Inhalt

VG Augsburg, Beschluss v. 16.09.2024 – Au 1 S 24.2171
Titel:

Erfolgloser Eilrechtsschutz gegen die Ablehnung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis (hier Belarus)

Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3, Abs. 3, Abs. 5, § 81 Abs. 4,§ 84 Abs. 1 Nr. 1. § 113 Abs. 1 S. 1, Abs. 5, § 114 S. 1
AufenthG § 6 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3, § 8 Abs. 1, § 11 Abs. 1 S. 1, Abs. 3, § 22, § 23, § 25 Abs. 4 ,Abs. 5, § 25b, § 58 Abs. 1, § 59 Abs. 1 S. 1, S. 4, Abs. 3, § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1, § 81 Abs. 3, Abs. 4, § 84 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
AufenthV § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
AsylG § 13
BayVwZVG Art. 21a
Leitsätze:
1. Ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Ablehnung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ist nur in den Fällen des § 81 Abs. 3 und Abs. 4 AufenthG statthaft. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 22 AufenthG setzt zunächst ein nationales Visum aus humanitären Gründen voraus, das vor der Einreise von der zuständigen deutschen Auslandsvertretung erteilt wird (§ 5 Abs. 2 AufenthG, § 6 Abs. 3 AufenthG) und der Vorabzustimmung der zuständigen Ausländerbehörde nach § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AufenthV bedarf. (Rn. 46) (redaktioneller Leitsatz)
3. Dem Ausländer steht im Rahmen des § 25 Abs. 3 AufenthG kein Wahlrecht zwischen Ausländerrecht und Asylrecht zu. (Rn. 52) (redaktioneller Leitsatz)
4. Ein Aufenthalt ist jedenfalls dann nicht vorübergehend iSd § 25 Abs. 4 AufenthG, wenn er von einer völlig ungewissen und in zeitlicher Hinsicht nicht absehbaren Entwicklung im Heimatstaat des Ausländers abhängig gemacht wird. (Rn. 55) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Einstweiliger Rechtsschutz, belarussischer Staatsangehöriger, Antrag auf Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis, Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen, Prüfung von zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernissen durch die Ausländerbehörde, Eilverfahren, Aufenthaltserlaubnis, Verlängerung, Belarus, humanitäre Gründe, Schengen-Visum, Asylgründe, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, außergewöhnliche Härte, Frist für freiwillige Ausreise, Abschiebungsandrohung, Einreise- und Aufenthaltsverbot
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 17.10.2024 – 10 C 24.1737, 10 C 24.1738
Fundstelle:
BeckRS 2024, 28718

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller wendet sich im Rahmen des Eilrechtsschutzverfahrens gegen die Ablehnung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis sowie gegen eine Abschiebungsandrohung nach Belarus.
2
Der Antragsteller, ein am …1994 geborener belarussischer Staatsangehöriger, reiste erstmals am 2. August 2022 mit seiner Lebensgefährtin, der Antragstellerin im Verfahren Au 1 S 24.2169, mit einem Schengen-Visum in das Bundesgebiet ein (Behördenakte Bl. 1, 8). Er stellte mit Verweis auf eine drohende Verfolgung in Belarus einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 22 AufenthG oder § 23 AufenthG (Behördenakte Bl. 13, 27). Der Antragsteller und seine Lebensgefährtin wurden auf die Durchführung eines Asylverfahrens beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) verwiesen (s. unter anderem E-Mail vom 21. September 2022, Behördenakte Bl. 11). Daraufhin nahmen sie am 10. Oktober 2022 den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zurück und reisten am 19. Oktober 2022 nach Belarus zurück (Behördenakte Bl. 54).
3
Mit E-Mail vom 9. Februar 2023 (Gerichtsakte Bl. 27) nahmen der Antragsteller und seine Lebensgefährtin mit der mit der deutschen Auslandsvertretung in … (im Folgenden: die Auslandsvertretung) Kontakt auf. Sie erklärten, dass gegen sie am 3. Februar 2023 ein Strafverfahren wegen Beleidigung des Präsidenten Lukaschenko eingeleitet worden sei. Mit E-Mail vom 13. Februar 2023 (Gerichtsakte Bl. 31) lud die Auslandsvertretung den Antragsteller und seine Lebensgefährtin zur Vorsprache in der Visastelle ein und erklärte, nach ordnungsgemäßer Prüfung der Unterlagen könne ein humanitäres Schengen-Visum ausgestellt werden.
4
Im Februar 2023 nahm der Antragsteller mit … der Stadt … und der Ausländerbehörde der Stadt … Kontakt auf. Einer E-Mail des Stiefvaters des Antragstellers vom 15. Februar 2023 ist zu entnehmen, dass der Antragsteller von der Ausländerbehörde darauf verwiesen wurde, entweder ein Asylverfahren zu durchlaufen oder ein Visum aus humanitären Gründen bei der deutschen Vertretung in … zu erwerben (Behördenakte Bl. 100).
5
Am 15. Februar 2023 wurde dem Antragsteller von der Auslandsvertretung ein Schengen-Visum für Besuchsaufenthalte mit einer Aufenthaltsdauer von 90 Tagen ausgestellt (Behördenakte Bl. 55, 119). In den Akten findet sich ein Antrag auf Erteilung eines Schengen-Visums (Behördenakte Bl. 56). Nach einem Aktenvermerk der Auslandsvertretung vom 15. Februar 2023 (Behördenakte Bl. 91) war keine Beteiligung der zuständigen Ausländerbehörde erfolgt, da dies nicht erforderlich gewesen sei. Die Auslandsvertretung informierte den Antragsteller und seine Lebensgefährtin mit E-Mail vom 15. Februar 2023 (Behördenakte Bl. 95, Gerichtsakte Bl. 41) darüber, dass aus dortiger Sicht nach Eintreffen im Bundesgebiet eine unmittelbare Vorsprache bei der Ausländerbehörde erfolgen solle.
6
Am 2. März 2023 reiste der Antragsteller zusammen mit ihrem Lebensgefährten in die Bundesrepublik Deutschland ein. Er stellte am 27. März 2023 eine Terminanfrage für die Erteilung eines Aufenthaltstitels (Gerichtsakte Bl. 43) und stellte am 4. Mai 2023 einen förmlichen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis wegen völkerrechtlicher, humanitärer, politischer Gründe ein (Behördenakte Bl. 120).
7
Die Auslandsvertretung erklärte gegenüber der Antragsgegnerin mit E-Mail vom 21. März 2023 (Behördenakte Bl. 93), dass sie seit Ende 2020 nationale Visa auf Grundlage des § 22 Satz 2 AufenthG ausstellten. Von der Antragsaufnahme bis zur Entscheidung der zuständigen deutschen Innenbehörden vergingen oft mehrere Wochen. Im Fall der Antragstellerin sei die Bedrohungslage eindeutig gewesen und für eine Antragsbearbeitung auf Grundlage des § 22 Satz 2 AufenthG sei keine Zeit geblieben. Für solche Fälle würde der Botschaft ein Ermessensspielraum für die Erteilung eines Schengen-Visums aus humanitären Gründen seitens des Auswärtigen Amtes eingeräumt. Diese Option würde nur in seltenen Fällen genutzt, im Falle der Antragstellerin sei jedoch keine andere Wahl geblieben, da eine zeitnahe Verhaftung nicht habe ausgeschlossen werden können. In einer E-Mail vom 4. April 2023 (Behördenakte Bl. 102) führt sie weiter aus, das Verfahren nach § 22 Satz 2 AufenthG sei in einigen Fällen, in denen eine dringende Ausreise erforderlich sei, nicht der geeignete Weg. Für derartige Fälle habe das Auswärtige Amt die Möglichkeit eingeräumt, Schengen-Visa aus humanitären Gründen zu erstellen. Die Antragsteller würden sodann darauf verwiesen, nach Einreise bei der zuständigen Ausländerbehörde vorzusprechen und um eine Verlängerung bzw. Umwandlung des Aufenthaltszeitraums zu bitten. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sei nicht beteiligt worden.
8
Auf Nachfrage der Antragsgegnerin bei der Auslandsvertretung am 4. April 2023, ob es sich vorliegend um ein Aufnahmeverfahren nach § 22 Satz 2 AufenthG handle, ob das Bundesamt insoweit involviert und was überhaupt vereinbart worden sei und welcher Aufenthalt angestrebt werde (Behördenakte Bl. 103), erfolgte keine Antwort. In den Akten findet sich überdies eine E-Mail der Antragsgegnerin vom 13. April 2023 an das Auswärtige Amt, in der angefragt wird, ob ein Aufnahmeverfahren nach § 22, 23 AufenthG eingeleitet worden sei (Behördenakte Bl. 102). Auch hierauf erfolgte keine Antwort.
9
In einem Aktenvermerk vom 14. April 2024 (Behördenakte Bl. 111) führt die Antragsgegnerin aus, dem Antragsteller sei ein Besuchsvisum erteilt worden, das Aufnahmeverfahren nach § 22 Satz 2 AufenthG müsse jetzt nach erfolgter Einreise geklärt werden. Es erfolge zunächst die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 AufenthG für 6 Monate aus Gründen der persönlichen Verfolgung und Gefährdung in Belarus. Innerhalb dieser Zeit könne das Aufnahmeverfahren nach § 22 AufenthG geklärt werden.
10
Mit E-Mail vom 11. Mai 2023 (Gerichtsakte Bl. 135) teilte die Antragsgegnerin mit, dass sie, nachdem dem Antragsteller und seiner Lebensgefährtin nur ein Besuchsvisum erteilt worden sei, im Wege einer zeitnahen Ermessensentscheidung nurmehr auf die Regelung des § 25 Abs. 4 AufenthG habe zurückgreifen können, um dem Antragsteller und seiner Lebensgefährtin zunächst einen rechtmäßigen Aufenthalt zu ermöglichen. Diese Aufenthaltserlaubnis könne im Weiteren verlängert werden, soweit die Voraussetzungen auch weiterhin vorlägen. Die Möglichkeit eines Aufenthalts im Wege der Arbeitsmigration sei auf Grundlage der vorlegten Dokumente zu Berufs- und Studienabschlüssen wohl nicht möglich. Es gäbe noch die Möglichkeit eines humanitären Aufenthalts im Wege eines festzustellenden Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 AufenthG. Hierzu müsse jedoch das Bundesamt beteiligt werden, zur Prüfung des Sachverhalts. Der Antragsteller und seine Lebensgefährtin würden gebeten, mitzuteilen, ob sie mit der vorgeschlagenen Verfahrensweise einverstanden seien.
11
Mit E-Mail vom 15. Mai 2023 (Behördenakte Bl. 136) informierte die Antragsgegnerin den Antragsteller erneut, derzeit komme nur die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 4 AufenthG in Betracht. Er sei bislang nicht erteilt worden, da der Antragsteller von anderen Voraussetzungen ausgegangen sei, die rechtlich derzeit jedoch nicht machbar seien. Weiter bleibe es dem Antragsteller und seiner Lebensgefährtin überlassen, ob sie nicht auch einen Asylantrag präferieren wollten. Es werde um Mitteilung gebeten, ob ein Titel nach § 25 Abs. 4 AufenthG ausgestellt werden solle. Mit E-Mail vom 17. Mai 2023 beantragte der Antragsteller eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 AufenthG (Behördenakte Bl. 136).
12
Am 22. Mai 2023 wurde dem Antragsteller ein bis 21. November 2023 gültiger Aufenthaltstitel nach § 25 Abs. 4 AufenthG, Erwerbstätigkeit erlaubt, erteilt (Behördenakte Bl. 141).
13
Am 25. Juli 2023 stellte der Antragsteller eine Terminanfrage für die Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis (Behördenakte Bl. 142). Er erhielt daraufhin eine Fiktionsbescheinigung, die fortlaufend verlängert wurde, zuletzt bis 8. Oktober 2024 (Behördenakte Bl. 289).
14
Mit einem Schreiben vom 25. Oktober 2023 (Behördenakte Bl. 177) teilte die Antragsgegnerin mit, dass § 22 AufenthG keine Anwendung finden könne. Das Aufnahmeverfahren setze eine Einreise mit einem besagten Visum und die vorherige Entscheidung über die Aufnahmeerklärung durch das Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat voraus. Diese Aufnahmeerklärung fehle. Eine nachträgliche Abwicklung im Inland sei nicht möglich. Hinsichtlich § 25 Abs. 3 AufenthG bedürfe es einer Beteiligung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge. Sollte ein Aufenthaltstitel nach § 25 Abs. 3 AufenthG gewünscht sein, werde um entsprechenden Hinweis gebeten. Wie bereits im Vorfeld erwähnt, sehe man weiterhin nur über das Durchlaufen des Asylverfahrens die Möglichkeit für ein tragfähiges und zukunftssicherndes Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland. Bei einer persönlichen Vorsprache am 11. Januar 2024 (s. Niederschrift Behördenakte Bl. 187) wurde der Antragsteller darüber informiert, dass eine Verlängerung nach § 25 Abs. 4 AufenthG nicht möglich sei, da kein vorübergehender Aufenthalt angestrebt sei; ein Aufenthaltstitel nach § 25 Abs. 3 AufenthG setze die Beteiligung des Bundesamtes voraus. In einer E-Mail vom 18. Januar 2024 (Behördenakte Bl. 231) weist die Antragsgegnerin nochmals darauf hin, dass über eine Verfolgung im Heimatland und ähnliche Sachverhalte grundsätzlich das Bundesamt als sach- und rechtskundige Behörde entscheide.
15
Mit E-Mail vom 24. Januar 2024 (Behördenakte Bl. 237) bat die Antragsgegnerin die Auslandsvertretung um Stellungnahme hinsichtlich des Aufenthaltstitels bzw. dessen Verlängerung des Antragstellers und seiner Lebensgefährtin und erneut um Auskunft, mit welchem Ziel und auf welcher Grundlage das Schengen-Visum bzw. humanitäre Visum erteilt worden sei. Eine Antwort der deutschen Vertretung ging nicht ein.
16
Mit Schreiben vom 15. Februar 2024 wurde das Bundesamt nach § 72 Abs. 2 AufenthG beteiligt (Behördenakte Bl. 247, 253). In seiner Stellungnahme vom 8. April 2024 (Behördenakte Bl. 262) teilte das Bundesamt mit, dass angesichts des materiellen Asylgehalts i.S.d. § 3 AsylG mangels Zuständigkeit der Ausländerbehörde ein Beteiligungsverfahren § 72 Abs. 2 AufenthG nicht möglich und der Antragsteller auf die Durchführung eines Asylverfahrens zu verweisen sei.
17
Am 18. April 2024 wies die Antragsgegnerin den Antragsteller nochmals auf das notwendige Asylverfahren hin (Behördenakte Bl. 267). Der Antragsteller entgegnete hierauf, dass ihre Situation anders sei, da ihr von der deutschen Botschaft in … ein humanitäres Visum ausgestellt worden sei (Behördenakte Bl. 272). Ein Asylantrag sei nicht möglich, da dieser zur Annullierung ihres humanitären Visums führen würde. Er sei der Meinung, dass man sie in die Irre führe, auch basierend darauf, dass ihr auf der Grundlage des humanitären Visums ein Aufenthaltstitel nach § 25 Abs. 4 AufenthG erteilt worden sei.
18
Der Antragsteller geht keiner Erwerbstätigkeit nach. Er bezieht seit 1. Mai 2023 Leistungen des Jobcenters (Behördenakte Bl. 241, 245, 277).
19
Auf das Anhörungsschreiben der Antragsgegnerin vom 2. Mai 2024 (Behördenakte Bl. 273) hin äußert sich der Antragsteller mit am 13. Mai 2024 eingegangenem Schreiben (Behördenakte Bl. 278) dahingehend, dass ihm und seiner Lebensgefährtin von der Auslandsvertretung aufgrund ihrer geschilderten Notsituation ein humanitäres Visum ausgestellt worden sei. Ihnen sei mitgeteilt worden, dass das Visum in ihren Pässen wie ein Touristenvisum aussehen werde, damit sie die Grenze problemlos überqueren könnten, es in der Computerdatenbank aber als humanitäres Visum stehen würde. Außerdem sei ihnen gesagt worden, dass sie sich in Deutschland nicht an das Bundesamt, sondern direkt an die Ausländerbehörde wenden sollten. Der Antragsteller trug weiter vor, er wolle gerne in Deutschland leben und arbeiten, aber nur, um nicht von Sozialleistungen abhängig zu sein, solange sie zum Aufenthalt in Deutschland gezwungen sei, nicht um langfristig in Deutschland zu bleiben. Er sei ohne Kenntnisse der deutschen Sprache nach Deutschland gekommen, er sei kein Arbeitsmigrant. Ihm sei keine Möglichkeit gegeben worden, einen Integrationskurs zu besuchen. Er bitte erneut um die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.
20
Am 31. Mai 2024 reichte die Antragsgegnerin die Unterlagen des Antragstellers an das Bundesamt als Asylgesuch weiter mit Bitte um weitere Veranlassung (Behördenakte Bl. 280). Mit Schreiben vom 7. Juni 2024 (Behördenakte Bl. 283) forderte das Bundesamt den Antragsteller auf, einen förmlichen Asylantrag zu stellen. Am 3. Juni 2024 erklärte der Antragsteller, keinen Asylantrag stellen zu wollen (Behördenakte Bl. 284), und bekräftigte dies nochmals bei einer persönlichen Vorsprache bei der Antragsgegnerin am 9. Juli 2024 (s. Niederschrift Behördenakte Bl. 287). Er erklärte zudem, nicht arbeiten zu können, da die Fiktionsbescheinigungen nur eine Gültigkeit von drei Monaten aufwiesen.
21
Mit E-Mail vom 17. Juli 2024 (Gerichtsakte Bl. 35) bestätigte die Auslandsvertretung gegenüber dem Antragsteller, dass diesem sowie seiner Lebensgefährtin ein Schengen-Visum aus humanitären Gründen ausgestellt worden sei, das ihnen eine zügige Ausreise aus Belarus ermöglicht habe. Ihre Bedrohungslage hätten sie gegenüber den Botschaftsmitarbeitern nachvollziehbar dargelegt. Die Ausstellung eines nationalen Visums (wie in humanitären Fällen üblich) hätte längere Zeit in Anspruch genommen und möglicherweise hätten sie das Land wegen der drohenden Inhaftierung nicht mehr verlassen können.
22
Mit Bescheid vom 6. August 2024, dem Antragsteller zugestellt am 9. August 2024, wurde der Antrag auf Verlängerung bzw. Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis abgelehnt (Ziffer 1). Er wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen ab Bekanntgabe des Bescheids zu verlassen (Ziffer 2). Die Antragsgegnerin drohte die Abschiebung nach Belarus an (Ziffer 3) und ordnete für den Fall der Abschiebung ein auf zwei Jahre befristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot an (Ziffer 4). Der Antragsteller habe keinen Anspruch auf Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis. Die Voraussetzungen des § 25 Abs. 4 AufenthG seien nicht erfüllt. Eine Aufenthaltserlaubnis nach dieser Vorschrift könne nur für einen vorübergehenden Aufenthalt erteilt werden. Vorliegend werde jedoch nicht mehr nur ein vorübergehender Aufenthalt angestrebt. Zum aktuellen Zeitpunkt sei vollkommen unklar, wann keine Verfolgungs- und Bedrohungslage in Belarus mehr bestehe. Die ursprüngliche Aufenthaltserlaubnis sei zum Zweck der Klärung des Einreisevisums sowie der Überprüfung eines Aufnahmeverfahrens nach §§ 22, 23 AufenthG erteilt worden. Ein solches sei vom Inland aus jedoch nicht möglich, einzig die Durchführung eines Asylverfahrens könne den vorgetragenen Fluchtgründen gerecht werden. Eine andere Rechtsgrundlage sei nicht ersichtlich. Die Aufenthaltserlaubnis könne auch nicht nach § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG verlängert werden. Die Vorschrift komme nicht in Betracht, wenn die Aufenthaltserlaubnis nach allgemeinen Vorschriften verlängert werden könne oder der Ausländer nach anderen Vorschriften eine Aufenthaltserlaubnis erlangen könne. Es liege ein materielles Asylgesuch vor, das nur im Rahmen eines Asylverfahrens geprüft werden könne. Hierauf sei der Antragsteller auch wiederholt hingewiesen worden. Eine Asylantragstellung sei jedoch nicht erfolgt. Ein Wahlrecht zwischen einer Prüfung durch die Ausländerbehörde und durch das Bundesamt bestehe nicht. Darüber hinaus lägen die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nicht vor. Der Antragsteller könne seinen Lebensunterhalt nicht eigenständig sichern. Er beziehe seit 1. Mai 2023 Leistungen des Jobcenters, zuletzt bewilligt bis zum 31. Oktober 2024. Ein atypischer Sachverhalt, der eine Ausnahme rechtfertigte, liege nicht vor. Insbesondere lebe der Antragsteller seit eineinhalb Jahren im Bundesgebiet, ohne sich wirtschaftlich integriert zu haben. Auch die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1 bis Abs. 3 AufenthG komme nicht in Betracht, da weder die erforderliche Anerkennung als Asylberechtigter noch die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder des subsidiären Schutzes vorliege. Ebenso wenig seien die Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG erfüllt. Die Ausreise sei dem Antragsteller weder aus rechtlichen noch aus tatsächlichen Gründen unmöglich. Die vorgetragene Bedrohungslage in Belarus stelle ein Asylgesuch dar, über das die Ausländerbehörde zu entscheiden nicht berufen sei. Darüber hinaus habe sich der Antragsteller im Oktober 2022 zurück nach Belarus begeben, was darauf schließen lasse, dass ihm die Ausreise und der Verbleib im Heimatland bereits in der Vergangenheit möglich und zumutbar gewesen seien. Eine Aufenthaltserlaubnis könne nicht nach § 22 AufenthG erteilt werden. Ausweislich des Wortlauts sei die Vorschrift nur auf Konstellationen anwendbar, in denen sich der Ausländer (noch) nicht im Bundesgebiet aufhalte. Begehre ein Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach dieser Vorschrift, müsse er grundsätzlich das Visumverfahren bei der zuständigen Auslandsvertretung betreiben. Der Antragsteller halte sich jedoch bereits im Bundesgebiet auf, überdies sei er mit einem Schengen-Visum eingereist. Die Auslandsvertretung habe zwar vorgetragen, dass es sich um ein humanitäres Visum handle. Sowohl eine Nachfrage beim Auswärtigen Amt wie auch wiederholte Anfragen an die deutsche Botschaft in … seien jedoch unbeantwortet geblieben. Eine Anordnung einer obersten Landesbehörde oder eine Aufnahmezusage des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (§ 23 Abs. 1 und Abs. 2 AufenthG) lägen ebenso nicht vor. Auf § 25a AufenthG und § 25b AufenthG könne sich der Antragsteller nicht berufen, da er weder einen Duldungsstatus habe noch die Voraufenthaltszeiten erfülle. Eine andere Rechtsgrundlage komme nicht in Betracht. Insbesondere gehe der Antragsteller keiner Erwerbstätigkeit nach.
23
Dem Antragsteller wurde eine Grenzübertrittsbescheinigung ausgestellt (Behördenakte Bl. 304).
24
In einer Stellungnahme vom 9. August 2024 (Behördenakte Bl. 308) führt der Antragsteller aus, dass er einen humanitären Aufenthaltstitel begehre, da die humanitären Gründe, deretwegen er Belarus verlassen habe, weiterhin bestünden. Er habe erfolgreich einen Sprachtest Niveau B1 abgelegt und sei nun in der Lage, eine Arbeit zu finden. Der Aufenthalt werde als vorübergehende Maßnahme betrachtet, bis er wieder nach Belarus zurückkehren könne.
25
Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller am 4. September 2024 Klage, über die noch nicht entschieden ist (Au 1 K 24.2170). Zugleich ersucht er um Eilrechtsschutz. Er beantragt:
26
Die aufschiebende Wirkung der Klage vom heutigen Tag wird angeordnet.
27
Er habe am 9. Februar 2023 per E-Mail-Kontakt mit der Auslandsvertretung aufgenommen, nachdem am 3. Februar 2023 ein politisch motiviertes Strafverfahren gegen ihn und seine Lebensgefährtin eingeleitet worden sei. Die Auslandsvertretung habe ihm von sich aus mitgeteilt, dass auf Grundlage der vorgelegten Dokumente und der geschilderten Situation ein humanitäres Schengen-Visum erteilt werden könne. Die Auslandsvertretung habe ihm mit Schreiben vom 17. Juli 2024 offiziell bestätigt, dass ihm ein Schengen-Visum aus humanitären Gründen ausgestellt worden sei. Die Mitarbeiter der Ausländerbehörde behaupteten wiederholt wahrheitswidrig, dass ihm ein gewöhnliches Schengen-Visum zum Zweck des Besuchs von Freunden und Familie erteilt worden sei. Das Schreiben der Auslandsvertretung vom 21. März 2023 sei ihm mit Verweis auf den Datenschutz nicht vorgelegt worden. Dies stelle eine Verletzung seiner Verfahrensrechte dar. Dass die Anwendung der §§ 22, 23 AufenthG ausscheide, da er mit einem Schengen-Visum nach Deutschland eingereist sei, sei entgegenzuhalten, dass die Auslandsvertretung nach eigenen Angaben in der E-Mail vom 17. Juli 2024 nicht genügend Zeit gehabt habe, um ein nationales Visum auszustellen, wie es normalerweise in solchen Fällen üblich sei. Zudem sei ihm vom Mitarbeiter der Auslandsvertretung mitgeteilt worden, dass das Visum in seinem Pass absichtlich wie ein gewöhnliches Touristenvisum aussehen würde, um die Risiken im Hinblick auf eine mögliche Festnahme oder Verfolgung an der Grenze zu minimieren. In den Datenbanken würde es als humanitäres Visum hinterlegt. Der formelle Visatyp sei durch die operative Notwendigkeit und nicht durch das Fehlen humanitärer Gründe bestimmt gewesen. Die Behauptung der Ausländerbehörde, dass ein langfristiger Aufenthalt in Deutschland nur durch ein Asylverfahren möglich sei, stehe im Widerspruch zu einer E-Mail der deutschen Botschaft in … vom 15. Februar 2023, in der er darauf verwiesen worden sei, sich bei Ankunft in Deutschland an die Ausländerbehörde zu wenden. Dies deute darauf hin, dass sein Aufenthalt unter Berücksichtigung humanitärer Gründe ohne die Durchführung eines Asylverfahrens geregelt werden könne. Soweit sich die Antragsgegnerin darauf berufe, dass ihre Anfragen an die Auslandsvertretung und das Auswärtige Amt unbeantwortet geblieben seien, könne dies nicht als Begründung der Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis dienen. Die Antragsgegnerin hätte alle Anstrengungen unternehmen müssen, um die erforderlichen Informationen zu erhalten. Bei der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis sei ihm nicht mitgeteilt worden, dass diese Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Klärung des Einreisevisums sowie der Überprüfung und Nachholung eines Aufnahmeverfahrens nach §§ 22, 23 AufenthG erteilt worden sei. Jedenfalls sei es durchaus logisch, zu erwarten, dass dieser Status verlängert werden müsse, bis eine endgültige Entscheidung in Übereinstimmung mit §§ 22, 23 AufenthG getroffen worden sei, die auch Antworten vom Auswärtigen Amt und der Auslandsvertretung einschließe. Hinsichtlich des Vorwurfs fehlender wirtschaftlicher Integration sei dem entgegenzuhalten, dass der Zeitraum von 1,5 Jahren nicht speziell für Integrationszwecke vorgesehen gewesen sei, da ihm in diesem Zeitraum ausschließlich eine Fiktionsbescheinigung ausgestellt worden sei. Dieses vorübergehende Dokument böte nicht die gleichen Rechte und Möglichkeiten wie eine vollständige Aufenthaltserlaubnis, insbesondere seien ihre Möglichkeiten zur Arbeitsaufnahme und zur Teilnahme an Integrationsprogrammen einschränkt. Trotz dieser Einschränkungen habe er am 11. Mai 2024 erfolgreich die Deutschprüfung auf dem Niveau B1 bestanden. Die Durchführung eines Asylverfahrens sei nicht zumutbar. Mit Erhalt des Flüchtlingsstatus würde er die Möglichkeit verlieren, in Zukunft nach Belarus zurückzukehren, wenn sich die Lage dort stabilisiere und die Verfolgungsgefahr nicht mehr bestehe. Zudem könne die Erteilung des Flüchtlingsstatus automatisch dazu führen, dass die Informationen über ihren Asylantrag den belarussischen Geheimdiensten bekannt gegeben würden. Der Flüchtlingsstatus bliebe in seiner „politischen Biografie“ und könne im Falle einer Rückkehr zu ernsthaften Problemen führen. Die Rückreise im Jahr 2022 lasse im Hinblick auf die aktuelle Bedrohungslage keine Schlüsse zu, insbesondere angesichts der Einleitung eines politisch motivierten Strafverfahrens im Jahr 2023.
28
Der Antragsteller legte ein Sprachzertifikat für das Sprachniveau B1 vom 11. Mai 2024 vor (Gerichtsakte Bl. 50).
29
Mit Schreiben vom 11. September 2024 beantragt die Antragsgegnerin,
30
den Antrag abzulehnen.
31
Zur Begründung verweist sie auf den streitgegenständlichen Bescheid. Dem Antragsteller sei am 15. Februar 2023 ein Visum zum Zweck des Besuchs (Familie, Freunde), ausgestellt worden. Eine für einen langfristigen Aufenthaltstitel erforderliche Aufnahmezusage aus humanitären Gründen läge nicht vor. Eine solche Aufnahmeerklärung könne nicht in der E-Mail der deutschen Botschaft vom 4. April 2023 gesehen werden. Auch die E-Mail vom 17. Juli 2024 der deutschen Botschaft in … ersetze nicht die erforderliche Aufnahmeerklärung bzw. das hierfür erforderliche nationale Visum. Ferner rechtfertige diese E-Mail auch nicht die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Die vorgetragenen Verfolgungsgründe enthielten ein materielles Asylgesuch; hierfür sei der Antragsteller auf das Asylverfahren zu verweisen. Der vorgelegte Sprachnachweis sei zwar ein erster Schritt zur Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse, allein jedoch nicht ausreichend, um die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu rechtfertigen.
32
Ergänzend wird auf die Gerichtsakte sowie die vorlegte Behördenakte Bezug genommen. 
II.
33
Der Antrag hat keinen Erfolg. Er ist zulässig, aber unbegründet.
34
1. Der Antrag ist zulässig, insbesondere statthaft.
35
a) Gegenstand des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO ist zum einen die kraft Gesetzes (§ 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG) sofort vollziehbare Ablehnung des Antrags auf Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis der Antragstellerin (Ziffer 1 des Bescheids).
36
Statthaft ist ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Ablehnung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nur in den Fällen des § 81 Abs. 3 und Abs. 4 AufenthG. Denn nur dann kann die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Ablehnung der Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels, die nach § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG keine aufschiebende Wirkung hat, dazu führen, dass die Versagung des beantragten Aufenthaltstitels und die dadurch begründete Ausreisepflicht nicht vollziehbar sind (BayVGH, B.v. 14.6.2013 – 10 C 13.848 – juris Rn. 3). Vorliegend erweist sich der Antrag im Hinblick auf eine Fortgeltungsfiktion nach § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG als statthaft, da der Antragsteller am 25. Juli 2023 (Behördenakte Bl. 142) und damit vor Ablauf seiner bis zum 21. November 2023 befristeten Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 AufenthG (Behördenakte Bl. 141) einen Antrag auf Verlängerung dieser Aufenthaltserlaubnis gestellt hat. Dem Antragsteller wurden auch Fiktionsbescheinigungen ausgestellt, zuletzt befristet bis 8. Oktober 2024 (Behördenakte Bl. 289). Die Fiktionswirkung des Antrags ist mit der ablehnenden Entscheidung der Antragsgegnerin (Bescheid vom 6. August 2024) entfallen, weshalb der Entscheidung der Charakter eines belastenden Verwaltungsakts zukommt (vgl. BayVGH, B.v. 14.2.2023 – 19 CS 22.2611 – juris Rn. 17 m.w.N.; VGH BW, B.v. 11.5.2021 – 11 S 2891/20 – juris Rn. 10 m.w.N.).
37
b) Der Antrag richtet sich zum anderen gegen die Abschiebungsandrohung (Ziffer 3 des Bescheids), die als Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung von Gesetzes wegen ebenso sofort vollziehbar ist (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. Art. 21a VwZVG) sowie die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes (Ziffer 4 des Bescheids), die nach § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 AufenthG kraft Gesetzes sofort vollziehbar ist.
38
2. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 1 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 6. August 2024 ist jedoch unbegründet.
39
Das Gericht trifft im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO eine eigene, originäre Entscheidung über die Aussetzung bzw. die Aufhebung der Vollziehung auf Grund der sich ihm im Zeitpunkt seiner Entscheidung darbietenden Sach- und Rechtslage. Das Gericht hat dabei die Interessen des Antragstellers und das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung gegeneinander abzuwägen. Besondere Bedeutung kommt dabei den Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu, soweit sie im Rahmen der hier nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung bereits beurteilt werden können.
40
Maßgeblicher Zeitpunkt der Bewertung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
41
Gemessen an diesen Grundsätzen fällt die vom Gericht anzustellende Interessensabwägung vorliegend bezüglich der Ablehnung des Antrags auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis (unter a), der Abschiebungsandrohung (unter b) und der Anordnung und Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots (unter c) zu Ungunsten der Antragstellerin aus. Nach summarischer Prüfung bestehen keine ernstlichen Zweifel an deren Rechtmäßigkeit. Die diesbezüglich in der Hauptsache erhobene Klage wird voraussichtlich erfolglos sein. Überwiegende Interessen der Antragstellerin, die gleichwohl eine Entscheidung zu ihren Gunsten rechtfertigten, sind nicht erkennbar (d).
42
a) Der Antragsteller hat nach summarischer Prüfung keinen Anspruch auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Der Bescheid vom 6. August 2024 ist in Ziffer 1 rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5, Abs. 1 Satz 1 VwGO).
43
aa) Der Antragsteller kann keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 22 AufenthG geltend machen.
44
Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 22 Satz 2 AufenthG kommt schon deshalb nicht in Betracht, da die darin vorausgesetzte Aufnahmeerklärung des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat oder einer von ihm bestimmten Stelle nicht vorliegt.
45
Auch die Voraussetzungen des § 22 Satz 1 AufenthG liegen nach Überzeugung des Gerichts nicht vor.
46
Die Vorschrift sieht die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis vom Ausland aus wegen völkerrechtlicher oder dringender humanitärer Gründe vor. Die Erteilung dieser Aufenthaltserlaubnis setzt ein nationales Visum aus humanitären Gründen voraus, das vor der Einreise von der zuständigen deutschen Auslandsvertretung erteilt wird (§ 5 Abs. 2 AufenthG, § 6 Abs. 3 AufenthG) und der Vorabzustimmung der zuständigen Ausländerbehörde nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthV bedarf. Darüber hinaus müssen nach § 22 Satz 1 AufenthG völkerrechtliche oder dringende humanitäre Gründe vorliegen. Die zuständige Ausländerbehörde ist dabei nicht an die Einschätzung der deutschen Auslandsvertretung, die ein nationales Visum aus humanitären Gründen erteilt hat, gebunden.
47
Das Gericht geht davon aus, dass schon kein nationales Visum aus humanitären Gründen i.S.d. § 6 Abs. 3 AufenthG, § 22 Satz 1 AufenthG erteilt wurde. Dem Antragsteller wurde vielmehr ein Schengen-Visum nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG i.V.m. Verordnung (EG) Nr. 810/2009 ausgestellt. Dies ergibt sich bereits hinreichend aus den vorgelegten Akten, einer weiteren Aufklärung durch die Antragsgegnerin bedurfte es daher nicht. Das dem Antragsteller am 15. Februar 2024 erteilte Visum ist schon äußerlich als Schengen-Visum zum Zweck des Besuchs (Familie, Freunde) ausgewiesen (Behördenakte Bl. 55, 119), auch der Visumsantrag lautet auf ein Schengen-Visum (Behördenakte Bl. 56). Den E-Mails der Auslandsvertretung vom 21. März 2023 (Behördenakte Bl. 93), vom 4. April 2023 (Behördenakte Bl. 102) und vom 17. Juli 2024 (Gerichtsakte Bl. 35) ist zu entnehmen, dass das Verfahren und die Prüfung eines Visums nach § 22 AufenthG in Anbetracht der kurzen Zeit gerade nicht durchgeführt wurden. Entsprechend wurde auch keine Vorabzustimmung der Ausländerbehörde nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthV eingeholt, eine Beteiligung der zuständigen Ausländerbehörde erfolgte nach Aktenlage nicht (Behördenakte Bl. 91). Ein Schengen-Visum aus humanitären Gründen kennt die Rechtsordnung ebenso wenig wie ein nur vorläufiges humanitäres Visum. Das Gesetz differenziert schon formal zwischen Schengen-Visa nach § 6 Abs. 1 AufenthG i.V.m. Verordnung (EG) Nr. 810/2009 und nationalen Visa, etwa aus humanitären Gründen, § 6 Abs. 3 AufenthG. Deren Verfahren, Voraussetzungen und Erscheinungsbilder unterscheiden sich zudem wesentlich. Aus welcher Motivation heraus die Auslandsvertretung dem Antragsteller das Schengen-Visum nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG i.V.m. Verordnung (EG) Nr. 810/2009 erteilte und welche Absichten sie damit gegebenenfalls verfolgte, ist damit irrelevant.
48
Selbst unterstellt, es läge ein humanitäres Visum vor, scheitert die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 22 Satz 1 AufenthG daran, dass dieser Aufenthaltstitel nur vom Ausland aus erteilt werden kann. Vor ihrer Einreise in die Bundesrepublik Deutschland wurde dem Antragsteller jedoch keine Aufenthaltserlaubnis nach § 22 Satz 1 AufenthG ausgestellt. Aus dem Umstand allein, dass die Auslandsvertretung dem Antragsteller eine Aufenthaltserlaubnis nach § 22 AufenthG in Aussicht gestellt haben mag, folgt kein Anspruch auf deren Erteilung, dies schon deshalb, da die Auslandsvertretung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nicht zuständig ist. Auch eine etwaige Vorwegbindung der zuständigen Ausländerbehörde durch die Einschätzung der deutschen Auslandsvertretung erfolgt nicht (vgl. auch Bergmann/Dienelt/Röcker, 14. Aufl. 2022, AufenthG § 22 Rn. 15). Der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 22 Satz 1 AufenthG ist nicht mehr möglich, da sich der Antragsteller mittlerweile im Bundesgebiet aufhält. Eine nach Einreise erfolgende Erteilung dieser Aufenthaltserlaubnis ist ausgeschlossen (s. auch BT-Drs. 15/420, S. 77).
49
bb) Mangels Vorliegen einer Anordnung einer zuständigen Behörde i.S.d. § 23 AufenthG kommt auch die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach dieser Vorschrift nicht in Betracht.
50
cc) Der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1 und Abs. 2 AufenthG steht entgegen, dass bislang keine positive Entscheidung des in diesen Fragen allein zuständigen Bundesamts über die Asylanerkennung oder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. des subsidiären Schutzes vorliegt. Der Antragsteller hat noch kein Asylverfahren durchlaufen.
51
dd) Der Antragsteller kann sich nicht auf § 25 Abs. 3 AufenthG berufen. Soweit er mit Verweis auf ihr Verfolgungsschicksal im Heimatland zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 AufenthG oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG geltend macht, handelt es sich um ein Vorbringen, das in der Sache ein Asylgesuch darstellt und daher nicht in den Zuständigkeitsbereich der Ausländerbehörde fällt. Das Bundesamt hat mit Stellungnahme vom 8. April 2024 (Behördenakte Bl. 262) nach Auswertung des Vorbringens des Antragstellers festgestellt, dass es sich bei ihrem Vorbingen in der Sache um ein Asylgesuch handelt. Das erkennende Gericht teilt diese Einschätzung.
52
Aufgrund der gesetzlichen Differenzierung zwischen Asylrecht und Ausländerrecht sowie der Zuständigkeitsverteilung zwischen Bundesamt und Ausländerbehörden ist es einem Ausländer verwehrt, sich gegenüber der Ausländerbehörde im Rahmen des § 25 Abs. 3 AufenthG auf ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis zu berufen, das sich in der Sache als Asylgesuch darstellt. Er hat sich insoweit an das Bundesamt als die sachnähere und fachlich spezialisierte Behörde zu wenden. Dabei kommt es nicht darauf an, ob ein förmlicher Asylantrag gestellt wurde, sondern nur darauf, ob materiell ein Asylgesuch i.S.d. § 13 AsylG vorliegt. Dem Ausländer steht im Rahmen des § 25 Abs. 3 AufenthG kein Wahlrecht zwischen Ausländerrecht und Asylrecht zu (vgl. zu all dem BayVGH, B.v. 10.01.2014 – 10 C 13.2376 – juris Rn. 5; vgl. auch Zimmerer in: BeckOK MigR, 18. Ed. 15.1.2024, AufenthG § 25 Rn. 19.1; Hailbronner in: Hailbronner, Ausländerrecht, § 25 AufenthG Rn. 56).
53
ee) Die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 AufenthG kommt nicht in Betracht.
54
Eine Verlängerung nach § 25 Abs. 4 Satz 1 AufenthG, § 8 Abs. 1 AufenthG scheidet aus, da der Grund, weshalb die Antragsgegnerin zunächst eine auf sechs Monate befristete Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 AufenthG erteilte, nicht mehr vorliegt. Diese Aufenthaltserlaubnis wurde erteilt, um zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 22 AufenthG beim Antragsteller vorliegen. Hierüber ist der Antragsteller auch von Anfang an informiert worden. So wurde ihm in persönlichen Gesprächen sowie mit E-Mail vom 11. Mai 2023 (Behördenakte Bl. 135) und vom 15. Mai 2023 (Behördenakte Bl. 136) mitgeteilt, dass derzeit allein die Erteilung einer befristeten Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 AufenthG in Betracht käme, da die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 22 AufenthG erst noch geprüft werden müssten (s. auch Aktenvermerk vom 14. April 2023, Behördenakte Bl. 111). Mittlerweile ist die Antragsgegnerin zu dem Ergebnis gelangt, dass die Voraussetzungen des § 22 AufenthG nicht erfüllt sind. Weiterer Aufklärung bedarf es auch nach Ansicht des Gerichts nicht (s. bereits Ausführungen oben unter § 22 AufenthG).
55
Sonstige Gründe, weshalb ein zeitlich befristeter Aufenthaltstitel angestrebt ist, sind nicht ersichtlich. Der Antragsteller begehrt nicht nur einen vorübergehenden Aufenthalt. Zwar möchte er nur so lange in Deutschland bleiben, bis sich die Lage in Belarus wieder beruhigt hat. Derzeit steht jedoch nicht fest, wann dies der Fall sein wird. Der Aufenthalt ist jedenfalls dann nicht vorübergehend i.S.d. § 25 Abs. 4 AufenthG, wenn er von einer völlig ungewissen und in zeitlicher Hinsicht nicht absehbaren Entwicklung im Heimatstaat des Ausländers abhängig gemacht wird (s. BayVGH, B.v. 13.12.2007 – 24 CS 07.2953 Rn. 4).
56
Auch die Voraussetzungen für eine Verlängerung nach Maßgabe des § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG liegen nicht vor. Demnach kann diese Aufenthaltserlaubnis auch dann verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Dies setzt voraus, dass sich der Ausländer in einer exzeptionellen Sondersituation befindet, die sich deutlich von der anderer Ausländer unterscheidet, sodass ihn die Aufenthaltsbeendigung deutlich härter treffen würde als andere Ausländer seiner Staatsangehörigkeit in einer vergleichbaren Situation. Eine derartige Ausnahmesituation ist nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich. Insbesondere stellt eine etwaige Integration in der Bundesrepublik Deutschland keinen solchen Härtefall dar (vgl. BayVGH, B.v. 28.10.2005 – 24 C 05.2756 – juris Rn. 18). Soweit der Antragsteller eine drohende Verfolgung in Belarus geltend macht, handelt es sich schon nicht um ein Vorbringen, das auf einen zeitlich beschränkten Aufenthalt abzielt. Im Übrigen handelt es sich materiell um ein Asylgesuch, für dessen Prüfung allein das Bundesamt zuständig ist und das aus gesetzessystematischen Gründen keinen Härtefall im Sinne § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG begründen kann (vgl. auch BayVGH, B.v. 28.10.2005 – 24 C 05.2756 – juris Rn. 17; BayVGH, B.v. 13.12.2007 – 24 CS 07.2953 Rn. 6).
57
ff) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 5 AufenthG kommt nicht in Betracht. Inlandsbezogene tatsächliche oder rechtliche Abschiebungshindernisse sind nicht ersichtlich.
58
gg) Auf § 25b AufenthG kann sich der Antragsteller nicht berufen, er ist derzeit nicht im Status einer Duldung. Zudem erfüllt er die notwendige Voraufenthaltszeit von mindestens 6 Jahren (§ 25b Abs. 1 Nr. 1 AufenthG) nicht. Auf die Integrationsleistungen des Antragstellers kommt es daher nicht an.
59
hh) Einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Erwerbstätigkeit steht bereits entgegen, dass der Antragsteller schon nicht mit dem dafür notwendigen Visum zum Zwecke der Erwerbstätigkeit eingereist ist (§ 5 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG). Zudem übt er ausweislich der Akten weder eine der in §§ 18 ff. AufenthG genannte Erwerbstätigkeit aus noch strebt er eine solche konkret an.
60
b) Auch die dem Antragsteller zur freiwilligen Ausreise gesetzte Frist und die Abschiebungsandrohung (Ziffern 2 und 3 des Bescheids) begegnen bei summarischer Prüfung keinen rechtlichen Bedenken. Sie sind rechtmäßig und verletzen ihn nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Anordnung der Ausreisefrist und die Abschiebungsandrohung beruhen auf §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 1 AufenthG und sind nach summarischer Prüfung nicht zu beanstanden. Insbesondere ist die im Bescheid vom 6. August 2024 auf 30 Tagen gesetzte Ausreisefrist angemessen (§ 59 Abs. 1 Satz 1, Satz 4 AufenthG). Ferner stehen nach § 59 Abs. 3 AufenthG Abschiebungsverbote, mithin auch inlandsbezogene Abschiebungshindernisse, einer Abschiebungsandrohung nicht entgegen. Der Antragsteller hat keine gesundheitlichen, familiären oder sonstigen Belange vorgetragen, die ein Abschiebungshindernis begründen könnten. Auch aus den Akten sind keine derartigen Belange ersichtlich (s. bereits Ausführungen oben zu § 25 Abs. 5 AufenthG).
61
c) Schließlich erweist sich auch die Anordnung und Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots (Ziffer 4 des Bescheids) als rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbot stützt sich auf § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG. Die Befristungsdauer nach § 11 Abs. 3 AufenthG steht im Ermessen der Ausländerbehörde, so dass diese Ermessensentscheidung nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterliegt (§ 114 S. 1 VwGO). Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.
62
d) Sonstige Umstände, die im Einzelfall ein anderes Ergebnis der Interessensabwägung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO rechtfertigten, sind nicht ersichtlich. Dabei berücksichtigt das Gericht, dass dem Interesse des Antragstellers, in Deutschland Schutz vor einer Verfolgung in Belarus zu erhalten, über die Gewährung von Asyl bzw. internationalen Schutzes umfassend Rechnung getragen werden kann. Es erschließt sich nicht, weshalb dem Antragsteller das Durchlaufen eines Asylverfahrens nicht möglich oder zumutbar sein sollte. Insbesondere hindert die Zuerkennung des Flüchtlingsstatus ihn nicht an einer späteren Rückkehr in sein Heimatland. Soweit der Antragsteller vorbringt, er befürchte bei Zuerkennung des Flüchtlingsschutzes eine Mitteilung an belarussische Geheimdienste und spätere Nachteile in seinem Heimatland, ist dies weder substantiiert vorgetragen noch findet sich hierfür eine Stütze in den Erkenntnismitteln.
63
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
64
5. Die Streitwertfestsetzung folgt den Vorgaben der §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG in Verbindung mit den Ziffern 8.1, 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.