Titel:
Amtsangemessene Beschäftigung, Akademischer Direktor, Universitätsklinikum, Keine Orientierung an tarifvertraglichen Regelungen, Gerichtliche Prüfung der Ermessensausübung, Arbeitsüberlastung als sachlicher Grund für eine Umsetzung
Normenketten:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
VwGO § 114 S. 1
BeamtStG § 35 Abs. 2
TV-Ärzte § 12
Schlagworte:
Amtsangemessene Beschäftigung, Akademischer Direktor, Universitätsklinikum, Keine Orientierung an tarifvertraglichen Regelungen, Gerichtliche Prüfung der Ermessensausübung, Arbeitsüberlastung als sachlicher Grund für eine Umsetzung
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 28.03.2023 – M 5 K 21.2236
Fundstelle:
BeckRS 2024, 33472
Tenor
I. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 28. März 2023 – M 5 K 21.2236 – wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,00 € festgesetzt.
Gründe
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1. Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Solche sind gegeben, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt wird (BVerfG, B.v. 21.12.2009 – 1 BvR 812/09 – juris Rn. 16; B.v. 3.3.2004 – 1 BvR 461/03 – juris Rn. 19 m.w.N.) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – juris Rn. 9). Schlüssige Gegenargumente in diesem Sinne liegen vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis unrichtig ist (BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – juris Rn. 19).
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Der als Akademischer Direktor (Besoldungsgruppe A 15) an der Klinik und Poliklinik für Radiologie eines Universitätsklinikums tätige Kläger zweifelt mit seinem Vortrag im Zulassungsverfahren die rechtliche Bewertung des Verwaltungsgerichts an, dass für die beklagte Änderung seines Aufgabenbereichs ein sachlicher Grund vorgelegen habe, diese nicht ermessensmissbräuchlich erfolgt sei und dass die neuen Aufgaben amtsangemessen seien. Hierzu vertritt er die Auffassung, dass ein sachlicher Grund nicht mit dem Fürsorgegesichtspunkt der Verringerung der Arbeitsbelastung gegeben sei. Dieser Aspekt sei formell nur in der Anordnung vom 7. Mai 2019 und nicht in den späteren Anordnungen zur Begründung herangezogen worden. Ohnehin habe die Änderung des Aufgabenbereichs nicht zu einer geringeren Arbeitsbelastung geführt. Auf eine Organisationsänderung sei in keiner der Anordnungen zur Änderung seines Aufgabenbereichs Bezug genommen worden. Die Umstrukturierung des Standorts und die Verlegung stationärer Behandlungen würden außerdem allenfalls die Änderung seines Dienstortes begründen. Da diese Begründungen nicht greifen würden, sei die Übertragung des neuen Aufgabenbereichs ermessensmissbräuchlich erfolgt. Der Beklagte habe Ermessenserwägungen, die die Argumente des Klägers berücksichtigten, erweislich nicht angestellt. Hinsichtlich der Angemessenheit seiner neuen Aufgaben habe es das Verwaltungsgericht versäumt, diese unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unter dem Merkmal der Funktion eines Oberarztes i.S.v. § 12 Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken (TV-Ärzte) zu subsumieren. Hierzu führt der Kläger aus, weshalb die tarifvertraglichen Vorgaben nach seiner Auffassung nicht eingehalten seien. Außerdem erschließe es sich nicht, warum die einem Beamten als Amt im konkret-funktionellen Sinne zugewiesene Oberarzt-Stelle schlechter ausgestattet sein dürfte als die eines tarifvertraglich angestellten Oberarztes. Der Kläger verweist außerdem darauf, dass Befunde nicht nur von Oberärzten, sondern auch von Fachärzten und teilweise von Assistenzärzten mit Zeichnungsberechtigung validiert würden.
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1.1 Der Kläger legt mit diesem Vortrag nicht schlüssig dar, dass ein sachlicher Grund für seine Umsetzung fehlte. Die Umsetzung durfte aufgrund der vom Kläger mitgeteilten Arbeitsüberlastung erfolgen.
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Bei einer Umsetzung handelt es sich um die Zuteilung eines anderen Aufgabenkreises innerhalb derselben Behörde oder Anstalt (hier das Klinikum der L.-Universität M.), also die Zuweisung eines anderen Dienstpostens (Amt im konkret-funktionellen Sinne). Diese folgt entweder aus einer Änderung des Aufgabengebiets bei gleichbleibendem Zuschnitt der Organisationseinheiten oder aus Geschäftsplanänderungen, die sich auf das einzelne Aufgabengebiet auswirken (BayVGH, B.v. 13.12.2013 – 3 CE 13.1374 – juris Rn. 19).
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Materiell setzt die Aufgabenänderung ein dienstliches Bedürfnis voraus. Hierfür genügt bereits jeder sachliche Grund, für dessen tatsächliche Einschätzung der Dienstherr kraft seiner Organisationsgewalt einen Beurteilungsspielraum hat (BayVGH, B.v. 8.3.2016 – 3 ZB 15.1559 – juris Rn. 9). Da ein Beamter keinen Anspruch auf unveränderte und ungeschmälerte Ausübung des ihm übertragenen konkret-funktionellen Amtes (Dienstpostens) hat, muss er eine Änderung seines dienstlichen Aufgabenkreises durch organisatorische Maßnahmen nach Maßgabe seines Amtes im statusrechtlichen Sinne hinnehmen (stRspr, vgl. BVerfG, B.v. 30.1.2008 – 2 BvR 754/07 – juris Rn. 10; BVerwG, B.v. 21.6.2012 – 2 B 23.12 – juris Rn. 10; U.v. 28.11.1991 – 2 C 41.89 – juris Rn. 19; BayVGH, B.v. 18.12.2019 – 3 CE 19.1884 – juris Rn. 15).
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Die E-Mail-Kommunikation des Klägers, wonach hinsichtlich Arbeitszeit und -menge eine Überlastungssituation bestanden habe, genügt als tatsächliche Grundlage für die Annahme eines sachlichen Grundes im Sinne eines dienstlichen Bedürfnisses für eine Umsetzung. Es ist nicht unzulässig, wenn der Dienstherr ihm mitgeteilte und von ihm als solche angesehene Missstände oder auch nur deren mögliches Vorliegen zum Anlass nimmt, sich Gedanken über eine Umorganisation zu machen (vgl. BayVGH, B.v. 28.6.2011 – 3 CE 11.573 – juris Rn. 41). Der Zusammenhang zwischen der Umsetzung und der in der E-Mail-Kommunikation des Klägers beschriebenen Arbeitsüberlastung und Arbeitszeitüberschreitung ergibt sich daraus, dass hierauf in dem Schreiben vom 7. Mai 2019, welches die streitgegenständliche Aufgabenänderung initiierte, ausdrücklich Bezug genommen und darin als Grund für die getroffene Maßnahme genannt wird. Die nachfolgenden Änderungen und Anpassungen der Umorganisation bezüglich des Dienstpostens des Klägers resultieren hieraus (vgl. UA Rn. 16). Eine erneute ausdrückliche Bezugnahme in den späteren Schreiben war nicht erforderlich.
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Ob die Umsetzung des Klägers daneben auch mit der Umstrukturierung der Klinik und Poliklinik für Radiologie in Vorbereitung auf strukturelle Änderungen am Standort Innenstadt (Eröffnung der Portalklinik) in Zusammenhang steht, ist unerheblich. Grundsätzlich würde aber auch eine solche strukturelle Veränderung einen sachlichen Grund für eine Umsetzung darstellen.
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1.2 Auch hinsichtlich der Amtsangemessenheit der dem Kläger zugewiesenen Aufgaben zeigt das Vorbringen im Zulassungsverfahren nicht auf, dass die Einschätzung des Verwaltungsgerichts im Ergebnis falsch wäre. Die dem Kläger zuletzt mit Schreiben vom 5. Oktober und 30. November 2020 zugewiesenen Aufgaben (insbesondere campusübergreifende Befundvalidierung der Nacht- und Bereitschaftsdienste als Oberarzt und Bereichsleiter Bereitschaftsdienste – Befundvalidierung und Weiterbildung) sind amtsangemessen.
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Die äußerste Grenze der Möglichkeit des Dienstherrn, den Aufgabenbereich des Beamten zu verändern, bildet der Anspruch des Beamten auf amtsangemessene Beschäftigung (vgl. BayVGH, B.v. 26.2.2015 – 3 ZB 14.499 – juris Rn. 7). Maßgeblich ist dabei allein das Amt im statusrechtlichen Sinne.
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Der Kläger befindet sich statusrechtlich im Amt eines Akademischen Direktors. Ihm dürfen alle Aufgaben übertragen werden, die an einem Universitätsklinikum diesem Statusamt entsprechen. Die Funktion eines Oberarztes ist nur ein mögliches Amt im konkret-funktionellen Sinne, das dem Kläger zugewiesen werden kann. Hieraus folgt aber nicht, dass dem Kläger nur Tätigkeiten, die von Oberärzten ausgeführt werden, übertragen werden dürfen, oder dass nur eine Ausgestaltung seiner Aufgaben wie die anderer Oberärzte eine amtsangemessene Beschäftigung im beamtenrechtlichen Sinne darstellt. Das Berufsbild des Oberarztes ist mithin nicht entscheidend.
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Abgesehen hiervon sind arbeits- und tarifrechtliche Regelungen für die Bestimmung der amtsangemessenen Beschäftigung eines Beamten generell ohne Belang. Die rechtliche Bewertung von Dienstposten, d.h. ihre Zuordnung zu statusrechtlichen Ämtern einer bestimmten Besoldungsgruppe, liegt im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben des Laufbahn-, Besoldungs- und Haushaltsrechts sowie einzelner spezialgesetzlicher Regelungen in der organisatorischen Gestaltungsfreiheit des Dienstherrn (BVerwG, U.v. 23.5.2002 – 2 A 5.01 – juris Rn. 13 m.w.N.) und nicht – auch nicht mittelbar – in der Regelungskompetenz der Tarifvertragsparteien. Maßgeblich für die Tätigkeit eines Arbeitnehmers im öffentlichen Dienst ist der Inhalt des Arbeitsvertrags i.V.m. einschlägigen Tarifnormen. Der Arbeitnehmer hat einen Rechtsanspruch auf eine vertragsgemäße Beschäftigung. Die Eingruppierung erfolgt aufgrund der auszuübenden Tätigkeit. Allein hierauf bezieht sich § 12 TV-Ärzte und die hierzu ergangene arbeitsgerichtliche Rechtsprechung. Der Kläger hat in seinem Beamtenstatus hingegen keinen Rechtsanspruch auf eine Beschäftigung als Oberarzt und erst recht keinen Anspruch auf eine Ausgestaltung seines Dienstpostens nach arbeits- oder tarifrechtlichen Regelungen. Die Unterschiede zwischen dem Beamten- und dem Arbeitnehmerstatus rechtfertigen zugleich eine unterschiedliche Behandlung der beiden Statusgruppen hinsichtlich der Ausgestaltung der dem Einzelnen zugewiesenen Aufgaben nach unterschiedlichen Regeln.
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Eine amtsangemessene Beschäftigung verlangt auch nicht zwingend die Übertragung des „üblichen“ Aufgabenbereichs. Ebenso wenig ist die Amtsangemessenheit der Beschäftigung nur dann anzunehmen, wenn ein möglichst breites oder gar das gesamte mit dem statusrechtlichen Amt verbundene Aufgabenspektrum abgedeckt ist. Ein anderweitiges Verständnis würde das dem Dienstherrn beim Personaleinsatz und der sachgerechten Aufgabenbewältigung zustehende organisatorische Ermessen unverhältnismäßig einschränken (BayVGH, B.v. 19.2.2024 – 3 CE 23.2239 – juris Rn. 5).
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Auch die Einbuße an einem mit dem bisherigen Dienstposten tatsächlich oder vermeintlich verbundenen besonderen gesellschaftlichen Ansehen, eine Verringerung der Mitarbeiterzahl, der Verlust der Vorgesetzteneigenschaft oder einer Funktionsbezeichnung ohne statusrechtliche Bedeutung usw. sind grundsätzlich unbeachtlich (BVerwG, U.v. 22.5.1980 – 2 C 30.78 – juris Rn. 23; BayVGH, B.v. 31.5.2019 – 3 CE 19.715 – juris Rn. 26 und 39). Es kommt immer nur darauf an, ob das neue Aufgabengebiet noch in das Aufgabenspektrum des Amtes im statusrechtlichen Sinne fällt (BayVGH, B.v. 28.6.2011 – 3 CE 11.573 – juris Rn. 53). Dabei ist das in Art. 19 BayBesG verankerte Prinzip zu beachten, dass sich in den statusrechtlichen Ämtern Abstufungen der ihnen zugeordneten Funktionen und Anforderungen widerspiegeln (vgl. BVerwG, U.v. 23.5.2002 – 2 A 5.01 – juris Rn. 13).
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Die dem Kläger zugewiesene Validierung fremder Befunde, d.h. die letztverantwortliche Validierung der Befunde von Ärzten, die nicht selbst zur Validierung berechtigt sind, stellt eine herausgehobene Tätigkeit dar, die dem Amt eines Akademischen Direktors an einer Universitätsklinik entspricht. Das Maß an Verantwortung, die Funktion als Vorgesetzter und die erforderliche Qualifikation sind der Wertigkeit eines zweiten Beförderungsamts angemessen. Mit der Letztverantwortlichkeit für die Befunde ist ein erhöhtes Maß an Verantwortung und eine Vorgesetztenfunktion gegenüber den Ärzten verbunden, deren Befunde durch den Kläger validiert werden. Die Rolle eines Vorgesetzten hat der Kläger auch im Rahmen der zugleich wahrzunehmenden Weiterbildungsfunktion. Die letztverantwortliche Befundvalidierung und die Weiterbildung von Assistenzärzten setzt entsprechend ausgereifte ärztliche Fachkenntnisse und Berufserfahrung voraus. Die Attraktivität der Tätigkeit und das Ausmaß des Kontakts zu anderen Ärzten sind hingegen keine Kriterien der Amtsangemessenheit. Es ist auch nicht erkennbar, dass der dem Kläger zugewiesene Aufgabenbereich üblicherweise einem niedrigeren statusrechtlichen Amt zuzuordnen wäre.
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1.3 Die Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung legt auch nicht den behaupteten Ermessensmissbrauch oder unzureichende Ermessenserwägungen des Beklagten dar.
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Bei der Umsetzung im Rahmen einer statusgemäßen Verwendung hat der Dienstherr ein sehr weites Ermessen. Die Ermessenserwägungen können deshalb von den Verwaltungsgerichten nach § 114 Satz 1 VwGO im Allgemeinen lediglich daraufhin überprüft werden, ob sie durch Ermessensmissbrauch maßgebend geprägt sind (vgl. BVerfG, B.v. 30.1.2008 – 2 BvR 754/07 – juris Rn. 11; BVerwG, B.v. 8.2.2007 – 2 VR 1.07 – juris Rn. 4; U.v. 22.5.1980 – 2 C 30.78 – juris Rn. 24). Diese Prüfung ist grundsätzlich darauf beschränkt, ob die Gründe des Dienstherrn nur vorgeschoben, um eine in Wahrheit allein oder maßgeblich auf anderen Beweggründen beruhende Entscheidung zu rechtfertigen, oder ob sie aus anderen Gründen willkürlich sind (BVerwG, U.v. 28.11.1991 – 2 C 41.89 – juris Rn. 21; BayVGH, B.v. 14.3.2022 – 3 CE 22.413 – juris Rn. 9; B.v. 8.3.2016 – 3 ZB 15.1559 – juris Rn. 9; B.v. 27.8.2014 – 3 ZB 14.454 – juris Rn. 22).
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Nur in besonders gelagerten Einzelfällen kann das Ermessen des Dienstherrn bei einer Umsetzung weiter eingeschränkt sein. Solche Einschränkungen können sich beispielsweise aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn (§ 45 BeamtStG) ergeben, etwa dann, wenn besondere Umstände des Einzelfalls, insbesondere gewichtige Grundrechte des Beamten, einer besonderen Berücksichtigung bedürfen und daher auch private Belange des Beamten in den Ermessenserwägungen bei der Umsetzungsentscheidung zu berücksichtigen sind. Hierzu können auch besondere Schutzbedürfnisse des Beamten aus dem von Art. 6 GG geschützten Bereich von Ehe und Familie oder auch die mit einem Wechsel des Dienstorts verbundenen Belastungen zählen (vgl. BVerfG, B.v. 30.1.2008 – 2 BvR 754/07 – juris Rn. 12). Besonderheiten des bisher innegehabten Amts im konkret-funktionellen Sinne wie etwa Vorgesetztenfunktion, Beförderungsmöglichkeiten oder gesellschaftliches Ansehen haben hingegen keine das Ermessen des Dienstherrn einschränkende Bedeutung (BVerfG, B.v. 30.1.2008 a.a.O. juris Rn. 10; BVerwG, U.v. 28.11.1991 – 2 C 41.89 – juris Rn. 19). Die Beschränkung des Ermessens des Dienstherrn bei einer Umsetzung ist vielmehr auf besonders gelagerte Verhältnisse begrenzt (BVerwG, B.v. 26.11.2004 – 2 B 72.04 – juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 17.3.2014 – 3 CE 14.724 – juris Rn. 23).
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1.3.1 Die Umsetzung des Klägers erfolgte nicht ermessensmissbräuchlich, da sie auf einem sachlichen, nicht nur vorgeschobenen Grund beruht. Der Kläger hat eingeräumt, mehrfach auf eine aus seiner Sicht nicht mehr vertretbare häufige erhebliche Überschreitung der Arbeitszeiten durch eine zu hohe Arbeitsmenge hingewiesen zu haben. Eine daraufhin erfolgende Regelung, die seine Arbeitszeit betrifft, und eine damit verbundene Umorganisation der dienstlichen Aufgaben sind grundsätzlich nicht als missbräuchlich zu werten. Selbst wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass das angestrebte Ziel der Arbeitsentlastung nicht (ausreichend) mit der getroffenen Maßnahme erreicht wurde, lässt dies nicht den Schluss zu, dass die Maßnahme ermessensmissbräuchlich erfolgt ist. Das wäre nur der Fall, wenn von vornherein erkennbar war, dass die Maßnahme ungeeignet ist, dem sachlichen Grund zu dienen. Dass die getroffenen Maßnahmen bzgl. der Aufgaben des Klägers von vornherein ungeeignet erschienen, ist jedoch nicht ersichtlich. Der Vortrag des Klägers, dass er nach seiner Berechnung neun bis zwölf Stunden arbeitstäglich für die Befundvalidierung brauchen würde, wenn er mit der durchschnittlichen Arbeitsgeschwindigkeit anderer Oberärzte arbeiten würde, ist nicht geeignet, Zweifel an der Geeignetheit der Maßnahmen hervorzurufen, da keine weitere Belastung des Klägers durch Überstunden dargelegt wurde. Der Beklagte verweist diesbezüglich in seiner Erwiderung im Zulassungsverfahren zurecht darauf, dass der Kläger laut dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht mitgeteilt habe, dass seine Tätigkeit seine Arbeitszeit ausfülle, und dass er keine Überlastung mehr geltend gemacht habe.
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Der Senat verkennt nicht, dass die zunächst mit Schreiben vom 7. Mai 2019 erfolgte drastische Beschränkung der Dienstaufgaben des Klägers durchaus so aufgefasst werden könnte, dass ihr neben der Behebung des seitens des Klägers mitgeteilten Zustands eine überschießende maßregelnde Tendenz innewohnte. Allerdings wurde diese Anordnung im Verwaltungsverfahren nach Einwendungen des Klägers mehrfach überarbeitet. Hieraus ergibt sich, dass die Einwendungen zur Kenntnis und zum Anlass für Änderungen genommen wurden. Der nunmehr allein maßgeblichen letzten Fassung der Zuweisung des Aufgabenbereichs des Klägers im Schreiben vom 5. Oktober 2020 lässt sich keine maßgeblich von sachfremden Erwägungen geprägte, auf anderen Beweggründen beruhende oder sonst willkürliche Entscheidung entnehmen, bei der der sachdienliche Grund einer Behebung der Arbeitsüberlastung des Klägers lediglich vorgeschoben ist.
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Der Kläger kann auch nicht mehr mit Erfolg darauf verweisen, dass das Schreiben vom 22. Oktober 2019 mit dem Satz endete „Ihre Stellungnahme vom … … haben wir bei unserer Entscheidung berücksichtigt.“ Denn nach einer schriftlichen Stellungnahme des Klägers erfolgte mit Schreiben vom 11. November 2019 eine neue Aufgabenzuweisung mit Wirkung ab 13. November 2019 sowie später die Ergänzung durch Schreiben vom 5. Oktober 2020 und letztlich die formale unbefristete Bestellung des Klägers zum Oberarzt für die ihm zugewiesenen Funktionen durch das Schreiben vom 30. November 2020. Dass es letztlich bei einer umfangreichen Umgestaltung der Aufgaben des Klägers verblieben ist, genügt nicht für die Annahme eines Ermessensmissbrauchs.
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Missbräuchliche Erwägungen hinsichtlich der Festlegung des Dienstortes sind nicht erkennbar. Für die Festlegung des Dienstortes hat der Beklagte plausible Gründe benannt: Zunächst, dass der Klinikdirektor seinen Sitz am Campus Großhadern habe und er dort unmittelbar die Arbeitsleitung und -zeit des Klägers kontrollieren könne, und schließlich, dass am Dienstort Großhadern das Befundaufkommen das Dreifache gegenüber dem Standort Innenstadt betrage.
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1.3.2 Der Kläger zeigt mit seinem Vortrag auch keinen sonstigen Ermessensfehler auf. Die Umsetzung wahrt den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Sie beruht mit den im Verlauf des Verwaltungsverfahrens vorgenommenen Änderungen, mit denen auf Einwendungen des Klägers reagiert wurde, auf einer ausreichenden Abwägung seiner Interessen.
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Bei einer Umsetzung sind die Belange des Betroffenen nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen (BVerwG, U.v. 26.4.2011 – 2 A 8.09 – juris Rn. 19). Die tatsächlichen Auswirkungen der Umsetzung auf den beruflichen Werdegang des Betroffenen oder dessen private Lebensführung sind aus Fürsorgegründen bei den Ermessenserwägungen zu berücksichtigen. Der Dienstherr muss sowohl das dienstliche Interesse an der Umsetzung als auch die entgegenstehenden Belange des Betroffenen mit der ihnen objektiv zukommenden Bedeutung in die Abwägung einstellen und gewichten. Dabei gilt, dass die dienstlichen Belange, die der Umsetzung zugrunde liegen, umso gewichtiger sein müssen, je schwerer die Folgen einer Umsetzung für den Beamten sind (BVerwG, B.v. 21.6.2012 – 2 B 23.12 – juris Rn. 8 f.).
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Bei der anzustellenden Bewertung der den Belangen des von der Umsetzung betroffenen Beamten objektiv zukommenden Bedeutung ergibt sich angesichts des fehlenden Anspruchs des Beamten auf einen konkreten Dienstposten und angesichts seiner Folgepflicht (§ 35 Abs. 2 BeamtStG), dass diese das Ermessen des Dienstherrn bei einer Umsetzung nur in besonders gelagerten Einzelfällen einschränken können (s.o.).
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Der Kläger hat keinen Belang dargelegt, der ein eigenständiges Gewicht besäße und zu einer Beschränkung der Organisationshoheit des Dienstherrn führen könnte. Besonderheiten des Amts im konkret-funktionellen Sinne wie Monotonie der Tätigkeit, Isolation, Stagnation oder Rückentwicklung der Fähigkeiten kommt keine das Ermessen des Dienstherrn bei der Änderung des Aufgabenbereichs einschränkende Wirkung zu.
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2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
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3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 2 GKG.
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Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).