Inhalt

VGH München, Beschluss v. 05.11.2024 – 22 AS 24.40034
Titel:

Vorzeitige Besitzeinweisung für den Neubau einer Straßenbahnstrecke

Normenketten:
PBefG § 29a Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 4
VwGO § 48 Abs. 1 S. 1 Nr. 7
Leitsätze:
1. Nur die Begünstigte des Planfeststellungsbeschlusses und Vorhabenträgerin des planfestgestellten Vorhabens besitzt die Befugnis, zum Zweck der Umsetzung des planfestgestellten Vorhabens bei der Enteignungsbehörde einen Antrag auf vorzeitige Besitzeinweisung zu stellen. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Ladungsfrist nach § 29a Abs. 2 S. 4 PBefG steht nicht allein im öffentlichen Interesse der Beschleunigung des Verfahrens sondern dient auch der Sicherung von Rechten desjenigen, dem der Besitz entzogen werden soll. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
3. Voraussetzung für das Gebotensein des sofortigen Beginns der Bauarbeiten ist nicht, dass der Vorhabenträger im Einzelnen sämtliche während der Baumaßnahmen geplanten Schritte darlegt. (Rn. 49) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Ladungsfrist, Mitteilung des Antrags auf Besitzeinweisung, Betroffene des Besitzeinweisungsverfahrens, Streitwert bei Verfahren der vorzeitigen Besitzeinweisung, vorzeitige Besitzeinweisung, Antragsbefugnis, Prozessstandschaft, sofortiger Beginn, erstinstanzliche Zuständigkeit, mündliche Verhandlung
Fundstellen:
DVBl 2025, 378
LSK 2024, 30455
BeckRS 2024, 30455

Tenor

I. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Besitzeinweisungsbeschluss der Antragsgegnerin vom 16. Oktober 2024 (Az.: …) wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird auf 22.120 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen einen Besitzeinweisungsbeschluss der Antragsgegnerin, der im Zusammenhang mit einem Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Oberbayern nach dem Personenbeförderungsgesetz zugunsten der Beigeladenen erlassen wurde.
2
Mit Planfeststellungsbeschluss vom 4. September 2023 stellte die Regierung von Oberbayern den Plan bezüglich des Neubaus der Straßenbahnstrecke Tram-Westtangente durch die Stadtwerke M. GmbH, Planfeststellungsabschnitt 1 vom R.platz bis einschließlich der Wendeschleife am Waldfriedhof, in M. fest. Im Anschluss daran ergingen mehrere Änderungsplanfeststellungsbeschlüsse.
3
Die Antragstellerin ist Eigentümerin des Grundstücks FlNr. … der Gemarkung L. in M., das u.a. mit Wohn- und Geschäftsgebäuden bebaut ist, die an verschiedene Mieter vermietet sind. Nach dem Planfeststellungsbeschluss sollen 2 Teilflächen des Grundstücks für das Vorhaben in Anspruch genommen werden. Es handelt sich dabei um – mit Ausnahme von zwei gemauerten Pflanztrögen – unbebaute Teilflächen des Grundstücks im Bereich zwischen dem öffentlichen Fußweg entlang der F. Straße sowie zu einem kleinen Anteil entlang der A.-Straße und dem Beginn der Bebauung auf dem Grundstück der Antragstellerin. Die Flächen sind schon heute öffentlich zugänglich. Aus dem planfestgestellten Grunderwerbsverzeichnis, Planunterlage 7.0.1 A, laufende Nr. 18, ergibt sich, dass eine Teilfläche von 170 m² für die Landeshauptstadt M. erworben, also dauerhaft in Anspruch genommen werden soll. Eine weitere Teilfläche von 110 m² soll nach dem Grunderwerbsverzeichnis vorübergehend in Anspruch genommen werden. Die Lage der Teilflächen ergibt sich aus der planfestgestellten Planunterlage 7.3, „Übersichtslageplan mit Grunderwerb A.“.
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Die beigeladene Vorhabenträgerin beantragte mit Schreiben vom 7. August 2024 bei der Antragsgegnerin die Enteignung der beschriebenen Teilfläche von 170 m² zugunsten der Landeshauptstadt M. Dies wurde u.a. damit begründet, dass der freihändige Erwerb der zum Umbau der Straßenführung benötigten Fläche trotz ernsthaften Bemühens seitens der Landeshauptstadt M. bislang nicht habe erreicht werden können.
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Mit Schreiben vom 22. August 2024 beantragte die Beigeladene bei der Antragsgegnerin nach § 29a Abs. 1 PBefG ihre vorzeitige Einweisung in den Besitz der Teilflächen von ca. 170 m² und ca. 110 m² aus dem Grundstück FlNr. … der Gemarkung L., die in der planfestgestellten Unterlage 7.3, Grunderwerbsplan, unter der laufenden Nr. 18 gelb und grün dargestellt seien, bis spätestens 7. Oktober 2024. Zur Begründung trug die Beigeladene vor, auf dem Grundstück FlNr. … und dem angrenzenden öffentlichen Straßenraum erfolge ab dem 7. Oktober 2024 eine Geh-, Radwege- und Fahrbahnumlegung sowie die Verlegung zahlreicher Versorgungsleitungen. Dies erfordere die Führung des Fußverkehrs über die private, jedoch schon bisher öffentlich genutzte Fläche.
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Mit Schreiben vom 27. August 2024 teilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen mit, der Antrag sei unvollständig, und forderte die Vorlage verschiedener Unterlagen.
7
Mit Schreiben vom 3. September 2024, am gleichen Tag bei der Antragstellerin eingegangen, lud die Antragsgegnerin die Antragstellerin unter Beifügung von Anlagen zur mündlichen Verhandlung im Rahmen des Verfahrens auf vorzeitige Besitzeinweisung für den 30. September 2024.
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Mit Schreiben vom 9., 16., 26. und 27. September 2024 legte die Beigeladene der Antragsgegnerin nachgeforderte Unterlagen vor; am 26. September 2024 wurden Bauphasenpläne und eine textliche Erläuterung dazu vorgelegt, am 27. September 2024 der Bauzeitenplan.
9
Mit Schreiben vom 27. September 2024 änderte die Beigeladene ihren Antrag auf vorzeitige Besitzeinweisung dahingehend, dass die Besitzeinweisung ab dem 2. November 2024 beantragt wurde.
10
Am 30. September 2024 führte die Antragsgegnerin die mündliche Verhandlung durch. In deren Rahmen übergab sie der Antragstellerin ein Schreiben, mit dem dieser verschiedene weitere Unterlagen, insbesondere die Bauphasenpläne mit textlicher Erläuterung, der Bauzeitenplan sowie der geänderte Antrag auf Besitzeinweisung vom 27. September 2024, übermittelt und ihr Gelegenheit zur Äußerung bis zum 8. Oktober 2024 gegeben wurden.
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Unter dem 16. Oktober 2024 erließ die Antragsgegnerin den streitgegenständlichen Besitzeinweisungsbeschluss, mit dem die Beigeladene zum Zweck der Ausführung der Bauarbeiten des Planfeststellungsverfahrens für das Projekt „Neubau der Straßenbahnstrecke Tram-Westtangente, Planfeststellungsabschnitt 1 vom R.platz bis einschließlich der Wendeschleife am Waldfriedhof“ in den Besitz der in dem als Bestandteil dieses Beschlusses als Anlage 1 beigefügten „Übersichtslageplan mit Grunderwerb A. …“ im Maßstab 1:2000/1:200 dargestellten Teilfläche von ca. 170 m² aus dem Grundstück FlNr. …, Gemarkung L., mit Wirkung vom 2. November 2024, 0:00 Uhr, eingewiesen wurde (Nr. B.1. des Tenors). Die Beigeladene wurde darüber hinaus zum gleichen Zweck in die in dem gleichen Übersichtslageplan dargestellte Teilfläche von 110 m² aus dem Grundstück FlNr. …, Gemarkung L., mit Wirkung vom gleichen Zeitpunkt vorübergehend eingewiesen (Nr. B.2. des Tenors). Der Beschluss wurde der Antragstellerin am 17. Oktober 2024 zugestellt.
12
Unter dem 21. Oktober 2024 erhob die Antragstellerin beim Verwaltungsgerichtshof Klage gegen den Besitzeinweisungsbeschluss mit dem Antrag, diesen aufzuheben, und begründete die Klage mit dem gleichen Schriftsatz. Unter dem gleichen Datum stellte und begründete sie einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage; sie ergänzte ihre Begründung mit Schriftsatz vom 4. November 2024.
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Die Antragsgegnerin beantragte die Ablehnung des Antrags; die Beigeladene äußerte sich schriftsätzlich dazu.
14
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die Behördenakten verwiesen.
II.
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Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den Besitzeinweisungsbeschluss der Antragsgegnerin vom 16. Oktober 2024 bleibt ohne Erfolg.
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1. Der Verwaltungsgerichtshof ist für die Entscheidung als Gericht des ersten Rechtszugs sachlich nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 VwGO zuständig. Zwar kann insoweit nicht auf § 48 Abs. 1 Satz 3 VwGO i.V.m. Art. 5 AGVwGO zurückgegriffen werden. Die Vorschrift ist auf eine wie hier in § 29a PBefG bundesrechtlich geregelte vorzeitige Besitzeinweisung, für die der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten vorgesehen ist (§ 29a Abs. 7 PBefG), nicht anwendbar; sie hat den Hintergrund, dass einige Bundesländer für Streitigkeiten über Besitzeinweisungen den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten vorgesehen haben (BVerwG, B.v. 22.6.2023 – 4 VR 4.23 – juris Rn. 11; BayVGH, B.v. 19.6.2023 – 22 AS 23.40016 – juris Rn. 14; Ziekow, in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 48 Rn. 32). Die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofs folgt jedoch unmittelbar aus § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 VwGO. Die Vorschrift umfasst sämtliche Streitigkeiten, die Planfeststellungsverfahren für den Bau oder die Änderung der Strecken von Straßenbahnen betreffen. Diese Zuständigkeit ist grundsätzlich weit zu verstehen. Sie erfasst alle Verwaltungsstreitsachen, die einen unmittelbaren Bezug zu den genannten konkreten Planfeststellungsverfahren haben und damit Teil der genehmigungsrechtlichen Bewältigung des Vorhabens sind (vgl. BVerwG, B.v. 10.9.2018 – 4 A 14.17 – juris Rn. 7 m.w.N. zu § 5 VerkPBG; BayVGH, B.v. 7.9.2023 – 22 AS 23.40025 – juris Rn. 20). Der Gesetzgeber hat einen solchen unmittelbaren Zusammenhang zum Planfeststellungsverfahren bei vorzeitigen Besitzeinweisungen bejaht (vgl. die Begründung zum heutigen § 48 Abs. 1 Satz 3 VwGO auf BT-Drs. 10/171, S. 12 zu Nr. 17 Buchst. b; für die Erstreckung der Katalogzuständigkeiten nach § 48 Abs. 1 Satz 1 VwGO auf Besitzeinweisungen auch Ziekow, in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 48 Rn. 32; W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 29. Aufl. 2023, § 48 Rn. 10). Da es vorliegend unmittelbar um die Bauausführung des planfestgestellten Vorhabens geht, kommt auch der vom Gesetzgeber mit der Zuständigkeitskonzentration verbundene Aspekt der Prozessökonomie und Beschleunigung vorliegend zum Tragen (vgl. BT-Drs. 10/171, S. 12). Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall von der Konstellation, die dem Senatsbeschluss vom 7. September 2023 (22 AS 23.40025 – juris) zugrunde lag.
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2. Der zulässige, insbesondere innerhalb der Frist des § 29a Abs. 7 Satz 2 PBefG gestellte und begründete Antrag ist unbegründet.
18
Das Gericht kann gemäß § 80a Abs. 3 Satz 1, 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs auf Antrag anordnen, wenn das Interesse des Antragstellers am vorläufigen Aufschub der Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts das Interesse des begünstigten Dritten an seiner sofortigen Vollziehung überwiegt; dafür ist maßgeblich auf die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs abzustellen (vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 80a Rn. 23). Vorliegend muss das Interesse der Antragstellerin an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage hinter das Vollzugsinteresse der Beigeladenen zurücktreten, weil die Klage der Antragstellerin aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben wird. Nach summarischer Prüfung ist der vorzeitige Besitzeinweisungsbeschluss der Antragsgegnerin rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dabei ist der Senat auf die Prüfung der binnen der Begründungsfrist des § 29a Abs. 7 Satz 2 PBefG vorgetragenen Gründe beschränkt (vgl. BVerwG, B.v. 15.6.2021 – 4 VR 6.20 – juris Rn. 6 zur Parallelnorm des § 43b Abs. 1 Satz 2 EnWG).
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2.1 Dem Vortrag der Antragstellerin ist nicht zu entnehmen, dass der Besitzeinweisungsbeschluss an einem formellen Mangel leidet.
20
2.1.1 Der Beigeladenen fehlte es nicht an der notwendigen Antragsbefugnis für den Antrag auf vorzeitige Besitzeinweisung.
21
Die Enteignungsbehörde hat nach § 29a Abs. 1 Satz 1 PBefG den Unternehmer auf Antrag bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen der Vorschrift nach Feststellung des Planes in den Besitz einzuweisen. Unternehmer im Sinne des Personenbeförderungsgesetzes ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 PBefG, wer im Sinne des § 1 Abs. 1 PBefG mit Straßenbahnen Personen befördert. Unternehmer in diesem Sinne ist die Beigeladene; zu ihren Gunsten wurde auch der Planfeststellungsbeschluss erlassen.
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Aus Sicht des Senats spielt es entgegen dem Vortrag der Antragstellerin keine Rolle, dass die Straßenbaulast für die betroffene Straße nach Art. 47 Abs. 1 BayStrWG bei der Antragsgegnerin liegt. Auf den angeführten Beschluss des Stadtrats vom 15. Dezember 2021 zur Beauftragung der Beigeladenen mit der Bauausführung und dessen Vollzug kommt es insoweit nicht an. Begünstigte des Planfeststellungsbeschlusses und Vorhabenträgerin des planfestgestellten Vorhabens ist die Beigeladene; sie ist zu dessen Umsetzung gesetzlich verpflichtet (§ 36 Abs. 1 PBefG). Nur die Beigeladene kann deshalb auch die Befugnis besitzen, zum Zweck der Umsetzung des planfestgestellten Vorhabens bei der Enteignungsbehörde einen Antrag auf vorzeitige Besitzeinweisung zu stellen. Die Straßenbaulast betrifft insoweit nur das Innenverhältnis zwischen der Beigeladenen und der Antragsgegnerin; das Außenverhältnis zwischen der Beigeladenen und der Antragstellerin – mithin der Antragstellerin und der Antragsgegnerin des Besitzeinweisungsverfahrens – wird dadurch jedoch nicht berührt. Dabei kommt es auch nicht darauf an, dass auf den betroffenen Grundstücksteilflächen nicht unmittelbar Betriebsanlagen der Straßenbahn errichtet werden sollen, sondern die zur Enteignung anstehende Teilfläche von 170 m² künftig für den Gehweg verwendet werden soll. Zwischen der Errichtung der Betriebsanlagen der Straßenbahn und der Verlegung des Gehwegs besteht ein unmittelbarer Zusammenhang; es handelt sich insoweit um eine Folgemaßnahme nach § 28 Abs. 1 Satz 3 PBefG i.V.m. Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BayVwVfG. Beide Maßnahmen sind gleichermaßen mit dem bestandskräftigen Planfeststellungsbeschluss genehmigt (vgl. hierzu auch ThürOVG, B.v. 11.3.1999 – 2 EO 1247.98 – juris Rn. 54).
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2.1.2 Der Besitzeinweisungsbeschluss ist auch nicht deshalb formell rechtswidrig, weil gegenüber der Antragstellerin die dreiwöchige Ladungsfrist unter Beifügung der erforderlichen Unterlagen nicht gewahrt worden wäre.
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2.1.2.1 Nach Auffassung des Senats gehört die Ladungsfrist nach § 29a Abs. 2 Satz 4 PBefG zwar entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin nicht zu den Fristen des § 29a PBefG, die allein im öffentlichen Interesse der Beschleunigung des Verfahrens stehen und damit nicht der Sicherung von Rechten desjenigen dienen, dem der Besitz entzogen werden soll (so in Bezug auf die Fristen des § 29a Abs. 2 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1, Satz 3 PBefG bzw. deren Parallelvorschriften in anderen Fachplanungsgesetzen BVerwG, B.v. 28.7.2015 – 4 B 32.14 – juris Rn. 8 [zu § 27g Abs. 4 Satz 1 LuftVG]; VG Köln, B.v. 7.1.2022 – 18 L 21.22 – juris Rn. 21 [zu § 29a Abs. 4 Satz 1 PBefG]; VGH BW, B.v. 11.2.1999 – 5 S 2379.98 – juris Rn. 3 [zu § 18f Abs. 4 Satz 1 FStrG]; ThürOVG, B.v. 11.3.1999 – 2 EO 1247.98 – juris Rn. 56 [zu § 29a Abs. 2 Satz 1 PBefG]). Soweit diese Auffassung ohne weitere Differenzierung auch in Bezug auf die Ladungsfrist zur mündlichen Verhandlung nach § 29a Abs. 2 Satz 4 PBefG und entsprechende Parallelvorschriften vertreten wird (Grätz in Fielitz/Grätz, PBefG, Stand Juni 2024, § 29a Rn. 12; Kment in ders., EnWG, 3. Aufl. 2023, § 44b Rn. 15), folgt der Senat dem nicht. Die vor der Besitzeinweisung nach § 29a Abs. 2 Satz 1 PBefG zwingend durchzuführende mündliche Verhandlung dient der Gewährung rechtlichen Gehörs angesichts eines bevorstehenden Grundrechtseingriffs, der je nach Fallgestaltung sehr schwer wiegen kann. Die Ladung steht damit in unmittelbarem Zusammenhang und dient dem Rechtsschutzinteresse des Betroffenen, der sich auf das Verfahren und den bevorstehenden Eingriff einstellen können muss (so wohl auch BayVGH, B.v. 5.4.2013 – 8 AS 13.40012 – juris Rn. 16; vgl. im Übrigen Riege in Aßmann/Pfeiffer, BeckOK EnWG, Stand 1.9.2024, § 44b Rn. 49; Scheidler, EnWZ 2015, 396/397; Schoen in Kühling/Otte, AEG/ERegG, 2020, § 21 AEG Rn. 18; ähnlich Dünchheim in Marschall, FStrG, 6. Aufl. 2012, § 18f Rn. 20). Dies gilt in der Konsequenz auch für die Vorschrift des § 29a Abs. 2 Satz 3 PBefG über die Mitteilung des Antrags auf Besitzeinweisung, deren Nichteinhaltung die Antragstellerin hier rügt.
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2.1.2.2 Die Vorschriften über die Ladungsfrist und die Mitteilung des Antrags auf Besitzeinweisung wurden hier gegenüber der Antragstellerin jedoch nicht verletzt.
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2.1.2.2.1 In Bezug auf den geänderten Besitzeinweisungsantrag vom 27. September 2024 war entgegen der Auffassung der Antragstellerin eine erneute Ladung nicht erforderlich. Mit dem Antrag wurde lediglich der Zeitpunkt der vorzeitigen Besitzeinweisung geändert, der gemäß § 29a Abs. 4 Satz 2 und 3 PBefG von Amts wegen festzusetzen und deshalb kein notwendiger Bestandteil des Antrags auf vorzeitige Besitzeinweisung ist (vgl. BayVGH, B.v. 5.4.2013 – 8 AS 13.40012 – juris Rn. 16). Es handelte sich mithin nicht um eine erhebliche Änderung des Besitzeinweisungsantrags, die eine erneute Ladung erfordert hätte (vgl. auch BVerwG, B.v. 22.2.2024 – 11 VR 4.24 u.a. – juris Rn. 17 f.).
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2.1.2.2.2 Ein Verfahrensfehler liegt auch nicht vor, soweit sich die Antragstellerin darauf beruft, dass sie nicht bereits drei Wochen vor der mündlichen Verhandlung die Möglichkeit zur Akteneinsicht in den Bauzeitenplan gehabt habe, weil dieser der Antragsgegnerin zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorgelegen habe.
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Wie die Antragstellerin selbst ausführt, war die Antragsgegnerin jedenfalls nicht dazu verpflichtet, der Antragstellerin den Bauzeitenplan zu übersenden. Denn § 29a Abs. 2 Satz 3 PBefG fordert nur eine Mitteilung im Sinne einer Information über den wesentlichen Inhalt des Besitzeinweisungsantrags (vgl. BayVGH, B.v. 9.3.2020 – 8 AS 19.40041 – juris Rn. 18; B.v. 9.8.2004 – 22 AS 04.40028 – juris Rn. 12; VGH BW, U.v. 19.1.2017 – 5 S 301.15 – juris Rn. 31), nicht jedoch die Zusendung sämtlicher Unterlagen.
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Soweit sich der Vortrag der Antragstellerin darauf bezieht, dass der Antragsgegnerin der Bauzeitenplan drei Wochen vor der mündlichen Verhandlung noch nicht vorgelegen und daher nicht die Möglichkeit zur Akteneinsicht bestanden habe, ist weder vorgetragen noch aus den Akten ersichtlich, dass die Antragstellerin zwischen dem Erhalt der Ladung und der mündlichen Verhandlung bei der Antragsgegnerin Akteneinsicht beantragt hätte, obwohl die Ladung vom 3. September 2024 den Hinweis enthielt, dass sämtliche Anlagen und die Verfahrensakte bei der Geschäftsstelle der Enteignungsbehörde eingesehen werden könnten. Insoweit bestehen bereits erhebliche Zweifel, ob die Antragstellerin sich auf die fehlende Möglichkeit zur Akteneinsicht berufen kann.
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Selbst wenn die Antragstellerin vor der mündlichen Verhandlung bei der Antragsgegnerin Akteneinsicht in den Bauzeitenplan beantragt hätte, ist aber davon auszugehen, dass diese ihr – angesichts der Übersendung des Bauzeitenplans mit E-Mail vom Freitag, dem 27. September 2024, um 13:53 Uhr – auch angesichts des Termins zur mündlichen Verhandlung am darauffolgenden Montag, dem 30. September 2024, um 10:00 Uhr noch vor der mündlichen Verhandlung oder jedenfalls in der mündlichen Verhandlung hätte gewährt werden können. Tatsächlich wurden der Antragstellerin diverse Unterlagen einschließlich des Bauzeitenplans in der mündlichen Verhandlung übergeben. Die Unterlagen, die Aufschluss über das Gebotensein des sofortigen Beginns der Bauarbeiten geben, außer dem Bauzeitenplan insbesondere auch die der Antragsgegnerin mit E-Mail vom 26. September 2024 übersandten Bauphasenpläne einschließlich textlicher Erläuterung dazu, sind nicht derart komplex, dass nicht eine Aufnahme der wesentlichen Informationen (insbesondere Bauphasenplan 4.3 einschließlich textlicher Erläuterung dazu) binnen relativ kurzer Zeit möglich gewesen wäre. Daher dürfte die Antragsgegnerin nicht dazu verpflichtet gewesen sein, die genannten Pläne bereits drei Wochen vor der mündlichen Verhandlung für eine eventuell durch die Antragstellerin zu beantragende Akteneinsicht bereitzuhalten.
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Jedenfalls aber ist davon auszugehen, dass der Antragstellerin dadurch in ausreichender Weise rechtliches Gehör gewährt wurde, dass die Antragsgegnerin ihr bei der mündlichen Verhandlung am 30. September 2024 die genannten Pläne aushändigte und ihr eine Frist zur Stellungnahme binnen einer Woche setzte. Die Antragstellerin hat unter dem 8. Oktober 2024 und damit innerhalb der gesetzten Frist Stellung genommen; dass die Stellungnahmefrist zu kurz bemessen gewesen sei oder ihr aus anderen Gründen nicht in ausreichendem Maß rechtliches Gehör gewährt worden wäre, hat sie dabei nicht vorgetragen. Aus der Vorschrift über die Ladungsfrist nach § 29a Abs. 2 Satz 4 PBefG kann im Übrigen nicht abgeleitet werden, dass für die Abgabe von Stellungnahmen zu für das Besitzeinweisungsverfahren erheblichen Unterlagen stets eine Frist von (mindestens) drei Wochen einzuräumen wäre; dies ist nicht Gegenstand dieser Regelung. Ob insoweit dem Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs Genüge getan ist, richtet sich vielmehr nach den Umständen des Einzelfalls.
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Vor diesem Hintergrund kommt es auf die Frage, ob Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG auf die Vorschrift des § 29a Abs. 2 Satz 4 PBefG anwendbar ist (bejahend BayVGH, B.v. 5.4.2013 – 8 AS 13.40012 – juris Rn. 16; VGH BW, U.v. 19.1.2017 – 5 S 301.15 – juris Rn. 32; Schoen in Kühling/Otte, AEG/ERegG, 2020, § 21 AEG Rn. 18; Müller in Müller/Schulz, FStrG, 3. Aufl. 2022, § 18f Rn. 26; offen gelassen von VGH BW, B.v. 14.12.2016 – 5 S 1920/16 – juris Rn. 13), nicht an.
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Unabhängig davon wäre vorliegend jedenfalls gemäß Art. 46 BayVwVfG der Aufhebungsanspruch ausgeschlossen (vgl. zur Anwendbarkeit dieser Vorschrift VGH BW, B.v. 14.12.2016 – 5 S 1920/16 – juris Rn. 14; U.v. 19.1.2017 – 5 S 301.15 – juris Rn. 33), weil angesichts der Äußerung der Antragstellerin vom 8. Oktober 2024 offensichtlich ist, dass eine – hier im Übrigen verneinte – Verletzung von Verfahrensvorschriften die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.
34
2.1.3 Soweit die Antragstellerin meint, der Besitzeinweisungsbeschluss sei deshalb formell fehlerhaft, weil das Verfahren gegenüber den obligatorisch Berechtigten nicht eingehalten worden wäre, kann sie damit nicht durchdringen.
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2.1.3.1 Dies folgt schon daraus, dass die Antragstellerin im gegen den Besitzeinweisungsbeschluss gerichteten gerichtlichen Verfahren Rechte ihrer Mieter oder Pächter nicht im eigenen Namen geltend machen kann. Der Erfolg der von der Antragstellerin erhobenen Anfechtungsklage und ihres Eilantrags setzt gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO voraus, dass sie selbst in ihren Rechten verletzt ist (s. hierzu Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 113 Rn. 25; Riese in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand Januar 2024, § 113 VwGO Rn. 30). Anderes gälte nur, wenn die Antragstellerin die Rechte ihrer Mieter oder Pächter im Wege der Prozessstandschaft geltend machen könnte. Eine gewillkürte Prozessstandschaft gibt es jedoch nach der VwGO nicht (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 42 Rn. 82 m.w.N.); ein Fall einer gesetzlichen Prozessstandschaft liegt hier nicht vor. Auch im Enteignungsverfahren nach dem Bayerischen Enteignungsgesetz vermittelt die verfahrensrechtliche Verpflichtung zur Beteiligung der Inhaber dinglicher Rechte am zu enteignenden Grundstück nach Art. 22 BayEG nur den Inhabern dieser Rechte selbst eine geschützte Rechtsposition; andere Betroffene, insbesondere der Eigentümer, können sich auf eine unterbliebene Beteiligung eines (anderen) Rechteinhabers nicht berufen (vgl. BayVGH, B.v. 6.11.2018 – 8 ZB 17.1096 – juris Rn. 17 m.w.N.). Dies lässt sich unmittelbar auf den vorliegenden Fall der Besitzeinweisung und die Beteiligung von Inhabern schuldrechtlicher Rechte an den betroffenen Grundstücksflächen übertragen.
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2.1.3.2 Unabhängig davon ergibt sich aus dem Vortrag der Antragstellerin nicht, dass die Mieter/Pächter der Antragstellerin von der Antragsgegnerin am Besitzeinweisungsverfahren zu beteiligen gewesen wären, weil sie als Betroffene i.S.d. § 29a Abs. 2 Satz 2 PBefG anzusehen wären.
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Soweit die Antragstellerin – erstmals mit ihrem Schriftsatz vom 4. November 2024 mit Beleg durch Vorlage eines Mietvertrags – anführt, bestimmte in einem Plan auf S. 3 ihres Eilantrags dargestellte schraffierte Flächen seien an die tegut…gute Lebensmittel (Basic AG) vermietet und hier sei auch durch die Stadt M. eine Außenbestuhlung (Wirtsgarten) genehmigt, sind diese Flächen entlang der A.-Straße nicht Gegenstand der vorzeitigen Besitzeinweisung. Voraussetzung der Betroffenheit nach § 29a Abs. 2 Satz 2 PBefG wäre aber ein schuldrechtliches Nutzungsrecht gerade an den Flächen, die von der vorzeitigen Besitzeinweisung umfasst sind. Betroffener nach § 29a Abs. 2 Satz 2 PBefG kann nur sein, wer sich auch nach § 29a Abs. 1 Satz 1 PBefG von Rechts wegen weigern könnte, den Besitz an einem benötigten Grundstück zu überlassen (vgl. zur Betroffenen- bzw. Beteiligteneigenschaft Riege in Assmann/Pfeiffer, BeckOK EnWG, Stand 1.9.2024, § 44b Rn. 30; Kment in ders., EnWG, 3. Aufl. 2023, § 44b Rn. 14; Müller in Müller/Schulz, FStrG, 3. Aufl. 2022, § 18f Rn. 22). Daran fehlt es hier. Für die tegut…gute Lebensmittel (Basic AG) ergibt sich allenfalls eine mittelbare Betroffenheit durch die Umsetzung der mit dem Planfeststellungsbeschluss planfestgestellten Baumaßnahme. Diese begründet keine Betroffenheit nach § 29a Abs. 2 Satz 2 PBefG, zumal derartige Belange aufgrund der Bindungswirkung des § 30 Abs. 1 Satz 2 PBefG im Rahmen des Besitzeinweisungsverfahrens ohnehin nicht geltend gemacht werden können (vgl. etwa BayVGH, B.v. 5.4.2013 – 8 AS 13.40012 – juris Rn. 24).
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Soweit die Ausführungen der Antragstellerin so zu verstehen sein sollten, dass sie sich im Hinblick auf mögliche Einschränkungen beim Herantreten an die Schaufenster oder eine schlechtere Einsehbarkeit der Schaufenster durch die Baumaßnahmen auch auf die Rechte der gewerblichen Mieter der übrigen Erdgeschossflächen, insbesondere entlang der F. Straße, berufen möchte, fehlt es dem Vortrag schon an der nötigen Substantiierung dahingehend, welcher Mieter konkret durch welche Maßnahme belastet sei. Im Übrigen ist nicht vorgetragen und nicht ersichtlich, dass die Mieter der zur F. Straße hin gelegenen Geschäfte (mit Ausnahme von tegut…gute Lebensmittel (Basic AG)) ein schuldrechtliches Nutzungsrecht an den Flächen vor ihren Geschäften haben sollten, soweit diese Flächen (in der Planunterlage 7.3 grün hinterlegt) für die Baumaßnahmen vorübergehend in Anspruch genommen werden sollen und Gegenstand der vorzeitigen Besitzeinweisung sind. Schon deshalb fehlt es an der Betroffenheit dieser Mieter i.S.d. § 29a Abs. 2 Satz 2 PBefG (s.o.). Zudem handelt es sich auch insoweit um Folgen der Umsetzung des planfestgestellten Vorhabens, die im Rahmen des Besitzeinweisungsverfahrens nicht geltend gemacht werden können.
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2.1.3.3 Auf die weitere sich in diesem Zusammenhang stellende Frage, ob die Antragstellerin im Rahmen des Verwaltungsverfahrens verpflichtet gewesen wäre, der Antragsgegnerin unter Vorlage von Miet-/Pachtverträgen die Namen von hinsichtlich der betroffenen Grundstücksteilflächen obligatorisch Berechtigten mitzuteilen, nachdem die Antragsgegnerin die Antragstellerin mit Schreiben vom 5. September 2024 darum gebeten hatte, kommt es damit nicht mehr an.
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2.2 Aus dem Vortrag der Antragstellerin ergibt sich auch nicht, dass der Besitzeinweisungsbeschluss in materieller Hinsicht rechtswidrig wäre.
41
2.2.1 Der Besitzeinweisungsbeschluss leidet nicht an dem von der Antragstellerin behaupteten Bestimmtheitsmangel.
42
Der Besitzeinweisungsbeschluss bezieht sich ausweislich des Tenors, Ziffer B.1. und 2., auf die Flächen, die in der dem Besitzeinweisungsbeschluss als Anlage 1 beigefügten Planunterlage 7.3 „Übersichtslageplan mit Grunderwerb A.“ im Maßstab 1:2000/1:200 dargestellten Teilflächen von 170 m² und 110 m², in deren Besitz die Beigeladene (in Bezug auf die letztgenannte Teilfläche vorübergehend) eingewiesen wird. Damit ist der Umfang der Besitzeinweisung klar und unmissverständlich geregelt. Dass in der Begründung des Besitzeinweisungsbeschlusses die von der Beigeladenen vorgelegten Bauphasenpläne erwähnt werden, in denen die grün dargestellte Teilfläche unmittelbar vor dem längs zur A.-Straße befindlichen Pflanztrog und nicht im Bereich dieses Pflanztroges endet, ist für den Regelungsgehalt des Besitzeinweisungsbeschlusses nicht maßgeblich. In Bezug auf den Umfang der Besitzeinweisung ergibt sich der Regelungsgehalt ausschließlich aus der im Tenor erwähnten Planunterlage 7.3. Die Bauphasenpläne werden in der Begründung allein im Zusammenhang mit der Gebotenheit des sofortigen Beginns der Bauarbeiten erwähnt. Zweifelsfragen in Bezug auf den Umfang der vorzeitigen Besitzeinweisung folgen daraus nicht, so dass auch kein Bestimmtheitsmangel vorliegt.
43
2.2.2 Entgegen der Auffassung der Antragstellerin werden sämtliche vom Besitzeinweisungsbeschluss umfassten Teilflächen i.S.v. § 29a Abs. 1 Satz 1 PBefG benötigt.
44
Nach § 29a Abs. 1 Satz 1 PBefG setzt die vorzeitige Besitzeinweisung voraus, dass sich der Eigentümer weigert, den Besitz eines für den Bau einer Betriebsanlage für Straßenbahnen benötigten Grundstücks (durch Vereinbarung unter Vorbehalt aller Entschädigungsansprüche) zu überlassen. Benötigte Grundstücke oder Grundstücksteile in diesem Sinne sind solche, deren Inanspruchnahme durch den Planfeststellungsbeschluss nach Maßgabe des Grunderwerbsverzeichnisses und des Grunderwerbsplans zugelassen ist (BVerwG, B.v. 22.2.2024 – 11 VR 4.24 u.a. – juris Rn. 40; B.v. 22.6.2023 – 4 VR 4.23 – juris Rn. 15; OVG SH, B.v. 23.9.2021 – 4 MB 32.21 – juris Rn. 55; Kment in ders., EnWG, 3. Aufl. 2024, § 44b Rn. 5; Schoen in Kühling/Otte, AEG/ERegG, 2020, § 21 AEG Rn. 7 f.). Vorliegend weist das planfestgestellte Grunderwerbsverzeichnis die streitgegenständlichen, in der Planunterlage 7.3 gelb und grün markierten Flächen als solche aus, die für die Umsetzung des Vorhabens in Anspruch genommen werden dürfen. Dies allein genügt für die Frage, ob die Flächen i.S.d. § 29a Abs. 1 Satz 1 PBefG für den Bau einer Betriebsanlage für Straßenbahnen benötigt werden. Demgegenüber gehören die Fragen, ob die vom Besitzeinweisungsantrag umfassten Flächen für den Bau der Straßenbahnanlage zwingend erforderlich sind oder ob es sich um für Folgemaßnahmen benötigte Flächen handelt, ohne deren Einbeziehung die Realisierung der Betriebsanlage nicht durchführbar wäre (so wohl ThürOVG, B.v. 11.3.1999 – 2 EO 1247.98 – juris Rn. 69), nicht zum Prüfprogramm der Enteignungsbehörde im Rahmen des Verfahrens zur vorzeitigen Besitzeinweisung (vgl. auch § 29a Abs. 1 Satz 3 PBefG). Die Prüfung dieser Fragen ist vielmehr Gegenstand des Planfeststellungsverfahrens. Den hier bereits bestandskräftigen Planfeststellungsbeschluss hat die Antragstellerin jedoch nicht angegriffen.
45
Auf die von der Antragstellerin aufgeworfene Frage, ob die beiden streitgegenständlichen Teilflächen während der gesamten Bauzeit für die Realisierung des Vorhabens benötigt werden, kommt es somit für ein „benötigt werden“ i.S.d. § 29a Abs. 1 Satz 1 PBefG nicht an.
46
2.2.3 Schließlich ergibt sich aus dem Vortrag der Antragstellerin nicht, dass der sofortige Beginn der Bauarbeiten i.S.d. § 29a Abs. 1 Satz 1 PBefG nicht geboten wäre.
47
Der sofortige Beginn von Bauarbeiten in diesem Sinne ist nach der obergerichtlichen Rechtsprechung dann geboten, wenn das Interesse der Allgemeinheit am sofortigen Beginn der Ausführung des Vorhabens das Interesse des Betroffenen im Rahmen einer Abwägung überwiegt (BVerwG, B.v. 22.2.2024 – 11 VR 4.24 u.a. – juris Rn. 21; OVG NW, B.v. 16.9.2010 – 11 B 1179.10 – juris Rn. 19).
48
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin steht dem nicht entgegen, dass die Beigeladene ihren ursprünglichen Antrag auf Besitzeinweisung unter dem 27. September 2024 dahingehend geändert hat, dass die Besitzeinweisung nicht bereits mit Wirkung vom 7. Oktober 2024, sondern erst mit Wirkung vom 2. November 2024 erforderlich sei. Die Beigeladene hat die Änderung ihres Besitzeinweisungsantrags ausweislich der Begründung des Besitzeinweisungsbeschlusses (S. 10) in der mündlichen Verhandlung damit begründet, dass entgegen der ursprünglichen Planung die Wasserleitung und die Elektrotrasse in der Bestandslage erneuert werden können, weshalb sie nicht wie ursprünglich vorgesehen auf die streitgegenständlichen Flächen verlegt werden müssen, so dass diese Flächen erst zu einem späteren Zeitpunkt, nämlich ab dem 2. November 2024, benötigt werden. Diese Begründung erscheint plausibel; es ist nicht ersichtlich, dass die Gebotenheit des Beginns der Bauarbeiten ab dem 2. November 2024 dadurch in Frage gestellt würde (vgl. hierzu auch VG Köln, B.v. 7.1.2022 – 18 L 21.22 – juris Rn. 55).
49
Soweit der Vortrag der Antragstellerin zur fehlenden Erforderlichkeit der Flächeninanspruchnahme dahin zu verstehen sein sollte, dass sie die Gebotenheit des sofortigen Beginns der Bauarbeiten auch insoweit in Zweifel ziehen möchte, als die streitgegenständlichen Flächen nicht bereits ab dem 2. November 2024 für die Realisierung des Vorhabens in Anspruch genommen werden müssten, stehen dem die von der Beigeladenen vorgelegten Bauphasenpläne mit der Erläuterung in der E-Mail der Beigeladenen vom 26. September 2024 entgegen, wonach ab der Bauphase 4.3, mithin ab Anfang November 2024, zur Einrichtung eines Baufeldes zur Verlegung der Straßenbeleuchtungstrasse Absperreinrichtungen auf das private Grundstück gestellt werden müssten, um die Baustelle gemäß den Richtlinien für die verkehrsrechtliche Sicherheit von Arbeitsstellen an Straßen absichern zu können; die Absperreinrichtungen würden auf der braun hinterlegten Fläche (identisch mit der in der Planunterlage 7.3 gelb markierten Fläche), teils auch auf der grün hinterlegten Fläche errichtet werden. Unbeachtlich ist insoweit, ob die beiden Flächen ab dem 2. November 2024 vollständig oder nur teilweise für die Umsetzung des Vorhabens in Anspruch genommen werden. Denn Voraussetzung für das Gebotensein des sofortigen Beginns der Bauarbeiten ist nicht, dass der Vorhabenträger im Einzelnen sämtliche während der Baumaßnahmen geplanten Schritte darlegt (vgl. auch VG Köln, B.v. 7.1.2022 – 18 L 21.22 – juris Rn. 60).
50
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Vorliegend entsprach es der Billigkeit, der unterliegenden Antragstellerin nicht auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO), da die Beigeladene keinen eigenen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).
51
Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 52 Abs. 1 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Sie orientiert sich an der in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung aufgegriffenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, U.v. 27.9.1973 – III ZR 131.71 – juris Rn. 53), wonach in gerichtlichen Verfahren betreffend die vorzeitige Besitzeinweisung der Streitwert in aller Regel in Höhe von 20% des Werts des betroffenen Grundstücksteils anzusetzen ist, jedenfalls in Bezug auf Grundstücksteile, die für die Verwirklichung des planfestgestellten Vorhabens dauerhaft in Anspruch genommen werden sollen (vgl. hierzu VGH BW, U.v. 23.7.2024 – 5 S 2614.22 – juris Rn. 41 ff.; BayVGH, B.v. 5.4.2013 – 8 AS 13.40012 – juris Rn. 26; B.v. 2.10.2014 – 22 A 14.40021 – juris Rn. 3). Der Streitwert bezüglich der Teilfläche von 170 m², die der Antragstellerin dauerhaft entzogen werden soll, ist somit mit 20% des Wertes des Grundstücksteiles anzusetzen. Mangels weitergehender Informationen hinsichtlich des Wertes des Grundstücksteiles greift der Senat auf das in den Akten der Antragsgegnerin befindliche Gutachten des Bewertungsamts des Kommunalreferats der Antragsgegnerin zurück, wonach als Entschädigungswert nach Art. 10 BayEG für das Grundstück … € pro Quadratmeter und damit … € anzusetzen sind. Daraus ergibt sich diesbezüglich ein Streitwert in Höhe von 14.620 €. Da der Vollzug der Besitzeinweisung infolge der Entscheidung über den vorliegenden Eilantrag der Hauptsache gleichkommt (vgl. BVerwG, B.v. 22.2.2024 – 11 VR 4.24 u.a. – juris Rn. 46), wird auf eine Halbierung des Betrags verzichtet. Hinsichtlich des Grundstücksteils von 110 m², der nur vorübergehend für die Bauarbeiten in Anspruch genommen werden soll, folgt der Senat der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (B.v. 22.2.2024 – 11 VR 4.24 u.a. – juris Rn. 46) und orientiert sich an Nr. 34.2.6 Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, wonach insoweit ein Streitwert von 7.500 € anzusetzen ist, der ebenfalls nicht halbiert wird.
52
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).