Inhalt

VerfGH München, Entscheidung v. 11.12.2024 – Vf. 18-VII-22
Titel:

Haushalts- und Wirtschaftsführung der Hochschulen nach Inkrafttreten des Bayerischen Hochschulinnovationsgesetzes

Normenketten:
BayHIG Art. 4, Art. 15, Art. 16
BayHO Art. 105, Art. 111
VfGHG Art. 55 Abs. 1
BV Art. 98 Abs. 4
Leitsätze:
Zur Unzulässigkeit einer Popularklage gegen Art. 11, 15 und 16 BayHIG mangels hinreichender Darlegung eines Grundrechtsverstoßes. (Rn. 38)
1. Die Hochschulen unterliegen auch mit ihrer Haushalts- und Wirtschaftsführung als Personalkörperschaft des öffentlichen Rechts (Art. 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BayHIG) der Prüfung durch den Obersten Rechnungshof aus Art. 111 Abs. 1 S. 1 BayHO. (Rn. 45) (redaktioneller Leitsatz)
2. Das Prüfungsrecht des Obersten Rechnungshofs (Art. 111 Abs. 1 S. 1 iVm Art. 105 BayHO) wirkt unmittelbar und bedarf nicht einer - nur klarstellenden - spezialgesetzlichen Wiederholung. (Rn. 46 – 47) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Anwendung des Art. 111 Abs. 1 BayHO auf landesunmittelbare juristische Personen des öffentlichen Rechts ist nicht etwa deshalb ausgeschlossen, weil diese Vorschrift in Art. 105 Abs. 1 BayHO nicht erwähnt wird. (Rn. 48) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Hochschulen, Körperschaft des öffentlichen Rechts, Körperschaftsvermögen, Haushalts- und Wirtschaftsführung, Rechnungsprüfung, Controlling, Oberster Rechnungshof, Popularklage, Darlegungslast
Fundstelle:
BeckRS 2024, 38945

Tenor

1. Der Antrag wird abgewiesen.
2. Den Antragstellern wird eine Gebühr von 1.500 € auferlegt.

Entscheidungsgründe

I.
1
Die Antragsteller wenden sich mit ihrer Popularklage gegen Art. 11, 15 und 16 des Bayerischen Hochschulinnovationsgesetzes (BayHIG) vom 5. August 2022 (GVBl S. 414, BayRS 2210-1-3-WK), das am 1. Januar 2023 in Kraft getreten und zuletzt durch § 1 des Gesetzes vom 23. Juli 2024 (GVBl S. 257) geändert worden ist.
2
Die angegriffenen und damit zusammenhängenden Vorschriften haben folgenden Wortlaut:
Art. 4
Rechtsstellung
(1) 1Die Hochschule ist
1. eine staatliche Einrichtung und
2. daneben eine rechtsfähige Personalkörperschaft des öffentlichen Rechts.
 (Fussnote:Die Hochschule ist insoweit im Rahmen der haushaltsrechtlichen Bestimmungen des Freistaates Bayern ermächtigt, in Vertretung des Freistaates Bayern über die ihr nach Satz 1 als staatlicher Einrichtung zur Verfügung stehenden Mittel zu verfügen und Forderungen für den Freistaat Bayern einzuziehen. 3Sachen und Rechte, die sie in Vertretung des Freistaates Bayern erwirbt, gehen in das Eigentum des Freistaates Bayern über. 4Die Hochschule hat im Rechts- und Wirtschaftsverkehr mit Dritten offenzulegen, wenn sie als staatliche Einrichtung in Vertretung des Freistaates Bayern handelt. (3) 1Die Personalkörperschaft selbst kann nach Maßgabe des Art. 15 Körperschaftsvermögen haben, das sie unbeschadet des Teils VI der Bayerischen Haushaltsordnung (BayHO) getrennt vom staatlichen Vermögen)Staatliche Einrichtung und Personalkörperschaft erfüllen ihre Aufgaben durch eine Einheitsverwaltung und werden in Personalunion von der Hochschulleitung (Art. 30) geleitet und von der Präsidentin oder dem Präsidenten (Art. 31) vertreten.
(2) 1Die Hochschule bewirtschaftet zur Durchführung ihrer gesetzlichen Aufgaben nach Maßgabe des Art. 11 als staatliche Einrichtung
1. die ihr im Rahmen und nach Maßgabe des Staatshaushalts vom Freistaat Bayern
a) bereitgestellten Stellen und Mittel,
b) zur Nutzung überlassenen staatlichen Liegenschaften und Gegenstände,
2.
die in den Staatshaushalt vereinnahmten Geldzuwendungen Dritter zur Förderung ihrer gesetzlichen Aufgaben, insbesondere in Forschung, Kunst, Lehre oder Weiterbildung, sowie
3.
die dem Freistaat Bayern von der Personalkörperschaft unentgeltlich zur Nutzung überlassenen körperschaftseigenen Liegenschaften und Gegenstände.
verwaltet. 2Sie hat im Rechts- und Wirtschaftsverkehr mit Dritten ihrem Namen den Zusatz „Körperschaft des öffentlichen Rechts“ anzufügen. 3Aus Rechtsgeschäften, die die Hochschule zu Lasten ihres Körperschaftsvermögens abschließt, wird der Freistaat Bayern weder berechtigt noch verpflichtet.
(4) Eine Hochschule kann nur durch Gesetz auch als Stiftung oder in anderer Rechtsform errichtet oder auf ihren Antrag in eine Stiftung oder andere Rechtsform umgewandelt werden.
Art. 11
Finanzierung, Innovationsfonds
(1) 1Der Freistaat Bayern stellt den Hochschulen zur Durchführung ihrer Aufgaben im Rahmen des Art. 4 Abs. 2
1. nach Maßgabe des Staatshaushalts a) Stellen und b) im Rahmen eines Haushalts mit verdichteter Titelstruktur Mittel sowie
2. staatliche Liegenschaften und Gegenstände zur unentgeltlichen Nutzung zur Verfügung. 2Der Freistaat Bayern kann im Rahmen des staatlichen Immobilienmanagements weitere Grundstücke erwerben und den Hochschulen im Rahmen des Art. 4 Abs. 2 zur unentgeltlichen Nutzung überlassen. 3Die Zuweisung der Stellen und Mittel orientiert sich an dem zur Erfüllung der Aufgaben nach den Art. 2 und 3 erforderlichen Bedarf und an den in Forschung und Lehre sowie bei der Förderung des wissenschaftlichen und künstlerischen Nachwuchses erbrachten Leistungen. 4Dabei sind auch Fortschritte bei der Erfüllung des Gleichstellungsauftrages zu berücksichtigen. 5Am Ende des Haushaltsjahres nicht verbrauchte Mittel, ausgenommen die Mittel für gemeinsam bewirtschaftete Personalausgaben für das an den Stellenplan gebundene Personal und für Große Baumaßnahmen, stehen der Hochschule zur Erfüllung ihrer Aufgaben grundsätzlich überjährig zur Verfügung. 6Bei verschlechterter Haushaltssituation kann die Staatsregierung mit Zustimmung des Landtags am Ende des Haushaltsjahres nicht verbrauchte Mittel einziehen.
(2) 1Die Hochschulen tragen zur Finanzierung ihrer Aufgaben
1. durch Einwerbung von Mitteln Dritter und durch sonstige Einnahmen sowie
2. mit ihrem Körperschaftsvermögen und durch unentgeltliche Bereitstellung körperschaftseigener Liegenschaften bei. 2Von der Hochschule im Rahmen von Art. 4 Abs. 2 und durch die Erhebung von Gebühren und Entgelten erzielte Einnahmen stehen dieser zur Verwendung für Hochschulzwecke zur Verfügung.
1Die Hochschule bewirtschaftet nach Art. 4 Abs. 2 die Stellen und Mittel im Rahmen des Staatshaushalts auf der Grundlage der für die Haushalts- und Wirtschaftsführung geltenden staatlichen Vorschriften, soweit nichts anderes bestimmt ist; die Regelungen über das Körperschaftsvermögen bleiben unberührt. 2Für die Veranschlagung von Planstellen und anderen Stellen im staatlichen Haushaltsplan gilt Art. 17 BayHO; sind die Hochschulen bei den anderen Stellen bei der Bewirtschaftung der Personalausgaben nicht an die Stellenpläne gebunden, soll ein pauschaler mengenmäßiger Ausweis dieser Stellen erfolgen. 3Der Hochschule kann durch das Staatsministerium in bestimmtem Umfang und nach Maßgabe des Staatshaushalts die Beschäftigung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mit unbefristeten Arbeitsverträgen zu Lasten von Mitteln gestattet werden; die Hochschule hat bei Wegfall der Mittel die Anschlussfinanzierung sicherzustellen. 4Die Aufnahme von Krediten zur Deckung der Ausgaben sowie die Übernahme von Bürgschaften oder Garantien sind ausgeschlossen. 5Bei ihrer Wirtschaftsführung berücksichtigt die Hochschule die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. 6Zum Nachweis der wirtschaftlichen Verwendung der Stellen und Mittel setzt die Hochschule ein Controlling ein, das die Kosten- und Leistungsrechnung sowie grundsätzlich eine Kennzahlsteuerung und ein Berichtswesen umfasst.
1Die Hochschulleitung überprüft auch im Lichte der Hochschulverträge nach Art. 8 Abs. 2 regelmäßig den Ressourceneinsatz, insbesondere die Zuordnung von Stellen und Mitteln auf ihre Organisationseinheiten nach Art. 29 Abs. 3 zur Weiterentwicklung des Hochschulprofils und zur Stärkung der Innovationskraft. 2Aus den dadurch frei gemachten Ressourcen wird von der Hochschulleitung ein Innovationsfonds eingerichtet und gespeist, mit dem eigene strategische Schwerpunktsetzungen der Hochschule, Erfordernisse aufgrund unvorhersehbarer Entwicklungen und die Beteiligung an staatlichen Programmen und Initiativen („Matching“) unterstützt werden können.
Art. 15
Körperschaftsvermögen
(1) 1Die Hochschule verwaltet ihr Körperschaftsvermögen unbeschadet des Teils VI BayHO unter Beachtung des Art. 4 Abs. 3 eigenverantwortlich und getrennt vom Landesvermögen.  (Fussnote:Art. 4 Abs. 3 Satz 2 ist zu beachten. 3Die Zustimmung des Hochschulrats entfällt, sofern die Bilanzsumme des Unternehmens weniger als 100.000 € beträgt oder bei Unternehmensgründungen voraussichtlich betragen wird; die entsprechende Beteiligung ist dem Hochschulrat anzuzeigen. 4Aus Rechtsgeschäften nach Satz 1 wird der Freistaat Bayern weder berechtigt noch verpflichtet. (2) Gehört der Hochschule oder dieser zusammen mit einer oder mehreren juristischen Personen des öffentlichen Rechts die Mehrheit der Anteile, werden der Jahresabschluss und die Wirtschaftsführung ab einer)Es darf nur für Zwecke der Hochschule im Rahmen ihrer Aufgaben verwendet werden. 3Etwaige Zweckbestimmungen bei Zuwendungen Dritter an die Körperschaft sind zu beachten.
(2) 1Mit staatlichen Mitteln bebaute körperschaftseigene Grundstücke, die nicht mehr den Zwecken der Hochschule dienen, übereignet die Hochschule auf Verlangen dem Freistaat Bayern. 2Er hat Anspruch auf Wertausgleich zum jeweiligen Verkehrswert, wenn die mit seinen Mitteln bebauten körperschaftseigenen Grundstücke an Dritte veräußert werden.
Art. 16
Beteiligung an und Gründung von Unternehmen
(1) 1Die Hochschule kann sich als Körperschaft im Rahmen ihrer Aufgaben nach vorheriger Zustimmung des Hochschulrats an Unternehmen in der Rechtsform einer juristischen Person des privaten Rechts beteiligen, solche errichten, übernehmen oder wesentlich erweitern, wenn
1.
die Einlageverpflichtung der Hochschule aus ihrem Körperschaftsvermögen, durch die Übertragung von Rechten an geistigem Eigentum oder aus freien, nach Art. 4 Abs. 2 verwalteten Drittmitteln geleistet wird,
2.
die Haftung der Hochschule begrenzt, insbesondere auf die Einlage oder den Wert des Gesellschaftsanteils beschränkt wird und
3.
ein entsprechend den Regelungen für öffentliche Unternehmen des Freistaates Bayern hinreichend wirksames Beteiligungsmanagement gewährleistet ist.
Bilanzsumme von 100.000 € von einer Wirtschaftsprüferin oder einem Wirtschaftsprüfer geprüft.
(3) Art. 65 BayHO ist nicht entsprechend anwendbar.
(4) Die Hochschule berichtet dem Staatsministerium jährlich über Art und Umfang aller ihrer Beteiligungen im Sinne des Abs. 1.
II.
3
Die Antragsteller beantragen mit ihrer am 6. Dezember 2022 eingegangenen Popularklage, Art. 11 Abs. 1 bis 4, Art. 15 Abs. 1 und 2 sowie Art. 16 Abs. 1 bis 4 BayHIG für verfassungswidrig und nichtig zu erklären. Ihrer Meinung nach verstoßen die angefochtenen Vorschriften gegen das in Art. 7 Abs. 2 und Art. 14 Abs. 1 BV gewährleistete Grundrecht auf demokratische Teilhabe an der Staatsgewalt, gegen Art. 101 (allgemeine Handlungsfreiheit), Art. 108 (Freiheit von Wissenschaft und Lehre), Art. 118 Abs. 1 (Gleichheitssatz) und gegen Art. 80 Abs. 1 BV (parlamentarische Budgetkontrolle; Rechnungsprüfung durch den Obersten Rechnungshof).
4
1. Zur Begründung machen sie mit Schriftsatz vom 19. April 2023 im Wesentlichen geltend:
5
a) Die Popularklage sei zulässig. Insbesondere werde eine zumindest mögliche Grundrechtsverletzung durch die angegriffenen Vorschriften dargelegt.
6
aa) Mit Art. 11 BayHIG werde die staatliche Finanzierung der Hochschulen in Bayern insgesamt neu geregelt und dabei von der sie bislang parallel begleitenden Rechnungskontrolle durch den Obersten Rechnungshof entkoppelt.
7
Die Neuregelung verbinde einen erweiterten Finanzspielraum der Hochschulen mit einer nur noch sehr verengten Finanzkontrolle. Durch Art. 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayHIG würden die Hochschulen als ehemals staatliche Einrichtungen in den Status einer „reinen“ Personalkörperschaft als Regelorganisationsform überführt. Wie sich aus einer Reihe von (im Einzelnen wiedergegebenen) Presseerklärungen und Eckpunktepapieren der Bayerischen Staatskanzlei und des Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst ergebe, bedeute die gesetzliche Transformation der Hochschulen von staatlichen Einrichtungen zu selbstständig agierenden Körperschaften, dass in Form des Durchschlagens von Effekten und Mechanismen des Kapitalmarkts die Leistung der Hochschulen in Bayern optimiert werden möge. Eine „Grundfinanzierung“ durch den Freistaat Bayern per Bereitstellung eines Globalbudgets solle stattfinden, um eigenverantwortliches Wirtschaften und strategische Entwicklungschancen der Hochschule zu ermöglichen. Durch die wirtschaftliche Neuausrichtung der Hochschulen finde eine Dezentralisierung der Haushaltsverantwortung von den allgemeinen Staatsbehörden zu den eigenständigen Hochschulverwaltungen und -leitungen statt. In der Folge werde die sachliche und zeitliche Zweckbindung der Mittel im Haushaltsplan gelöst. Es übernehme nicht länger der Freistaat selbst und unmittelbar durch landeseigene Behörden die Überprüfung der Einhaltung von haushaltsrechtlichen Rechtsvorschriften. Vielmehr werde entgegen dem Rechtsstaatsgebot das Transparenzniveau in Bezug auf die Überprüfung der Einhaltung der verfassungsrechtlichen Leitlinien bei der staatlichen Hochschulfinanzierung deutlich abgesenkt statt angehoben.
8
Diese in Art. 11 BayHIG geregelte Umstellung der Hochschulfinanzierung ohne Gewährleistung einer Kontrolle durch den Obersten Rechnungshof verstoße möglicherweise gegen mehrere Grundrechte:
9
(1) Zunächst könne das Grundrecht auf demokratische Teilhabe an der Staatsgewalt verletzt sein, weil die Ausweitung der finanziellen Eigenständigkeit von Hochschulen mit dem demokratischen Legitimationsniveau nicht in ausreichendem Maß Schritt halte. Indem den Hochschulen ein größtenteils freihändiger Umgang mit staatlichen Mitteln zugestanden werde, ohne dass eine (gesteigerte) legitimatorische Rückbeziehung auf den direkt gewählten Landtag bestehe, überschreite der Gesetzgeber seine Kompetenzgrenzen. Die Hochschulen könnten ohne eine effektive Rechnungsprüfung durch den Rechnungshof zu viele Staatsausgaben am Parlament vorbei verursachen, was für den Landtag dann auch verbindlich sei.
Somit erscheine es möglich, dass der Schutzbereich des Grundrechts auf effektive Teilhabe an der Staatsgewalt aus Art. 7 Abs. 2 und Art. 14 Abs. 1 BV berührt werde und dass dieses Grundrecht sogar verletzt sein könnte. Denn eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung für diese Eingriffe dränge sich nicht auf.
10
(2) Weiter könne durch Art. 11 BayHIG die allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 101 BV in Verbindung mit Art. 80 BV oder das möglicherweise unmittelbar in Art. 80 Abs. 1 BV enthaltene Grundrecht verletzt sein.
11
Die Umstellung der Hochschulfinanzierung ohne Gewährleistung einer Kontrolle durch den Obersten Rechnungshof sei mit der Gefahr verbunden, dass dies zur Vereitelung einer effektiven Aufgabenerfüllung des Obersten Rechnungshofs in seiner Kernkompetenz führe. Darin könnte ein Verstoß gegen Art. 80 Abs. 1 BV liegen. Es könne dahinstehen, ob diese Staatsorganisationsvorschrift objektives Verfassungsrecht enthalte oder, wofür angesichts der grundrechtstypischen Gefährdungslage gute Gründe sprächen, auch ein Grundrecht. Jedenfalls im Rahmen der allgemeinen Handlungsfreiheit könne auch die Verletzung objektiven Verfassungsrechts gerügt werden.
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Weiter könnten die angegriffenen Finanzierungs- und Beteiligungsregeln des Bayerischen Hochschulinnovationsgesetzes zu einem verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigenden Eingriff in die durch Art. 101 BV geschützte und auch den öffentlichen Dienst umfassende Berufsfreiheit der Mitarbeiter des Obersten Rechnungshofs führen. Ein über Jahrzehnte verfestigter und funktionierender Bestandteil des Aufgabengebiets falle weg, ohne dass die staatliche Aktivität in diesem Bereich eingestellt werde. Den angegriffenen Finanzierungs- und Beteiligungsregelungen des Bayerischen Hochschulinnovationsgesetzes komme nach Inhalt und Entstehungsgeschichte jedenfalls eine objektiv berufsregelnde Tendenz zu.
13
(3) Möglicherweise sei die Umstellung der Finanzierung auch mit der Wissenschaftsfreiheit aus Art. 108 BV unvereinbar. Durch die Regelungen der Finanzierung und Unternehmensgründung werde per Rechtsakt, final, unmittelbar sowie mit Befehl und Zwang durchsetzbar in die Freiheitssphäre der einzelnen Wissenschaftler sowie der Hochschulen selbst eingegriffen. Der Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit sei verfassungsrechtlich jedoch nicht gerechtfertigt.
14
(4) Die Regelungen könnten auch gleichheitswidrig sein und damit gegen Art. 118 Abs. 1 BV verstoßen. In Betracht komme eine verfassungsrechtlich relevante Ungleichbehandlung von staatlichen Hochschulen gegenüber nichtstaatlichen Hochschulen in finanzieller und wissenschaftlicher Hinsicht. Durch die Ausstattung mit Haushaltsmitteln erlangten Erstere gegenüber Letzteren einen uneinholbaren Vorsprung, der durch die nunmehr fehlende Rechnungsprüfung nicht mehr aufgewogen werde.
15
bb) Bei der Vorschrift des Art. 15 BayHIG zum Körperschaftsvermögen bestehe die Möglichkeit derselben Grundrechtsverstöße. Zwar finde sich in Art. 15 Abs. 1 Satz 1 BayHIG der Einschub „unbeschadet des Teils VI BayHO“, weshalb die Art. 105 bis 112 BayHO und damit auch die Vorschrift des Art. 111 BayHO über die Prüfung durch den Obersten Rechnungshof anwendbar seien. Letztere ordne die Prüfungskompetenz des Obersten Rechnungshofs jedoch gerade nicht umfassend und durchgehend an. Vielmehr stehe mit der Überführung der Hochschule in das neue Konzept zu befürchten, dass von den zahlreichen Sonderregelungen nach Art. 111 Abs. 2 sowie Art. 112 BayHO zur Umgehung einer externen Finanzkontrolle Gebrauch gemacht werde. In Ergänzung zu oder Bestätigung von Art. 15 BayHIG würden die Hochschulen neben der getrennten Vermögensverwaltung mit Schaffung des Art. 4 Abs. 3 BayHIG mit weitgehenden rechtlichen und finanziellen Befugnissen ausgestattet.
16
cc) Entsprechendes gelte mit Blick auf den weiter angegriffenen Art. 16 BayHIG, der die Beteiligung an und Gründung von Unternehmen durch die Hochschulen regle. Mit dem durch Absatz 3 angeordneten „Ausschluss des Art. 65 BayHO“ solle „die Anwendbarkeit des Teils IV de[r] BayHO aufrechterhalten“ werden. Mit Art. 65 BayHO würden separat allgemeine haushaltsrechtliche Anforderungen an die Beteiligung an privatrechtlichen Unternehmen gestellt. Damit würden die neu geschaffenen Voraussetzungen des Art. 16 BayHIG jedoch ausgehebelt. Unberührt bleibe die Sicherstellung einer externen Finanzprüfung durch den Obersten Rechnungshof. Diese sei nicht allein durch die Anwendbarkeit des Teils VI der Bayerischen Haushaltsordnung herbeigeführt.
17
b) Die Popularklage sei auch begründet. Die als möglich dargelegten Grundrechtsverletzungen lägen in der Sache vor.
18
2. Die Antragsteller tragen mit Schriftsätzen vom 19. Dezember 2023 – in Erwiderung auf die Stellungnahmen der Äußerungsberechtigten – unter anderem ergänzend vor:
19
Es könne dahinstehen, ob die bayerischen Hochschulen reine Körperschaften seien. Auch wenn man sie, wofür viel spreche, als landesunmittelbare juristische Personen des öffentlichen Rechts im Sinn des Art. 105 BayHO einstufen wollte, so folge hieraus zwar, dass die Art. 106 bis 110 und die Art. 1 bis 87 BayHO anwendbar seien, aber nicht Art. 111 BayHO. Denn Letzterer werde in Art. 105 BayHO gerade nicht erwähnt. Das lasse nur den Schluss zu, dass Art. 111 BayHO nicht (mehr) anwendbar sei, weil eine Vorschrift wie Art. 73 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 des außer Kraft getretenen Bayerischen Hochschulgesetzes (BayHSchG a. K.) im neuen Hochschulinnovationsgesetz nicht mehr existiere. Dies folge auch aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes. Ferner sei Art. 11 Abs. 2 (gemeint wohl Abs. 3) Satz 6 BayHIG als abschließende Regelung zu verstehen, die eine Kontrolle durch den Obersten Rechnungshof gerade ausschließe.
20
3. Mit Schriftsatz vom 14. Oktober 2024 wiederholen die Antragsteller ihre Rügen und beantragen zusätzlich hilfsweise, die Art. 11, 15 und 16 BayHIG zur Vereinbarkeit mit der Bayerischen Verfassung dahingehend auszulegen, als damit Prüfungsrechte des Obersten Rechnungshofs, welche zuvor bereits nach dem Bayerischen Hochschulgesetz bestanden haben, nicht eingeschränkt werden.
III.
21
1. Der Bayerische Landtag hält die Popularklage für unzulässig und überdies für unbegründet.
22
Es fehle bereits an einem tauglichen Antragsgegenstand. Die Antragsteller befassten sich weitgehend lediglich mit Eckpunkten oder Gesetzentwürfen, die in dieser Form nie vom Landtag als Gesetz beschlossen worden seien, und gingen von der falschen Prämisse aus, die Prüfungsrechte des Obersten Rechnungshofs seien eingeschränkt worden. Es fehle weiter an der substanziierten Darlegung einer möglichen Grundrechtsverletzung. Insbesondere sei das Grundrecht auf demokratische Teilhabe nicht verletzt. Art. 80 BV enthalte kein Grundrecht. Die Mitarbeiter des Obersten Rechnungshofs seien bei ihrem amtlichen Handeln nicht aus der Berufsfreiheit berechtigt.
23
Jedenfalls sei die Popularklage aber unbegründet. Die Argumentation der Antragsteller gehe von einer Rechtslage aus, die so nicht existiere. Denn die Hochschulen würden nicht in reine Körperschaften umgewandelt und hätten auch keine Globalhaushalte. Die Regelungen der Bayerischen Haushaltsordnung zu den Prüfungsrechten des Obersten Rechnungshofs bestünden unverändert fort. Die gerügten Grundrechtsverstöße lägen nicht vor.
24
2. Die Bayerische Staatsregierung hält die Popularklage ebenfalls für bereits unzulässig und im Übrigen für unbegründet.
25
a) Die Antragsteller würden bei ihrem Antrag offensichtlich die Rechtslage verkennen. Ihre Argumentation werde über weite Strecken auf die vom Ministerrat am 20. Oktober 2020 beschlossenen „Eckpunkte zur Hochschulreform“ und eine erste Fassung des Regierungsentwurfs eines Bayerischen Hochschulinnovationsgesetzes gestützt und nicht auf die tatsächlich in Kraft getretene Gesetzesfassung. Insbesondere die Annahme, die Prüfungsrechte des Obersten Rechnungshofs seien im Vergleich zum früheren Bayerischen Hochschulgesetz durch das Bayerische Hochschulinnovationsgesetz eingeschränkt worden, sei schlicht falsch. Der entsprechende Rechtsstand sei nicht verändert worden.
26
Die Argumentation der Antragsteller beruhe zudem auf einer Fehlinterpretation des Art. 111 BayHO. Nach dessen Wortlaut gelte er für alle landesunmittelbaren bzw. der Aufsicht des Freistaates unterliegenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts, soweit nicht durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes etwas anderes bestimmt sei. Damit diese Vorschrift nicht auf die Hochschulen anwendbar wäre, müsste dies durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes ausdrücklich angeordnet werden. Damit sei die Rechtslage genau umgekehrt, als sie von den Antragstellern interpretiert werde. Art. 111 BayHO gelte auch nach Inkrafttreten des Bayerischen Hochschulinnovationsgesetzes für die Hochschulen aufgrund ihres Körperschaftsstatus in vollem Umfang fort.
27
b) Die Popularklage sei auch mangels einer substanziierten Grundrechtsrüge unzulässig.
28
Art. 80 Abs. 1 BV gewähre entgegen der Sichtweise der Antragsteller kein Grundrecht. Er sei rein staatsorganisationsrechtlicher Natur. Auch im Licht der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 101 BV ergebe sich nichts anderes. Zwar könnten gestützt auf dieses Grundrecht in weitem Umfang auch Verstöße gegen objektives Verfassungsrecht gerügt werden. Voraussetzung sei jedoch, dass die Rechtswirkungen der angegriffenen Norm ein grundrechtlich geschütztes Verhalten unmittelbar erfassten oder zwar mittelbare, aber dennoch schwerwiegende Auswirkungen auf dieses Verhalten hätten. Diese Voraussetzungen seien nicht gegeben. Zum einen sei das Prüfungsrecht des Obersten Rechnungshofs gegenüber Hochschulen im Vergleich zur früheren Rechtslage nicht eingeschränkt worden. Zum anderen beträfe auch eine hypothetische Einschränkung von Prüfungsrechten allein das Verhältnis zwischen dem Obersten Rechnungshof, der zu prüfenden juristischen Person des öffentlichen Rechts, der Staatsregierung und dem Landtag als Inhaber des Budgetrechts.
29
Das Grundrecht auf Teilhabe an der Staatsgewalt sei nicht verletzt. Es könne dahinstehen, ob die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu einem zusätzlichen materiellen Gewährleistungsgehalt im Sinn eines Schutzes vor einer Aushöhlung von legislativen Kompetenzen überhaupt auf Art. 14 Abs. 1 Satz 1 BV bzw. Art. 7 Abs. 2 BV übertragen werden könne. Jedenfalls hätten die Antragsteller nicht einmal im Ansatz dargelegt, dass durch die angegriffene Norm der unveränderbare Kern des Demokratieprinzips tangiert werde.
30
Eine Verletzung der Berufsfreiheit sei schon deswegen offenkundig ausgeschlossen, weil dieses Grundrecht nicht auf öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse anwendbar sei. Auch die durch Art. 95 BV geschützten hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums vermittelten kein Recht auf unveränderte und ungeschmälerte Ausübung der einmal übertragenen Amtsgeschäfte.
31
Ein Verstoß gegen die Wissenschaftsfreiheit sei nicht zu erkennen. Die Antragsteller hätten schon nicht substanziiert dargetan, ob und gegebenenfalls in welcher Weise die konkret angegriffenen Regelungen zur Finanzierung der staatlichen Hochschulen überhaupt Einfluss auf die freie Ausübung von Forschung und Lehre hätten.
32
Auch ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz sei nicht hinreichend dargetan. Eine rechtlich relevante Ungleichbehandlung von staatlichen gegenüber nichtstaatlichen Hochschulen könne nicht damit begründet werden, dass die nichtstaatlichen Hochschulen ihre finanzielle Ausstattung selbst sicherstellen müssten.
33
Soweit die Antragsteller behaupteten, dass mit der Überführung der Hochschule in das neue Konzept zu befürchten stehe, dass von den zahlreichen Sonderregelungen zur Umgehung einer externen Finanzkontrolle Gebrauch gemacht werde, sei hierin schon kein tauglicher Antragsgegenstand zu sehen, weil nicht eine konkrete Norm, sondern lediglich ein hypothetisches Vollzugsszenario angegriffen werde.
34
c) Die Popularklage sei im Übrigen unbegründet, weil die behaupteten Verfassungsverstöße nicht vorlägen.
IV.
35
Die Popularklage ist – im Haupt- und Hilfsantrag – unzulässig.
36
1. Nach Art. 98 Satz 4 BV hat der Verfassungsgerichtshof Gesetze und Verordnungen für nichtig zu erklären, die ein Grundrecht verfassungswidrig einschränken. Die Verfassungswidrigkeit kann jedermann durch Beschwerde (Popularklage) geltend machen. Gesetze und Verordnungen im Sinn des Art. 98 Satz 4 BV sind alle Rechtsvorschriften des bayerischen Landesrechts (Art. 55 Abs. 1 Satz 1 VfGHG). Dazu zählen auch die von den Antragstellern angegriffenen Vorschriften des Bayerischen Hochschulinnovationsgesetzes, die am 1. Januar 2023 in Kraft getreten sind. Dass die Antragsteller ihre Popularklage noch vor dem Inkrafttreten erhoben haben, steht der Zulässigkeit nicht entgegen. Es genügt, dass das Bayerische Hochschulinnovationsgesetz bereits verkündet und damit – wirksam – erlassen war.
37
2. Die Antragsteller haben jedoch einen Grundrechtsverstoß durch Art. 11, 15 und 16 BayHIG nicht hinreichend dargelegt.
38
a) Zu den prozessualen Voraussetzungen einer Popularklage gehört nach Art. 55 Abs. 1 Satz 2 VfGHG, dass der Antragsteller darlegt, inwiefern durch die angegriffene Rechtsvorschrift ein in der Bayerischen Verfassung gewährleistetes Grundrecht verfassungswidrig eingeschränkt wird. Greift er mehrere Rechtsvorschriften an, so muss dies für jede einzelne von ihnen ersichtlich sein. Summarische, nicht präzisierte Grundrechtsrügen sind unzulässig (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 19.4.1985 VerfGHE 38, 43/45; vom 8.5.2023 BayVBl 2023, 480 Rn. 60). Die Popularklage ist ferner unzulässig, wenn und soweit eine als verletzt bezeichnete Norm der Verfassung kein Grundrecht gewährt, oder wenn zwar ein Grundrecht als verletzt gerügt wird, eine Verletzung nach Sachlage aber von vornherein nicht möglich ist, weil der Schutzbereich des angeblich verletzten Grundrechts durch die angefochtene Rechtsvorschrift nicht berührt wird. Eine ausreichende Grundrechtsrüge liegt nicht schon dann vor, wenn der Antragsteller nur behauptet, dass die angefochtene Rechtsvorschrift nach seiner Auffassung gegen Grundrechtsnormen der Bayerischen Verfassung verstößt. Der Antragsteller muss seinen Vortrag vielmehr so präzisieren, dass der Verfassungsgerichtshof beurteilen kann, ob der Schutzbereich der bezeichneten Grundrechtsnorm berührt ist. Die zur Überprüfung gestellten Tatsachen und Vorgänge müssen dies zumindest als möglich erscheinen lassen (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 21.3.2016 VerfGHE 69, 99 Rn. 25; vom 26.3.2018 VerfGHE 71, 59 Rn. 56; vom 29.10.2020 BayVBl 2021, 83 Rn. 19; 2023, 480 Rn. 60, jeweils m. w. N.).
39
b) Diesen Darlegungsanforderungen wird die Popularklage nicht gerecht.
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Dabei kann dahinstehen, ob alle von den Antragstellern als verletzt bezeichneten Verfassungsnormen ein Grundrecht enthalten und den behaupteten Schutzbereich gewährleisten. Denn sämtliche Grundrechtsrügen beruhen auf einem Verständnis der angegriffenen Vorschriften, das deren konkreten Regelungsgehalt aus den Augen verliert, schon für sich betrachtet nicht nachvollzogen werden kann und deshalb erst recht nicht geeignet ist, die darauf gestützten Grundrechtsverletzungen als möglich erscheinen zu lassen.
41
aa) Die Antragsteller gründen ihr umfangreiches Vorbringen letztlich pauschal auf die Annahme, dass durch die Neuregelung der Hochschulfinanzierung – im Gegensatz zur alten Rechtslage nach dem bis zum 31. Dezember 2022 geltenden Bayerischen Hochschulgesetz – „die staatlich finanzierte Hochschullandschaft“ von der sie bislang parallel begleitenden Rechnungskontrolle durch den Obersten Rechnungshof entkoppelt würde. Sie gehen davon aus, dass durch Art. 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayHIG „die Hochschulen als ehemals staatliche Einrichtungen in den Status einer ‚reinen‘ Personalkörperschaft als Regelorganisationsform überführt“ würden. Durch die damit einhergehende wirtschaftliche Neuausrichtung finde „eine Dezentralisierung der Haushaltsverantwortung von den allgemeinen Staatsbehörden zu den eigenständigen … Hochschulverwaltungen und -leitungen statt“. Es übernehme „also nicht länger der Freistaat … die Überprüfung der Einhaltung von (haushalts-)rechtlichen Rechtsvorschriften“. Diese Interpretation führt die politische Diskussion um die Hochschulrechtsnovellierung fort und stützt sich auf Pressemitteilungen und ein Eckpunktepapier der Staatskanzlei und des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst aus dem Jahr 2020 zu den ursprünglich erwogenen Organisationsformen für Hochschulen.
42
bb) Die Grundannahme der Antragsteller ist mit Blick auf die als Gesetz beschlossene Neuregelung jedoch nicht nachvollziehbar. Sie ergibt sich – offenkundig – weder aus den angegriffenen Vorschriften selbst noch aus dem Bayerischen Hochschulinnovationsgesetz insgesamt. Deshalb kommt es auch nicht weiter darauf an, ob die Popularklage, wie der Antrag nahelegt, gegen jede einzelne der in Art. 11, 15 und 16 BayHIG enthaltenen – vielgestaltigen – Regelungen gerichtet sein soll oder ob die Antragsteller der Sache nach das Unterlassen einer gesetzlichen Anordnung zur Prüfung der Hochschule durch den Obersten Rechnungshof geltend machen wollen.
43
(1) Die Antragsteller übergehen zunächst, dass die von ihnen zur Begründung ihrer Popularklage herausgehobenen ursprünglichen Reformüberlegungen nicht Gesetz geworden sind. Die Hochschule wurde nicht als „reine“ Körperschaft organisiert. Sie ist nach Art. 4 Abs. 1 Satz 1 BayHIG ausdrücklich – weiterhin – eine staatliche Einrichtung (Nr. 1) und daneben eine rechtsfähige Personalkörperschaft des öffentlichen Rechts (Nr. 2). Eine andere Rechtsform kann nur durch Gesetz bestimmt werden (vgl. Art. 4 Abs. 4 BayHIG).
44
Als staatliche Einrichtung bewirtschaftet die Hochschule die Stellen und Mittel im Rahmen des Staatshaushalts auf der Grundlage der für die Haushalts- und Wirtschaftsführung geltenden staatlichen Vorschriften, soweit nichts anderes bestimmt ist (vgl. Art. 4 Abs. 2, Art. 11 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 BayHIG). Insoweit gehen sämtliche Grundrechtsrügen von vornherein schon deshalb fehl, weil die Antragsteller nicht ausreichend auf den gesetzlichen Rahmen für die Tätigkeit als staatliche Einrichtung abstellen, sondern im Schwerpunkt auf die angeblich fehlende Kontrolle durch den Obersten Rechnungshof bei der Tätigkeit als „reine“ Körperschaft.
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(2) Letztere Annahme trifft allerdings ebenfalls schon im Ausgangspunkt nicht zu.
Die Hochschule unterliegt auch mit ihrer Haushalts- und Wirtschaftsführung als Personalkörperschaft des öffentlichen Rechts im Sinn des Art. 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayHIG der Prüfung durch den Obersten Rechnungshof. Das ergibt sich – wiederum offenkundig – aus Art. 111 Abs. 1 Satz 1 BayHO, der entgegen der Ansicht der Antragsteller anwendbar ist und nicht verdrängt wird. Das gilt insbesondere auch insoweit, als die Hochschule Körperschaftsvermögen hat; denn dieses verwaltet sie zwar eigenverantwortlich und getrennt vom Landesvermögen, nach dem Gesetz aber ausdrücklich „unbeschadet des Teils VI der Bayerischen Haushaltsordnung“ (Art. 4 Abs. 3 Satz 1, Art. 15 Abs. 1 Satz 1 BayHIG). Dieser Teil VI - Landesunmittelbare juristische Personen des öffentlichen Rechts – enthält die Art. 105 bis 112 BayHO.
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Nach Art. 111 Abs. 1 Satz 1 BayHO prüft der Oberste Rechnungshof die Haushalts- und Wirtschaftsführung der landesunmittelbaren juristischen Personen des öffentlichen Rechts, soweit nicht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes etwas anderes bestimmt ist. Landesunmittelbare juristische Personen des öffentlichen Rechts sind nach der Legaldefinition des Art. 105 Abs. 1 BayHO juristische Personen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht des Staates unterstehen. Dazu gehört auch die Hochschule in ihrem Status als rechtsfähige Personalkörperschaft des öffentlichen Rechts. Denn sie untersteht „in allen Angelegenheiten“ der Rechtsaufsicht des Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst (vgl. Art. 10 Abs. 1 Satz 1 BayHIG).
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Das damit grundsätzlich bestehende Prüfungsrecht des Obersten Rechnungshofs bedarf nicht der – nur klarstellend wirkenden – spezialgesetzlichen Wiederholung, wie sie der von den Antragstellern beispielhaft angeführte Art. 73 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 BayHSchG a. K. zur Rechnungslegung über die Ausführung des Körperschaftshaushalts enthalten hat („Art. 111 BayHO bleibt unberührt“) und wie sie Art. 15 Abs. 1 Satz 1 BayHIG für die Verwaltung des Körperschaftsvermögens enthält („unbeschadet des Teils VI BayHO“). Die Prüfung durch den Obersten Rechnungshof entfällt nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut nur, soweit durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes etwas anderes bestimmt ist. Das aber ist entgegen der Sichtweise der Antragsteller nicht der Fall.
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Die Anwendung des Art. 111 Abs. 1 BayHO auf landesunmittelbare juristische Personen des öffentlichen Rechts ist nicht etwa deshalb ausgeschlossen, weil er in Art. 105 Abs. 1 BayHO nicht erwähnt wird. Die gegenteilige Behauptung der Antragsteller widerspricht der Gesetzessystematik und würde im Übrigen zu dem sinnwidrigen Ergebnis führen, Art. 111 BayHO käme generell (nicht nur im Hinblick auf die Hochschulen) nicht zur Anwendung, weil seine Anwendung nicht zusätzlich in Art. 105 Abs. 1 BayHO angeordnet wird. Die nach Art. 105 Abs. 1 Nr. 1 BayHO unmittelbar geltenden Art. 106 bis 110 BayHO übertragen einzelne Regelungen der auf den durch Haushaltsgesetz festzustellenden Haushaltsplan des Freistaates bezogenen Teile I bis IV des Gesetzes (insbesondere zur Aufstellung und Ausführung des Haushaltplans, zu Zahlungen, Buchführung und Rechnungslegung) auf landesunmittelbare juristische Personen des öffentlichen Rechts und gestalten diese aus; im Übrigen gelten die Vorschriften der Teile I bis IV entsprechend (Art. 105 Abs. 1 Nr. 2 BayHO). Art. 111 BayHO betrifft hingegen thematisch den – von Art. 105 BayHO nicht erfassten – Teil V zur Rechnungsprüfung. Er ordnet unmittelbar die Prüfung der landesunmittelbaren juristischen Personen des öffentlichen Rechts durch den Obersten Rechnungshof (Abs. 1 Satz 1) und die entsprechende Anwendung von Art. 89 bis 99, 102 und 103 BayHO (Abs. 1 Satz 2) an. Die von den Antragstellern vermisste Aufnahme des Art. 111 BayHO in den Katalog der nach Art. 105 Abs. 1 BayHO entsprechend anzuwendenden Vorschriften wäre daher systemwidrig und überflüssig.
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Die nicht weiter begründete Behauptung der Antragsteller, die durch Art. 111 Abs. 1 Satz 1 BayHO grundsätzlich angeordnete Prüfung durch den Obersten Rechnungshof sei durch Art. 11 Abs. 2 (gemeint wohl Abs. 3) Satz 6 BayHIG ausgeschlossen, kann ebenfalls nicht nachvollzogen werden. Nach dieser Vorschrift setzt die Hochschule zum Nachweis der wirtschaftlichen Verwendung der Stellen und Mittel ein Controlling ein, das die Kosten- und Leistungsrechnung sowie grundsätzlich eine Kennzahlsteuerung und ein Berichtswesen umfasst. Zum einen dürfte sie unmittelbar nur auf die Bewirtschaftung der Stellen und Mittel als staatliche Einrichtung bezogen sein (vgl. Art. 11 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 i. V. m. Art. 4 Abs. 2 BayHIG), also nicht auf die hier in Rede stehende Haushalts- und Wirtschaftsführung der Hochschule als Personalkörperschaft des öffentlichen Rechts. Jedenfalls aber handelt es sich zum anderen bei dem angeordneten Controlling um ein der Hochschule aufgegebenes Mittel zur Umsetzung der allgemeinen Haushaltsgrundsätze (vgl. Art. 7 Abs. 3 oder auch Art. 34 Abs. 2 BayHO), das nach dem Gesetz in Anknüpfung an die zuvor geltende Regelung des Art. 5 Abs. 1 Satz 6 BayHSchG a. K. „zum Nachweis der wirtschaftlichen Verwendung der Stellen und Mittel“ dient (vgl. LT-Drs. 18/22504 S. 102) und nicht etwa an die Stelle der Rechnungsprüfung treten, erst recht nicht die in Art. 111 Abs. 1 BayHO grundsätzlich angeordnete Prüfung durch den Obersten Rechnungshof ersetzen soll.
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Die von den Antragstellern angeführten Materialien zu dem Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Universitätsklinikgesetzes (LTDrs. 18/24230) lassen ebenfalls keine nachvollziehbaren Anhaltspunkte für die Annahme erkennen, durch die angegriffenen Bestimmungen des Bayerischen Hochschulinnovationsgesetzes, insbesondere durch Art. 11 Abs. 3 Satz 6 BayHIG, solle die Prüfung der Hochschulen durch den Obersten Rechnungshof ausgeschlossen werden.
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Dem Darlegungsgebot ist ebenfalls nicht genügt, soweit die Antragsteller mit Blick auf Art. 15 und wohl auch Art. 16 BayHIG geltend machen, das Prüfungsrecht des Obersten Rechnungshofs nach Art. 111 BayHO sei unzureichend, weil „mit der Überführung der Hochschule in das neue Konzept zu befürchten“ stehe, „dass von den zahlreichen Sonderregelungen nach Art. 111 II BayHO sowie Art. 112 BayHO zur Umgehung einer externen Finanzkontrolle Gebrauch gemacht“ werde. Abgesehen davon, dass der künftige Gesetzesvollzug nicht Prüfungsgegenstand im Popularklageverfahren sein kann, fehlt es an der erforderlichen Darlegung, inwiefern eine Grundrechtsrelevanz bestehen soll. Hierzu bedürfte es schon deshalb substanziierter Ausführungen, weil nach Art. 111 Abs. 2 Satz 1 BayHO Ausnahmen nur zugelassen werden können, soweit kein erhebliches finanzielles Interesse des Staates besteht.
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Schließlich kann auch die Rüge nicht nachvollzogen werden, die Regelung in Art. 16 BayHIG zur Beteiligung an und Gründung von Unternehmen durch die Hochschule als Körperschaft sehe ebenfalls keine zureichende staatliche Kontrolle vor. Zum einen räumen die Antragsteller selbst ein, dass insoweit „die Sicherstellung einer externen Finanzprüfung durch den Obersten Rechnungshof“ unberührt bleibe und sehen lediglich entsprechend ihrer Ausführungen zu Art. 11 und 15 BayHIG diese nicht als „allein durch die Anwendbarkeit des Teils VI der Bayerischen Haushaltsordnung herbeigeführt“ an. Zum anderen lassen sie gleichzeitig offen, welche weitergehende staatliche Rechnungsprüfung mit Blick auf den Regelungsinhalt grundrechtlich zwingend geboten sein soll. Ein zusätzlicher Kontrollbedarf versteht sich schon deshalb keineswegs von selbst, weil eine Unternehmensbeteiligung oder Unternehmensgründung nach Art. 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayHIG voraussetzt, dass die Haftung der Hochschule auf die Einlage oder den Wert des Gesellschaftsanteils beschränkt wird. Im Übrigen stellt Art. 16 Abs. 1 Satz 4 BayHIG klar, dass der Freistaat Bayern aus solchen Rechtsgeschäften weder berechtigt noch verpflichtet wird (vgl. auch Art. 4 Abs. 3 Satz 3 BayHIG).
V.
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Es ist angemessen, den Antragstellern eine Gebühr von 1.500 € aufzuerlegen (Art. 27 Abs. 1 Satz 2 VfGHG).