Inhalt

VG Bayreuth, Urteil v. 07.10.2024 – B 7 K 23.443
Titel:

Coronabedingtheit des Umsatzrückgangs (verneint), coronabedingter Personalausfall nicht dargelegt, Lieferengpässe aufgrund ausländischer Infektionsschutzmaßnahmen, allgemeine Zurückhaltung auf Kundenseite, Zutrittsbeschränkungen bei Kunden

Normenketten:
VwGO § 113 Abs. 5
GG Art. 3 Abs. 1
Richtlinie für die Gewährung von Überbrückungshilfe des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen – Phase 5 (Überbrückungshilfe IV)
Schlagworte:
Coronabedingtheit des Umsatzrückgangs (verneint), coronabedingter Personalausfall nicht dargelegt, Lieferengpässe aufgrund ausländischer Infektionsschutzmaßnahmen, allgemeine Zurückhaltung auf Kundenseite, Zutrittsbeschränkungen bei Kunden
Fundstelle:
BeckRS 2024, 35973

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2.Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3.Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.  

Tatbestand

1
Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid der Beklagten, mit dem die Gewährung einer Überbrückungshilfe IV im Zuge der Corona-Pandemie abgelehnt wurde.
2
Am 10.06.2022 beantragte die Klägerin über das elektronische Antragsportal auf Gewährung der Überbrückungshilfe – Überbrückungshilfeprogramm des Bundes („Überbrückungshilfe Corona“) die Gewährung von Corona-Überbrückungshilfen für kleine und mittlere Unternehmen. Als Branche wurde „Handelsvermittlung von elektrotechnischen und elektronischen Erzeugnissen a. n. g.“ angegeben. Die Frage, ob die Klägerin von Schließungsanordnungen betroffen gewesen sei, wurde verneint, während die Frage, ob die angegebenen Umsatzeinbrüche coronabedingt seien, bejaht wurde. Als zusätzliche Begründung der Coronabedingtheit wurden auf drei Einzelfragen nähere Angaben gemacht. Nach den angegebenen Kostenpositionen sollte sich ein Förderbetrag für die Monate Januar bis Juni 2022 von 29.892,20 EUR („Summe Fixkostenerstattung“) ergeben.
3
Im Zuge der Bearbeitung des Antrags der Klägerin wandte sich die Beklagte im Zeitraum Juli bis Dezember 2022 wiederholt an den von der Klägerin beauftragten prüfenden Dritten und erhielt am 16.08.2022 und 20.12.2022 entsprechende Rückantworten.
4
Bereits am 16.06.2022 hatte die Beklagte gegenüber der Klägerin einen vorläufigen Bescheid über die Gewährung dem Grunde nach erlassen. Zweck dieses Bescheids war die Sicherung der beihilferechtlichen Zulässigkeit einer etwaigen späteren Auszahlung einer Billigkeitsleistung angesichts des Auslaufens des befristeten Rahmens am 30.06.2022. Es wurde ausdrücklich klargestellt, dass der vorläufige Bescheid unter dem Vorbehalt der vollständigen Prüfung der Antragsberechtigung und Berechnung der Anspruchshöhe steht.
5
Mit Bescheid vom 06.05.2023 wurde der Antrag vom 10.06.2022 abgelehnt (Nr.1). Es wurde weiter verfügt, dass der Ablehnungsbescheid die Haupt- und Nebenbestimmungen des vorangegangenen Bescheids vom 16.06.2022, der allein zur beihilferechtlichen Fristwahrung ergangen sei, vollständig ersetzt (Nr. 2).
6
In der Begründung des Bescheids wurde auf die Angaben hingewiesen, die der prüfende Dritte im Verwaltungsverfahren angegeben hatte. Die Klägerin sei im Bereich Schaltanlagen und Systemtechnik tätig und sie habe einen Umsatzeinbruch aufgrund von Materialengpässen, bedingt durch Lieferschwierigkeiten in China, erlitten. Gemäß Ziff. 2.1 Satz 3 der Richtlinie für die Gewährung von Überbrückungshilfe des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen – Phase 5 (Überbrückungshilfe IV) des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie („Richtlinie zur Überbrückungshilfe IV“) in der jeweils geltenden Fassung sei eine Antragsberechtigung nur gegeben, wenn der Umsatzeinbruch im Förderzeitraum coronabedingt sei. Es sei nach Ziff. 2.1 Satz 3 der Richtlinie eine konkrete und individuelle Einschränkung durch coronabedingte Umstände zu versichern. Material- oder Lieferengpässe in der gesamten Branche reichten hierfür nicht aus. Nach Ziff. 1.2 der FAQ des Bundes müsse für jeden Fördermonat ein coronabedingter Umsatzeinbruch nachgewiesen werden. Umsatzausfälle würden nicht gefördert, die zum Beispiel nur aufgrund regelmäßiger saisonaler oder anderer dem Geschäftsmodell inhärenter Schwankungen aufträten.
7
Die ausgeführten Umstände zur Darlegung eines coronabedingten Umsatzrückgangs würden dem Maßstab an der Begründung der Coronabedingtheit nicht gerecht. Die Klägerin begründe den Umsatzeinbruch mit Materialengpässen bedingt durch Lieferschwierigkeiten. Die vorgetragenen Gründe fielen unter die allgemeine Schließung von Betriebsteilen und Produktionsstätten der Zulieferer, die nicht vom deutschen Gesetzgeber verursacht seien. Mangels Vorliegens individueller Einschränkungen werde dem Maßstab der Begründung der Coronabedingtheit nicht genügt. Vor dem Hintergrund, dass die Überbrückungshilfe IV nach Ziff. 1 der Richtlinie eine außerordentliche Wirtschaftshilfe darstelle, mit der Unternehmen gefördert werden sollten, die erhebliche Umsatzausfälle aufgrund der Corona-Pandemie erlitten hätten, seien die von der Klägerin vorgebrachten Gründe nicht ausreichend, um die Coronabedingtheit zu begründen. Der Zweck der Überbrückungshilfe werde insbesondere nicht mehr erreicht, wenn Umsatzausfälle ausgeglichen würden, die auf wirtschaftliche Faktoren allgemeiner Art zurückzuführen seien. Materialengpässe und Lieferschwierigkeiten seien ein unabhängig von der Pandemie bestehendes Geschäfts- und Unternehmerrisiko der Klägerin. Auch sei das Unternehmen nicht selbst von Schließungsanordnungen betroffen. Die bestehenden Zweifel am Fehlen des auf Corona beruhenden Umsatzrückgangs hätten nicht ausgeräumt werden können. Eine Antragsberechtigung sei daher mangels Nachweises eines coronabedingten Umsatzeinbruchs nicht gegeben. Damit seien die Voraussetzungen für die Gewährung der beantragten Überbrückungshilfe IV nicht erfüllt. Es entspreche daher der Ausübung pflichtgemäßen Ermessens, den Antrag insoweit abzulehnen. Die Entscheidung über die Ablehnung stehe im pflichtgemäßen Ermessen. Bei haushaltsrechtlich relevanten Ermessensentscheidungen über die Erteilung und Aufhebung von Bewilligungsbescheiden verpflichte Art. 7 BayHO zur sorgfältigen Beachtung des Gebots der wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung der Haushaltsmittel. Diese Vorschrift enge den Ermessensspielraum der Vorbemerkung der Richtlinie zur Überbrückungshilfe IV bei der Entscheidung über die Gewährung der Überbrückungshilfe IV erheblich ein. Gründe, die gegen diese Entscheidung sprächen oder eine Abweichung von der regelmäßigen Entscheidungspraxis begründen würden, seien nicht ersichtlich. Die im Bescheid vom 16.06.2022 vorbehaltene Prüfung der Antragsberechtigung sei somit nun erfolgt, sodass der vorliegende Bescheid an die Stelle des vorläufigen Bescheids vom 16.06.2022 trete.
8
Mit am 05.06.2023 eingegangenem Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten ließ die Klägerin gegen den Bescheid vom 06.05.2023 Klage erheben.
9
Es sei nicht zutreffend, dass die Klägerin nicht hinreichend dargetan habe, welche coronabedingten Umstände zum Umsatzrückgang geführt hätten. Nach der entsprechenden Richtlinie zur Überbrückungshilfe IV handele es sich um eine freiwillige Zahlung zur Sicherung der wirtschaftlichen Existenz, wenn Unternehmen, Soloselbstständige und Angehörige der freien Berufe coronabedingt erhebliche Umsatzausfälle erlitten. Es wurde im Weiteren zitiert aus den FAQ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz. Nach diesen Maßstäben liege bei der Klägerin ein coronabedingter Umsatzrückgang vor. Keineswegs handele es sich um bloße Umsatzeinbrüche in Folge von Materialengpässen, bedingt durch Lieferschwierigkeiten. Es sei im Einzelnen vorgetragen worden, dass aufgrund der coronabedingten Lieferengpässe Aufträge nicht mehr hätten angenommen werden können. Die für die Auftragserstellung notwendigen Bauteile seien dauerhaft nicht zu erhalten gewesen. Insoweit sei es bei den Aufträgen nicht nur zu einer Verzögerung aufgrund Lieferschwierigkeiten in Folge von Infektionsschutzmaßnahmen im Ausland gekommen. Vielmehr seien zwingend Bauteile, hier auch solche aus dem Inland, auf absehbare Zeit überhaupt nicht zu erhalten gewesen. Insoweit sei es vorliegend auch zu coronabedingten Stornierungen gekommen. Insbesondere habe im Förderungszeitraum ein Auftrag der Firma … nicht angenommen werden können, da die entsprechenden Bauteile gefehlt hätten. Der Auftrag habe ein Auftragsvolumen in Höhe von über 30.000,00 EUR gehabt. Dieser könne nicht nachgeholt werden. Die vorgenannte Firma habe auch in der Folgezeit, als sich die Materialengpässe wieder verbessert gehabt hätten, den Auftrag nicht im Nachhinein an die Klägerin vergeben. Insoweit handele es sich hierbei um einen coronabedingten Umsatzrückgang, der Auftrag sei der Klägerin gänzlich verloren gegangen.
10
Daneben bestehe das Kerngeschäft der Klägerin neben dem, wie zuvor dargelegt, im Förderungszeitraum erheblich beeinträchtigten Projektgeschäft, auch aus weitergehenden Serviceleistungen für elektronische Anlagen. Während die Klägerin hier im Bezugszeitraum (erste Jahreshälfte 2019) noch bei vier Firmenkunden regelmäßig Service- und Wartungsleistungen absolviert habe, seien im Förderungszeitraum (erste Jahreshälfte 2022) nur noch für einen Kunden Serviceleistungen erbracht worden. Grund hierfür sei gewesen, dass aufgrund der Coronabeschränkungen für die Mitarbeiter der Klägerin der Zugang zu den entsprechenden technischen Anlagen überhaupt nicht mehr möglich gewesen sei. Exemplarisch wurde auf ein entsprechendes Hinweisschreiben der Firma … (eine entsprechende E-Mail vom 10.11.2021 wurde vorgelegt) verwiesen. In dieser E-Mail sei den Vertragspartnern und somit auch der Klägerin mitgeteilt worden, dass aufgrund der Zutrittsbeschränkungen Zugang nur noch für Geimpfte, Genesene bzw. Getestete (3G) möglich sei.
11
Für die Klägerin habe von da an keine Möglichkeit mehr bestanden, für diese Firma Serviceleistungen, welche aufgrund der Natur der Sache zwingend vor Ort zu leisten seien, zu erbringen. Die Klägerin sei hier im Wesentlichen für den Service Hardwarebereich tätig, sodass eine Überprüfung und Wartung durch Remote-Zugriff, wie dies beispielsweise im Softwarebereich zum Teil möglich sei, von vornherein ausscheide. In Folge dieser unüberwindbaren coronabedingten Zugangsbeschränkungen habe sich der Umsatz aus Serviceleistungen im Vergleichszeitraum von über 150.000,00 EUR netto auf dann im Förderungszeitraum von nur noch knapp über 20.000,00 EUR netto reduziert (eine entsprechende Excel-Liste wurde vorgelegt).
12
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 06.05.2023 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten der Klägerin gemäß dem Antrag vom 10.06.2022 auf Gewährung einer Überbrückungshilfe IV auf Grundlage von Art. 53 BayHO, der dazugehörigen Verwaltungsvorschriften und der Richtlinie für die Gewährung von Überbrückungshilfe des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen – Phase 5 (Überbrückungshilfe IV) des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie in der jeweils geltenden Fassung sowie im Rahmen der Zuständigkeit der IHK für München und Oberbayern gemäß § 47b der Zuständigkeitsverordnung in der jeweils geltenden Fassung die Überbrückungshilfe IV in beantragter Höhe zu gewähren.
13
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
14
Die Beklagte habe als Selbstverwaltungskörperschaft der Wirtschaft Verständnis für die Sorgen und Probleme, von denen zahlreiche Unternehmen im Zuge der Corona-Pandemie betroffen seien. Ihr sei bewusst, dass die vom Bund und den Ländern geleisteten Unterstützungen teilweise von den Betroffenen als unzureichend empfunden würden. Als Bewilligungsstelle sei die Beklagte aber an die staatlichen Vorgaben für die Mittelvergabe gebunden. Weiterhin sei zu beachten, dass die streitgegenständliche Bereitstellung öffentlicher Mittel nicht Gegenstand einer gesetzlichen Anspruchsnorm sei (wurde näher ausgeführt). Ein Anspruch auf die streitgegenständliche Förderung könne letztendlich nur dann bestehen, wenn die in den Förderrichtlinien dargelegten Voraussetzungen, ausgehend von der Vollzugspraxis der Bewilligungsstelle und deren Interpretation der Förderrichtlinien vorlägen und vergleichbare Anträge in ständiger Förderpraxis positiv verbeschieden würden. Der Klägerin stehe ein gesetzlicher Anspruch auf die streitgegenständliche Förderleistung nicht zu. Der Beklagten sei auch kein anspruchsbegründender Ermessensfehlgebrauch vorzuwerfen. Der Klägerin stehe eine Förderleistung bezogen auf den Fördermonat Mai 2022 nicht zu. Insoweit fehle es bereits an der erforderlichen Antragsberechtigung der Klägerin nach Ziff. 2.1 lit. e der Richtlinie zur Überbrückungshilfe IV. Die Klägerin unterfalle nicht dem Kreis derjenigen Unternehmen, deren Umsatz in den Monaten Januar bis Juni 2022 coronabedingt um mindestens 30% gegenüber dem jeweiligen Monat des Jahres 2019 zurückgegangen sei.
15
Als objektiven Anknüpfungspunkt für die Förderberechtigung stelle die Beklagte in ihrer ständigen Verwaltungspraxis diesbezüglich auf die Betroffenheit von Infektionsschutzmaßnamen, wie etwa die Zugehörigkeit oder die Nähe zu einer von Schließungsanordnungen betroffenen Branche, ab. Nicht als coronabedingt würden beispielsweise Umsatzeinbrüche gelten, die zurückzuführen seien auf wirtschaftliche Faktoren allgemeiner Art (wie Liefer- oder Materialengpässe) oder die sich erkennbar daraus ergäben, dass Umsätze bzw. Zahlungseingänge sich lediglich zeitlich verschieben würden. Nach diesem Maßstab sei von der Klägerin im Förderverfahren nicht hinreichend dargelegt worden, dass die angegebenen Umsatzeinbußen coronabedingt entstanden seien. Die Klägerin sei im Förderzeitraum weder von Schließungsverordnungen noch von sonstigen staatlichen Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung betroffen gewesen. Sie habe ihr Leistungsangebot damit grundsätzlich in vollem Umfang anbieten können. Ihr Umsatzrückgang sei danach mittelbar u.a. auf ausländische Infektionsschutzmaßnahmen zurückzuführen. Die Überbrückungshilfe IV ersetze jedoch ausschließlich Umsatzrückgänge, die dem antragstellenden Unternehmen aufgrund inländischer Infektionsschutzmaßnahmen und Schließungsverordnungen entstanden seien. Umsatzeinbrüche, die auf unabhängig von inländischen Infektionsschutzmaßnahmen eintretenden weltweiten Marktverwerfungen beruhten, würden mit der Überbrückungshilfe IV hingegen nicht ersetzt.
16
Dasselbe gelte für Umsatzeinbrüche, die auf Material- oder Lieferengpässen beruhten, denn hierbei handele es sich um wirtschaftliche Faktoren allgemeiner Art, die mit der Überbrückungshilfe IV nicht ausgeglichen würden. Dies gelte unabhängig davon, dass die gestörten Lieferketten mittelbar (z.B. durch die teilweisen Hafenschließungen in Asien) auch mit der Corona-Pandemie zusammenhängen mögen. Denn die gestörten Lieferketten ließen sich nicht alleine auf die Pandemie zurückführen. Sie seien vielmehr aufgrund zahlreicher weiterer Faktoren wie Materialmangel, Produktionsengpässen und dem Fachkräftemangel entstanden. Umsatzeinbrüche aufgrund von Lieferengpässen würden deshalb auch dann nicht mit der Überbrückungshilfe IV gefördert, wenn sie neben anderen Faktoren auch mittelbar auf die Corona-Pandemie zurückzuführen seien.
17
Dass die Klägerin nicht in den Kreis der Berechtigten für die streitgegenständliche Überbrückungshilfe IV einbezogen worden sei, begründe keinen rechtlich relevanten Ermessensfehler. Insbesondere sei es nicht willkürlich und ohne Sachgrund, die streitgegenständliche Förderung auf solche Betriebe zu beschränken, deren Umsatzeinbruch coronabedingt sei. Mit der Überbrückungshilfe IV, die als außerordentliche Wirtschaftshilfe ausgestaltet sei, sollten diejenigen Unternehmen gefördert werden, die erhebliche Umsatzausfälle aufgrund der Corona-Pandemie erlitten hätten. Diesem Zweck werde nicht entsprochen, würden auch Umsatzfälle ausgeglichen, die auf wirtschaftliche Faktoren allgemeiner Art zurückzuführen seien. Das Förderverfahren sei zudem auf eine rasche und unkomplizierte Verteilung der zur Verfügung stehenden Mittel ausgelegt. Dies erfordere die Schaffung klarer Abgrenzungskriterien. Es sei deshalb auch sachgerecht, auf objektive und eindeutige Kriterien wie die Betroffenheit von Infektionsschutzmaßnahmen bzw. die Zugehörigkeit zu einer von Schließungsanordnungen betroffenen Branche abzustellen. Das seien für den vorliegend allein relevanten Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG ausreichende Differenzierungsgründe.
18
Die Klägerin ließ dem entgegnen, es sei bereits nicht nachvollziehbar, dass die Beklagte hier behaupte, dass kein Anspruch für den Fördermonat Mai 2022 vorgelegen habe. Wenn dem so sei, hätte die Beklagte zumindest für die übrigen Monate des Förderzeitraums die Beihilfe gewähren müssen. Tatsächlich sei jedoch bereits im Antrag sowohl für den Monat Mai 2022 als auch für die übrigen Monate des Förderzeitraums der coronabedingte Umsatzrückgang um deutlich mehr als 30% dargelegt worden. Dieser Umsatzrückgang sei entgegen der Behauptung der Beklagten nicht nur auf Liefer- oder Materialengpässe in China zurückzuführen. Es sei bereits im Einzelnen dargelegt worden, dass insbesondere hinsichtlich der Serviceaufträge, bei welchen aufgrund der Natur der Sache ein Zugang zu der einzelnen technischen Anlage und somit zu dem Betriebsgelände der Kunden erforderlich sei, aufgrund der inländischen Corona-Schutzmaßnahmen eine Leistungserbringung nicht mehr möglich gewesen sei. Die Umsatzrückgänge im Servicebereich gingen daher unmittelbar auf inländische Infektionsschutzmaßnahmen zurück.
19
Auf ein entsprechendes Anschreiben des Gerichts blieb die Klägerin dabei, dass die erlittenen gravierenden Umsatzeinbußen coronabedingt gewesen seien.
20
Mit Gerichtsbescheid vom 20.03.2024 hat die Kammer die Klage abgewiesen. Dagegen hat der Bevollmächtigte der Klägerin mündliche Verhandlung beantragt.
21
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte samt Protokoll über die mündliche Verhandlung und die in elektronischer Form übermittelte Behördenakte verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Entscheidungsgründe

22
Die Klage ist als Verpflichtungsklage zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte zur Gewährung der begehrten Überbrückungshilfe IV in Höhe von 29.892,20 EUR verpflichtet wird. Insoweit erweist sich der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 06.05.2023 als rechtmäßig. Die Klägerin wird durch diesen Bescheid nicht in ihren Rechten verletzt. Sie kann ferner nicht beanspruchen – ein solches Begehren ist in dem gestellten Vornahmeantrag als Minus gleichsam mit enthalten –, dass die Beklagte zur Neuverbescheidung über den Antrag vom 10.06.2022 verpflichtet wird (§ 113 Abs. 5, Abs. 1 Satz 1, § 114 VwGO).
23
1. In rechtlicher Hinsicht ist im Ausgangspunkt zu beachten, dass es sich bei Zuwendungen der vorliegenden Art aufgrund von Richtlinien, wie der Richtlinie zur Überbrückungshilfe IV, um eine Billigkeitsleistung nach Art. 53 BayHO handelt, die ohne Rechtsanspruch im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel gewährt wird. Eine explizite Rechtsnorm, die konkret einen Anspruch der Klägerin auf Bewilligung der bei der Beklagten beantragten Zuwendung begründet, existiert nicht. Vielmehr erfolgt die Zuwendung auf der Grundlage der einschlägigen Förderrichtlinie und der allgemeinen haushaltsrechtlichen Bestimmungen im billigen pflichtgemäßen Ermessen der Behörde und im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel (vgl. Vorbemerkung Satz 2 und Satz 3 der Richtlinie Überbrückungshilfe IV sowie Art. 23, 44 BayHO). Ein Rechtsanspruch besteht danach nur ausnahmsweise, insbesondere aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG), durch eine Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis auf Basis der einschlägigen Richtlinie. Förderrichtlinien begründen als ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften nicht wie Gesetze und Rechtsverordnungen unmittelbar Rechte und Pflichten, sondern entfalten erst durch ihre Anwendung Außenwirkung. Das Gericht ist grundsätzlich an den Zuwendungszweck gebunden, wie ihn der Zuwendungsgeber versteht. Für die gerichtliche Prüfung einer Förderung ist deshalb entscheidend, wie die Behörde des zuständigen Rechtsträgers die Verwaltungsvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen durch den Gleichheitssatz gebunden ist.
24
Ein Anspruch auf Förderung besteht danach im Einzelfall über den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung und den Gleichheitssatz dann, wenn die in den Richtlinien dargelegten Fördervoraussetzungen vorliegen und vergleichbare Anträge in ständiger Förderpraxis der Beklagten auch positiv verbeschieden werden. Dabei dürfen Förderrichtlinien nicht – wie Gesetze oder Verordnungen – gerichtlich ausgelegt werden, sondern sie dienen nur dazu, eine dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten. Da Richtlinien keine Rechtsnormen sind, unterliegen sie grundsätzlich keiner richterlichen Interpretation. Eine Überprüfung hat sich darauf zu beschränken, ob aufgrund der einschlägigen Förderrichtlinien überhaupt eine Verteilung öffentlicher Mittel vorgenommen werden kann (Vorbehalt des Gesetzes) und bejahendenfalls, ob bei Anwendung der Richtlinien in Einzelfällen, in denen die begehrte Leistung versagt worden ist, der Gleichheitssatz (Art. 3 GG) verletzt oder der Rahmen, der durch die gesetzliche Zweckbestimmung gezogen ist, nicht beachtet worden ist.
25
Bei der rechtlichen Beurteilung staatlicher Fördermaßnahmen, die wie hier nicht auf Rechtsnormen, sondern lediglich auf verwaltungsinternen ermessenslenkenden Vergaberichtlinien beruhen, kommt es damit nicht auf eine objektive Auslegung der Richtlinien an, sondern grundsätzlich nur darauf, wie die ministeriellen Vorgaben von der zuständigen Stelle tatsächlich verstanden und praktiziert worden sind. Der Zuwendungsgeber bestimmt im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens darüber, welche Ausgaben er dem Fördergegenstand zuordnet und wer konkret begünstigt werden soll. Außerdem obliegt ihm allein die Ausgestaltung des Förderverfahrens. Es ist allein Sache des Zuwendungsgebers, die Modalitäten einer Förderung festzulegen, seine Richtlinien auszulegen und den Förderzweck zu bestimmen sowie seine Förderpraxis nach seinen Vorstellungen entsprechend auszurichten.
26
Die Richtlinien setzen Maßstäbe für die Verteilung der staatlichen Hilfen und regeln insoweit die Ermessenshandhabung. Die Ermessensbindung reicht jedoch nur so weit wie die festgestellte tatsächliche ständige Verwaltungspraxis. Die gerichtliche Überprüfung erfolgt nur im Rahmen des § 114 VwGO. Das Gericht hat nicht die Befugnis zu einer eigenständigen oder gar erweiternden Auslegung der Richtlinien.
27
Denn zuwendungsrechtlich kommt es nicht auf eine Auslegung der streitgegenständlichen Zuwendungsrichtlinie in grammatikalischer, systematischer oder teleologischer Hinsicht an. Es kommt weiter nicht darauf an, welche Bedeutung die in der Richtlinie verwendeten Begriffe im Verständnis der Klägerseite oder im allgemeinen Sprachgebrauch üblicherweise haben, sondern allein darauf, ob die dem Ablehnungsbescheid zugrundeliegende Anwendung der Richtlinie dem Verständnis und der ständigen Verwaltungspraxis der Beklagten entspricht. Maßgeblich für die Selbstbindung der Verwaltung ist somit nicht der Wortlaut der Richtlinie zur Überbrückungshilfe IV oder gar der Wortlaut der FAQ usw., sondern ausschließlich das Verständnis des Zuwendungsgebers und die tatsächliche Verwaltungspraxis zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung.
28
Ausgangspunkt ist die ständige Verwaltungspraxis in vergleichbaren Fällen, sofern sie nicht im Einzelfall aus anderen Gründen zu rechtswidrigen Ergebnissen führt. Spielraum für die Berücksichtigung der Besonderheiten atypischer Fälle muss bleiben.
29
Der maßgebliche Zeitpunkt für die Bewertung der Voraussetzungen der Gewährung der Überbrückungshilfe IV ist nicht der Zeitpunkt der Antragstellung im Verwaltungsverfahren bei der Behörde und auch nicht der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts. Dem materiellen Recht folgend, das hier vor allem durch die Richtlinie zur Überbrückungshilfe IV und deren Anwendung durch die Beklagte in ständiger Praxis vorgegeben wird, ist vielmehr auf den Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheides abzustellen, sodass – abgesehen von vertiefenden Erläuterungen – ein neuer Tatsachenvortrag oder die Vorlage neuer Unterlagen im Klageverfahren grundsätzlich irrelevant sind.
30
Grundsätzlich liegt es gerade in Zuwendungsverfahren in der Sphäre des Zuwendungsempfängers, die Voraussetzungen für die Gewährung einer Zuwendung bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt darzulegen und nachzuweisen. Alles, was im Verwaltungsverfahren nicht vorgebracht oder erkennbar war, konnte und musste die Beklagte auch im Rahmen der konkreten Ermessensausübung nicht berücksichtigen, so dass ermessensrelevante Tatsachen, die erstmals im Klageverfahren vorgebracht werden, im Nachhinein keine Berücksichtigung finden können.
31
Denn da die streitige Zuwendung eine freiwillige staatliche Leistung darstellt, ist ihre Gewährung von einer Mitwirkung der Antragsteller im Rahmen des Zuwendungsantrags, insbesondere von der Mitteilung und Substantiierung zutreffender, zur Identifikation und für die Förderfähigkeit notwendiger Angaben abhängig. Es ist weiter nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte die Angaben der Klagepartei auf ihre Substantiierung und Plausibilität hin prüft und gegebenenfalls mangels ausreichender Darlegung die begehrte Zuwendung ablehnt.
32
Die Anforderung geeigneter Nachweise für die Anspruchsberechtigung nach der Richtlinie ist auch vor dem Hintergrund des Grundsatzes der sparsamen Verwendung von Haushaltsmitteln (Art. 7 Abs. 1 Satz 1 BayHO) gerade im Bereich der Leistungsverwaltung sachgerecht und nicht zu beanstanden. Ferner entspricht die Verpflichtung zur Mitwirkung seitens der Antragsteller allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen, Art. 26 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG. In dem Zusammenhang oblag der Klägerin eine substantiierte Darlegungslast schon im Verwaltungsverfahren.
33
Des Weiteren hängt es vom Einzelfall in der jeweiligen Fallkonstellation ab, ob und inwieweit Nachfragen im Verwaltungsverfahren erfolgen, da die Bewilligungsstelle grundsätzlich auf die vom prüfenden Dritten gemachten Angaben vertrauen darf, sofern es keine Anhaltspunkte für Unvollständigkeit oder Fehlerhaftigkeit gibt. Wenn überhaupt eine Nachfrage angezeigt ist, kann aufgrund der massenhaft anfallenden und in kurzer Zeit zu entscheidenden Förderanträge oftmals eine einmalige Nachfrage zur Plausibilisierung auf elektronischem Weg genügen. Aufgrund dessen und aufgrund der Tatsache, dass neben der Überbrückungshilfe IV auch andere Hilfsprogramme zur Bewältigung der finanziellen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie aufgelegt wurden, handelt es sich hierbei um ein Massenverfahren, dessen Bewältigung ein gewisses Maß an Standardisierung auf behördlicher Seite erfordert.
34
Dabei ist weiterhin zu beachten, dass dem verwaltungsverfahrensrechtlichen Effektivitäts- und Zügigkeitsgebot (Art. 10 Satz 2 BayVwVfG) bei der administrativen Bewältigung des erheblichen Förderantragsaufkommens im Rahmen der Corona-Beihilfen besondere Bedeutung zukommt; dies gerade auch deswegen, um den Antragstellern möglichst schnell Rechtssicherheit im Hinblick auf die Erfolgsaussichten ihrer Förderanträge und damit über die (Nicht-)Gewährung von Fördermitteln zu geben.
35
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat ebenfalls hervorgehoben, dass sich grundsätzlich Aufklärungs- und Beratungspflichten aus Art. 25 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG auf präzisierungsbedürftige Anträge erstrecken, wobei sich die Beratungs- bzw. Aufklärungs- und Belehrungspflichten nach dem jeweiligen Einzelfall richten. Zu beachten ist dabei, dass die möglicherweise erhöhte (verfahrensmäßige) Fürsorgebedürftigkeit eines einzelnen Antragstellern vorliegend zugunsten der quasi „objektiven“, materiellen/finanziellen Fürsorgebedürftigkeit einer Vielzahl von Antragstellern, denen ein existenzbedrohender Liquiditätsengpass drohen würde, wenn ihnen nicht zeitnah staatliche Zuwendungen in Form von Corona-Soforthilfen gewährt werden, zurückzutreten hat bzw. mit letzteren zum Ausgleich zu bringen ist, zumal die Antragstellern im Rahmen eines Zuwendungsverfahrens eine letztlich aus § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB resultierende, zur allgemeinen Mitwirkungspflicht (Art. 26 Abs. 2 BayVwVfG) hinzutretende (erhöhte) Sorgfaltspflicht im Hinblick auf die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Angaben trifft. Die Anforderungen an ein effektiv und zügig durchgeführtes Massenverfahren sind dabei nicht zu überspannen (vgl. zum Ganzen mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung VG Würzburg, U.v. 1.12.2023 – W 8 K 23.611 – juris).
36
2. Nach den dargelegten Grundsätzen hat die Klägerin keinen Anspruch auf eine Gewährung der begehrten Überbrückungshilfe IV. Mangels gesetzlicher Anspruchsgrundlage steht der Klägerin grundsätzlich nur ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensentscheidung zu. Bei der dem Gericht gemäß § 114 VwGO nur beschränkt möglichen Überprüfung der Ermessensentscheidung ist der ablehnende Bescheid vom 06.05.2023 nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat insbesondere den Rahmen, der durch die haushaltsrechtliche Zweckbestimmung gezogen wurde, eingehalten, den erheblichen Sachverhalt vollständig und im Ergebnis zutreffend ermittelt und sich bei der eigentlichen Beurteilung an allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe gehalten, insbesondere das Willkürverbot und das Gebot des Vertrauensschutzes nicht verletzt.
37
Die streitgegenständlichen Positionen sind im Rahmen der Überbrückungshilfe IV nach der ständigen Verwaltungspraxis der Beklagten aufgrund der Richtlinie zur Überbrückungshilfe IV für den gesamten in Rede stehenden Zeitraum nicht förderfähig.
38
Die Ablehnung der Coronabedingtheit des Umsatzrückgangs der Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum durch die Beklagte gibt keinen Anlass zur Beanstandung durch das Gericht. Wie bereits ausgeführt, kommt es maßgeblich darauf an, ob die Klägerin im Verwaltungsverfahren die Coronabedingtheit ihres Umsatzrückgangs plausibel machen konnte. Sie hatte im Antrag die Frage verneint, ob sie ein von Schließungsanordnungen betroffenes Unternehmen sei. Bejaht wurde dagegen die Frage, ob die Umsatzeinbrüche coronabedingt seien. Als zusätzliche Begründung der Coronabedingtheit wurde angegeben:
- Ausfall von Personal wegen Corona und Quarantäne
- Zurückgestellte Projekte von Kundenseite her, bezüglich unsicherer Wirtschaftslage. Verhaltene Anfragetätigkeit und Investitionsbereitschaft.
- Betriebsmittel kommen aus China, wie z.B. Speicherprogrammierbare Steuerungen. Da in China ganze Städte bzw. Häfen stilllegt werden kommen die Betriebsmittel nur schleppend.
39
Im Verwaltungsverfahren warf daraufhin die Beklagte gegenüber dem prüfenden Dritten am 29.07.2022 verschiedene Nachfragen auf, die zunächst unbeantwortet blieben. Nachdem die Beklagte die Fragen am 08.08.2022 wiederholt stellte, äußerte sich der prüfende Dritte am 16.08.2022 hierzu und verwies zur Problematik der Coronabedingtheit auf ein konkretes Beispiel der Fa. … (v.a. benötigte Steuerungen am Markt derzeit nicht verfügbar; Lieferzeit bis zu 24 Monate; fehlende Chips; Hintergrund sei die Null-COVID-Strategie in China – Schließung wichtiger Städte und Häfen; noch längere Lieferzeiten zu erwarten).
40
Auf eine Nachfrage vom 12.12.2022, die sich auf Personalausfälle (vgl. hierzu unten) bezog, wurde am 20.12.2022 bekräftigt, dass das hauptsächliche Problem die Verfügbarkeit der benötigten Materialen sei (v.a. Chinas Null-COVID-Strategie; Buchung von Aufträgen deshalb kaum möglich; Kunden auch von Beschaffungsproblemen betroffen; alternative Abrechnung in unterschiedlichen Fertigungsschritten stößt auf wenig Bereitschaft).
41
Im Hinblick auf die personelle Situation hatte der prüfende Dritte am 16.08.2022 ausgeführt, es handele sich um ein kleines Unternehmen mit 3 Mitarbeitern; wenn einer davon wegen eines positiven Tests in Quarantäne müsse, fehlten 30% der Belegschaft. Die Klägerin habe zum einen die pandemiebedingten Betriebsmittelprobleme und zum anderen den Ausfall der Belegschaft wegen der COVID-Quarantäne zu tragen.
42
Daraufhin fragte die Beklagte am 12.12.2022 diesbezüglich nach. Nachdem die Klägerin sich in ihren Erläuterungen zu den Umsatzrückgängen auf Corona-Erkrankungen in der Belegschaft berufe, werde für die Plausibilisierung der Umsatzrückgänge um Übermittlung von nachvollziehbaren Aufzeichnungen/Dokumentationen/Belegen über etwaige Krankheitsfälle im Unternehmen im Förderzeitraum gebeten. Es solle darauf geachtet werden, dass diese auch einem genauen Zeitraum zuordenbar seien.
43
Zu dieser konkret formulierten Nachfrage wurde unter dem 20.12.2022 (lediglich) angegeben:
„Die bei uns beschäftigten Mitarbeiter haben uns zwar während dieser Zeit über Unregelmäßigkeiten ihres Gesundheitsstandes in Kenntnis gesetzt, aber nicht über die genaue Art der bestehenden Erkrankung.“
44
Ausgehend von diesen Angaben im Verwaltungsverfahren ist die Bewertung der Beklagten, dass die bestehenden Zweifel an der Coronabedingtheit des Umsatzrückgangs nicht hätten ausgeräumt werden können (vgl. S. 1 des Bescheids vom 06.05.2023), in den Grenzen, die der gerichtlichen Überprüfung durch § 114 VwGO gesetzt sind – noch dazu in Subventionsangelegenheiten (siehe bereits oben) – nicht zu beanstanden.
45
Die Darstellung der Bevollmächtigten der Beklagten, dass insbesondere Umsatzeinbrüche aufgrund von Liefer- und Materialengpässen nicht als coronabedingt gelten, steht mit den Ausführungen unter Nr. 1.2 der FAQ zur Überbrückungshilfe IV in Einklang. Sie deckt sich auch mit der von der Beklagten kommunizierten ständigen Förderpraxis, nach der Umsatzrückgänge, die beispielsweise auf ausländischen Infektionsschutzmaßnahmen oder Einreiseverordnungen basieren (hier vor allem: Null-COVID-Strategie Chinas), nicht als coronabedingt anerkannt werden – vgl. zu dieser Thematik bereits VG Gera, U.v. 30.5.2023 – 5 K 551/22 Ge zur Überbrückungshilfe III Plus; BayVGH, B.v. 14.10.2022 – 22 ZB 22.212 zur „Dezemberhilfe“ – juris.
46
Soweit im Verwaltungsverfahren die personelle Situation thematisiert und hierzu Rückfragen seitens der Beklagten aufgeworfen wurden, hätte sich womöglich ein Ansatzpunkt zur Bejahung der Coronabedingtheit eines Umsatzrückgangs aus Nr. 1.2 der FAQ zur Überbrückungshilfe IV ergeben können. Dort wird als Voraussetzung aber statuiert, dass der Geschäftsbetrieb durch Quarantäne-Fälle oder Corona-Erkrankungen in der Belegschaft nachweislich stark beeinträchtigt gewesen sein müsste. An den hier von der Beklagten über den prüfenden Dritten angeforderten „nachvollziehbaren Aufzeichnungen/ Dokumentationen/Belegen“ fehlt es im Verwaltungsverfahren gänzlich. Vielmehr wurden etwaige Fälle von Corona-Quarantäne bzw. Corona-Erkrankung weder benannt noch – wie erbeten worden war – einem konkreten Zeitraum zugeordnet.
47
Soweit erstmalig im Klageverfahren – und damit nach dem hier maßgeblichen Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung – eine E-Mail der Fa. … betreffend Zutrittsregelungen für die Standorte vorgelegt wurde, hätte diese – wäre sie bereits im Verwaltungsverfahren vorgelegt worden – der Klage ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen können. Die dort genannte „3G-Regelung“ führte doch grundsätzlich gerade (nur) dazu, dass Personen der Zutritt verwehrt wurde, die weder geimpft noch genesen noch getestet waren. Auch nichtgeimpften Personen war somit etwa der Zutritt auf der Grundlage eines (aktuellen) Tests möglich, so dass Serviceleistungen grundsätzlich erbracht werden konnten. Soweit in der mündlichen Verhandlung erläutert wurde, dass das Beispiel der Fa. … nur exemplarisch gedacht gewesen sei und sowohl jene Firma als auch andere Kunden den Zutritt für Mitarbeiter der Klägerin pauschal verwehrt hätten, mag dies zutreffen, kann aber ein anderes Ergebnis im hiesigen Verfahren nicht begründen, denn ursächlich für die insoweit ausgefallenen Umsätze waren (auch) dann nicht staatliche (Schließungs-)Anordnungen, sondern autonome Entscheidungen von Geschäftspartnern, seien diese zum Schutz der eigenen Belegschaft erfolgt, aus allgemeiner Vorsicht oder aus ganz anderen Gründen. Dass derartige Umsatzeinbußen freilich mit der Situation in der Pandemie insgesamt zusammenhingen, mag zutreffen, begründet aber nach der Verwaltungspraxis der Beklagten keine Antragsberechtigung für Leistungen im Rahmen der Überbrückungshilfe IV.
48
Nach alledem ist nach der plausibel dargelegten Förderpraxis der Beklagten die Förderfähigkeit der streitgegenständlichen Umsatzeinbrüche mangels Coronabedingtheit insgesamt zu verneinen.
49
In der vorliegenden Konstellation ist auch kein atypischer Ausnahmefall gegeben, der eine abweichende Entscheidung der Beklagten hätte gebieten müssen, weil der konkrete Sachverhalt keine außergewöhnlichen Umstände aufweist, die von der Richtlinie und der darauf basierenden Förderpraxis nicht erfasst werden und von solchem Gewicht sind, dass sie eine von der im Regelfall vorgesehenen Rechtsfolge abweichende Behandlung gebieten. Der Ausschluss der Klägerin von der Förderung erweist sich schließlich auch im Übrigen nicht willkürlich, weil die Beklagte sachgerechte und vertretbare Gründe für ihre ablehnende Entscheidung angeführt hat.
50
3. Nach alledem wird die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abgewiesen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.