Titel:
bestandskräftige Grundverfügung, Fälligkeit Zwangsgeld, Androhung erneutes Zwangsgeld, Erfüllungsfrist
Normenketten:
VwGO § 42 Abs. 1
VwGO § 43 Abs. 1
VwZVG Art. 19
VwZVG Art. 31
VwZVG Art. 36
VwZVG Art. 37
VwZVG Art. 38
Schlagworte:
bestandskräftige Grundverfügung, Fälligkeit Zwangsgeld, Androhung erneutes Zwangsgeld, Erfüllungsfrist
Fundstelle:
BeckRS 2024, 38449
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand
1
Die Kläger wenden sich gegen die Fälligstellung von Zwangsgeldern auf Grundlage tierschutzrechtlicher Anordnungen, gegen tierschutzrechtliche Anordnungen sowie die Androhung von Zwangsgeldern in diesem Zusammenhang.
2
1. Mit Bescheiden vom 22. September 2022, den Klägern zugestellt am 24. September 2022, verpflichtete das Landratsamt B. K. (im Folgenden: Landratsamt) die Kläger unter anderem, ab sofort ein Bestandsbuch aller Hunde ihrer Hundehaltung mit folgenden Daten zu führen: Rasse, Alter, Geschlecht, Name, Kennzeichnung (Chipnr.), Verpaarungen und Würfe, Zugang, Zugangsdatum und Herkunftsbetrieb sowie Abgabe, Abgabedatum und Abgabebetrieb. Das Tierbestandsbuch sei tagesaktuell zu führen und auf Verlangen dem Veterinäramt vorzulegen (Ziffer 2). Die Kläger wurden verpflichtet, bis spätestens 24. November 2022 zwei ausbruchssichere Freilaufflächen mit jeweils einer Größe von mindestens 600 m² pro Hundepaar und jeweils zusätzlich 40 m² für jeden weiteren Hund unter Berücksichtigung der Anordnungspunkte 4 (Witterungsschutz) und 5 (abwechslungsreiche Strukturierung) so zu gestalten, dass den Hunden auch in ihrer Abwesenheit Freilauf geboten werden kann (Ziffer 3). Die Kläger wurden verpflichtet, nach Errichtung des Auslaufs allen Hunden mindestens zweimal täglich über einen Zeitraum von insgesamt mindestens 3 Stunden Auslauf außerhalb des Zwingers zu gewähren. Dies sei plausibel zu dokumentieren, z.B. im Rahmen eines Tagebuchs (Ziffer 6). Die Kläger hätten ab sofort alle ihre Hunde täglich spazieren zu führen, da der alleinige Aufenthalt in den Freilaufgehegen nicht ausreichend sei. Dies sei plausibel zu dokumentieren, z.B. im Rahmen eines „Gassigehtagebuches“ (Ziffer 7). Für den Fall der nicht oder nicht fristgemäßen Erfüllung der Auflage der Ziffer 2 wurde Zwangsgeld in Höhe von 200,00 EUR angedroht (Ziffer 9). Für den Fall der nicht oder nicht fristgemäßen Erfüllung der Auflage der Ziffer 6 wurde Zwangsgeld in Höhe von 200,00 EUR je Hund ohne ausreichend Auslauf außerhalb des Zwingers angedroht (Ziffer 13). Für den Fall der nicht oder nicht fristgemäßen Erfüllung der Auflage der Ziffer 7 wurde Zwangsgeld in Höhe von 200,00 EUR für jeden Hund, der nicht täglich spazieren geführt wird, angedroht (Ziffer 14).
3
Zur Begründung wurde in tatsächlicher Hinsicht ausgeführt, die Kläger hielten 31 Hunde (Dackel, Doggen und Schlittenhunde) in Zwingern und im Haus. Den 31 Hunden werde nach Aussage der Tierhalter abwechselnd in kleinen Gruppen Auslauf auf einer eingezäunten Fläche vor dem Haus von ca. 15 x 15 m geboten. Spaziergänge fänden insbesondere mit den Schlittenhunden nicht statt. Schlittensport und damit verbundene Trainingseinheiten würden bei höheren Temperaturen (dieses Jahr seit Mai) nicht betrieben. Die Tierhaltung sei seitens des Veterinäramts am 24. Mai 2022 sowie am 9. August 2022 kontrolliert und auch beanstandet worden. Auf die Anhörung mit Schreiben des Veterinäramts vom 6. September 2022 hätten sich die Kläger nicht geäußert.
4
In rechtlicher Hinsicht wurde zur Begründung ausgeführt, dass das Landratsamt zum Erlass der Anordnung gemäß § 15 Abs. 1 Tierschutzgesetz (TierSchG), Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 des Gesetzes über den gesundheitlichen Verbraucherschutz und das Veterinärwesen (GVVG) sachlich und gemäß Art. 3 Abs. 1 BayVwVfG örtlich zuständig sei. Die Anordnungen unter Ziffer 1 bis 7 stützten sich auf § 16a Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1, § 2 TierSchG. Danach treffe die zuständige Behörde die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie könne insbesondere im Einzelfall die zur Erfüllung der Anforderungen des § 2 TierSchG erforderlichen Maßnahmen anordnen. Einem Hund sei nach Maßgabe des Satzes 3 ausreichend Auslauf im Freien außerhalb eines Zwingers zu gewähren, § 2 Abs. 1 Nr. 1 Tierschutz-Hundeverordnung (TierSchHuV). Die Befriedigung wesentlicher Grundbedürfnisse, z.B. des Auslaufs, müsse allen Hunde ermöglicht werden. Beim Auslauf müssten das rassespezifische und altersgemäße Bewegungsbedürfnis befriedigt und dabei ausreichend sensorische Reize geboten werden. Hunde, die reizarm und ohne ausreichende Bewegungsmöglichkeiten gehalten würden, seien häufig verhaltensgestört und litten darunter. Der Auslauf solle mindestens zweimal täglich für alle Hunde gewährt werden. Da es sich bei Schlittenhunden um sehr bewegungsfreudige Tiere handele, gälten als Empfehlung mindestens drei Stunden Bewegung pro Tag (Vollzugshinweise zu § 2 TierSchHuV). Auf die Bescheide wird im Einzelnen verwiesen.
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Mit Bescheiden vom 29. November 2022, den Klägern zugestellt am 1. Dezember 2022, wurde u.a. die Vorlage der nach Ziffer 2 und 7 des Bescheids vom 22. September 2022 geforderten Unterlagen mit aktuellem Stand beim Veterinäramt im Landratsamt bis zum 9. Dezember 2022 angeordnet (Ziffern 1 und 2). Den Klägern wurde bis zum 9. Dezember 2022 aufgegeben, telefonisch einen verbindlichen Termin für eine Vor-Ort-Kontrolle mit dem Veterinäramt des Landratsamts zu vereinbaren oder alternativ dem Veterinäramt einen künftig beauftragten/bevollmächtigten Ansprechpartner (z.B. Rechtsanwalt) zu benennen (Ziffer 5). Für den Fall der nicht oder nicht fristgemäßen Erfüllung der Anordnung der Ziffer 1 wurde Zwangsgeld in Höhe von 200,00 EUR angedroht (Ziffer 6). Für den Fall der nicht oder nicht fristgemäßen Erfüllung der Anordnung der Ziffer 2 wurde Zwangsgeld in Höhe von 200,00 EUR angedroht (Ziffer 7). Für den Fall der nicht oder nicht fristgemäßen Erfüllung der Anordnung der Ziffer 5 wurde Zwangsgeld in Höhe von 200,00 EUR angedroht (Ziffer 10). Auf die Bescheide wird im Einzelnen Bezug genommen.
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Mit Schreiben vom 19. Dezember 2022 wurde jeweils gegenüber der Klägerin zu 1) und dem Kläger zu 2) ein Zwangsgeld in Höhe von 600,00 EUR fällig gestellt. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Kläger hätten nach Mitteilung der zuständigen Amtstierärztin vom 19. Dezember 2022 die Anordnungen der Ziffern 1, 2 und 5 des Bescheids vom 29. November 2022 nicht erfüllt. Somit sei das unter den Ziffern 6, 7 und 10 des Bescheids vom 29. November 2022 angedrohte Zwangsgeld in Höhe von insgesamt 600,00 EUR (200,00 EUR je Anordnungsziffer) fällig geworden und könne nun eingezogen und beigetrieben werden.
7
Das Zwangsgeld wurde beglichen, eine Äußerung zur Sache fand durch die Kläger nicht statt.
8
Mit Bescheiden vom 20. Juni 2023, den Klägern zugestellt am 23. Juni 2023, verpflichtete das Landratsamt die Kläger unter anderem, allen Hunden mindestens zweimal täglich über einen Zeitraum von insgesamt mindestens drei Stunden Auslauf außerhalb des Zwingers zu gewähren (Ziffer 5) sowie das Gewähren des Auslaufs plausibel zu dokumentieren, z.B. im Rahmen eines Tagebuchs. Das seit dem 24. November 2022 zu führende Tagebuch sei spätestens 14 Tage nach Zustellung dieses Bescheids und in der Folge monatlich bis zum dritten Werktag des Folgemonats dem Veterinäramt des Landratsamtes unaufgefordert schriftlich oder elektronisch vorzulegen (Ziffer 6). Für den Fall der nicht oder nicht fristgemäßen Erfüllung der Anordnung der Ziffer 5 wurde Zwangsgeld in Höhe von 200,00 EUR für jeden Hund, der nicht täglich mindestens drei Stunden Auslauf außerhalb des Zwingers erhält, angedroht (Ziffer 13). Für den Fall der nicht oder nicht fristgemäßen Erfüllung der Anordnung der Ziffer 6 wurde Zwangsgeld in Höhe von 200,00 EUR für jede nicht fristgerecht oder nicht vollständig eingereichte Dokumentation („Auslauftagebuch“) angedroht (Ziffer 14). Auf die Bescheide wird im Einzelnen verwiesen.
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Mit Schreiben vom 16. November 2023, den Klägern am 21. November 2023 zugestellt, wurde das unter den Ziffern 13 und 14 des Bescheids vom 20. Juni 2023 angedrohte Zwangsgeld in Höhe von insgesamt 3.000,00 EUR fällig gestellt. Dieses setze sich wie folgt zusammen: Verstoß gegen Ziffer 5 des Bescheids vom 20. Juni 2023: 200,00 EUR x 14 Hunde = 2.800,00 EUR sowie Verstoß gegen Ziffer 6 des Bescheids vom 20. Juni 2023: 200,00 EUR. Zur Begründung wurde ausgeführt, nach Mitteilung der zuständigen Amtstierärztin vom 9. November 2023 hätten die Kläger die Anordnungen der Ziffern 5 und 6 des Bescheids vom 20. Juni 2023 nicht erfüllt.
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Mit demselben Schreiben erging auch ein Bescheid vom 16. November 2023 mit dem die Kläger verpflichtet wurden, das nach Ziffer 2 des Tenors des Bescheids vom 22. September 2022 geforderte Bestandsbuch tagesaktuell zu führen. Bei den erforderlichen Angaben im Tierbestandsbuch sei die jeweils aktuelle Zwingernummer der Hunde zu ergänzen. Folgende Angaben seien damit nun erforderlich: Rasse, Alter, Geschlecht, Name, Kennzeichnung (Chipnr.), aktuelle Zwingernummer (gemäß Beschäftigungsplan), Verpaarungen und Würfe, Zugang, Zugangsdatum und Herkunftsbetrieb sowie Abgabe, Abgabedatum und Abgabebetrieb (mind. PLZ, Ort). Das Bestandsbuch sei spätestens 14 Tage nach Zustellung dieses Bescheids und in der Folge bei Veränderungen monatlich bis zum dritten Werktag des Folgemonats über einen Zeitraum von 18 Monaten (bis 15.5.2026) dem Veterinäramt des Landratsamts unaufgefordert schriftlich oder elektronisch vorzulegen (Ziffer 1). Die Kläger wurden weiterhin verpflichtet, das Gewähren des Auslaufs plausibel zu dokumentieren, z.B. im Rahmen eines Tagebuchs. Plausibel bedeute, dass für alle Hunde tagesgenau erkennbar sei, wann und wie lange sie im Auslauf gewesen seien. Wenn das Tagebuch in Form eines Stundenplans geführt werde, müsse jede Abweichung vom Stundenplan ergänzend dokumentiert werden (bspw. Schlittentrainings anstelle von Auslaufzeiten oder ergänzend zu Auslaufzeiten, unter Angabe der genauen Zeiträume). Würden die Angaben nach Zwingern sortiert gemacht, so sei der Dokumentation eine Auflistung der Hunde mit den entsprechenden Zwingernummern beizufügen. Würden die Angaben nach „Sommer“ und „Winter“ gemacht, so müssten die Gültigkeitsbereiche durch Datumsangaben konkretisiert werden und die geltenden saisonalen Auslaufzeiten eindeutig ablesbar sein. Das seit dem 24. November 2022 zu führende Tagebuch sei spätestens 14 Tage nach Zustellung dieses Bescheids und in der Folge monatlich bis zum dritten Werktag des Folgemonats über einen Zeitraum von 18 Monaten (bis 15.5.2026) dem Veterinäramt des Landratsamts unaufgefordert schriftlich oder elektronisch vorzulegen (Ziffer 2). Für den Fall der nicht oder nicht fristgemäßen Erfüllung der Anordnung der Ziffer 1 wurde Zwangsgeld in Höhe von 300,00 EUR für jede nicht fristgerecht eingereichte oder nicht vollständig vorgelegte Dokumentation (Bestandsbuch) angedroht (Ziffer 3). Für den Fall der nicht oder nicht fristgemäßen Erfüllung der Anordnung der Ziffer 2 wurde Zwangsgeld in Höhe von 400,00 EUR für jede nicht fristgerecht oder nicht vollständig eingereichte Dokumentation („Auslauftagebuch“) angedroht (Ziffer 4). Für den Fall der nicht oder nicht fristgemäßen Erfüllung der Anordnung der Ziffer 5 des Bescheids vom 20. Juni 2023 wurde Zwangsgeld in Höhe von 400,00 EUR für jeden Hund, der nicht täglich mindestens 3 Stunden Auslauf außerhalb des Zwingers erhält, angedroht (Ziffer 5). Die sofortige Vollziehung dieses Bescheids wurde angeordnet (Ziffer 6). Den Klägern wurden als Tierhalter und Veranlasser die Kosten (Gebühr von 234,17 EUR) auferlegt (Ziffern 7 und 8).
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Zur Begründung wurde in tatsächlicher Hinsicht ausgeführt, die Kläger hätten zur Erfüllung der Anforderungen des Bescheids vom 20. Juni 2023 am 17. Oktober 2023 nach mehrfacher Aufforderung und mehrfach gewährter Gelegenheit zur Nachbesserung folgende Unterlagen per Mail eingereicht: ein Beschäftigungstagebuch für ihren Hundebestand (in Form eines Stundenplans) sowie eine ergänzende Auflistung von Hunden mit Darstellung der Geschlechter. Eine Zuordnung der Hunde zu den Zwingern und damit den Auslaufzeiten sei nicht möglich. Die Dokumentation sei damit nicht plausibel. Es seien keine Nachweise erbracht für drei Stunden täglich Beschäftigung bzw. Auslauf für die Schlittenhunde. Es sei kein Nachweis erbracht für stattgefundene außerplanmäßige Tätigkeiten wie Training, Spaziergänge (Doggen, Dackel) o.ä. Die Beschäftigungs-/ Auslaufzeiten für die Dackel würden nicht näher benannt und seien nicht plausibel dargestellt. Die Einteilung der benannten Zeiträume „Sommer/Winter“ sei nicht nachvollziehbar bzw. Beschäftigungszeiten für den Winter seien nicht plausibel dargelegt, bspw. bestehe keine eindeutige Regelung für die Tage ohne Training (Montag, Mittwoch, Freitag). Das Einreichen der erforderlichen Unterlagen bis zum 3. des Folgemonats sei wiederholt nicht erfolgt. Für die Hunde in den Zwingern 1, 2, 4, 5, 6, 7, 8 werde damit schon formell der Anordnungspunkt 5 des Bescheids vom 20. Juni 2023 nicht erfüllt. Je Zwinger seien bisher im Normalfall zwei Hunde gehalten worden, d.h., es seien in den o.g. Zwingern 14 Hunde betroffen. Ebenso sei Ziffer 6 des Bescheids vom 20. Juni 2023 nicht erfüllt. Das Tagebuch für September 2023 sei erstmals (und das nicht vollständig) entgegen anderslautender Ankündigungen am 17. Oktober 2023 vorgelegt worden. Am 9. November 2023 sei noch kein Tagebuch bzw. keine Ergänzungen des regulären Stundenplans für Oktober 2023 vorgelegt worden.
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In rechtlicher Hinsicht wurde zur Begründung ausgeführt, dass das Landratsamt zum Erlass der Anordnung gemäß Art. 2 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 GVVG sachlich und gemäß Art. 3 Abs. 1 BayVwVfG örtlich zuständig sei. Die Anordnungen unter Ziffern 1 und 2 stützten sich auf § 16a Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1, § 2 TierSchG. Danach treffe die zuständige Behörde die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie könne insbesondere im Einzelfall die zur Erfüllung der Anforderungen des § 2 TierSchG erforderlichen Maßnahmen anordnen. Wer ein Tier halte, betreue oder zu betreuen habe, müsse dieses seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen (§ 2 Nr. 1 TierSchG), dürfe die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt würden (§ 2 Nr. 2 TierSchG) und müsse über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung des Tieres erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen (§ 2 Nr. 3 TierSchG). Die Anforderungen an Bewegung und Beschäftigung von Hunden, insbesondere an Freilauf und Spaziergänge, gemäß der TierSchHuV und der Bayerischen Vollzugshinweise zur TierSchHuV, seien im Bescheid vom 22. September 2022 bereits dargelegt. Es werde daher auf die dortigen Ausführungen verwiesen. Infolge verschiedener Gespräche mit der Klägerin zu 1) seien die Anforderungen in beiderseitigem Einvernehmen an die individuelle Situation in der Tierhaltung angepasst worden. So sei anstelle der ursprünglich geforderten tagesgenauen Dokumentation von Uhrzeiten für den Auslauf der Hunde auf Wunsch der Kläger die Erstellung einer Art Stundenplan für Routinetätigkeiten akzeptiert worden, der ergänzt werden solle durch die Dokumentation von zusätzlichen Beschäftigungen wie Schlittenfahrten oder entsprechenden Trainingseinheiten. Die Fahrten würden durch den Kläger zu 2) ohnehin elektronisch dokumentiert, die Nachvollziehbarkeit sei jederzeit auf einfachem Wege herstellbar. Ferner sei ein dreistündiger Auslauf mit Beschäftigungsmöglichkeiten als Alternative zum Spaziergang für die Schlittenhunde akzeptiert worden, obwohl der Fachliteratur zu entnehmen sei, dass ein Auslauf Hunden nicht unbedingt gleichwertige Erlebnisse biete wie ein Spaziergang, auf dem wechselnde und stets neue Umweltreize erlebt werden könnten. Hintergrund für die Entscheidung sei das Verhalten der Schlittenhunde, die nicht einzeln an der Leine ausgebildet würden, sondern in der Gruppe zum Schlittenfahren genutzt würden. Die Hunde seien nicht leinenführig, sollten aber laut Tierhaltern durch regelmäßige Trainings in Wald und Flur alternativ zu normalen Spaziergängen ausgelastet werden. Bei (hoch) sommerlichen Temperaturen werde der dreistündige Auslauf im vorhandenen strukturierten Freilauf in Gruppen daher bis auf weiteres als Beschäftigungsmaßnahme akzeptiert. Regelmäßiges Training im Winter zur artgerechten Auslastung der Hunde werde dabei vorausgesetzt.
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Aufgrund der festgestellten Mängel in der Tierhaltung der Kläger seien bereits in den Bescheiden des Landratsamts vom 22. September 2022 und vom 29. November 2022 sowie vom 20. Juni 2023 tierschutzrechtliche Anordnungen getroffen worden. Da jedoch den Anordnungen nicht Folge geleistet worden sei und weder die geforderten Nachweise vorgelegt worden seien noch eine Rückmeldung bezüglich eines Gesprächstermins erfolgt sei, habe sich das Landratsamt dazu veranlasst gesehen, die bereits getroffenen Maßnahmen zu konkretisieren und zu verschärfen und entsprechende Anordnungen im Rahmen des § 16 a Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 TierSchG einzuleiten, um sicherzustellen, dass dem artgerechten Bewegungsbedürfnis der Hunde Rechnung getragen werde. Die getroffenen Anordnungen seien geeignet und erforderlich, um zu erreichen, dass die Kläger ihren Hunden eine artgerechte Bewegung zukommen ließen. Die Dokumentationsverpflichtungen seien auch geeignet und erforderlich, um dem Veterinäramt eine effiziente Kontrolle der Hundehaltung – insbesondere des Auslaufs und des Ausführens der Hunde durch die Kläger – zu ermöglichen. Mildere, gleich wirksame Mittel stünden nicht zur Verfügung. Insbesondere stelle die Verpflichtung, die Gewährung von Auslauf sowie Spaziergänge mit den Hunden zu dokumentieren, einen vergleichsweise geringfügig belastenden Eingriff dar. Die getroffenen Anordnungen seien verhältnismäßig. Hier sei das gesetzliche Interesse an einem Schutz der Tiere vor körperlichen Leiden und tierschutzwidrigen Bedingungen, wie er sogar in Art. 20a des Grundgesetzes als besonderes staatliches Schutzziel zum Ausdruck gekommen und bundesgesetzlich im Tierschutzgesetz normiert worden sei, gegenüber dem Interesse der Tierhaltenden abgewogen worden. Eine Ermessensausübung für eine die Tierhaltenden weniger belastende Entscheidung, welche zur Erreichung des Ziels gleichsam geeignet sei, habe nicht getroffen werden können. Ein weniger einschneidendes Mittel, welches genauso zielführend sei, wie diese formellen Anordnungen, habe nicht zur Verfügung gestanden. Hierbei sei zu beachten, dass die Kläger in der Vergangenheit durch das Veterinäramt immer wieder auf die Missstände der Tierhaltung hingewiesen worden seien und zu einer Verbesserung der Haltungsbedingungen angehalten worden seien. Es habe im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit gelegen, den rechtswidrigen Zustand dieser Tierhaltung zu beseitigen, um auch präventiv Vorsorge zu tragen, d.h. eine mögliche Nachahmung durch andere Tierhalter zu vermeiden. Nach Abwägung aller Interessen habe keine andere Ermessensentscheidung getroffen werden können.
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Zur Durchsetzung der Anordnungen der Ziffern 1 und 2 dieses Bescheids sei es erforderlich Zwangsgelder anzudrohen. Die Androhung von Zwangsgeld stütze sich auf die Art. 29, 30, 31 und 36 des Bayer. Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes (VwZVG). Das Zwangsgeld könne so lange und so oft angewendet werden, bis der gewünschte Erfolg erreicht werde. Seine Höhe orientiere sich am wirtschaftlichen Interesse, das die Pflichtigen am Zuwiderhandeln hätten. Ein etwaiger Rechtsbehelf gegen die Zwangsmittelandrohung habe gem. Art. 21a Satz 1 VwZVG keine aufschiebende Wirkung. Da die Anordnung einen Leistungsbescheid im Sinne des Art. 23 Abs. 1 VwZVG enthalte, könnten Zwangsgelder beigetrieben werden, wenn die Zwangsgeldforderungen fällig würden, ohne dass ein neuer Verwaltungsakt erlassen werden müsse. Nach Art. 37 Abs. 1 Satz 2 VwZVG könnten Zwangsmittel so lange und so oft angewendet werden, bis die Verpflichtung erfüllt sei. Das Landratsamt habe daher erneut Zwangsgelder für den Fall angedroht, dass die Kläger der Anordnung nach Ziffer 5 des Bescheids vom 20. Juni 2023 nicht nachkämen, weil die vorausgegangene Zwangsgeldandrohung erfolglos geblieben sei (Art. 36 Abs. 6 Satz 2 VwZVG); das Landratsamt sei nicht gehalten, bei der Androhung der neuen Zwangsgelder bis zur Beitreibung der bereits fällig gewordenen Zwangsgelder zuzuwarten. Da die Androhung einen Leistungsbescheid im Sinne des Art. 23 Abs. 1 VwZVG enthalte, könnten die Zwangsgelder im Wege der Zwangsvollstreckung fällig werden, ohne dass es eines neuen Verwaltungsaktes bedürfe. Im Übrigen wird auf den Bescheid Bezug genommen.
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2. Hiergegen erhob die Klägerin zu 1) mit undatiertem Schreiben, bei Gericht eingegangen am 12. Dezember 2023, sinngemäß Klage, unterschrieben mit „Familie S.“. Auf Nachfrage des Gerichts vom 21. Dezember 2023 reichte der Kläger zu 2) seine Unterschrift nach, bei Gericht am 8. Januar 2024 eingegangen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die angeordneten Verfügungen unrechtmäßig seien, da ihre Tierhaltung nicht zu beanstanden sei. Im Übrigen wird auf die Klagebegründung und das weitere Vorbringen Bezug genommen.
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3. Das Landratsamt beantragte für den Beklagten,
17
Zur Begründung wurde auf den streitgegenständlichen Bescheid sowie auf die Bestandskraft der Bescheide vom 22. September 2022, vom 29. November 2022 und vom 20. Juni 2023 verwiesen. Im Übrigen wird auf die Klageerwiderung Bezug genommen.
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4. Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung, die vorliegende Behördenakte sowie die Gerichtsakte.
Entscheidungsgründe
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Klagegegenstand ist im Hinblick auf das im gesamten Parteivorbringen zum Ausdruck kommende Rechtsschutzziel die Feststellung, dass die in den Bescheiden des Landratsamts B.K. vom 20. Juni 2023 in den Ziffern 13 und 14 angedrohten und mit Schreiben vom 16. November 2023 fällig gestellten Zwangsgelder in Höhe von insgesamt 3.000,00 EUR nicht fällig geworden sind, sowie die Anfechtung des Bescheids des Landratsamts B.K. vom 16. November 2023. Die Bescheide vom 20. Juni 2023, 29. November 2022 sowie vom 22. September 2022 sind bestandskräftig und können daher nicht Gegenstand einer zulässigen Anfechtungsklage sein.
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1. Die Klage ist – außer der gegen Ziffer 6 des Bescheids vom 16. November 2023 gerichteten Anfechtungsklage – zulässig, aber unbegründet.
21
1.1 Die Klage ist in Bezug auf die Fälligkeitsmitteilung des Landratsamts mit Schreiben vom 16. November 2023 zulässig. Insbesondere stellt die negative Feststellungsklage (§ 43 Abs. 1 VwGO) die statthafte Klageart in Bezug auf die Fälligkeitsmitteilung dar. Eine Anfechtungsklage, gegenüber der die Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO subsidiär wäre, kommt mangels Vorliegens eines Verwaltungsakts insoweit nicht in Betracht. Die bloße Mitteilung der Fälligkeit enthält keine Regelungswirkung. Sie ist nur die Mitteilung eines Bedingungseintritts. Nach Art. 31 Abs. 3 Satz 2 VwZVG liegt bereits in der Androhung eines bestimmten Zwangsgelds ein nach Maßgabe des Art. 23 Abs. 1 VwZVG vollstreckbarer, aber aufschiebend bedingter Leistungsbescheid. Wird die zu erfüllende Pflicht nicht innerhalb der Handlungsfrist des Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG erfüllt, wird die Zwangsgeldforderung gemäß Art. 31 Abs. 3 Satz 3 VwZVG kraft Gesetzes zur Zahlung fällig (vgl. BayVerf-GH, E.v. 24.1.2007 – Vf. 50-VI-05 – juris Rn. 46).
22
Hinsichtlich der Anordnungen in Ziffern 1 und 2 des Bescheids vom 16. November 2023, der diesbezüglichen Zwangsgeldandrohungen in Ziffern 3 und 4 dieses Bescheids, der Androhung weiterer Zwangsgelder in Ziffer 5 dieses Bescheids sowie der Kostenentscheidung in Ziffern 7 und 8 dieses Bescheids ist die Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) statthaft (vgl. bzgl. der Zwangsgeldandrohungen Art. 31 Abs. 3 Satz 2, 38 Abs. 1 VwZVG); nicht aber hinsichtlich der Sofortvollzugsanordnung in Ziffer 6 des Bescheids vom 16. November 2023, insoweit kommt nur einstweiliger Rechtsschutz gemäß § 80 Abs. 5 VwGO in Betracht. Die Anfechtungsklage wurde insbesondere hinsichtlich beider Kläger fristgerecht erhoben. Die Klageerhebung erfolgte mit undatiertem Schreiben der Klägerin zu 1) als Absenderin, bei Gericht eingegangen am 12. Dezember 2023, unterschrieben mit „Familie S.“. Auf Nachfrage des Gerichts reichte der Kläger zu 2) seine Unterschrift nach, bei Gericht am 8. Januar 2024 eingegangen, und genehmigte somit sinngemäß die von seiner Ehefrau, welche gemäß § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 VwGO, § 15 Abs. 1 Nr. 2 AO vertretungsbefugt ist, zunächst vollmachtlos auch für den Kläger zu 2) eingereichte Klage.
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1.2 Die Feststellungsklage ist unbegründet. Die in den Bescheiden des Landratsamts vom 20. Juni 2023 in den Ziffern 13 und 14 angedrohten und mit Schreiben vom 16. November 2023 fällig gestellten Zwangsgelder in Höhe von insgesamt 3.000,00 EUR sind gemäß Art. 31 Abs. 3 Satz 3, Art. 23 Abs. 1 Nr. 2 VwZVG fällig geworden. Die allgemeinen und besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen liegen vor.
24
Die Anordnungen in den Ziffern 5 und 6 der Bescheide des Landratsamts vom 20. Juni 2023 waren im Zeitpunkt der Mitteilung der Fälligkeit wirksam, bestandskräftig und vollstreckbar gemäß Art. 19 Abs. 1, 38 Abs. 1 Satz 3 VwZVG.
25
Die Bescheide vom 20. Juni 2023 sind bestandskräftig. Sie wurden den Klägern laut Postzustellungsurkunden am 23. Juni 2023 ordnungsgemäß zugestellt (Art. 41 Abs. 5 BayVwVfG, Art. 1 Abs. 5, 3 Abs. 1 und 2 VwZVG) und sind mit Ablauf des 24. Juli 2023 in formelle Bestandskraft erwachsen (§§ 74 Abs. 1 Satz 2, 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 1 und 2 ZPO, §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 Alt. 1, 193 BGB).
26
Einwände der Kläger gegen die bestandskräftigen Bescheide vom 20. Juni 2023 sind nicht entscheidungserheblich. Der durchzusetzende Grundverwaltungsakt muss lediglich wirksam im Sinne des Art. 43 BayVwVfG sein, die Rechtmäßigkeit des zu vollstreckenden Verwaltungsakts ist keine Voraussetzung der Vollstreckung (vgl. BayVGH, B.v. 29.7.2002 – 20 ZB 02.1265 – juris Rn. 12). Art. 38 Abs. 3 VwZVG bestimmt, dass förmliche Rechtsbehelfe gegen Maßnahmen der Vollstreckungsbehörde bei der Anwendung eines Zwangsmittels nur insoweit zulässig sind, als geltend gemacht werden kann, dass die Maßnahmen eine selbständige Rechtsverletzung darstellen. Die Fälligkeitsmitteilung gehört zur Anwendung des Zwangsmittels Zwangsgeld (vgl. Art. 31 Abs. 3 Satz 3, Art. 37 Abs. 1 Satz 1 VwZVG). In dem gegen die Fälligkeitsmitteilung gerichteten Verfahren nach § 43 VwGO kommen als selbständige Rechtsverletzung im Sinn des Art. 38 Abs. 3 VwZVG nur Umstände im Zusammenhang mit dem Bedingungseintritt nach Art. 31 Abs. 3 Satz 3 VwZVG in Betracht. Von Bedeutung ist namentlich die Frage, ob der Betroffene die Verpflichtung rechtzeitig und vollständig oder genügend erfüllt hat. Einwendungen zur materiellen Rechtslage als Vorfrage der Fälligkeitsmitteilung sind demgegenüber wegen der Unanfechtbarkeit der Grundverfügung ausgeschlossen (vgl. BayVerfGH, E.v. 24.1.2007 – Vf. 50-VI-05 – juris Rn. 48).
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Die zu erfüllenden Verpflichtungen in den Ziffern 5 und 6 der Bescheide vom 20. Juni 2023 sowie die Zwangsgeldandrohungen in den Ziffern 13 und 14 der Bescheide vom 20. Juni 2023 sind im vorliegenden Fall auch hinreichend bestimmt im Sinne des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG, Art. 36 Abs. 3 und 5 VwZVG (hinsichtlich der Zwangsgeldandrohungen).
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Die Kläger wurden mit Bescheiden des Landratsamts vom 20. Juni 2023 unter anderem verpflichtet, allen Hunden mindestens zweimal täglich über einen Zeitraum von insgesamt mindestens drei Stunden Auslauf außerhalb des Zwingers zu gewähren (Ziffer 5) sowie das Gewähren des Auslaufs plausibel zu dokumentieren, z.B. im Rahmen eines Tagebuchs. Das seit dem 24. November 2022 zu führende Tagebuch sei spätestens 14 Tage nach Zustellung dieses Bescheids und in der Folge monatlich bis zum dritten Werktag des Folgemonats dem Veterinäramt des Landratsamtes unaufgefordert schriftlich oder elektronisch vorzulegen (Ziffer 6). Für den Fall der nicht oder nicht fristgemäßen Erfüllung der Anordnung der Ziffer 5 wurde Zwangsgeld in Höhe von 200,00 EUR für jeden Hund, der nicht täglich mindestens drei Stunden Auslauf außerhalb des Zwingers erhält, angedroht (Ziffer 13). Für den Fall der nicht oder nicht fristgemäßen Erfüllung der Anordnung der Ziffer 6 wurde Zwangsgeld in Höhe von 200,00 EUR für jede nicht fristgerecht oder nicht vollständig eingereichte Dokumentation („Auslauftagebuch“) angedroht (Ziffer 14).
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Die Dokumentationsverpflichtung in Ziffer 6 der Bescheide vom 20. Juni 2023 wurde zwar durch Ziffer 2 des Bescheids vom 16. November 2023 konkretisiert. Von einer Unbestimmtheit kann aber bei der Dokumentationsverpflichtung in der Fassung von Ziffer 6 der Bescheide vom 20. Juni 2023 nicht ausgegangen werden; dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung der Erläuterungen der Amtsveterinärin im Anschreiben an die Klägerin zu 1) vom 27. September 2023 (Bl. 240 d.A.).
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Zur Überzeugung des Gerichts wurden die zu erfüllenden Verpflichtungen in den Ziffern 5 und 6 der Bescheide vom 20. Juni 2023 nicht innerhalb der Handlungsfrist des Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG erfüllt, sodass die Zwangsgeldforderung gemäß Art. 31 Abs. 3 Satz 3 VwZVG zur Zahlung fällig geworden ist. Auf die Mitteilung der Amtstierärztin Dr. R. vom 9. November 2023 wird im Einzelnen verwiesen. Bei der Pflicht aus Ziffer 5 der Bescheide vom 20. Juni 2023 handelt es sich im Übrigen um eine dauerhaft zu erfüllende Handlungspflicht, bei der eine Fristsetzung entbehrlich ist (vgl. Wernsmann, VwZVG, 1. Aufl. 2020, Rn. 16 zu Art. 36 VwZVG m.w.N.). Bereits in den bestandskräftigen Bescheiden vom 22. September 2022 wurden die Kläger in Ziffer 6 verpflichtet, „…nach Errichtung des Auslaufs allen Hunden mindestens zweimal täglich über einen Zeitraum von insgesamt mindestens drei Stunden Auslauf außerhalb des Zwingers zu gewähren“. Auf die Anordnungen u.a. in diesem Bescheid wird in den Gründen der Bescheide vom 20. Juni 2023 hingewiesen.
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Nach Ergehen der Fälligkeitsmitteilung zur Pflichterfüllung vorgetragene Umstände – so etwa vorliegend die mit Schreiben der Klägerin vom 6. November 2024 vorgelegten Dokumentationen zur Gewährung von Auslauf für die von ihr gehaltenen Hunde – können für die Beurteilung von deren Rechtmäßigkeit im Rahmen der Feststellungsklage nicht mehr herangezogen werden (vgl. BayVGH, B. v. 23.02.2023 – 12 ZB 22.2541 – juris Rn. 16 ff.). Einwendungen (z.B. Erfüllung) nach Fälligkeitsmitteilung sind im Verfahren nach Art. 21 VwZVG geltend zu machen.
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Der Behörde kommt grundsätzlich Ermessen zu, ob sie zur Durchsetzung einer Grundverfügung zu Vollstreckungsmaßnahmen greift, vgl. Art. 29 Abs. 1, Art. 19 Abs. 1 VwZVG. Bei dem insoweit auszuübenden Ermessen des Art. 37 Abs. 1 Satz 1 VwZVG handelt es sich nach den Wertungen des Bayerischen Gesetzgebers um ein intendiertes Ermessen. Ein solches liegt vor, wenn das auszuübende Ermessen durch die zugrundeliegenden Wertungen des Gesetzgebers in eine bestimmte Richtung vorgezeichnet ist. Die zuständige Behörde hat sich bei der Ausübung des Ermessens an der Intention des Gesetzgebers auszurichten (vgl. § 114 Satz 1 VwGO: „in einer dem Zweck der Ermächtigung … entsprechenden Weise“). In einem solchen Fall erübrigen sich grundsätzlich eine Abwägung und die nähere Begründung der Ermessensausübung. Die Behörde hat das Für und Wider nur dann abzuwägen, wenn in dem zu würdigenden Einzelfall konkrete Anhaltspunkte für eine Ausnahme bestehen. Den einschlägigen Gesetzesmaterialien und auch der Ausgestaltung des Art. 37 Abs. 4 VwZVG ist die übergreifende, für alle Arten von Pflichten geltende Wertung zu entnehmen, dass, wenn das Zwangsmittel Zwangsgeld bestandskräftig angedroht und fällig geworden ist, dieses auch grundsätzlich beizutreiben ist, damit die Androhung ihren Zweck − insbesondere auch bei der Abwehr von Gefahren – nicht verfehlt und entwertet wird (BayVGH, B.v. 17.4.2023 – 10 ZB 22.1666 – juris Rn. 12 f.). Inwieweit vorliegend die mit Schreiben der Klägerin vom 6. November 2024 vorgelegten Dokumentationen zur Gewährung von Auslauf für die von ihr gehaltenen Hunde Anhaltspunkte für eine Ausnahme bieten, wäre von Beklagtenseite ggf. noch im Verfahren nach Art. 21 VwZVG zu prüfen.
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1.3 Die Anfechtungsklage gegen die Anordnungen in Ziffern 1 und 2 des Bescheids vom 16. November 2023, die diesbezüglichen Zwangsgeldandrohungen in Ziffern 3 und 4 dieses Bescheids, die Androhung weiterer Zwangsgelder in Ziffer 5 dieses Bescheids sowie die Kostenentscheidung in Ziffern 7 und 8 ist unbegründet. Die Ziffern 1 – 5 und 7 – 8 des Bescheids des Landratsamts vom 16. November 2023 sind rechtmäßig und die Kläger dadurch nicht in ihren Rechten verletzt, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
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1.3.1 Gegen die Anordnungen in Ziffern 1 und 2 des Bescheids vom 16. November 2023 und die diesbezüglichen Zwangsgeldandrohungen in Ziffern 3 und 4 dieses Bescheids bestehen keine Bedenken. Das Gericht folgt diesbezüglich der Begründung des streitgegenständlichen Bescheids (§ 117 Abs. 5 VwGO). Lediglich ergänzend wird ausgeführt:
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Ziffern 1 und 2 des Bescheids werden auf § 16a Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1, § 2 TierSchG gestützt, wobei mit Ziffer 1 anknüpfend an das gemäß Ziffer 2 der Bescheide vom 22. September 2022 geforderte Bestandsbuch zusätzlich die Angabe der aktuellen Zwingernummer gefordert wird und Ziffer 2 des Bescheids vom 16. November 2023 die Dokumentationspflicht hinsichtlich der Gewährung des Auslaufs aus Ziffer 6 der Bescheide vom 20. Juni 2023 konkretisiert. Diese Modifikationen bereits bestandskräftig gegenüber den Klägern ergangener Anordnungen erfolgten ermessensfehlerfrei, insbesondere vor dem Hintergrund der Bedeutung der Dokumentationsverpflichtung bezüglich der Gewährung artgerechter Bewegungsmöglichkeiten der von den Klägern gehaltenen Hunde zum Zweck deren Nachvollziehbarkeit.
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Die entsprechenden Zwangsgeldandrohungen in Ziffern 3 und 4 beruhen auf Art. 29 Abs. 1 und 2 Nr. 1, 31 Abs. 1 und 3 Satz 2, und 36 VwZVG. Die Zwangsgeldandrohungen sind formell rechtmäßig, insbesondere hat das Landratsamt im vorliegenden Fall als Anordnungsbehörde gehandelt (Art. 30 Abs. 1 Satz 1, 20 Nr. 1 VwZVG). Eine Anhörung zur Androhung des Zwangsgelds ist nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 5 BayVwVfG entbehrlich. Die Zwangsgeldandrohungen sind auch materiell rechtmäßig. Die allgemeinen und besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen liegen vor, die Androhungen sind auch ausreichend bestimmt. In Ziffern 1 und 2 des Bescheids vom 16. November 2023 liegt je ein wirksamer und vollstreckbarer Grundverwaltungsakt vor (Art. 19 Abs. 1, 38 Abs. 1 Satz 3 VwZVG). Insbesondere wurde die sofortige Vollziehung des Bescheids vom 16. November 2023 in Ziffer 6 des Bescheids angeordnet. Die Androhung des Zwangsgelds soll die Kläger jeweils dazu anhalten, ihre Handlungspflichten aus Ziffern 1 und 2 des Bescheids vom 16. November 2023 zu erfüllen. Das Landratsamt hat mit der Androhung des Zwangsgelds in nicht zu beanstandender Weise das mildeste Zwangsmittel gewählt (Art. 31 Abs. 1 VwZVG). Die Zwangsgeldhöhe ist gemäß der Vorgaben des Art. 31 Abs. 2 VwZVG nicht zu beanstanden.
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1.3.2 Auch gegen die erneute Zwangsgeldandrohung in Ziffer 5 des Bescheids vom 16. November 2023 bestehen keine Bedenken. Die Androhung eines weiteren Zwangsgelds bei Nichterfüllung der durch Verwaltungsakt begründeten Verpflichtung (hier: durch Ziffer 5 der Bescheide vom 20. Juni 2023) beruht auf Art. 29 Abs. 1 und 2 Nr. 1, 31 Abs. 1 und 3 Satz 2, 36 und 37 Abs. 1 Satz 2 VwZVG.
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Die Zwangsgeldandrohung ist formell rechtmäßig, insbesondere hat das Landratsamt im vorliegenden Fall als Anordnungsbehörde gehandelt (Art. 30 Abs. 1 Satz 1, 20 Nr. 1 VwZVG). Eine Anhörung zur Androhung des Zwangsgelds ist nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 5 BayVwVfG entbehrlich. Die Zwangsgeldandrohung ist auch materiell rechtmäßig. Die allgemeinen und besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen liegen vor, die Androhung ist auch ausreichend bestimmt. Wie bereits oben ausgeführt, liegt in Ziffer 5 der Bescheide vom 20. Juni 2023 je ein wirksamer und vollstreckbarer Grundverwaltungsakt vor (Art. 19 Abs. 1, 38 Abs. 1 Satz 3 VwZVG). Der Prüfungsmaßstab des Gerichts ergibt sich unmittelbar aus Art. 38 Abs. 1 Satz 3 VwZVG, wonach die Androhung eines Zwangsmittels für den Fall, dass die Androhung nicht mit dem zugrundeliegenden Verwaltungsakt verbunden und dieser Grundverwaltungsakt unanfechtbar geworden ist, nur insoweit angefochten werden kann, als eine Rechtsverletzung durch die Androhung selbst behauptet wird. Gegenstand des Rechtsstreits kann daher allein die Rechtmäßigkeit der Androhung von Zwangsgeld, nicht aber die Rechtmäßigkeit des Bescheids des Landratsamts vom 20. Juni 2023 (hier: in Ziffer 5) sein. Die Androhung des weiteren Zwangsgelds soll die Kläger dazu anhalten, ihre Handlungspflichten in der Ziffer 5 des Bescheids vom 20. Juni 2023 zu erfüllen. Das Landratsamt hat mit der Androhung des Zwangsgelds in nicht zu beanstandender Weise das mildeste Zwangsmittel gewählt (Art. 31 Abs. 1 VwZVG). Gemäß Art. 37 Abs. 1 Satz 2 VwZVG können Zwangsmittel auch solange und so oft angewendet werden, bis die Verpflichtung erfüllt ist. Wie bereits oben ausgeführt haben die Kläger ihre diesbezüglichen Verpflichtungen bisher nicht (vollständig) erfüllt. Die vorliegende erneute Zwangsgeldandrohung entspricht auch den Anforderungen des Art. 36 Abs. 6 Satz 2, wonach die vorausgegangene Androhung des Zwangsmittels erfolglos geblieben sein muss.
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1.3.3 Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Kostenentscheidung in Ziffern 7 und 8 des Bescheids vom 16. November 2023 bestehen nicht, zumal von Klägerseite hiergegen keine Einwendungen vorgebracht wurden.
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2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO.
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3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 und § 711 ZPO.