Titel:
Heranziehung zur Vorauszahlung auf Straßenausbaubeitrag
Normenketten:
BayKAG aF Art. 5 Abs. 1 S. 3
BayStrWG Art. 46 Nr. 2
Leitsätze:
1. Ortsstraßen sind Straßen, die dem Verkehr innerhalb der geschlossenen Ortslage dienen, wobei unter geschlossener Ortslage der Teil des Gemeindegebietes zu verstehen ist, der in geschlossener oder offener Bauweise zusammenhängend bebaut ist; einzelne unbebaute Grundstücke, zur Bebauung ungeeignetes oder ihr entzogenes Gelände oder einseitige Bebauung unterbrechen dabei diesen Zusammenhang nicht. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
2. Zu einer Ortsstraße iSd Art. 46 Nr. 2 BayStrWG gehören auch Straßen und Strecken im baurechtlichen Außenbereich, solange sie innerhalb der geschlossenen Ortslage liegen. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Feststellung des erforderlichen Bebauungszusammenhangs als Merkmal einer geschlossenen Ortslage ergibt sich im Allgemeinen schon aus der einfachen Gegenüberstellung des örtlichen Bereichs baulicher oder gewerblicher Nutzung und des davon freien, zumeist der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung dienenden Geländes, wobei innerhalb der geschlossenen Ortslage eine Straße auch dann verläuft, wenn sie in einem weitläufigeren Rahmen von der örtlichen Bebauung umschlossen wird, sofern nur der Unterschied zum Verlauf im freien unbebauten Gelände deutlich wird. Die Grenzen einer geschlossenen Ortslage sind nach den gröberen Umrissen des örtlichen Bebauungsbereichs, wo er sich gegenüber dem freien Gelände absetzt, zu bestimmen. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Straßenausbaubeitragsrecht, Ortsstraße, Geschlossene Ortslage, Straßenausbaubeitrag, Straßenausbaumaßnahme, Heranziehung, Vorauszahlung, geschlossene Ortslage, Außenbereich, Bebauungszusammenhang
Vorinstanz:
VG Regensburg, Urteil vom 07.06.2023 – RO 11 K 20.3175
Fundstelle:
BeckRS 2024, 18903
Tenor
I. Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 7. Juni 2023 – RO 11 K 20.3175 – wird abgelehnt.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.312,57 € festgesetzt.
Gründe
1
Der Antrag der Beklagten, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, ist unbegründet. Die innerhalb der Darlegungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 4 VwGO greifen nicht durch (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).
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1. Die Beklagte zog den Kläger mit Bescheiden vom 7. Juli 2017 und 30. Oktober 2017 für die Verbesserung der „Unteren Vorstadt/Michelfelder Straße“ – nach alter Rechtslage (vgl. Art. 19 Abs. 8 KAG) – zu einer Vorauszahlung auf den Straßenausbaubeitrag (u.a.) für dessen Miteigentumsanteil von 16% an dem Grundstück FlNr. 904 zu einem Betrag in Höhe von zuletzt 6.500,00 € heran. Mit Widerspruchsbescheid vom 18. November 2020 setzte das Landratsamt Amberg-Sulzbach in Abänderung dieser Bescheide die Vorauszahlung auf 5.312,57 € fest und wies den Widerspruch des Klägers im Übrigen zurück. Auf die hiergegen erhobene Klage hin hat das Verwaltungsgericht die Bescheide aufgehoben und zur Begründung ausgeführt: Die Heranziehung sei rechtswidrig, weil die abzurechnende Straße im Bereich des klägerischen Grundstücks nicht mehr innerhalb der geschlossenen Ortslage im Sinn des Art. 4 Abs. 1 Satz 2 BayStrWG verlaufe und deshalb nicht als beitragsfähige Orts straße einzustufen sei.
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2. Die von der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil vorgebrachten Zulassungsgründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO), rechtfertigen nicht die Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 VwGO.
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a) An der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
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Dieser Zulassungsgrund läge vor, wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würden (vgl. zu diesem Maßstab BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – NJW 2009, 3642 m.w.N.). Die Richtigkeitszweifel müssen sich auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – NVwZ-RR 2004, 542 f.; BayVGH, B.v. 15.2.2018 – 6 ZB 17.2521 – juris Rn. 4). Das ist nicht der Fall.
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Das Verwaltungsgericht hat – wenn auch nicht mit jedem einzelnen Begründungselement, so doch im Ergebnis – überzeugend festgestellt, dass der Straßenzug „Untere Vorstadt/Michelfelder Straße“ im Bereich des klägerischen Grundstücks (im Folgenden: Michelfelder Straße) nicht mehr als Orts straße im Sinn von Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG a.F. (sondern bereits als Gemeindeverbindungsstraße) zu qualifizieren ist und deshalb nicht Gegenstand einer nach alter Rechtslage beitrags- und vorauszahlungspflichtigen Straßenausbaumaßnahme sein konnte. Der Zulassungsantrag hält dem keinen belastbaren Gesichtspunkt entgegen, der der Überprüfung in einem Berufungsverfahren bedarf.
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aa) Der beitragsrechtliche Begriff „Orts straße“ folgt dem straßenrechtlichen, in Art. 46 Nr. 2 BayStrWG definierten Begriff (BayVGH, U.v. 13.12.2016 – 6 B 16.978 – juris Rn. 14; B.v. 28.3.2019 – 6 ZB 19.60 – juris Rn. 9). Dabei kommt es maßgeblich auf die materiellen Kriterien an, nicht auf die Widmung als Orts straße (BayVGH, B.v. 28.4.2022 – 6 ZB 21.739 – juris Rn. 9 f.). Danach sind Ortsstraßen – soweit hier von Interesse – Straßen, die dem Verkehr innerhalb der geschlossenen Ortslage dienen. Unter geschlossener Ortslage ist dabei der Teil des Gemeindegebietes zu verstehen, der in geschlossener oder offener Bauweise zusammenhängend bebaut ist, wobei einzelne unbebaute Grundstücke, zur Bebauung ungeeignetes oder ihr entzogenes Gelände oder einseitige Bebauung diesen Zusammenhang nicht unterbrechen (vgl. Art. 4 Abs. 1 Satz 2 und 3 BayStrWG). Die straßenrechtliche Beurteilung muss – anders als im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB – von der Straße her ansetzen und die sich in der Nähe befindliche Bebauung in den Blick nehmen; dabei ist ein weitläufiger Betrachtungsrahmen zugrunde zu legen. Zu einer Orts straße im Sinn des Art. 46 Nr. 2 BayStrWG gehören daher auch Straßen und Strecken im baurechtlichen Außenbereich, solange sie innerhalb der geschlossenen Ortslage liegen.
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Die Feststellung des erforderlichen Bebauungszusammenhangs als Merkmal einer geschlossenen Ortslage ergibt sich danach im Allgemeinen schon aus der einfachen Gegenüberstellung des örtlichen Bereichs baulicher oder gewerblicher Nutzung und des davon freien, zumeist der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung dienenden Geländes. Innerhalb der geschlossenen Ortslage verläuft eine Straße auch dann, wenn sie in einem weitläufigeren Rahmen von der örtlichen Bebauung umschlossen wird, sofern nur der Unterschied zum Verlauf im freien unbebauten Gelände deutlich wird. Die Grenzen einer geschlossenen Ortslage sind nach den gröberen Umrissen des örtlichen Bebauungsbereichs, wo er sich gegenüber dem freien Gelände absetzt, zu bestimmen (vgl. BVerwG, U.v. 3.4.1981 – IV C 41.77 – juris Rn. 20; U.v. 18.3.1983 – 4 C 10.80 – juris Rn. 14 zu § 5 Abs. 4 FStrG; ThürOVG, U.v. 11.6.2007 – 4 N 1359/98 – juris Rn. 56; BayVGH, B.v. 28.3.2019 – 6 ZB 19.60 – juris Rn. 9; B.v. 6.4.2020 – 6 ZB 19.2002 – Rn. 7). Herrscht am fraglichen Standort der Eindruck vor, sich im freien Gelände zu befinden, ist keine geschlossene Ortslage anzunehmen (BayVGH, B.v. 28.3.2019 – 6 ZB 19.60 – juris Rn. 9; vgl. auch SächsOVG, B.v. 1.7.2016 – 5 A 435/14 – juris Rn. 8; NdsOVG, U.v. 30.1.2017 – 9 LB 194/16 – juris Rn. 33).
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bb) Das Verwaltungsgericht hat diese Maßstäbe seiner Entscheidung zugrunde gelegt (vgl. UA S. 6 f.) und ist anhand der in der Gerichtsakte enthaltenen Unterlagen und allgemein zugänglichen Luftbildaufnahmen (z.B. Bayernatlas) zu dem überzeugenden Ergebnis gelangt, dass der Straßenzug „Untere Vorstadt/Michelfelder Straße“ von Osten her aus dem Ortskern kommend spätestens dort aus der geschlossenen Ortslage herausführt (und damit die Eigenschaft als beitragsfähige Orts straße verliert), wo er auch auf der nördlich gelegenen Straßenseite – nach dem bebauten Anliegergrundstück FlNr. 881/14 – in den Außenbereich führt; südlich der Straße beginnt der Außenbereich nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts bereits etwa 150 m früher mit dem an die Straße grenzenden Großen Stadtweiher. Folglich muss eine Beitragspflicht für das im Miteigentum des Klägers stehende (Hinterlieger-)Grundstück FlNr. 904 ausscheiden, weil es als Teil einer im Außenbereich gelegenen Splittersiedlung erst etwa 50 m nach dem Verlassen der geschlossenen Ortslage von Süden her an die Michelfelder Straße angebunden ist. Die mit dem Zulassungsantrag hiergegen vorgebrachten Einwände begründen keine ernstlichen Zweifel.
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(1) Mit dem Vorbringen, angesichts der vorhandenen Bebauung entlang der Michelfelder Straße liege entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts auch im Bereich des klägerischen Grundstücks eine geschlossene Ortslage vor, wendet sich die Beklagte der Sache nach gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Ausgangsgerichts. Für einen auf § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützten Zulassungsgrund genügt nicht allein der Vortrag, die Tatsachen seien anders als vom Verwaltungsgericht angenommen oder der Sachverhalt sei anders zu bewerten. Vielmehr muss der Rechtsmittelführer gute Gründe aufzeigen, dass die tatsächlichen Feststellungen des Ausgangsgerichts augenscheinlich nicht zutreffen oder wegen gedanklicher Lücken oder Ungereimtheiten ernstlich zweifelhaft sind; die bloße Möglichkeit einer anderen Bewertung des Sachverhalts genügt dafür nicht (BayVGH, B.v. 22.3.2023 – 8 ZB 22.2505 – juris Rn. 11 m.w.N.; B.v. 14.2.2024 – 6 ZB 23.1557 – juris Rn. 24). Derartige Fehler hat die Beklagte nicht aufgezeigt.
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Die von der Beklagten ins Feld geführte Bebauung auf den Grundstücken südlich sowie nördlich der Michelfelder Straße westlich des Stadtweihers hat auch das Verwaltungsgericht in seine Beurteilung einbezogen. Es ist aber zu einer anderen Bewertung gelangt, indem es nahezu den gesamten Bereich, insbesondere die Bebauung im Bereich des klägerischen Grundstücks im Süden der Michelfelder Straße sowie die gegenüber auf der anderen Straßenseite liegenden Grundstücke FlNr. 881 und 883 dem baurechtlichen Außenbereich zugeordnet und insoweit eine geschlossene Ortslage verneint hat. Der Zulassungsantrag setzt dem lediglich entgegen, dass trotz der Baulücken ein Bebauungszusammenhang bestehe, der den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittle, ohne näher darzulegen, aus welchen Gründen der vom Gericht anhand der Lagepläne und Luftbilder gewonnene gegenteilige Eindruck unzutreffend sein soll. Auch mit der – naheliegenden – Argumentation des Verwaltungsgerichts, dass bezogen auf die Bebauung im Bereich des klägerischen Grundstücks mangels hinreichenden Gewichts der vorhandenen Bebauung (fünf Wohnhäuser und ein Vereinsheim) kein Ortsteil, sondern nur eine Splittersiedlung im Außenbereich vorliege (UA S. 7 f. unter aa), setzt er sich nicht auseinander.
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Soweit die Beklagte (sinngemäß) rügt, das Verwaltungsgericht sei von einem falschen rechtlichen Maßstab ausgegangen, weil es eine beidseitige Bebauung gefordert habe, obwohl grundsätzlich eine jeweils einseitige Bebauung genüge – und zwar ungeachtet des Umstandes, dass diese hier im Verlauf die Straßenseite wechsle – so trifft dies nicht zu. Das Gericht hat für die Annahme einer geschlossenen Ortslage keine beidseitige Bebauung gefordert, sondern lediglich festgestellt, dass eine Konstellation, wie sie der Senat in seinem Urteil vom 10. Juli 2002 – 6 N 97.2148 – als Beispiel dafür angeführt hat, dass auch Wohngrundstücken im Außenbereich Sondervorteile im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG a.F. zufließen und sie daher der Straßenausbaubeitragspflicht unterliegen können, nicht vorliegt. Abgesehen davon, dass in dem in Bezug genommenen Normenkontrollverfahren nicht die (vorgelagerte) Frage nach dem Vorhandensein einer beitragsfähigen Orts straße inmitten stand, sondern die Frage, wie der Kreis der beitragspflichtigen Grundstückseigentümer und Erbbauberechtigten zu bestimmen ist, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer solchen Ort straße einen besonderen Vorteil im Sinn des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG bringt (vgl. BayVGH, U.v. 10.7.2002 – 6 N 97.2148 – juris Rn. 26 ff.), findet sich in dem Urteil lediglich die Aussage, für die Erschließungsfunktion (einer Orts straße) genüge die einseitige Anbaubarkeit, d.h. die Lage der Straße entlang des Randes von Innenbereich oder beplantem Baugebiet. Sei auf der gegenüberliegenden, dem Außenbereich zugewandten Straßenseite ein Grundstück mit einem Wohnhaus bebaut, könne der Eigentümer zwar nicht zu einem Erschließungsbeitrag für die erstmalige Herstellung der Straße herangezogen werden, müsse aber in den Kreis der (Straßenausbau-)Beitragspflichtigen einbezogen werden, weil aus der Erweiterung oder Verbesserung der Ort straße seinem Grundstück dieselben vorteilsrelevanten Möglichkeiten der Inanspruchnahme zufließen, wie den im Plangebiet oder Innenbereich gelegenen Grundstücken. Eine solche Sachlage hat das Verwaltungsgericht hier mit überzeugenden Gründen verneint. Es hat nicht etwa eine beidseitige Bebauung verlangt, sondern nur nicht ausreichen lassen, dass – anders als in dem vom Senat gebildeten Fallbeispiel – nördlich wie südlich der Michelfelder Straße (beginnend ab den Grundstücken FlNr. 881 im Norden bzw. FlNr. 903 im Süden) nur vereinzelt Bebauung vorhanden ist, die – abgesehen von dem kleinräumigen Bebauungsplangebiet „An der Krankenhaus straße“ – vollumfänglich dem Außenbereich zuzuordnen ist (UA S. 8 f. unter bb).
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(2) Die Beklagte rügt weiter, das Grundstück des Klägers wie auch das benachbarte Grundstück FlNr. 903 seien geradezu typische Beispiele für vorteilziehende Grundstücke in Bezug auf die Michelfelder Straße. Insoweit sei der Ansatz des Verwaltungsgerichts, das den Vorteilsbezug verneint habe, in Zweifel zu ziehen. Neben einer spezifischen Nähe des klägerischen Grundstücks zur Orts straße liege eine durch den Ausbau vermittelte verbesserte Möglichkeit des Anliegergebrauchs vor.
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Auch mit diesem Einwand vermag die Beklagte ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Ausgangsentscheidung nicht zu begründen. Die Frage des Vorliegens eines Sondervorteils war nicht entscheidungserheblich. Das Verwaltungsgericht hat zwar ausdrücklich auf das Urteil des Senats vom 10. Juli 2002 (6 N 97.2148) Bezug genommen (vgl. UA Seite 8 Absatz 3 und Seite 9 Absatz 3), in dem sich dieser – wie bereits ausgeführt – im Rahmen eines gegen eine Straßenausbaubeitragssatzung gerichteten Normenkontrollverfahrens zum Begriff des besonderen Vorteils im Sinn des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG a.F. geäußert hat. Das Verwaltungsgericht hat die Heranziehung des Klägers zu einem Straßenausbaubeitrag aber nicht deshalb abgelehnt, weil diesem die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Straße keinen besonderen Vorteil bietet, sondern deshalb, weil die abgerechnete Straße im Bereich des klägerischen Grundstücks nicht dem Verkehr innerhalb einer geschlossenen Ortslage dient (vgl. UA Seite 9: „Es fehlt insoweit an einer geschlossenen Ortslage i.S.d. Art. 4 Abs. 1 Satz 2 BayStrWG.“). Damit hat es die vorrangige Frage nach einer beitragsfähigen Orts straße verneint, weshalb sich die Frage nach einem beitragsrelevanten Sondervorteil nicht mehr stellt.
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(3) Ohne Erfolg bleibt schließlich auch der Einwand, das Verwaltungsgericht habe die Teilstrecke im Bereich des klägerischen Grundstücks zu Unrecht unter Rückgriff auf die erschließungsbeitragsrechtliche 100 m-Regel als „selbstständigen Abschnitt“ bewertet.
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Es ist bereits fraglich, ob dem damit angegriffenen, mit dem Adverb „zudem“ eingeleiteten Begründungsstrang überhaupt entscheidungstragende oder nur argumentativ ergänzende Bedeutung zukommen soll. Jedenfalls soll er nicht zum Ausdruck bringen, dass der Straßenzug nur in dem etwa 140 m langen „selbstständigen Abschnitt“ entlang der nördlich angrenzenden Grundstücke FlNrn. 881 und 883 auf Höhe des klägerischen Grundstücks die Qualität als Orts straße verliert und danach in Richtung Westen wieder gewinnt) Das Verwaltungsgericht ist vielmehr „letztlich“ davon ausgegangen, dass sich das Richtung Westen anschließende Bebauungsplangebiet „An der Krankenhaus straße“ (mit zwei Baugrundstücken entlang der Straße) nur als „kleinräumige Unterbrechung“ des auch auf der Nordseite der Straße ansonsten durchgehenden Außenbereichs für die straßenrechtliche Einstufung unbeachtlich ist. Das gilt umso mehr als nach dem erstinstanzlichen Vorbringen der Beklagten dieser Bebauungsplan – wegen der topografischen Situation – keine Zufahrt zur Michelfelder Straße zulässt und das Plangebiet deshalb verkehrsmäßig von Norden her erschlossen wird. Damit liegt es aus dem Blickwinkel der Michelfelder Straße betrachtet aber fern, von einer geschlossenen Ortslage auf der Nordseite auszugehen.
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b) Entgegen der Annahme der Beklagten weist die Rechtssache auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), die die Durchführung eines Berufungsverfahrens erforderlich machen würden.
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Besondere Schwierigkeiten im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO sind nur anzunehmen bei erheblich über dem Durchschnitt liegender Komplexität der Rechtssache (vgl. BayVGH, B.v. 8.12.1998 – 2 ZB 98.3166 – juris Rn. 6; B.v. 4.3.2024 – 6 ZB 23.1745 – juris Rn. 14). Dafür sind hinreichende Anhaltspunkte hier nicht ersichtlich. Der anzuwendende rechtliche Maßstab ist hinreichend geklärt (vgl. oben).
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Der Fall wirft auch keine besonders schwierigen Tatsachenfragen auf. Die Beklagte hält die Situation entlang der Michelfelder Straße zwar für besonders komplex und vielgestaltig. Das Verwaltungsgericht habe keinen bei dieser Sachlage gebotenen Augenschein genommen, um die örtliche Situation aus dem Blickwinkel eines Verkehrsteilnehmers zu betrachten. Wie oben dargestellt, muss die rechtliche Beurteilung von der Straße her ansetzen mit Blickrichtung auf die sich in der Nähe befindliche Bebauung. Auf den subjektiven Eindruck, den etwa ein Autofahrer bei dem Befahren des betreffenden Teilstücks haben mag, kommt es hingegen nicht an (BVerwG, U.v. 3.4.1981 – IV C 41.77 – juris Rn. 19). Dass das Gericht seine Beurteilung im Wesentlichen auf der Grundlage von Luftbildern getroffen hat, ohne die Michelfelder Straße abgefahren und die in der Nähe vorhandene Bebauung in Augenschein genommen zu haben, begründet daher für sich allein genommen ebenso wenig besondere tatsächliche Schwierigkeiten wie der Umstand, dass die Abgrenzung der geschlossenen Ortslage von der freien Landschaft naturgemäß nicht immer einfach ist. Die rechtliche Bewertung der tatsächlichen Gegebenheiten lässt sich – den richtigen Maßstab zugrunde gelegt – vielmehr auch anhand der in den Akten befindlichen Fotos sowie der allgemein zugänglichen Luftbilder vornehmen. Der Sache nach beanstandet die Beklagte lediglich die Sachverhalts- und Beweiswürdigung durch das Gericht.
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c) Die Berufung ist auch nicht wegen der behaupteten Divergenz zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO).
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Eine Divergenz ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn der Zulassungsantrag einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem das Verwaltungsgericht einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts oder eines anderen in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genannten Gerichts aufgestellten ebensolchen entscheidungstragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Die nach Auffassung des Rechtsmittelführers divergierenden Rechtssätze müssen einander präzise gegenübergestellt werden (stRspr, vgl. BVerwG, B.v. 24.4.2017 – 1 B 22.17 – juris Rn. 19 m.w.N.). Allein das Aufzeigen einer – angeblich – fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen eines der in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genannten Gerichts genügt den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenzrüge nicht.
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Diesen Anforderungen wird der Zulassungsantrag nicht gerecht. Einen abstrakten Rechtssatz des Inhalts, dass Außenbereichsgrundstücke nur und ausschließlich dann heranzuziehen seien, wenn sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite ein festgesetztes Baugebiet oder ein Bebauungszusammenhang befindet, hat das Gericht nicht aufgestellt. Es hat lediglich festgestellt, dass eine Fallkonstellation wie sie der Senat im Urteil vom 10. Juli 2002 (6 N 97.2148 – juris Rn. 32) als Beispiel für die Straßenausbaubeitragspflicht eines Außenbereichsgrundstück beschrieben hat, nicht vorliegt. Im Übrigen betreffen die von der Beklagten in Bezug genommenen Ausführungen nicht die hier entscheidende Frage nach dem Vorliegen einer beitragsfähigen Orts straße im Sinn des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG a.F., i.V.m. Art. 46 Nr. 2 BayStrWG, sondern eines – von einer vorhandenen Orts straße ausgehenden – Sondervorteils im Sinn des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).