Inhalt

VGH München, Urteil v. 27.06.2024 – 15 N 22.2613
Titel:

Normenkontrollantrag bezüglich eines Angebotsbebauungsplans, trotz bereits bestandskräfitger Baugenehmigung für eine Schulanlage (hier: Lärm von Verkehrsflächen)

Normenkette:
VwGO § 47
Leitsatz:
Umfasst eine bereits bestandskräftige Baugenehmigung nicht den öffentlichen Fuß- und Radweg (vorliegend: von dem behauptet wird, insofern würden Fragen der Lärmimmissionen fehlerhaft behandelt), kann eine Antragstellerin nach § 47 VwGO durch die Unwirksamkeitserklärung des maßgeblichen (Angebots-)Bebauungsplans – anders als regelmäßig bei einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan, für den nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB aufgrund des Durchführungsvertrages die Festsetzungen durch die Baugenehmigung vollständig umgesetzt sein müssten – ihre Rechtsposition verbessern, wenn, wie von ihr behauptet, die gewählten Immissionsorte des immissionsschutztechnischen Gutachtens unzutreffend und das Gutachten in Bezug auf die Verkehrslärmimmissionen fehlerhaft wäre. Insofern besteht ein Rechtschutzbedürfnis der Antragstellerin. (Rn. 17 – 18) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Normenkontrolle, Erforderlichkeit eines Fuß- und Radweges mit Nutzung durch LKW als Lieferzone, keine Abwägungsfehler im Hinblick auf Verkehrs- und Anlagenlärm, Verkehrsfläche, Verkehrslärm, Lärm, Fußweg, Radweg, Rechtsschutzbedürfnis, Erforderlich, Baugenehmigung, Immissionsschutz, Gutachten, Schule
Fundstelle:
BeckRS 2024, 16940

Tenor

I.    Der Normenkontrollantrag wird abgelehnt.
II.    Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III.    Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
IV.    Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1
Die Antragstellerin wendet sich gegen den Bebauungsplan Nr. 06-76 „Schallermoos IV“ der Antragsgegnerin. Ihr Grundstück grenzt mit dem im Südosten ihres Wohnhauses gelegenen Garten direkt an das Plangebiet an. In der Planurkunde unter A. „Festsetzungen durch Planzeichen“ werden für das bisher im Wesentlichen unbebaute Plangebiet Flächen für den Gemeinbedarf mit den Planzeichen Schule, sportlichen Zwecken dienende Gebäude und Einrichtungen sowie sozialen Zwecken dienende Gebäude und Einrichtungen festgesetzt. Nach der Begründung des Bebauungsplans unter 4.1. sind Ziele der Planung die Errichtung der neuen Grundschule Ost und ein hoher Grünflächenanteil mit Schaffung attraktiver Frei-, Spiel- und Sportflächen. Durch die Errichtung eines öffentlichen Fuß- und Radweges soll eine fußläufige Erschließung und Anbindung an die umgebenden Wegebezüge im Süden und Norden erreicht werden.
2
Im Aufstellungsverfahren erhob die Antragstellerin Einwendungen, die in den Sitzungen der Antragsgegnerin vom 24. März 2021 und 24. September 2021 behandelt wurden. Im Rahmen einer erneuten, verkürzten Auslegung vom 8. Oktober bis 29. Oktober 2021 äußerte sich die Antragstellerin nicht. Der Bebauungsplan wurde als Satzung in der Sitzung vom 3. Dezember 2021 beschlossen, am 17. Dezember 2021 ausgefertigt und am 20. Dezember 2021 ortsüblich bekannt gemacht. Am 15. Dezember 2022 war ein weiteres Rügeschreiben bei der Antragsgegnerin eingegangen.
3
Am 20. Dezember 2022 erhob der Bevollmächtigte der Antragstellerin, Normenkontrollantrag. Zur Begründung wurde mit Schriftsätzen vom 12. Oktober 2023 und 31. Januar 2024 ausgeführt, die Antragstellerin sei antragsbefugt und habe ein Rechtschutzinteresse. Die Festsetzung eines Fuß- und Radweges in unmittelbarer Nähe des Grundstücks der Antragstellerin, der auch als Lieferzone mit LKW für die Küche der Grundschule geplant sei, sei nicht erforderlich. Das immissionsschutzrechtliche Gutachten vom 23. April 2021 sei fehlerhaft. Es lägen Fehler im Abwägungsvorgang und Abwägungsergebnis vor.
4
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
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den Bebauungsplan Nr. 06-76 „Schallermoos IV“ vom 3. Dezember 2021, bekanntgemacht am 20. Dezember 2021, der Antragsgegnerin für unwirksam zu erklären.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Die Landesanwaltschaft Bayern als Vertreterin des öffentlichen Interesses hat sich nicht am Verfahren beteiligt.
9
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Planaufstellungsakten der Antragsgegnerin verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Der Normenkontrollantrag, über den mit Einverständnis sämtlicher Beteiligter ohne mündliche Verhandlung entschieden wird (§ 101 Abs. 2 VwGO), hat keinen Erfolg.
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1. Der Normenkontrollantrag ist zulässig.
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1.1. Die Antragstellerin ist antragsbefugt.
13
Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann einen Normenkontrollantrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die angegriffene Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder verletzt zu werden. An die Geltendmachung einer – möglichen – Rechtsverletzung sind keine höheren Anforderungen zu stellen als an die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO. Ausreichend ist, wenn der jeweilige Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch den zur Prüfung gestellten Rechtssatz in einem subjektiven Recht verletzt wird. Ist im Normenkontrollverfahren gegen einen Bebauungsplan – wie hier – der Betroffene nicht Eigentümer eines Grundstücks im Plangebiet, so kann die Antragsbefugnis insbesondere aus dem subjektiven Recht auf gerechte Abwägung der eigenen Belange nach § 1 Abs. 7 BauGB folgen. In diesem Fall hat ein Antragsteller aufzuzeigen, dass seine aus dem Abwägungsgebot (§ 1 Abs. 7, § 2 Abs. 3 BauGB) folgenden Rechte verletzt sein können. Das setzt voraus, dass die Planung einen abwägungserheblichen Belang des Antragstellers berührt. Abwägungserheblich sind private Belange, die in der konkreten Planungssituation einen städtebaulich relevanten Bezug haben und schutzwürdig sind. An Letzterem fehlt es etwa bei geringwertigen oder mit einem Makel behafteten Interessen sowie bei solchen, auf deren Fortbestand kein schutzwürdiges Vertrauen besteht, oder solchen, die für die Gemeinde bei der Entscheidung über den Plan nicht erkennbar waren (vgl. BayVGH, B.v. 1.2.2023 – 15 NE 23.56 – juris Rn. 20 m.w.N.).
14
Danach ist die Antragstellerin aufgrund von abwägungsrelevanten Lärmbeeinträchtigungen antragsbefugt. Nach dem dem Bebauungsplan zugrundeliegenden immissionsschutztechnischen Gutachten vom 23. April 2021 (S. 39) sind tagsüber beim Immissionsort der Antragstellerin (IO₂) relevante Schallquellen die Lieferzone und die geplante Kältetechnik der Küche. Zur Nachtzeit sind ausschließlich die stationären klimatechnischen Anlagen relevant, da nur diese in Betrieb seien. Es komme nachts zu einem Beurteilungspegel von 40 dB(A), d.h. der Immissionsrichtwert von 40 dB(A) wird gerade noch eingehalten. Dass auch die Antragsgegnerin von einer nicht nur unwesentlichen Beeinträchtigung der Antragstellerin ausging, zeigt auch die umfangreiche Behandlung der Einwendungen der Antragstellerin in den Abwägungsbeschlüssen vom 24. März 2021 und 24. September 2021.
15
1.2. Trotz der bestandskräftigen Baugenehmigung für die Schulanlage vom 14. April 2022 besteht auch ein Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin.
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Ist zur Verwirklichung einer mit dem Normenkontrollantrag angegriffenen Festsetzung eines Bebauungsplans schon eine Genehmigung erteilt worden, welche der Antragsteller nicht mehr anfechten kann, hängt das notwendige allgemeine Rechtsschutzbedürfnis davon ab, ob er dadurch, dass der Bebauungsplan (ganz oder teilweise) für nichtig erklärt wird, derzeit seine Rechtstellung verbessern kann. Das Rechtsschutzbedürfnis ist nicht gegeben, wenn eine Inanspruchnahme des Gerichts sich als für die subjektive Rechtsstellung des Antragstellers zur Zeit nutzlos darstellt. Wann dies der Fall ist, richtet sich indes im Wesentlichen nach den jeweiligen Umständen im Einzelfall (BayVGH, B. v. 19. Februar 2020 – 15 N 17.1566 – juris Leitsatz und Rn. 4).
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Die Antragstellerin kann, anders als die Antragsgegnerin meint, ihre Rechtsposition verbessern, wenn der Bebauungsplan unwirksam wäre. Denn es liegt hier keine vergleichbare Situation wie bei einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan vor, für den nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB aufgrund des Durchführungsvertrages die Festsetzungen durch die Baugenehmigung vollständig umgesetzt sein müssten (vgl. BayVGH, U.v. 21.9.2021 – 9 N 18.1522 – juris Rn. 29 m.w.N.). Eine vergleichbare Situation besteht bei dem hier vorliegenden Angebotsbebauungsplan nicht.
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Zudem setzt zwar der Bebauungsplan südlich des Grundstücks der Antragstellerin einen öffentlichen Fuß- und Radweg und damit Verkehrsflächen nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 BauGB fest, nach Art. 1 Abs. 2 Nr. 1 BayBO gilt die Bayerische Bauordnung aber nicht für Anlagen des öffentlichen Verkehrs. Demnach umfasst die bestandskräftige Baugenehmigung nicht den öffentlichen Fuß- und Radweg. Die Antragstellerin könnte folglich durch die Unwirksamkeitserklärung des Bebauungsplans ihre Rechtsposition verbessern, wenn, wie von ihr behauptet, die gewählten Immissionsorte des immissionsschutztechnischen Gutachtens vom 23. April 2021 unzutreffend und das Gutachten in Bezug auf die Verkehrslärmimmissionen fehlerhaft wäre. Denn dann würde trotz der bestandskräftigen Baugenehmigung ggfs. eine Verlegung des Fuß- und Radweges erforderlich werden (vgl. BVerwG, B.v. 30.9.1992 – 4 NB 22.92 – juris Rn. 9).
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2. Der Normenkontrollantrag ist jedoch unbegründet. Der Bebauungsplan leidet nicht an beachtlichen formellen oder materiellen Fehlern.
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2.1. Der Bebauungsplan verstößt nicht gegen das Gebot der städtebaulichen Erforderlichkeit.
21
Nach § 1 Abs. 3 Satz 1, § 2 Abs. 1 Satz 1 BauGB haben die Gemeinden die Bauleitpläne in eigener Verantwortung aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Dabei ist ihnen ein Planungsermessen eingeräumt, das neben dem „Wie“ auch das „Ob“ und „Wann“ der planerischen Gestaltung umfasst. Grundsätzlich bleibt es der Einschätzung der Gemeinde überlassen, ob sie einen Bebauungsplan aufstellt, ändert oder aufhebt. Maßgebend sind ihre eigenen städtebaulichen Vorstellungen (BVerwG, B.v. 15.6.2004 – 4 BN 14.04 – juris Rn. 4).
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Die Antragstellerin macht geltend, der als Rad- und Fußweg festgesetzte Weg entspreche nicht der Festsetzung, da er auch mit LKW befahren werden soll. Es liege deswegen entweder ein Etikettenschwindel vor oder die Festsetzung sei für die beabsichtigte Nutzung nicht geeignet. Dies trifft nicht zu. Die Antragstellerin übersieht, dass durch eine entsprechende straßenverkehrsrechtliche Anordnung sichergestellt werden kann, dass nur der Lieferverkehr durch PKW und LKW für die Küche tagsüber und werktags (vgl. Planurkunde: C. Festsetzungen durch Text unter 2.3.) den Fuß- und Radweg benutzen darf. Eine fehlende Erforderlichkeit der Planung ergibt sich daraus nicht.
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2.2. Es liegt auch kein Mangel im Abwägungsvorgang und im Abwägungsergebnis vor.
24
Gemäß § 1 Abs. 7 BauGB sind bei der Aufstellung von Bebauungsplänen die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. § 2 Abs. 3 BauGB ergänzt dieses materiell-rechtliche Abwägungsgebot, um die Verfahrensanforderung (vgl. § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB), dass die abwägungserheblichen Belange in wesentlichen Punkten (zutreffend) zu ermitteln und zu bewerten sind. Insgesamt unterliegt die Abwägung allerdings nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Gegen das rechtsstaatlich fundierte Gebot gerechter Abwägung wird verstoßen, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattfindet (Abwägungsausfall), in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss (Abwägungsdefizit), wenn die Bedeutung dieser Belange verkannt wird (Abwägungsfehleinschätzung) oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (Abwägungsdisproportionalität). Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung des anderen entscheidet. Das Vorziehen und Zurücksetzen bestimmter Belange innerhalb des vorgegebenen Rahmens ist die „elementare planerische Entschließung“ der Gemeinde über die städtebauliche Entwicklung und Ordnung und kein aufsichtlich oder gerichtlich nachvollziehbarer Vorgang (vgl. BayVGH, U.v. 11.3.2024 – 15 N 23.83 – juris Rn. 27). Dabei differenziert das Gesetz in Bezug auf die Fehlerfolgenregelungen zwischen Abwägungsvorgang und Abwägungsergebnis. Für die Abwägung ist nach § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan maßgebend (BayVGH, U.v. 7.10.2022 – 9 N 21.190 – juris Rn. 43).
25
2.2.1. Gemessen daran kein erheblicher Ermittlungs- und Bewertungsfehler im Abwägungsvorgang nach § 2 Abs. 3 BauGB vor.
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2.2.1.1. Die Antragstellerin ist zwar der Auffassung, es sei im Hinblick auf die Festsetzung des Fuß- und Radweges im westlichen bzw. nordwestlichen Planbereich ein beachtliches Ermittlungs- und Bewertungsdefizit gegeben. Die Antragsgegnerin sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Fuß- und Radweg nicht als Erschließungsanlage mit Verkehrslärm zu werten sei. Es sei auch nicht beachtet worden, dass von den geplanten stationären Anlagen am Schulgebäude und im Nahbereich der Wohngrundstücke erhebliche Lärmbeeinträchtigungen ausgingen. Sie habe auch verkannt, dass eine Vergrößerung des Abstandes zur Wohnbebauung eine erhebliche Verbesserung der Beeinträchtigungen durch Verkehrslärm bringen würde.
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Mit diesem Vortrag dringt sie aber nicht durch, da die Antragsgegnerin erkannt und abgewogen hat, dass vom Fuß- und Radweg und von den stationären Anlagen Lärm ausgeht. Auf einer Zeichnung auf S. 18 des immissionsrechtlichen Gutachtens vom 23. April 2021 wird dargestellt, dass sich auf dem Radweg der Fahrweg Lieferverkehr Küche befindet. Auf S. 24 des Gutachtens finden sich auch Ausführungen zu den stationären Anlagen. Das Gutachten kommt auf S. 39 zu dem nachvollziehbaren Ergebnis, dass die Immissionsrichtwerte eingehalten werden. Auch ist der Begründung des Bebauungsplans auf S. 23 unter 8.1. zu entnehmen, dass die Antragsgegnerin hinsichtlich des Verkehrslärms die Empfehlungen aus dem immissionsrechtlichen Gutachten vom 23. April 2021 berücksichtigt hat. Zwar würde eine Vergrößerung des Abstandes zur Wohnbebauung der Antragstellerin zu einer Verbesserung ihrer Beeinträchtigungen durch Verkehrslärm führen, jedoch liegt es im planerischen Ermessen der Antragsgegnerin den Weg, wie im Bebauungsplan ausgewiesen, festzusetzen, da das immissionsrechtliche Gutachten feststellt, dass keine Verletzung der Immissionsrichtwerte vorliegt. Wie sich aus der Sitzungsniederschrift des Bausenats der Antragsgegnerin vom 24. März 2021 (S. 14 zu 1.) zu den Einwendungen der Antragstellerin vom 22. Januar 2021 ergibt, ging die Antragsgegnerin davon aus, dass es sich bei dem Radweg um eine öffentliche Verkehrsfläche handelt. Sie führt aber zu Recht weiter aus, dass dieser Weg nur untergeordnet und temporär für Versorgungszwecke (Anlieferung Mensa, Feuerwehrzufahrt) befahren wird. Die Planurkunde regelt unter C. „Festsetzungen durch Text“ unter 2.3., dass sämtliche Liefer- und Ladetätigkeiten auf die Tagzeit und auf Werktage zu beschränken sind.
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Mit dem Vorbringen im Rügeschreiben vom 15. Dezember 2022 hinsichtlich der Immissionsorte auf den Wohngrundstücken werde nicht auf die neuesten Änderungen des Bebauungsplans Nr. 06-72 abgestellt, weshalb die Immissionsorte unzutreffend seien, kann die Antragstellerin die fachliche Beurteilung des Gutachtens nicht erschüttern. Sie zeigt keinen Ermittlungs- und Bewertungsfehler im Abwägungsvorgang auf. Ihre Ausführungen sind nicht substantiiert, weil sie nicht erkennen lassen, welche Änderungen vorgenommen wurden. Aber auch die Erwägungen aus der Begründung des Normenkontrollantrags vom 12. Oktober 2023, die Bebauungsplanänderung vom 16. Oktober 2020 lasse deutlich höhere Gebäude zu, ändern daran nichts, da für die Ermittlung der Immissionsorte bei bebauten Grundstücken die tatsächliche Bebauung und nicht die nach Bebauungsplan mögliche Bebauung maßgeblich ist (so Nr. 6.1., 2.3. TA Lärm: VGH BW, U.v. 15.10.2015 – 5 S 2020/13 – juris Rn. 74). Dass die im Gutachten ermittelten tatsächlichen Höhen der Immissionsorte unzutreffend seien, lässt sich den Ausführungen der Antragstellerin nicht entnehmen. Unabhängig davon wurden diese außerhalb der Jahresfrist des § 215 BauGB vorgebracht.
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2.2.1.2. Es liegt kein Ermittlungsfehler hinsichtlich der Belichtungssituation der nördlich angrenzenden Wohnbebauung vor. Vielmehr setzt sich die Antragsgegnerin auf S. 12 der Begründung des Bebauungsplans mit den erforderlichen Normwerten für eine ausreichende Besonnung auseinander.
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2.2.1.3. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin hat auch eine „echte“ Abwägung hinsichtlich der Situierung des Fußund Radweges stattgefunden. Ein Verstoß gegen § 2 Abs. 3 BauGB liegt nicht vor. Wie sich aus dem Auszug der Sitzungsniederschrift vom 24. März 2021 (S. 15 unter 5.) ergibt, fand bereits vor dem Bauleitplanverfahren ein Architektenwettbewerb mit grundsätzlicher Alternativenprüfung statt. Jedoch wurde die Notwendigkeit der geplanten Fußwegetrasse im Lauf der Bauleitplanung weiter geprüft. Dass die Antragsgegnerin sich insbesondere mit den von der Antragstellerin vorgeschlagenen Alternativen auseinandergesetzt und diese abgewogen hat, zeigen die umfangreichen Ausführungen in den Sitzungsniederschriften vom 24. März 2021 und 24. September 2021. Sie hat sich im Rahmen ihres planerischen Ermessens gegen die Argumente der Antragstellerin entschieden und nachvollziehbar begründet, dass die Wegeverbindung auch während des Schulbetriebs und außerhalb der Schulzeiten nutzbar sein muss und daher kein Durchqueren der Pausenhof-, Sport- und Parkplatzflächen möglich ist (S. 15 unter 5. der Sitzungsniederschrift vom 24. März 2021). Zudem wäre eine alternative Trassenführung nicht praxisgerecht, da die als Fuß- und Radweg vorgesehene Trasse als Erschließung für die Feuerwehr ohnehin als Fahrspur angelegt werden müsste und die Trasse die kürzeste Verbindung vom R.-Weg zur nördlich angrenzenden Wohnbebauung und der Mittelschule darstellt. Nachvollziehbar ist daher die Befürchtung, auch ohne Festsetzung würde sich eine tatsächliche Nutzung einstellen (S. 8 Zusammenfassende Erklärung).
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2.2.1.4 Auch die Argumentation der Antragstellerin, die von der Antragsgegnerin behauptete Beeinträchtigung des FFH-Gebietes sei nicht belegt, trifft nicht zu.
32
Wie sich aus der Begründung des Bebauungsplans (S. 5 unter 2.4., S. 12 unter 4.4.1. und S. 28 unter 13.) und dem Umweltbericht (S. 28) ergibt, wurde östlich der in der Planurkunde festgesetzten Fläche für den Gemeinbedarf als Ausgleichsfläche eine Fläche für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft ausgewiesen, die direkt an das FFH-Gebiet angrenzt. Das südöstlich angrenzende Landschaftsschutzgebiet ragt in einem kleinen Teil in diese Fläche.
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Demnach ist es nicht abwägungsfehlerhaft, dass die Antragsgegnerin (Sitzungsniederschrift vom 24. September 2021 unter II. 1. Zu 2.) ausführt, die als Ausgleichsfläche gekennzeichnete Fläche bedürfe des besonderen Schutzes als Pufferzone zum FFH-Gebiet, da dort wertvolle Quellbereiche gesichert würden, die zusammen mit dem Hangwald einen wichtigen Lebensraumkomplex bildeten. Ein Fuß- und Radweg in der Nähe würde zu unerwünschten Nährstoffeinträgen und Störungen führen. Daher seien nach Vorabstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde Retentionsflächen für das Niederschlagswasser nahezu ausgeschlossen. Für das Niederschlagswasser aus den Gemeinbedarfsflächen könnten Retentionsmulden außerhalb des FFH-Gebiets-Pufferstreifens nicht weiter hinausgeschoben werden. Die Antragsgegnerin hat sich abwägungsfehlerfrei gegen eine Trasse östlich der zuletzt vergrößerten Retentionsflächen entschieden.
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2.2.2. Es liegt auch kein Fehler des Abwägungsergebnisses nach § 1 Abs. 7 BauGB vor.
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Dem Einwand der Antragstellerin, im Flächennutzungsplan sei ein Grünstreifen als Puffer zwischen der Wohnbebauung Am Schallermoos und den geplanten Gemeinbedarfsflächen der südlichen Grundstücksflächen dargestellt, welcher nun zu klein dimensioniert sein und zur Beeinträchtigung ihrer Interessen führe, hat die Antragsgegnerin u.a. in den Sitzungen des Bausenats vom 24. März 2021 und 24. September 2021 behandelt.
36
Ein Flächennutzungsplan ist grundsätzlich in seinen Darstellungen nicht parzellenscharf, sondern erlaubt gewisse Überschreitungen seiner räumlichen Darstellungen (vgl. BVerwG, U.v. 28.02.1975 – IV C 74.72 – juris Rn. 21). Wie die Antragsgegnerin zu Recht ausführt (vgl. unter Zu 2. S. 14 der Sitzungsniederschrift vom 24. März 2021), weist der Flächennutzungsplan eine für die vorbereitende Bauleitplanung übliche Unschärfe auf und ist somit nicht maßgenau auf den Bebauungsplan übertragbar. Ein Vergleich der im Flächennutzungsplan ausgewiesenen, gliedernden und abschirmenden Grünfläche mit der im Bebauungsplan ausgewiesenen öffentlichen Grünfläche, die westlich des entlang der Bebauung Am Schallermoos verlaufenden Radweges liegt (vgl. Planurkunde sowie S. 3 und S. 9 der Begründung des Bebauungsplans), zeigt keine relevante, wesentliche Abweichung von der Grundkonzeption des Flächennutzungsplans auf (vgl. BVerwG, B.v. 30.6.2003 – 4 BN 31.03 – juris Rn. 16). Die Antragsgegnerin kam daher zu Recht zu dem Abwägungsergebnis, dass die Antragstellerin durch den Bebauungsplan nicht in ihren Rechten beeinträchtigt wird.
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3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V. mit §§ 708 ff. ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).