Inhalt

VG Augsburg, Gerichtsbescheid v. 04.06.2024 – Au 9 K 23.1574
Titel:

Anordnung zur Meldung und Abdeckung tierischer Nebenprodukte

Normenketten:
TierNebG § 3, § 7 Abs. 1, § 10 Abs. 1, § 12 Abs. 2
VO (EG) Nr. 1069/2009 Art. 8
VO (EG) Nr. 999/2001 Art. 3
BayVwVfG Art. 28 Abs. 2
VwZVG Art. 32
Leitsatz:
Da Deutschland seit 6.7.2016 den Status "vernachlässigbares Risiko" innehat und damit von einem kontrolliertem BSE-Risiko auszugehen ist, gelten in Deutschland der Schädel von über 12 Monate alten Rindern einschließlich Gehirn und Augen sowie das Rückenmark als spezifisches Risikomaterial iSd Art. 3 Abs. 1 g der VO (EG) Nr. 999/2001 iVm Anhang 5 Nr. 1 a i). (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Anordnung zur Meldung und Abdeckung tierischer Nebenprodukte, Spezifisches Risikomaterial, Entbehrlichkeit der Anhörung, Androhung der Ersatzvornahme, Ersatzvornahme, spezifisches Risikomaterial, Milchviehanlage, Anhörung, Tierkörper, Kadaverteile, kontrolliertes BSE-Risiko, Tierkörperbeseitigungsanstalt, Entsorgung, Abdeckung
Fundstelle:
BeckRS 2024, 17199

Tenor

I.Die Klage wird abgewiesen.
II.Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.Der Gerichtsbescheid ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.  

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich gegen eine Anordnung zur Beseitigung von Tierkörpern und Mist in einer auf seinem Grundstück befindlichen Dunglege.
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Der Kläger betreibt eine Milchviehanlage am Standort ... auf den Grundstücken Fl.Nr. ... und ... Gemarkung .... Am 29. August 2023 fand auf den Grundstücken des Klägers eine Kontrolle durch das Landratsamt ... (Landratsamt) statt. Bei dieser wurde auf der Dunglege ein Gemisch aus Kadaverteilen von Rindern, unter anderem Schädel unterschiedlichen Verwesungsgrades, und Mist festgestellt, welches nicht vor Witterungseinflüssen oder mögliche unbefugte Kontakte geschützt war. Auf der Hofstelle wurden außerdem gelagertes Kuhfell und Eingeweide festgestellt, welche nicht zur Entsorgung bei der zuständigen Tierkörperbeseitigungsanlage angemeldet waren.
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Mit Bescheid vom 30. August 2023 wurde der Kläger unter anderem verpflichtet, das gesichtete Gemisch bis spätestens 31. August 2023 zur Abholung und Beseitigung der zuständigen Tierkörperbeseitigungsanstalt anzumelden (Ziffer I.), das Material bis zur Abholung mit einer Abdeckplane abzudecken (Ziffer II.) und alle auf dem Hof gelagerten tierischen Nebenprodukte unverzüglich zu melden und zu entsorgen (Ziffer III.).
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Auf den weiteren Inhalt des Bescheids wird verwiesen.
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Mit Bescheid vom 18. September 2023 wurde der Bescheid vom 30. August 2023 aufgehoben (Ziffer I.). Der Kläger wurde verpflichtet, das gesichtete Gemisch aus Kadaverteilen und Mist der zuständigen Tierkörperbeseitigungsanlage unverzüglich zur Abholung und Beseitigung anzumelden (Ziffer II.). Nach Ziffer III. hat der Kläger das Material bis zur tatsächlichen Abholung bis spätestens 25. September 2023 mit einer Abdeckplane vollumfänglich abzudecken und so zu beschweren, dass Wind- und Sturmeinflüsse die Abdeckung nicht zerstören können. Hat der Kläger das Material nach Bestandskraft des Bescheids noch nicht zur Abholung und Entsorgung angemeldet, wird der Veterinärdienst des Landratsamts im Wege der Ersatzvornahme die Meldeverpflichtung übernehmen (Ziffer IV.). Für den Fall, dass der Kläger der Verpflichtung in Ziffer III. nicht fristgerecht nachkommt, wird die Ersatzvornahme durch das Veterinäramt angedroht (Ziffer V.). In Ziffer VI. wird der sofortige Vollzug der Ziffern III. und V. angeordnet.
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Es sei zunächst davon ausgegangen worden, dass es sich bei dem vorgefundenen Gemisch um tierische Nebenprodukte der Kategorie 2 im Sinne des Art. 9 VO (EG) Nr. 1069/2009 handele. Aufgrund einer Neueinstufung als Kategorie 1 sei ein neuer Bescheid erlassen und der alte aufgehoben worden. Eine Anhörung vor Erlass des Bescheids sei nicht erfolgt, da dieser ein zwingendes öffentliches Interesse entgegenstehe. Von dem vorgefundenen Material würden Gesundheitsgefahren für Mensch und Tier ausgehen. Rechtsgrundlage für die Anordnung bezüglich der tierischen Nebenprodukte sei § 12 Abs. 2 Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz (TierNebG). Grundlage für die Anordnungen unter Ziffer III. und IV. sei § 7 Abs. 1 TierNebG. Durch Ziffer III. werde sichergestellt, dass den Anforderungen aus § 10 Abs. 1 Satz 1 TierNebG nachgekommen werde. Der Kläger sei als Besitzer tierischer Nebenprodukte richtiger Adressat des Bescheids. Für die Anordnungen unter Ziffer II. und IV. stehe dem Landratsamt kein Ermessensspielraum zu, da gem. § 7 TierNebG der Besitzer der zuständigen Behörde den Anfall tierischer Nebenprodukte unverzüglich zu melden habe. Auch für die Anordnung in Ziffer III. bestehe kein Ermessenspielraum, da gem. § 10 Abs. 1 TierNebG der Besitzer die Produkte bis zur Abholung geschützt vor Witterungseinflüssen so aufzubewahren habe, dass Menschen nicht unbefugt und Tiere nicht mit dem Material in Berührung kommen. Die Androhung der Ersatzvornahme stütze sich auf Art. 29, 30, 32 und 36 des Bayerischen Verwaltungs- und Vollstreckungsgesetzes (VwZVG). Die Androhung sei angemessen, um eine weitere Verzögerung der Anmeldung und Beseitigung zu vermeiden. In der Vergangenheit habe die Androhung von Zwangsgeld nicht zum gewünschten Erfolg geführt. Der sofortige Vollzug sei nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) im öffentlichen Interesse angeordnet worden.
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Mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2023 ließ der Kläger Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erheben und beantragt,
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die Verfügung des Beklagten vom 18. September 2023, unter Beachtung der Verfügung vom 30. August 2023, aufzuheben.
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Mit Schreiben vom 12. Oktober 2023 ist der Beklagte der Klage entgegengetreten und beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Am 5. Oktober 2023 ließ der Beklagte die Dunglege durch eine von ihm beauftrage Firma abdecken.
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Am 21. Februar 2024 forderte das Gericht die Klägerbevollmächtigte auf, bis zum 8. März 2024 die Klage zu begründen. Entsprechend des Fristverlängerungsantrags vom 8. März 2024 wurde die Stellungnahmefrist bis 8. April 2024 verlängert. Mit gerichtlichem Schreiben vom 11. April 2024 wurde der erneute Fristverlängerungsantrag vom 8. April 2024 abgelehnt und die Beteiligten zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört. Eine Äußerung des Klägers erfolgte nicht.
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Der Beklagte teilte mit Schreiben vom 29. April 2024 mit, dass bei einer erneuten Kontrolle am 11. April 2024 eine weitere Beschädigung der Abdeckfolie durch Witterung und Wildtiere festgestellt worden sei. Da somit K1-Material Wildtieren zugänglich werde, sei eine tatsächliche Gefährdungslage zu reklamieren. Es sei die Aufnahme von spezifischem Risikomaterial zu befürchten, wodurch es zu einer tödlich verlaufenden Erkrankung des Nervensystems bei Wildtieren kommen könne. Würden infizierte Wildtiere erlegt und durch den Menschen verzehrt, so sei ein Eintrag des Erregers in die menschliche Population nicht auszuschließen. Des Weiteren sei nicht auszuschließen, dass vergrabene Tierkadaver zuvor mit Tierarzneimitteln behandelt worden seien und deren Rückstände durch eingetragenes Niederschlagswasser in das Grundwasser übertreten könnten. Es bestünden somit keine Einwände gegen eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid.
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Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die vom Beklagten vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Entscheidung konnte im vorliegenden Fall durch Gerichtsbescheid ergehen, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Beteiligten wurden gemäß § 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO zu dieser Form der Entscheidung gehört. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich.
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Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid vom 18. September 2023 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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1. Der Bescheid ist formell rechtmäßig, insbesondere war vorliegend eine Anhörung gem. Art. 28 Abs. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) entbehrlich.
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a) Nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG muss die Behörde einen Beteiligten grundsätzlich anhören, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in seine Rechte eingreift. Eine Anhörung hat die Ankündigung zu enthalten, dass in einem konkreten Einzelfall der Erlass eines bestimmten Verwaltungsaktes beabsichtigt ist. Hierzu ist den Beteiligten Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern (vgl. Herrmann in BeckOK Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, 57. Ed., Stand: 1.4.2024, § 28 Rn. 15, 17). Von einer Anhörung kann jedoch abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist (vgl. Art. 28 Abs. 2 BayVwVfG). Nach Art. 28 Abs. 3 BayVwVfG hat sie sogar zu unterbleiben, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht. Dies ist nur dann der Fall, wenn besonders gewichtige öffentliche Interesse gegeben sind, die offensichtlich und unzweifelhaft gegenüber dem Zweck der Anhörung und dem Interesse des Betroffenen Vorrang haben (vgl. Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG 22. Aufl., § 28 Rn. 76).
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b) Der Beklagte führt im Bescheid aus, eine Anhörung vor Erlass des Bescheids sei nicht erfolgt, da ein zwingendes öffentliches Interesse i.S.d. Art. 28 Abs. 3 BayVwVfG entgegenstehe. Von dem vorgefundenen Material der Kategorie 1 gingen für Mensch und Tier Gesundheitsgefahren aus, da insbesondere eine Weiterverbreitung von Krankheitserregern zu befürchten sei. Deshalb liege eine umgehende Anordnung von Vollzugsmaßnahmen im öffentlichen Interesse.
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Ob die hohen Anforderungen des Art. 28 Abs. 3 BayVwVfG damit bereits erfüllt sind, kann dahinstehen, da jedenfalls nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG von einer Anhörung des Klägers abgesehen werden konnte. Eine Ausnahme von der Anhörungspflicht kommt nämlich dann in Betracht, wenn eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint. Dabei genügt es, dass die Behörde unter diesen Gesichtspunkten eine sofortige Entscheidung für notwendig halten durfte. Gefahr im Verzug ist dann anzunehmen, wenn bei einer vorherigen Anhörung die vom Verwaltungsakt zu treffende Regelung zu spät käme (vgl. vgl. Herrmann in BeckOK Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, 57. Ed., Stand: 1.4.2024, § 28 Rn. 23ff.). Aufgrund der Einstufung des vorgefundenen Materials als Kategorie 1, welches offen und damit für Mensch und Tier zugänglich gelagert wurde, konnte die Behörde aufgrund der Gefahr der Weiterverbreitung möglicher Krankheitserreger von der Anhörung absehen. Die ordnungsgemäße Lagerung des Materials bis zur Abholung, notfalls durch Ersatzvornahme, wäre durch die Gewährung einer Anhörung weiter hinausgezögert und damit die Gefahr der Infektion von Mensch und Tier durch Kontakt mit möglichen infizierten Kadaverteilen erhöht worden.
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2. Der Bescheid ist auch materiell rechtmäßig, da der Beklagte die Anordnung zur Anmeldung bei der zuständigen Tierkörperbeseitigungsanlage (Ziffer II. des Bescheids) und zur ordnungsgemäßen Lagerung des Materials bis zur Abholung (Ziffer III. des Bescheids) treffen durfte.
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a) Der Beklagte konnte gem. § 12 Abs. 2 Satz 1 TierNebG i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 2 TierNebG den Kläger dazu verpflichten, das vorgefundene Material auf der Dunglege bei der Tierkörperbeseitigungsanlage ... zur Abholung und Beseitigung anzumelden.
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Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 TierNebG hat der Besitzer die in § 3 Abs. 1 Satz 1 TierNebG bezeichneten tierischen Nebenprodukte der zuständigen Behörde unverzüglich zu melden, sobald diese angefallen sind. Zuständige Behörde ist dabei grundsätzlich gem. § 2 TierNebG i.V.m. Art. 1 Abs. 2, 2 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Gesundheitliches Verbraucherschutz- und Veterinärwesengesetz (GVVG) das Landratsamt als untere Behörde, da ihm die Beseitigungspflicht aus § 3 Abs. 1 TierNebG obliegt. Hat die zuständige Behörde jedoch ihre Beseitigungspflicht entsprechend § 3 Abs. 3 TierNebG einer natürlichen oder juristischen Person übertragen, so hat der Besitzer die Meldung dieser Person gegenüber vorzunehmen, soweit die Übertragung ortsüblich bekannt gemacht worden ist (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 TierNebG). Zu den meldepflichtigen tierischen Nebenprodukten zählt gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 TierNebG i.V.m. Art. 8 VO (EG) Nr. 1069/2009 Material der Kategorie 1. Hierunter fällt spezifisches Risikomaterial oder auch ganze Tierkörper oder Teile toter Tiere, die zum Zeitpunkt der Beseitigung spezifisches Risikomaterial enthalten (vgl. Art. 8 b) (i), (ii) VO (EG) Nr. 1069/2009). Gem. Art. 3 Nr. 18 VO (EG) Nr. 1069/2009 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 g) der VO (EG) Nr. 999/2001 i.V.m. Anhang 5 Nr. 1 a) i) der Verordnung ist bei Rindern über 12 Monaten, die aus Mitglieds- oder Drittstaaten oder Teilgebieten mit kontrolliertem oder unbestimmten BSE-Risiko stammen, der Schädel ohne Unterkiefer, einschließlich Gehirn und Augen und das Rückenmark, als spezifisches Risikomaterial einzustufen.
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Dies zugrunde gelegt handelt es sich bei dem vorgefundenen Material um solches der Kategorie 1. In der Dunglege wurden neben Mist auch Kadaverteile von Rindern festgestellt, darunter unter anderem der Schädel eines Rindes (s. Behördenakte Teil 2 Bl. 144). Da Deutschland seit 6. Juli 2016 den Status „vernachlässigbares Risiko“ innehat (siehe: BMEL – Fragen und Antworten (FAQ) – Fragen und Antworten zu BSE: Allgemeines, abgerufen am 28.5.2024) und damit von einem kontrolliertem BSE-Risiko auszugehen ist, gelten in Deutschland der Schädel von über 12 Monate alten Rindern einschließlich Gehirn und Augen sowie das Rückenmark als spezifisches Risikomaterial. Somit ist das aufgefundene Material entsprechend Art. 3 Abs. 1 g) der VO (EG) Nr. 999/2001 i.V.m. Anhang 5 Nr. 1 a) i) der Verordnung als spezifisches Risikomaterial einzustufen. Der Kläger ist auch Besitzer des Materials, da dieses auf seiner Hofstelle gelagert wird. Der Beklagte war somit berechtigt, zur Einhaltung der Meldepflicht aus § 7 TierNebG gem. § 12 Abs. 2 Satz 1 TierNebG eine Anordnung zur Meldung zu treffen. Dabei war auch die Anmeldung bei der zuständigen Tierkörperbeseitigungsanlage anzuordnen, da das Landratsamt seine Verpflichtung zur Beseitigung tierischer Nebenprodukte auf die Tierkörperbeseitigungsanstalt ... übertragen und dies öffentlich bekannt gemacht hat. Der Landkreis Neu-Ulm ist Mitglied des Zweckverbands für die Tierkörperbeseitigung .... Aus dem Amtsblatt für den Landkreis Neu-Ulm Nr. 30 vom 28. Juli 1989 Seite 240 geht hervor, dass für das gesamte Kreisgebiet Neu-Ulm ab sofort die Tierkörperbeseitigungsanstalt ... für die Entsorgung zuständig ist und deshalb gebeten wird, die Abholung von Tierkörpern künftig bei dieser anzumelden. Eine Verletzung klägerischer Rechte ist somit nicht ersichtlich.
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b) Auch die Anordnung in Ziffer III. des Bescheids zur Abdeckung der Dunglege bis zum 25. September 2023 ist rechtmäßig ergangen.
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Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 TierNebG hat der Besitzer tierischer Nebenprodukte diese bis zur Abholung und Beseitigung jeweils getrennt und nach den in der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 bestimmten Kategorien und getrennt von anderen Abfällen sowie geschützt vor Witterungseinflüssen so aufzubewahren, dass Menschen nicht unbefugt und Tiere nicht mit diesem Material in Berührung kommen.
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Diese Pflicht trifft vorliegend auch den Kläger. Als Besitzer von Material der Kategorie 1 hat er dieses bis zur Abholung durch die Tierkörperbeseitigungsanstalt so aufzubewahren, dass keine Menschen oder Tiere mit diesem in Berührung kommen können. Da das Material bis zur Abdeckung durch die Behörde im Rahmen der Ersatzvornahme offen für Mensch und Tier zugänglich auf der Dunglege lagerte, konnte der Beklagte gem. § 12 Abs. 2 Satz 1 TierNebG den Kläger zur Abdeckung verpflichten. Ein Ausschlusstatbestand nach § 10 Abs. 2 TierNebG liegt nicht vor.
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3. Ebenso nicht zu beanstanden sind die Androhungen der Ersatzvornahme in den Ziffern IV. (Anmeldung) und V. (Abdeckung) des Bescheids vom 18. September 2023. Rechtsgrundlage für die Ersatzvornahmeandrohungen sind die Art. 29, 30, 32 und 36 VwZVG. Sowohl die allgemeinen, als auch die besonderen Voraussetzungen der Ersatzvornahme sind gegeben.
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a) Bei der Anordnung zur Meldung (Ziffer II.) und auch der Anordnung zur Abdeckung der Dunglege (Ziffer III.) handelt es sich um Verwaltungsakte i.S.d. Art. 18 Abs. 1 VwZVG. Die Anordnung unter Ziffer II. ist vollstreckbar i.S.d. Art. 19 Abs. 1 Nr. 1 VwZVG, da die Androhung der Ersatzvornahme für den Zeitpunkt der Bestandskraft des Bescheids erfolgt. Die Vollsteckbarkeit der Ziffer III. des Bescheids ergibt sich hingegen aus Art. 19 Abs. 1 Nr. 3 VwZVG, da in Ziffer VI. des Bescheids Ziffer III. für sofort vollziehbar erklärt wurde.
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b) Die Androhung erfolgte auch schriftlich i.S.d. Art. 36 Abs. 1 Satz 1 VwZVG. Ebenso wurde eine angemessene Frist zur Erfüllung bestimmt, vgl. Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG. Die Fristbestimmung liegt grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Fristbestimmung der Verwirklichung des Justizgewährungsanspruchs dient. Die Frist muss daher so bemessen sein, dass dem Betroffenen ausreichend Zeit zur Erlangung des ihm gesetzlich zustehenden Rechtsschutzes in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren bleibt. Weiter ist diese so zu bemessen, dass dem Pflichtigen bis zu ihrem Ablauf die Erfüllung der auferlegten Verpflichtung nach allgemeiner Lebenserfahrung möglich und persönlich zumutbar ist. Die Angemessenheit des Zeitraumes richtet sich dabei nach den Umständen des Einzelfalles. Zu berücksichtigen sind neben der Dringlichkeit der Ausführung der auferlegten Handlung, die Art der aufgegebenen Verpflichtung, die Schwere der Gefahrenlage und die dem Pflichtigen zur Verfügung stehenden Mittel und Möglichkeiten zur Erfüllung (vgl. Deusch/Burr in Beck/OK VwVfG, Bader/Ronellenfitsch, Stand: 1.1.24, § 13 VwVG). Da dem Kläger hinsichtlich der Meldung bei der Tierkörperbeseitigungsanstalt die Ersatzvornahme erst ab Bestandskraft des Bescheids angedroht wird, ist die Angemessenheit der Frist diesbezüglich eindeutig gegeben. Auch im Hinblick auf die Abdeckung der Dunglege erscheint eine Frist bis zum 25. September 2023 als angemessen. Zwar stellt sich der Zeitraum von sieben Tagen als relativ kurz dar. In diesem ist es dem Kläger jedoch grundsätzlich möglich, einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zu stellen. Es ist dem Kläger ebenso zumutbar, in diesem Zeitraum die Dunglege mit einer geeigneten Plane so abzudecken, dass Tiere und Menschen nicht mit dem Material in Kontakt kommen können. Es handelt sich hierbei um keine Handlung, die mehrere Wochen in Anspruch nimmt oder eine Abstimmung mit einem Dritten erforderlich macht.
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Entgegen dem grundsätzlichen Vorrangverhältnis des Zwangsgeldes zur Ersatzvornahme (vgl. Art. 32 Satz 2 VwZVG), konnte der Beklagte vorliegend unmittelbar die Ersatzvornahme androhen. Die Behörde hat in ihrer Bescheidsbegründung ausgeführt, dass in der Vergangenheit eine Zwangsgeldandrohung nicht zum gewünschten Erfolg führte. Sie konnte somit davon ausgehen, dass auch im vorliegenden Fall der Kläger mittels einer Zwangsgeldandrohung nicht zum Handeln bewegt wird. Um eine schnellstmögliche Meldung der tierischen Nebenprodukte und vor allem eine Abdeckung des K1 Materials zu erreichen, konnte ausnahmsweise die Ersatzvornahme als geeignetes und angemessenes Zwangsmittel angedroht werden. Bei den dem Kläger auferlegten Pflichten handelt es sich auch um vertretbare Handlungen i.S.d. Art. 32 Satz 1 VwZVG, da diese auch durch einen anderen vorgenommen werden können.
32
Die Zwangsmittelandrohungen erweisen sich damit ebenfalls als rechtmäßig. Eine Verletzung klägerischer Rechte ist damit weder durch die Anordnungen in den Ziffern II. und III. des Bescheids, noch durch die Androhung der Ersatzvornahme gegeben.
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4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Als im Verfahren unterlegen hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).