Titel:
Stilllegung eines Waschplatzes
Normenkette:
WEG § 16, § 18, § 19
Leitsätze:
1. Ist eine gemeinsam genutzte Einrichtung nicht in der Teilungserkläung angelegt, kann deren Stillegung als Gebrauchsregelung beschlossen werden. (Rn. 20 – 26) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Einholung von Vergleichsangeboten ist nicht erforderlich, wenn die Belastung für den Eigentümer bei nur 34,46 € liegt, auch wenn die Gesamtmaßnahme ein Volumen von 8.000 € hat. (Rn. 28 – 31) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Nutzungsbeschluss, Wohnungseigentum, Vergleichsangebote, ordnungsmäßige Verwaltung
Fundstellen:
BeckRS 2024, 13634
ZMR 2024, 704
LSK 2024, 13634
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist in Ziff. 2. vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Der Streitwert wird auf EUR 37.500,00 festgesetzt.
Tatbestand
1
Gegenstand der Klage ist die Anfechtung des zu TOP 12 der Eigentümerversammlung vom 26.07.2023 gefassten Beschlusses der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft über die Stilllegung eines Waschplatzes mit Leichtfüssigkeitsabscheider.
2
Der Kläger ist als Eigentümer der Wohnung Nr. 49 in der aus sieben Häusern mit 105 Wohneigentumseinheiten, 38 Teileigentumseinheiten sowie einer Tiefgarage mit 248 Abstellplätzen bestehenden Beklagten Mitglied der Beklagten. Die Rechtsbeziehungen der Mitglieder der Beklagten sind im wesentlichen geregelt durch die als Anlage K 1 vorgelegte Teilungserklärung nebst Gemeinschaftsordnung.
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Die 248 Kfz-Abstellplätze befinden sich im 1. und 2. UG der Wohnungseigentumsanlage, wobei sich die Tiefgarage über mehrere Grundstücke weiterer Eigentümer auch außerhalb der Beklagten erstreckt. Gem. § 4 Ziff. 1 der Gemeinschaftsordnung wurden diesbezüglich an 20 Stellplätzen Dienstbarkeiten bestellt, nicht jedoch an dem hier streitgegenständlichen Stellplatz, der als Autowaschplatz genutzt wird.
4
In der Tiefgarage befinden sich – technisch kombiniert – eine Entwässerungsanlage für die Tiefgarage, eine Leichtfüssigkeitsabscheideanlage sowie ein Kfz-Waschplatz für die Tiefgaragennutzer. Bei der Tiefgaragenreinigung wurde bisher das Abwasser über die Entwässerungseinrichtung des 1. UG und damit über den Waschplatz entsorgt. Die Leichtfüssigkeitsabscheideanlage befindet sich im 2. UG in einem eigenen Installationsraum.
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Mit Schreiben der Stadtentwässerung vom 14.12.2017 und 25.07.2018 (Anlage K 4) war die Beklagte aufgefordert worden, die gesetzlich vorgeschriebene Generalinspektion der Leichtfüssigkeitsabscheideanlage durchführen zu lassen oder den Waschplatz nebst Leichtfüssigkeitsabscheideanlage stillzulegen. Im Jahr 2020 kam die Fa. R… zu dem Ergebnis, dass die Anlage in erheblichem Maße undicht sei. Bezüglich der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Bericht vom 19.03.2020 (Anlage K 5). Mit Schreiben vom 02.11.2020 (Anlage K 6) wurde der Beklagten die Entsorgung der defekten Anlage und der Einbau einer neuen Anlage zum Gesamtpreis von 17.257 € angeboten.
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In der Eigentümerversammlung vom 29.07.2021 (vgl. Versammlungsprotokoll Anlage K 7) wurde zu TOP 10.1. beschlossen, die Verwaltung zu beauftragen, nach Einholung eines weiteren Angebots den Neueinbau der Anlage zu Kosten von max. EUR 20.000,00 zu beauftragen.
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In der Eigentümerversammlung vom 06.07.2022 berichtete die Verwaltung zu TOP 9, der technische Aufwand für den Austausch der Entwässerungsanlage sei größer als ursprünglich angenommen, so dass ein Ingenieurbüro eingeschaltet werden müsse. Die Beklagte beschloss daraufhin, den Kostenrahmen auf etwa EUR 60.000 aufzustocken und das Ingenieurbüro … … zu beauftragen. Bezüglich der Einzelheiten wird Bezug genommen auf das Beschlussprotokoll vom 06.07.2022, Anlage K8.
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In der Eigentümerversammlung vom 26.07.2023 (vgl. Versammlungsprotokoll Anlage K 9) wurden die Wohnungseigentümer seitens der Verwaltung darüber informiert, dass mit der Texturplanung vermutlich notwendige bauliche Anpassungen verbunden seien, vor der fertigen Planung nicht festgestellt werden könne, ob die Maßnahme überhaupt umsetzbar sei, die Verwaltung jedoch eine Möglichkeit gefunden habe, die TG-Reinigung ohne Nutzung des Ölabscheiders auszuführen, woraufhin die TG-Reinigung ohne Nutzung des Ölabscheider 2023 erstmals problemlos erfolgt sei, eine Weiterführung des Waschplatzes und Ölabscheiders wirtschaftlich unattraktiv sei und eine Umsetzung nicht sichergestellt werden könne, bevor die Texturplanung abgeschlossen sei, und sich die Kosten für die Stilllegung inklusive Entsorgung gemäß telefonischer Auskunft der Firma R… auf etwa 8.000 € beliefen. Daraufhin wurde in der Eigentümerversammlung vom 26.07.2023 unter TOP 12 folgender Beschluss gefasst:
„Die Eigentümergemeinschaft beauftragt und bevollmächtigt die Verwaltung, einen Fachbetrieb mit der Stilllegung des Waschplatzes und des Leichtflüssigkeitsabscheiders (Ölabscheider) zu beauftragen. Der beauftragte Betrieb soll die notwendigen Anträge bzw. Unterlagen für die Stadtentwässerung München erbringen bzw. übernehmen und die Verwaltung bei der Beantragung unterstützen. Die Kosten hierfür belaufen sich auf etwa 8.000 €. Die Finanzierung erfolgt über die Rücklagen“.
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Der Kläger rügt, die Erläuterungen seien ebenso wie der Beschlusstext in sprachlicher, logischer und inhaltlicher Hinsicht völlig untauglich und unverständlich und dienten offensichtlich im Wesentlichen dem Zweck, den durch die Untätigkeit der Verwaltung entstandenen zeitlichen Druck durch die Stadtentwässerung zu verschleiern. Es sei weder zu erkennen, welche negativen Veränderungen gegenüber den vorausgegangenen Beschlussfassungen ein Umdenken tragen könnten. Ebenso wenig sei zu erkennen, aufgrund welcher positiven Veränderungen ein Verzicht auf die Anlage infrage komme und wie in Zukunft die Reinigung der Tiefgarage stattfinden solle. Bezüglich des Beschlusstextes gelte ähnliches. Die Stilllegung der Anlage bedürfe ausweislich des Schreibens der Stadtentwässerung vom 25.07.2018 keiner Anträge, sondern ausschließlich einer Arbeitsbeginnanzeige. Völlig unklar sei der Umfang der geplanten Arbeiten, des Ausbaus und des Abtransports. Die angegebenen Kosten von lediglich 8.000 € hingen völlig in der Luft und seien weder nachgewiesen noch durch weitere Angebote abgesichert. Der Beschluss sei voreilig, nachdem die Kosten für das Ingenieurbüro aufgrund der Auftragserteilung bereits angefallen seien, aber das Ergebnis von deren Tätigkeit nicht abgewartet werden solle. Dies widerspreche ordnungsgemäßer wirtschaftlicher Verwaltung. Die Abschaffung des Waschplatzes greife in die Individualrechte der Eigentümer, auch des Klägers ein, wofür keine Rechtsgrundlage bestehte. Die Voraussetzungen des § 20 Abs. 4 WEG lägen in der Person des Klägers vor, der die Waschanlage regelmäßig nutze. Schließlich liege ein unzulässiger Eingriff in die Rechte der Dienstbarkeitsberechtigten vor. Mit den Dienstbarkeiten zugunsten externer Eigentümer seien auch Nutzungsrechte an Entwässerungsanlage und Waschplatz verbunden. Eine Zustimmung der Berechtigten, die direkt und außerhalb der WEG einzuholen sei, sei nicht eingeholt und nicht erteilt worden. Der Beschluss greife in diese grundbuchlich gesicherten Rechte ein und sei deshalb rechtswidrig. Mit Schriftsatz vom 29.12.2023 rügt der Kläger, bei der Beschlussfassung hätten die Eigentümer nicht über eine ausreichende Entscheidungsgrundlage verfügt.
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Mit Schriftsatz vom 28.08.2023 hat der Kläger die ursprünglich gegen die B… GmbH gerichtete Klage umgestellt auf die WEG K….
Der Beschluss der Beklagten zu TOP 12 „Stilllegung Waschplatz und Ölabscheider“ vom 26.07.2023 wird für unwirksam erklärt.
12
Die Beklagte beantragt:
Die Klage wird abgewiesen.
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Die Beklagte ist der Ansicht, der angegriffene Beschluss sei weder nichtig, noch widerspreche er ordnungsgemäßer Verwaltung.
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Zur Ergänzung des Tatbestands wird im übrigen Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 22.02.2024. Beweis wurde nicht erhoben.
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Mit Schriftsatz vom 07.03.2024 hat der Kläger weiter vorgetragen, worauf Bezug genommen wird.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.
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1. Das Amtsgericht München ist örtlich und sachlich ausschließlich zuständig, §§ 43 Nr. 4 WEG, 23 Nr. 2 c GVG.
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2. Sowohl die einmonatige Klage – als auch die zweimonatige Klagebegründungsfrist des § 45 Satz 1 WEG wurden eingehalten, insbesondere erfolgte der mit Schriftsatz vom 28.08.2023 vorgenommene Parteiwechsel, nachdem der 26.08.2023 ein Samstag war, innerhalb der Klagefrist.
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3. Der angegriffene Beschluss ist weder nichtig, noch widerspricht er aus den innerhalb der materiellen Ausschlussfrist des § 45 Satz 1 WEG vorgetragenen Gründen ordnungsgemäßer Verwaltung. Unter einer ordnungsgemäßen Verwaltung ist eine Verwaltung zu verstehen, die den Vereinbarungen und Beschlüssen und, soweit solche nicht bestehen, unter Berücksichtigung der Beschaffenheit des gemeinschaftlichen Eigentums, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht. Ob ein Eigentümerbeschluss danach ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, ist im Einzelfall unter Abwägung der für und gegen den Eigentümerbeschluss sprechenden Umstände zu entscheiden, wobei im Vordergrund das Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer und nicht nur einzelner zu stehen hat. Eine Verwaltungsmaßnahme liegt dann im Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer, wenn sie bei objektiv vernünftiger Betrachtung unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls nützlich ist. Um dies festzustellen, müssen im konkreten Fall der mit der Maßnahme verbundene Nutzen und die mit der Maßnahme verbundenen Risiken gegeneinander abgewogen werden. Für die Ordnungsmäßigkeit spielt daher die konkrete Situation der Gemeinschaft und auch deren finanzielle Leistungsfähigkeit eine Rolle. (vgl. Spielbauer/Then, WEG, 3. Auflage 2017 § 21 Rdnr. 23 m.w.N.).
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a) Der angegriffene Mehrheitsbeschluss, den Waschplatz nebst Ölabscheider stillzulegen, stellt eine den Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums konkretisierende Gebrauchsregelung i.S.d. § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG dar und keinen § 16 Abs. 1 Satz 3 WEG abändernden Gebrauchsentzug.
21
Grundsätzlich ist der Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums einer Regelung durch Mehrheitsbeschluss zugänglich, es sei denn, die Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung enthält andere Regelungen mit Vereinbarungscharakter.
22
Ob es sich so verhält, ist durch Auslegung der Teilungserklärung festzustellen, wobei davon auszugehen ist, dass die Auslegung von Vereinbarungen in der Gemeinschaftsordnung bzw. Teilungserklärung den allgemeinen Grundsätzen für Eintragungsbewilligungen und Grundbucheintragungen unterliegt. Es ist nur auf den Wortlaut und Sinn abzustellen, und zwar so, wie er sich für den unbefangenen Beobachter als nächstliegende Bedeutung der Teilungserklärung und/oder der Gemeinschaftsordnung ergibt. Damit kommt es grundsätzlich bei der Auslegung nicht auf den Willen des Erklärenden an, sondern auf das, was jeder gegenwärtige und zukünftige Betrachter als objektiven Sinn der Erklärung ansehen muss. Außerhalb dessen liegende Umstände dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (vgl. BGH NZM 2010, 407).
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Bezeichnungen in der Teilungserklärung stellen im Zweifel eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 2 WEG dar. In der vorliegend maßgeblichen Teilungserklärung nebst Gemeinschaftsordnung (Anlage K 1) selbst finden Waschplatz und Ölabscheider keine Erwähnung, sondern sind lediglich faktisch vorhanden, es handelt sich – worauf die Beklagte zutreffend hinweist – um einen als Waschplatz genutzten Stellplatz.
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Dass Waschplatz und Ölabscheider planmäßiger Bestandteil der Wohnanlage wären, behauptet i.ü. nicht einmal der Kläger.
25
Da die Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung im vorliegenden Fall hinsichtlich des Waschplatzes keine Regelungen mit Vereinbarungscharakter enthalten, kann der Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums hier grundsätzlich durch Mehrheitsbeschluss geregelt werden. Dies beinhaltet auch die Beschlusskompetenz, den Waschplatz durch Mehrheitsbeschluss stillzulegen.
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Die klägerseits zitierten Entscheidungen des OLG München vom 18.4.2006, Az. 32 Wx 41/06, des BayObLG vom 31. Oktober 2001, 2Z BR 68/01 und des AG Hamburg-Altona vom 11.01.2022, Az. 303c C 10/21 sowie des LG Karlsruhe vom 01.09.2023, 11 S 167/20, betreffen demgegenüber entweder andere Sachverhalte oder stützen die Ansicht des Klägers gerade nicht: Die Entscheidung des OLG München betraf einen Beschluss, sämtliche Anteile am Gemeinschaftseigentum einer Sondereigentümerin zur Nutzung zur Verfügung stellen, die des BayObLG betraf bauliche Veränderungen eines Sondereigentümers, der seine Wohnung von dem Anschluss an die gemeinsame Heizung und Warmwasserversorgung abgetrennt und in seinem Sondereigentum eine eigene Heizungsanlage eingerichtet hatte. In den den Entscheidungen des AG Hamburg-Altona und des LG Karlsruhe zugrunde liegenden Fällen war die entsprechende Gemeinschaftseinrichtung (Schwimmbad bzw. Aufzug) im Gegensatz zum hiesigen Waschplatz und der Leichtfüssigkeitsabscheideanlage in der Teilungserklärung ausgewiesen.
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b) Ob es sich bei der beschlossenen Stilllegung – wie die Beklagte meint – um eine Erhaltungsmaßnahme im Sinne von § 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG oder – wie der Kläger meint, um eine bauliche Veränderung im Sinne von § 20 Abs. 1 WEG handelt, kann im Ergebnis dahingestellt bleiben, da in beiden Fällen für eine positive Beschlussfassung ein einfacher Mehrheitsbeschluss genügt, und der Kläger einen Verstoß gegen die Veränderungssperre des § 20 Abs. 4 WEG nicht substantiiert gerügt hat. Der Kläger führt insoweit lediglich aus, „Die Voraussetzungen des § 20 Abs. 4 WEG liegen in der Person des Klägers vor, der die Waschanlage regelmäßig nutzt.“, ohne vorzutragen, worin vorliegend eine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage, oder eine unbillige Benachteiligung des Klägers im Verhältnis zu den anderen Wohnungseigentümern, die von dem Beschluss ersichtlich in gleicher Weise betroffen sind wie er, liegen sollte.
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c) Der angegriffene Beschluss entspricht auch ohne das Vorliegen vergleichender Angebote ordnungsgemäßer Verwaltung. Zwar wird bei größeren Maßnahmen wie etwa umfangreichen Sanierungsmaßnahmen das den Wohnungseigentümern bei der Beschlussfassung zustehende Ermessen i.d.R. nicht fehlerfrei ausgeübt, wenn die Entscheidung alleine aufgrund eines Kostenangebots getroffen wird, ohne dass Vergleichsangebote eingeholt wurden.
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Beim Beschluss über die Vergabe größerer Aufträge zur Durchführung von Instandsetzungs- oder Instandhaltungsarbeiten oder über die Bestellung eines neuen Verwalters oder sonstiger Maßnahmen ist den Wohnungseigentümern zwar ein gewisser Beurteilungsspielraum zuzubilligen, jedoch verstößt ein entsprechender Beschluss regelmäßig gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn nicht zuvor mehrere, i.d.R. mindestens drei, Konkurrenzangebote eingeholt worden sind. Dadurch soll gewährleistet werden, dass ausreichende Informationsmöglichkeiten als Grundlage der zu treffenden Entscheidung vorliegen, damit etwa technische Lösungen gewählt werden, die eine dauerhafte Beseitigung von Mängeln und Schäden versprechen, damit aber auch auf Wirtschaftlichkeit geachtet wird und keine finanziell zu nachteiligen Beschlüsse gefasst werden (vgl. Bärmann/Merle, 14. Aufl. 2018, WEG § 21 Rn. 31).
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Wann eine größere Maßnahme vorliegt, welche die Einholung von Vergleichsangeboten erforderlich macht, kann nicht betragsmäßig für jede Gemeinschaft gleich angegeben werden. Zwar haben das Landgericht Hamburg und das Landgericht Karlsruhe bei einer Sanierungsmaßnahme den Betrag von 3.000 EUR bereits als so hoch angesehen, dass Vergleichsangebote vorliegen müssen. Das Landgericht Dortmund ist bei 5.000 EUR von einer größeren Maßnahme ausgegangen. Das Landgericht München I hat jedenfalls bei 12.000 EUR die Grenze als überschritten angesehen und offengelassen, ob die 3.000 EUR-Grenze bei größeren Gemeinschaften angehoben werden soll. Auch das Landgericht Hamburg sah bei 12.000 € die Grenze als überschritten an. Das Landgericht Düsseldorf (ZMR 2013, 821) hat dagegen bei einer aus etwa 430 Miteigentümern bestehenden Gemeinschaft und einer Maßnahme mit einem Gesamtvolumen von 45.000 EUR die Grenze als noch nicht überschritten angesehen, da jeder Miteigentümer nur mit wenigen 100 EUR an den Kosten beteiligt war. Das Landgericht Düsseldorf hat als maßgeblich auch angesehen, dass bei einer größeren Eigetümergemeinschaft ansonsten kaum noch ein Auftrag direkt vergeben werden könnte, weil regelmäßig höhere Beträge anfallen, die dann zur Einholung mehrere Angebote verpflichten würden. Im Ergebnis ist die Betragsgrenze daher nicht starr festzusetzen, sondern sind in jedem Einzelfall die konkreten Umstände, wie etwa die Größe der Gemeinschaft, ihre finanzielle Lage, die Belastung des Einzelnen und der Schutz des Einzelnen und der Mehrheit vor Fremdbestimmung durch die Verwaltung gegeneinander abzuwägen (vgl. Spielbauer/Then, WEG, 3. Aufl. 2017, § 21 Rz. 23). In diesem Sinne hat auch das Landgericht München I darauf hingewiesen, dass das Einholen von Vergleichsangeboten kein Selbstzweck ist, und drei Vergleichsangebote keine starre Untergrenze bilden, sodass unter ggf. auch weniger oder gar keine Vergleichsangebote ausreichen (vgl. LG München I, Hinweisbeschluss vom 16.09.2015 – 1 S 1224/15).
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Nachdem es sich bei der Beklagten um eine aus sieben Häusern mit 105 Wohneigentumseinheiten, 38 Teileigentumseinheiten sowie einer Tiefgarage mit 248 Abstellplätzen und damit größere WEG handelt, wobei auf die klägerische Wohnung Nr. 49 ein Miteigentumsanteil von 43,076/10.000 entfällt, so dass der Anteil des Klägers an der beschlossenen Maßnahme – wie die Beklagte zutreffend ausführt – lediglich EUR 34,46, beträgt, bedurfte es vorliegend der Einholung von Vergleichsangeboten nicht.
32
d) Soweit der Kläger rügt, es sei weder zu erkennen, welche negativen Veränderungen gegenüber den vorausgegangenen Beschlussfassungen ein Umdenken tragen könnten, ebenso wenig sei zu erkennen, aufgrund welcher positiven Veränderungen ein Verzicht auf die Anlage infrage komme und wie in Zukunft die Reinigung der Tiefgarage stattfinden solle, verkennt er, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft bei der Beschlussfassung über Verwaltungsmaßnahmen als Ausfluss der Privatautonomie einen weiten Ermessensspielraum hat, der einer Überprüfung durch das Gericht weitgehend entzogen ist. Hinzunehmen sind vom Gericht dabei alle vertretbaren Mehrheitsentscheidungen, da es nicht darauf ankommt, ob eine Regelung in jeder Hinsicht notwendig und zweckmäßig ist. Die Entscheidung der Wohnungseigentümer für eine Stilllegung des Waschplatzes war von deren weitem Auswahlermessen umfasst, insbesondere stand es den Wohnungseigentümern frei, einen abändernden Zweitbeschluss zu fassen, da kein Wohnungseigentümer aus den in den Eigentümerversammlungen vom 29.07.2021 und 06.07.2022 gefassten Beschlüssen einen Rechtsansprch auf Beibehaltung von Waschplatz und Leichtfüssigkeitsabscheideanlage erworben hat.
33
e) Soweit der Kläger rügt, der Beschluss sei voreilig, nachdem die Kosten für das Ingenieurbüro aufgrund der Auftragserteilung bereits angefallen seien, aber das Ergebnis von deren Tätigkeit nicht abgewartet werden solle, ist bereits unklar, welche Kosten für ein Ingenieurbüro bereits angefallen sein sollen, nachdem der Kläger selbst ausführt, das Ingenieurbüro … N… habe eine konkrete Leistung nicht erbracht. Zum anderen liegt – wie unter d) ausgeführt, die Fassung abändernder Beschlüsse innerhalb des Ermessensspielraums der Wohnungseigentümer, die an die in den Eigentümerversammlungen vom 29.07.2021 und 06.07.2022 gefassten Beschlüsse nicht gebunden sind, insbesondere bei wie hier veränderter Sachlage, welche sich aus dem Vorspann zu TOP 12 des Protokolls der Eigentümerversammlung vom 26.07.2023 ergibt.
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f) Dass die Stilllegung der Anlage – wie der Kläger ausführt – keiner Anträge bedarf, sondern ausschließlich einer Arbeitsbeginnanzeige, führt nicht zu seiner Unbestimmtheit, da in dem Beschluss lediglich von notwendigen Anträge bzw. Unterlagen die Rede ist.
35
g) Die angegebenen Kosten von EUR 8.000,00 sind auch nicht aus der Luft gegriffen, sondern beruhen auf einer telefonischen Auskunft einer Fachfirma. Dass die Wohnungseigentümer bei der Beschlussfassung insoweit nicht über eine ausreichende Entscheidungsgrundlage verfügt hätten, hat der Kläger jedoch erstmals mit Schriftsatz vom 29.12.2024 und damit nicht innerhalb der materiellen Ausschlussfristen des § 45 Satz 2 WEG gerügt, und war im Kern auch nicht in der Anfechtungsbegründung angelegt, so dass diese Rüge vom Gericht nicht zu berücksichtigen ist.
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h) Entgegen der Ansicht des Klägers liegt auch kein unzulässiger Eingriff in die Rechte der Dienstbarkeitsberechtigten vor, da der hier streitgegenständliche Stellplatz, der als Autowaschplatz genutzt wird, ausweislich der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung nicht zu den 20 Stellplätzen gehört, an denen Dienstbarkeiten bestellt sind. Soweit der Kläger mit Schriftsatz vom 29.12.2023 geltend macht, das Recht der Dienstbarkeitsberechtigten beschränke sich nicht darauf, ein Fahrzeug auf den bezeichneten Einzelstellplätzen stehen zu haben, sondern beinhalte einen Anspruch auf Mitbenutzung der Einrichtungen der Tiefgarage und deren ordnungsgemäße Bewirtschaftung, insbesondere auch der befahrbaren Gemeinschaftsflächen, bezieht sich ein derartiges Recht jedenfalls nur auf vorhandene Einrichtungen. Ein Rechtsanspruch der Dienstbarkeitsberechtigten auf Beibehaltung des Waschplatzes besteht ebensowenig wie ein entsprechender Anspruch der Wohnungseigentümer.
37
i) Dass Waschplatz und Leichtfüssigkeitsabscheideanlage zur Reinigung der Tiefgarage zwingend erforderlich wären, behauptet nicht einmal der Kläger, der insoweit ausführt, an eine mögliche Funktion der Entwässerungsanlage zur laufenden Wartung und Pflege der Tiefgarage sei bei Errichtung sicher nicht gedacht worden.
38
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
39
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 49 GKG. Danach ist der Streitwert auf das Interesse aller Wohnungseigentümer an der Entscheidung festzusetzen. Er darf den siebeneinhalbfachen Wert des Interesses des Klägers und der auf seiner Seite Beigetretenen sowie den Verkehrswert ihres Wohnungseigentums nicht übersteigen.
40
Das Interesse aller Wohnungseigentümer an der Entscheidung hat der Kläger mit EUR 50.000,00 angegeben, sein Interesse an der Erhaltung des Waschplatzes mit EUR 5.000,00. Nachdem das Gesamtinteresse somit das 7,5 fache Interesse des Klägers von EUR 37.500,00 übersteigt, war der Streitwert vorliegend auf EUR 37.500,00 festzusetzen.