Titel:
Fortsetzungsfeststellungsinteresse, Verwaltungsgerichte, Wiederholungsgefahr, Identitätsfeststellung, Grundrechtseingriffe, Grenzkontrollen, Bundsverwaltungsgericht, Mitgliedstaaten, Feststellung der Rechtswidrigkeit, Verwaltungsgerichtsverfahren, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Berechtigtes Interesse, Identitätskontrolle, Kostenentscheidung, Rechtsmittelbelehrung, Prozeßbevollmächtigter, Schengener Grenzkodex, Elektronischer Rechtsverkehr, Grenzüberschreitender Verkehr, Klageabweisung
Normenkette:
VwGO §§ 116 Abs. 1, 117 Abs. 6
Schlagworte:
Fortsetzungsfeststellungsinteresse, Zulässigkeit der Klage, Wiederholungsgefahr, tiefgreifender Grundrechtseingriff, Vorabentscheidung des EuGH, Berufungszulassung
Fundstelle:
BeckRS 2024, 9673
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Berufung wird zugelasse …
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer grenzpolizeilichen Identitätsfeststellung.
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Der Kläger ist österreichischer Staatsangehöriger und als Wissenschaftler an der Universität Amsterdam tätig. Am 11. Juni 2022 fuhr er mit dem ICE 28, der aus Österreich kam, von Passau, wo der Kläger eine rechtswissenschaftliche Konferenz besucht hatte, nach Frankfurt am Main. Gegen 11:50 Uhr führten etwa 8 Beamten der Bundespolizei Kontrollen der Reisedokumente aller Passagiere im Wagen, in dem sich der Kläger befand, durch. Der Kläger wurde von zwei Beamten der Bundespolizei aufgefordert, sich auszuweisen. Auf die Frage, ob es sich bei der Maßnahme um eine Identitätskontrolle oder eine Grenzkontrolle handele, antworteten die Beamten, dass es sich um eine Grenzkontrolle im Rahmen des grenzüberschreitenden Verkehrs handele. Auf den Hinweis des Klägers, dass Grenzkontrollen an den Binnengrenzen des Schengener Vertragsgebietes nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs rechtswidrig seien, erwiderte ein Beamter, dass die Kontrollen seit 2015 regelmäßig verlängert würden. Die Beamten verlangten ein weiteres Mal Herausgabe des Reisedokuments des Klägers, welches dieser ihnen aushändigte. Zugleich bat der Kläger die Beamten um Nennung ihrer Dienstnummern. Daraufhin wurde ihm eine Dienstnummer genannt.
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Mit Schriftsatz vom 8. Juli 2022 ließ der Kläger Feststellungsklage erheben und beantragte,
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festzustellen, dass die am 11.06.2022 im ICE bei Passau durchgeführte Identitätsfeststellung des Klägers rechtswidrig war.
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Zur Begründung ließ er ausführen, dass für die erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage unter Berücksichtigung von Art. 19 Abs. 4 GG ein berechtigtes Interesse gegeben sei, da sich polizeiliche Maßnahmen wie auch die streitgegenständliche typischerweise so kurzfristig erledigten, dass sie regelmäßig keiner Überprüfung im gerichtlichen Verfahren zugänglich seien. Dahinstehen könne es, ob darüber hinaus weitere Erfordernisse bestünden, da jedenfalls auch Wiederholungsgefahr gegeben sei und ein Grundrechtseingriff von besonderem Gewicht vorliege. Eine Wiederholungsgefahr sei gegeben, da der Kläger als österreichischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz und Arbeitsplatz in den Niederlanden regelmäßig auf dem Landweg durch die Bundesrepublik Deutschland reise und dabei die deutsch-österreichische Grenze überquere. Der Kläger habe enge familiäre Verbindungen nach Salzburg und Wien, die er regelmäßig besuche. Er nehme regelmäßig berufliche Verpflichtungen, insbesondere wissenschaftliche Konferenzen und Vorträge, in Österreich wahr. Teilweise nutze er dabei die Bahn, teilweise den Pkw, Belege für Fahrten in den letzten Monaten füge er bei. Weitere Reisen seien in den Monaten August und September geplant. Er müsse daher konkret befürchten, in Zukunft erneut einer Identitätsfeststellung durch die Beklagte an der deutsch-österreichischen Grenze unterworfen zu werden. Die Grenzkontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze würden ununterbrochen und im Wesentlichen unverändert andauern und seien jüngst, nämlich im April 2022, um weitere 6 Monate verlängert worden. Insoweit sei der Fall anders gelagert als der, der dem Urteil des VG München vom 31. Juli 2019 (M 7 K 18.3255) zugrunde liege.
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Jedenfalls handele es sich um einen Grundrechtseingriff von besonderem Gewicht. Nach nationalem Rechts seien Identitätsfeststellungen zwar grundsätzlich nicht als tiefgreifende Grundrechtseingriffe zu werten. Aus Sicht des Unionsrechts sei dies aber anders zu bewerten. Das Unionsrecht in der Interpretation des EuGH kenne zunächst keine Erheblichkeitsschwelle auf der Ebene der Feststellung eines Grundrechtseingriffs. Das besondere Gewicht des Grundrechtseingriffs folge jedenfalls daraus, dass die Identitätskontrollen im Rahmen einer langjährigen Praxis erfolgten, deren Rechtswidrigkeit der EuGH nunmehr mit Urteil vom 26. April 2022 festgestellt habe.
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Die besondere Bedeutung des Grundrechtseingriffs ergebe sich zunächst – formell gesehen – aus der verfahrensrechtlichen Behandlung des Falles durch den EuGH. Der EuGH habe vor allem inhaltlich die ihm vorgelegten Fragen nicht allein anhand der sekundärrechtlichen Regelungen des Schengener Grenzkodex (im folgenden: SGK) beantwortet, sondern die Bedeutung eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ohne Binnengrenzen (Art. 3 Abs. 2 EUV) für die Unionsbürgerschaft und die Freizügigkeit der Unionsbürger hervorgehoben. Nach der Rechtsprechung des EuGH verleihe die Unionsbürgerschaft gemäß Art. 21 AEUV jedem Bürger der Union das elementare und persönliche Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vorbehaltlich der in den Verträgen und in den Durchführungsvorschriften vorgesehenen Beschränkungen und Bedingungen frei zu bewegen und aufzuhalten. Vor diesem rechtlichen Hintergrund müsse ein Grundrechtseingriff von besonderem Gewicht bejaht werden.
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Darüber hinaus folge aus dem primärrechtlichen Grundsatz der Effektivität des Unionsrechts ein berechtigtes Interesse des Klägers an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Identitätsfeststellung. Andernfalls bestünde für den Kläger de facto keinerlei Möglichkeit, sein Recht aus Art. 22 SGK i.V.m. Art. 20 f. AEUV, Art. 45 EU-Grundrechtecharta (GRC) durchzusetzen. Jedenfalls sei dem Kläger nicht zuzumuten, die Identitätsfeststellung zu verweigern und sich dadurch straf- oder ordnungswidrigkeitenrechtlichen Sanktionen auszusetzen oder auch nur bloße Zeitverluste in Kauf zu nehmen. Es werde die Vorlage an den EuGH angeregt, sollte die Klage als unzulässig bewertet werden.
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Die Klage sei auch begründet. Die Identitätsfeststellung verletze den Kläger in seinen Rechten aus Art. 20 f. AEUV, Art. 45 GRC und Art. 2 Abs. 1 GG. Sie könne nicht auf die einzig in Betracht kommende Rechtsgrundlage § 23 Abs. 1 Nr. 2 Bundespolizeigesetz (im folgenden: BPolG) gestützt werden. Die dort enthaltene Regelung ermächtige die Bundespolizei, die Identität einer Person zur polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs festzustellen. Um eine solche Kontrolle habe es sich hier gehandelt. Eine andere Rechtsgrundlage komme nicht in Betracht, weil Identitätsfeststellungen aus anderen Gründen stets der Abwehr einer Gefahr dienen müssten, für die vorliegend keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich sei.
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§ 23 Abs. 1 Nr. 2 BPolG trete aber beim grenzüberschreitenden Verkehr innerhalb des Schengener Vertragsgebietes hinter die unmittelbar anwendbaren Regelungen des SGK zurück bzw. müsse im Lichte dieser Regelungen angewendet werden. Art. 22 SGK regele, dass an den Binnengrenzen des Schengener Vertragsgebietes grundsätzlich keine Kontrollen stattfinden. Die Möglichkeit der vorübergehenden Wiedereinführung von Kontrollen nach Art. 25 ff. SGK sei als Ausnahme von diesem Grundsatz eng begrenzt. Sie setze gem. Art. 25 Abs. 1 SGK stets eine ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit voraus. Nur bei außergewöhnlichen Umständen, die den Binnenraum insgesamt gefährden, könnten Kontrollen für einen Gesamtzeitraum von bis zu 2 Jahren verlängert werden. Eine Verlängerung über 2 Jahre hinaus sei nicht vorgesehen. Das Mitteilungsverfahren sei prozedural und materiell eingehend geregelt.
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Der SGK trage dem legitimen Interesse der Mitgliedstaaten an der Möglichkeit, einseitige Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und der inneren Sicherheit zu treffen, hinreichend Rechnung, lasse darüber hinaus aber keinen Raum für weitergehende Maßnahmen. Der anderslautenden Auffassung der Bundesregierung und der Regierungen weiterer Mitgliedstaaten habe der EuGH mit dem oben zitierten Urteil vom 26. April 2022 eine Absage erteilt. Danach sei Art. 25 Absatz 4 SGK dahin auszulegen, dass er einer vorübergehenden Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen durch einen Mitgliedstaat auf der Grundlage von Art. 25 und 27 SGK entgegenstehe, wenn deren Dauer die in Art. 25 Absatz 4 SGK festgelegte Gesamthöchstdauer von 6 Monaten überschreite und keine neue Bedrohung vorliege, die eine erneute Anwendung der in Art. 25 vorgesehenen Zeiträume rechtfertige. Zudem stehe Art. 25 Abs. 4 SGK einer nationalen Regelung entgegen, mit der ein Mitgliedstaat eine Person bei Androhung einer Sanktion dazu verpflichtet, bei der Einreise in das Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaates über eine Binnengrenze einen Reisepass oder einen Personalausweis vorzulegen, wenn die Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen, in deren Rahmen diese Verpflichtung auferlegt wird, gegen diese Bestimmung verstößt.
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Die Beklagte führe Kontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze ununterbrochen seit 2015, mithin seit deutlich mehr als 6 Monaten, durch. Eine neue Bedrohung, die eine Verlängerung der Grenzkontrollen jenseits des Zeitraums von 6 Monaten rechtfertigen könnte, sei nicht ersichtlich. Eine solche Bedrohung hätte die Beklagte der Kommission vor der Verlängerung der Kontrollen mitteilen müssen. Das Nachschieben von Gründen sei nicht möglich. In den Mitteilungen der Beklagten an die Kommission vom April 2022, Oktober 2021, April 2021, Oktober 2020, April 2020, Oktober 2019 und April 2019 werde die Verlängerung der Kontrollen stets mit der Verhinderung irregulärer Migration und der Bekämpfung von Schleuserkriminalität begründet, mithin immer wieder mit derselben anhaltenden Bedrohungslage. Dass zwischenzeitlich neben diesen Gründen auch die Bekämpfung der Covid-19-Pandemie angeführt worden sei, ändere nichts daran, dass eine neue Bedrohungslage im Sinne der Rechtsprechung des EuGH nicht gegeben sei und von der Beklagten auch nicht geltend gemacht werde.
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Die Beklagte nahm mit Schriftsatz vom 25. August 2022 Stellung und beantragte,
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Zur Begründung wurde folgendes ausgeführt:
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Die Klage sei schon unzulässig. Es fehle am erforderlichen Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Ein Rehabilitationsinteresse bestehe nicht, da von Grenzübertrittskontrollen wie der vorliegenden, die alle Fahrgäste eines Zugabteils unterschiedslos beträfen, keine diskriminierende Wirkung ausgehe. Auch eine Wiederholungsgefahr bestehe nicht. Die Grenzkontrollen seien nach wie vor zeitlich jeweils auf 6 Monate begrenzt. Vor einer neuen Anordnung werde die Bedrohungslage ausführlich geprüft. Ausgehend von einer temporären Anordnung habe auch das Verwaltungsgericht München in seinem Urteil vom 31. Juli 2019 eine Wiederholungsgefahr verneint. Angesichts der Tatsache, dass es vom Zufall abhänge, welcher Zug und welche Reisende jeweils kontrolliert würden, könne nicht von einer hinreichend konkreten Wiederholungsgefahr weiterer Kontrollen ausgegangen werden. Der Kläger sei offenbar auch, trotz nach seinen Angaben häufigerer Reisen, das erste Mal kontrolliert worden.
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Ein Grundrechtseingriff von besonderem Gewicht liege nicht vor, weil aus Sicht des Betroffenen das allgemeine Persönlichkeitsrecht und die allgemeine Handlungsfreiheit nur geringfügig tangiert seien. Die Mitgliedstaaten seien durch Unionsrecht nicht gehindert, im Rahmen des nationalen Prozessrechts einschränkende Kriterien für die nachträgliche Überprüfung von erledigten belastenden Maßnahmen festzulegen.
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Die Klage sei auch unbegründet. Die Identität des Klägers sei zur polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs auf der Rechtsgrundlage des § 23 Abs. 1 Nr. 2 BPolG überprüft worden. Dessen Voraussetzungen hätten vorgelegen. Der SGK stehe dem nicht entgegen. Das BMI habe nach einer entsprechenden Prüfung entschieden, dass eine ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit vorliege und daher im April 2022 Grenzkontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze für 6 Monate neu angeordnet. Grund hierfür sei unter anderem das Migrationsgeschehen sowie die Bedrohung für die innere Sicherheit, die durch mangelhafte Außengrenzkontrollen entsteht, gewesen. Insbesondere die Lage an der griechisch-türkischen Grenze, die Möglichkeit illegaler Migration entlang der Balkan- und zentralmediterranen Route sowie erhebliche illegale Sekundärmigration im Schengen-Raum seien hierfür ausschlaggebend gewesen. Zu beachten sei auch die veränderte Sicherheitslage in Europa infolge des Krieges gegen die Ukraine. Das zitierte EuGH-Urteil erkenne die Befugnis der Mitgliedstaaten zu Grenzkontrollen auch nach Ablauf von 6 Monaten unter bestimmten Umständen an, sofern eine neue Bedrohung vorliege; es betreffe Österreich und könne nicht ohne weiteres auf den vorliegenden Fall übertragen werden. In der Vergangenheit sei im Zuge der regelmäßigen Auswertung und Beurteilung der Bedrohungslage und damit der Erforderlichkeit weiterer Grenzkontrollen jeweils eine neue Bedrohungslage festgestellt worden. Träten weitere Umstände zu einer etwaigen anhaltenden Bedrohung hinzu, folge daraus eine sich hiervon unterscheidende Bedrohung und damit eine neue Lage. Zunächst habe die Corona-Pandemie die Bedrohungssituation geändert, daran anschließend die Machtübernahme der Taliban in Afghanistan und nun der Ukraine-Krieg. Deswegen sei die Bedrohungslage nunmehr eine andere als die ursprüngliche.
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Mit Schriftsatz vom 8. September 2022 ließ der Kläger hierauf replizieren, dass die fehlende Belegbarkeit wiederholter Kontrollen einem Fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht entgegengehalten werden könne, da Grenzkontrollen in der Regel gegenüber den Adressaten nicht schriftlich angeordnet würden. Der Umstand, dass Kontrollen jeweils aufgrund einer neuen Anordnung erfolgten, könne dem Fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht entgegenstehen, da ansonsten angesichts der Dauer verwaltungsgerichtlicher Verfahren gerichtlicher Rechtsschutz praktisch unmöglich wäre.
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Den zusammen mit der Klage gestellten Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz hat die Kammer mit Beschluss vom 10. Oktober 2022 abgelehnt. Auf die Gründe des Beschlusses (Az. M 23 E 22.3424) wird verwiesen.
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Am 31. Januar 2024 fand die mündliche Verhandlung vor der Kammer statt. Darin führte der Kläger u.a. aus, dass er nach dem 11. Juni 2022 noch zweimal an der Grenze kontrolliert worden sei, seiner Erinnerung nach einmal im Herbst 2022 und einmal im Herbst 2023. Der Klägerbevollmächtigte regte zusammen mit der Klageantragstellung u.a. an, das Verfahren auszusetzen und dem EuGH im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens die Frage vorzulegen, ob Art. 22 SGK i.V.m. Art. 20 f. AEUV, Art. 45 GRC sowie Art. 47 GRC und der Grundsatz der Effektivität des Unionrechts der Abweisung einer Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Identitätsfeststellung bei einer Grenzkontrolle an den Binnengrenzen, deren Vereinbarkeit mit Unionsrecht infrage steht, ohne Prüfung der materiellen Rechtmäßigkeit der Maßnahme durch ein nationales Gericht entgegensteht.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage bleibt ohne Erfolg.
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Sie ist bereits unzulässig, da der Kläger kein relevantes Fortsetzungsfeststellungsinteresse im Rahmen seines statthaften Fortsetzungsfeststellungsbegehrens analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO beanspruchen kann.
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1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann das berechtigte Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit eines erledigten Verwaltungsakts, das nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage ist, rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Natur sein. Es ist typischerweise in den anerkannten Fallgruppen der Wiederholungsgefahr, des Rehabilitationsinteresses sowie der Absicht zum Führen eines Schadensersatzprozesses gegeben, kann aber auch aus anderen besonderen Umständen des Einzelfalls hergeleitet werden, sofern die gerichtliche Entscheidung geeignet ist, die klägerische Position in rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Hinsicht zu verbessern (vgl. BVerwG, U. v. 29.3.2017 – 6 C 1.16 – BVerwGE 158, 301 Rn. 29 m.w.N.; B. v. 14.12. 2018 – 6 B 133.18 – Buchholz 442.066 § 47 TKG Nr. 5 Rn. 10). Eine weitere in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG grundsätzlich anerkannte Fallgruppe betrifft Verwaltungsakte, die sich typischerweise so kurzfristig erledigen, dass sie ohne die Annahme eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses regelmäßig keiner Überprüfung im gerichtlichen Hauptsacheverfahren zugeführt werden könnten. Maßgebend ist dabei, ob die kurzfristige, eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage ausschließende Erledigung sich aus der Eigenart des Verwaltungsakts selbst ergibt (vgl. BVerwG, U. v. 16.5.2013 – 8 C 14.12 – BVerwGE 146, 303 Rn. 32; v. 12.11.2020 – 2 C 5.19 – BVerwGE 170, 319 Rn. 15; v. 2.2.2023 – 3 C 14.21 – NJW 2023, 2658 Rn. 14 f. und v. 16.2.2023 – 1 C 19.21 – juris Rn. 17; B. v. 16.1.2017 – 7 B 1.16 – Buchholz 406.25 § 16 BlmSchG Nr. 3 Rn. 25; v. 4.12.2018 – 6 B 56.18 – DVBl. 2019, 711 Rn. 12). Neben dem Erfordernis einer typischerweise kurzfristigen Erledigung der Maßnahme muss nach der Rechtsprechung des 6. Senats des Bundesverwaltungsgerichts wie auch des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. BayVGH, B.v. 13.3.2017 – 10 ZB 16.965 – NJW 2017, S. 2779 Rn. 10), der die Kammer bislang gefolgt ist und an der sie auch weiterhin festhält, darüber hinaus die weitere Voraussetzung eines qualifizierten (d.h. tiefgreifenden, gewichtigen bzw. schwerwiegenden) Grundrechtseingriffs erfüllt sein (vgl. BVerwG, B.v. 29.11.2023 – 6 C 2.22 – juris Rn 8 ff.).
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2. Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse folgt im vorliegenden Fall zunächst nicht aus den Fallgruppen der Präjudizialität oder des Rehabilitierungsinteresses, welche vom Kläger selbst auch nicht geltend gemacht worden sind. Der Kläger hält vielmehr die Fallgruppen der Wiederholungsgefahr und des tiefgreifenden Grundrechtseingriffs für einschlägig. Aber auch diese beiden Fallgruppen greifen vorliegend jeweils nicht.
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2.1. Ein schützenswertes Fortsetzungsfeststellungsinteresse folgt erstens nicht aus der Fallgruppe der Wiederholungsgefahr, auf die sich der Kläger beruft. Erforderlich ist hierfür eine hinreichend bestimmte Gefahr, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen erneut gleichartige Maßnahmen ergehen werden (st. Rspr. BVerwG, z.B. U.v. 12.10.2006 – 4 C 12.04 – juris Rn. 8; BayVGH, B.v. 12.5.2015 – 10 ZB 13.629 – juris Rn. 8). Der Kläger hat zwar dargelegt, dass er als österreichischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz und Arbeitsplatz in den Niederlanden regelmäßig auf dem Landweg durch die Bundesrepublik Deutschland reise und dabei die österreichisch-deutsche Grenze überquere. Er habe enge familiäre Verbindungen nach Salzburg und Wien, die er regelmäßig besuche. Er nehme regelmäßig berufliche Verpflichtungen, insbesondere wissenschaftliche Konferenzen und Vorträge, in Österreich wahr. Teilweise nutze er dabei die Bahn, teilweise den Pkw. Aufgrund dieser – vom Gericht nicht in Zweifel gezogenen – Angaben ist es nicht beachtlich wahrscheinlich, dass der Kläger unter identischen Voraussetzungen und gleichsam automatisch als Bahnreisender oder Pkw-Fahrer einer Grenzkontrolle unterzogen werden wird. Identitätskontrollen erfolgten und erfolgen abhängig von den jeweils eingesetzten Fahrzeugen, der jeweiligen Streckenführung und den jeweiligen Einsatzlagen. Keinesfalls vermag das Gericht zu erkennen, dass der Kläger bei jedem Grenzübertritt erwartbar und zwangsläufig einer Kontrollmaßnahme unterzogen würde; dem entspricht es, dass die Beklagte stets darauf hinweist, dass temporäre Binnengrenzkontrollen flexibel, lageabhängig, in unterschiedlicher Kontrollintensität und stichprobenartig stattfinden. Dass die Kontrollen tatsächlich nur sporadisch und stichprobenartig stattfinden, wird gerade am Fall des Klägers deutlich, der trotz häufiger Grenzübertritte nach seinen Angaben seit Juni 2022 insgesamt nur noch zweimal (einmal im Herbst 2022, einmal im Herbst 2023) kontrolliert worden ist. Damit ist liegt nur eine potentielle Betroffenheit vor, die für eine konkrete Wiederholungsgefahr nicht ausreicht (wie VG München, U. v. 8.12.2021 – M 23 K 19.5873 und 5811).
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2.2. Ein erforderliches Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergibt sich auch nicht deshalb, weil die polizeilichen Kontrollmaßnahmen mit einem tiefgreifenden Grundrechtseingriff im Sinne der Rechtsprechung (vgl. etwa BVerwG, U.v. 16.5.2013 – 8 C 38.12 – juris Rn. 18 ff.; BayVGH, B.v. 13.3.2017 – 10 ZB 16.965 – juris Rn. 8 ff.) verbunden gewesen wären. Von besonderem Gewicht sind insbesondere Grundrechtseingriffe, die das Grundgesetz selbst unter Richtervorbehalt gestellt hat (z.B. BVerfG, B.v. 5.7.2013 – 2 BvR 370/13 – juris Rn. 19: Wohnungsdurchsuchung) oder die besonders sensiblen Rechtsgüter wie die körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) oder die Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG; BVerfG, B.v. 5.12.2001 – 2 BvR 527/99 – juris: Abschiebungshaft) tangieren. Ebenso muss die Möglichkeit der nachträglichen Kontrolle eines bereits beendeten Eingriffs bestehen, wenn der Betroffene ein am Maßstab einfachen Rechts so eklatant fehlerhaftes Vorgehen eines Hoheitsträgers geltend machen kann, dass objektive Willkür (Art. 3 Abs. 1 GG) naheliegt (BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. April 2004 – 2 BvR 1811/03 – NStZ-RR 2004, 252).
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Nach diesen Maßstäben ist eine qualifizierte Grundrechtsbetroffenheit hier nicht gegeben. Unter grundrechtlichen Gesichtspunkten steht allenfalls eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) im Raum. Damit ist jedoch im vorliegenden Fall kein tiefgreifender Grundrechtseingriff verbunden. Bei einer Identitätskontrolle handelt es sich grundsätzlich, was auch der Kläger selbst einräumt, um einen relativ geringfügigen Eingriff (vgl. Schenke in Schenke/Graulich/Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, 2. Aufl. 2019, § 23 BPolG Rn. 13), Maßnahmen zur Identitätsfeststellung greifen von ihrer Zielrichtung, der geringfügigen Dauer von wenigen Minuten und der Intensität der Beeinträchtigung des geschützten Rechtsguts lediglich in unbedeutender Weise und ohne erkennbare nachhaltige Wirkung in das allgemeine Persönlichkeitsrecht oder die allgemeine Handlungsfreiheit des Betroffenen ein. Im vorliegenden Fall sind besondere Umstände, die die Identitätskontrolle ausnahmsweise zu einem für den Kläger besonders belastenden oder tiefgreifenden Eingriff gemacht hätten, weder vorgetragen noch sonst für das Gericht ersichtlich. Auch als objektiv willkürlich sind – trotz der materiellen Bedenken, die das Gericht obiter dictum gegen die Grenzkontrolle hegt (s.u.) – die Kontrollen der Beklagten nicht anzusehen, insbesondere schon deshalb nicht, weil schlechthin jedermann, der die Grenze an den Kontrollpunkten übertritt, von den Kontrollen betroffen ist, sodass ein Verstoß gegen das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG schon deshalb nicht inmitten steht.
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Durch die vorliegende Grenzkontrolle ist zwar weiterhin der Schutzbereich des unionsrechtlichen Rechts auf Freizügigkeit (Art. 21 AEUV bzw. Art. 45 GRC) betroffen. Bei der Betroffenheit von unionsrechtlichen Grundfreiheiten sind ebenfalls die vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Maßstäbe heranzuziehen. Denn auch aus der Garantie eines wirksamen Rechtsbehelfs im Sinne des Art. 47 der GRC ergibt sich keine Verpflichtung, das Merkmal des berechtigten Interesses nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO weiter auszulegen, als dies nach nationalen Maßstäben geschieht (vgl. BVerwG, U. v. 16.5.2013 – 8C 14/12 – BVerwGE 146, 303 = juris, Rn. 36 ff.; BVerwG, B.v. 29.11.2023 – 6 C 2.22 – juris Rn 16). Es genügt mithin wie bei Grundrechten nicht jeder Eingriff bei sich typischerweise kurzfristig erledigenden Maßnahmen für die Annahme eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses, sondern erfordert ebenfalls einen gewichtigen Eingriff in die Grundrechte bzw. Grundfreiheiten (vgl. OVG Koblenz, U. v. 17.11.2022 – 7 A 10719/21.OVG – juris Rn. 29 ff.). Ein solcher ist bezüglich der hier in Rede stehenden Grenzkontrolle zu verneinen. Anders als beispielsweise eine Einreiseverweigerung greift die Grenzkontrolle nicht in den Kernbereich des Rechts auf Freizügigkeit ein. Es macht die Freizügigkeit nicht unmöglich, sondern verbindet sie mit gewissen zeitlichen Erschwernissen und Belästigungen, die jedoch bei objektiver Betrachtung nicht schwer wiegen. Dem vom Kläger in diesem Zusammenhang ins Feld geführten objektiv-rechtlichen Argument, dass der Eingriff schon deshalb besonders schwer wiege, weil er in offensichtlicher, dauerhafter und vorsätzlicher Weise Unionsrecht verletze und ihn effektiv seines Rechts auf Freizügigkeit beraube, folgt die Kammer nicht. Die Schwere des Grundrechtseingriffs ist in diesem Zusammenhang von seiner subjektiv-rechtlichen Wirkung auf den betroffenen Grundrechtsträger her zu bestimmen und nicht danach, wie schwer er objektiv-rechtlich wiegt. Das System des deutschen verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes ist, basierend auf Art. 19 Abs. 4 GG, nach wie vor subjektiv-rechtlich ausgerichtet, indem es grundsätzlich an das subjektive Recht (etwa als Voraussetzung der Klage-, Antrags-, Beschwerdebefugnis) anknüpft (vgl. auch BVerwG, B.v. 29.11.2023 – 6 C 2.22 – juris Rn. 10).
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3. Der Anregung des Klägers, den EuGH im Wege der Vorabentscheidung nach Art. 267 AEUV mit der Frage zu befassen, ob Art. 22 SGK i.V.m. Art. 20 f. AEUV, Art. 45 GRC sowie Art. 47 GRC und der Grundsatz der Effektivität des Unionrechts der Abweisung einer Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Identitätsfeststellung bei einer Grenzkontrolle an den Binnengrenzen, deren Vereinbarkeit mit Unionsrecht infrage steht, ohne Prüfung der materiellen Rechtmäßigkeit der Maßnahme durch ein nationales Gericht entgegensteht, wird nach Ausübung pflichtgemäßen richterlichen Ermessens nicht gefolgt. Da die vorliegende klageabweisende Entscheidung des Verwaltungsgerichts noch mit ordentlichen Rechtmittel angefochten werden kann, ist das Verwaltungsgericht nicht etwa verpflichtet, sondern nach Art. 267 Abs. 2 AEUV allenfalls berechtigt, bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen des Art. 267 AEUV den EuGH um Vorabentscheidung zu ersuchen. Davon sieht aber die Kammer nach Ausübung pflichtgemäßen Ermessens ab, da es eine Entscheidung über obige Frage zum Erlass seines Urteils nicht für erforderlich hält. Es liegt generell nicht auf der Hand, dass eine Grenzkontrolle der Bundespolizei der Beklagten, die möglicherweise materiell gegen europäisches Primärrecht verstößt, ohne Bindung an die nationale prozessuale Regelung, welche die Notwendigkeit eines Feststellungsinteresses für Fortsetzungsfeststellungsklagen fordert, stets überprüft werden können muss. Es unterliegt mit den Worten des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, B.v. 29.11.2023 – 6 C 2.22 – juris Rn 16) keinem Zweifel, dass auch europarechtliche Vorgaben nicht verlangen, dass das nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Sachurteilsvoraussetzung geforderte Fortsetzungsfeststellungsinteresse in allen Fällen einer typischerweise kurzfristigen Erledigung der angegriffenen Maßnahme unabhängig von dem Vorliegen eines qualifizierten Grundrechtseingriffs bejaht werden muss. Insoweit gilt der Grundsatz der verfahrensmäßigen Autonomie der Mitgliedstaaten (vgl. Kopp/Schenke/Ruthig, VwGO, 29. Aufl. 2023, § 1 Rn. 20b). Der unionsrechtliche Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes im Sinne des Art. 47 GRC hindert den mitgliedstaatlichen Gesetzgeber nicht, für die Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs ein qualifiziertes Interesse des Klägers zu fordern, und begründet insbesondere auch keine Verpflichtung, eine Fortsetzung der gerichtlichen Kontrolle nach Erledigung des Eingriffs unabhängig von einem rechtlichen, ideellen oder wirtschaftlichen Nutzen für den Kläger allein unter dem Gesichtspunkt eines abstrakten Rechtsklärungsinteresses vorzusehen (BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 – 8 C 14.12 – BVerwGE 146, 303 Rn. 38, 41 f.; BVerwG, B.v. 29.11.2023 – 6 C 2.22 – juris Rn 16).
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Da sich die Fortsetzungsfeststellungsklage daher als unzulässig erweist, kommt es auf eine inhaltliche Prüfung des Klagebegehrens ebenso wenig an wie der Tatsache näher nachzugehen wäre, dass der Kläger damals gar nicht grenzüberschreitend unterwegs war, nachdem er den ICE erst in Passau bestiegen hatte.
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4. Die Klage war daher unter der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO und mit dem Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff. ZPO abzuweisen.
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5. Das Gericht sieht sich dennoch veranlasst, zur Vereinbarkeit der vorliegend streitgegenständlichen Grenzkontrolle mit dem Schengener Grenzkodex Folgendes auszuführen:
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In Anbetracht des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 26. April 2022 (C-368/20, Celex-Nr. 62020CJ0368) dürfte die streitgegenständliche Grenzkontrolle vom 11. Juni 2022 gegen Art. 25 Abs. 4 des SGK verstoßen haben, der für die Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen einen Gesamtzeitraum von höchstens 6 Monaten vorsieht. Dieser Gesamtzeitraum von höchstens 6 Monaten ist nach dem EuGH-Urteil (vgl. Rn. 78 ff.) zwingend, sodass seine Überschreitung zwangsläufig dazu führt, dass alle nach Ablauf dieses Zeitraums gemäß den Art. 25 und 27 des SGK wieder eingeführten Kontrollen an den Binnengrenzen mit dem SGK unvereinbar sind. Dies hat der EuGH unmissverständlich festgestellt. Die vorliegende Grenzkontrolle am 11. Juni 2022 erfolgte auf der Grundlage des Notifizierungsschreibens des Bundesministeriums des Innern und für Heimat vom 14. April 2022, welche die vorübergehende Wiedereinführung von Binnengrenzkontrollen an der österreichisch-deutschen Landgrenze aus migrations- und damit einhergehend sicherheitspolitischen Gründen mit Wirkung zum 12. Mai 2022 für einen 6-monatigen Zeitraum auf der Grundlage der Art. 25 bis 27 des SGK „neu anordnete“. Das vorangegangene Notifizierungsschreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 15. Oktober 2021 hatte aus denselben Gründen die vorübergehende Wiedereinführung von Binnengrenzkontrollen angeordnet. Allein hieraus ergibt sich, dass damit und trotz der Formulierung der „Neu“-Anordnung der Gesamtzeitraum von 6 Monaten bereits ausgeschöpft war, abgesehen davon, dass sich auch dieses und die vorangegangenen Notifizierungsschreiben tatsächlich jeweils nicht auf neue Bedrohungslagen gestützt haben. Das Gericht kann die mangels weiterer vorgetragener bzw. vorgelegter Details von Beklagtenseite zu etwaigen damals vorhandenen internen Erkenntnissen zu Bedrohungslagen/zur Sicherheitslage lediglich anhand der der Europäischen Kommission übermittelten Gründe abschätzen. Eine erneute Anwendung dieses Höchstzeitraums dürfte mangels Nachweises einer im Kern tatsächlich neuen ernsthaften Bedrohung für die öffentliche Ordnung oder innere Sicherheit, die sich von der ursprünglich festgestellten nicht nur in Randerscheinungen v.a. des Migrationsgeschehens unterscheidet (vgl. EuGH, a.a.O. Rn. 79, 81) ausscheiden. Die vorgenannten Grenzkontrollen dürften damit den Schengener Grenzkodex verletzt haben, zumindest seit sie mit Beendigung der Pandemielage seitdem im Wesentlichen fortlaufend mit migrations- und sicherheitspolitischen Aspekten/Sekundärmigration begründet wurden. Das Gericht teilt daher insoweit im Kern die klägerische Argumentation.
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6. Die Berufung wird zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, § 124 a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Die Frage der Zulässigkeit verwaltungsgerichtlicher Überprüfbarkeit von Grenzkontrollen an der österreichisch-deutschen Grenze betrifft potenziell eine Vielzahl vergleichbarer Sachverhalte und ist derzeit nicht abschließend geklärt (vgl. Anfrage des 6. Senats an den 8. Senat des BVerwG vom 29.11.2023 – Az. 6 C 2. 22/5 A 2000/20).