hat nach gerichtlichem Hinweis unerklärlicherweise lediglich Umsatzzahlen vorgelegt, bestehend aus Gesamtumsatz sowie Umsatzzahlen der beiden Hersteller, für die die Vereinbarungen vorgelegt wurden. Dies reicht nicht einmal ansatzweise, um eine Existenzialgefahr darzulegen.
111
Hierzu wäre aufzuzeigen gewesen, wie sich der Verlust des Umsatzes auf den Gewinn auswirkt und ob dem Umsatzverlust Einsparungen im Sach- und Personaleinsatz gegenüberstehen, etwa, weil Räumlichkeiten nicht mehr benötigt werden, Fachpersonal nicht mehr vorgehalten werden muss, Schulungen nicht mehr erforderlich sind usw. Ggf. wäre auch der Aspekt der Kapitalbindung in den im Geschäft vorgehaltenen Produkten (Vorräten) zu thematisieren gewesen. Dabei stellt sich bei einem inhabergeführten Betrieb für die Existenzgefahr auch die Frage nach den Aufwendungen für den Geschäftsführer.
112
Dem Gericht ist nicht erklärlich, weshalb durch die Klägerseite in mündlicher Verhandlung nicht einmal grundlegende Rahmenkennzahlen benannt werden konnten. Stattdessen hat die Klägerin die Beweiserhebung über Umstände aus ihrer eigenen Sphäre beantragen lassen, statt diese zunächst einmal konkret vorzutragen und zu benennen. Die Grundlage für eine weitere Beweiserhebung hat sie jedoch nicht geschaffen, weshalb es sich der Sache nach um Beweisausforschungsanträge gehandelt hat. Darüber hinaus wurde mit der Frage nach einer „ernsthaften Bedrohung des klägerischen Unternehmens“ in den Ziffern 1 bis 4 die vom Gericht zu treffende rechtliche Wertung unter Beweis gestellt und in den Ziffern 5 und 6 mit der Frage nach dem Umsatzrückgang im Kern nur die bereits vorgetragenen Umsatzzahlen wiederholt und damit nur einen Ausschnitt der Grundlagen für die vom Gericht zu treffenden Wertung.
113
Soweit der Klägervertreter Nachlass einer Schriftsatzfrist beantragt hat, ist nicht ersichtlich, weshalb in den letzten zwei Jahren nicht ausreichend Zeit gewesen sein soll, um zur Frage der Existenzgefahr des klägerischen Betriebs vorzutragen. Dem anwaltlichen Vertreter hätte dabei bewusst sein müssen, dass im Hauptverfahren, anders als im Eilverfahren, die Glaubhaftmachung nicht ausreicht, sondern hier der volle Beweis zu erbringen ist. Auch wenn man nur den gerichtlichen Hinweis zugrunde legen würde, wäre ausreichend Zeit gewesen, aus einer kaufmännischen Buchhaltung betriebliche Rahmenkennzahlen zu entnehmen, die zumindest einmal die direkten Auswirkungen des Umsatzverlustes aufzeigen.
114
e) In der Gesamtschau kann damit festgehalten werden, dass der Klägerin keine Gefahr für die Existenz ihres Betriebes droht, die durch die Bekanntmachung verursacht wird. Vielmehr trifft sie für den Hersteller … eine selbständige zivilrechtliche Offenlegungspflicht, was die Kausalität einer Vertragsbeendigung durch die Bekanntmachung beseitigt. Der Hersteller … hat seine Betriebsvereinbarung so ausgestaltet, dass er im Wesentlichen seine eigenen Produkte schützt, nicht aber spezifische Anforderungen an das öffentliche Ansehen der Vertragspartner gestellt. Eine Kündigung erscheint vor diesem Hintergrund wenig wahrscheinlich. Schließlich ergibt sich aus dem ermittelten Sachverhalt auch nur ein zu erwartender Umsatzrückgang bei Verlust eines oder beider Konzessionen. Für eine Gefahr für die Existenz des Betriebes gibt es keine hinreichenden Ansatzpunkte.
115
3. Ein Aspekt der Unverhältnismäßigkeit kann weiter auch nicht aus dem zeitlichen Ablauf zwischen den der Einziehungsmaßnahme zugrundeliegenden Verstößen aus den Jahren 2013 und 2014 bis zur endgültigen Bekanntmachung der Einziehungsmaßnahme im Jahr 2023 gesehen werden.
116
Das Gesetz sieht in § 57 Abs. 4 Satz 1 GwG vor, dass eine Bekanntmachung fünf Jahre auf der Internetseite der Aufsichtsbehörde veröffentlicht verbleiben muss. Nach fünf Jahren ist sie zu löschen (BT-Drs. 18/11555, S. 166). Dabei erfolgt nach Abs. 1 nur die Veröffentlichung von unanfechtbaren und bestandskräftigen Maßnahmen. Dementsprechend sind Bekanntmachungen von länger zurückliegenden Pflichtverstößen dem Gesetz immanent und nicht ungewöhnlich. Eine Art Höchstdauer zwischen Verstoß und Bekanntmachung ist gesetzlich nicht vorgesehen und würde weiter die Betroffenen privilegieren, die durch Rechtsmittel zu veröffentlichende Entscheidungen möglichst lange offenhalten. Und schließlich erfüllt die Bekanntmachung auch bei diesem Zeitablauf unverändert die oben beschriebene präventive Funktion.
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4. Weiter liegt kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG vor. Die Verwaltung hat sich nicht dahingehend selbst gebunden, dass sie Maßnahmen und Bußgelder im Sinne von § 57 Abs. 1 GwG grundsätzlich nur anonymisiert veröffentlicht.
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Während die zuständige Behörde nach § 57 Abs. 1 GwG eine Pflicht zur Bekanntmachung trifft, hat sie für die Frage der Anonymisierung der Bekanntmachung nach § 57 Abs. 2 Satz 2 GwG Freiraum in Form von Entschließungsermessen, die als alternativ zu einer Aufschiebung der Bekanntmachung in den Fällen des § 57 Abs. 2 Satz 1 GwG besteht. Das Gebot der Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG sieht vor, das Ermessen in gleichgelagerten Fällen gleichmäßig auszuüben. Ein systemloses und willkürliches Vorgehen ist der Behörde verwehrt (zur „Selbstbindung der Verwaltung“ vgl. BVerwG, B.v. 9.7.2014 – 8 C 36.12 – juris Rn. 25).
119
Der Beklagte hat in mündlicher Verhandlung dargelegt, aus welchen Gründen aus seiner Sicht eine Anonymisierung nicht in Betracht kommt. Der streitgegenständliche Fall unterscheidet sich demnach hinsichtlich des Umstandes, dass er tatsächlich einen Fall der Geldwäsche, und nicht nur einen abstrakten Pflichtenverstoß, betrifft. Ferner geht es bei der bekanntgemachten Maßnahme um einen Einziehungsbetrag in erheblicher, das heißt hier sechsstelliger, Höhe. Diese Gründe sind ohne weiteres geeignet, eine Differenzierung zu den erfolgten Veröffentlichungen zu begründen.
120
Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass eine komplette Selbstbindung zugunsten einer anonymisierten Bekanntmachung nicht mit dem Gesetz vereinbar wäre. Die Selbstbindung der Verwaltung basiert auf dem Gedanken der Gleichbehandlung der Ermessensausübung. Nach Art. 40 BayVwVfG hat die Behörde das Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben. § 57 Abs. 1 GwG sieht die nichtanonymisierte Bekanntmachung als Regelfall vor. Eine Verwaltungspraxis, die Bekanntmachung, wie die Klägerin vorträgt, generell nur anonymisiert vornimmt, stünde dem Zweck des Ermessens entgegen, denn eine generelle Anonymisierung würde die Fallgruppen nach § 57 Abs. 2 Satz 1 GwG ignorieren, für die die Anonymisierung eine Alternative zur aufschiebenden Bekanntmachung wäre. Die Selbstbindung der Verwaltung kommt aber nur bei einer rechtmäßigen Verwaltungspraxis in Betracht (Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Aufl. 2023, § 40 Rn. 117).
121
5. Andere Grundrechte der Kläger sind ebenfalls nicht verletzt.
122
Die Klägerin kann schließlich auch mit ihrem Hilfsantrag nicht durchdringen. Da sie schon keinen Anspruch auf Unterlassen der streitgegenständlichen beabsichtigten Bekanntmachung hat, hat sie erst recht keinen Anspruch darauf, auch die erfolgte Bekanntmachung in anonymisierter Form löschen zu lassen.
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Die Klägerin trägt als unterliegender Teil die Kosten des Verfahrens, § 154 Abs. 1 VwGO.
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Der dieser Entscheidung entgegenstehende Beschluss im Eilverfahren vom 12. Mai 2025 (Az. AN 4 E 23.697) war seiner Natur nach eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand (vgl. § 123 Abs. 1 VwGO) und wird mit Unanfechtbarkeit der Entscheidung in der Hauptsache gegenstandslos.