Inhalt

VGH München, Urteil v. 22.02.2024 – 13a N 21.3158
Titel:

Normenkontrollantrag gegen Ausführungsverordnung Düngeverordnung

Normenketten:
RL 91/676/EWG
GG Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Abs. 2, Art. 84 Abs. 2
VwGO § 47
UVPG § 22 Abs. 1, Abs. 2, § 42 Abs. 1, § 43
DüngG § 3 Abs. 4 S. 1, S. 2 Nr. 3, Abs. 5, § 15 Abs. 5 S. 1
DüV § 13a Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3, Abs. 7
AVVGeA § 7 Abs. 1 S. 2, § 13 Abs. 1 S. 2
BayAVDüV
Leitsätze:
1. Die Einschränkung der Zulässigkeit der Düngung in roten und gelben Gebieten im Interesse des Gewässerschutzes in Umsetzung der Verpflichtungen aus der Nitratrichtlinie stellt grundsätzlich eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums sowie eine zulässige Berufsausübungsregelung dar. (Rn. 43 und 49)
2. Die AVV Gebietsausweisung (AVV GeA) ist keine normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift. Der Senat zieht deren Regelungen allerdings als Orientierungsmaßstab zur Überprüfung der Gebietsausweisung heran. (Rn. 86)
3. Die Gebietsausweisung und die damit verbundenen Eingriffe in Grundrechte erfordern einerseits ein geordnetes Verfahren auf der Basis einer möglichst validen Datengrundlage insbesondere in Gestalt aussagekräftiger Messergebnisse. Andererseits gebietet das Interesse der Allgemeinheit am verfassungsrechtlich gebotenen effektiven Grundwasserschutz, dass die unionsrechtlich vorgegebenen Gebietsfestsetzungen nicht an praktisch unerfüllbaren Anforderungen scheitern, sondern mit angemessenem Verwaltungsaufwand in einem vertretbaren Zeitraum auch faktisch durchführbar sind. (Rn. 86)
4. Die Anwendung des § 7 Abs. 1 AVV GeA, wonach die Gesamtfläche einer landwirtschaftlichen Referenzparzelle dem belasteten Gebiet zuzurechnen ist, sofern ein Anteil von mindestens 20% dieser landwirtschaftlichen Referenzparzelle in einem belasteten Gebiet liegt, verstößt nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. (Rn. 53)
5. Verstöße gegen die AVV GeA bei der Gebietsausweisung können nur insoweit relevant werden, als diese Auswirkungen auf die konkrete Gebietsausweisung im jeweiligen Grundwasserkörper gehabt haben können. (Rn. 87)
6. Der durch die Ausführungsverordnung Düngeverordnung (AVDüV) vorgenommenen Gebietsausweisung kann eine fehlerhafte Abgrenzung des jeweiligen Grundwasserkörpers nicht entgegengehalten werden. (Rn. 90)
7. Mit „rechtlichen oder tatsächlichen Gründen“ im Sinn von § 15 Abs. 1 AVV GeA musste das Zurückbleiben der Messstellendichte nicht bereits bei der Gebietsausweisung im Jahr 2022 begründet werden, sondern erst bei Ausweisungen ab dem 1. Januar 2025. (Rn. 97)
8. Bei bereits im Boden versickertem Wasser, auch soweit es sich noch in der ungesättigten Zone befindet, handelt es sich nicht mehr um „ungefiltertes Oberflächenwasser“, das vom Ausschlusskriterium gemäß Anlage 1 Nr. 4 Buchst. b AVV GeA erfasst wäre. (Rn. 104)
9. Mit „erstmaliger Aufnahmeprüfung nach dem Arbeitsblatt DWA-A 908“ (Anlage 1 Nr. 2 Buchst. b Satz 2 AVV GeA) ist die Prüfung bei Übernahme einer Grundwassermessstelle aus einem anderen Messnetz, bei der Umwidmung einer Grundwassermessstelle sowie bei der Reaktivierung einer Grundwassermessstelle gemeint. Diese hat im Ausgangspunkt auf Grundlage der für die Grundwassermessstelle vorhandenen Unterlagen zu erfolgen. (Rn. 112)
10. Die AVV GeA enthält für Quellmessstellen keine Vorgaben hinsichtlich des Ausbaus und der Prüfung und Dokumentation der Funktionstüchtigkeit. Insbesondere die Bestimmungen in Anlage 1 Nr. 2 Buchst. a – c AVV GeA gelten unmittelbar nur für (gebohrte) Grundwassermessstellen, nicht hingegen für Quellmessstellen. (Rn. 131)
11. Für die Nutzung von Quellen als Messstellen zur Ermittlung von Nitratwerten bestehen insbesondere in der AVV GeA oder in allgemein anerkannten Regeln der Technik keine Vorgaben hinsichtlich einer konkreten Mindestschüttungsmenge. Eine fehlende Messung bzw. Dokumentation der Schüttungsmenge wirkt sich deshalb nicht durchgreifend aus. (Rn. 137)
12. Die AVV GeA regelt für Quellmessstellen nicht ausdrücklich, dass diese den oberflächennächsten, wasserwirtschaftlich bedeutsamen Grundwasserleiter aufschließen müssen. Der Begriff „wasserwirtschaftlich bedeutsam“ zielt nicht nur auf den Schutz der lokalen oder überörtlichen Wasserversorgung, sondern auch auf den Schutz aller mit dem Grundwasser in Verbindung stehenden Oberflächengewässer und Landökosysteme ab. (Rn. 142 – 143)
Schlagworte:
Nitratrichtlinie, Ausweisung von mit Nitrat belasteten und eutrophierten Gebieten, Strategische Umweltprüfung, Eigentumsgarantie, Berufsfreiheit, Normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift (für die AVV GeA verneint), 20%-Anteil einer landwirtschaftlichen Referenzparzelle, Bestimmtheitsgebot, Administrativer Vereinfachungsspielraum (bejaht), Auswirkung von Mängeln auf die konkrete Gebietsausweisung, Abgrenzung der Grundwasserkörper, Messstellendichte, Auswahl der Messstellen für das Ausweisungsmessnetz, Punktquellen, signifikanter Zufluss von ungefiltertem Oberflächenwasser über Schadstellen, Dränagen oder Fremdwasser, Anforderungen an (gebohrte) Grundwassermessstellen, Ausbau von Grundwassermessstellen, Prüfung und Dokumentation der Funktionstüchtigkeit bei Grundwassermessstellen, Anforderungen an Quellmessstellen, dauerhafte Quellschüttung, oberflächennächster, wasserwirtschaftlich bedeutsamer Grundwasserleiter, Prüfung und Dokumentation der Funktionstüchtigkeit bei Quellmessstellen, Anforderungen an Brunnen, Probennahmen, Ionenbilanzfehler, Immissionsbasierte Abgrenzung, Zusatzmessstellen, Deterministisches Regionalisierungsverfahren Voronoi
Weiterführende Hinweise:
Revision zugelassen
Fundstelle:
BeckRS 2024, 15394

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1
Die Beteiligten streiten über die Gültigkeit der Verordnung über besondere Anforderungen an die Düngung und Erleichterungen bei der Düngung (Ausführungsverordnung Düngeverordnung – AVDüV) der Bayerischen Staatsregierung vom 22. Dezember 2020 (BayMBl. Nr. 783; BayRS 7820-1-L) in der Fassung der Änderungsverordnung vom 22. November 2022 (BayMBl. Nr. 658), zuletzt geändert durch die Änderungsverordnung vom 23. Mai 2023 (BayMBl. Nr. 272), bezogen auf den Grundwasserkörper 2_G048 (U. – M.). Die Antragsteller sind Landwirte, die landwirtschaftliche Flächen im Bereich dieses Grundwasserkörpers bewirtschaften.
2
Die angegriffene Ausführungsverordnung Düngeverordnung beruht auf § 3 Abs. 4 Satz 1, Satz 2 Nr. 3, Abs. 5 und § 15 Abs. 5 (früher Abs. 6) Satz 1 des Düngegesetzes vom 9. Januar 2009 (BGBl. I S. 54, 136, zuletzt geändert durch Gesetz vom 20.12.2022, BGBl. I S. 2752 – DüngG) in Verbindung mit § 13a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 Teils. 3, Abs. 3 und Abs. 7 der Verordnung über die Anwendung von Düngemitteln, Bodenhilfsstoffen, Kultursubstraten und Pflanzenhilfsmitteln nach den Grundsätzen der guten fachlichen Praxis beim Düngen vom 26. Mai 2017 (BGBl. I S. 1305 – Düngeverordnung – DüV), die zuletzt durch Art. 97 des Gesetzes vom 10. August 2021 (BGBl. I S. 3436) geändert worden ist. Zur Vereinheitlichung der Vorgehensweise bei der Ausweisung der Gebiete erließ die Bundesregierung gemäß § 13a Abs. 1 Satz 2 DüV am 3. November 2020 die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Ausweisung von mit Nitrat belasteten und eutrophierten Gebieten (AVV Gebietsausweisung 2020 – AVV GeA 2020; BAnz AT 10.11.2020 B4), die am 10. August 2022 neu gefasst wurde (AVV Gebietsausweisung 2022 – AVV GeA 2022; BAnz AT 16.08.2022 B2 – im Folgenden: AVV GeA).
3
Am 22. Dezember 2020 erließ der Antragsgegner die Verordnung über besondere Anforderungen an die Düngung und Erleichterungen bei der Düngung (Ausführungsverordnung Düngeverordnung – AVDüV 2020), die am 23. Dezember 2020 im Bayerischen Ministerialblatt (BayMBl. Nr. 783) veröffentlicht wurde. In dieser wies er mit Nitrat belastete (rote) Gebiete im Sinn von § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 DüV und eutrophierte (gelbe) Gebiete nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 DüV aus. Grundlage hierfür war die AVV GeA 2020.
4
Am 22. November 2022 erließ der Antragsgegner unter Anwendung der AVV GeA 2022 die Verordnung zur Änderung der Ausführungsverordnung Düngeverordnung (AVDüV 2022). Diese Änderungsverordnung bewirkte unter anderem, dass sich die Kulisse der als mit Nitrat belastet ausgewiesenen Gebiete veränderte. Die AVDüV 2022 wurde am 29. November 2022 im Bayerischen Ministerialblatt (BayMBl. Nr. 658) veröffentlicht.
5
Am 22. Dezember 2021 hatten die Antragsteller sowie zwei weitere Antragsteller beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof Normenkontrollantrag gegen die AVDüV 2020 gestellt, den sie mit Schriftsatz vom 7. Juli 2022 ergänzend begründet hatten. Der Antragsgegner hatte hierzu mit Schriftsätzen vom 10. März 2022 und 3. Januar 2023 Stellung genommen.
6
Nach dem Erlass der AVDüV 2022 ist der Normenkontrollantrag mit Schriftsatz vom 3. März 2023 hinsichtlich zweier Antragsteller für erledigt erklärt worden. Die übrigen Antragsteller haben im Hinblick auf die AVDüV 2022 eine Antragsänderung erklärt. Nachdem der Antragsgegner der Erledigungserklärung mit Schriftsatz vom 16. März 2023 zugestimmt hatte, hat der Verwaltungsgerichtshof den von der Erledigungserklärung betroffenen Verfahrensteil mit Beschluss vom 22. Mai 2023 abgetrennt und das Verfahren insoweit mit Beschluss vom 27. Juli 2023 (13a N 23.982 – juris) eingestellt.
7
Zur Begründung des geänderten Normenkontrollantrags haben die (im Verfahren verbliebenen) Antragsteller insbesondere mit Schriftsätzen vom 3. März 2023, 31. Mai 2023, 27. Juni 2023, 11. September 2023, 17. November 2023, 9. Januar 2024, 5. Februar 2024 und 20. Februar 2024 vor allem Folgendes vorgetragen: Der Antrag und die Antragsänderung seien zulässig. Es bestehe ein Rechtsschutzbedürfnis der Antragsteller, die nach einer Aufhebung der AVDüV ihre Rechtsstellung verbessern könnten. Die AVV GeA sei eine normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift, an deren Vorgaben das Gericht strikt gebunden sei. Jedenfalls könne das Gericht die AVV GeA kraft eigener Überzeugung anwenden. Es habe eine umfassende gerichtliche Kontrolle von Verstößen gegen die AVV GeA zu erfolgen. Der vom Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt (U. v. 26.10.2023 – 2 K 9/22 – juris) aufgestellte Maßstab entbehre der erforderlichen rechtlichen Grundlage. Es bestehe kein administrativer Vereinfachungsspielraum. Die allgemein anerkannten Regeln der Technik seien in den Regelwerken der Wasserwirtschaft abgebildet. Die Wasserbehörden hätten keine amtlichen Auskünfte erteilt, denen ein größeres Gewicht beigemessen werden könne. Die allgemein anerkannten Regeln der Technik seien zu beachten. Die internen Regelungen des Antragsgegners gäben nichts Entscheidendes her. Konkrete Ausführungen des Antragsgegners zu den Messstellen, die nach einem älteren Stand der Technik ausgebaut worden seien, fehlten. Für eine Mängelrüge reiche es aus, wenn die Antragsteller die Möglichkeit darlegten, dass sich ein festgestellter Mangel auf die Messung der Nitrat-Konzentrationen auswirken könne. Vielfach habe der Antragsgegner keine ausreichenden Dokumente vorgelegt. Die Abgrenzung des Grundwasserkörpers sei nicht korrekt vorgenommen worden. Ungeeignete Messstellen dürften nicht verwendet werden. Die Nutzung von Messstellen für andere Überwachungsaufgaben reiche nicht aus. Die Messstellen des Ausweisungsnetzes entsprächen nicht den Anforderungen der AVV GeA. Einige Messstellen seien (baulich) ungeeignet. Bei bestimmten Messstellen seien keine regelmäßigen Funktionsprüfungen vorgenommen worden. Bei einigen Messstellen seien keine hydraulischen Tests durchgeführt worden. Bei fehlender hydraulischer Anbindung stamme die Probe nicht aus dem Grundwasserleiter. Bei den Messstellen fehlten überwiegend erstmalige Aufnahmeprüfungen. Die Probenahme sei bei bestimmten Messstellen nicht regelkonform erfolgt. Eine (undokumentierte) Messstellenprüfung bei Übernahme in das WRRL-Messnetz könne die Anforderungen der AVV GeA nicht erfüllen. Bei Messstellen Dritter sei der Antragsgegner seiner Prüfpflicht nicht nachgekommen. Die Vorgaben in Anlage 1 Nr. 2 Buchst. b AVV GeA gälten auch für Quellen. Unabhängig davon habe der Antragsgegner interne Anforderungen für Quellen aufgestellt. Die Proben einzelner Messstellen stammten nicht aus dem wasserwirtschaftlich bedeutsamen, oberflächennächsten Grundwasserleiter. Bei einigen Quellen liege keine dauerhafte Quellschüttung vor. Es stelle einen Mangel der Messstelle dar, wenn – wie geschehen – landwirtschaftliche Drainageleitungen an die Sickerleitungen einer Quelle angeschlossen seien. Der Nitratgehalt an sich könne ein Hinweis auf den Einfluss von Drainagen sein. Das Messstellennetz sei unzureichend. Der Antragsgegner könne sich nicht auf die Übergangsregelung in § 15 Abs. 1 AVV GeA berufen. Der Antragsgegner habe die nach § 15 Abs. 2 AVV GeA vorrangige immissionsbasierte Abgrenzung mit dem IDW-Verfahren unterlassen. Das angewandte Voronoi-Verfahren liefere fachlich unplausible Ergebnisse.
8
Die Antragsteller haben beantragt,
9
die Verordnung über besondere Anforderungen an die Düngung und Erleichterungen bei der Düngung (Ausführungsverordnung Düngeverordnung – AVDüV) vom 22. Dezember 2020 in der Fassung der Änderungsverordnung vom 22. November 2022, zuletzt geändert durch die Änderungsverordnung vom 23. Mai 2023, bezüglich des Grundwasserkörpers 2_G048 für unwirksam zu erklären.
10
Der Antragsgegner hat beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
12
Zur Begründung hat er insbesondere mit Schriftsätzen vom 16. März 2023, 28. April 2023, 8. September 2023, 10. November 2023, 19. Januar 2024 und 14. Februar 2024 vor allem Folgendes vorgebracht: Es bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis. Bei Fehlen eines Ausweisungsnetzes wegen Verstößen gegen die AVV GeA müsste der Grundwasserkörper mit seiner gesamten Fläche als rotes Gebiet ausgewiesen werden. Der AVV GeA komme keine Außenwirkung zu. Die Einhaltung der Vorgaben zu Messstellen unterliege nur einer Evidenzkontrolle. Nur ein geringer Teil der allgemein anerkannten Regeln der Technik sei für die Nitratmessung relevant. Deren Inhalt sei so gestaltet, dass ein Spielraum gegeben sei, der durch die Fachbehörden in der Funktion als amtlicher Sachverständiger genutzt werden könne. Für das Handeln in der Praxis bestünden interne Handlungsvorschriften. Frühere Stände der Regelwerke seien zu berücksichtigen. Nur jene Regeln seien relevant, die Einfluss auf das Messergebnis haben könnten. Lägen Dokumentationen nicht vor, könne hieraus nicht abgeleitet werden, dass Messstellen ungeeignet seien. Es sei zwischen gebohrten Messstellen und Quellen zu unterscheiden. Eine dauerhafte Quellschüttung werde von der AVV GeA nur für nicht ausgebaute (ungefasste) Quellen gefordert. Dass der wasserwirtschaftlich bedeutsame, oberflächennächste Grundwasserleiter aufgeschlossen werden müsse, gelte nicht für Quellen, unabhängig davon sei dies für alle Quellen erfüllt. Der Begriff der „erstmaligen Aufnahmeprüfung“ werde von der AVV GeA neu eingeführt. Eine Eignungs- und Funktionsprüfung habe bei der Aufnahme einer Messstelle in das WRRL-Netz stattgefunden. Bei einer Aufnahmeprüfung würden die Bestandsunterlagen geprüft. Das Fehlen hydraulischer Tests führe nicht dazu, dass eine Probe nicht repräsentativ sei. Der hydraulische Anschluss könne auch anhand von Messungen des Grundwasserstands und bei Probennahmen beurteilt werden. An den Messstellen Dritter obliege die Funktionsprüfung dem Betreiber oder Eigentümer. Bezogen auf den Einfluss von Oberflächenwasser oder Drainagen auf den Nitratgehalt stellten die Antragsteller lediglich Mutmaßungen an. Ein solcher Einfluss hätte sich im Chemismus bzw. in den physikochemischen Eigenschaften des Wassers (Temperatur, elektrische Leitfähigkeit, Inhaltsstoffe) zeigen müssen, wofür es keine Anhaltspunkte gebe. Die AVV GeA schließe nur Messstellen mit signifikantem Zufluss ungefilterten Oberflächenwassers aus. Durch eine Kamerabefahrung könne nicht ermittelt werden, ob es sich um eine Sicker- oder Drainageleitung handele. Die Ausführungen der Antragsteller zur Kausalität beruhten auf Mutmaßungen. Die auf einzelne Messstellen bezogene Kritik der Antragsteller hinsichtlich der (baulichen) Ungeeignetheit, der fehlenden oder unzureichenden Funktions- und Aufnahmeprüfungen sowie der nicht regelkonformen Probennahme sei unberechtigt. Die Messstellen seien anhand der Kriterien der AVV GeA ausgewählt worden. Hinsichtlich der Messstellendichte komme die Übergangsregelung in § 15 Abs. 1 AVV GeA zur Anwendung. Den vorgelegten Unterlagen sei zu entnehmen, weshalb Messstellen herangezogen worden seien oder nicht. Die immissionsbasierte Abgrenzung sei nach den Vorgaben der AVV GeA erfolgt. Es sei das Voronoi-Verfahren angewandt worden, weil die Messstellendichte für das IDW-Verfahren im Einzelfall nicht erreicht worden sei. IDW sei nur dann sinnvoll, wenn die Messstellen räumlich so verteilt seien, dass der Grundwasserkörper möglichst flächendeckend Messdaten aufweise. Die AVDüV diene der Umsetzung von Unionsrecht. Selbst wenn die DüV oder die AVDüV verfassungswidrig wären oder unter einem Verfahrensfehler litten, müssten diese zunächst weiterhin Anwendung finden.
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Am 22. Juni 2023 hat ein Erörterungstermin stattgefunden.
14
Mit Beweisbeschluss vom 26. Juni 2023 hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) aufgegeben, Auskünfte zur Beteiligung von Sachverständigen bei der Erstellung der AVV GeA 2020 und der AVV GeA 2022 zu erteilen. Mit Schreiben vom 28. Juli 2023 hat das Bundesministerium die erbetenen Auskünfte erteilt.
15
Die Akten hat der Antragsgegner überwiegend in elektronischer Form via SecureBox Bayern (vgl. dazu insbesondere zwei Schreiben vom 31.7.2023 sowie die Schreiben vom 7.8.2023, 8.9.2023, 18.9.2023 und 19.1.2024) sowie ergänzend als Anlagen zu Schriftsätzen (vgl. insbesondere Schreiben vom 8.9.2023, 10.11.2023, 24.11.2023, 19.1.2024 und 14.2.2024) vorgelegt. Die elektronisch vorgelegten Akten wurden heruntergeladen, gespeichert und gegen Veränderungen gesichert.
16
Die mündliche Verhandlung hat am 25. Januar 2024 und am 22. Februar 2024 stattgefunden.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten, insbesondere die Protokolle über den Erörterungstermin am 22. Juni 2023 und die mündlichen Verhandlungen am 25. Januar und 22. Februar 2024, sowie die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

18
Der zulässige Normenkontrollantrag hat in der Sache keinen Erfolg.
I.
19
Der Antrag ist zulässig.
20
1. Die Ausführungsverordnung Düngeverordnung vom 22. Dezember 2020 (BayMBl. Nr. 783; BayRS 7820-1-L) in der Fassung der Änderungsverordnung vom 22. November 2022 (BayMBl. Nr. 658), zuletzt geändert durch die Änderungsverordnung vom 23. Mai 2023 (BayMBl. Nr. 272) – AVDüV – ist eine im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift und damit nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. Art 4 AGVwGO statthafter Antragsgegenstand. Die Jahresfrist des § 47 Abs. 2 VwGO ist eingehalten. Die Antragsteller sind im Hinblick auf ihre Grundrechte aus Art. 14 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Sie sind Landwirte, die landwirtschaftliche Flächen im Bereich des Grundwasserkörpers 2_G048 (U. – M.) bewirtschaften, die in der AVDüV 2022 als mit Nitrat belastetes Gebiet ausgewiesen wurden, unterliegen mithin den mit einer solchen Ausweisung verbundenen Düngebeschränkungen nach § 13a Abs. 2 DüV und § 1 Abs. 2 AVDüV.
21
2. Nachdem der Antragsgegner während des bereits anhängigen Normenkontrollverfahrens aufgrund der neu gefassten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Ausweisung von mit Nitrat belasteten und eutrophierten Gebieten (AVV Gebietsausweisung 2022 – AVV GeA 2022; BAnz AT 16.08.2022 B2 – im Folgenden: AVV GeA) am 22. November 2022 eine Änderungsverordnung (AVDüV 2022) erlassen hatte, konnten die Antragsteller den anfänglich gegen die AVDüV 2020 gerichteten Antrag gemäß § 91 Abs. 1 VwGO auf die Ausführungsverordnung Düngeverordnung in der Fassung der AVDüV 2022 umstellen (Wöckel in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 91 Rn. 7 m.w.N.). Die Antragsänderung ist sachdienlich, weil der Streitstoff im Wesentlichen derselbe bleibt und die Einbeziehung der Änderung einen zusätzlichen Normenkontrollantrag vermeidet. Es ist auch keine Erledigung eingetreten, da der Verordnungsgeber mit der Verordnung zur Änderung der Ausführungsverordnung Düngeverordnung vom 22. November 2022 die Ausführungsverordnung Düngeverordnung vom 22. Dezember 2020 nicht aufgehoben, sondern lediglich geändert hat.
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3. Die Beschränkung des Normenkontrollantrags auf den Grundwasserkörper 2_G048 ist sachgerecht. Die Düngeverordnung (vgl. § 13a Abs. 1 Satz 1 DüV) und hierauf aufbauend die angefochtene Ausführungsverordnung (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 AVDüV) beziehen sich auf Gebiete von Grundwasserkörpern. Ein etwaiger Mangel an einer Messstelle würde sich auch nicht landesweit auswirken. Der Senat geht hierbei nach den Angaben des Antragsgegners entgegen der Argumentation des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt (U.v. 26.10.2023 – 2 K 9/22 – juris Rn. 87) jedenfalls für das Gebiet des Freistaats Bayern davon aus, dass sich auch die Interpolation nicht landesweit auswirkt, sondern sich auf den konkreten Grundwasserkörper beschränkt.
23
4. Dem Antrag fehlt auch nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis.
24
Dem steht nicht entgegen, dass sich bei erfolgreichen Rügen mit Blick auf einzelne Messstellen das im streitgegenständlichen Grundwasserkörper 2_G048 ausgewiesene belastete Gebiet im Falle einer Neuausweisung möglicherweise vergrößern würde, weil – so der Antragsgegner – gegebenenfalls keine Gebiete nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Teils. 2 DüV aus der Gebietskulisse herausgenommen werden könnten und damit der gesamte Grundwasserkörper als belastetes Gebiet auszuweisen wäre. Denn die Antragsteller beschränken sich zum einen nicht auf Rügen gegen einzelne Messstellen, so dass sie ihre Rechtsstellung durch ein erfolgreiches Normenkontrollverfahren möglicherweise verbessern könnten. Ein Normenkontrollantrag ist immer dann in der Sache erfolgreich, wenn die angefochtene Norm objektiv mit einem für ihre Gültigkeit bedeutsamen Mangel behaftet ist. Entscheidend ist die inhaltliche Übereinstimmung der Norm mit höherrangigem Recht, das heißt die angegriffene Norm darf nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen und auch die Ermächtigungsgrundlage muss in rechtmäßiger Art und Weise ergangen sein (zum Prüfungsmaßstab vgl. Hoppe in Eyermann, a.a.O., § 47 Rn. 30, 87; Ziekow in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 47 Rn. 334 jeweils m.w.N.; zur Inzidentprüfung der Ermächtigungsgrundlage vgl. W.- R. Schenke/R. P. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 29. Aufl. 2023, § 47 Rn. 106). Zum anderen ist für den Fall von Rechtsfehlern bei der Gebietsausweisung in dem vorliegenden Grundwasserkörper und einer daraus folgenden Teilunwirksamkeitserklärung der AVDüV davon auszugehen, dass sich der Antragsgegner bei einer Neufestlegung der Gebietskulisse in dem Grundwasserkörper erneut eingehend mit den Verhältnissen vor Ort befassen wird, gegebenenfalls unter Heranziehung anderer Messstellen. Dabei besteht die für das Rechtsschutzbedürfnis ausreichende grundsätzliche Möglichkeit, dass sich die neue Ausweisung für den Antragsteller als vorteilhaft erweisen wird (vgl. VGH BW, U.v. 9.2.2023 – 13 S 3646/21 – juris Rn. 23; OVG LSA, U.v. 26.10.2023 – 2 K 9/22 – juris Rn. 100).
25
Zudem ist die Anwendbarkeit des vom Antragsgegner angeführten § 13a Abs. 4 DüV auf den vorliegenden Fall zumindest offen. Denn diese Vorschrift bezieht sich nach ihrem Wortlaut ausdrücklich auf den Fall des § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 DüV und damit auf Grundwasserkörper, die sich – anders als der streitgegenständliche GWK 2_G048 – in gutem chemischen Zustand befinden. Die Vorschrift setzt ferner eine fehlende Ausweisung von belasteten Gebieten voraus. Klärungsbedürftig wäre insoweit, ob damit auch die Unwirksamkeitserklärung einer tatsächlich erfolgten Ausweisung durch ein Gericht umfasst wäre. Jedenfalls wäre ein erneuter Rechtsakt zur Umsetzung erforderlich (§ 13a Abs. 4 Satz 2 DüV), so dass die Möglichkeit einer wenigstens vorübergehenden Verbesserung der Rechtsstellung der Antragsteller gegeben wäre.
26
Schließlich weisen die Antragsteller zu Recht darauf hin, dass die Verpflichtung zur Umsetzung der Richtlinie Nr. 91/676/EWG des Rates v. 12.12.1991 zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen (ABl EG Nr. L 375/1 v. 31.12.1995 S. 1) – im Folgenden: Nitratrichtlinie – einer Aufhebung der AVDüV etwa wegen Verstößen gegen nationales Recht wie insbesondere den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht entgegenstünde. Auch ist im vorliegenden Antragsverfahren anders als im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes von vorherein kein Raum für eine Entscheidung allein aufgrund einer Interessenabwägung.
II.
27
Der Antrag ist allerdings unbegründet.
28
Nach § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO ist der Normenkontrollantrag begründet, wenn die angegriffene Rechtsvorschrift ungültig ist. Das ist hier nicht der Fall. Die AVDüV ist formell rechtmäßig zustande gekommen (unten 1.). Ihre Ermächtigungsgrundlage ist wirksam (unten 2.). Die AVDüV verstößt auch nicht gegen höherrangiges Recht (unten 3.). Die Gebietsfestsetzung in § 1 Abs. 1 i.V.m. Anlage 1 AVDüV ist bezogen auf den streitgegenständlichen Grundwasserkörper 2_G048 nicht zu beanstanden (unten 4.). Auch die weiteren Regelungen der AVDüV begegnen keinen Bedenken (unten 5.).
29
1. Die AVDüV ist formell rechtmäßig. Die Bayerische Staatsregierung war nach § 15 Abs. 5 (früher Abs. 6) Satz 1 DüngG, § 13a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 Teils. 3, Abs. 3 Satz 1, Abs. 7 DüV für den Erlass der Verordnung zuständig. Mit Blick auf das Erlassverfahren sind weder in Bezug auf die Verkündung der AVDüV, noch hinsichtlich sonstiger Verfahrensschritte Fehler vorgetragen oder sonst ersichtlich. Das Zitiergebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG wurde gewahrt.
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2. Die AVDüV beruht mit § 3 Abs. 4 Satz 1, Satz 2 Nr. 3, Abs. 5 und § 15 Abs. 5 (früher Abs. 6) Satz 1 DüngG i.V.m. § 13a DüV auf einer ihrerseits wirksamen Ermächtigungsgrundlage. Insbesondere an der Wirksamkeit der Regelungen in § 13a DüV besteht kein Zweifel. Das gilt sowohl hinsichtlich von Verfahrensfehlern (unten a) als auch in materiell-rechtlicher Hinsicht (unten b).
31
a) Es liegen keine Verfahrensfehler beim Erlass des § 13a DüV vor, welche die Wirksamkeit dieser Vorschrift in Frage stellen könnten.
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aa) § 13a DüV ist insbesondere nicht unwirksam, weil die nach dem UVPG durchzuführende strategische Umweltprüfung nicht ordnungsgemäß erfolgt wäre, nachdem der Bundesrat der Verordnung bereits vor Ablauf der Frist zur Stellungnahme im Rahmen der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung zugestimmt hatte.
33
Die Düngeverordnung wurde durch Art. 1 der Verordnung zur Änderung der Düngeverordnung und anderer Vorschriften vom 28. April 2020 (BGBl. I S. 846) mit Wirkung ab dem 1. Mai 2020 geändert. Mit dieser Verordnung wurde § 13a in die DüV eingefügt. In dem Änderungsverfahren wurde eine strategische Umweltprüfung (SUP) gemäß §§ 33 ff. des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) durchgeführt. Der ursprüngliche Verordnungsentwurf wurde nach der Auslegung im Rahmen der SUP hinsichtlich § 5 Abs. 1 DüV (Düngung auf gefrorenem Boden) und hinsichtlich § 13a Abs. 2 Nr. 5 DüV (Zwischenfruchtdüngung) nochmals geändert. Der nach § 40 UVPG zu erstellende Umweltbericht datiert vom 2. Februar 2020. Die entsprechenden Unterlagen, insbesondere die Änderungsverordnung in der Fassung des Referentenentwurfs vom 13. Dezember 2019, wurden nach § 42 UVPG zwischen dem 2. Februar 2020 und dem 2. März 2020 ausgelegt; bis zum 2. April 2020 bestand für Behörden und betroffene Öffentlichkeit die Möglichkeit, Stellung zu nehmen (siehe S. 8 der Zusammenfassenden Umwelterklärung – ZUE – v. 20.7.2020 des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft – BMEL). Der Bundesrat stimmte der Änderungsverordnung am 27. März 2020 zu.
34
Damit war indes kein Verstoß gegen § 43 Abs. 1, Abs. 2 UVPG verbunden. Danach überprüft die zuständige Behörde nach Abschluss der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung die Darstellungen und Bewertungen des Umweltberichts unter Berücksichtigung der Stellungnahmen und Äußerungen. Das Ergebnis der Überprüfung ist im Verfahren zur Aufstellung oder Änderung des Plans oder Programms zu berücksichtigen. Das ist vorliegend geschehen. Weitergehende Anforderungen, insbesondere hinsichtlich der Zustimmung des Bundesrats nach Art. 80 Abs. 2 GG, sind in § 43 UVPG nicht vorgesehen. Deshalb ist es unschädlich, dass der Bundesrat seine Zustimmung schon am 27. März 2020 und damit vor Ablauf der Äußerungsfrist gemäß § 42 Abs. 3 UVPG sowie vor der abschließenden Prüfung und Berücksichtigung des Umweltberichts gemäß § 43 Abs. 1 UVPG erteilt hat. Aus §§ 42, 43 UVPG ergibt sich nicht, dass die abschließende Bewertung und Berücksichtigung der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung vor der Entscheidung des Bundesrates durchzuführen gewesen wäre. In Bezug auf den Bundesrat ist allein maßgebend, ob im Zeitpunkt der Zustimmung diesem die letztendlich beschlossene Fassung zugrunde lag. Dies war hier der Fall (vgl. umfassend BayVGH, B.v. 31.1.2022 – 13a NE 21.2474 – ZUR 2022, 365 – RdL 2022, 296 – DVBl 2022, 914 – juris Rn. 40).
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bb) Auch im Übrigen liegen keine Fehler bei der Durchführung der SUP vor, die zu einer Unwirksamkeit der Ermächtigungsgrundlage des § 13a DÜV aus formellen Gründen führen würden.
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Wie bereits im Beschluss des Senats vom 31. Januar 2022 (13a NE 21.2474 – ZUR 2022, 365 – RdL 2022, 296 – DVBl 2022, 914 – juris Rn. 38) ausführlich dargelegt wurde, ist die Änderung betreffend die Zulässigkeit einer Zwischenfruchtdüngung in § 13a Abs. 2 Nr. 5 DüV nicht verfahrensfehlerhaft erfolgt.
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Soweit es das neu in § 5 Abs. 1 DüV aufgenommene generelle Verbot der Ausbringung von stickstoff- oder phosphathaltigen Düngemitteln, Bodenhilfsstoffen, Kultursubstraten und Pflanzenhilfsmitteln auf gefrorenem Boden betrifft, dürfte zwar eine den Anforderungen des § 42 Abs. 1 i.V. m. § 22 UVPG genügende Öffentlichkeitsbeteiligung vor Erlass der Verordnung zur Änderung der Düngeverordnung im Jahr 2020 nicht durchgeführt worden sein (vgl. BayVGH, B.v. 31.1.2022, a.a.O., juris Rn. 32 ff). Dies kann aber letztlich ebenso dahin gestellt bleiben wie demzufolge auch die Frage, ob die isolierte Nachholung der Öffentlichkeitsbeteiligung begrenzt auf die Änderung in § 5 Abs. 1 DüV zulässig war und durch die nachgeholte Öffentlichkeitsbeteiligung eine Heilung eingetreten ist. Denn eine mögliche Unwirksamkeit der Änderungen in § 5 Abs. 1 DüV schlägt nicht auf die Wirksamkeit der Ermächtigungsgrundlage in § 13a DüV durch. Eine etwaige fehlerhafte Öffentlichkeitsbeteiligung führt nicht zur Unwirksamkeit der gesamten DüV, insbesondere nicht zur Unwirksamkeit der Verordnungsermächtigungen für die Landesregierungen in § 13a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 Teils. 3, Abs. 3 und Abs. 7 DüV. Schon im Beschluss des Senats vom 31. Januar 2022 (13a NE 21.2474 – ZUR 2022, 365 – RdL 2022, 296 – DVBl 2022, 914 – juris Rn. 35 ff.) wurde darauf hingewiesen, dass die Vorschriften zur Öffentlichkeitsbeteiligung zwar in besonderem Maße dem Interesse sachrichtiger Entscheidungen dienen, ihnen ein entscheidender Eigenwert zukommt und sie nicht nur eine schlicht dienende Funktion haben (s. auch BVerfG, B.v.11.10.1994 – 1 BvR 337/92 – BVerfGE 91, 148 Rn. 132 zur Evidenz und BVerfG, B.v. 12.10.2010 – 2 BvF 1/07 – BVerfGE 127, 293 – juris Rn. 128 f.; BVerfG, B.v. 8.12.2009 – 2 BvR 758/07 – NVwZ 2010, 634 zur „Wesentlichkeit“ eines Verstoßes gegen Anhörungs- und Beteiligungspflichten). Es ist aber allgemein anerkannt, dass auch (nur) eine Teilunwirksamkeit eintreten kann (BVerwG, B.v. 28.7.2015 – 9 B 17.15 – NVwZ-RR 2015, 906 – juris Rn. 9; B.v. 7.3.2002 – 4 BN 60.01 – NVwZ 2002, 869 – juris Rn. 27; Hoppe in Eyermann, a.a.O., § 47 Rn. 82 m.w.N.). Es muss sich dann um einen abtrennbaren Teil der Rechtsvorschrift handeln, dem der Fehler anhaftet. Nach ständiger Rechtsprechung ist dies davon abhängig, ob – erstens – die Beschränkung der Nichtigkeit eine mit höherrangigem Recht vereinbare, sinnvolle (Rest-)Regelung des Lebenssachverhalts belässt (Grundsatz der Teilbarkeit) und ob – zweitens – hinreichend sicher ein entsprechender hypothetischer Wille des Normgebers angenommen werden kann (Grundsatz des mutmaßlichen Willens des Normgebers). Die Ungültigkeit eines Teils einer Norm macht diese also dann nicht insgesamt unwirksam, wenn die Restregelung auch ohne den unwirksamen Teil sinnvoll bleibt und mit hinreichender Sicherheit anzunehmen ist, dass sie auch ohne diesen erlassen worden wäre.
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Gemessen hieran wäre vorliegend von einer Teilunwirksamkeit auszugehen: Eine Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinn von §§ 42, 43 UVPG ist nicht völlig unterblieben. Sie hat vielmehr zunächst ordnungsgemäß stattgefunden; lediglich nach der Änderung des Entwurfs wurde die Öffentlichkeit nicht erneut beteiligt. Schon deshalb liegt die Annahme nahe, dass sich die Fehlerhaftigkeit nicht auf die gesamte Neuregelung in der Düngeverordnung auswirkt, sondern lediglich die genannte Änderung des § 5 Abs. 1 DüV betrifft, in der ein generelles Verbot der Ausbringung von stickstoff- oder phosphathaltigen Düngemitteln, Bodenhilfsstoffen, Kultursubstraten und Pflanzenhilfsmitteln auf gefrorenem Boden neu aufgenommen wurde. Nur insoweit ist nämlich eine (erneute) Beteiligung der Öffentlichkeit im Sinn von § 22 UVPG unterblieben. Dass die Restregelung alleine auch sinnvoll bleibt (Grundsatz der Teilbarkeit) ergibt sich daraus, dass der Verordnungsgeber dieses generelle Verbot ursprünglich nicht vorgesehen hatte. Dies spricht zudem auch dafür, dass er die Norm auch ohne die Änderung erlassen hätte (Grundsatz des mutmaßlichen Willens des Normgebers). Die Annahme einer bloßen Teilunwirksamkeit legt auch die gesetzliche Regelung des § 22 UVPG nahe, wonach eine erneute Beteiligung der Öffentlichkeit auf die Änderungen zu beschränken ist (§ 22 Abs. 1 Satz 2 UVPG). Es ist schließlich davon auszugehen, dass das BMEL als Verordnungsgeber die übrigen Regelungen der Änderungsverordnung auch ohne den (vermeintlich) verfahrensfehlerhaften Teil aufrechterhalten hätte, weil sie der Umsetzung der Nitratrichtlinie dienten. Mit Urteil vom 21. Juni 2018 hat der Europäische Gerichtshof entschieden (Rechtssache C-543/16), dass die Bundesrepublik Deutschland gegen ihre Verpflichtungen aus der EUNitratrichtlinie verstoßen und bereits ein Defizit der ordnungsgemäßen Umsetzung der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben bestanden hat. Gerade zur Behebung dieses Umsetzungsdefizits wurde die Düngeverordnung mit der hier gegenständlichen Änderung zur Anpassung an die Vorgaben der EUNitratrichtlinie und die Vorgaben des Europäische Gerichtshofs zur Vermeidung der Fortführung des von der Europäischen Kommission am 26. Juli 2019 eingeleiteten weiteren Vertragsverletzungsverfahrens (sog. Zweitverfahren, vgl. Art. 260 Abs. 2 AEUV) mit drohenden Strafzahlungen von über 800.000 € täglich angepasst (vgl. dazu Wagner/Rohleder, DVBl. 2021, 8, 10; zur weiteren Entwicklung vgl. Douhaire, ZUR 2022, 1). Hieraus ergibt sich eindeutig, dass der Verordnungsgeber die vom Verfahrensfehler nicht betroffenen Teile, insbesondere die hier maßgebliche Ermächtigungsgrundlage, auf jeden Fall auch eigenständig aufrechterhalten hätte.
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b) Auch materiell-rechtlich bestehen keine Bedenken gegen die Wirksamkeit der Ermächtigungsgrundlage. Insbesondere verstoßen die Regelungen des § 13a DüV weder gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG (unten aa) noch gegen die Berufsfreiheit im Sinn des Art. 12 Abs. 1 GG (unten bb).
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aa) (1.) Wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 31. Januar 2022 (13a NE 21.2474 – ZUR 2022, 365 – RdL 2022, 296 – DVBl 2022, 914 – juris Rn. 42 ff.) ausgeführt hat, schützt die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG nach ihrem Schutzbereich die Herrschafts- und Nutzungsbefugnis, das Recht des „Habens“ und „Gebrauchmachens“ an einem konkreten von der Eigentumsgarantie umfassten Gegenstand. Es wird das Recht gewährleistet, eine eigentumsfähige Position zu besitzen, zu nutzen, zu verwalten, zu verbrauchen oder darüber zu verfügen. Die einträglichste Nutzung des Eigentums schützt das Eigentumsgrundrecht indes nicht (vgl. BVerfG, B.v. 15.7.1981 – 1 BvL 77/78 – BVerfGE 58, 300 – juris Rn. 166; B.v. 9.10.1991 – 1 BvR 227/91 – BVerfGE 84, 382 – juris Rn. 12). Vor dem Hintergrund von Art. 14 Abs. 3, Art. 15 GG ist das Eigentum auch nicht unbedingt garantiert. Vorliegend handelt es sich bei den auf der Grundlage des Düngegesetzes durch die Vorgaben in § 13a DüV und deren Aktualisierung auf der Grundlage der Ausweisung der roten und gelben Gebiete in der Ausführungsverordnung Düngeverordnung bewirkten Einschränkungen des Einsatzes von Düngemitteln ersichtlich nicht um den zielgerichteten Entzug einer konkreten Eigentumsposition zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben (vgl. BVerfG, B.v. 16.2.2000 – 1 BvR 242/91 – BVerfGE 102, 1 – juris Rn. 41; B.v. 22.5.2001 – 1 BvR 1512/97 – BVerfGE 104, 1 – juris Rn. 30), sondern um die abstrakt-generelle Regelung der Nutzungsmöglichkeiten der betroffenen Grundstücke für die Zukunft und damit um eine Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinn von Art. 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 GG.
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Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (s. nur z.B. BVerfG, U.v. 6.12.2016 – 1 BvR 2821/11 – NJW 2017, 217 – juris Rn. 268; B.v. 21.7.2010 – 1 BvL 8/07 – BVerfGE 126, 331 – juris Rn. 88) hat der Normgeber, der Inhalt und Schranken der als Eigentum grundrechtlich geschützten Rechtspositionen bestimmt, dabei sowohl der grundgesetzlichen Anerkennung des Privateigentums durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG als auch der Sozialpflichtigkeit des Eigentums nach Art. 14 Abs. 2 GG Rechnung zu tragen. Dabei sind die schutzwürdigen Interessen des Eigentümers und die Belange des Gemeinwohls in einen gerechten Ausgleich und in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen. Insbesondere muss jede Inhalts- und Schrankenbestimmung den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten. Die Befugnis des Gesetzgebers zur Inhalts- und Schrankenbestimmung ist umso weiter, je mehr das Eigentumsobjekt in einem sozialen Bezug und in einer sozialen Funktion steht. Das Übermaßverbot verlangt einen verfassungslegitimen Grund für den Eingriff, die Eignung des gewählten Eingriffsmittels, seine Erforderlichkeit im Sinne der Wahl des schonendsten Mittels sowie ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Eingriffsschwere und dem Eingriffsnutzen (Papier/Shirvani in Dürig/Herzog/Scholz, GG, Stand August 2023, Art. 14 Rn. 429 m.w.N.; Jarass in Jarass/Pieroth, 17. Aufl. 2022, GG, Art. 14 Rn. 36 ff.). Im Einzelnen muss die betreffende Regelung im Hinblick auf das entsprechende Ziel geeignet sein, die Inhalts- und Schrankenbestimmung darf den Eigentümer nicht mehr beeinträchtigen, als es der gesetzgeberische Zweck erfordert und die Belastung des Eigentümers muss in einem angemessenen Verhältnis zu den mit der Regelung verfolgten Interessen stehen und damit verhältnismäßig im engeren Sinn bzw. zumutbar sein.
42
Im Rahmen der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung stellen insbesondere der Schutz der Natur ebenso wie der Schutz von und vor Wasser eine Gemeinwohlaufgabe von hohem Rang dar, die einschränkende Regelungen im Sinne von Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG rechtfertigen können (vgl. BVerfG, B.v. 15.7.1981 – 1 BvL 77/78 – BVerfGE 58, 300 – juris Rn. 153: „Wasser ist eine der wichtigsten Grundlagen allen menschlichen, tierischen und pflanzlichen Lebens“, Rn. 164: „Dem Grundwasser kommt hiernach für die Allgemeinheit, insbesondere für die öffentliche Wasserversorgung, eine kaum zu überschätzende Bedeutung zu“; zum Hochwasserschutz vgl. BVerwG, U.v. 22.7.2004 – 7 CN 1/04 – BVerwGE 125, 116 – juris Rn. 22). Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentumsgebrauchs und der -nutzbarkeit muss der Eigentümer – anders als die völligen oder teilweisen Substanzentziehungen – grundsätzlich entschädigungslos dulden, soweit sie sich in dem für Art. 14 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 GG geltenden Regelungsrahmen halten, sie also insbesondere das Verhältnismäßigkeitsprinzip, das Gebot sachgerechter und willkürfreier Abwägung sowie die Wesensgehaltsgarantie beachten (siehe zum Ganzen Papier/Shirvani in Dürig/Herzog/Scholz, GG, Stand Juli 2021, Art. 14 Rn. 146 f., 529 m.w.N.).
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(2.) Gemessen hieran kann vorliegend nicht von einer Verfassungswidrigkeit der Regelungen des § 13a DüV, die auf der Grundlage des Düngegesetzes und vermittelt durch die landesrechtliche Ausführungsverordnung Inhalt- und Schranken der Nutzbarkeit landwirtschaftlich genutzter Grundstücke in den landesrechtlich ausgewiesenen roten und gelben Gebieten hinsichtlich ihrer Düngung regeln, ausgegangen werden. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass das Verhältnismäßigkeitsprinzip als Grenze einer zulässigen Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums (vgl. Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 16. Aufl. 2020, Art. 14 Rn. 36 m.w.N.) nicht gewahrt sein könnte. Dies gilt insbesondere auch hinsichtlich des Verbots der Nitratdüngung von Zwischenfrüchten (vgl. dazu BayVGH, B.v. 31.1.2022 – 13a NE 21.2474 – ZUR 2022, 365 – RdL 2022, 296 – DVBl 2022, 914 – juris Rn. 45).
44
Der vom Düngegesetz in Umsetzung der Vorgaben der Nitratrichtlinie und darauf beruhend von der Düngeverordnung und der landesrechtlichen Ausführungsverordnung verfolgte Zweck des Gewässerschutzes stellt eine höchstrangige Gemeinwohlaufgabe dar (vgl. BVerfG, B.v. 15.7.1981 – 1 BvL 77/78 – BVerfGE 58, 300 – juris Rn. 153, 164).
45
Dass die getroffenen Regelungen und die damit einhergehenden Belastungen für die davon betroffenen Eigentümer oder die die betroffenen Grundstücke bewirtschaftenden Pächter von vornherein ungeeignet wären, diesen Zweck zu fördern, ist nicht erkennbar. Vielmehr ist es plausibel und nachvollziehbar, dass eine Reduzierung und Regulierung der Düngung in den belasteten Gebieten mittelfristig zu einer Reduzierung der Belastung der Gewässer mit Nitrat und Phosphor führt, sie also im Ergebnis ein geeignetes Mittel darstellen. Auch sind zur Reduzierung der Belastung der Gewässer mit Nitrat und Phosphor keine milderen, d.h. anderen, gleich wirksamen, aber das betroffene Grundeigentum weniger einschränkenden Mittel ersichtlich (vgl. BVerfG, U.v. 6.12.2016 – 1 BvR 2821/11 – BVerfGE 143, 246 – juris Rn. 289), die der Bundesverordnungsgeber anstelle der Regelungen in § 13a DüV und vermittelt durch die landesrechtliche Ausführungsverordnung hätten ergreifen können, um die Vorgaben der Nitratrichtlinie aus dem Jahr 1991 und allgemein einen im Hinblick auf Art. 20a GG gebotenen nachhaltigen Gewässerschutz gleich wirksam zu erreichen.
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Schließlich sind die Regelungen in der Düngeverordnung und deren Vermittlung durch die landesrechtliche Ausführungsverordnung angesichts des hoch- bzw. höchstrangig einzustufenden Allgemeinwohlbelangs des Grundwasserschutzes auch verhältnismäßig im engeren Sinne, denn die mit den Regelungen verbundenen Belastungen stehen in einem angemessenen Verhältnis zu dem mit ihnen verfolgten Zweck des Gewässerschutzes. Die Hauptbeeinträchtigung der betroffenen Betriebe in den ausgewiesenen Gebieten besteht in der Verringerung des zulässigen Düngebedarfs um 20% im (Betriebs-)Durchschnitt der in nitratbelasteten Gebieten bewirtschaften Flächen (vgl. BR-Drs. 98/20, S. 26). Bereits mit der Betriebsbezogenheit der Düngemittelreduzierung erhalten betroffene Betriebe die Möglichkeit, selbstbestimmt die vorgegebene Gesamtreduktion auf die von ihnen bewirtschafteten Grundstücke zu verteilen. Dadurch wird das Gewicht des damit bewirkten Eingriffs erheblich abgemildert, da jeder betroffene Bewirtschafter zwar das Ziel der Reduktion um 20% beachten muss, dies aber an seine jeweilige betriebliche Situation anpassen kann. Zudem ist davon auszugehen, dass die 20%-Reduktion an Düngemitteleinsatz nicht auch zu einer 20%-Reduktion des Ertrags führt, sondern je nach angebauter Kultur unterschiedlich ausfallen wird und nach der Verordnungsbegründung eine durchschnittliche Ertragsreduktion von bis zu 10% zur Folge haben kann (vgl. BR-Drs. 98/20, S. 49). Im Hinblick auf die herausragende Bedeutung und Hochrangigkeit des Gewässerschutzes sowie unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Eigentumsgewährleistung im Hinblick auf die Sozialpflichtigkeit des Eigentums nicht die einträglichste Nutzung des Eigentums schützt, ist eine Ertragsreduktion um durchschnittlich 10% zumutbar (vgl. dazu a. OVG LSA, U.v. 26.10.2023 – 2 K 9/22 – juris Rn. 158). Ferner enthält die Düngeverordnung zur Vermeidung einer unzumutbaren Belastung Ausnahmeregelungen, wie etwa in § 13a Abs. 2 Nr. 1 DüV. Danach muss der Stickstoffdüngebedarf nicht um 20% verringert werden, wenn die dort genannten Betriebe nicht mehr als 160 Kilogramm Gesamtstickstoff je Hektar und Jahr und davon nicht mehr als 80 Kilogramm Gesamtstickstoff je Hektar und Jahr aus mineralischen Düngemitteln aufbringen; die Landesregierungen können dies unter bestimmten Voraussetzungen auch für Dauergrünlandflächen vorsehen (so auch OVG LSA, U.v. 26.10.2023 – 2 K 9/22 – juris Rn. 158). Außerdem wird der Eingriff dadurch abgemildert, dass die Festsetzung als belastetes Gebiet nicht abschließend festgeschrieben ist. Nach Art. 3 Abs. 4 Nitratrichtlinie sind die Mitgliedstaaten gehalten, ihr Verzeichnis der gefährdeten Gebiete, wenn notwendig, jedoch mindestens alle vier Jahre zu prüfen und gegebenenfalls zu ändern oder zu ergänzen, um Veränderungen und zum Zeitpunkt der vorherigen Einstufung unvorhergesehene Faktoren zu berücksichtigen (so § 13a Abs. 8 Satz 2 DüV). Auch die weiteren Regulierungen der Düngung durch die in § 13a Abs. 2 und 3 DüV genannten Maßnahmen erweisen sich angesichts des hoch- bzw. höchstrangig einzustufenden Allgemeinwohlbelangs des Grundwasserschutzes als zumutbar und damit verhältnismäßig.
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(3.) Wie der Senat ebenfalls bereits in seinem Beschluss vom 31. Januar 2022 (13a NE 21.2474 – ZUR 2022, 365 – RdL 2022, 296 – DVBl 2022, 914 – juris Rn. 46) ausgeführt hat, bedarf es mangels einer unverhältnismäßigen Belastung somit auch keiner Bildung von Sonderfallgruppen für etwaige Härtefälle bzw. zur Herstellung der Verhältnismäßigkeit bei sog. ausgleichspflichtigen Inhalts- und Schrankenbestimmungen und ist auch das Gebot der Folgerichtigkeit nicht verletzt. Nicht jede Schmälerung des nutzungsrechtlichen Status quo stellt einen ausgleichspflichtigen Tatbestand dar. Die Grenzen einer kompensationsfreien Sozialbindung sind an der Eingriffstiefe, also an dem Kriterium orientiert, was nach dem Eingriff vom konkreten Eigentum noch verbleibt. Zur näheren Bestimmung und Präzisierung der Eingriffstiefe sind das Ausmaß der Beschränkung der Privatnützigkeit und der funktionsgerechten Verwendung zu würdigen (Papier/Shirvani in Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 14 Rn. 529 m.w.N.). Angesichts der hohen Bedeutung des Schutzguts Wasser haben hierbei die privaten Interessen zurückzustehen.
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Es bedarf im Hinblick auf die Zumutbarkeit des Eingriffs auch keiner Differenzierung zwischen dem Regel- und Sonderfall bzw. Sonderfällen wie etwa einem drohenden Konkurs. Zwar kann der Gesetzgeber nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (etwa U.v. 6.12.2016 – 1 BvR 2821/11 – NJW 2017, 217 – juris Rn. 259) eigentumsbeschränkende Inhalts- und Schrankenbestimmungen in Härtefällen nur durchsetzen, wenn er durch kompensatorische Vorkehrungen unverhältnismäßige oder gleichheitswidrige Belastungen des Eigentümers vermeidet und schutzwürdigem Vertrauen angemessen Rechnung trägt. Durch einen solchen Ausgleich könne in bestimmten Fallgruppen die Verfassungsmäßigkeit einer sonst unverhältnismäßigen oder gleichheitswidrigen Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinn von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG gesichert werden. Allerdings besteht diese Möglichkeit, die Verfassungsmäßigkeit einer sonst unverhältnismäßigen Inhalts- und Schrankenbestimmung mittels eines durch den Gesetzgeber vorzusehenden finanziellen Ausgleichs zu sichern, nur für die Fälle, in denen der mit der Schrankenbestimmung verfolgte Gemeinwohlgrund den Eingriff grundsätzlich rechtfertigt, aus Verhältnismäßigkeitsgründen allerdings noch zusätzlich einer Ausgleichsregelung bedarf (BVerfG, a.a.O., juris Rn. 260). Das ist hier nicht der Fall, denn der Eingriff genügt obigen Erläuterungen zufolge dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Dass darüber hinaus im Einzelfall eine unbillige Härte vorliegen könnte, die zu einer unverhältnismäßigen Inhalts- und Schrankenbestimmung führen würde, ist im Gegensatz zur genannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Atomausstieg, der eine solche Härte zugrunde lag, nicht erkennbar. Dort wog die Eigentumsbelastung durch die Nichtverwertbarkeit der konzernintern nicht mehr verstrombaren Reststrommengen dem Bundesverfassungsgericht zufolge schwer, war sie quantitativ erheblich und betraf aufgrund der besonderen Umstände ihrer Entstehung eine gegen Änderungen in erhöhtem Maße geschützte Eigentumsposition. Zudem benachteiligte sie diese Unternehmen im Verhältnis zu konkurrierenden Unternehmen (BVerfG, a.a.O., juris Rn. 329 ff.). In der Gesamtabwägung mit den für die beschleunigte Abschaltung der Kernkraftwerke streitenden Gemeinwohlbelangen erwiesen sich dem Bundesverfassungsgericht zufolge die Belastungen als unzumutbar (BVerfG, a.a.O., juris Rn. 364). Eine solche Konstellation ist vorliegend nicht gegeben.
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bb) Ebenso wenig ist ein Verstoß der Ermächtigungsgrundlage gegen die Berufsfreiheit im Sinn des Art. 12 Abs. 1 GG anzunehmen (vgl. a. dazu den Beschluss des Senats vom 31.1.2022 – 13a NE 21.2474 – ZUR 2022, 365 – RdL 2022, 296 – DVBl 2022, 914 – juris Rn. 47). Da die Beschränkungen des Düngemitteleinsatzes durch die Düngeverordnung und vermittelt durch die Ausführungsverordnung Düngeverordnung in belasteten Gebieten sowohl tätigkeits- bzw. erwerbsbezogen („Bewirtschaftung“) als auch objektbezogen („Flächen in ausgewiesenen Gebieten“) erfolgen, kommen die Grundrechtsgarantien der Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 GG in diesem Fall nebeneinander zur Anwendung (vgl. Papier/Shirvani in Dürig/Herzog/Scholz, Grundgesetz-Kommentar, Werkstand: 95. EL Juli 2021, Art. 14 Rn. 353). Stellt die zum Schutz des Wassers getroffene Regelung eine verhältnismäßige Bestimmung von Inhalt- und Schranken des Eigentums dar, spricht viel dafür, dass es sich dann auch um eine zulässige Berufsausübungsregelung handelt, zumal die Schrankenregelungen beider Grundrechte in Fällen, in denen sie nebeneinander zur Anwendung kommen, eine weitgehende Identität aufweisen. Danach ist eine zulässige Beschränkung der Berufsausübungsfreiheit im Allgemeinen auch eine rechtmäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 S. 2) und gilt selbiges für den umgekehrten Fall (vgl. Papier/Shirvani in Dürig/Herzog/Scholz, Grundgesetz-Kommentar, Werkstand: 95. EL Juli 2021, Art. 14 Rn. 353 m.w.N.). Daran gemessen sind vorliegend auch keine unverhältnismäßigen Eingriffe in die Berufsfreiheit im Sinn des Art. 12 Abs. 1 GG zu erkennen.
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3. Auch die Ausführungsverordnung Düngeverordnung selbst verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 GG und Art. 12 Abs. 1 GG (sogleich a), den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Bezug auf die 20%-Regelung in § 7 Abs. 1 AVV GeA (unten b) und den Bestimmtheitsgrundsatz (unten c).
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a) Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die AVDüV bestehen im Allgemeinen weder im Hinblick auf die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG, noch die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG.
52
Wie oben zur Wirksamkeit der Ermächtigungsgrundlage bereits ausführlich dargelegt wurde, sind die mit den Regelungen des § 13a DüV zur Ausweisung von mit Nitrat belasteten und eutrophierten Gebieten verbundenen Grundrechtseingriffe durch Bewirtschaftungseinschränkungen im Hinblick auf den Schutz der Natur und den Schutz von Gewässern gerechtfertigt, insbesondere verhältnismäßig. Dies gilt entsprechend, soweit der bayerische Verordnungsgeber die Vorgaben des § 13a DüV, die wiederum auf dem Düngegesetz und der Nitratrichtlinie beruhen, durch und in der landesrechtlichen Ausführungsverordnung umgesetzt hat. Insbesondere auch die Regelung in § 1 Abs. 2 AVDüV, wonach bei der Bewirtschaftung die in § 13a Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 und 3 DüV genannten zusätzlichen Anforderungen einzuhalten sind und durch die der Landesverordnungsgeber dem Regelungsauftrag des § 13a Abs. 3 DüV nachgekommen ist, ist als weitere Maßnahme zur Regulierung der Düngung angesichts des hoch- bzw. höchstrangig einzustufenden Allgemeinwohlbelangs des Grundwasserschutzes verhältnismäßig. Insoweit wird vollumfänglich auf die obigen Ausführungen zu Art. 14 Abs. 1 GG und Art. 12 Abs. 1 GG verwiesen.
53
b) Ein gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßender Grundrechtseingriff liegt auch nicht darin, dass der Antragsgegner bei der Abgrenzung der mit Nitrat belasteten Gebiete im Randbereich die in der AVV GeA 2022 neu eingeführten Regelung in § 7 Abs. 1 AVV GeA angewandt hat. Danach ist die Gesamtfläche einer landwirtschaftlichen Referenzparzelle nach § 3 der Verordnung über die Durchführung von Stützungsregelungen und des Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems vom 24. Februar 2015 (BGBl I 2015, 166 – InVeKoSV) zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 6 des Gesetzes vom 4. Dezember 2023 (BGBl I 2023, 344), welche in Bayern das Feldstück ist (vgl. § 8 Abs. 1 der Verordnung zur Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik vom 2. Juni 2005, GVBl 2005, 184 – BayGAPV), zuletzt geändert durch § 1 der Verordnung v. 21.12.2022 (BayMBl. Nr. 762), dem belasteten Gebiet zuzurechnen, sofern ein Anteil von mindestens 20 Prozent dieser landwirtschaftlichen Referenzparzelle in einem belasteten Gebiet liegt.
54
aa) Da sich diese 20%-Regelung letztlich aus der AVV GeA ergibt, ist zur Anwendung der AVV GeA im Rahmen dieses Normenkontrollverfahrens zunächst Folgendes festzuhalten:
55
(1.) Als Verwaltungsvorschrift kommt der AVV GeA grundsätzlich keine Außenwirkung gegenüber den Antragstellern zu. Im Beschluss vom 31. Januar 2022 (13a NE 21.2474 – ZUR 2022, 365 – RdL 2022, 296 – DVBl 2022, 914 – juris Rn. 52 ff.) wurde hierzu bereits ausgeführt, dass es sich um eine allgemeine Verwaltungsvorschrift handelt, die von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats (BR-Drs. 455/20 bzw. BR-Drs. 275/22 Beschluss) auf der Grundlage des Art. 84 Abs. 2 GG erlassen wurde. Diese Ermächtigung ist ein Instrument zur Sicherstellung einer einheitlichen Ausführung der Bundesgesetze. Die dort genannten Verwaltungsvorschriften sind an die Binnenorganisation, also an die Verwaltung, gerichtet und setzen ihr in ihrem Binnenbereich verbindliche Vorgaben (BVerfG, B.v. 2.3.1999 – 2 BvF 1/94 – BVerfGE 100, 249 – juris Rn. 38). Im spezifisch föderalen System wirken die Verwaltungsvorschriften im Sinn des Art. 84 Abs. 2 GG mithin in der Rechtsbeziehung zwischen Bund und Ländern auch nach außen (F. Kirchhof in Dürig/Herzog/Scholz/, a.a.O., Art. 84 Rn. 193 ff.; Dreier, GG, 3. Aufl. 2015, Art. 84 Rn.79 unter Bezugnahme auf BVerfGE 11, 6). Im Bundesstaat beginnt für den Bund das „Außen“ bereits, wenn er auf die teilsouveränen Gliedstaaten, also die Länder als eigenständige Rechtssubjekte, trifft und deren Verhalten bestimmt, denn schon dann verlässt er die staatliche Binnenorganisation des Bundes (s. auch Art. 31 GG). Auf eine Rechtswirkung außerhalb des staatlichen Bereichs sind die Verwaltungsvorschriften aber grundsätzlich nicht gerichtet, sie binden zunächst nur die nachgeordneten Behörden und damit Adressaten innerhalb der Verwaltung und gehören deshalb nicht dem für die Gerichte verbindlichen materiellen Recht an (vgl. BVerwG, U.v. 28.10.1998 – 8 C 16.96 – BVerwGE 107, 338 – juris Rn. 15).
56
Die das Ermessen lenkenden Verwaltungsvorschriften können aber eine mittelbare rechtliche Außenwirkung über die Verwaltungspraxis und den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG erlangen, wenn durch ihre ständige Anwendung eine gleichmäßige Verwaltungspraxis begründet wird, von der die Verwaltung in vergleichbaren Fällen wegen Art. 3 Abs. 1 GG nicht ohne rechtfertigenden sachlichen Grund abweichen darf (sog. Selbstbindung der Verwaltung; vgl. BVerwG, U.v. 28.5.1958 – V C 216.54 – BVerwGE 8, 4 – juris Rn. 40; U.v. 10.12.1969 – VIII C 104.69 – BVerwGE 34, 278 -juris Rn. 12 ff.; U.v. 13.9.1973 – II C 13.73 – BVerwGE 44, 72 – juris Rn. 22; U.v. 19.3.1996 – 1 C 34/93 – BVerwGE 100, 335 – juris Rn. 18; U.v. 8.4.1997 – 3 C 6.95 – BVerwGE 104, 220 – juris Rn. 19). Die AVV GeA stellt allerdings keine derartige ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift dar. Nach § 13a Abs. 1 Satz 1 DüV haben die Landesregierungen zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat oder Phosphat durch Rechtsverordnung auf Grund des § 3 Absatz 4 Satz 1 in Verbindung mit Satz 2 Nummer 3 und mit Absatz 5 des Düngegesetzes die roten und gelben Gebiete auszuweisen, ohne dass ihnen hierbei ein Ermessen zustünde. Entsprechend formuliert auch § 13a Abs. 1 Satz 2 DüV als Zweck der AVV GeA die Vereinheitlichung der Vorgehensweise bei der Ausweisung der roten und gelben Gebiete.
57
Eine weitere Fallgruppe der in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannten Außenwirksamkeit von Verwaltungsvorschriften stellen die insbesondere im Umwelt- und Technikrecht anzutreffenden normkonkretisierenden Verwaltungsvorschriften dar, die auch für die Verwaltungsgerichte verbindlich und wie eine Rechtsnorm anzuwenden sind (BVerwG, U.v. 28.10.1998 – 8 C 16.96 – BVerwGE 107, 338 – NVwZ 1999, 1114 – juris Rn. 16 f.).
58
Eine derartige Normkonkretisierung wird in ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts insbesondere bejaht für die nach § 48 BImSchG von der Bundesregierung nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51 BImSchG) mit Zustimmung des Bundesrats erlassene Erste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft – TA Luft) und die Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm; vgl. etwa BVerwG, B.v. 10.1.1995 – 7 B 112.94 – NVwZ 1995, 994) sowie für bestimmte atomrechtliche Verwaltungsvorschriften (vgl. BVerwG, U.v. 19.12.1985 – 7 C 65.82 – BVerwGE 72, 300 – juris Rn. 44). Diese Verwaltungsvorschriften dienen nämlich der Ausfüllung eines der Verwaltung eingeräumten Beurteilungsspielraums. Mit ihnen wird die Ausübung dieses Beurteilungsspielraums von der Einzelentscheidung im jeweiligen Verwaltungsakt in eine abstrakt generalisierende Regelung vorverlagert, um so die Einheitlichkeit des Verwaltungshandelns sicherzustellen. Das Bundesverwaltungsgericht (U.v. 28.10.1998, a.a.O., juris Rn. 17) hat eine derartige normkonkretisierende Wirkung unter folgenden Voraussetzungen angenommen: 1) Die Vorschrift muss der einheitlichen Auslegung und Anwendung sowie Weiterentwicklung naturwissenschaftlich-technischer Begriffe dienen, 2) die Exekutive hat bei ihrem Erlass höherrangigen Geboten und dem für deren Konkretisierung wesentlichen Erkenntnis- und Erfahrungsstand Rechnung getragen, der auch nicht durch Erkenntnisfortschritte in Wissenschaft und Technik überholt ist und 3) dem Erlass geht ein umfangreiches Beteiligungsverfahren voran, dessen Zweck es ist, vorhandene Erfahrungen und den Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis auszuschöpfen. Letzteres hat das Bundesverwaltungsgericht (U.v. 28.10.1998, a.a.O., juris Rn. 17) für die Allgemeine Rahmen-Verwaltungsvorschrift über Mindestanforderungen an das Einleiten von Abwasser in Gewässer vom 8. September 1989 bejaht, weil sie von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats erlassen, im Gemeinsamen Ministerialblatt veröffentlicht wurde und ein umfangreiches Beteiligungsverfahren stattgefunden hatte, das von der Bundesregierung mit den Bundesländern abgestimmt gewesen sei. Einzelheiten seien in Gesprächskreisen bzw. Arbeitsgruppen erarbeitet worden, an denen mehrheitlich Behördenvertreter mitwirkten, die vom Bundesumweltministerium in Abstimmung mit den für Wasserwirtschaft und Wasserrecht zuständigen obersten Landesbehörden berufen worden seien, an denen aber auch Sachverständige beteiligt gewesen seien, die auf Vorschlag einschlägiger Fachvereinigungen berufen worden seien. Auch sei eine Anhörung der zu beteiligenden Kreise unter Einbeziehung insbesondere von Umweltverbänden erfolgt. Unter dieser Prämisse hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass „das Verfahren zum Erlass der Rahmen-Abwasserverwaltungsvorschrift (noch)“ den Anforderungen einer normkonkretisierenden und damit außenrechtswirksamen Verwaltungsvorschrift genügt (U.v. 28.10.1998, a.a.O., juris Rn. 17).
59
(2.) Gemessen hieran kann vorliegend für die AVV GeA eine derartige normkonkretisierende Wirkung nicht angenommen werden. Nach der vom Senat eingeholten Auskunft des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom 28. Juli 2023 war Grundlage für das Aufstellungsverfahren der AVV GeA 2020 der Vorschlag einer übergeordneten Bund-Länder-Projektgruppe (Leitung: Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft und Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz) und von Facharbeitsgruppen (Leitung: Bund/Länder Arbeitsgemeinschaft Wasser – LAWA), die sich aus Vertretern der Länder und dem Umweltbundesamt (UBA) zusammensetzten. Daneben gab es für die Länder, die nicht in den Facharbeitsgruppen vertreten waren, einen Beirat. Externe Sachverständige wurden nicht in die Erarbeitung der AVV GeA 2020 einbezogen. Im weiteren Verfahren wurden dann betroffene Verbände nach § 47 Abs. 3 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien (GGO) beteiligt. Zur Überarbeitung der AVV GeA 2020 wurde im November 2021 eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe (BLAG) „Binnendifferenzierung“ einberufen, die ausschließlich aus Behördenvertretern des Bundes und der Bundesländer bestand. Externe Sachverständige wurden auch hier nicht in die Beratungen einbezogen. Aus der vorgelegten Auflistung lässt sich entnehmen, dass bei der Erarbeitung des Vorschlags nur Behördenvertreter beteiligt waren. Im Rahmen der Länder- und Verbändeanhörung wird die Person angegeben, die die Stellungnahme des jeweiligen Verbands eingereicht hat, bezeichnet als „externe Sachverständige“.
60
Damit sind vorliegend die Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts an eine normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift nicht erfüllt. Zwar wurde die Vorschrift von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats erlassen, es fehlt aber – und das ist unverzichtbar, um die vorhandenen Erfahrungen und den Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis auszuschöpfen – an einem umfangreichen Beteiligungsverfahren. Einzelheiten wurden auch hier in Gesprächskreisen bzw. Arbeitsgruppen erarbeitet, an denen mehrheitlich Behördenvertreter mitwirkten. Allerdings waren bei der Erstellung der AVV GeA im Gegensatz zur Fallkonstellation des Bundesverwaltungsgerichts keine (externen) Sachverständigen beteiligt. Stattgefunden hat nur eine Anhörung der zu beteiligenden Kreise nach § 47 Abs. 3 GGO. Auch wenn die in der Auflistung bei der Verbändeanhörung genannten Personen als „externe Sachverständige“ bezeichnet werden, mag dies nichts daran zu ändern, dass zusätzlich über die übliche Verbändeanhörung hinaus kein tatsächlich externer Sachverstand eingeholt und insbesondere nicht bei der Erarbeitung des Entwurfs beteiligt wurde. Das bestätigt auch das BMEL selbst, indem es angibt, externe Sachverständige seien in die Erstellung der AVV GeA nicht einbezogen worden. Selbst das Bundesverwaltungsgericht hat das Verfahren zur Aufstellung der Rahmen-Abwasserverwaltungsvorschrift trotz dortiger Beteiligung externer Sachverständiger neben der Verbändeanhörung gerade „noch“ als ausreichend erachtet (BVerwG a.a.O. Rn. 17). Unter dieser Prämisse kann hier nicht von einer normkonkretisierenden Verwaltungsvorschrift ausgegangen werden, wenn eine Beteiligung externer Sachverständiger bei der Erstellung vollkommen fehlt.
61
Soweit sich die Antragsteller darauf berufen, das Umweltbundesamt (UBA) sei als „selbständige Bundesoberbehörde“ an der Erarbeitung beteiligt gewesen und dieses handle aufgrund seiner rechtlichen Stellung – wie ein privater Sachverständiger – als von den Bundesministerien und Landesbehörden unabhängige Einrichtung, weshalb es fernliegend sein solle, das UBA habe bei der Erarbeitung der AVV GeA „verwaltungsintern“ gearbeitet, vermag dies das vorstehende Ergebnis nicht in Frage zu stellen. Die Antragsteller machen geltend, das Gesetz über die Errichtung eines Bundesumweltamtes (vom 22.7.1974, BGBl. I S. 1505, zuletzt geändert durch Art. 17 des Gesetzes vom 24.6.2022, BGBl. I S. 959 – UBAG) enthalte keine Regelung, aus der sich ergebe, dass das UBA bei der Erarbeitung der AVV GeA für das Bundesumweltministerium behördenintern oder als beauftragte Behörde tätig gewesen sei. Das UBAG zeige deutlich, dass das UBA seine Aufgaben grundsätzlich unabhängig vom Bundesumweltministerium erledige (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UBAG), eine Tätigkeit als Behörde komme nur nach § 2 Abs. 4 UBAG in Betracht. Mit dieser im Kern auf den Wortlaut in § 1 Abs. 1 UBAG „selbständige Bundesoberbehörde“ abstellenden Argumentation übersehen die Antragsteller aber, dass dies lediglich die wörtliche Übernahme dieses Begriffs aus der staatsorganisationsrechtlichen Bestimmung des Art. 87 Abs. 3 Satz 1 Var. 1 GG ist, wonach für Angelegenheiten, für die dem Bund die Gesetzgebung zusteht, selbständige Bundesoberbehörden durch Bundesgesetz errichtet werden können. Dies sind einem Bundesministerium nachgeordnete und damit weisungsunterworfene Stellen der unmittelbaren Bundesverwaltung ohne eigenen Unterbau, die im ganzen Bundesgebiet zuständig sind (vgl. Ibler in Dürig/Herzog/Scholz, GG, Stand 102. EL August 2023, Art. 87 Rn. 249, 251 m.w.N.). Der Begriff der „Selbständigkeit“ kennzeichnet die organisatorische Selbständigkeit, das organisatorische Erscheinungsbild im Unterschied zur sonstigen oder schlichten Bundesoberbehörde, und verlangt eine organisatorische Ausgliederung aus einem Bundesministerium und die Wahrnehmung eigener Aufgaben im Unterschied zur bloßen Wahrnehmung von Auftragsangelegenheiten für das Ministerium, dem sie nachgeordnet ist (vgl. Ibler in Dürig/Herzog/Scholz, a.a.O., Art. 87 Rn. 253 m.w.N.). Umstritten ist, ob der Begriff der „Selbstständigkeit“ über die bloße organisatorische Selbständigkeit hinaus auch eine inhaltliche Selbstständigkeit im Sinne einer Weisungsfreiheit oder Unabhängigkeit gegenüber dem übergeordneten Bundesministerium voraussetzt (vgl. Ibler in Dürig/Herzog/Scholz, a.a.O. Art. 87 Rn. 254 m.w.N. zu beiden Ansichten). Aus Sicht des Senats ist kein durchgreifender Grund dafür ersichtlich, warum „selbständige Bundesoberbehörden“ als dem jeweiligen Fachressort nachgeordnete Bundesbehörden inhaltlich von der sich aus dem Hierarchieprinzip und der Ressortverantwortung ergebenden Fachaufsicht in gewissen Umfang freigestellt sein müssten, um sie errichten zu dürfen. Damit ist die Selbständigkeit ausschließlich bezogen auf die organisatorische und funktionelle Abhebung der Bundesoberbehörden von den vorgeordneten obersten Bundesbehörden einerseits und von bundeseigenen Mittel- und Unterbehörden andererseits zu verstehen und soll damit nicht zum Ausdruck gebracht werden, sie stünden notwendig oder auch nur regelmäßig außerhalb des Hierarchiegefüges (vgl. Lerche in Maunz/Dürig, GG, 53. Aufl. 2009, Art. 87 Rn. 184). Eine Weisungsfreiheit einer Bundesoberbehörde mag im Einzelfall aufgrund der Besonderheiten der jeweiligen Materie zu rechtfertigen und im jeweiligen Fachgesetz zu normieren sein, stellt aber keine Regelvoraussetzung für die Einrichtung einer „selbständigen Bundesoberbehörde“ nach Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG dar (vgl. Ibler in Dürig/Herzog/Scholz, a.a.O. Art. 87 Rn. 254 m.w.N.). Letztendlich kann diese Frage vorliegend dahingestellt bleiben, da sich dem UBAG keine Anhaltspunkte dafür entnehmen lassen, dass das UBA bei Wahrnehmung seiner Aufgaben nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UBAG „wissenschaftliche Unterstützung des Bundesministeriums … bei der Erarbeitung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften …“ von der aufgrund des Hierarchieverhältnisses bestehenden Fachaufsicht freigestellt sein sollte. Vor diesem Hintergrund kann die Beteiligung des UBA bei der Erarbeitung der AVV GeA, die umfassend der Fachaufsicht des vorgesetzten Ministeriums unterliegt, nicht der Mitwirkung eines unabhängigen Sachverständigen gleichgesetzt werden.
62
(3.) Ungeachtet dessen erfüllt die AVV GeA auch inhaltlich nicht die Voraussetzungen einer normkonkretisierenden Verwaltungsvorschrift. Denn die AVV GeA dient nicht der Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe. Dies gilt auch für den in § 13a Abs. 1 Satz 1 DÜV enthaltenen Begriff „Gebiet“ (so auch OVG LSA, U.v. 26.10.2023 – 2 K 9/22 – juris Rn. 133; a.A. VGH BW, U.v. 9.2.2023 – 13 S 3646/21 – juris Rn. 38 ff.). Die Ermächtigungsgrundlage in § 13a Abs. 1 Satz 1 DüV knüpft selbst an die in der Grundwasserverordnung (GrwV) festgelegten Nitratgrenzwerte von 50 mg/l bzw. von 37,5 mg/l und steigendem Trend von Nitrat an. Deren Festlegung erfolgt damit gerade nicht erst in der AVV GeA. Diese vereinheitlicht entsprechend der Zielsetzung des § 13a Abs. 1 Satz 2 DüV nur die Methodik für die Ermittlung und Abgrenzung der fraglichen Gebiete. Insoweit schließt sich der Senat der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt an (U.v. 26.10.2023 – 2 K 9/22 – juris Rn. 132 ff.).
63
(4.) Die Gerichte sind somit bei ihrer Kontrolltätigkeit gegenüber der Verwaltung an die AVV GeA grundsätzlich nicht gebunden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dürfen sie ihren Entscheidungen nur materielles Recht, zu dem Verwaltungsvorschriften nicht gehören, zugrunde legen (BVerwG, U.v. 26.6.2002 – 8 C 30.01 – NVwZ 2003, 211 juris Rn. 23). Allerdings sind sie befugt, sich einer Gesetzesauslegung, die in einer Verwaltungsvorschrift vertreten wird, aus eigener Überzeugung anzuschließen. Das bedarf jeweils einer Betrachtung im Einzelfall.
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Dem steht auch nicht entgegen, dass es sich bei dem Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO um ein objektivrechtliches Verfahren handelt, in dem vom Normenkontrollgericht nach Bejahung der Zulässigkeit, insbesondere des Vorliegens der Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO, umfassend die inhaltliche Übereinstimmung der Norm mit höherrangigen Recht zu prüfen ist (vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 47 Rn. 85, 87). Entgegen dem Vorbringen der Antragsteller kann hieraus nicht geschlossen werden, dass die AVV GeA in jedem Fall als höherrangiges Recht als Prüfungsmaßstab heranzuziehen wäre. Die Funktion als objektives Prüfungsverfahren bedeutet nur, dass es im Rahmen der Prüfung der Begründetheit auf eine Verletzung subjektiver Rechte des Antragstellers nicht ankommt, weil die für Anfechtungsklagen geltende Bestimmung des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Normenkontrollverfahren keine Anwendung findet (BVerwG, B.v. 4.6.1991 – 4 NB 35.89 – BVerwGE 88, 268 – juris Rn. 27). Daraus lässt sich aber nichts dafür herleiten, ob der AVV GeA als Verwaltungsvorschrift ausnahmsweise die erforderliche Außenwirkung zukommt, um als höherrangiges materielles Recht als Prüfungsmaßstab im Normenkontrollverfahren herangezogen zu werden.
65
Ebenso vermag die von den Antragstellern erfolgte Berufung auf das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 15. November 2010 (19 BV 10.8712 – juris Rn. 21 ff.) zum Beleg dafür, dass die Außenwirkung einer Verwaltungsvorschrift keine Voraussetzung für eine Bindung des Gerichts an sie sei, am vorstehenden Ergebnis nichts zu ändern. In der auszugsweise wörtlich angeführten Entscheidung heißt es ausdrücklich „Derartige Verwaltungsvorschriften sind aufgrund der in ihnen getroffenen generell abstrakten Regelungen Rechtsnormen im materiellen Sinne, die in ihren Wirkungen keineswegs mehr auf den Innenbereich beschränkt bleiben, sondern in vitaler Weise auf den Rechtskreis des Bürgers einwirken (vgl. Ossenbühl, a.a.O., § 65 RdNr. 32) und damit unmittelbare (selbständige) – nicht erst über Art. 3 Abs. 1 GG vermittelte – Außenwirkung erlangen.“ Insoweit wird in diesem Urteil der Verwaltungsvorschrift eine unmittelbare Außenwirkung ausdrücklich zuerkannt, so dass es von vornherein die These, die Außenwirkung sei keine Voraussetzung für die Bindungswirkung, nicht zu stützen vermag. Die Entscheidung leitet diese Außenwirkung allerdings nicht wie in den von der obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannten Fallgruppen über den Gleichheitssatz oder den Beurteilungsspielraum her, sondern aus einer der Exekutive in ihrem Funktionsbereich zustehenden originären Rechtsetzungskompetenz (vgl. Maurer/Waldhoff; AllgVerwR, 20. Aufl. 2020, § 24 Rn. 37 ff.). Allerdings wurde das Urteil vom 15. November 2010 durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. November 2011 (1 C 21.10 – BVerwGE 141, 151 – juris Rn. 16) abgeändert und ausdrücklich zur Auffassung, wonach die Anordnung im Rahmen ihrer die Ermächtigungsgrundlage konkretisierenden Funktion unmittelbar rechtliche Außenwirkung entfalte und daher wie ein Gesetz aus sich heraus auszulegen und anzuwenden sei und den Begünstigten einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch gewähre, ausgeführt, dies überzeuge nicht. Insoweit besteht auch aus Sicht des Senats kein Bedürfnis für die Anerkennung einer der Exekutive originär zustehenden Rechtsetzungskompetenz, da im gewaltengeteilten Rechtsstaat die Kompetenz zur Rechtsetzung originär der Legislative zusteht und mit Art. 80 Abs. 1 Satz 1 GG eine hinreichende Möglichkeit besteht, die Exekutive zur außenrechtswirksamen Rechtsetzung zu ermächtigen.
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bb) Da der Antragsgegner die 20%-Regelung des § 7 Abs. 1 AVV GeA vorliegend angewandt hat, stellt sich die Frage, ob damit die Verhältnismäßigkeit gewahrt ist. Das ist noch zu bejahen, auch wenn Feldstücke, die nur zu einem Anteil von 20% in den belasteten Gebieten liegen, mit ihrer Gesamtfläche in die Gebietskulisse einbezogen werden.
67
Zur Rüge hinsichtlich der angewandten 50%-Grenze bei der ersten Ausweisung im Jahr 2020 wurde im Beschluss des Senats vom 31. Januar 2022 (13a NE 21.2474 – ZUR 2022, 365 – RdL 2022, 296 – DVBl 2022, 914 – juris Rn. 55) ausgeführt, dass die gewählte Methode im Interesse eines effektiven Gewässerschutzes einerseits und einer nachvollziehbaren Abgrenzung der Feldstücke und des Gebiets andererseits sachgerecht und plausibel erscheint. Trägt ein Feldstück und die in ihm zusammengefassten Grundstücke zu über 50% zu einer Gewässergefährdung bei, ist es nachvollziehbar, dass das gesamte Feldstück den Beschränkungen unterworfen wird. Eine Grenzziehung mitten durch Feldstücke käme zwar dem Gedanken der Verursacherhaftung am nächsten, wäre aber äußerst schwierig zu überwachen und zu vollziehen. Eine Herausnahme aller nur teilweise betroffenen Feldstücke würde die Umsetzung des auch gemeinschaftsrechtlich verbindlich vorgegebenen Gewässerschutzes erheblich beeinträchtigen, zumal bereits sämtliche Feldstücke mit einem Verursachungsanteil unter 50% nicht ausgewiesen wurden, obwohl sie teilweise zur Gewässergefährdung beitragen. Im Ergebnis hat der Senat die 50%-Grenze als verhältnismäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung und Berufsausübungsregelung eingestuft, zumal die mit diesem Vorgehen verbundene Typisierung und Pauschalierung unter dem Gesichtspunkt der Praktikabilität und der Vollziehbarkeit der landesweit vorzunehmenden Ausweisungen roter und gelber Gebiete gerechtfertigt erscheint.
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Diese Erwägungen können auf die vorliegende Ausweisung übertragen werden, auch wenn ihr die 20%-Klausel gemäß den Anforderungen der AVV GeA 2022 zugrunde liegt. Eine unverhältnismäßige Belastung der betroffenen Landwirte kann darin nicht gesehen werden, insbesondere ist das Übermaßverbot gewahrt. Im Einzelnen:
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(1.) Im Hinblick auf die Erforderlichkeit des Eingriffs begegnet die Ausweisung mit den damit bewirkten Beschränkungen keinen Bedenken. Angesichts des überirdisch nicht erkennbaren Grundwasserverlaufs ergeben sich bei der Feststellung, mit welchem Anteil ein einzelnes Grundstück heranzuziehen ist, praktische Schwierigkeiten. Für Wasserschutzgebiete, bei denen insoweit vergleichbare Schwierigkeiten bestehen, weist das Bundesverwaltungsgericht (U.v. 2.8.2012 – 7 CN 1.11 – NVwZ 2013, 227 – juris Rn. 22) darauf hin, dass die Ermittlung der Grenze des Wassereinzugsgebiets aus der Natur der Sache bei Wahrung eines angemessenen Verwaltungsaufwands mit fachlichen Unsicherheiten behaftet sei, weil sich unterirdische Grenzlinien nicht ohne Weiteres auf der Erdoberfläche abbildeten. Die Behörde dürfe sich folglich mit wissenschaftlich abgesicherten, in sich schlüssigen Schätzungen begnügen. Insoweit sei ein „administrativer Vereinfachungsspielraum“ anzuerkennen, der rechtlich nur beschränkt überprüfbar sei, nämlich auf die Wahl nachvollziehbarer Maßstäbe.
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Bereits die für die Ausweisung ermittelte „unterirdische“ Grenze der Nitratbelastung des Grundwassers, die in der Gebietskulisse auf der Erdoberfläche abzubilden ist, beruht nicht etwa auf kleinteiligen empirischen Erhebungen vor Ort und damit nicht auf einer naturwissenschaftlichen Ermittlung. Sie ist vielmehr Ergebnis einer durch die AVV GeA vorgegebenen mathematischen Modellierung insbesondere im Rahmen der immissionsbasierten Abgrenzung (§ 5 AVV GeA), vorliegend nach dem Voronoi-Verfahren, mit den an den Messstellen des Ausweisungsmessnetzes und den Zusatzmessstellen vorgefundenen Messwerten als Ausgangspunkt. Der Antragsgegner hat in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar dargelegt, es könne nur eine Berechnung nach mathematischen Formeln stattfinden, weil sich der Grundwasserkörper unter der Erde befinde. Eine solche Vereinfachung der Ermittlung der unterirdischen Grenzen der mit Nitrat belasteten Gebiete ist mit Blick auf die Handhabbarkeit der Gebietsabgrenzung mit vertretbarem Verwaltungsaufwand auch unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten nicht zu beanstanden. Umgekehrt könnte ein Verzicht auf derartige mathematische Modelle mit Blick auf den gebotenen Schutz des Grundwassers die vollständige Einbeziehung eines Grundwasserkörpers in die Gebietskulisse erforderlich machen, wenn die genauen Grenzen einer durch entsprechende Werte an einer Messstelle nachgewiesenen Belastung nicht ermittelt werden können. Das schließt zum einen denklogisch eine exakte Grenzziehung vor Ort aus, zum anderen lässt sich nicht sicher ausschließen, dass Feldstücke an der Grenze tatsächlich keinen Beitrag leisten. Ist demnach bereits die „unterirdisch“ ermittelte Grenze Ergebnis einer zulässigen mathematischen Modellierung, bestehen bei deren Übertragung an die Geländeoberfläche keine Bedenken, im Sinne des Vorsorgeprinzips unter Nutzung eines administrativen Vereinfachungsspielraums in die Gebietskulisse alle Feldstücke einzubeziehen, die mit einem Anteil von 20% in dem ermittelten mit Nitrat belasteten Gebiet liegen. Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass von diesen Feldstücken Einwirkungen auf das zu schützende, aber bereits belastete Grundwasser ausgehen können. Wenn auf einer Fläche von 20% nach wissenschaftlich abgesicherten Gesichtspunkten eine Belastung ermittelt wurde, ist die Annahme nachvollziehbar, dass sich die tatsächliche Belastung über die rechnerische Abgrenzung hinaus noch fortsetzen kann. Durch das mathematische Abgrenzungsverfahren ist eine gewisse Unschärfe systemimmanent.
71
(2.) Ebenfalls in diese Richtung geht das Argument des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt (U.v. 26.10.2023 – 2 K 9/22 – juris Rn. 157), bei einer großräumigen Betrachtungsweise trage letztlich jede Düngebeschränkung zu einer Verbesserung der Nitratbelastung des Grundwassers bei. Die Ermittlung der landwirtschaftlichen Einzelverursachungen könne dabei nur in einer Genauigkeit verlangt werden, die mit einem noch vertretbaren Verwaltungsaufwand erreicht werden könne. Eine feldblockgenaue Emissionsermittlung, wie sie die AVV GeA 2020 vorgesehen habe, sei so aufwendig und gleichzeitig mit so viel Unwägbarkeiten behaftet, dass ihr Nutzen nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der damit erzielbaren Verursachungsgenauigkeit stehe. Auch das Bundesverwaltungsgericht geht in seiner Rechtsprechung zur Abgrenzung von Wasserschutzgebieten (U.v. 2.8.2012 – 7 CN 1.11 – juris Rn. 21) davon aus, dass die mit der Ausweisung einhergehende Beschränkung der Eigentümerbefugnisse im Wege der Inhalts- und Schrankenbestimmung (nur) zulässig ist, wenn von dem betroffenen Grundstück Einwirkungen auf das zu schützende Grundwasser ausgehen „können“. Das ist auch bei dem verbleibenden 80%-Anteil nicht mit Sicherheit auszuschließen.
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(3.) Für die Verhältnismäßigkeit der unter Anwendung von § 7 Abs. 1 Satz 2 AVV GeA vorgenommene Gebietsausweisung streiten ferner die Grundentscheidung der Nitratrichtlinie, dem Grundwasserschutz als Allgemeingut den Vorrang vor den Individualinteressen der einzelnen Landwirte einzuräumen, und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs hierzu.
73
In Art. 5 Abs. 4 Nitratrichtlinie wird für die auszuweisenden gefährdeten Gebiete eine (generelle) Düngebeschränkung statuiert, die in Deutschland mit dem Düngegesetz und der Düngeverordnung umgesetzt wurde. In den Erwägungsgründen der Nitratrichtlinie wird ausgeführt, dass der Nitratgehalt der Gewässer in bestimmten Gebieten der Mitgliedstaaten zu hoch sei. Ausgehend hiervon wird festgestellt, dass die Verwendung von stickstoffhaltigen Düngemitteln und Dung für die Landwirtschaft zwar erforderlich sei, die übermäßige Verwendung von Düngemitteln aber eine Gefahr für die Umwelt darstelle. Deshalb müssten gemeinsame Maßnahmen zur Bewältigung der Probleme aufgrund der intensiven Viehwirtschaft ergriffen werden. Dabei wird davon ausgegangen, dass die Verschmutzung der Gewässer aus diffusen Quellen hauptsächlich durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen verursacht werde. Zum Schutz der menschlichen Gesundheit und der lebenden Ressourcen und Ökosysteme der Gewässer sowie zur Sicherung sonstiger rechtmäßiger Nutzungen der Gewässer sei es notwendig, die durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen verursachte oder ausgelöste Gewässerverunreinigung zu reduzieren und einer weiteren Verunreinigung vorzubeugen. Deshalb müssten die Mitgliedstaaten die gefährdeten Gebiete ausweisen und Maßnahmen ergreifen, mit denen das Ausbringen jeglicher Art von stickstoffhaltigen Düngemitteln auf landwirtschaftliche Flächen begrenzt werde. Ausgangspunkt nach der Nitratrichtlinie sind die Gewässer, die von Verunreinigung betroffen sind (Art. 3 Abs. 1). Hierfür müssen die Mitgliedstaaten nach Art. 3 Abs. 2 Nitratrichtlinie alle in ihrem Gebiet bekannten Flächen, die in solche Gewässer entwässern und die zur Verunreinigung beitragen, als gefährdete Gebiete ausweisen. Dementsprechend bestimmt § 13a Abs. 1 DüV, dass die Landesregierungen zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat oder Phosphat durch Rechtsverordnung auf Grund von § 3 Abs. 4 Satz 1 in Verbindung mit Satz 2 Nummer 3 und mit Abs. 5 DüngG die Gebiete auszuweisen haben. Für den Fall der Nichtausweisung sind in § 13a Abs. 4 und 5 DüV Sonderregelungen vorgesehen.
74
Hieraus ergibt sich zunächst, dass der Schutz des Grundwassers oberstes Ziel ist, und dass wegen dessen Verunreinigung zwingend Maßnahmen zu ergreifen sind, mit denen das Ausbringen jeglicher Art von stickstoffhaltigen Düngemitteln auf landwirtschaftliche Flächen begrenzt wird. Zum anderen wird zugrunde gelegt, dass die landwirtschaftlichen Quellen für die Gewässerverunreinigung die Hauptursache bilden, ohne dass hinsichtlich der konkreten Beteiligung einzelner Grundstücke differenziert würde. Der Nitratrichtlinie lässt sich die Notwendigkeit einer Aufteilung von Flächen nicht entnehmen. Vielmehr verlangt Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie, dass alle Flächen auszuweisen sind, die zur Verunreinigung beitragen. Diese Formulierung entspricht derjenigen etwa der englischsprachigen („contribute to“) und der französischsprachigen Fassung („contribuent à“) und knüpft daran an, dass von der fraglichen Fläche überhaupt Stickstoffverbindungen aus landwirtschaftlichen Quellen in das verunreinigte oder gefährdete Gewässer gelangen (vgl. Art. 2 Buchst. j Nitratrichtlinie) können, ohne dass weitere Anforderungen hinsichtlich des Verursachungsbeitrags gestellt würden. Die Richtlinie stünde somit auch einer Einbeziehung aller Flächen, für die überhaupt ein Beitrag zur Verunreinigung belasteter Gewässer festgestellt wurde, nicht entgegen.
75
Das wird bestätigt durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, U.v. 29.4.1999 – C-293/97 – ZUR 1999, 319 – juris Rn. 30 ff.). Danach sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, „Gewässer, die von Verunreinigung betroffen sind“, zu bestimmen und dementsprechend alle bekannten Flächen, die in solche Gewässer entwässern und zur Verunreinigung beitragen, als „gefährdete Gebiete“ auszuweisen. Voraussetzung hierfür sei (lediglich), dass diese Gewässer eine höhere Nitratkonzentration als 50 mg/l enthielten und der betroffene Mitgliedstaat der Auffassung sei, dass die Zuführung von Stickstoffverbindungen aus landwirtschaftlichen Quellen einen „erheblichen Beitrag“ zu dieser insgesamt bestehenden Nitratkonzentration darstelle (Rn. 40). Explizit wird darauf hingewiesen, dass die Mitgliedstaaten, denen ein weiter Ermessenspielraum zukomme, nicht zur genauen Bestimmung des Anteils der Nitrate aus landwirtschaftlichen Quellen an der Verunreinigung der Gewässer verpflichtet seien und eine solche Verunreinigung nicht ausschließlich durch die Landwirtschaft verursacht sein müsse (Rn. 30 f.). In diesem Zusammenhang führt der Europäische Gerichtshof im Gegenteil aus, dass eine Beschränkung auf Fälle, in denen landwirtschaftliche Quellen eine Nitratkonzentration von mehr als 50 mg/l verursachten, mit der Richtlinie unvereinbar wäre und gegen ihren Sinn und Zweck verstoßen würde. Eine grenzscharfe Ermittlung des konkreten Einzelverursachers wird auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht gefordert. Vielmehr führt er aus, die Nitratrichtlinie diene dazu, den Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen sicherzustellen. Deshalb komme den Mitgliedstaaten – wie bereits erwähnt – für die Bestimmung der Gebiete angesichts der Komplexität der Prüfungen, die sie in diesem Zusammenhang vorzunehmen hätten, ein großer Ermessensspielraum zu (EuGH, U.v. 29.4.1999 a.a.O. Rn. 37 ff.).
76
Zusammenfassend ergibt sich hieraus, dass nicht nach „Verursachungsanteilen“ differenziert wird, sondern vielmehr alle Flächen auszuweisen sind, die in verunreinigte Gewässer entwässern, selbst wenn sie im konkreten Einzelfall nur zu einem Anteil von 20% entwässern sollten. Die Notwendigkeit einer Aufteilung lässt sich der Nitratrichtlinie und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht entnehmen, insbesondere auch mit Blick darauf, dass die Landwirtschaft als Hauptursache angesehen wird.
77
(4.) Darüber hinaus ergibt sich aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 3. Oktober 2019 (C-197/18 – NVwZ 2019, 1587 juris Rn. 51), dass auch ein 20%-Anteil als „erheblich“ angesehen werden kann. Der Antragsgegner zieht aus dieser Rechtsprechung den Schluss (vgl. den aus dem Parallelverfahren eingeführten Schriftsatz vom 26.10.2023), dass schon bei Vorliegen des 20%-Anteils ein erheblicher Verursachungsbeitrag aus der Bewirtschaftung dieser Parzelle für die Gewässerbelastungen angenommen werden könne. Die Annahme des Europäischen Gerichtshofs, dass ein Beitrag erheblich sei, wenn die Landwirtschaft beispielsweise für 17% des Gesamtstickstoffs verantwortlich sei, könne sinngemäß auf die hier in Rede stehende Konstellation übertragen werden. Der Europäische Gerichtshof hat sich dabei auf das Urteil vom 22. September 2005 (C-221/03 – juris Rn. 86) bezogen. Dieses Verfahren betraf Maßnahmen für gefährdete „Gewässer“-Gebiete (Wassergewinnungszonen, Schutzgebiete, subhydrographische Becken für die Trinkwassergewinnung und Gebiete mit nitratempfindlichen Böden). Hierzu wurde entschieden, dass Beiträge in Höhe von 19% bzw. 17% in einem Becken zwar geringfügig seien, jedoch keineswegs unbedeutend. Diese Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Erheblichkeit von landwirtschaftlichen Verursachungsbeiträgen streitet zusätzlich dafür, dass auch im Rahmen der Ausweisung von mit Nitrat belasteten und eutrophierten Gebieten ein 20%-Anteil erheblich ist und in der Folge die Einbeziehung von Feldstücken, die mindestens mit 20% in einem belasteten Gebiet liegen, nicht unverhältnismäßig sein kann.
78
(5.) Ferner wird in § 13a Abs. 4 und 5 DüV bestimmt, dass im Falle einer fehlenden Ausweisung nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 bzw. Nr. 4 DüV die gesamte landwirtschaftliche Nutzfläche im Gebiet des jeweiligen Grundwasserkörpers heranzuziehen ist bzw. die Oberflächenwasserkörper im gesamten Landesgebiet. Auch aus diesen Vorgaben wird deutlich, dass dem Schutz des Grundwassers die absolute Priorität eingeräumt wird. Demgegenüber müssen die privaten Interessen hintanstehen, sobald es denkbar erscheint, dass ein Grundstück zur Verunreinigung beiträgt. Das ist schon dann der Fall, wenn auf einem Feldstück, seien es 20% oder 50% der Fläche, eine Betroffenheit ermittelt wurde.
79
(6.) Weiter kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass – wie der Antragsgegner im Rahmen des ins Verfahren eingeführten Schriftsatzes vom 26. Oktober 2023 erläutert hat – das Ausmaß der von der 20%-Klausel betroffenen Grundstücke sehr gering ist. Nur weniger als 2% der Feldstücke sind zu weniger als 50% ihrer Fläche bayernweit in der Ausgangskulisse. Auch mit Blick auf den einzelnen Landwirt ist festzustellen, dass die zusätzliche Einbeziehung von bis zu 80% eines betroffenen Feldstücks nicht automatisch zu einer Vervielfachung der ausgewiesenen mit Nitrat belasteten Fläche führt. Die reale Zusatzbelastung durch die Einbeziehung aller Feldstücke, die zu mindestens 20% im belasteten Gebiet liegen, ergibt sich nämlich nicht allein aus diesen Feldstücken im Randbereich, sondern spiegelt sich erst im Verhältnis zur Fläche aller belasteten Feldstücke des jeweiligen Betroffenen wider.
80
(7.) Die zur Grenzziehung bei Wasserschutzgebieten entwickelte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 2.8.2012 – 7 CN 1.11 – NVwZ 2013, 227 juris Rn. 19 ff.) und des 8. Senats des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (U.v. 5.10.2021 – 8 N 17.1354 u.a. – juris Rn. 44 f. und Rn. 73 ff.) kann über die hier genannten Grundsätze hinaus nicht vollständig auf die Ausweisung von mit Nitrat belasteten und eutrophierten Gebieten übertragen werden. Die Situation ist nicht in allen Gesichtspunkten vergleichbar, insbesondere nicht hinsichtlich des Erfordernisses eines differenzierten Schutzkonzepts. Die Gesichtspunkte der Erforderlichkeit der räumlichen Ausdehnung einerseits und der Eignung der Ausweisung zum Schutz des Grundwassers andrerseits dürfen nicht vermengt werden. Grundlage dieser Rechtsprechung ist die Regelung in § 51 WHG, wonach die Landesregierung Wasserschutzgebiete festsetzen „kann“, soweit es das Wohl der Allgemeinheit erfordert, Gewässer vor nachteiligen Einwirkungen zu schützen. Damit handelt es sich bei der Ausweisung eines Wasserschutzgebiets um eine Ermessensentscheidung, wohingegen die Landesregierungen nach § 13a Abs. 1 DüV zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung Gebiete auszuweisen „haben“. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 2.8.2012, a.a.O.) bezieht sich in der Folge auch auf das der Verwaltung bei der Schutzgebietsausweisung eingeräumte Ermessen. Es wird hervorgehoben (a.a.O., juris Rn. 23), dass die Behörde nicht verpflichtet sei, ein Grundstück in den Geltungsbereich einer Wasserschutzgebietsverordnung einzubeziehen. Vielmehr komme ihr insoweit Ermessen zu, aufgrund dessen sie zu entscheiden habe, wie sie den gebotenen Schutz des Wasservorkommens letztlich gewährleisten wolle. Diese Ermessensentscheidung müsse sich an einem nachvollziehbaren Schutzkonzept messen lassen. Im Gegensatz zur Prüfung der Erforderlichkeit der räumlichen Ausdehnung des Wasserschutzgebiets gehe es dabei nicht um ein „Zuviel“ an Schutz, sondern um ein „Zuwenig“. Denn bei einer fehlerhaft unterbliebenen Einbeziehung eines Grundstücks könne die Eignung des Wasserschutzgebiets für den verfolgten Zweck infrage stehen. Insoweit kommt eine Übertragung dieser Rechtsprechung auf die vorliegende Konstellation nicht in Betracht: Weder steht der Landesregierung hier ein Ermessen zu, im Rahmen dessen ein Schutzkonzept zu erarbeiten wäre, noch stellt sich angesichts der Tatsache, dass § 13a Abs. 1 DüV grundsätzlich alle dort genannten Gebiete als belastet ansieht und den Ländern lediglich die Möglichkeit eingeräumt ist, hiervon unbelastete Gebiete auszunehmen, die Frage, ob eine nötige Einbeziehung von Grundstücken unterblieben wäre und damit zu wenig an Schutz für das Grundwasser gewährleistet wurde.
81
An der Übertragbarkeit fehlt es ferner deshalb, weil die tatsächlichen Grundlagen für die jeweilige Ausweisung völlig unterschiedlich sind. Ein Wasserschutzgebiet beschränkt sich auf eine im Vergleich relativ geringe Fläche, die nicht annähernd vergleichbar ist mit derjenigen bei Grundwasserkörpern. So beträgt etwa die Gesamtfläche (nur) der ausgewiesenen roten Gebiete bayernweit 933.718 ha, davon 545.892 ha landwirtschaftliche Fläche (s. S. 9 Ministerratsvorlage v. 11.11.2022, elektronische Akten unter USB_Stick_Aktenvorlage/Ministerratsverfahren/RV-15.11.2022-TOP_V_a.pdf). Durch die Hinzurechnung von Feldstücken, die mit 20% und mehr in der Kulisse liegen, war die ausgewiesene Gesamtfläche um 16.291 ha vergrößert worden (S.5 Ministerratsvorlage, a.a.O.). Dabei handelt es sich um etwa 2% der gesamten Gebietskulisse Bayerns, so dass die Erweiterung allein unter diesem Blickwinkel als geringfügig einzustufen wäre. In der Entscheidung des 8. Senats des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (U.v. 5.10.2021 – 8 N 17.1354 u.a. – juris Rn. 2) hingegen hat das gesamte Wasserschutzgebiet nur eine Ausdehnung von rund 2.660 ha, die engere Schutzzone umfasst etwa 275 ha. Zudem ist das Verhältnis zwischen der erforderlichen und der tatsächlichen Einbeziehung dort ein ganz anderes: So weist zum Beispiel die engere Schutzzone für zwei Brunnen eine Größe von 334.835 m² auf, obwohl die Fläche innerhalb der 50-Tage-Linie beider Brunnen nur 158.927 m² beträgt, so dass Flächen außerhalb des aus fachlicher Sicht eigentlich erforderlichen Bereichs in einer Größenordnung von 175.000 m² einbezogen wurden (Rn. 77), das heißt mehr als das Doppelte als erforderlich.
82
c) Darüber hinaus genügt die Gebietsausweisung durch die angegriffene AVDüV auch dem Bestimmtheitsgebot.
83
Inwieweit ein Grundstückseigentümer von der Ausweisung betroffen ist, kann dieser anhand der Überblickskarten sowie aus Detailkarten im Maßstab 1:5.000, die Bestandteil der Ausführungsverordnung sind, erkennen (s. § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 AVDüV). Ob die Nutzung seines Grundeigentums beschränkt und der Verkehrswert bzw. der zu erzielende (Pacht-)Ertrag vermindert wird, ist keine Frage der Bestimmtheit der Regelung, sondern betrifft deren Zumutbarkeit. Wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 31. Januar 2022 (13a NE 21.2474 – ZUR 2022, 365 – RdL 2022, 296 – DVBl 2022, 914 – juris Rn. 54) ausgeführt hat, richtet sich die Bewirtschaftungsbeschränkung an den tatsächlichen Bewirtschafter. Die konkrete Zuordnung der mit der Beschränkung belasteten Flächen muss dem betroffenen landwirtschaftlichen Betrieb möglich sein (s. hierzu die amtliche Begründung zu §§ 10 und 16 AW GeA 2020, BR-Drs. 455/20, S. 33 und 36 und zu §§ 7 und 13 AVV GeA 2022, BR-Drs. 275/22, S. 28 und 31). Allein dieser ist Adressat der Regelung. Als Bewirtschafter kennt er auch die in den Detailkarten hinterlegten FID-Nummern seiner Betriebsgrundstücke aus der Beantragung landwirtschaftlicher Beihilfen.
84
In Bayern sind die Feldstücke seit langem die Grundlage für die Abwicklung der Agrarförderung im Rahmen des Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems (vgl. § 8 Abs. 1 BayGAPV; § 3 Nr. 3 InVeKoSV; Art. 20 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates v. 29.9.2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe, ABl. L 270 v. 21.10.2003, S. 1). Deshalb kommt es auch nicht darauf an, dass die Landesregierungen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 InVeKoSV auch das Flurstück als Referenzparzelle bestimmen können. Von dieser Möglichkeit wurde in Bayern nicht Gebrauch gemacht, vielmehr stützt sich das System zur Identifizierung landwirtschaftlicher Parzellen gemäß § 8 Abs. 1 BayGAPV auf das Feldstück. Dementsprechend ist in Bayern auch bei der vorliegenden Ausweisung das Feldstück die landwirtschaftliche Referenzparzelle. Für die Bestimmtheit der Ausweisung betroffener Feldstücke bleibt es damit ohne Bedeutung, ob die Flurstücksgrenzen zu erkennen und die Flurstücksnummern lesbar sind. Diesem Ergebnis steht die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (U.v. 9.2.2023 – 13 S 3646/21 – NuR 2023, 704 – juris Rn. 39) zu einer flurstücksorientierten Ausweisung nicht entgegen, denn die dortige Ausgangslage ist nicht mit der vorliegenden vergleichbar: In der dortigen Verordnung der (baden-württembergischen) Landesregierung zu Anforderungen an die Düngung in bestimmten Gebieten zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigungen (VODüVGebiete) werden als Referenzparzellen Flurstücke herangezogen, wohingegen sich die vorliegende bayerische AVDüV nach obigen Darlegungen auf das Feldstück als landwirtschaftliche Referenzparzelle bezieht. Damit ist es für die Bestimmtheit der AVDüV auch unschädlich, wenn im Einzelfall in den Kartendarstellungen Flurstücksgrenzen nicht zu erkennen wären.
85
4. Die auf Grundlage von § 3 Abs. 4 Satz 1, Satz 2 Nr. 3, Abs. 5 und § 15 Abs. 5 (früher Abs. 6) Satz 1 DüngG i.V.m. § 13a Abs. 1 Satz 1 DüV durch § 1 Abs. 1 i.V.m. Anlage 1 AVDüV vorgenommene konkrete Gebietsausweisung ist hinsichtlich des hier streitgegenständlichen Grundwasserkörpers 2_G048 (U. – M.) nicht zu beanstanden.
86
Für die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Vorgehensweise des Antragsgegners bei der konkreten Gebietsausweisung orientiert sich der Senat grundsätzlich an den Regelungen der AVV GeA. Zwar handelt es sich bei der AVV GeA – wie oben bereits ausgeführt – nicht um eine normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift, so dass für den Verwaltungsgerichtshof entgegen der Ansicht der Antragsteller keine strikte Bindungswirkung besteht. Der Senat ist allerdings befugt, sich einer Gesetzesauslegung, die in einer Verwaltungsvorschrift vertreten wird, aus eigener Überzeugung anzuschließen (BVerwG, U.v. 26.6.2002 – 8 C 30.01 – NVWZ 2003, 211 – juris Rn. 23 m.w.N.). Hiervon ausgehend zieht der Senat die Regelungen der AVV GeA als Orientierungsmaßstab für die Überprüfung der Gebietsausweisung heran. Die in der AVV GeA mit dem Ziel der Vereinheitlichung der Vorgehensweise der Länder bei der Ausweisung der Gebiete (§ 13a Abs. 1 Satz 2 DüV) enthaltenen und mit deren Zustimmung im Bundesrat erlassenen Vorgaben stellen nach Auffassung des Senats eine sachgerechte Grundlage für die Umsetzung der in § 13a Abs. 1 Satz 1 DüV enthaltenen Pflicht der Landesregierungen zur Gebietsausweisung und somit grundsätzlich einen geeigneten Orientierungsmaßstab für die gerichtliche Überprüfung dar. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass die AVV GeA in weiten Teilen letztlich als Zusammenfassung und Ergänzung der allgemein anerkannten Regeln der Technik verstanden werden kann, die der Antragsgegner für eine sachgerechte Ausweisung der belasteten Gebiete ohnehin zu berücksichtigen hätte. Darüber hinaus erfordern die Gebietsausweisung und die damit verbundenen Eingriffe in Grundrechte der Antragsteller einerseits ein geordnetes Verfahren auf der Basis einer möglichst validen Datengrundlage insbesondere in Gestalt aussagekräftiger Messergebnisse. Andererseits gebietet das Interesse der Allgemeinheit am verfassungsrechtlich gebotenen effektiven Grundwasserschutz, dass die unionsrechtlich vorgegebenen Gebietsfestsetzungen nicht an praktisch unerfüllbaren Anforderungen scheitern, sondern mit angemessenem Verwaltungsaufwand in einem vertretbaren Zeitraum auch faktisch durchführbar sind. Letzteres stellt die AVV GeA auf Grundlage des § 13a Abs. 1 Satz 2 DüV durch verschiedene Regelungen sicher, etwa dadurch, dass Ausgangspunkt der Gebietsausweisungen die bereits anderweitig festgesetzten Grundwasserkörper sind (§ 3 Abs. 1 AVV GeA), durch typisierende und pauschalierende Regelungen wie die 20%-Grenze (§ 7 Abs. 1 Satz 2 AVVGeA) oder durch diverse Übergangsregelungen (§ 15 AVV GeA). Derartige Regelungen sind Ausdruck des in § 13a Abs. 1 Satz 2 DüV angelegten „administrativen Vereinfachungsspielraums“ (so letztlich auch die Antragsteller im Schriftsatz vom 9.1.2024, S. 17 f.), der zur Bewältigung der fachlichen Komplexität und der praktischen Schwierigkeiten bei der Gebietsausweisung unabdingbar ist (vgl. zum „administrativen Vereinfachungsspielraum“ bei der Ermittlung der genauen Gebietsgrenze von Wasserschutzgebieten: BVerwG, U.v. 2.8.2012 – 7 CN 1.11 – NVwZ 2013, 227 – juris Rn. 22).
87
Da vorliegend die Rechtmäßigkeit der konkreten Gebietsausweisung hinsichtlich eines bestimmten Grundwasserkörpers gemäß § 1 Abs. 1 i.V.m. Anlage 1 AVDüV inmitten steht, ist auf Folgendes hinzuweisen: Verstöße des Antragsgegners gegen die AVV GeA können nur insoweit relevant werden, als diese Auswirkungen auf die konkrete Gebietsausweisung im jeweiligen Grundwasserkörper gehabt haben können. Bloße „formale Fehler“ wie etwa lückenhafte Stammdaten oder Fehler in anderen Bereichen wie etwa dem Arbeitsschutz haben deshalb von vornherein keine Bedeutung. Andere Verstöße gegen die AVV GeA sind dann unbeachtlich, wenn keine Auswirkungen auf die konkrete Gebietsausweisung feststellbar sind (zur sog. Messwertrelevanz der Abweichungen von allgemein anerkannten Regeln der Technik vgl. DVWG-Information Wasser Nr. 111, Stand Juni 2022, Seite 5 – vorgelegt als Anlage ASt 9).
88
Dass keine Auswirkungen auf die konkrete Gebietsausweisung vorliegen, muss zur Überzeugung des Senats feststehen (vgl. § 108 Abs. 1 VwGO). Hierfür sind allerdings keine unerfüllbaren Beweisanforderungen zu stellen und ist keine unumstößliche Gewissheit zu verlangen. Vielmehr genügt ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der den Zweifeln Einhalt gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (Kraft in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 108 Rn. 16 m.w.N.).
89
Daran gemessen ist die Gebietsausweisung im streitgegenständlichen Grundwasserkörpers 2_G048 zur Überzeugung des Senats nicht mit Mängeln behaftet, die Auswirkungen auf die Gebietsausweisung gehabt hätten. Dies gilt weder hinsichtlich der Abgrenzung des Grundwasserkörpers (unten a), noch hinsichtlich der Messstellendichte (unten b), der Auswahl der Messstellen für das Ausweisungsmessnetz gemäß den Anforderungen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 bis 3 AVV GeA (unten c), der Ausschlusskriterien nach Anlage 1 Nr. 4 AVV GeA (unten d), den Anforderungen an (gebohrte) Grundwassermessstellen (unten e), den Anforderungen an Quellmessstellen (unten f), den Anforderungen an Brunnen als Messstellen (unten g), den Anforderungen an die Grundwasserprobenahme (unten h), die immissionsbasierte Abgrenzung (unten i) oder sonstiger Mängel (unten j).
90
a) Der durch die AVDüV vorgenommenen Gebietsausweisung kann eine fehlerhafte Abgrenzung des Grundwasserkörpers 2_G048 nicht entgegengehalten werden, etwa weil – wie die Antragsteller mit dem von ihnen vorgelegten Fachgutachten vom 24. April 2023 (... GmbH, Fachliche Evaluierung der Ausweisung nitratbelasteter Gebiete nach AVV GeA (2022) im Grundwasserkörper 2_G048 – „U. – M.“ im Rahmen der AVDüV (2022), S. 23, S. 43 – vorgelegt als Anlage ASt 12) vorbringen – diese nicht durchgehend nach hydrogeologischen und hydraulischen Kriterien durchgeführt worden und nur in Teilen fachlich nachvollziehbar sei.
91
Der Grundwasserkörper 2_G048 (U. – M.) ist laut dem maßgeblichen 3. Bewirtschaftungsplan des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom Dezember 2021 zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) für den bayerischen Teil des Rheingebietes, Bewirtschaftungszeitraum 2022 bis 2027 (Stand: Dezember 2021), siehe dort etwa Anhang 4.2, wegen der Überschreitung des Nitratgrenzwerts in schlechtem chemischem Zustand nach der GrwV eingestuft, so dass er gemäß § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 DüV grundsätzlich für die Ausweisung zu betrachten war.
92
Der Antragsgegner durfte bei der Gebietsausweisung auf die zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie bereits nach § 3 Nr. 6 WHG, § 2 GrwV, Art. 3 Abs. 2 Satz 1 BayWG durch das Verzeichnis der Wasserkörper in Bayern (Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 25. Januar 2016 – 7535-U – AllMBl. 2016, S. 104) festgelegten und nach Art. 3 Abs. 2 Satz 2, Art. 14 BayWG den Planungseinheiten zugeordneten Grundwasserkörper zurückgreifen (zur Abgrenzung siehe auch 3. Bewirtschaftungsplan für den bayerischen Teil des Rheingebietes für den Bewirtschaftungszeitraum 2022 bis 2027 – Stand: Dez. 2021 – S. 14). Die Abgrenzung der Grundwasserkörper bildet keinen Schritt der Gebietsausweisung selbst. Vielmehr setzen § 13a Abs. 1 DüV und die AVV GeA nach Wortlaut und Regelungszusammenhang die im System der Wasserbewirtschaftung nach der WRRL bestehenden Grundwasserkörper als verwaltungstechnischen Ausgangspunkt der Gebietsausweisung gerade als gegeben voraus. So regelt § 3 Abs. 1 AVV GeA ausdrücklich, dass den Ausgangspunkt für die Ausweisung der mit Nitrat belasteten Gebiete die nach § 2 GrwV beschriebenen und von den zuständigen Stellen der Länder festgelegten Grundwasserkörper bilden (siehe dazu auch BR-Drs. 275/22, S. 26). Nach der gesetzlichen Konzeption in Bayern sind die Grenzen der Grundwasserkörper überdies teilweise durch die Zuordnung zu den Planungseinheiten rechtlich vorgegeben und stünde diese gesetzliche Regelung in Art. 3 Abs. 2, 14 BayWG einer abweichenden Abgrenzung (bloß) für Zwecke der Gebietsausweisung nach § 13a DüV im Verordnungsweg entgegen. Es bedurfte daher für eine rechtmäßige Gebietsausweisung nach § 13a Abs. 1 DüV keiner Überprüfung der Grenzen der Grundwasserkörper oder gar einer Neuabgrenzung.
93
b) Das Messnetz, das der Gebietsausweisung im Grundwasserkörper 2_G048 zugrunde lag, weist eine ausreichende Messstellendichte auf. Zwar wird die in § 4 Abs. 2 AVV GeA geforderte Messstellendichte nicht erreicht. Der Antragsgegner konnte sich allerdings auf die Übergangsvorschrift des § 15 Abs. 1 AVV GeA berufen.
94
Gemäß § 4 Abs. 2 AVV GeA ist für das Ausweisungsmessnetz sicherzustellen, dass bei stark variierenden hydrogeologischen Einheiten mindestens eine Messstelle je 20 Quadratkilometer und bei großflächig verbreiteten hydrogeologischen Einheiten mindestens eine Messstelle je 50 Quadratkilometer vorhanden ist. Die in § 4 Abs. 2 AVV GeA genannte Messstellendichte für das Ausweisungsmessnetz ist bezogen auf den jeweiligen Grundwasserkörper zu erreichen. Dies ergibt sich aus dem Regelungszusammenhang und unter Berücksichtigung des grundsätzlich für die immissionsbasierte Abgrenzung vorgesehenen geostatistischen Regionalisierungsverfahrens nach § 5 Abs. 2 AVV i.V.m. Anlage 2 Nr. 1 Buchst. b AVV GeA, für das die in § 4 Abs. 2 AVV GeA 2022 vorgeschriebene Messstellendichte „im jeweiligen Grundwasserkörper“ vorhanden sein muss (vgl. OVG LSA, U.v. 26.10.2023 – 2 K 9/22 – juris Rn. 142).
95
Der Grundwasserkörper 2_G048 besitzt eine Gesamtfläche von 707 km². Das Ausweisungsmessnetz bestand für die mit der AVDüV im Jahr 2022 vorgenommene Gebietsausweisung in dem Grundwasserkörper aus zehn Messstellen (vgl. den „Steckbrief“ für den Grundwasserkörper 2_G048 – vorgelegt als Anlage ASt 8). Die sich daraus rechnerisch ergebende Messstellendichte von einer Messstelle je 70,7 km² erfüllt die Anforderungen des § 4 Abs. 2 AVV GeA nicht. Dabei kann dahingestellt bleiben, von welcher der in § 4 Abs. 2 AVV GeA genannten hydrogeologischen Einheiten im Bereich des Grundwasserkörpers 2_G048 auszugehen ist, weil die Anforderungen des § 4 Abs. 2 AVV GeA unabhängig davon nicht eingehalten sind. Weder ist die dort grundsätzlich vorgesehene Messstellendichte von einer Messstelle je 20 km², noch die Dichte von einer Messstelle je 50 km² bei großflächig verbreiteten hydrogeologischen Einheiten erfüllt.
96
Die im Grundwasserkörper 2_G048 für die Gebietsausweisung im Jahr 2022 vorhandene Messstellendichte stand dennoch mit der AVV GeA 2022 im Einklang. Der Antragsgegner konnte sich für die Gebietsausweisung auf die Übergangsvorschrift des § 15 Abs. 1 AVV GeA berufen und für die Ausweisung die vorhandenen Messstellen im Sinne des § 4 Abs. 1 AVV GeA zugrunde legen. Dabei musste er keine rechtlichen oder tatsächlichen Gründe nennen, warum die nach § 4 Abs. 2 AVV GeA angestrebte Messstellendichte nicht erreicht werden konnte.
97
Nach der Vorschrift des § 15 Abs. 1 AVV GeA sind, sofern die nach § 4 Abs. 2 AVV GeA angestrebte Messstellendichte bis zum 31. Dezember 2024 aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht erreicht werden kann, die zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Messstellen im Sinne des § 4 Abs. 1 AVV GeA zugrunde zu legen. Durch diese Regelung wird die nach § 4 Abs. 2 geforderte Messstellendichte letztlich zu einer Zielvorgabe herabgestuft, die vor dem 31. Dezember 2024 nicht erfüllt sein, sondern nur bis zu diesem Datum angestrebt werden muss. Mit „rechtlichen oder tatsächlichen Gründen“ musste das Zurückbleiben der Messstellendichte hinter den Anforderungen des § 4 Abs. 2 AVV GeA entgegen der Auffassung der Antragsteller nicht bereits bei der Ausweisung im Jahr 2022 begründet werden, sondern erst bei Ausweisungen ab dem 1. Januar 2025 (so auch OVG LSA, U.v. 26.10.2023 – 2 K 9/22 – juris Rn. 143). Dem entspricht auch die Begründung der AVV GeA (vgl. BR-Drs. 275/22, S. 32 zu § 15 Abs. 1). Dieses Ergebnis wird zudem durch die Regelung zur immissionsbasierten Abgrenzung in § 15 Abs. 2 Satz 1 AVV GeA bestätigt. Danach müssen die Länder bis zum 31. Dezember 2024 die Messstellen entsprechend den Anforderungen des geostatistischen Regionalisierungsverfahrens nach Anlage 2 AVV GeA ausbauen. Dieses Verfahren setzt seinerseits die Einhaltung der in § 4 Abs. 2 AVV GeA 2022 vorgesehenen Messstellendichte in allen Grundwasserkörpern eines Landes voraus (vgl. § 5 Abs. 2 i.V.m. Anlage 2 Nr. 1 Buchst. b AVV GeA). § 15 Abs. 2 Satz 2 AVV GeA würde bei dieser Auslegung auch nicht bis 2028 ins Leere laufen, denn bei einer Ausweisung nach dem 31. Dezember 2024 ist die mangelnde Messstellendichte begründungsbedürftig, nach dem 31. Dezember 2028 ist die Messstellendichte zwingend einzuhalten. Auch dass der Antragsgegner – wie die Antragsteller meinen – möglicherweise auf eine klarere Formulierung des § 15 Abs. 1 AVV GeA hätte hinwirken können, stellt das gefundene Auslegungsergebnis nicht in Frage. Infolgedessen geht die Kritik der Antragsteller, der Antragsgegner habe nicht dargelegt, warum es aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen ausgeschlossen gewesen sei, mehr als die verwendeten Messstellen zu nutzen, von vornherein ins Leere.
98
c) Das Ausweisungsnetz im Grundwasserkörper 2_G048 genügt auch den Anforderungen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 bis 3 AVV GeA.
99
Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AVV GeA umfasst das Ausweisungsmessnetz mindestens alle landwirtschaftlich beeinflussten Messstellen der Ländermessnetze zur Umsetzung der RL 2000/60/EG (WRRL-Messnetz), zur Berichterstattung an die Europäische Umweltagentur (EUA-Messnetz) und zur Umsetzung der RL 91/676/EWG (EU-Nitratmessnetz). Die Länder „dürfen“ (nicht: „müssen“) zudem weitere Messstellen in das Ausweisungsmessnetz übernehmen, und zwar insbesondere Messstellen von Trinkwassergewinnungen nach § 9 Abs. 1 i.V.m. Anlage 4 Nr. 1.3 GrwV (§ 4 Abs. 1 Satz 2 u. 3 AVV GeA). Weder aus § 13a DüV noch aus der AVV GeA ergibt sich eine Pflicht der Länder, weitere oder gar konkrete Messstellen zusätzlich in das Ausweisungsmessnetz aufzunehmen. Die Grenze dabei ist erreicht, wenn eine nach der Überprüfung als geeignet befundene Messstelle willkürlich ausgeschieden wird oder eine Messstelle auf den ersten Blick offensichtlich fehlerhaft als ungeeignet eingestuft wird (z.B. Übertragungsfehler). Dann wäre die konkrete Messstellenauswahl nicht mehr von dem Auswahlermessen des Antragsgegners gedeckt.
100
Dementsprechend ist der Antragsgegner bei der Vorbereitung der Gebietsausweisung vorgegangen. Er hat zunächst alle Messstellen der genannten Messnetze herangezogen, die die Anforderungen nach der AVV GeA erfüllen (insgesamt 651 Messstellen). Sodann hat er weitere 34 Messstellen von Trinkwassergewinnungen herangezogen, die ebenfalls die Voraussetzungen erfüllten. Insgesamt waren das bayernweit 685 Messstellen (vgl. im Einzelnen die elektronischen Akten unter Daten_bayernweit/Erstellung Gebietskulissen/3_Ausweisungsmessnetz sowie die unter Daten_GWKweise bei den einzelnen Messstellen jeweils unter Anlage1_1_Stammdaten vorgelegte Auflistung 004_Festlegung AVV_Messnetz_Stand_22.07.2022.xlsx). Anhand dieser Unterlagen lässt sich hinreichend nachvollziehen, dass der Antragsgegner die Auswahl der Messstellen entsprechend den Vorgaben der AVV GeA vorgenommen hat. Dabei musste er entgegen der Auffassung der Antragsteller nicht jedes Detail der Auswahlentscheidung gesondert dokumentieren. Insbesondere waren alle zehn Messstellen des Ausweisungsmessnetzes des Grundwasserkörpers 2_G048 Teil des WRRL-Messnetzes gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AVV GeA (so auch der Fachgutachter der Antragsteller im Fachgutachten v. 24.4.2023, S. 20 f.). Alle zehn waren zudem landwirtschaftlich beeinflusst im Sinn von § 4 Abs. 1 Satz 1 AVV GeA (s. das Fachgutachten v. 24.4.2023, S. 39). Anhaltspunkte dafür, dass Messstellen im Sinn von § 4 Abs. 1 Satz 1 AVV GeA zu Unrecht oder weitere Messstellen im Sinn von § 4 Abs. 1 Satz 2 und 3 AVV GeA trotz Eignung willkürlich oder offensichtlich fehlerhaft nicht herangezogen worden wären, sind weder vorgetragen noch ersichtlich geworden.
101
d) Auf keine der vom Antragsgegner ins Ausweisungsmessnetz aufgenommen Messstellen trifft ein Ausschlusskriterium gemäß § 4 Abs. 1 Satz 4 AVV GeA i.V.m. Anlage 1 Nr. 4 AVV GeA zu. Mit den dort genannten beiden Ausschlusskriterien hat die Bundesregierung mit Zustimmung der Länder im Bundesrat zum Ausdruck gebracht, unter welchen besonderen Voraussetzungen eine ansonsten für tauglich befundene Messstelle von der Nutzung zur Gebietsausweisung auszuschließen ist.
102
aa) Mögliche Einflüsse von Punktquellen nicht landwirtschaftlichen Ursprungs im Sinn von Anlage 1 Nr. 4 Buchst. a AVV GeA erwägen die Antragsteller in dem von ihnen vorgelegten Fachgutachten vom 24. April 2023 lediglich hinsichtlich der Messstellen 411059270.... (S.) und 412060280....(G.). Im Wasserschutzgebiet des Brunnens in S. befänden sich Kleingärten, durch die ein Einfluss auf Nitratgehalte möglich sei. Die Antragsteller kommen allerdings selbst zu dem Ergebnis, dass der Ausschlussgrund nach Anlage 1 Nr. 4 Buchst. a AVV GeA nicht vorliegt (zu den hohen Anforderungen des Ausschlussgrunds mit seinen drei kumulativen Kriterien vgl. bereits OVG Magdeburg, U.v. 26.10.2023 – 2 K 61/20 – juris Rn. 77). Es handele sich jedenfalls nicht um eine „dominierende Punktquelle“, da deren Einfluss aufgrund der zu geringen Quellstärke der Emittenten (kleine Personenzahl) nicht sicher zu einer Überschreitung der Schwellenwerte führe. Gleiches muss dann für die Quelle in G. gelten, in deren Zustrombereich sich ebenfalls Kleingärten sowie eine Kartbahn befinden sollen (vgl. Fachgutachten vom 24.4.2023, S. 39 f.).
103
bb) Zur Überzeugung des Senats liegt auch hinsichtlich keiner Messstelle das Ausschlusskriterium gemäß Anlage 1 Nr. 4 Buchst. b AVV GeA vor. Danach sind Messstellen mit signifikantem Zufluss von ungefiltertem Oberflächenwasser über Schadstellen, Dränagen oder Fremdwasser auszuschließen. Der Ausschlussgrund setzt somit voraus, dass es sich um Zufluss von ungefiltertem Oberflächenwasser handeln muss, dieser Zufluss muss über Schadstellen, Dränagen oder Fremdwasser erfolgen und es muss sich um signifikanten Zufluss handeln.
104
Die Verwendung des Begriffs „ungefiltertes Oberflächenwasser“ zeigt, dass bereits im Boden versickertes Wasser, auch soweit es sich noch in der ungesättigten Zone befindet, nicht vom Ausschlusskriterium gemäß Anlage 1 Nr. 4 Buchst. b AVV GeA erfasst ist. Wasser, das von der Oberfläche kommend bereits durch einen (ggf. nur geringen) Teil des Bodens gesickert ist, wird dort automatisch gefiltert. Es kann deshalb nicht mehr als „ungefiltert“ bezeichnet werden. Wasser in der ungesättigten Zone des Bodens ist zwar (noch) kein Grundwasser (vgl. § 3 Nr. 3 WHG: Grundwasser ist das unterirdische Wasser in der Sättigungszone, das in unmittelbarer Berührung mit dem Boden oder dem Untergrund steht), es ist aber auch kein ungefiltertes Oberflächenwasser mehr (und unterfällt deshalb dem Bodenschutzrecht; vgl. Széchényi in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG AbwAG, Stand August 2023, § 3 WHG, Rn. 82 f.; Czychowski/Reinhardt, Wasserhaushaltsgesetz, 13. Auflage 2023, § 3 Rn. 45). Daraus folgt, dass landwirtschaftliche Drainageleitungen, die den Boden entwässern, also bereits in den Boden gesickertes Wasser ableiten, von vornherein nicht zum Ausschluss gemäß Anlage 1 Nr. 4 Buchst. b AVV GeA führen können. Dabei kommt es nicht darauf an, ob das Wasser in den landwirtschaftlichen Drainageleitungen aus der gesättigten oder ungesättigten Zone des Bodens stammt. In beiden Fällen liegt kein ungefiltertes Oberflächenwasser vor. Zwar ist den Antragstellern zuzugeben, dass es sich bei Wasser aus landwirtschaftlichen Drainageleitungen auch um Zufluss aus „Drainagen“ handelt und dieses Wasser durch anthropogene Einflüsse beeinflusst sein kann. Dies ändert aber nichts daran, dass der Ausschlussgrund in Anlage 1 Nr. 4 Buchst. b AVV GeA nach seinem eindeutigen Wortlaut nur Messstellen mit Zufluss ungefilterten Oberflächenwassers umfasst.
105
„Signifikant“ meint, dass es sich um einen wesentlichen und erkennbaren Zufluss von Oberflächenwasser handeln muss. Nicht relevant ist demnach etwa ein Zufluss von wenigen Tropfen Oberflächenwasser in eine ergiebig schüttende Quelle. Ein signifikanter Zufluss von Oberflächenwasser zeigt sich nach den überzeugenden Ausführungen des Antragsgegners im Chemismus und den physikochemischen Eigenschaften des Wassers (v.a. Temperatur, elektrische Leitfähigkeit, Ionenbilanz im Vergleich mit statistischen Erhebungen). So ist etwa Grundwasser den Temperaturen an der Oberfläche weniger ausgesetzt als Oberflächenwasser. Auch unterscheiden sich die Inhaltsstoffe des Grundwassers, das im Boden über lange Zeit mit dem Gestein in Kontakt war, von jenen des Oberflächenwassers, dem dieser Kontakt fehlt. Dies schlägt sich in der elektrischen Leitfähigkeit und der Konzentration wichtiger Anionen und Kationen nieder (vgl. zum Ganzen: Schriftsatz des Antragsgegners vom 10.11.2023, S. 20 ff. und Sitzungsprotokoll vom 25.1.2024, S. 7). Entgegen der Auffassung der Antragsteller kann hingegen aus dem Nitratgehalt an sich kein Hinweis auf signifikanten Zufluss von Oberflächenwasser abgeleitet werden. Mit dieser Begründung wären alle Messstellen mit hohen Nitratwerten potenziell auszuschließen und eine den Vorgaben der EU-Nitratrichtlinie entsprechende Ausweisung von mit Nitrat belasteten Gebieten mit vertretbarem Aufwand nicht möglich. Der gemessene Nitratgehalt kann auch allein auf entsprechend hohe Nitratgehalte im Grundwasser zurückzuführen sein, ohne dass ein signifikanter Zufluss von Oberflächenwasser zu verzeichnen ist.
106
Daran gemessen ist nicht zu erkennen, dass eine der Messstellen gemäß Anlage 1 Nr. 4 Buchst. b AVV GeA ausgeschlossen wäre. Insbesondere kann bei der Quellmessstelle 113264270.... (I.) – einer gefassten Quelle, bei der das mittels Sickerleitungen gesammelte Wasser über ein (Haupt-) Rohr an die Oberfläche gelangt – entgegen der Auffassung der Antragsteller zur Überzeugung des Senats festgestellt werden, dass kein signifikanter Zufluss von ungefiltertem Oberflächenwasser über Drainagen erfolgt.
107
Zwar gehen die Beteiligten übereinstimmend davon aus, dass bei einer Kamerabefahrung des Wasserwirtschaftsamts im Jahr 2021 mehrere Rohre festgestellt wurden, die in das Hauptrohr einmünden. Daraus lässt sich indes schon nicht ableiten, dass es sich bei den einmündenden Rohren um landwirtschaftliche Drainageleitungen handelt. Die Rohre können auch Sickerleitungen sein, die zur Quellfassung gehören. Für Letzteres spricht neben dem Quellstandort, dass nach dem vorgelegten Drainageplan (elektronische Akten zu dieser Quelle unter Anlage1_2b_Dokument._Eignungsprüf._Kontrolle/Lagepläne) im weiteren Umfeld der Quelle ein Drainagesystem mit Sammelrohrleitungen errichtet ist. Es ist nicht erkennbar, warum Landwirte ihre landwirtschaftlichen Drainageleitungen statt an dieses Drainagesystem unzulässigerweise an die Quellfassung anschließen sollten. Letztlich kann dies dahingestellt bleiben: Denn im Fall von landwirtschaftlichen Drainageleitungen handelte es sich selbst nach Auffassung des Fachgutachters der Antragsteller bei dem beprobten Wasser „vermutlich um eine Mischung von Grund- und Sickerwasser, das gebündelt aus der ungesättigten Zone gesammelt und über das Rohr abgeführt wird (Fachgutachten vom 24.4.2023, S. 34; Stellungnahme des Fachgutachters gemäß Schriftsatz der Antragsteller vom 9.1.2024, S. 34). Damit liegt gerade kein ungefiltertes Oberflächenwasser im Sinne von Anlage 1 Nr. 4 Buchst. b AVV GeA vor, wie oben bereits näher ausgeführt wurde.
108
Dass bei dieser Messstelle signifikant ungefiltertes Oberflächenwasser zufließt, zeigt entgegen der Darstellung der Antragsteller auch nicht die „Bilddokumentation“ zu dieser Messstelle. Das von den Antragstellern übergebene Foto zeigt eine behördliche Probennahme. Danach wird die Probe an der Stelle genommen, an der das gefasste Quellwasser aus dem Hauptrohr an die Oberfläche tritt. Die Probe wird also so nah wie möglich an der Austrittsstelle genommen (vgl. die als Anlage 2 zum Schriftsatz des Antragsgegners vom 19.1.2024 vorgelegte DIN 38402-13:2021-12, S. 19, auf die auch das in Anlage 1 Nr. 3 AVV GeA genannte AQS-Merkblatt P-8/2 „Probenahme von Grundwasser“ verweist). Es erschließt sich nicht, weshalb bei dieser Vorgehensweise von einem signifikanten Zufluss von ungefiltertem Oberflächenwasser auszugehen sein sollte.
109
Unabhängig von alledem ergibt sich zur Überzeugung des Senats letztlich allein aus dem Chemismus des beprobten Wassers (siehe zum Chemismus bereits oben), dass kein signifikanter Zufluss von ungefilterten Oberflächenwasser vorliegen kann. Der Antragsgegner hat unter Verweis auf den GLA Fachbericht Nr. 21 (Hydrogeochemische Hintergrundwerte der Grundwässer Bayerns, 2003, S. 171 – vorgelegt als Anlage 3 zum Schriftsatz des Antragsgegners vom 10.11.2023) nachvollziehbar dargelegt, dass der Gesamtchemismus keine Hinweise auf einen signifikanten Zufluss von ungefiltertem Oberflächenwasser liefert. Es handelt sich um Wasser, das die typische Stoffzusammensetzung des Grundwasserleiters widerspiegelt (vgl. Schriftsatz des Antragsgegners vom 14.2.2024, S. 3). Soweit die Antragsteller ihren Fachgutachter hiergegen ohne Beleg vorbringen lassen, die große Schwankungsbreite der gemessenen Quelltemperaturen zwischen 9,8 °C und 12,6 °C sei nur sehr oberflächennah zu erwarten, es sei die Annahme naheliegend, dass ein direkter Einfluss durch Sickerwasser vorliege, überzeugt das nicht. Vielmehr ist festzustellen, dass sich eine derartige Schwankungsbreite von (nur) 2,8 °C im Rahmen der üblichen Schwankungsbreite von Grundwasser bewegt (vgl. dazu den GLA Fachbericht Nr. 21 zu den Grundwasseranalysen aus dem Unteren K1., S. 171; vgl. auch allgemein zur Schwankungsbreite der Grundwassertemperatur: LfW, Grundwassertemperatur-Tiefenprofilmessungen der bayerischen Wasserwirtschaftsverwaltung, Materialien Nr. 103, 2001, insbes. S. 14 ff. – vorgelegt als Anlage 2 zum Schriftsatz des Antragsgegners vom 10.11.2023). Auch der Nitratgehalt an sich ist – wie bereits ausgeführt wurde – kein Beleg für einen signifikanten Zufluss ungefilterten Oberflächenwassers.
110
e) Hinsichtlich der Anforderungen an (gebohrte) Grundwassermessstellen nach § 4 Abs. 1 Satz 4 AVV GeA i.V.m. Anlage 1 Nr. 2 Buchst. a – c AVV GeA liegen ebenfalls keine Mängel vor, die sich auf die Gebietsausweisung ausgewirkt haben.
111
Hinsichtlich des Ausbaus der Grundwassermessstellen – die schon begrifflich von anderen Messstellen wie Quellen und Brunnen zu unterscheiden sind (vgl. Anlage 1 Nr. 1 Buchst. b AVV GeA) – regelt Anlage 1 Nr. 2 Buchst. a AVV GeA, dass dieser gemäß den allgemein anerkannten Regeln der Technik erfolgt sein muss. Frühere Stände der allgemein anerkannten Regeln der Technik gelten den aktuellen als gleichwertig, sofern infolge der abweichenden Anforderungen eine signifikante Beeinflussung der Nitratkonzentrationen nicht zu erwarten ist. Ergänzend bestimmt Anlage 1 Nr. 2 Buchst. c AVV GeA hinsichtlich der Verfilterungsanlage von (gebohrten) Grundwassermessstellen, dass diese im oberflächennächsten, wasserwirtschaftlich bedeutsamen Grundwasserleiter verfiltert sein müssen und keine Mehrfachfilter oder grundwasserleiterübergreifende Filter in unterschiedlichen Stockwerken haben dürfen.
112
Hinsichtlich der Dokumentation der Funktionstüchtigkeit der Grundwassermessstellen sieht Anlage 1 Nr. 2 Buchst. b AVV GeA erstens vor, dass eine erstmalige Aufnahmeprüfung nach dem Arbeitsblatt DWA-A 908 „Eignungsprüfung von Grundwassermessstellen“ oder einer vergleichbaren allgemein anerkannten Regel der Technik durchgeführt wird. Zweitens hat bei jeder Probenahme/Messung eine Kontrolle durch geschultes Personal zu erfolgen. Die Kontrolle hat auf Grundlage einer regelmäßigen Inaugenscheinnahme zu erfolgen. Durchgeführte Pumpversuche sind zu dokumentieren und eine sofortige Prüfung und Behebung bei Auffälligkeit zu veranlassen. Drittens werden regelmäßige Funktionsprüfungen gemäß den allgemein anerkannten Regeln der Technik empfohlen. Diese Regelung korrespondiert mit den im genannten Arbeitsblatt DWA-A 908 „Eignungsprüfung von Grundwasserstellen“ (inhaltsgleich mit dem im Folgenden herangezogenen Arbeitsblatt DVGW W 129 – vorgelegt im Anlagenkonvolut ASt 3) genannten drei Einsatzbereichen der Eignungsprüfung von Grundwassermessstellen (DVGW W 129, Nr. 4.1, S. 8). Hierdurch erschließt sich auch, was unter einer „erstmaligen Aufnahmeprüfung nach dem Arbeitsblatt DWA-A 908“ zu verstehen ist. Gemeint ist die Prüfung bei Übernahme einer Grundwassermessstelle aus einem anderen Messnetz, bei der Umwidmung einer Grundwassermessstelle (z.B. Änderung der Überwachungsaufgabe) sowie bei der Reaktivierung einer ggf. seit Jahren nicht mehr verwendeten Grundwassermessstelle (s. DVGW W 129, Nr. 4.1. unter 1. und Nr. 4.2, S. 8 f.). Diese erstmalige Aufnahmeprüfung für die Verwendung einer Grundwassermessstelle im Ausweisungsmessnetz für die mit Nitrat belasteten Gebiete hat dabei gemäß DVGW W 129 auf Grundlage der „für die Grundwassermessstelle vorhandenen Unterlagen“ zu erfolgen. Falls die vorliegenden Informationen ausreichen, kann die Eignung der Grundwassermessstelle abschließend beurteilt werden. Andernfalls sind zweckmäßige Untersuchungen gemäß Tabelle 1 unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit durchzuführen (DVGW W 129, Nr. 4.2, S. 9; Tabelle 1: Nr. 4.5, S. 15). Hinsichtlich der Kontrolle bei jeder Probennahme/Messung sieht das Arbeitsblatt DVGW W 129 eine „visuelle Bewertung“ und eine „technische Überprüfung während der Grundwasserprobenahme“ hinsichtlich Pumpenförderleistung, Wasserspiegelabsenkung und Ablagerungen vor. Anhand eines Soll-Ist-Vergleichs bzw. Vergleichs der gewonnenen Daten mit jenen der vorherigen Nutzung ist festzustellen, ob Indikationen für eine Veränderung der Grundwassermessstelle vorliegen. Falls ja, ist über die Durchführung weiterer Eignungsprüfungen zu entscheiden (DVGW W 129, Nr. 4.1 unter 2. und Nr. 4.3 S. 11 f.). Hinsichtlich der gemäß Anlage 1 Nr. 2 Buchst. b Satz 5 AVV GeA empfohlenen regelmäßigen Funktionsprüfungen sieht das Arbeitsblatt DVGW W 129 unter anderem Prüfungen der Bestandsunterlagen, visuelle Bewertungen, Lagekontrollen, hydraulische Tests (Pumptest, Slug- und Bail-Test oder Auffülltest) und Kamerabefahrungen vor und gibt Empfehlungen für Zykluszeiten ab (DVGW W 129, Nr. 4.1 unter 3., Nr. 4.4, S. 13 f., Anhang A, S. 17 ff. und Anhang B, S. 23).
113
Entgegen der Auffassung der Antragsteller liegen hinsichtlich der Anforderungen an (gebohrte) Grundwassermessstellen nach Anlage 1 Nr. 2 Buchst. a – c AVV GeA keine Mängel vor, die sich auf die Gebietsausweisung ausgewirkt haben. Dies gilt sowohl hinsichtlich des Ausbaus – sogleich aa) – als auch hinsichtlich der Prüfung und Dokumentation der Funktionstüchtigkeit – unten bb) und betrifft alle Grundwassermessstellen, nämlich 113160270.... (F.), 113160270.... (Sch.) und 113160280.... (W.).
114
aa) Die von den Antragstellern hinsichtlich des Ausbaus (vgl. Anlage 1 Nr. 2 Buchst. a und c AVV GeA) vorgebrachten Rügen greifen nicht durch. Es sind keine Mängel vorgetragen oder sonst bekannt geworden, die sich auf die Gebietsausweisung auswirken.
115
(1.) Dies gilt zunächst für Grundwassermessstelle 113160270.... (F.).
116
Die Antragsteller meinen, diese Messstelle sei ungeeignet, weil ein Stahlrohr mit Stahlfilter verbaut sei. Unbeschadet dessen, dass die Verwendung des Werkstoffs Stahl für gebohrte Messstellen nicht generell gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik verstößt (vgl. DIN 4922, Stahlfilterrohre für Bohrbrunnen – vorgelegt als Anlagen zum Schriftsatz des Antragsgegners vom 19.1.2024), ist zur Überzeugung des Senats jedenfalls ausgeschlossen, dass die Verwendung dieses Werkstoffes zu einer signifikanten Verfälschung der gemessenen Nitratwerte und damit zu Auswirkungen auf die Gebietsausweisung geführt hat. Die Eignung einer Messstelle ist bezogen auf den zu untersuchenden Parameter zu beurteilen. Ausbaumaterialien aus Stahl führen zu Verfälschungen der Messergebnisse bei der Spurenanalytik auf Schwermetalle (Länderarbeitsgemeinschaft Wasser, Grundwasser, Richtlinien für Beobachtung und Auswertung, Teil 3 – Grundwasserbeschaffenheit, 1993, S. 21 – Grundwasserrichtlinie 3/93 – vorgelegt im Anlagenkonvolut ASt 3). Stahlrohre sind deshalb für einen Einsatz zur Untersuchung der Beschaffenheitsparameter „korrosive Verhältnisse (reduzierende und oxidierende Bedingungen)“ und „Schwermetalle“ nicht geeignet (Arbeitskreis Grundwasserbeobachtung, Merkblatt Bau von Grundwassermessstellen, 2012, Anlage 3: Einsatz von Filter- und Vollrohrmaterialien zum Ausbau von Grundwassermessstellen zur chemischen Untersuchung bestimmter Parameter und Parametergruppen – Handbuch Grundwasserbeobachtung – vorgelegt im Anlagenkonvolut ASt 3). Aus diesen und auch aus den weiteren von den Beteiligten vorgelegten Unterlagen (z.B.: DIN 4922, Stahlfilterrohre für Bohrbrunnen; DVGW, Technische Regel – Arbeitsblatt W 121, Bau und Ausbau von Grundwassermessstellen, 2003, S. 9 – vorgelegt im Anlagenkonvolut ASt 3) ergeben sich hingegen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass Stahlfilter bzw. Stahlrohre für die Messung von Nitratwerten nicht geeignet wären. Soweit die Antragsteller in diesem Zusammenhang weiter vortragen, es herrschten an der Messstelle korrosive Bedingungen, die zu einer Korrosion der Stahlverrohrung und zu einer Beeinflussung der Redoxbedingungen und in der Folge des Nitratgehalts führten, überzeugt dies den Senat nicht: Der Antragsgegner hat hierzu nachvollziehbar dargelegt, dass das im Jahr 1961 in der Messstelle verbaute Stahlrohr mit Stahlfilter trotz seines Alters nicht kollabiert, sondern noch in gutem Zustand sei (vgl. dazu auch das „Brunnenfernsehprotokoll“ vom 10.11.2021 – elektronische Akten zu dieser Messstelle unter Anlage1_2b_Dokument._Eignungsprüf._Kontrolle/QS_Dokumente), weshalb die Annahme korrosiver Bedingungen unzutreffend sei und signifikante Auswirkungen auf das gemessene hohe mittlere Werteniveau von 110 mg/l Nitrat fachlich nicht herleitbar seien.
117
(2.) Auch hinsichtlich des Ausbaus der Grundwassermessstelle 113160270.... (Sch.) sind keine Mängel vorgetragen worden oder sonst bekannt geworden, die sich auf die Gebietsausweisung auswirkten.
118
Die Antragsteller hatten hierzu in ihrem Schriftsatz vom 31. Mai 2023 ursprünglich vorgebracht, die Basis der gebohrten Messstelle sei mit Bohrgut verfüllt worden, aufgrund der erhöhten Setzungsneigung von Bohrgut bestehe in Kombination mit der mangelnden Überschüttung die Gefahr, dass die Tonabdichtung in den Filterbereich abrutsche und in die Messstelle eindringen könne. Dieses Vorbringen haben sie in ihren späteren Schriftsätzen nicht wieder aufgegriffen, so dass insoweit schon davon ausgegangen werden kann, dass sie an diesem Vorbringen nicht festhalten. Unbeschadet dessen kann der Senat auch nicht feststellen, dass an dieser Messstelle Mängel vorlägen, die Auswirkungen auf die Gebietsausweisung gehabt haben könnten: Zunächst sind auf den Fotos dieser im Jahr 2020 gebauten Messstelle (s. elektronische Akten zu dieser Messstelle unter Anlage1_2b_Dokument._Eignungsprüf._Kontrolle/Fotos) keine baulichen Mängel erkennbar, insbesondere kann von einer mangelnden Überschüttung keine Rede sein. Unabhängig davon handelt es sich bei dem Vorbringen der Antragsteller um die bloße Befürchtung, zukünftig könne die Tonabdichtung in den Filterbereich abrutschen, ohne dass erkennbar wird, inwiefern hiermit ein Einfluss auf die in der Vergangenheit gemessenen Nitratwerte verbunden wäre. Für die der aktuellen Gebietsausweisung zugrundeliegenden Messwerte aus den Jahren 2020 und 2021 kann diese die Zukunft betreffende Befürchtung keine Bedeutung haben.
119
bb) Soweit die Antragsteller vielfach rügen, die in Anlage 1 Nr. 2 Buchst. b AVV GeA geregelte Prüfung und Dokumentation der Funktionstüchtigkeit der Grundwassermessstellen sei nicht oder unzureichend durchgeführt worden, sind keine auf die Gebietsausweisung durchgreifenden Mängel erkennbar. Dies gilt sowohl hinsichtlich der Aufnahmeprüfung (sogleich 1.), als auch hinsichtlich der Kontrollen bei der Probennahme/Messung und den empfohlenen regelmäßigen Funktionsprüfungen (unten 2.).
120
(1.) Anders als die Antragsteller meinen, hat der Antragsgegner die in Anlage 1 Nr. 2 Buchst. b AVV GeA geforderte erstmalige Aufnahmeprüfung für alle Messstellen durchgeführt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass diese erstmalige Aufnahmeprüfung gemäß dem (mit Arbeitsblatt DWA-A 908 inhaltsgleichen) Arbeitsblatt DVGW W 129 – wie bereits ausgeführt – auf der Grundlage der für die Grundwassermessstelle vorhandenen Unterlagen zu erfolgen hat und es damit sein Bewenden haben kann, wenn die vorliegenden Informationen ausreichen, um die Eignung der Grundwassermessstelle für deren Verwendung im Ausweisungsmessnetz für die mit Nitrat belasteten Gebiete zu beurteilen. Nur falls dies nicht möglich ist, sind im Rahmen der Aufnahmeprüfung gesonderte Untersuchungen gemäß der Tabelle 1 des DVGW W 129 durchzuführen, falls dies zweck- und verhältnismäßig ist. Es begegnet deshalb auch keinen Bedenken, wenn der Antragsgegner im Rahmen der Aufnahmeprüfung für das Nitratmessnetz berücksichtigt hat, dass eine Grundwassermessstelle bereits bei der Aufnahme in das WRRL-Messnetz überprüft worden war. Aus den vorliegenden Unterlagen ergibt sich zweifelsfrei, dass der Antragsgegner eine solche erstmalige Aufnahmeprüfung im Rahmen der Festlegung des Ausweisungsnetzes vorgenommen hat (s. die elektronischen Akten unter Daten_bayernweit/Erstellung Gebietskulissen/3_Ausweisungsmessnetz sowie ferner unter Daten_GWKweise bei den einzelnen Messstellen unter Anlage1_2b_Dokument._Eignungsprüf._Kontrolle sowie vor allem unter Daten_GWKweise bei den einzelnen Messstellen jeweils unter Anlage1_1_Stammdaten vorgelegte Auflistung 004_Festlegung AVV_Messnetz_Stand_22.07.2022.xlsx). Insbesondere der letztgenannten Auflistung lässt sich entnehmen, dass der Antragsgegner die Eignung sämtlicher Messstellen für deren Verwendung im Ausweisungsmessnetz für die mit Nitrat belasteten Gebiete geprüft und am Ende seiner Prüfung (vgl. Spalten EE und EF) die Eignung oder Nichteignung der Messstelle für das AVV Messnetz festgestellt hat. Der Antragsgegner musste dabei entgegen der Auffassung der Antragsteller nicht jedes Detail der Aufnahmeprüfung gesondert dokumentieren. Geprüft wurden unter anderem sowohl die Grundwassermessstelle 113160280.... (Auflistung lfd. Nr. 773) – so im Ergebnis auch die Antragsteller, vgl. Schriftsatz vom 11.9.2023, S. 26 – als auch die Grundwassermessstellen 113160270.... (Auflistung lfd. Nr. 12) und 113160270.... (Auflistung lfd. Nr. 667). Da mithin bezüglich aller (gebohrten) Grundwassermessstellen eine erstmalige Aufnahmeprüfung durchgeführt worden ist, kommt es nicht mehr darauf an, inwiefern sich eine fehlende Aufnahmeprüfung auf die Gebietsausweisung ausgewirkt hätte.
121
(2.) Soweit die Antragsteller Mängel bei der Prüfung und Dokumentation der Funktionstüchtigkeit (gebohrter) Grundwassermessstellen bezüglich der Kontrollen bei der Probennahme/Messung und den empfohlenen regelmäßigen Funktionsprüfungen einschließlich hydraulischer Tests vorbringen, liegen diese nicht vor bzw. wirken sich diese nicht auf die Gebietsausweisung aus.
122
(a) Hinsichtlich der Grundwassermessstelle 113160270.... (F.) rügen die Antragsteller zum einen, dass bei Kamerabefahrungen festgestellte Mängel – Auflandung sowie Fremdkörper – nicht beseitigt worden seien, was Auswirkungen auf die gemessenen Nitratkonzentrationen haben könne. Zum andern sei aus den vorgelegten Unterlagen erkennbar geworden, dass zuletzt am 24. Juni 1994 (richtig: 18. Juni 1996) eine Funktionskontrolle einschließlich eines Auffülltests durchgeführt worden sei. Dieser Mangel könne nicht dadurch geheilt werden, dass zweimal im Jahr Probennahmen stattgefunden hätten, bei denen keine Probleme erkennbar geworden seien.
123
(aa) Es kann dahingestellt bleiben, inwiefern es gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik oder gar Gesetze verstößt, dass der Antragsgegner die bei den Kamerabefahrungen festgestellten Mängel nicht beseitigt hat. Diese Mängel haben jedenfalls zur Überzeugung des Senats keinen Einfluss auf die gemessenen Nitratwerte und damit auch keine Auswirkungen auf die Gebietsausweisung. Der Antragsgegner hat nachvollziehbar erläutert, dass die festgestellten Fremdkörper Teile ehemaliger Messinstrumente sind. Da Messinstrumente bestimmungsgemäß mit dem Grundwasser in Kontakt stehen, müssen diese aus Werkstoffen bestehen, die keine Wechselwirkungen mit dem Grundwasser aufweisen. Bei der festgestellten Auflandung handelt es sich nach der überzeugenden Darstellung des Antragsgegners um Material aus dem Grundwasserleiter, dass sich auf dem Boden der Messstelle abgesetzt hat. Aus diesen Gründen ist schon nicht davon auszugehen, dass die Fremdkörper bzw. die Auflandung das in der Messstelle befindliche Wasser in einer Weise beeinflussen, die zu einer Verfälschung der gemessen Nitratwerte führt. Unabhängig davon hat der Antragsgegner darauf hingewiesen (und dies in der mündlichen Verhandlung nochmals erläutert, SP v. 25.1.2024 S. 4 f.), dass jeder Probennahme standardmäßig eine Abpumpphase vorangeht. Deren Sinn und Zweck ist es, eventuelle Einflüsse auszuschließen, um zum Zeitpunkt der Probennahme „frisches Wasser“ aus dem Grundwasserleiter zur Verfügung zu haben. Eine Probennahme erfolgt erst, wenn das zu Tage geförderte Wasser „hydrochemisch konstant“ (vgl. zur Parameterkonstanz auch das von den Antragstellern vorgelegte Fachgutachten vom 24.4.2023, S. 31) und damit sicher aus dem Grundwasserleiter ist. Dadurch ist ausgeschlossen, dass Standwasser für die Probenahme herangezogen worden ist, das von den Fremdkörpern und der Auflandung beeinflusst sein könnte. Vielmehr ist in jedem Fall sichergestellt, dass für die Probennahmen „frisches Wasser“ aus dem Grundwasserleiter zur Verfügung stand.
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(bb) Auch soweit die Antragsteller rügen, es sei seit 1996 kein hydraulischer Test mehr durchgeführt worden, ist kein auf die Gebietsausweisung durchschlagender Mangel erkennbar. Zwar trifft es zu, dass der Antragsgegner damit nicht nur der Empfehlung zur regelmäßigen Funktionsprüfung gemäß Anlage 1 Nr. 2 Buchst. b Satz 5 AVV GeA (i.V.m. DVGW W 129, Nr. 4.4, S. 13 f.; Anhang A, S. 17 ff.; Anhang B, S. 23) nicht gefolgt ist, sondern auch die Vorgabe gemäß dem für seine Wasserwirtschaftsverwaltung geltenden Handbuch (Handbuch tGewA 2010, S. 16 und Handbuch tGewA 2022, S. 16 – vorgelegt als Anlagen 3 und 7 zum Schriftsatz des Antragsgegners vom 24.11.2023) nicht befolgt hat, bei Grundwassermessstellen alle fünf Jahre eine Funktionskontrolle mit Auffülltest durchzuführen. Allerdings hat dies zur Überzeugung des Senats nicht zur Verfälschung der gemessenen Nitratwerte und damit auch nicht zu Auswirkungen auf die Gebietsausweisung geführt.
125
Sinn und Zweck eines hydraulischen Tests ist es, die hydraulische Anbindung einer Grundwassermessstelle an den Grundwasserleiter bzw. deren Veränderung im Vergleich zu früheren Tests zu bewerten (vgl. DVGW W 129, Anhang A, S. 17 ff.). Wie der Antragsgegner in der mündlichen Verhandlung überzeugend erläutert hat (vgl. SP v. 25.1.2024, S. 4 f.), führen etwaige Beeinträchtigungen der hydraulischen Anbindung allerdings zunächst nur dazu, dass weniger Wasser fließt und es deshalb länger dauert, bis die erforderliche Wassermenge für eine Probennahme vorhanden ist. Dies hat aber keinen Einfluss auf die gemessenen Nitratwerte. Erst bei einer fehlenden hydraulischen Anbindung liegt für die Probennahme ungeeignetes Standwasser vor – vgl. die Angaben des Fachgutachters der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung (SP v. 25.1.2024 S. 5) –, weil kein „frisches Wasser“ aus dem Grundwasserleiter mehr hochgepumpt werden kann. Wie der Antragsgegner ferner überzeugend vorgetragen (und in der mündlichen Verhandlung nochmals erläutert hat, SP v. 25.1.2024 S. 3 f.), ist eine Bewertung des hydraulischen Anschlusses nicht nur durch gesonderte hydraulische Tests im Rahmen planmäßiger Funktionsprüfungen (nach DVGW W 129, Nr. 4.1 unter 3., Nr. 4.4) möglich, sondern auch mit Hilfe von Wasserstandsmessungen. Bei einem unbeeinträchtigten hydraulischen Anschluss spiegelt sich ein Anstieg bzw. Abfall des Wasserstands im Grundwasserleiter an der Grundwassermessstelle wider. Rückschlüsse hinsichtlich der hydraulischen Anbindung lassen sich zudem aus dem Absenkungsbetrag beim Abpumpen im Rahmen von Probennahmen ableiten. Wenn der Absenkungsbetrag in der Grundwassermessstelle im Laufe der Probenahme bzw. im Vergleich zu früheren Absenkungsbeträgen größer wird, deutet dies auf Mängel des hydraulischen Anschlusses hin. Auch hierauf hat der Antragsgegner überzeugend hingewiesen (und dies in der mündlichen Verhandlung nochmals erläutert, SP v. 25.1.2024 S. 3 f.). Soweit der Fachgutachter der Antragsteller dazu meint, die Betrachtung des Absenkungsbetrags könne nicht mit einem hydraulischen Test gleichgesetzt werden bzw. die Abpumpphase könne nicht als Kurzpumpversuch gewertet werden, kommt es hierauf nicht an. Entscheidend ist, dass eine Veränderung des Absenkungsbetrags Rückschlüsse auf Mängel bei der hydraulischen Anbindung ermöglicht, was auch der Fachgutachter in seinem Fachgutachten (vom 24.4.2023, S. 31) so sieht.
126
Daran gemessen bestehen vorliegend bei der Grundwassermessstelle 113160270.... schon keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung des hydraulischen Anschlusses. So hat die Prüfung der Fachbehörden des Antragsgegners anhand der Wasserstandsmessungen (vgl. dazu Anlage 4 zum Schriftsatz des Antragsgegners vom 10.11.2023) keinerlei Hinweise ergeben, dass der hydraulische Anschluss der Grundwassermessstelle an den Grundwasserleiter beeinträchtigt sein könnte. Zweifel hieran sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich geworden. Ob sich der Antragsgegner bereits vor der Gebietsausweisung aufgrund einer Betrachtung der Grundwasserganglinien davon überzeugt hatte, dass er auf die Durchführung hydraulischer Tests verzichten konnte, oder ob er dies erst während des Gerichtsverfahrens nachgeholt hat, spielt entgegen der Auffassung der Antragsteller keine Rolle. Entscheidend ist, dass die Wasserstandsmessungen im Ergebnis dafür streiten, dass die hydraulische Anbindung der Grundwassermessstelle an den Grundwasserleiter nicht beeinträchtigt ist. Ferner ergeben sich auch aus den vorgelegten Probenahmeprotokollen zur Grundwassermessstelle 113160270.... (s. elektronische Akten zu dieser Messstelle unter Anlage1_3_Anforderungen_GwProbenahme/Probenahmeprotokolle) keine Anhaltspunkte für eine Vergrößerung des Absenkungsbetrags. Dies ist aus einem Vergleich der Werte in den Protokollen auch ohne Vorliegen einer Erstcharakterisierung eindeutig ablesbar. Auch die in diesen Protokollen dokumentierte Pumpenförderleistung in der Abpumpphase geben keinen Hinweis auf eine Beeinträchtigung des hydraulischen Anschlusses. Letztlich kann dies sogar dahingestellt bleiben: Selbst wenn die hydraulische Anbindung der Grundwassermessstelle an den Grundwasserleiter gestört wäre, führte dies zur Überzeugung des Senats zu keiner Verfälschung der gemessenen Nitratwerte und damit auch zu keinen Auswirkungen auf die Gebietsausweisung. Die Protokolle belegen, dass bei den Probenahmen „frisches Wasser“ aus dem Grundwasserleiter hochgepumpt und beprobt werden konnte. Von einer gänzlich fehlenden hydraulischen Anbindung kann keine Rede sein. Es kann mithin ausgeschlossen werden, dass für die Probennahmen ungeeignetes Standwasser verwendet wurde.
127
(b) Auch bezüglich der Grundwassermessstelle 113160270.... (Sch.) liegen keine Mängel hinsichtlich der Prüfung und Dokumentation der Funktionstüchtigkeit vor, die sich auf die Gebietsausweisung auswirkten. Dies gilt insbesondere hinsichtlich des Vorbringens der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung, es seien Pumpversuche abgebrochen worden, so dass kein aussagekräftiger Schluss gezogen werden könne. Es kann dahingestellt bleiben, inwiefern der etwaige Abbruch von Pumpversuchen auf eine Störung der Anbindung der Grundwassermessstelle an den Grundwasserleiter hindeuten könnte. Aus den Probenahmeprotokollen zur Grundwassermessstelle 113160270.... (s. elektronische Akten zu dieser Messstelle unter Anla-ge1_3_Anforderungen_GwProbenahme/Probenahmeprotokolle) mit den dort dokumentierten Absenkungsbeträgen und Pumpenförderleistungen ist zweifelsfrei ablesbar, dass jedenfalls eine ausreichende hydraulische Anbindung dafür bestand, um bei den Probennahmen „frisches Wasser“ aus dem Grundwasserleiter hochpumpen und beproben zu können. Auch hier kann keine Rede davon sein, dass die hydraulische Anbindung gänzlich fehlte und deshalb für die Probenahme ungeeignetes Standwasser beprobt worden wäre.
128
(c) Bezüglich der Grundwassermessstelle 113160280.... (W.) haben die Antragsteller ausdrücklich keine Mängel hinsichtlich der Prüfung und Dokumentation der Funktionstüchtigkeit geltend gemacht (vgl. Schriftsatz der Antragsteller vom 11.9.2023, S. 18 u. S. 20). Soweit sie im Widerspruch dazu in ihrem Schriftsatz vom 9. Januar 2024 (S. 47) behaupten, es läge kein Pumpversuchsprotokoll vor, trifft dies nicht zu (vgl. die elektronischen Akten zur dieser Messstelle unter Anlage1_2b_Dokument._Eignungsprüf._Kontrolle/QS_Dokumente vorgelegte Pumpversuchsprotokoll vom 16.11.2020 zu dem am 23.9.2020 durchgeführten Pumpversuch). Unabhängig davon sind keine Mängel ersichtlich, die sich auf die Gebietsausweisung ausgewirkt hätten.
129
f) Es liegen auch keine Verstöße gegen die gemäß § 4 Abs. 1 Satz 4 AVV GeA i.V.m. Anlage 1 Nr. 2 Buchst. d AVV GeA für Quellmessstellen geltenden Bestimmungen vor, die Auswirkungen auf die Gebietsausweisung gehabt haben können.
130
Für Quellen regelt § 4 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. Anlage 1 Nr. 2 Buchst. d AVV GeA, dass ausgebaute (gefasste) Quellen als Messstelle berücksichtigt werden dürfen. Nicht ausgebaute (ungefasste) Quellen dürfen nach einer Prüfung im Einzelfall als Messstelle berücksichtigt werden, wenn eine definierte Austrittsstelle vorliegt und eine qualitätsgesicherte, repräsentative Probenahme durchgeführt werden kann. Voraussetzung dafür ist grundsätzlich eine dauerhafte Quellschüttung. Ist eine dauerhafte Quellschüttung aufgrund der naturräumlichen Gegebenheiten nicht ganzjährig sichergestellt, kann im Einzelfall von dieser Anforderung abgesehen werden.
131
Für die Verwendung im Ausweisungsmessnetz der mit Nitrat belasteten Gebiete enthält die AVV GeA für Quellmessstellen keine Vorgaben hinsichtlich des Ausbaus und der Prüfung und Dokumentation der Funktionstüchtigkeit. Zu Recht weist der Antragsgegner darauf hin, dass die Bestimmungen in Anlage 1 Nr. 2 Buchst. a – c AVV GeA unmittelbar nur für (gebohrte) Grundwassermessstellen gelten, hingegen auf Quellmessstellen sinnvollerweise nicht ohne Weiteres anwendbar sind. So existieren etwa allgemein anerkannte Regeln der Technik für den Ausbau von Quellen nur für die Nutzung von Quellen für die Trinkwassergewinnung (vgl. DVGW W 127 „Quellwassergewinnungsanlagen – Planung, Bau, Betrieb, Sanierung und Rückbau“, S. 4 u. 5 – vorgelegt im Anlagenkonvolut ASt 3), nicht hingegen für die Verwendung von Quellen als Messstellen. Dass eine Wassergewinnung zum Zweck der Probennahme zur Bestimmung stofflicher Belastungen keine Wassergewinnung im Sinn der Trinkwassergewinnung nach dieser Regelung ist, versteht sich von selbst. Auch das in Anlage 1 Nr. 2 Buchst. b AVV GeA genannte Arbeitsblatt DWA-A 908 „Eignungsprüfung von Grundwassermessstellen“ (inhaltsgleich mit DVGW W 129 – vorgelegt im Anlagenkonvolut ASt 3) ist erkennbar auf die Eignungsprüfung von (gebohrten) Grundwassermessstellen ausgerichtet. So machen insbesondere die dort in Anhang A unter A.1 genannten hydraulischen Tests (Pumptest, Slug- und Bail-Test, Auffülltest) nur bei gebohrten Messstellen Sinn, nicht hingegen bei Quellmessstellen. Daran kann auch nichts ändern, dass dieses Arbeitsblatt normative Verweisungen auf andere Arbeitsblätter enthält, die unter anderem für Brunnen gelten. Auch die Vorgaben für Verfilterungsanlagen in Anlage 1 Nr. 2 Buchst. c AVV GeA beziehen sich offenkundig nur auf (gebohrte) Grundwassermessstellen, denn nur diese haben Filter, nicht aber Quellmessstellen.
132
Soweit die Antragsteller auf das Handbuch tGewA verweisen – eine Arbeitsanweisung für die Wasserwirtschaftsverwaltung des Antragsgegners, die nur für dessen Behörden, hingegen nicht für Messstellen im Eigentum Dritter gilt (vgl. Sitzungsprotokoll vom 25.1.2024, S. 5) – zeigt dies nur auf, dass seit der Fortschreibung 2022 als Funktionsprüfung für Quellmessstellen – ausgenommen sind die Quellen der Wasserversorgung – alle 5 Jahre eine „allgemeine Ortseinsicht“ und alle 10 Jahre eine „Kamerabefahrung“ vorgesehen ist (Handbuch tGewA 2022, S. 16 – vorgelegt als Anlage 7 zum Schriftsatz des Antragsgegners vom 24.11.2023). Hingegen waren Funktionsprüfungen zuvor nur für Grundwassermessstellen, nicht hingegen für die begrifflich hiervon unterschiedenen Quellen vorgegeben (Handbuch tGewA 2010, S. 3 und S. 16 – vorgelegt als Anlage 3 zum Schriftsatz des Antragsgegners vom 24.11.2023). Soweit die Antragsteller noch auf den Vermerk des damaligen Landesamts für Wasserwirtschaft vom 1. März 2004 („Neukonzeption Landesmessnetz Grundwasserbeschaffenheit – Kriterien für die Vorauswahl von Messstellen – vorgelegt als Anlage 9 zum Schriftsatz des Antragsgegners vom 24.11.2023) verweisen, ergibt sich aus dem dort genannten Vorauswahlkriterium einer „Schüttung i.d.R > 10 l/s“ (S. 5) nicht, dass für Quellmessstellen Funktionsprüfungen vorgesehen gewesen wären. Hinsichtlich der LAWA-Grundwasserrichtlinie 4/95 (LAWA, Grundwasser Richtlinien für Beobachtung und Auswertung Teil 4 – Quellen, 1995 – vorgelegt als Anlage 12 zum Schriftsatz des Antragsgegners vom 24.11.2023) gilt nichts anderes: Dieses Papier stellt eine von der Landesarbeitsgemeinschaft Wasser erarbeitete Handlungsempfehlung für die Einrichtung und den Betrieb gewässerkundlicher Messstationen und keine allgemein anerkannte Regel der Technik dar. Es soll dem Vorwort zufolge nur dem besseren Verständnis der Anforderungen an den Messstellenbau, die Messung und die Auswertung von Messdaten dienen, weshalb auf den hydrogeologischen Hintergrund ausführlicher eingegangen wird. Die Richtlinie enthält zwar auch Hinweise zu den verschiedenen Möglichkeiten bei der Einrichtung von Quellmessstellen und der Probenahme, mit der Prüfung und Dokumentation der Funktionstüchtigkeit einer Quellmessstelle befasst sie sich allerdings nicht.
133
Daran gemessen liegen entgegen der Auffassung der Antragsteller hinsichtlich der Anforderungen an Quellmessstellen keine Mängel vor, die sich auf die Gebietsausweisung ausgewirkt haben. Dies gilt sowohl hinsichtlich der Anforderungen an die Quellschüttung – sogleich aa) – als auch hinsichtlich des Aufschlusses des richtigen Grundwasserleiters – unten bb) – der Prüfung und Dokumentation der Funktionstüchtigkeit – unten cc) – sowie sonstiger Anforderungen – unten dd) – und betrifft alle Quellmessstellen, nämlich 113260270.... (K.), 113264270.... (I.), 412060280.... (G.), 412063250.... (O1.), 412063270.... (I1.) und 412063270.... (S1.).
134
aa) Soweit die Antragsteller rügen, bei den Quellmessstellen 113260270.... (K.), 412063250.... (O1.) und 412063270.... (S1.) fehle es an einer dauerhaften Quellschüttung, zeigen sie keine Mängel auf, die sich auf die Gebietsausweisung ausgewirkt hätten.
135
Dabei kann dahingestellt bleiben, ob – wie der Wortlaut von Anlage 1 Nr. 2 Buchst. d AVV GeA nahelegt – eine dauerhafte Quellschüttung nur bei nicht ausgebauten (ungefassten) Quellen zu verlangen ist, weil diese dort Voraussetzung für eine qualitätsgesicherte, repräsentative Probenahme ist (Anlage 1 Nr. 2 Buchst. d Satz 2 und 3 AVV GeA), bei ausgebauten (gefassten) Quellen aber gerade keine Anwendung findet (vgl. hierzu OVG LSA. U.v. 26.10.2023 – 2 K 61/20 – juris Rn. 78 ff.). Denn die Anforderungen der AVV GeA sind insoweit auch dann erfüllt, wenn man die dauerhafte Quellschüttung als Anforderung an alle Quellen versteht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach Anlage 1 Nr. 2 Buchst. d Satz 3 AVV GeA eine dauerhafte Quellschüttung nur „grundsätzlich“ vorhanden sein muss und von dieser Anforderung nach Anlage 1 Nr. 2 Buchst. d Satz 4 AVV GeA im Einzelfall abgesehen werden kann, wenn eine dauerhafte Quellschüttung aufgrund der naturräumlichen Gegebenheiten nicht ganzjährig sichergestellt ist. Eine solche Einzelfallentscheidung ist bei einer Quelle ohne dauerhafte Quellschüttung mit Heranziehung der Messstelle für das Ausweisungsmessnetz erfolgt, ohne dass nähere Voraussetzungen der Einzelfallentscheidung bzw. deren Dokumentation in der AVV GeA geregelt würden (vgl. OVG LSA, U.v. 26.10.2023 – 2 K 61/20 – juris Rn. 80).
136
Soweit die Antragsteller darauf hinweisen, dass es beim zeitweiligen Trockenfallen einer Quelle zu einer Aufkonzentration des Stoffpools in der ungesättigten Zone komme, die nach einem Regenereignis zu hohen Stoffkonzentrationen führen könne, weist der Antragsgegner zu Recht darauf hin, dass es sich hierbei um das Ergebnis eines natürlichen Prozesses handelt, der nicht quellspezifisch ist, sondern das gesamte Grundwasser betrifft. Obwohl ein solcher Prozess stattfinden kann, sieht die AVV GeA ausdrücklich vor, dass auch Quellmessstellen ohne dauerhafte Quellschüttung im Einzelfall berücksichtigt werden dürfen. Mithin ist die von den Antragstellern aufgezeigte Problematik kein Grund, eine bestimmte Quellmessstelle vom Ausweisungsmessnetz für die mit Nitrat belasteten Gebiete auszuschließen. Es kommt deshalb auch nicht mehr darauf an, dass diese Problematik wohl ohnehin keinen signifikanten Einfluss auf gemessene (hohe) Nitratkonzentrationen haben kann (vgl. dazu die Ausführungen des Antragsgegners, denen der Fachgutachter der Antragsteller nicht substantiiert entgegengetreten ist; Schriftsatz des Antragsgegners v. 19.1.2024, S. 22). Soweit die Antragsteller in diesem Zusammenhang die Forderung aufstellen, es müsse sich um einen ergiebigen Grundwasserleiter handeln, ist erneut auf die Regelung in Anlage 1 Nr. 2 Buchst. d AVV GeA zu verweisen. Dort ist nicht davon die Rede, dass es sich um einen ergiebigen Grundwasserleiter handeln müsse. Vielmehr geht die Regelung davon aus, dass auch Quellen ohne dauerhafte Quellschüttung als Messstellen in Betracht kommen können.
137
Eine konkrete Mindestschüttungsmenge ist der AVV GeA nicht zu entnehmen. Die vom Fachgutachter der Antragsteller für die Dauerhaftigkeit der Schüttung als erforderlich angesehene Größenordnung von mindestens 0,1 l/s (Fachgutachten v. 24.4.2023, S. 10) beruht alleine auf seiner persönlichen Auffassung, die aber in der AVV GeA keinen Niederschlag findet. Es sind auch keine allgemein anerkannten Regeln der Technik ersichtlich, die für Quellen, die als Messstellen (für Nitratwerte) verwendet werden, eine Mindestschüttungsmenge vorsehen würden. Regeln der Technik, welche die Nutzung von Quellen für die Trinkwassergewinnung betreffen (wie etwa DVGW W 127) und etwa den besonderen Ansprüchen an die Versorgungssicherheit Rechnung tragen sollen, gelten nicht für die Nutzung von Quellen als Messstellen. Auch sonst gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass eine Mindestschüttungsmenge erforderlich wäre: Das von den Antragstellern vorgebrachte Zitat aus der LAWA-Grundwasserrichtlinie 4/95 (LAWA, Grundwasser Richtlinien für Beobachtung und Auswertung Teil 4 – Quellen, 1995, S. 16 – vorgelegt als Anlage 12 zum Schriftsatz des Antragsgegners vom 24.11.2023) benennt als Voraussetzung für die Erstellung einer Wasserbilanz, dass unter anderem die Quellschüttung vollständig erfassbar ist. Hieraus lässt sich für die Nutzung einer Quelle als Messstelle (für Nitratwerte) nichts ableiten. Weitergehende Anforderungen an die Quellschüttung können die Antragsteller auch nicht aus dem Vermerk des damaligen Landesamts für Wasserwirtschaft vom 1. März 2004 („Neukonzeption Landesmessnetz Grundwasserbeschaffenheit – Kriterien für die Vorauswahl von Messstellen – vorgelegt als Anlage 9 zum Schriftsatz des Antragsgegners vom 24.11.2023) ableiten, insbesondere auch nicht aus den dort genannten Vorauswahlkriterien einer „Schüttung i.d.R > 10 l/s“ und zu Quellschüttungsmessungen. Diese Kriterien betreffen allein die damalige Vorauswahl von Messstellen im Rahmen der Neukonzeption des Landesmessnetzes Grundwasserbeschaffenheit. Für die Nutzung von Quellen als Messstellen zur Ermittlung von Nitratwerten definiert die AVV GeA eigene Anforderungen, ohne dabei eine Mindestschüttungsmenge vorzugeben. Setzt mithin die Berücksichtigung einer Quellmessstelle keine konkrete Mindestschüttungsmenge voraus, wirkt sich auch eine etwaig fehlende Messung bzw. Dokumentation der Schüttungsmenge nicht durchgreifend aus. Eine Mindestschüttungsmenge kann auch nicht daraus abgeleitet werden, dass die Probennahme aus einem Grundwasserleiter mit ausreichender Ergiebigkeit erfolgen müsse, weil – wie ausgeführt – Anlage 1 Nr. 2 Buchst. d AVV GeA nicht vorsieht, dass es sich um einen ergiebigen Grundwasserleiter handeln müsse. Im Ergebnis ist davon auszugehen, dass eine ausreichende Quellschüttung jedenfalls dann anzunehmen ist, wenn jeweils zum Zeitpunkt der Probenahme eine zur problemlosen Befüllung der Probegefäße ausreichende Schüttung vorhanden war. Damit ist insbesondere ausgeschlossen, dass eine Probennahme aus einem möglicherweise vorhandenen Standwasser erfolgen müsste und die hieraus ermittelten Werte nicht repräsentativ wären. Dabei ist es Sache der mit der Probennahme befassten Fachkräfte, zu beurteilen, ob eine Probennahme insoweit möglich ist.
138
(1.) Daran gemessen sind hinsichtlich der Quellmessstelle 412063270.... (S1.) keine Mängel mit Bezug zur Quellschüttung ersichtlich, die sich auf die Gebietsausweisung ausgewirkt hätten. Bei dieser Quellmessstelle handelt es sich nach Aktenlage um eine gefasste Quelle mit dauerhafter Quellschüttung (s. die elektronischen Akten zu dieser Quellmessstelle wie insbesondere das Informationsblatt unter Anlage1_1_Stammdaten und die Fotos unter Anlage1_2b_Dokument._Eignungsprüf._Kontrolle/Fotos). Dass die konkrete Quellschüttung laut den Probenahmeprotokollen (s. die elektronischen Akten zu dieser Quellmessstelle unter Anlage1_3_Anforderungen_GwProbenahme) nicht bestimmt wurde, spielt – wie dargelegt – keine Rolle. Den Protokollen lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass keine ausreichende Schüttung vorgelegen haben könnte. Selbst der Fachgutachter der Antragsteller stellt fest, dass es sich um eine gefasste und ergiebige, unterirdisch verlegte Quellfassung handele, so dass die Anforderungen der AVV GeA erfüllt seien (Fachgutachten v. 24.4.2023, S. 36).
139
(2.) Auch hinsichtlich der Quellmessstelle 113260270.... (K.) sind keine Mängel mit Bezug zur Quellschüttung ersichtlich, die Auswirkungen auf die Gebietsausweisung gehabt hätten. Entgegen der Auffassung der Antragsteller ist die Verwendung dieser Quelle als Messstelle insbesondere nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Quelle eine Bauart aufweist, welche die erforderliche dauerhafte Quellschüttung ausschließt. Wie sich aus den Akten (s die elektronischen Akten zu dieser Quellmessstelle wie insbesondere das Informationsblatt unter Anlage1_1_Stammdaten und die Fotos unter Anlage1_2b_Dokument._Eignungsprüf._Kontrolle/Fotos) und Erläuterungen des Antragsgegners (s. insbesondere Schriftsatz v. 10.11.2023, S. 29, und das Protokoll zur mündlichen Verhandlung am 25.1.2024, S. 6) ergibt, handelt es sich um eine gefasste Naturquelle mit dauerhafter Quellschüttung. Auf die Austrittsstelle wurde ein gemauerter Schacht gesetzt, an dessen Grund das Quellwasser austritt. Von dem Quellschacht aus führt ein ca. 20 m langes Ablaufrohr in den Vorfluter, aus dem ständig Wasser herausfließt. Die Probennahme erfolgt an quellnächster Stelle im Schacht. Soweit die Antragsteller Bestimmungen der Quellschüttung bzw. Schüttungsmessungen vermissen, sind solche – wie dargelegt – nicht notwendig. Es trifft auch nicht zu, dass das Wasser der Quelle lediglich im Schacht steht, mithin „stehendes Grundwasser“ bzw. Standwasser beprobt würde. Vielmehr quillt im Quellschacht ständig Wasser hoch und wird über das Rohr in den Vorfluter geleitet. Dass die Wassermenge an der Quelle von der Jahreszeit abhängig ist und im Winter mehr Wasser hochquillt als im Sommer – so die Antragsteller in der mündlichen Verhandlung – stellt dieses Ergebnis nicht in Frage. Auch sonst gibt es keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass Standwasser beprobt worden wäre (vgl. etwa die in den Probenahmeprotokollen dokumentierte Temperatur des geschöpften Wassers, die zeigt, dass kein bereits erwärmtes Standwasser, sondern aus dem Grundwasserleiter kommendes „frisches“ Wasser geschöpft wurde). Soweit die Antragsteller auch bezüglich der Quellmessstelle 113260270.... die Ergiebigkeit des Grundwasserleiters in Frage stellen, greift diese Rüge nicht durch, weil – wie dargelegt – Anlage 1 Nr. 2 Buchst. d AVV GeA keine solche Anforderung vorsieht.
140
(3.) Schließlich ist auch bezüglich der Quellmessstelle 412063250.... (O1.) nicht ersichtlich, dass Mängel mit Bezug zur Quellschüttung bestünden, die sich auf die Gebietsausweisung ausgewirkt hätten. Auch bei dieser Quellmessstelle handelt es sich nach Aktenlage um eine gefasste Quelle mit dauerhafter Quellschüttung (s. die elektronischen Akten zu dieser Quellmessstelle wie insbesondere das Informationsblatt unter Anlage1_1_Stammdaten). Den vorgelegten Probenahmeprotokollen (s. die elektronischen Akten zu dieser Quellmessstelle unter Anlage1_3_Anforderungen_GwProbenahme) lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass keine ausreichende Schüttung vorgelegen haben könnte. Dass die konkrete Quellschüttung nicht bestimmt wurde, spielt – wie dargelegt – keine Rolle. Auch der Fachgutachter der Antragsteller stellt bezüglich dieser Quellmessstelle ausdrücklich fest, dass es sich um eine gefasste und ergiebige, unterirdisch verlegte Quellfassung handele, so dass die Anforderungen der AVV GeA erfüllt seien, bei der Quellmessstelle in O1. zeige sich eine „äußerst große Ergiebigkeit in Form einer hohen Quellschüttung“ (Fachgutachten v. 24.4.2023, S. 36).
141
bb) Auch die Rügen der Antragsteller, bei Quellmessstellen sei nicht der oberflächennächste, wasserwirtschaftlich bedeutsame Grundwasserleiter aufgeschlossen, greifen nicht durch.
142
(1.) Zu Recht weist der Antragsgegner darauf hin, dass die AVV GeA nur an zwei Stellen (Anlage 1 Nr. 1 Buchst. d und Nr. 2 Buchst. c AVV GeA) vom oberflächennächsten, wasserwirtschaftlich bedeutsamen Grundwasserleiter spricht und sich diese Vorgaben auf (gebohrte) Grundwassermessstellen beziehen, hingegen nicht auf Quellmessstellen. Insbesondere die Vorgaben für Verfilterungsanlagen in Anlage 1 Nr. 2 Buchst. c AVV GeA gelten offenkundig nur für Grundwassermessstellen, denn nur diese haben Filter, nicht aber Quellmessstellen. Auch die Regelung zum „Messstellenausbau“ in Anlage 1 Nr. 1 Buchst. d AVV GeA zielt auf Grundwassermessstellen ab, wie die dort genannten Beispiele (z.B. „Filterlage“) zeigen.
143
Es leuchtet ein, dass für (gebohrte) Grundwassermessstellen anders als für Quellmessstellen ein Bedürfnis nach einer ausdrücklichen Regelung hinsichtlich des aufzuschließenden Grundwasserleiters besteht. Grundwassermessstellen werden künstlich geschaffen und können je nach Bohrtiefe und Verfilterung unterschiedliche Grundwasserleiter aufschließen. Hingegen speisen sich die von Natur aus bestehenden Quellen in aller Regel ohnehin aus dem oberflächennächsten Grundwasserleiter (vgl. die Angaben der Fachleute des Antragsgegners in der mündlichen Verhandlung am 25.1.2024, Protokoll S. 5), was ohne weiteres einleuchtet. Auch sind die Grundwasserleiter, aus denen sich Quellen speisen, jedenfalls hinsichtlich der Ausweisung von mit Nitrat belastenden Gebieten in aller Regel ohnehin „wasserwirtschaftlich bedeutsam“. Hierbei ist zu berücksichtigten, dass der Begriff „wasserwirtschaftlich bedeutsam“ im Hinblick auf das in Art. 1 der Nitratrichtlinie zum Ausdruck kommende Ziel eines umfassenden Schutzes aller Gewässern vor Verunreinigung aus landwirtschaftlichen Quellen weit ausgelegt werden muss. Umfasst ist nicht nur der Schutz der lokalen oder überörtlichen Wasserversorgung, sondern auch der Schutz aller mit dem Grundwasser in Verbindung stehenden Oberflächengewässer und Landökosysteme (vgl. hierzu a. das Schreiben des BMU v. 15.12.2020, S. 3 – vorgelegt als Anlage ASt 11; so a. die Antragsteller im Schriftsatz vom 5.2.2024, S. 4 f.). Da Quellen in aller Regel in einen Vorfluter entwässern bzw. mit anderen Landökosystemen in Verbindung stehen, gelangt das durch Quellen zu Tage getretene Grundwasser in aller Regel in andere Oberflächengewässer bzw. andere Landökosysteme, die ebenfalls vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen geschützt werden sollen. Im Hinblick auf diesen Schutz von Oberflächengewässern bzw. Landökosystemen vor einer Belastung durch Nitrat sind deshalb alle Grundwasserleiter, die Quellen speisen, hinsichtlich der Ausweisung von mit Nitrat belastenden Gebieten in aller Regel ohnehin wasserwirtschaftlich bedeutsam.
144
(2.) Vorliegend ist davon auszugehen, dass alle Quellmessstellen im Grundwasserkörper 2_G048 den oberflächennächsten, wasserwirtschaftlich bedeutsamen Grundwasserleiter aufschließen. Dabei ist zu berücksichtigten, dass – wie eben ausgeführt – bei Quellen in aller Regel davon auszugehen ist, dass diese sich aus dem oberflächennächsten Grundwasserleiter speisen, der auch – bei dem gebotenen weiten Verständnis dieses Begriffs – hinsichtlich der Ausweisung von mit Nitrat belastenden Gebieten wasserwirtschaftlich bedeutsam ist. Es ist für keine der Quellmessstellen vorgetragen oder sonst ersichtlich geworden, dass diese nicht den oberflächennächsten, wasserwirtschaftlich bedeutsamen Grundwasserleiter aufschließt.
145
Dies gilt insbesondere auch hinsichtlich der Quellmessstelle 113264270.... (I1.). Die Antragsteller rügen, die Quelle speise sich nicht aus dem Grundwasserleiter „Muschelkalk“, sondern erschließe den Grundwasserleiter „Unterer K1.“. Es reiche aber nicht aus, dass dieser im Bereich der Messstelle der oberflächennächste Grundwasserleiter sei, er müsse auch wasserwirtschaftlich bedeutsam sein, was nicht der Fall sei (s. v.a.: Protokoll über die mündliche Verhandlung am 25.1.2024, S. 5, Schriftsatz der Antragsteller v. 9.1.2024, S. 33, u. v. 5.2.2024, S. 4 ff.). Diese Rüge greift nicht durch. Die Quelle speist sich nach übereinstimmenden Vorbringen der Fachleute aus dem Grundwasserleiter „Unterer K1.“. Bei diesem Grundwasserleiter handelt es sich um den oberflächennächsten Grundwasserleiter. Der Grundwasserleiter „Muschelkalk“ liegt tiefer und ist deshalb nicht der oberflächennächste Grundwasserleiter. Dessen Nitratbelastung wäre aufgrund der in der Tiefe bereits erfolgten Denitrifikation nicht repräsentativ (vgl. a. hierzu das Schreiben des BMU v. 15.12.2020, S. 2). Der Grundwasserleiter „Unterer K1.“ ist hinsichtlich der Ausweisung von mit Nitrat belasteten Gebieten auch wasserwirtschaftlich bedeutsam. Dies ergibt sich allein daraus, dass das über die Quelle zu Tage tretende Wasser in Vorfluter entwässert (B1. M1., I2., Iff, etc.) und damit der Schutz von anderen Oberflächengewässern vor Verunreinigung durch Nitrat inmitten steht. Unabhängig davon ergibt sich die wasserwirtschaftliche Bedeutsamkeit des Grundwasserleiters „Unterer K1.“ auch aus der Bedeutung für die öffentliche Wasserversorgung. Dies hat der Antragsgegner durch Schreiben vom 14. Februar 2024 (S. 4) und die mit diesen vorgelegten Unterlagen (Anlagen 2 – 5) belegt. Dahingestellt kann bleiben, ob – wie die Antragsteller meinen – insoweit nur aktuelle und nahe Nutzungen für die Trinkwassergewinnung Relevanz haben können. Denn jedenfalls für die Trinkwasserversorgung in Gaukönigshofen wird der Grundwasserleiter „Unterer K1.“ derzeit und auch im Nahbereich der Quellmessstelle genutzt. Unbeschadet dessen sei darauf hingewiesen, dass eine solche Beschränkung nicht überzeugt: Die öffentliche Wasserversorgung ist nicht zuletzt angesichts des Klimawandels schon derzeit und vor allem in der Zukunft vor große Herausforderungen gestellt. In Verantwortung für die künftigen Generationen (Art. 20a GG) sind deshalb Grundwasserleiter auch dann wasserwirtschaftlich bedeutsam, wenn sie ihre grundsätzliche Eignung für die öffentliche Wasserversorgung in der Vergangenheit unter Beweis gestellt haben und deshalb in der Zukunft unter veränderten klimatischen Rahmenbedingungen möglicherweise (erneut) Bedeutung für die öffentliche Wasserversorgung gewinnen werden.
146
cc) Soweit die Antragsteller rügen, bei den Quellmessstellen sei die Prüfung und Dokumentation der Funktionstüchtigkeit nicht oder unzureichend durchgeführt worden, sind keine auf die Gebietsausweisung durchgreifenden Mängel erkennbar.
147
(1.) Es kann schon nicht festgestellt werden, dass für die Quellmessstellen im Grundwasserkörper 2_G048 Vorgaben für die Prüfung und Dokumentation der Funktionstüchtigkeit etwa durch Aufnahme- und Funktionsprüfungen bestanden hätten. Wie oben bereits ausgeführt wurde, enthält die AVV GeA selbst keine Vorgaben für die Prüfung der Funktionstüchtigkeit von Quellmessstellen. Insbesondere gilt Anlage 1 Nr. 2 Buchst. b AVV GeA unmittelbar nur für Grundwassermessstellen, nicht hingegen für Quellmessstellen. Es existieren auch keine allgemein anerkannten Regeln der Technik für die Prüfung der Funktionsfähigkeit von Quellen, die als Messstellen verwendet werden. Regeln der Technik, welche die Nutzung von Quellen für die Trinkwassergewinnung betreffen (wie etwa DVGW W 127) und den besonderen Ansprüchen an die Trinkwasserhygiene Rechnung tragen sollen, gelten nicht für die Nutzung von Quellen als Messstellen. Dem Handbuch tGewA lässt sich nur entnehmen, dass der Antragsgegner seit der Fortschreibung 2022 für bestimmte Quellmessstellen – ohne Messstellen im Eigentum Dritter und ohne aktive Quellen der Wasserversorgung – als Funktionsprüfung alle fünf Jahre eine „allgemeine Ortseinsicht“ und alle zehn Jahre eine „Kamerabefahrung“ für notwendig erachtet. Ein Verstoß gegen das Handbuch tGewA lässt sich demnach für keine der Quellmessstellen im Grundwasserkörper 2_G048 feststellen: Alle diese Quellmessstellen sind solche im Eigentum Dritter (vgl. die elektronisch unter GWK 2_G048 gespeicherte Objektliste_Musterverfahren_2_G048.xlsx), so dass das Handbuch tGewA schon aus diesem Grund keine Anwendung findet. Unabhängig davon bestanden zum maßgeblichen Zeitpunkt der Messungen in den Jahren bis 2021 nach dem damaligen Stand des Handbuchs tGewA 2010 – wie oben bereits ausgeführt – noch keinerlei Vorgaben für Funktionsprüfungen bei Quellmessstellen. Im Ergebnis ist deshalb festzustellen, dass für die Quellmessstellen im Grundwasserkörper 2_G048 weder nach der AVV GeA, noch nach allgemein anerkannten Regeln der Technik, noch nach dem Handbuch tGewA Vorgaben für die Prüfung und Dokumentation der Funktionstüchtigkeit etwa durch Aufnahme- und Funktionsprüfungen bestanden haben.
148
(2.) Unbeschadet dessen hat der Antragsgegner entgegen der Auffassung der Antragsteller auch für alle Quellmessstellen eine erstmalige Aufnahmeprüfung durchgeführt. Genauso wie für Grundwassermessstellen hat er im Rahmen der Festlegung des Ausweisungsnetzes geprüft, ob die einzelnen Quellmessstellen für das Ausweisungsmessnetz für die Festlegung der mit Nitrat belasteten Gebiete geeignet sind (s. die elektronischen Akten unter Daten_bayernweit/Erstellung Gebietskulissen/3_Ausweisungsmessnetz sowie ferner unter Daten_GWKweise bei den einzelnen Messstellen unter Anlage1_2b_Dokument._Eignungsprüf._Kontrolle sowie vor allem unter Daten_GWKweise bei den einzelnen Messstellen jeweils unter Anlage1_1_Stammdaten vorgelegte Auflistung 004_Festlegung AVV_Messnetz_Stand_22.07.2022.xlsx). Insbesondere der letztgenannten Auflistung lässt sich entnehmen, dass der Antragsgegner die Eignung sämtlicher Messstellen für deren Verwendung im Ausweisungsmessnetz für die mit Nitrat belasteten Gebiete geprüft und am Ende seiner Prüfung (vgl. Spalten EE und EF) die Eignung oder Nichteignung der Messstelle für das AVV Messnetz festgestellt hat. Dabei ist nicht zu beanstanden, wenn der Antragsgegner die Aufnahmeprüfung – entsprechend der für Grundwassermessstellen geltenden Regelung in Arbeitsblatt DVGW W 129 bzw. DWA-A 908 (s. dazu oben) – auch für Quellmessstellen zuvörderst anhand der vorhandenen Unterlagen vorgenommen und auf dieser Basis deren Eignung für die Verwendung im Ausweisungsmessnetz für die mit Nitrat belasteten Gebiete beurteilt hat. Es begegnet deshalb auch keinen Bedenken, wenn der Antragsgegner im Rahmen der Aufnahmeprüfung etwa die Historie des Betriebs einer Quelle für Trinkwasserzwecke oder die zuvor erfolgte Aufnahme einer Quellmessstelle in das WRRL-Messnetz berücksichtigt hat. Der Antragsgegner musste entgegen der Auffassung der Antragsteller auch nicht jedes Detail der Aufnahmeprüfung gesondert dokumentieren. Wie sich aus der Auflistung ergibt, wurden unter anderem die Quellmessstellen 113260270.... (lfd. Nr. 670), 113264270.... (lfd. Nr. 135), 412060280.... (lfd. Nr. 675), 412063250.... (lfd. Nr. 430), 412063270.... (lfd. Nr. 431) und 412063270.... (lfd. Nr. 432) geprüft. Da mithin auch bezüglich aller Quellmessstellen eine erstmalige Aufnahmeprüfung durchgeführt worden ist, kommt es nicht mehr darauf an, inwiefern sich eine fehlende Aufnahmeprüfung auf die Gebietsausweisung ausgewirkt hätte.
149
(3.) Auch soweit man entgegen dem Vorstehenden davon ausgehen wollte, der Antragsgegner hätte bei Quellmessstellen eine Prüfung der Funktionstüchtigkeit vornehmen und dokumentieren müssen, liegen zur Überzeugung des Senats keine Mängel hinsichtlich der Funktionstüchtigkeit der Quellmessstellen vor, die sich auf die Gebietsausweisung ausgewirkt haben.
150
Als Funktionsprüfungen bei aktiven Quellmessstellen kommen allenfalls eine allgemeine Ortseinsicht sowie ggf. eine Kameraberfahrung in Betracht (s. a. Handbuch tGewA 2022, S. 16 – vorgelegt als Anlage 7 zum Schriftsatz des Antragsgegners vom 24.11.2023). Hingegen sind etwa hydraulische Tests (Pumptest, Slug- und Bail-Test, Auffülltest) bei Quellmessstellen von vornherein nicht denkbar. Zutreffend geht der Antragsgegner ferner davon aus, dass eine „allgemeine Ortseinsicht“ bei jeder Probennahme stattfindet (genauso wie Arbeitsblatt DVGW W 129 für Grundwassermessstellen davon ausgeht, dass bei jeder Probennahme eine „visuelle Bewertung“ möglich ist). Auch der Fachgutachter der Antragsteller vertritt die Auffassung, dass die Entwicklung der Vor-Ort-Parameter im Vergleich mehrerer Probenahmen Rückschlüsse auf Veränderungen der Randbedingungen der Messstelle zulässt (Fachgutachten v. 24.4.2023, S. 31). Eine Kamerabefahrung ist bei Quellmessstellen – so zutreffend der Antragsgegner – offenkundig nur bei solchen Quellen möglich, die mit von Kameras befahrbaren Sickerleitungen ausgestattet sind, nicht hingegen bei reinen Naturquellen. Daran gemessen ergibt sich hinsichtlich der einzelnen Quellmessstellen Folgendes:
151
(a) Hinsichtlich der Quellmessstelle 113264270.... (I.) bringen die Antragsteller hinsichtlich der Prüfung der Funktionstüchtigkeit im Wesentlichen vor, Quellfassungen seien mindestens monatlich zu überprüfen. Bei visuellen Bewertungen sei die Messstelle im gesamten Betrachtungszeitraum mit der Note 3 bewertet worden. Maßnahmen zur Verbesserung des Zustandes seien jedoch ausgeblieben. Eine Quelle im mäßigen Zustand (Note 3) könne an ihrer Austrittsstelle äußeren Einflüssen wie zum Beispiel einer Korrosion des Auslaufrohres ausgesetzt sein, weil die Nitratwerte mit hoher Wahrscheinlichkeit beeinflussten.
152
Die Verpflichtung zu monatlichen Überprüfungen leiten die Antragsteller aus dem Arbeitsblatt DVGW W 127 ab, das – wie ausgeführt – die Nutzung von Quellen für die Trinkwassergewinnung betrifft, hingegen nicht auf Quellmessstellen anwendbar ist. Selbst der Fachgutachter der Antragsteller hält monatliche Sicht- und Funktionsprüfungen für das Ausweisungsnetz für nicht zielführend, derartige Prüfungen seien ohnehin bei jeder Probennahme durchzuführen (s. Fachgutachten vom 24.4.2023, S. 28). Soweit die Antragsteller darauf hinweisen, dass die Messstelle bei visuellen Bewertungen im gesamten Betrachtungszeitraum mit der Note 3 bewertet worden seien, zeigt dies vor allem, dass jeweils Funktionsprüfungen in Gestalt einer allgemeinen Ortseinsicht durchgeführt worden sind. Aus dieser Bewertung allein lässt sich nicht ableiten, dass an dieser Quellmessstelle solche Mängel vorhanden sind, die sich auf die gemessenen Nitratwerte und damit die Gebietsausweisung auswirken. Bei dem Vorbringen der Antragsteller, die Quelle könne zum Beispiel einer Korrosion des Auslaufrohrs ausgesetzt sein, handelt es sich um eine spekulative Annahme, für deren Richtigkeit es keinerlei Anhaltspunkte gibt. Unbeschadet dessen hätte ein korrodiertes Auslaufrohr wegen des nur kurzen Kontakts mit dem beprobten Grundwasser ohnehin keine signifikanten Auswirkungen auf die gemessene Nitratkonzentration von durchschnittlich 72 mg/l, wie der Antragsgegner überzeugend dargelegt hat (vgl. Schriftsätze v. 10.11.2023, S. 32, und 19.1.2024, S. 24 f.).
153
Dass sich aus der Kamerabefahrung bei Quellmessstelle 113264270.... keine Mängel ergeben haben, die Auswirkungen auf die Gebietsausweisung gehabt haben, hat der Senat oben im Rahmen der Ausführungen zum Ausschlusskriterium gemäß Anlage 1 Nr. 4 Buchst. b AVV GeA unter 4. d) bb) bereits dargelegt.
154
(b) Zu den Quellmessstellen 412063270.... (I1.) und 412063270... (S1.) haben die Antragsteller in Bezug auf die Prüfung der Funktionstüchtigkeit vorgebracht, für diese knapp 80 bzw. knapp 100 Jahre alten Messstellen sei ein schlechter bzw. mäßiger Zustand notiert sowie jeweils die Note 3 vergeben worden (s, Fachgutachten vom 24.4.2023, S. 37 f.). Diese Bewertung zeigt wiederum vor allem, dass jeweils Funktionsprüfungen in Gestalt einer allgemeinen Ortseinsicht durchgeführt worden sind. Hingegen lässt sich hieraus nicht ableiten, dass an diesen Quellmessstellen solche Mängel vorhanden sind, die sich auf die gemessenen Nitratwerte und damit die Gebietsausweisung auswirken. Soweit die Antragsteller ferner bei der Quellmessstelle 412063270.... das Fehlen einer Kamerabefahrung bemängeln, kommt es hierauf letztlich nicht an. Diese Quellfassung diente früher der Trinkwasserversorgung und unterlag deshalb besonderen (baulichen und betrieblichen) Anforderungen der damals geltenden allgemein anerkannten Regeln der Technik (s. zum Ausbau dieser gefassten Quelle insbesondere das Foto 4.jpg in den elektronischen Akten unter Anlage1_2b_Dokument._Eignungsprüf._Kontrolle/Fotos). Seit 1991 ist sie Teil der behördlichen Messnetze (s. das Informationsblatt in den elektronischen Akten zu dieser Quellmessstelle unter Anlage1_1_Stammdaten), sie diente somit seit Jahren der Erhebung verschiedener Messwerte. Schon diese Umstände streiten dagegen, dass bei dieser Quellmessstelle Mängel vorhanden sind, die sich auf die Messung der Nitratwerte ausgewirkt haben. Unabhängig davon hat der Antragsgegner nachvollziehbar dargelegt, dass sich nitratrelevante Mängel – wie zum Beispiel der Zufluss von ungefiltertem Oberflächenwasser über Schadenstellen – auf den Gesamtchemismus auswirkten und eine Bewertung der Messwerte ergeben habe, dass keine Beeinträchtigungen vorliegen. Es ist zur Überzeugung des Senats nichts dafür ersichtlich, dass die Messstelle an einem Mangel leidet, der Auswirkungen auf die gemessenen Nitratwerte und damit die Gebietsausweisung hätte.
155
(c) Auch hinsichtlich der weiteren Quellmessstellen – 113260270.... (K.), 412060280.... (G.), 412063250.... (O1.) – sind keine Mängel hinsichtlich der Prüfung der Funktionstüchtigkeit ersichtlich, die sich auf die Gebietsausweisung auswirken hätten können. Eine allgemeine Ortseinsicht hat – wie oben bereits näher ausgeführt – im Rahmen jeder Probennahme stattgefunden. Eine Kamerabefahrung scheidet bei diesen Quellmessstellen von vornherein aus, da es sich um Naturquellen handelt (s. die Fotos zu diesen Messstellen jeweils unter Anlage1_2b_Dokument._Eignungsprüf._Kontrolle/Fotos; vgl. a. Schriftsatz des Antragsgegners vom 10.11.2023, S. 31).
156
dd) Auch soweit die Antragsteller im Übrigen Kritik an den Quellmessstellen üben, sind keine auf die Gebietsausweisung durchschlagenden Mängel erkennbar.
157
Insbesondere die Rüge der Antragsteller hinsichtlich der Quellmessstelle 113260270.... (K.), der Ausbau der Quelle mit einer Wasserfassung in einem Schacht schließe deren Verwendung als Quellmessstelle aus, weil die Nitratwerte lediglich durch eine Schöpfprobe ermittelt werden könnten, überzeugt nicht: Schöpfproben sind gemäß den allgemein anerkannten Regeln der Technik durchaus vorgesehen (vgl. die als Anlage 2 zum Schriftsatz des Antragsgegners vom 19.1.2024 vorgelegte DIN 38402-13:2021-12, S. 19 f., auf die auch das in Anlage 1 Nr. 3 AVV GeA genannte und als Anlage ASt 14 vorgelegte AQS-Merkblatt P-8/2 „Probenahme von Grundwasser“ verweist). Auch weist der Antragsgegner zu Recht darauf hin, dass eine Probenahme mittels Schöpfprobe bei Quellmessstellen die einzige Möglichkeit darstellt. Hingegen ist eine Pumpprobe, so wie sie bei (gebohrten) Grundwassermessstellen durchführbar ist, bei Quellenmessstellen gar nicht möglich. Wenn die AVV GeA für die Ermittlung von Nitratwerten im Rahmen der Ausweisung der mit Nitrat belastenden Gebiete die Heranziehung von Quellmessstellen vorsieht, dann kann auch gegen die bei Quellmessstellen einzige mögliche Probennahme mittels Schöpfprobe nichts einzuwenden sein. Es begegnet auch keinen Bedenken, dass die Probennahmen bei Quellmessstelle 1132602700227 nicht etwa am Auslaufrohr, sondern bereits im Schacht erfolgt. Denn die Proben sind bei Quellen so nah wie möglich an der Austrittsstelle zu nehmen (vgl. DIN 38402-13:2021-12, S. 19).
158
g) Auch hinsichtlich des Brunnen 411059270.... (S.) liegen keine Verstöße gegen die für Brunnen als Messstellen geltenden Vorgaben gemäß § 4 Abs. 1 Satz 4 AVV GeA i.V.m. Anlage 1 Nr. 2 Buchst. e AVV GeA vor, die Auswirkungen auf die Gebietsausweisung gehabt haben können.
159
Gemäß Anlage 1 Nr. 2 Buchst. e AVV GeA dürfen Rohwasserbrunnen als Messstelle verwendet werden, sofern Daten zur jeweiligen Brunnensteuerung vorliegen, also ein aktiver Entnahmebetrieb vorliegt und sich der Entnahmeort örtlich einem einzelnen Brunnen zuordnen lässt. Die Qualitätssicherung entsprechend den allgemeinen Regeln der Technik des Brunnenbauwerks (einschließlich Pumpe) ist sicherzustellen.
160
Mängel des Brunnens 411059270...., die sich auf die Gebietsausweisung ausgewirkt hätten, werden weder von den Antragstellern vorgetragen noch sind solche sonst ersichtlich. Soweit einzig im Fachgutachten vom 24. April 2023 (S. 37) vermerkt wird, es läge kein Nachweis der Funktionstüchtigkeit vor, wird schon nicht dargelegt, woraus sich eine solche Nachweispflicht ergeben sollte. Die AVV GeA selbst enthält hierzu keine Vorgaben, Anlage 1 Nr. 2 Buchst. b AVV GeA gilt – wie oben ausgeführt – nur für (gebohrte) Grundwassermessstellen. Das Handbuch tGewA findet keine Anwendung, da es sich um eine Messstelle im Eigentum Dritter handelt, die zudem der aktiven Wasserversorgung dient (vgl. die elektronisch unter GWK 2_G048 gespeicherte Objektliste_Musterverfahren_2_G048.xlsx sowie Anlage 4 zum Schriftsatz des Antragsgegners v. 14.2.2024). Unbeschadet dessen hat der Antragsgegner auch für den Brunnen 411059270.... im Rahmen der Festlegung des Ausweisungsnetzes eine erstmalige Aufnahmeprüfung durchgeführt (s. lfd. Nr. 193 der zu dieser Messstelle elektronisch unter Anlage1_1_Stammdaten gespeicherten Auflistung 004_Festlegung AVV_Messnetz_Stand_22.07.2022.xlsx). Soweit es um die Überprüfung der Funktionsfähigkeit geht, hat diese auch bezüglich des Brunnens bei jeder Probenahme stattgefunden (s. dazu die vorgelegten Probenahmeprotokolle in den elektronischen Akten unter Anlage1_3_Anforderungen_GwProbenahme/Probennahmeprotokolle). Zudem handelt es bei dieser Messstelle um einen aktiven Brunnen der Wasserversorgung, so dass etwaige Funktionsmängel ohnehin im laufenden Betrieb aufgefallen wären. Es ist mithin zur Überzeugung des Senats nichts dafür ersichtlich, dass die Messstelle an einem Mangel leidet, der Auswirkungen auf die gemessenen Nitratwerte und damit die Gebietsausweisung hätte.
161
h) Auch hinsichtlich der Probennahmen zeigen die Antragsteller keine Verstöße gegen § 4 Abs. 1 Satz 4 AVV GeA i.V.m. Anlage 1 Nr. 3 AVV GeA auf, die sich auf die Gebietsausweisung ausgewirkt hätten.
162
Gemäß Anlage 1 Nr. 3 AVV GeA haben die Probennahmen nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik, zum Beispiel nach dem dort genannten AQS-Merkblatt P-8/2 „Probenahme von Grundwasser“ zu erfolgen.
163
Soweit die Antragsteller ursprünglich gerügt hatten, der Antragsgegner habe keine Probenahmeprotokolle vorgelegt, haben sie diese Rüge nach Vorlage der Verwaltungsvorgänge durch den Antragsgegner nicht mehr aufrechterhalten (vgl. Schriftsatz der Antragsteller vom 11.9.2023, S. 26 f. unter IV.). Zuletzt noch gerügt haben die Antragsteller, der Antragsgegner habe Proben aus den Messstellen Nr. 113160270.... (F.), 113264270.... (I.) und Nr. 412063270.... (S1.) verwendet, deren Ergebnisse aufgrund von Ionenbilanzfehlern im Widerspruch zu den allgemein anerkannten Regeln der Technik stünden und daher für die Gebietsausweisung nicht herangezogen werden dürften. Dieses Vorbringen überzeugt nicht:
164
Zu diesem Ergebnis kommen die Antragsteller nämlich nur, wenn sie die Plausibilitätsgrenzen der DVWK-Regeln 128 (Entnahme und Untersuchungsumfang von Grundwasserproben, 1992) anwenden, weil dann bezogen auf acht Messstellen nur 27 von 45 Analysen plausibel sind. Wendet man hingegen die Kriterien der DIN 38402-62: 2014-12 (Deutsche Einheitsverfahren zur Wasser-, Abwasser- und Schlammuntersuchung – Allgemeine Angaben (Gruppe A) – Teil 62: Plausibilitätskontrolle von Analysendaten durch Ionenbilanzierung) an, sind 41 der insgesamt 45 Analysen als plausibel einzustufen (vgl. das von den Antragstellern vorgelegte Fachgutachten vom 24. April 2023, S. 40 f.). Es spricht viel dafür, dass die DVWK-Regel 128 hinsichtlich der Ermittlung der Ionenbilanzfehler nicht mehr als allgemein anerkannte Regel der Technik einschlägig ist. Diese Regel wurde in das Arbeitsblatt DVGW W 112 (A) „Grundsätze der Grundwasserprobenahme aus Grundwassermessstellen“ vom Oktober 2011 integriert (vgl. DVGW W 112 (A), S. 5 – vorgelegt im Anlagenkonvolut ASt 3; DVGW W 112 (A) ist inhaltsgleich mit DWA-A 909). Gemessen an Titel und Inhalt des Arbeitsblatts DVGW W 112 (A) betrifft dies allerdings nur die Grundwasserprobenahme, nicht hingegen die Vorgaben zur Ermittlung der Ionenbilanz, die in diesem Arbeitsblatt nicht thematisiert werden, sondern nun in der DIN 38402-62. Letztlich kann dies jedoch dahingestellt bleiben. Selbst wenn die DVWK-Regel 128 hinsichtlich der Ionenbilanz noch relevant sein sollte, stünde daneben die zweifellos als allgemein anerkannte Regel der Technik anwendbare DIN 38402-62, nach welcher die Proben weit überwiegend als plausibel einzustufen sind. Selbst der Fachgutachter der Antragsteller kommt in seinem Fachgutachten vom 24. April 2023 (S. 40) zu dem Ergebnis, dass „41 der insgesamt 45 Analysen nach den geltenden Kriterien der DIN 38402-62: 2014-12 als plausibel einzustufen sind.“ Hieraus schließt er weiter: „Da die geltende Norm aber weitgehend eingehalten ist und weder systematische Fehler in der Verteilung der Bilanzen, noch eine deutliche Häufung größerer Fehler bei bestimmten Messstellen vorliegt, ist davon auszugehen, dass die Analyseergebnisse weitgehend als vertrauenswürdig einzustufen sind.“ Hieran müssen sich die Antragsteller festhalten lassen.
165
Soweit die Antragsteller hinsichtlich der Quellmessstelle 113260270.... (K.) die Probenahme mittels Schöpfprobe sowie den Ort der Probennahmen kritisieren, wurde oben bereits dargelegt, dass insoweit keine auf die Gebietsausweisung durschlagenden Mängel bestehen.
166
i) Die immissionsbasierte Abgrenzung (§ 5 AVV GeA), wie sie der Antragsgegner im Gebiet des Grundwasserkörpers 2_G048 vorgenommen hat, ist ebenfalls nicht zu bestanden. Mängel, die sich auf die Gebietsausweisung ausgewirkt hätten, liegen nicht vor. Dies gilt sowohl hinsichtlich der Auswahl der Zusatzmessstellen (sogleich aa), als auch hinsichtlich der Anwendung des deterministischen Regionalisierungsverfahrens Voronoi (unten bb).
167
aa) Die Auswahl der Zusatzmessstellen für die immissionsbasierte Abgrenzung ist nicht zu beanstanden.
168
Für die immissionsbasierte Abgrenzung von belasteten und unbelasteten Gebieten innerhalb der einzelnen Grundwasserkörper auf Basis der gemessenen Nitratkonzentration „dürfen“ (wiederum nicht: „müssen“) unterstützend Zusatzmessstellen herangezogen werden (§ 5 Abs. 1 Satz 2 AVV GeA; Anlage 1 Nr. 5 AVV GeA). Weder aus § 13a DüV noch aus der AVV GeA ergibt sich hingegen eine Pflicht der Länder, weitere oder gar konkrete Zusatzmessstellen zusätzlich aufzunehmen. Die Grenze dabei ist erreicht, wenn eine nach der Überprüfung als geeignet befundene Messstelle willkürlich ausgeschieden wird oder eine Messstelle auf den ersten Blick offensichtlich fehlerhaft als ungeeignet eingestuft wird (z.B. Übertragungsfehler). Dann wäre die konkrete Messstellenauswahl nicht mehr von dem Auswahlermessen des Antragsgegners gedeckt. Gemäß Anlage 1 Nr. 5 AVV GeA müssen die Zusatzmessstellen die Anforderungen nach Anlage 1 Nr. 2 Buchst. a und c bis f, Nr. 3 und Nr. 4 AVV GeA erfüllen.
169
Dementsprechend ist der Antragsgegner bei der Auswahl der Zusatzmessstellen für die Regionalisierung im Wege der immissionsbasierten Abgrenzung vorgegangen. Er hat mögliche Zusatzmessstellen anhand einer Datenbankrecherche ausgewählt. In den Blick genommen wurden dabei alle in den Datenbanken erfassten Objekte mit Nitratmesswerten aus dem maßgeblichen Zeitraum 2018 – 2021. Die Ergebnisse dieser Überprüfung wurden zusätzlich mit den örtlich zuständigen Wasserwirtschaftsämtern abgestimmt. Im Ergebnis wurden für die Regionalisierung von über 11.000 Objekten 4.397 Zusatzmessstellen berücksichtigt, davon 915 in den 83 zu betrachtenden Grundwasserkörpern (vgl. im Einzelnen die Unterlagen in den elektronischen Akten unter Daten_bayernweit/Erstellung Gebietskulissen/4 Zusatzmessstellen). Aus diesen Unterlagen lässt sich hinreichend entnehmen, dass der Antragsgegner die Auswahl der Zusatzmessstellen entsprechend den Vorgaben der AVV GeA vorgenommen hat. Dabei musste er entgegen der Auffassung der Antragsteller die Details der Auswahlentscheidung nicht gesondert dokumentieren. Auch das Konzept des Antragsgegners, bei der Auswahl von Zusatzmessstellen die Bestandsunterlagen zu prüfen, steht in Einklang mit den Vorgaben der AVV GeA und erscheint vor dem Hintergrund des Aufwands der Überprüfung von mehr als 11.000 Objekten naheliegend und insbesondere nicht willkürlich. Anhaltspunkte dafür, dass Messstellen zu Unrecht oder trotz Eignung willkürlich oder offensichtlich fehlerhaft nicht herangezogen worden wären, sind weder vorgetragen noch ersichtlich geworden.
170
bb) Die immissionsbasierte Abgrenzung, bei welcher der Antragsgegner das deterministische Regionalisierungsverfahren Voronoi angewandt hat, begegnet keinen Bedenken.
171
Die immissionsbasierte Abgrenzung von belasteten und unbelasteten Gebieten hat nach Maßgabe des § 5 Abs. 1 AVV GeA auf Basis der gemessenen bzw. festgestellten Nitratkonzentrationen an den Messstellen des Ausweisungsmessnetzes (§ 4 AVV GeA) zu erfolgen, dabei dürfen unterstützend Zusatzmessstellen herangezogen werden. Zusätzlich sind unter bestimmten Voraussetzungen Einzugsgebiete von Trinkwasser- oder Heilquellenentnahmestellen hinzuzunehmen (§ 5 Abs. 3 AVV GeA). Hinsichtlich des Verfahrens schreibt § 5 Abs. 2 AVV GeA im Ausgangspunkt vor, dass die immissionsbasierte Abgrenzung in allen Grundwasserkörpern eines Landes einheitlich durch die Anwendung eines geostatistischen Regionalisierungsverfahrens nach Anlage 2 AVV GeA zu erfolgen hat. Dabei haben die Bundesländer gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 AVV GeA erst bis zum 31. Dezember 2024 die Messstellen entsprechend den Anforderungen für das geostatistische Regionalisierungsverfahren nach Anlage 2 AVV GeA auszubauen. Weitere Übergangsregelungen enthalten § 15 Abs. 2 Sätze 2 bis 4 AVV GeA: Danach kann ein Bundesland, sofern die Anforderungen an das geostatistische Regionalisierungsverfahren nach § 5 Absatz 2 in einem Grundwasserkörper nicht erreicht werden, bis längstens 31. Dezember 2028 übergangsweise in allen Grundwasserkörpern entweder eine Interpolation nach den Anforderungen für deterministische Regionalisierungsverfahren nach Anlage 3 AVV GeA oder eine Abgrenzung nach hydrogeologischen, hydraulischen oder hydrogeologischen und hydraulischen Kriterien nach Anlage 4 AVV GeA durchführen. Als deterministische Regionalisierungsverfahren sind dabei Inverse Distance Weighting (IDW)-Interpolation und die Voronoi-Interpolation vorgesehen. Eine Voronoi-Interpolation ist allerdings nur zulässig, sofern in dem jeweiligen Land oder im Einzelfall die Anforderungen an die Messstellendichte für eine Inverse Distance Weighting (IDW)-Interpolation nach Anlage 3 Nr. 1 Buchst. b AVV GeA nicht erfüllt werden können. Zusatzmessstellen dürfen auch bei diesen Verfahren herangezogen werden (§ 15 Abs. 2 Satz 4 AVV GeA). Gemäß Anlage 2 Nr. 1 Buchst. b AVV GeA erfordert das geostatistische Regionalisierungsverfahren hinsichtlich der Messstellendichte, dass bei stark variierenden hydrogeologischen Einheiten mindestens eine Messstelle je 20 Quadratkilometer und bei großflächig verbreiteten hydrogeologischen Einheiten mindestens eine Messstelle je 50 Quadratkilometer im jeweiligen Grundwasserkörper vorhanden ist. Für die deterministischen Regionalisierungsverfahren fordert Anlage 3 Nr. 1 Buchst. a AVV GeA einen weitgehend homogenisierten flächendeckenden Mess-Datensatz. Gemäß Anlage 3 Nr. 1 Buchst. b AVV GeA ist für das IDW-Verfahren eine Messstellendichte von mindestens einer Messstelle je 50 Quadratkilometer bezogen auf die Landesfläche erforderlich, beim Voronoi-Verfahren darf eine Binnendifferenzierung ab einer Messstellenzahl von zwei Messstellen je Grundwasserkörper erfolgen.
172
Der Antragsgegner hat im hier relevanten Grundwasserkörper 2_G048 das deterministische Regionalisierungsverfahren Voronoi angewandt. Er ist dabei davon ausgegangen, dass eine landesweite Anwendung des geostatistischen Regionalisierungsverfahrens nicht möglich sei, weil die in Anlage 2 Nr. 1 Buchst. b AVV GeA vorgesehene Messstellendichte von mindestens einer Messstelle je 50 km2 im jeweiligen Grundwasserkörper nicht in allen Grundwasserkörpern erreicht werde. Hingegen sei die Anwendung des IDW-Verfahrens in Bayern grundsätzlich möglich, da die für IDW erforderliche Messstellendichte von einer Messstelle je 50 km2 bezogen auf die Landesfläche (Anlage 3 Nr. 1 Buchst. b AVV GeA) bei einer Landesfläche von 70.550 km2, 685 Messstellen im Ausweisungsnetz und 4.397 Zusatzmessstellen in Bayern erreicht werde. Dennoch werde „im Einzelfall“ (§ 15 Abs. 2 Satz 3 AVV GeA) in einem Grundwasserkörper das Voronoi-Verfahren angewendet, wenn die Anforderungen für die Anwendung von IDW in diesem Grundwasserkörper nicht erfüllt seien. Letzteres sei ausgehend von der Vorgabe in Anlage 3 Nr. 1 Buchst. a AVV GeA, es müsse ein weitgehend homogenisierter flächendeckender Mess-Datensatz vorliegen, dann der Fall, wenn die Fläche eines Grundwasserkörpers nicht deutlich mehrheitlich (≥ 60%) durch Messstellen abgedeckt sei, die jeweils eine Fläche von 50 km2 repräsentierten. Nur bei einer ausreichenden Verteilung sei der Einsatz von IDW fachlich sinnvoll. Im Grundwasserkörper 2_G048 liege eine Abdeckung von lediglich 49% vor, so dass der für das IDW-Verfahren erforderliche Abdeckungsgrad nicht erreicht sei (vgl. die Erläuterungen in den Schriftsätzen des Antragsgegners vom 10.11.2023, S. 47 ff., und vom 19.1.2024, S. 45 f., sowie in der mündlichen Verhandlung am 25.1.2024, SP v. 25.1.2024 S. 3).
173
Dieses Vorgehen begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Zu Recht hat der Antragsgegner von der Anwendung des geostatistischen Regionalisierungsverfahrens, das gemäß § 5 Abs. 2 AVV GeA an sich landesweit einheitlich zur Anwendung kommen soll, abgesehen. Die Anforderung an das geostatistische Regionalisierungsverfahren, dass mindestens eine Messstelle je 50 km2 im jeweiligen Grundwasserkörper vorhanden ist (Anlage 2 Nr. 1 Buchst. b AVV GeA), wird in Bayern derzeit nicht für jeden Grundwasserkörper erfüllt. Dies zeigt etwa der verfahrensgegenständliche Grundwasserkörper 2_G048, der bei einer Fläche von 707 km2, zehn Messstellen im Ausweisungsnetz und vier Zusatzmessstellen (vgl. den „Steckbrief“ für den Grundwasserkörper 2_G048 – vorgelegt als Anlage ASt 8) lediglich eine Messstellendichte von einer Messstelle je 50,5 km2 erreicht (so auch die Antragssteller im Schriftsatz vom 31.5.2023, S. 48, sowie der Fachgutachter der Antragsteller im Fachgutachten vom 24. April 2023, S. 32 – vorgelegt als Anlage ASt 12). Der Antragsgegner kann sich deshalb auf die Übergangsvorschrift des § 15 Abs. 2 Satz 2 AVV GeA berufen, die es ihm bis längstens 31. Dezember 2028 unter anderem erlaubt, eine Interpolation nach den Anforderungen für deterministische Regionalisierungsverfahren nach Anlage 3 AVV GeA durchzuführen. Zu diesen gehören das IDW-Verfahren sowie das Voronoi-Verfahren (§ 15 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 1 AVV GeA; Anlage 3 Nr. 1 Buchst. b AVV GeA). Auch die weitere Voraussetzung in § 15 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 AVV GeA, wonach eine Voronoi-Interpolation nur zulässig ist, sofern in dem jeweiligen Land oder im Einzelfall die Anforderungen an die Messstellendichte für eine IDW-Interpolation nach Anlage 3 Nr. 1 Buchst. b AVV GeA nicht erfüllt werden können, ist eingehalten: Zwar kann die erste Alternative „in dem jeweiligen Land“ nicht zur Anwendung kommen. Der Antragsgegner geht selbst davon aus, dass die gemäß Anlage 3 Nr. 1 Buchst. b AVV GeA für das IDW-Verfahren erforderliche Messstellendichte von einer Messstelle je 50 km2 „bezogen auf die Landesfläche“ in Bayern erreicht ist. Allerdings kann er sich auf die zweite Alternative „im Einzelfall“ berufen. Diese zweite Alternative kann nicht so verstanden werden, auch die Anwendung des Voronoi-Verfahrens „im Einzelfall“ setze voraus, dass die Messstellendichte gemäß Anlage 3 Nr. 1 Buchst. b AVV GeA von einer Messstelle je 50 km2 bezogen auf die Landesfläche nicht erreicht ist. Zwar legt der Wortlaut dies nahe. Allerdings machte bei einem solchen Verständnis die Erwähnung des „Einzelfalls“ als zweite Alternative in § 15 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 AVV GeA keinen Sinn, denn es verbliebe neben der ersten Alternative „in dem jeweiligen Land“ kein Anwendungsbereich für diese zweite Alternative. Sinn macht es hingegen, den Einzelfall im Sinn des § 15 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 AVV GeA dahingehend zu verstehen, dass von der Anwendung des IDW-Verfahrens – über den Fall einer nicht ausreichenden Messstellendichte von einer Messstelle je 50 km2 bezogen auf die Landesfläche hinaus – in weiteren Fällen abgesehen werden kann, wenn das IDW-Verfahren aus fachlicher Sicht nicht sinnvoll ist. Insofern überzeugt die Vorgehensweise des Antragsgegners, für die Anwendung des IDW-Verfahrens mit Blick auf das auch in Anlage 3 Nr. Buchst. a AVV GeA zum Ausdruck kommende Erfordernis eines weitgehend homogenisierten, flächendeckenden Mess-Datensatzes einen Abdeckungsgrad von mindestens 60% vorauszusetzen, weil – so die überzeugende Darlegung der Fachleute des Antragsgegners in der mündlichen Verhandlung (SP v. 25.1.2024, S. 3) – nur bei einer ausreichenden Verteilung der Einsatz von IDW sinnvoll ist. Letztlich kann dies in vorliegendem Fall dahingestellt bleiben: Wollte man diese fachlichen Überlegungen des Antragsgegners nicht billigen, bliebe nur, den Maßstab in Anlage 3 Nr. 1 Buchst. b AVV GeA von einer Messstelle je 50 km2 statt auf die Landesfläche auf die Fläche des Grundwasserkörpers zu beziehen. Da im verfahrensgegenständlichen Grundwasserkörper 2_G048 – wie oben dargelegt – lediglich eine Messstellendichte von einer Messstelle je 50,5 km2 erreicht wird, wäre auch bei dieser Betrachtungsweise ein IDW-Verfahren ausgeschlossen und damit eine Voronoi-Interpolation zulässig (so im Übrigen auch der Fachgutachter der Antragsteller in seinem Fachgutachten vom 24. April 2023, S. 32 – vorgelegt als Anlage ASt 12). Die in Anlage 3 Nr. 1 Buchst. b AVV GeA genannte Mindest-Messstellenzahl von zwei Messstellen je Grundwasserkörper ist im Grundwasserkörper 2_G048 mit zehn Messstellen im Ausweisungsnetz und vier Zusatzmessstellen erreicht. Soweit die Antragsteller mit dem von ihnen vorgelegten Fachgutachten vom 24. April 2023 (S. 42) grundsätzliche Kritik an einer Regionalisierung mittels des Voronoi-Verfahrens üben, können sie damit nicht durchdringen. Trotz seiner Defizite ist das Voronoi-Verfahren in der AVV GeA, an dessen Regelungen sich der Senat orientiert, vorgesehen und damit zulässig.
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j) Sonstige Mängel, die sich auf die Gebietsausweisung auswirken hätten können, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
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5. Auch die weiteren Regelungen in der AVDüV sind nicht zu beanstanden. Insbesondere findet die Anordnung zusätzlicher Anforderungen in § 1 Abs. 2 AVDüV ihre Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 4 Satz 1, Satz 2 Nr. 3, Abs. 5 und § 15 Abs. 5 (früher Abs. 6) Satz 1 DüngG i.V.m. § 13a Abs. 3 DüV. Die Ausnahme für Dauergrünlandflächen in § 1 Abs. 3 AVDüV beruht auf § 3 Abs. 4 Satz 1, Satz 2 Nr. 3, Abs. 5 und § 15 Abs. 5 (früher Abs. 6) Satz 1 DüngG i.V.m. § 13a Abs. 2 Nr. 1 Teils. 3 DüV. Rechtsgrundlage der abweichenden Anforderungen in § 3 AVDüV ist § 3 Abs. 4 Satz 1, Satz 2 Nr. 3, Abs. 5 und § 15 Abs. 5 (früher Abs. 6) Satz 1 DüngG i.V.m. § 13a Abs. 7 DüV. § 4 AVDüV beruht auf § 14 Abs. 2 Nr. 1, 15 Abs. 5 (früher Abs. 6) Satz 1 DüngG i.V.m. § 13a Abs. 1 DüV.
III.
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Nach alledem war der unbegründete Normenkontrollantrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
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Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.
178
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.