Inhalt

VGH München, Beschluss v. 26.11.2024 – 4 ZB 24.30783
Titel:

Nicht mit Gründen versehene Entscheidung

Normenketten:
GG Art. 103 Abs. 1
AsylG § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 3b, § 25, § 77 Abs. 3, § 78 Abs. 3 Nr. 3, Abs. 4 S. 4,
VwGO § 67 Abs. 4 S. 1, S. 2, § 105, § 108 Abs. 1 S. 2, 117 Abs. 2 Nr. 5, § 138 Nr. 3, Nr. 6
Leitsatz:
Nicht mit Gründen versehen ist eine Entscheidung nur dann, wenn die Entscheidungsgründe vollständig oder zu wesentlichen Teilen des Streitgegenstandes fehlen oder rational nicht nachvollziehbar, sachlich inhaltslos oder aus sonstigen Gründen derart unbrauchbar sind, dass sie unter keinem denkbaren Gesichtspunkt geeignet sind, den Urteilstenor zu tragen. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
asylrechtliches Berufungszulassungsverfahren, Rüge des Fehlens von Urteilsgründen sowie eines Gehörsverstoßes, Bezugnahme auf im erstinstanzlichen Protokoll nicht enthaltenen Klägervortrag, Rüge des Fehlens von Urteilsgründen, Gehörsverstoß, nicht mit Gründen versehene Entscheidung, Entscheidungsgründe, Niederschrift über die Anhörung, Antrag auf Protokollberichtigung, Asylrelevanz der Dolmetschertätigkeit
Vorinstanz:
VG Ansbach, Urteil vom 22.07.2024 – AN 10 K 22.30990
Fundstelle:
BeckRS 2024, 33482

Tenor

1. Die Anträge des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 22. Juli 2024 – AN 10 K 22.30990 – werden abgelehnt.
2. Der Kläger trägt die Kosten der Zulassungsverfahren. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
1
Der Kläger ist ein irakischer Staatsangehöriger. Er wendet sich gegen die Ablehnung seines Asylantrags durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt).
2
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 22. Juli 2024 die Klage des Klägers gegen den Bescheid des Bundesamts vom 15. November 2022 abgewiesen. Das Urteil wurde dem erstinstanzlich für den Kläger tätig gewesenen Bevollmächtigten, Rechtsanwalt G., am 12. August 2024 zugestellt.
3
Am 9. September 2024 ging beim Verwaltungsgericht ein vom Kläger persönlich verfasstes Schreiben vom 31. August 2024 ein, in dem er die Zulassung der Berufung beantragt.
4
Am 12. September 2024 ging beim Verwaltungsgericht ein Schriftsatz von Rechtsanwalt G. vom 11. September 2024 ein, in dem dieser ebenfalls beantragt, die Berufung zuzulassen (Eingangszeitpunkt ausweislich des Prüfvermerks: 11:46 Uhr).
5
Ebenfalls am 12. September 2024 ging beim Verwaltungsgericht ein Schriftsatz von Rechtsanwalt V. von diesem Tag ein, in dem noch einmal die Zulassung der Berufung beantragt wird (Eingangszeitpunkt ausweislich des Prüfvermerks: 15:00 Uhr).
II.
6
Der vom Kläger im Schreiben vom 31. August 2024 persönlich gestellte Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 22. Juli 2024 ist mangels Beachtung des Vertretungszwangs (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 1 und 2 VwGO), auf den auch die dem Urteil beigefügte Rechtsmittelbelehrunghinweist, bereits unzulässig.
7
Selbst wenn eine Heilung des Vertretungsmangels durch Genehmigung eines zugelassenen Prozessbevollmächtigten möglich wäre (verneinend wohl BVerwG, B.v. 30.8.2001 – 9 VR 6.01 – NVwZ 2002, 82 = juris Rn. 5), wäre der Antrag nicht zulässig geworden. Weder dem Schriftsatz von Rechtsanwalt G. vom 11. September 2024 noch dem Schriftsatz von Rechtsanwalt V. vom 12. September 2024 lässt sich eine Genehmigung des Zulassungsantrags vom 31. August 2024 entnehmen. Aus dem Schriftsatz vom 11. September 2024 geht noch nicht einmal hervor, ob dem Verfasser der Schriftsatz vom 31. August 2024 bekannt war. Der Schriftsatz vom 12. September 2024 nimmt zwar Bezug auf den vom Kläger persönlich verfassten Schriftsatz (S. 2 unten); Rechtsanwalt V. stellt aber nach dem eindeutigen Wortlaut einen neuen Zulassungsantrag.
8
Weder dem Schriftsatz vom 11. September 2024 noch dem Schriftsatz vom 12. September 2024 lässt sich zudem entnehmen, dass der Zulassungsantrag vom 31. August 2024 zurückgenommen werden soll.
III.
9
Der von Rechtsanwalt G. gestellte Antrag auf Zulassung der Berufung vom 11. September 2024 hat jedenfalls in der Sache keinen Erfolg.
10
1. Den geltend gemachten Zulassungsgrund des § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 6 VwGO hat Rechtsanwalt G. nicht in einer den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG genügenden Weise dargelegt; jedenfalls aber liegt er nicht vor.
11
Zur Begründung dafür, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts i.S. des § 138 Nr. 6 VwGO nicht mit Gründen versehen sein soll, weist Rechtsanwalt G. darauf hin, der Kläger habe als Dolmetscher für die Bundeswehr gearbeitet. Dies habe er bei seiner Anhörung am 9. September 2019 angegeben. In der mündlichen Verhandlung am 19. Juli 2024 habe das Verwaltungsgericht hierzu keine Fragen an ihn formuliert. Im Urteil finde sich kein einziger Satz hierzu. Es hätte sich für das Verwaltungsgericht aufgedrängt, auf die Angabe einzugehen. Es werde auf eine Entscheidung des VG Hannover verwiesen.
12
Selbst wenn der Kläger sein Asylbegehren vor dem Verwaltungsgericht auch auf seine Dolmetschertätigkeit gestützt hätte (s. dazu ausführlich unten 2.), läge kein Fall des § 138 Nr. 6 VwGO vor.
13
Nach § 117 Abs. 2 Nr. 5, § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO müssen im Urteil die Gründe schriftlich niedergelegt werden, die für die Überzeugungsbildung des Gerichts maßgeblich waren. Nicht mit Gründen versehen ist eine Entscheidung nur dann, wenn die Entscheidungsgründe keine Kenntnis darüber vermitteln, welche tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte für die Entscheidung maßgebend waren, und wenn den Beteiligten und dem Rechtsmittelgericht deshalb die Möglichkeit entzogen ist, die Entscheidung auf ihre inhaltliche Richtigkeit zu überprüfen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.3.2021 – 4 B 14.20 – juris Rn. 38 m.w.N.). Das ist nur dann der Fall, wenn die Entscheidungsgründe vollständig oder zu wesentlichen Teilen des Streitgegenstandes fehlen oder rational nicht nachvollziehbar, sachlich inhaltslos oder aus sonstigen Gründen derart unbrauchbar sind, dass sie unter keinem denkbaren Gesichtspunkt geeignet sind, den Urteilstenor zu tragen. Der in § 138 Nr. 6 VwGO vorausgesetzte grobe Verfahrensfehler liegt indessen nicht schon dann vor, wenn die Entscheidungsgründe lediglich unklar, unvollständig, oberflächlich oder unrichtig sind.
14
Im vorliegenden Fall wären die strengen Anforderungen an das Vorliegen eines Verfahrensfehlers nach § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 6 VwGO nicht erfüllt. Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung ausführlich begründet. Dementsprechend macht der Kläger auch nicht geltend, es sei für ihn nicht nachvollziehbar, weshalb es die Klage abgewiesen hat. Er behauptet vielmehr lediglich, die Entscheidung sei unvollständig – und damit im Ergebnis auch unrichtig –, weil sie die Dolmetschertätigkeit nicht berücksichtigt habe.
15
2. Sollte Rechtsanwalt G. im Schriftsatz vom 11. September 2024 auch die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO) geltend machen (vgl. die Hinweise auf „§ 138, Ziff. 3 VwGO“ auf Seite 2), so hätte er auch damit keinen Erfolg.
16
a) Das rechtliche Gehör sichert den Parteien ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung mit der Folge, dass sie ihr Verhalten eigenbestimmt und situationsspezifisch gestalten können, insbesondere, dass sie mit ihren Ausführungen und Anträgen gehört werden (BVerfG, B.v. 30.4.2003 – 1 PBvU 1/02 – BVerfGE 107, 395 = juris Rn. 42). Es gewährleistet im Sinn der Wahrung eines verfassungsrechtlich gebotenen Mindestmaßes, dass eine Partei die Möglichkeit haben muss, sich im Prozess mit tatsächlichen und rechtlichen Argumenten zu behaupten (BVerfG, B.v. 21.4.1982 – 2 BvR 810/81 – BVerfGE 60, 305 = juris Rn. 15). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte von ihnen entgegengenommenes Parteivorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Sie sind dabei nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Deshalb müssen, damit ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG festgestellt werden kann, im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass tatsächliches Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist. Wird die Gehörsrüge hierauf gestützt, bedarf es der Darlegung, welches Vorbringen das Gericht nicht zur Kenntnis genommen oder nicht in Erwägung gezogen hat und unter welchem denkbaren Gesichtspunkt das nicht zur Kenntnis genommene oder nicht erwogene Vorbringen für die Entscheidung hätte von Bedeutung sein können (vgl. etwa BVerfG, B.v. 25.9.2020 – 2 BvR 854/20 – NVwZ-RR 2021, 131 = juris Rn. 26 m.w.N.).
17
b) Es ist nicht ersichtlich bzw. besteht für den Senat kein Grund zu der Annahme, dass sich das Verwaltungsgericht mit der Asylrelevanz der Dolmetschertätigkeit hätte befassen müssen. Das oben (unter 1.) wiedergegebene Vorbringen wird bereits den Umständen des Falls nur teilweise gerecht.
18
In der von Rechtsanwalt G. in Bezug genommenen Anhörung hat der Kläger ausweislich der hierüber gefertigten Niederschrift („Niederschrift über die Anhörung gem. § 25 AsylG“) nicht angegeben, als Dolmetscher für die Bundeswehr tätig gewesen. Vielmehr hat der Kläger lediglich darauf hingewiesen, er sei freiberuflicher Dolmetscher für Unternehmen gewesen und habe „mit der deutschen Bundeswehr zusammengearbeitet“ (a.a.O. S. 4). Der Kläger hat allerdings im Rahmen der Anhörung vom 9. September 2019 zur Zulässigkeit des Asylantrags u.a. einen englischsprachigen Lebenslauf sowie ein „Zertifikat“ des Deutschen Einsatzkontingents Nordirak vom 8. September 2018 vorgelegt (vgl. die „Niederschrift über die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags“ S. 2 untere Hälfte); in beiden Dokumenten wird auf eine Dolmetscher-/Übersetzertätigkeit für die Bundeswehr hingewiesen.
19
Ausweislich der Akten des Bundesamts und des Verwaltungsgerichts hat der Kläger indes vor Erlass des Urteils des Verwaltungsgerichts seinen Asylantrag zu keinem Zeitpunkt mit angeblichen Problemen aufgrund dieser Tätigkeit begründet (vgl. auch § 15 AsylG zur Mitwirkungspflicht eines Asylantragstellers). Er hat insoweit vielmehr stets die Probleme im Zusammenhang mit einer Liebesbeziehung zu einer Frau angeführt (vgl. insbesondere die „Niederschrift über die Anhörung gem. § 25 AsylG“ S. 3 unten: „Ich habe ein Problem mit Angehörigen eines Clans. Es geht um Liebe und um meine Geliebte.“ und S. 5 unten: „Das sind meine einzigen Probleme, ansonsten hatte ich keine Probleme dort, mir ging es finanziell auch ganz gut.“; die Klagebegründung vom 1. Dezember 2022: „Dem Kläger droht bei Rückkehr in den Irak von der Familie der vormaligen Freundin Gefahr für Leib und Leben wegen der vorehelichen sexuellen Beziehung.“; das Protokoll über die mündliche Verhandlung, S. 2: „Auf die Frage des Gerichts, was der Kläger im Falle einer Rückkehr in den Irak befürchte, teilt er mit, dass er den Tod fürchte. Es sei in dem Vertrag u.a. vereinbart worden, dass er getötet werde, wenn er nicht das Land verlasse. Auf weitere Nachfrage, wann er um die Hand seiner damaligen Freundin angehalten habe, teilt der Kläger mit, dass dies Mitte März 2019 gewesen sei.“). Ausgehend davon musste sich das Verwaltungsgericht nicht mit der Asylrelevanz der Dolmetschertätigkeit befassen.
20
Auch wenn das Vorbringen des Klägers in seinem Schreiben vom 31. August 2024 mangels Beachtung des Vertretungszwangs prozessual unbeachtlich sein dürfte (vgl. Schenk in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Band I, § 67 VwGO Rn. 73 [Stand: EL 31 Juli 2016]) und dieses von Rechtsanwalt G. in seinem Schriftsatz vom 11. September 2024 auch nicht in Bezug genommen wird, hat der Senat zur Kenntnis genommen, dass der Kläger behauptet, er habe in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht „erwähnt“ und „betont“, dass er „als ehemaliger Übersetzer und Dolmetscher des Deutschen Einsatzkontingents Nordirak der Bundeswehr den Status einer lokalen Hilfskraft im Irak habe und nach Abzug des Bundeswehrkontingents zunehmend Anfeindungen und Bedrohungen durch arabische Clans war“.
21
Dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung – und damit mehr als fünf Jahre nach seiner Ausreise – tatsächlich einen neuen Fluchtgrund in das Verfahren eingeführt hat, hat er indes lediglich behauptet, aber durch nichts belegt. Das Protokoll über die mündliche Verhandlung enthält keinen Hinweis auf einen entsprechenden Vortrag des Klägers. Eine negative Beweiskraft in dem Sinne, dass der Kläger nicht wie behauptet vorgetragen hat, dürfte dem Protokoll zwar nicht zukommen (vgl. BGH, U.v. 12.3.2020 – IX ZR 125/17 – NJW 2020, 1800 = juris Rn. 95). Hätte der Kläger wie im Schreiben vom Schreiben vom 31. August 2024 behauptet vorgetragen, so hätte es sich allerdings geradezu aufgedrängt, dass das Verwaltungsgericht derartige Ausführungen in das Protokoll aufgenommen hätte. Auch wenn der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht anwaltlich vertreten war, so hätte es doch zumindest nahegelegen, dass er – jedenfalls in laienhafter Form – einen Antrag auf Protokollergänzung gestellt hätte (vgl. § 105 VwGO i.V.m. § 160 Abs. 4 Satz 1 ZPO), zumal davon auszugehen ist, dass der Kläger aufgrund seiner Kenntnisse der deutschen Sprache keine Probleme hatte, dem Diktat der Einzelrichterin zu folgen, und er – jedenfalls ausweislich des Schreibens vom 31. August 2024 – solchem Vorbringen erhebliche asylrechtliche Relevanz zumisst. Einen Antrag auf Protokollberichtigung nach § 105 VwGO i.V.m. § 164 ZPO hat der Kläger ebenfalls nicht gestellt bzw. durch einen seiner Rechtsanwälte stellen lassen. Er hat im Zulassungsverfahren schließlich keine Zeugen für den Beweis seiner Behauptung benannt bzw. benennen lassen, obwohl sich dies im Hinblick auf das gänzliche Fehlen diesbezüglicher Ausführungen im Protokoll angeboten, ja sogar aufgedrängt hätte. Für den Senat besteht nach Vorstehendem kein Anlass, der Behauptung des Klägers nachzugehen. Hinzu kommt, dass das Vorbringen des Klägers auch unsubstantiiert ist. Die Behauptung, „Anfeindungen und Bedrohungen durch arabische Clans“ ausgesetzt gewesen zu sein, hat er, etwa durch Schilderung einzelner Vorfälle, nicht näher begründet.
22
3. In der Sache macht Rechtsanwalt G. letztlich die Unrichtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts geltend. Den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung sieht § 78 Abs. 3 AsylG für asylgerichtliche Verfahren indes nicht vor.
23
4. Ob der Zulässigkeit des Zulassungsantrags vom 11. September 2024 die Anhängigkeit des Zulassungsantrags vom 31. August 2024 entgegensteht, kann nach Vorstehendem dahingestellt bleiben.
IV.
24
Der Senat braucht auch nicht zu entscheiden, ob der von Rechtsanwalt V. gestellte Antrag auf Zulassung der Berufung vom 12. September 2024 aufgrund der Anhängigkeit eines oder mehrerer weiterer Zulassungsanträge unzulässig ist. Denn auch dieser Antrag hat jedenfalls in der Sache keinen Erfolg.
25
1. Den Zulassungsgrund des § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO (zum Maßstab s. schon oben III. 2. a) hat Rechtsanwalt V. nicht in einer den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG genügenden Weise dargelegt.
26
Zutreffend weist Rechtsanwalt V. zwar darauf hin (Schriftsatz vom 12.9.2024 S. 2 unten), dass die Tätigkeit des Klägers als Dolmetscher aktenkundig war (s. oben III.). Er behauptet indes nicht einmal, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht eine – bereits erfolgte oder jedenfalls bei einer Rückkehr befürchtete – Verfolgung aufgrund dieser Tätigkeit geltend gemacht hat. Im Schriftsatz vom 12. September 2024 finden sich keinerlei Angaben zu einem diesbezüglichen Vorbringen des Klägers in der mündlichen Verhandlung und in Konsequenz dessen auch keinerlei Ausführungen zu deren Entscheidungserheblichkeit. Im Übrigen wird auch auf die Ausführungen zu der Behauptung der Geltendmachung eines neuen Fluchtgrundes in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht unter III. verwiesen.
27
Soweit Rechtsanwalt V. auch bezogen auf die Abweisung der Hilfsanträge einen Gehörsverstoß unter dem Gesichtspunkt der Dolmetschertätigkeit geltend macht (a.a.O. S. 5 unten [unter 5.]), gelten vorstehende Ausführungen entsprechend.
28
Schon nicht nachvollziehbar ist die Behauptung von Rechtsanwalt V. (a.a.O. S. 3), das Verwaltungsgericht habe die Verfolgung durch den Familienclan seiner Freundin nicht gewürdigt. Das Verwaltungsgericht hat, worauf Rechtsanwalt V. selbst hinweist, vielmehr ausgeführt, die vorgetragenen Bedrohungen knüpften „jedenfalls an kein flüchtlingsrechtlich relevantes Merkmal im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG i.V.m. § 3b AsylG an“. Das Verwaltungsgericht hat überdies – die Entscheidung eigenständig tragend – „den Sachvortrag des Klägers im Zusammenhang mit den vorgetragenen Konflikten der Familien wegen der vorgetragenen heimlichen Beziehung für nicht glaubhaft“ gehalten (Urteil S. 8 oben). Mit dem vom Kläger (a.a.O.) thematisierten Vorliegen einer Verfolgungshandlung hat sich das Verwaltungsgericht in seinem Urteil nicht ausdrücklich auseinandergesetzt (allenfalls mit der Anwendung von § 77 Abs. 3 AsylG [vgl. Urteil S. 5 unter I.]), wohl nicht zuletzt, weil es hierauf aus seiner Sicht nicht ankam.
29
2. Auch hinsichtlich des Zulassungsgrunds der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) ist Rechtsanwalt V. den Darlegungsanforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG nicht gerecht geworden.
30
a) Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung setzt voraus, dass eine konkrete, bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht beantwortete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert wird, die für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung (entscheidungserheblich) war, deren Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und der eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. BayVGH, B.v. 8.7.2024 – 4 ZB 24.30029 u.a. – juris Rn. 2). Bei einer auf tatsächliche Verhältnisse gestützten Grundsatzrüge muss der Rechtsmittelführer Erkenntnisquellen zum Beleg dafür angeben, dass die Feststellungen, Erkenntnisse und Einschätzungen des Verwaltungsgerichts unzutreffend oder zumindest zweifelhaft sind (vgl. BayVGH, B.v. 21.9.2017 – 4 ZB 17.31091 – juris Rn. 9 m.w.N.).
31
b) Eine konkrete (Tatsachen-)Frage hat Rechtsanwalt V., soweit er auf eine Bedrohungs- bzw. Gefährdungslage aufgrund der Unterstützungstätigkeit für die Bundeswehr hinweist (vgl. Schriftsatz vom 12.9.2024 S. 3 unten [wohl im Hinblick auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft] und S. 4 oben [im Hinblick auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes und die Feststellung von Abschiebungsverboten]) nicht formuliert. Eine denkbare Tatsachenfrage bzw. denkbare Tatsachenfragen waren für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht entscheidungserheblich. Soweit Rechtsanwalt V. Ausführungen zu der Bedrohungs- bzw. Gefährdungslage macht (auch auf a.a.O. S. 3 oben), nennt er im Übrigen weder eine Gerichtsentscheidung noch eine sonstige Erkenntnisquelle, die seine Ausführungen stützen. Wie bereits oben ausgeführt konkretisiert er noch nicht einmal die vom Kläger geltend gemachten „Anfeindungen“ und „Bedrohungen“.
32
c) Soweit Rechtsanwalt V., allerdings wiederum ohne Formulierung einer konkreten (Tatsachen-)Frage, die grundsätzliche Bedeutung im Hinblick auf die Frage des Bestehens einer inländischen Fluchtalternative geltend macht (a.a.O. S. 4 unter 6.), übergeht er, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht tragend auf das Bestehen einer inländischen Fluchtalternative gestützt ist, sondern das Verwaltungsgericht vielmehr bereits eine Verfolgung anknüpfend an ein Merkmal i.S. des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG verneint und überdies den Sachvortrag des Kläger für nicht glaubhaft gehalten hat (s. schon 1.).
33
3. In der Sache macht letztlich auch Rechtsanwalt V. lediglich die Unrichtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts geltend.
V.
34
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
35
Mit der Ablehnung der Anträge auf Zulassung der Berufung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).
36
Der Beschluss ist unanfechtbar.