Inhalt

VG München, Beschluss v. 05.02.2025 – M 23 E 23.6275
Titel:

Straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen zur Lärmminderung – einstweiliger Rechtsschutz

Normenketten:
GG Art. 2 Abs. 2, Art. 14 Abs. 1
VwGO § 42 Abs. 2, § 113 Abs. 5 S. 2, § 114, § 123 Abs. 1 S. 2
StVO § 45 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 3, Abs. 9 S. 1, S. 3
16. BImSchVO § 2 Abs. 1
Leitsätze:
1. Einem Straßenanlieger kann ein – zumindest auf ermessensfehlerfreie Entscheidung begrenzter – öffentlich-rechtlicher Individualanspruch auf verkehrsregelndes Einschreiten zum Schutz seiner Grundrechte, wie seiner körperlichen Unversehrtheit und seines Eigentums, zustehen, wenn er sich gegen grundrechtsgefährdende oder billigerweise nicht mehr zuzumutende Verkehrseinwirkungen wendet. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Straßenverkehrsbehörden können Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs aus Lärmschutzgründen anordnen, wenn die Beeinträchtigungen durch den Verkehrslärm unter Berücksichtigung der Belange des Verkehrs im konkreten Fall nicht mehr als ortsüblich hingenommen werden müssen und damit unzumutbar sind. Als Orientierungspunkte zur Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze können die Immissionsgrenzwerte des § 2 Abs. 1 16. BImSchV dienen, bei deren Überschreitung die Behörde nach Ermessen zu entscheiden hat, das sich auf die Pflicht zum Einschreiten verdichten kann. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
3. Das erkennende Gericht folgt der Systematik der Rechtsprechung, wonach für Wohngebiete kein Anspruch bei Werten unterhalb von 59 dB(A) am Tage und 49 dB(A) nachts, ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung bei Werten, die darüber liegen, aber 70 dB(A) tags und 60 dB(A) zur Nachtzeit nicht überschreiten, und ein gebundener Anspruch auf straßenverkehrsbehördliches Einschreiten bei Werten von mehr als 70 dB(A) am Tage und 60 dB(A) zur Nachtzeit besteht. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die Berechnung der sich am Grundstück des Antragstellers ergebenden maximalen Lärmwerte knüpft an die jeweils geltende zulässige Höchstgeschwindigkeit an, auch wenn Geschwindigkeitsbegrenzungen häufig nicht eingehalten werden sollten. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
5. Zwar steht die überörtliche Verkehrsbedeutung einer Bundesstraße lärmschützenden Maßnahmen zugunsten von Wohnnutzungen nicht per se entgegen. Die Behörde hat jedoch bei ihrer Ermessensentscheidung auch die Belange des Straßenverkehrs zu würdigen. Von Bedeutung für die Bewertung der Zumutbarkeit des Lärms ist ua, ob der ihn auslösende Verkehr die Straße nicht funktionswidrig, sondern funktionsgerecht in Anspruch nimmt und damit Anliegern einer Bundesfernstraße (einschließlich Ortsdurchfahrt) wegen ihrer der Widmung entsprechenden Verkehrsbedeutung eine höhere Lärmbelastung zuzumuten ist. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
vorläufiger Rechtsschutz, verkehrsrechtliche Anordnungen, Lärmschutz, Antragsbefugnis, Straßenanlieger, Grundrechtsschutz, Individualanspruch, Verkehrseinwirkungen, Zumutbarkeitsgrenze, Immissionsgrenzwerte, Ermessensentscheidung, Ermessensreduzierung auf Null, zulässige Höchstgeschwindigkeit, Berechnung der Lärmwerte, Bundesfernstraße, Lärmschutzmaßnahmen, Widmung, Verkehrsbedeutung
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 06.06.2025 – 11 CE 25.378
Fundstelle:
BeckRS 2025, 13925

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Mit streitgegenständlichem Antrag begehrt der Antragsteller (erneut) den Erlass straßenverkehrsrechtlicher Maßnahmen u.a. zur Lärmminderung.
2
Der Antragsteller ist Anwohner an der Ortsdurchfahrt der Bundesstraße B.. durch die Stadt L. … (F. …straße). Hierbei handelt es sich um eine historische Ortsdurchfahrt, die weder in der erforderlichen Fahrbahnbreite noch im Straßenbau den heutigen Erfordernissen entspricht. Eine Entlastung ist durch den Bau einer Ortsumgehung durch den Bund geplant, mit dessen Beginn nicht vor Ende 2025 mit einer anschließenden Bauzeit von vier Jahren zu rechnen ist. In einem bereits zuvor vom Antragsteller anhängig gemachten Verfahren vor dem Verwaltungsgericht München (M 23 E 22.311) wurde nach Durchführung eines Ortstermins der Kammer am 9. März 2022 eine außergerichtliche Einigung der Beteiligten dahingehend erzielt, dass der Antragsgegner zusicherte, die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf der Ortsdurchfahrt der B.. im Bereich des Anwesens des Antragstellers (F. …straße auf Höhe der T. … bis zum K. ….) auf 30 km/h zu begrenzen. Die diesbezügliche verkehrsrechtliche Anordnung wurde durch das Aufstellen der Beschilderung am 23. Mai 2022 wirksam. Ein weiteres vom Antragsteller vor Gericht angestrengtes Eilverfahren (M 23 E 22.3965) wurde nach richterlichem Hinweis mit Beschluss des Gerichts vom 20. Februar 2023 aufgrund übereinstimmender Erledigungserklärungen eingestellt.
3
Mit verfahrensgegenständlichem Antrag vom … Dezember 2023 stellte der Antragsteller im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes Antrag,
„auf Prüfung und Aktualisierung der tatsächlichen Immissionsbelastungen und eine richterliche Anordnung im ganzheitlichen Aspekt des Immissionsschutzgesetzes zu erlassen.“
4
Zur Begründung trug der Antragsteller vor, dass die Lärmwerte der Sechzehnten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verkehrslärmschutzverordnung – 16.BImSchV) sowie der nach Nr. 2.1 Richtlinien für straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm (LärmschutzRichtlinien-StV) überschritten seien. Im Hinblick auf die Unzumutbarkeit von Lärmimmissionen komme es im Wesentlichen darauf an, in welchem Maße die Werte überschritten seien. Die Verkehrszahlen von 2017 berücksichtigten nicht die Zunahme des KfZ- und Lkw-Verkehrs sowie den Umstand, dass 90% der Fahrzeuge das Tempolimit erheblich überschreiten würden. Seit der Sperrung des Lkw-Verkehrs ab 7,5t im Mai 2019 auf österreichischer Seite nehme der Transitverkehr auf der B … und damit die Belastung für die Anwohner zu. Seit der Sperrung seien über 3.000 Lkws täglich sowie die gleiche Anzahl an Kleintransportern zu verzeichnen; von 4:00 Uhr morgens an seien bereits stündlich über 120 Lkw, zur Nachtzeit mehr als 100 Lkw in zwei Stunden unterwegs. Die Bundesstraße sei zudem auch Hauptroute für Stauumfahrer der A .. Der durchschnittliche Lärmpegel liege bei 80 db(A), und dies 24 Stunden täglich. Die F. …straße (B ..) sei beidseitig ausschließlich mit Wohnhäusern bebaut, es bestehe nur ein einseitiger Gehweg. Die Fahrbahnbreite weise an der engsten Stelle lediglich eine Breite von 6,13 m auf, der Gehweg nur zwischen 40 und 80 cm, so dass er als Schulweg und Gehweg höchst gefährlich sei. Zudem ereigneten sich massive Erschütterungen mit Folgen für die Häuser in Form von Rissen, so dass deren Standfestigkeit gefährdet sei.
5
Mit Schriftsatz vom 22. Januar 2024 trat der Antragsgegner dem Antrag entgegen und beantragte
die Ablehnung des Antrags.
6
Der Antrag sei bereits unzulässig. Es liege schon kein bestimmter Antrag vor. Zudem sei er auch unbegründet. Die Bundesstraße diene ihrer Widmung nach dem weiträumigen Verkehr. Die letzte amtliche Verkehrszählung, die in der Regel alle fünf Jahre durchgeführt werde, datiere aus dem Jahr 2022. Die für das Anwesen des Antragstellers maßgebliche Zählstelle 81439112 weise 9.824 KfZ in 24 h sowie hinsichtlich des Schwerlastverkehrs (SV 2022) 727 KfZ in 24h auf; somit ergebe sich für die Ortsdurchfahrt L. … eine durchschnittliche, keineswegs außergewöhnlich hohe Verkehrsbelastung. Die vom Antragsteller genannten Zahlen könnten in keinster Weise nachvollzogen werden, sie basierten auf eigenen Zählungen des Antragstellers, die nicht repräsentativ seien. Im Vergleich zum Zeitraum nach der Sperrung der österreichischen Bundesstraße habe der Lkw-Verkehr (über 7,5t) im Monatsmittel um 13% zugenommen, dies entspreche einer täglichen Mehrbelastung von 52 Lkw über 7,5t. Die F. …straße sei in den letzten Jahren immer wieder ausgebaut und saniert worden, sie befinde sich in einem verkehrssicheren Zustand und werde entsprechend unterhalten. Aufgrund der Randbedingungen in der Ortsdurchfahrt würden aktive Lärmschutzmaßnahmen ausscheiden. Es kämen nur passive Lärmschutzmaßnahmen in Frage, d.h. Lärmschutzfenster und Lüfter. In den vergangenen Jahren seien mehrfach Zuschüsse zu Schallschutzfenstern ausgezahlt worden, es sei nicht bekannt, dass der Antragsteller in dieser Hinsicht tätig geworden sei.
7
Mit Schriftsatz vom … Januar 2024 trug der Antragsteller vor, dass die Verkehrszählung von 2022 nicht die Mehrbelastung umfasse. Die Immissionsbelastung gehe von 30 km/h aus, tatsächlich führen die KfZ üblicherweise 60 km/h oder mehr. Der Verkehr sei nicht mehr ortsüblich und damit unzumutbar.
8
Mit Schriftsatz vom 15. März 2024 trug der Antragsgegner unter (erneuter) Vorlage einer schalltechnischen Untersuchung des Staatlichen Bauamts vom 15. Januar 2024 vor, dass sich mit dem aktuellen Fahrbahnbelag (sog. Splittmastixasphalt 11 – SMA 11) eine Höchstbelastung am Grundstück des Antragstellers (Immissionsort IO 22 EG) von 68,5 db(A) tags sowie 61,9 dB(A) nachts bei einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 30km/h ergebe; der gesundheitsschädliche Grenzwert sei daher nachts um höchstens 1,9 dB(A) überschritten. Da eine umfangreiche Instandsetzung der Ortsdurchfahrt durch den Straßenbaulastträger geplant sei, sei eine schalltechnische Berechnung unter Zugrundelegung eines Asphaltbetons AC 11 bzw. eines vergleichbaren Belags durchzuführen, der eine lärmmindernde Wirkung auch bei Geschwindigkeiten unter 60 km/h entfalte. Hierbei ergäben sich am Anwesen des Antragstellers (Immissionsort IO 22 EG) errechnete Lärmwerte von 66,5 db(A) tags bzw. 59,8db(A) nachts, wodurch auch der Grenzwert nachts von 60db(A) nicht mehr erreicht würde. Ein Tätigwerden durch die Straßenverkehrsbehörde nach § 45 Straßenverkehrsordnung (StVO) stoße, wie in den vorangegangen Eilverfahren ausführlich dargelegt, sowohl aus Gründen der Verhältnismäßigkeit als auch geografisch an seine Grenzen. Selbst die Anordnung der Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h werde durch ein von der Stadt L. … in Auftrag gegebenes Verkehrsgutachten äußerst kritisch gesehen; es werde vorgeschlagen, die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf 40 km/h anzuheben, da die Reduktion auf 30 km/h schlussendlich zu einer höheren Belastung (Steigung, niedrigerer Gang, höhere Motordrehzahl) führe. Andere Maßnahmen wie z.B. eine Ampelschaltung, eine weitere Geschwindigkeitsreduzierung bzw. etwaige Fahrverbote seien geprüft worden, schieden jedoch allesamt aus.
9
Mit Schriftsatz vom 24. April 2024 trug der Antragsgegner weiter vor, dass im Zuge von Baumaßnahmen bzgl. des Baus einer Fußgängerquerung ein lärmmindernder Asphalt auf der Fahrbahn der F. …straße aufgebracht werde, der Asphaltbeton „8 D S“ sei hinsichtlich der Lärmminderung vergleichbar mit der eines Straßenbelags „AC 11 D C“. Zudem hätte ein Ortstermin und ein Verkehrsgespräch unter Beteiligung des Landratsamts, des Bayerischen Staatsministerium des Innern, der Regierung von Oberbayern, der Polizei und des Staatlichen Bauamts stattgefunden, bei dem sämtliche Möglichkeiten (z.B. Ampelregelungen, Einbahnregelungen, weitere Geschwindigkeitsbeschränkungen, bauliche Maßnahmen etc.) erörtert worden seien. Einhellige Auffassung aller Beteiligten sei es gewesen, dass diese Maßnahmen wegen der schlechten Umsetzbarkeit bzw. fehlender Entlastung ausscheiden würden. Im Landkreis … … bestehe keine geeignete Umleitungsstrecke für den Schwerlastverkehr; die weiträume Umleitung über die Bundesautobahnen A . und A … schieden wegen massiveren Problemen auf den Umfahrungsstrecken aus. Mit der Anordnung von Tempo 30 sowie der Anbringung des lärmmindernden Asphalts seien bereits alle Maßnahmen ergriffen worden. Auch habe sich der Antragsteller vorher nicht an das Landratsamt, sondern (erneut) direkt an das Verwaltungsgericht gewandt.
10
Am 19. Juni 2024 wurde in der Sache mündlich vor der Kammer verhandelt, bei der der Antragsgegner aufgefordert wurde, für das Anwesen des Antragstellers eine Detailberechnung der Lärmwerte anhand aktueller Verkehrszahlen vorzulegen.
11
Mit Schriftsatz vom 31. Oktober 2024 unter Vorlage einer schalltechnischen Untersuchung des Staatlichen Bauamts vom 7. August 2024 reichte der Antragsgegner diese ein. Den Berechnungen seien Verkehrszahlen aus dem Jahr 2023 sowie eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h und die inzwischen im Juli 2024 neu aufgebrachte Straßendeckschicht zugrunde gelegt worden. Das Anwesen des Antragstellers sei am Immissionsort IO 04 (EG), an der zur Bundesstraße ausgerichteten westlichen Gebäudefront, mit maximal 65,6 dB(A) tags und 59,2 dB(A) nachts belastet. Die Stadt L. … habe im Übrigen vom 30. Juli 2024 bis 5. August 2024 rund um die Uhr Geschwindigkeitsmessungen durchgeführt, dabei hätten sich lediglich in 2,6% der Fälle Geschwindigkeitsüberschreitungen ergeben. Es bestünden keine anderen geeigneten Maßnahmen. So bestehe keine geeignete Umleitungsstrecke für einen LkwVerkehr, um z.B. ein Nachtfahrverbot durchzusetzen. Aufgrund des notwendigen Ziel- und Quellverkehrs der Stadt L. … würde es ohnehin nur zu einer geringen Entlastung kommen. Eine mögliche Dosierampel werde von der Stadt L. …, der Polizei und dem Straßenbaulastträger als nicht zielführend abgelehnt. Es würde dadurch zu massiven Rückstauungen und damit zu negativen Auswirkungen für einen Großteil des Stadtgebiets sowie den grenzüberschreitenden Verkehr kommen. Zudem würden Rettungswege blockiert. Eine Ampelreglung würde die Feinstaubbelastung erhöhen und eine zusätzliche Lärmbelastung in den Wohngebieten mit sich bringen. Bereits die aktuell angeordnete Geschwindigkeitsbeschränkung von 30 km/h führe nach Angaben der Stadt L. … zu kolonnenartigem Verkehr im Bereich der Ortsdurchfahrt; ein Ausfahren aus Nebenstraße sei erkennbar schwerer geworden. Dieser Zustand würde durch eine Ampel noch weiter verschärft werden. Unter Betrachtung der Gesamtumstände und einer sonst entstehenden Problemverlagerung bestünden keine anderen geeigneten Maßnahmen. Der Antragsteller habe bislang noch keinen Antrag auf Lärmsanierung der Fenster in seinem Anwesen beim Staatlichen Bauamt gestellt. Die Voraussetzungen für eine Förderung von passiven Lärmschutzeinrichtungen, bei der zumindest die Lärmbelastung im Inneren des Gebäudes gesenkt werden könne, seien möglicherweise gegeben.
12
Der Antragsteller trat dem Vorbringen des Antragsgegners u.a. mit Schriftsätzen vom .. und … November 2024 sowie vom .. Januar 2025 entgegen. Hierbei machte der Antragsteller im Wesentlichen geltend, dass die von der Gegenseite vorgebrachten Daten (Verkehrsmengen, Anteil Schwerlastverkehr) nicht ordnungsgemäß seien. Motorräder und Busse seien nicht entsprechend berücksichtigt worden. Der Abstand seines Hauses zur Straße betrage nur 50-80 cm, nicht mehrere Meter wie im Lärmgutachten angegeben.
Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der Schriftsätze des Antragstellers Bezug genommen, § 117 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
13
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung sowie ergänzend auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
14
A. Der vorliegende Antrag im vorläufigen Rechtsschutz hat keinen Erfolg.
15
I. Der Antrag ist, auch bei entsprechender sachdienlicher Auslegung (§§ 122, 88, 86 Abs. 3 VwGO) dahingehend, dass der Antragsteller vom Antragsgegner den Erlass straßenverkehrsrechtlicher Maßnahmen in erster Linie zum Schutz vor Lärmimmissionen begehrt, bereits unzulässig.
16
Der Antragsteller ist zwar antragsbefugt, § 42 Abs. 2 VwGO analog. Im Rahmen der Antragsbefugnis muss der Antragsteller geltend machen können, durch die Unterlassung des behördlichen Handelns (s.u. Rechtsschutzbedürfnis) in eigenen subjektivöffentlichen Rechten verletzt zu sein. Damit muss zumindest die Möglichkeit eines Anspruchs aus der in Betracht kommenden Rechtsgrundlage bestehen, die zumindest auch individuellen Rechten des Antragstellers zu dienen bestimmt sein muss. Zwar ist § 45 Abs. 1 StVO grundsätzlich auf den Schutz der Allgemeinheit und nicht auf die Wahrung der Interessen Einzelner gerichtet. Allerdings ist anerkannt, dass der Einzelne einen – zumindest auf ermessensfehlerfreie Entscheidung der Behörde begrenzten – Anspruch auf verkehrsregelndes Einschreiten dann haben kann, wenn die Verletzung seiner geschützten Individualinteressen in Betracht kommt. Das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Sinne des § 45 Abs. 1 StVO, insbesondere soweit § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO den Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen bezweckt, umfasst Grundrechte wie körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG) und Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG). Soweit § 45 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 StVO gegen derartige grundrechtsgefährdende oder billigerweise nicht mehr zuzumutende Verkehrseinwirkungen schützen will und der Antragstellers als Straßenanlieger diesen Schutz geltend machen, kann ein öffentlich-rechtlicher Individualanspruch gegeben sein (vgl. BVerwG, U.v. 4.6.1986 – 7 C 76/84; VG Augsburg, U.v. 11.3.2014 – Au 3 K 13.582; VG Ansbach, U.v. 19.2.2021 – AN 10 K 18.1150 – jeweils juris). Der Antragsteller ist Anlieger an der streitbefangenen Bundesstraße und macht eine durch den Verkehr verursachte, unzumutbar empfundene Lärmbeeinträchtigung geltend.
17
Vorliegend teilt das Gericht die Bedenken des Antragsgegners hinsichtlich des Vorliegens eines Rechtsschutzbedürfnisses, weil sich der Antragsteller – wie bereits in vorherigen Verfahren – nicht explizit an die zuständige Straßenverkehrsbehörde, sondern unmittelbar an das Gericht gewendet hat; eine vorherige (ablehnende) Verbescheidung von Seiten des Antragsgegners liegt mithin nicht vor. Insoweit wird vertreten, dass der Antragsteller im Verfahren nach § 123 VwGO vor Antragstellung bei Gericht ein Rechtsverhältnis zur Behörde hergestellt haben muss. Vorliegend war die Straßenverkehrsbehörde zwar bereits mit der Sache aus früheren gerichtlichen Verfahren betraut, jedoch dürfte der Behörde – abhängig von der Dringlichkeit der Angelegenheit – in der Regel die Möglichkeit einzuräumen sein, außerhalb und im Vorfeld eines gerichtlichen Verfahrens auf ein konkretes (neuerliches) Begehren des Antragstellers reagieren zu können und sie gleichsam nicht hiermit überrascht werden, zumal eine derartige Unaufschiebbarkeit für das Gericht nicht erkennbar ist, so dass sich der Antragsteller unmittelbar an das Gericht hätte wenden können. Es bestehen daher bereits Bedenken an der Zulässigkeit des Antrags, die das Gericht im Ergebnis aber offenlässt.
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II. Der Antrag ist jedoch unbegründet.
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Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen zur Abwendung wesentlicher Nachteile, Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Hierfür hat der Antragsteller Tatsachen glaubhaft zu machen, die einen Anordnungsgrund (d.h. die besondere Dringlichkeit) sowie einen Anordnungsanspruch (d.h. das Bestehen eines materiell-rechtlichen Anspruchs) begründen, § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO). Ist der Antrag auf eine Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet, sind an die Glaubhaftmachung von Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch erhöhte Anforderungen zu stellen. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung kommt dann nur in Betracht, wenn ein Obsiegen des Antragstellers in der Hauptsache bei summarischer Prüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist und dem Antragsteller ohne Erlass einer einstweiligen Anordnung schwere und unzumutbare Nachteile entstünden, die auch bei einem späteren Erfolg in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden könnten.
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Auch bei sachdienlicher Auslegung des Antrags, der auf den Erlass (weiterer) straßenverkehrsrechtlicher Maßnahmen gerichtet sein dürfte, fehlt es dem Antrag bereits an der hinreichenden Glaubhaftmachung von Tatsachen, die einen Anordnungsanspruch begründen, § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO.
21
Vorliegend hat der Antragsteller keinen gebundenen Anspruch aus § 45 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. S. 2 Nr. 3 i.V.m. Abs. 9 StVO auf straßenverkehrsrechtliches Einschreiten, ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung ist durch die konkludente Ablehnung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ermessensgerecht erfüllt, § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO.
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1. Gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO können die Straßenverkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten. Das gleiche Recht haben sie gemäß § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen. Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs. Bezogen auf Lärmeinwirkungen sind die Voraussetzungen hierfür dann erfüllt, wenn der Verkehrslärm Beeinträchtigungen mit sich bringt, die jenseits dessen liegen, was unter Berücksichtigung der Belange des Verkehrs im konkreten Fall als ortsüblich hingenommen werden muss und damit zugemutet werden kann (st.Rspr. BayVGH, B.v. 23.3.2022 – 11 ZB 20.2082 – juris Rn. 10 hinsichtlich eines Anspruchs auf verkehrsrechtlichen Einschreitens unter Verweis auf BVerwG, U.v. 4.6.1986 – 7 C 76.84 – BVerwGE 74, 234 – juris Rn. 13; BayVGH, U.v. 21.3.2012 – 11 B10.1657 – juris Rn. 24; B.v. 27.2.2015 – 11 ZB 14.309 – juris Rn. 18). Dabei ist insbesondere auf die gebietsbezogene Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der betroffenen Anlieger sowie auf eine eventuell gegebene Lärmvorbelastung abzustellen. Auch andere Besonderheiten des Einzelfalls sind maßgeblich. Die Grenze der Zumutbarkeit in diesem Sinne wird nach allgemeiner Auffassung durch keinen bestimmten Schallpegel oder Abgaswert bestimmt (a.a.O. unter Verweis auf BVerwG, U.v. 22.12.1993 – 11 C 45.92 – juris Rn. 26; BayVGH, B.v. 6.7.2020 – 11 ZB 18.1840 – juris Rn. 25). Als Orientierungspunkte zur Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze können jedoch die Immissionsgrenzwerte des § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV dienen. Wenn diese Schwelle der Lärmbelastung überschritten ist, sind die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Tätigwerden der Straßenverkehrsbehörde zumindest regelmäßig erfüllt und die Behörde hat unter Gebrauch ihres Ermessens über Beschränkungen des fließenden Verkehrs zu entscheiden bzw. ist auf entsprechenden Antrag hin zu einer Ermessensentscheidung verpflichtet (a.a.O. unter Verweis auf BayVGH, B.v. 6.7.2020 a.a.O. Rn. 25; OVG NW, B.v. 28.3.2018 – 8 A 1247/16 – juris Rn. 32). Werden die in Nr. 2.1 Lärmschutz-Richtlinien-StV aufgeführten Richtwerte überschritten, kann sich das Ermessen der Behörde zur Pflicht zum Einschreiten verdichten. Eine Ermessensreduzierung auf Null ist aber auch dann nicht zwangsläufig gegeben (a.a.O. mit Verweis auf OVG NW, B.v. 28.3.2018 – 8 A 1247/16 – juris Rn. 32; OVG Berlin-Bbg, B.v. 8.8.2019 – OVG 1 N 104.17 – juris Rn. 11; SächsOVG, U.v. 19.3.2020 – 1 A655/17 – juris).
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Sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 45 Abs. 9 Satz 3 i.V.m. § 45 Abs. 1 StVO gegeben, steht das Tätigwerden im Ermessen der zuständigen Behörde. Dabei hat sie alle betroffenen Interessen zu ermitteln und zu gewichten. Ferner sind der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie die Grundrechte der Betroffenen zu berücksichtigen (vgl. BVerwG a.a.O. Rn. 35; U.v. 5.4.2001 – 3 C 23.00 – juris Rn. 22). Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist insbesondere verletzt, wenn die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs durch weniger weitgehende Anordnungen gewährleistet werden kann (BVerwG, U.v. 5.4.2001 a.a.O.). Von einer Maßnahme kann umso eher abgesehen werden, je geringer der zu beseitigende Missstand ist. Umgekehrt müssen bei erheblichen Missständen die entgegenstehenden Interessen von einigem Gewicht sein, wenn mit Rücksicht auf diese eine Maßnahme unterbleiben soll (vgl. BVerwG, U.v. 4.6.1986 – BVerwG 7 C 76.84 – juris Rn. 15 zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen).
24
Das erkennende Gericht folgt dabei in ständiger Kammerrechtsprechung der Systematik, wonach es von der Rechtsprechung als getragen angesehen werden kann, dass für Wohngebiete kein Anspruch bei Werten unterhalb von 59 dB(A) am Tage und 49 dB(A) nachts, ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung bei Werten, die darüber liegen, aber 70 dB(A) tags und 60 dB(A) zur Nachtzeit nicht überschreiten und ein gebundener Anspruch auf straßenverkehrsbehördliches Einschreiten bei Werten von mehr als 70 dB(A) am Tage und 60 dB(A) zur Nachtzeit besteht (VG München, U.v. 19.1.2016 – M 23 K 14.1931 – juris Rn. 49; U.v. 24.7.2018 – M 23 K 17.4023 – juris Rn. 23; U.v. 8.11.2018 – M 23 K 17.3470).
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2. Dies zugrunde gelegt, dürfte sich vorliegend ein Anspruch des Antragstellers auf (nochmalige) ermessensfehlerfreie Entscheidung über ein straßenverkehrsrechtliches Einschreiten ergeben. Den gerichtlich nur im Rahmen des § 114 VwGO überprüfbaren Anforderungen wird die vom Antragsgegner vorgenommene Ermessensentscheidung – mangels verfahrensgegenständlichen Ablehnungsbescheids – in Form der Einlassungen im gerichtlichen Verfahren – indes nach summarischer Prüfung nach Aktenlage gerecht.
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a) Auch wenn das Gebiet im Umgriff des Anwesens des Antragstellers als ein mit dem Schutzniveau eines Wohngebiets vergleichbares Gebiet einzustufen ist, ist die Lage an einer Ortsdurchfahrt einer Bundesstraße und die damit gegebene Vorbelastung zu berücksichtigen. Nach den vom Antragsgegner vorgelegten schalltechnischen Untersuchungen, die eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h sowie einen mit dem Asphaltbeton AC 11 vergleichbaren, zwischenzeitlich aufgebrachten Straßenbelag zugrunde legen, ergeben sich am Grundstück des Antragstellers maximale Lärmwerte von 66,5 db(A) tags bzw. 59,8db(A) nachts. Der Berechnung liegt dabei eine aktuelle Verkehrszählung aus dem Jahre 2023 zugrunde. Das Vorbringen des Antragstellers, die Berechnungen seien nicht korrekt erfolgt, bleibt unsubstantiiert. Insoweit ist u.a. nicht der Abstand des Hauses zum Fahrbahnrand, sondern der Abstand zwischen der Straßenmitte und – als maßgebenden Immissionsort – dem nächstgelegenen schutzbedürftigen Aufenthaltsraum zugrunde zu legen (vgl. § 3 Abs. 1 16. BImSchV i.V.m. Nr. 3.3.1 RLS-19; vgl. hierzu allgemein BayVGH, B.v. 10.01.2022 – 8 CE 21.2499 – juris Rn. 39). Auch verfängt der Vortrag des Antragstellers nicht, dass die nunmehr geltende Höchstgeschwindigkeit vielfach nicht eingehalten werde. Dem widerspricht zum einen der Vortrag des Antragstellers hinsichtlich der Radarmessungen durch die Stadt L. … Im Übrigen ist anerkannt, dass die Berechnung an die jeweils geltende zulässige Höchstgeschwindigkeit anknüpft, sollten auch Geschwindigkeitsbegrenzungen häufig nicht eingehalten werden (BayVGH, B.v. 23.3.2022 – 11 ZB 20.2082 – juris; BVerwG, U.v. 4.9.2003 a.a.O. Rn. 2). (Ergänzende) Schallmessungen sind nicht angezeigt, da sich die hieraus ergebenden Messwerte nur auf die zum Zeitpunkt der Messungen vorhandenen Schallemissions- und ausbreitungsbedingungen beziehen können.
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b) Im Hinblick auf einen sich aus diesen Lärmwerten ergebenden Anspruch des Antragstellers, der auf Ergreifen weiterer straßenverkehrsrechtlicher Maßnahmen gerichtet ist, hat der Antragsgegner nach summarischer Prüfung sein Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt; ein der gerichtlichen Kontrolle zugänglicher Ermessensfehler ist nicht ersichtlich, § 114 VwGO. So hat er sich einerseits mit den ermittelten Lärmwerten am Anwesen des Antragstellers auseinandergesetzt. Andererseits erfolgte durch die Straßenverkehrsbehörde – neben der bereits in einem früheren Verfahren angeordneten Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h – eine Überprüfung weiterer lärm- und belästigungsmindernder Maßnahmen im Rahmen des Auswahlermessens. Die Ermessenserwägungen erweisen sich dabei als grundsätzlich zur Erfüllung des Anspruchs des Antragstellers auf ermessensfehlerfreie Entscheidung geeignet. Zwar stehen lärmschützenden Maßnahmen auf der Grundlage von § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO zugunsten von Wohnnutzungen an einer Bundesstraße, die von überörtlichem Verkehr frequentiert wird, nicht per se entgegen. Gleichwohl hat die Behörde bei ihrer Ermessensentscheidung auch die Belange des Straßenverkehrs und der Verkehrsteilnehmer sowie die Verkehrsbedeutung der Straße zu würdigen, mithin die Leichtigkeit des Verkehrs bei ihrer Abwägung miteinzubeziehen. Von Bedeutung für die Bewertung der Zumutbarkeit des Lärms ist u.a., ob der ihn auslösende Verkehr die betroffenen Straßen funktionsgerecht oder funktionswidrig in Anspruch nimmt und damit Anliegern einer Bundesfernstraße (einschließlich Ortsdurchfahrt) wegen ihrer der Widmung entsprechenden Verkehrsbedeutung eine höhere Lärmbelastung zuzumuten ist.
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Vorwegzuschicken ist, dass die zuständige Straßenverkehrsbehörde bzw. der Straßenbaulastträger bereits entsprechende Maßnahmen getroffen haben, um den – zweifelsohne auch von Seiten des Gerichts aufgrund der baulichen Situation („historische Ortsdurchfahrt“, Mehrbelastung durch Sperrung auf österreichischer Seite) anzuerkennenden belastenden – Zustand für die Anlieger der B … bis zur Fertigstellung der Ortsumfahrung einstweilen zu verbessern. Insoweit wurde die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h auf 30 km/h herabgesetzt und ein neuer lärmmindender Straßenbelag aufgebracht, was sich ausweislich der schalltechnischen Berechnungen spürbar entlastend ausgewirkt hat. Weitere Maßnahmen hat der Antragsgegner in einer vom Gericht nicht zu beanstandenden Weise ermessensgerecht und fehlerfrei abgelehnt. Ein (nächtliches) Durchfahrverbot für Fahrzeuge über 3,5 t bzw. 7,5 t würde nach Darlegung des Antragsgegners eine massive Belastung von Anliegern in Frage kommender Umgehungsstrecken mit sich bringen. Diese Bedenken, die insoweit auf den dadurch bedingten Verlagerungsverkehr (sog. „St.-Florians-Prinzip“) beruhen, sind für die Kammer im vorliegendem Fall hinreichend nachvollziehbar (vgl. BayVGH, B.v. 7.7.2021 – 11 ZB 19.749 – juris Rn. 18, wonach straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen als Mittel der Lärmbekämpfung dort ausscheiden müssen, wo sie die Verhältnisse nur um den Preis neuer Unzulänglichkeiten an anderer Stelle verbessern könnten, die im Ergebnis zu einer verschlechterten „Gesamtbilanz“ führen). Entsprechendes gilt etwa auch für verkehrliche Auswirkungen eines nächtlichen Lkw-Durchfahrtverbots für die Ziel- und Quellverkehre für die Stadt L. … selbst. Daher kann dahinstehen, inwieweit ein nächtliches Lkw-Durchfahrverbot zur Lärmreduzierung überhaupt gleichermaßen geeignet wäre, da der schalltechnischen Untersuchung des Staatlichen Bauamts nur der Lastfall unter Annahme eines Fahrverbots bei einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h (und nicht von derzeit geltenden 30 km/h) zugrunde gelegt wurde; Entsprechendes gilt für den Lastfall der Zulassung/Nichtzulassung eines Ziel- und Quellverkehrs von Lkws für die Stadt L. … Weiter zeigt der Antragsgegner nachvollziehbar auf, wie möglicherweise durch eine Ampelschaltung (durch eine sog. Dosierampel) zu erwartende Friktionen wie Rückstau, Kolonnenbildung etc. die Gesamtsituation verschlechtert würde.
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Das Gericht folgt schließlich auch den Erwägungen des Antragsgegners, wonach die bestehende belastende Situation für den Antragsteller, zumindest was das Gebäudeinnere betrifft, ggf. durch passiven Lärmschutz, für den u.U. eine entsprechende Fördermöglichkeit besteht, weiter abgemildert werden könnte. Langfristig gesehen hat die öffentliche Hand (Bund) durch den geplanten Bau einer Umgehungsstraße Maßnahmen ergriffen, um u.a. die Lärmbelastung für den Innenstadtbereich der Stadt L. … zu verbessern, auch wenn diese freilich nicht in absehbarer Zeit eine Verbesserung erbringen wird.
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3. Zusammenfassend hat der Antragsgegner somit sämtliche in Betracht kommende Alternativen zugunsten des Antragstellers berücksichtigt und abgewogen und ist zu einem ermessensfehlerfreien Ergebnis gekommen. Demzufolge war der Antragsgegner nicht im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes zu verpflichten, (erstmalig) über den (erneuten) Antrag des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden, § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO bzw. das Gericht nicht veranlasst, eine (weitere) Regelungsanordnung im Sinne des § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO zu erlassen.
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B. Der Antrag war unter der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
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C. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG unter Beachtung der Nrn. 1.5 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.