Titel:
Vollstreckung gegen Behörde aus Bescheidungsurteil
Normenkette:
VwGO § 113 Abs. 1 S. 2, Abs. 5 S. 2, § 121, § 168 Abs. 1 Nr. 1, § 172 S. 1
Leitsätze:
1. Die Vollstreckung aus einem rechtskräftigen Bescheidungsurteil setzt voraus, dass die Behörde ihrer im Urteil auferlegten Verpflichtung nicht nachgekommen ist, also überhaupt keine erneute Entscheidung getroffen hat, oder die im Urteil verbindlich zum Ausdruck gebrachte Rechtsauffassung des Gerichts bei der Neubescheidung nicht beachtet hat. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Reichweite der materiellen Rechtskraft erstreckt sich auch auf die Rechtsauffassung, die das Bescheidungsurteil der Behörde zur Beachtung bei dem Erlass des neuen Verwaltungsakts vorschreibt. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die in dem Bescheidungsurteil verbindlich zum Ausdruck gebrachte Rechtsauffassung bestimmt die Rechtskraftwirkung aber nur insoweit, als sie die Gründe betrifft, aus denen das Gericht die Ablehnung für rechtswidrig und den Kläger für dadurch in seinen Rechten verletzt erklärt hatte. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Antrag auf Vollstreckung gegen Behörde aus Bescheidungsurteil, Reichweite Rechtskraftwirkung, Beamtenrecht, Besoldung, Eingangsamt, gehobener technischer Dienst, Beförderung, Bescheidungsurteil, Schadenersatz, Rechtsauffassung, Rechtskraftwirkung, Vollstreckung
Fundstelle:
BeckRS 2024, 11135
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
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Die Antragstellerin begehrt die Vollstreckung aus einem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 16. September 2022 (AN 16 K 20.02557).
2
Ziffer 2) des Urteilstenors lautet wie folgt:
„Die Beklagte wird verpflichtet, die Klägerin dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtlich so zu stellen, als sei sie im Zeitpunkt ihrer Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe am … in das Eingangsamt der Besoldungsgruppe A 10 im gehobenen technischen Verwaltungsdienst eingestuft worden.“
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Die Antragsgegnerin erkannte der Antragstellerin daraufhin einen Gesamtschaden in Höhe von 13.812,89 EUR (brutto) zuzüglich 1.285,98 EUR an Prozesszinsen zu. Der Betrag wurde an die Antragstellerin ausbezahlt.
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Das Begehren der Antragstellerin, bei der Berechnung des Schadensersatzes müsse bereits ab Januar 2019 und nicht erst ab November 2019 die Differenz zwischen der Besoldung der Besoldungsgruppe A 11 und A 10 berücksichtigt werden, lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 3. April 2023 ab. Ebenso lehnte sie den Antrag, der Antragstellerin einen etwaigen Steuerschaden zu ersetzen, ab.
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Über den dagegen eingelegten Widerspruch hat die Antragsgegnerin, soweit ersichtlich, noch nicht entschieden.
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Über ihren Bevollmächtigten hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 25. April 2023 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach Vollstreckungsantrag gegen die Antragsgegnerin gestellt. Die Frage der Höhe des Schadensersatzes sei nicht in einem eigenständigen Verwaltungsverfahren zu klären, sondern im Rahmen eines verwaltungsgerichtlichen Vollstreckungsverfahrens, denn der Tenor des betreffenden Urteils verpflichte die Antragsgegnerin, die Antragstellerin in sämtlichen Belangen so zu stellen, als ob sie am … im Eingangsamt A 10 verbeamtet worden wäre. Das bedeute, es müssten die tatsächlich zu den jeweiligen Terminen durchgeführten Beförderungen unter dem Blickwinkel betrachtet werden, als ob die Antragstellerin am … im Eingangsamt A 10 ernannt worden wäre. Dann hätte sich folgendes Bild ergeben:
Ernennungsakt
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fehlerhaft
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korrekt
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Beamtin auf Probe Rin …
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A 9
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A 10
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Beamtin auf LZ …
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A 9
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A 10
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Beförderung ROin …
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A 10
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A 11
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Beförderung RAmtf …
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A 11
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A 11
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Die Einwände der Antragsgegnerin, dass eine Beförderung nach A 11 aufgrund der Beförderungssperre nach § 22 Abs. 4 Nr. 2a BBG frühestens im September 2019 und nach § 22 Abs. 4 Nr. 1 BBG erst am Beförderungsstichtag 1. Mai 2019 möglich gewesen sei und die Urkunden zudem wegen des hohen Verwaltungsaufwands erst im November 2019 ausgehändigt worden seien, würden zurückgewiesen. Des Weiteren sei der Feststellungsantrag hinsichtlich des potentiellen Schadens begründet, der der Antragstellerin durch die einmalige Auszahlung des Schadensersatzanspruchs entstehen könne. Die Höhe des Schadens könne erst genau beziffert werden, wenn die Antragstellerin die Einkommenssteuererklärung für das Jahr 2023 abgegeben habe. Der Vollstreckungsantrag dürfte sich im vorliegenden Fall nach § 172 VwGO richten, da die Antragsgegnerin in Ziffer 2 des Urteilstenors zu einer Verwaltungshandlung verpflichtet worden sei. Da in der obergerichtlichen Rechtsprechung umstritten sei, ob in den Fällen, in denen eine Behörde zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung gezwungen werden soll, die Erteilung einer Vollstreckungsklausel erforderlich sei, werde höchstvorsorglich die Übersendung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Urteils mit Vollstreckungsklausel beantragt.
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Auf den Hinweis des Gerichts vom 2. August 2023, dass es sich nach vorläufiger Rechtsauffassung des Gerichts bei dem ersten Teil des angekündigten Antrags um einen Leistungs- und nicht um einen Vollstreckungsantrag handeln dürfte, teilte der Antragstellerbevollmächtigte mit, sein Antrag sei von Anfang an auf die Vollstreckung aus dem Urteil vom 16. September 2022 gerichtet gewesen. Es sei offensichtlich nicht beabsichtigt gewesen, eine Leistungsklage zu erheben. Der Antragstellerin sei es zu keinem Zeitpunkt um eine zusätzliche Geldforderung über das Urteil des 16. September 2022 hinaus gegangen. Um das Begehren der Antragstellerin nochmals zu verdeutlichen, werde beantragt,
der Beklagten aufzuerlegen, die Ziffer 2 des Urteils vom 16. September 2022 in der Verwaltungsstreitsache AN 16 K 20.02557 vollständig zu erfüllen und die Beklagte zu diesem Zweck anzuweisen, der Klägerin einen weiteren Betrag in Höhe von 4.967,32 EUR zuzüglich weiterer Zinsen in Höhe von 576,26 EUR (sowie ab 17.8.2023 pro Tag von weiteren 0,90 EUR) zu bezahlen und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin einen etwaigen weiteren Steuerschaden zu ersetzen.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
10
Der Anwendungsbereich des § 170 VwGO sei nicht eröffnet, da dieser nur gelte, wenn der Titel unmittelbar auf Zahlung von Geld laute. Dies sei bei dem Tenor des Urteils vom 16. September 2022 nicht der Fall, vielmehr seien weitere Schritte (Berechnung der genauen Summe) der Vollstreckungsschuldnerin erforderlich. Auch § 172 VwGO sei vorliegend nicht einschlägig. Zum einen sei eine Vollstreckungsklausel notwendig, zum anderen setze § 172 VwGO als besondere Vollstreckungsvoraussetzung eine grundlose Säumnis bei der Erfüllung der Verpflichtung der Behörde voraus. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Die Antragsgegnerin sei ihrer Verpflichtung, die Vollstreckungsgläubigerin in dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtlicher Hinsicht so zu stellen, als sei sie am … in das Eingangsamt der Besoldungsgruppe A 10 eingestellt worden, vollständig nachgekommen. Der Vollstreckungsgläubigerin stehe keine weitere Zahlung als die bisher vorgenommene in Höhe von 13.812,89 EUR brutto zuzüglich 1.285,98 EUR zu. Bei der Frage, wann die Antragstellerin nach A 11 befördert worden wäre, müsse der hypothetische Kausalverlauf im Rahmen des Soll-Werdegangs der Vollstreckungsgläubigerin berücksichtigt werden. Nach diesem sei erst ab November 2019 vom Innehaben des Statusamtes A 11 auszugehen. Bei der Vollstreckungsschuldnerin gebe es sog. Beförderungsstichtage. Das bedeute, dass zum jeweiligen Stichtag die Voraussetzungen für eine Beförderung erfüllt sein müssen, nicht jedoch, dass an dem jeweiligen Stichtag die Beförderungen bereits stattfinden würden. Für die im Raum stehende Beförderung der Antragstellerin von A 10 nach A 11 gelte der 1. Juni 2018 als Beförderungsstichtag. Da die Vollstreckungsgläubigerin zu diesem Zeitpunkt noch nicht Beamtin auf Lebenszeit gewesen sei, habe sie zu diesem Beförderungsstichtag nicht befördert werden können. Es habe somit der 1. Mai 2019 als nächster Beförderungsstichtag gegolten. Da in der Beförderungsrunde 2019 beim … im gehobenen Dienst bis zu 216 Beförderungen vorgenommen werden sollten, was einen erheblichen Verwaltungsaufwand bedeutet habe, seien die Beförderungen gebündelt im November 2019 vorgenommen worden (siehe Vorlage an den Gesamtpersonalrat vom November 2019 hinsichtlich Beförderungen u.a. im gehobenen Dienst zum Stichtag 1.5.2019 als Anlage).
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Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte im hiesigen Verfahren sowie im Verfahren AN 16 K 20.02557 verwiesen. Ebenso wird auf die vorgelegte elektronische Behördenakte Bezug genommen.
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Der Vollstreckungsantrag wird abgelehnt. Die Voraussetzungen für die begehrte Vollstreckung aus Ziffer 2 des Urteils der Kammer vom 16. September 2022 (AN 16 K 20.02557) in Form der Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 4.967,32 EUR zzgl. weiterer Zinsen in Höhe von 576,26 EUR und der Feststellung, dass die Antragsgegnerin verpflichtet sei, der Antragstellerin einen etwaigen Steuerschaden zu ersetzen, liegen nicht vor.
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1. Das Gericht versteht den Antrag in der zuletzt mit Schriftsatz vom 16. August 2023 gestellten Fassung in Zusammenschau mit dem zunächst gestellten Antrag vom 25. April 2023 (gesamter Antrag war mit „Vollstreckungsantrag“ überschrieben) und den Ausführungen des Bevollmächtigten gemäß § 88 VwGO i.V.m. §§ 133, 157 BGB dahingehend, dass die Antragstellerin gemäß §§ 170 ff. VwGO die Vollstreckung aus Ziffer 2 des Urteilstenors in Sachen AN 16 K 20.02557 vom 16. September 2022 begehrt und nicht die Erhebung einer allgemeinen Leistungsklage samt Feststellungsantrag.
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Auf die entsprechenden Hinweise des Gerichts, dass es sich bei dem ersten Teil des Antrages um einen Leistungs- und nicht einen Vollstreckungsantrag handeln dürfte (siehe Erstzustellung vom 27.4.2023 und Hinweis vom 2.8.2023, S. 37, 73 der Gerichtsakte), hat der Bevollmächtigte den Antrag hinsichtlich des ersten Teils nicht in ein Leistungsbegehren abgeändert, sondern sich unter Stellung des Antrages in der unter I. des Beschlusses enthaltenen Fassung dahingehend geäußert, dass „es […] offensichtlich nicht beabsichtigt war […], eine Leistungsklage zu erheben“; es gehe der Klägerin um die Vollstreckung aus dem Urteil und zu keinem Zeitpunkt um eine zusätzliche Geldforderung über das Urteil des 16. September 2022 hinaus.
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Auf den gerichtlichen Hinweis vom 15. Januar 2024, dass die Kammer beabsichtige, das Verfahren aufgrund der gestellten Antrage und der ergänzenden Ausführungen künftig als Vollstreckungsverfahren zu führen, hat sich der Antragstellerbevollmächtigte auf die eingeräumte Frist nicht geäußert.
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In der Gesamtschau sieht sich die Kammer damit an das geäußerte Vollstreckungsbegehren gemäß §§ 170 ff. VwGO (auch wenn in der Formulierung des Antrages nicht mehr eindeutig daran festgehalten wird) der anwaltlich vertretenen Antragstellerin gebunden und an einer Umdeutung in eine Leistungs- und Feststellungsklage (hinsichtlich des beantragten Steuerschadens) gehindert. Die Grenzen zulässiger Auslegung sind regelmäßig erreicht, wenn das Gericht das Begehren als solches nicht erfasst, sondern in ein anderes umdeutet. Damit wird die richterliche Befugnis zur Feststellung des in freier Disposition des Klägers liegenden Klagebegehrens in der Regel überschritten; nur der Kläger ist zu einer Änderung – nichts anderes stellt die Umdeutung dar – seines Begehrens berechtigt (vgl. Schoch/Schneider/Riese, 44. EL März 2023, VwGO § 88 Rn. 7, 7a).
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2. Die Voraussetzungen für eine Vollstreckung aus Ziffer 2 des Urteils der Kammer vom 16. September 2022 (AN 16 K 20.02557) liegen nicht vor.
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Rechtsgrundlage für die beantragte Vollstreckungsmaßnahme ist § 172 S. 1 VwGO.
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Gemäß § 172 S. 1 VwGO kann das Gericht des ersten Rechtszugs auf Antrag unter Fristsetzung gegen die Behörde ein Zwangsgeld bis zehntausend Euro durch Beschluss androhen, nach fruchtlosem Fristablauf festsetzen und von Amts wegen vollstrecken, wenn die Behörde in den Fällen des § 113 Abs. 1 S. 2 und Abs. 5 VwGO und des § 123 VwGO der ihr im Urteil oder in der einstweiligen Anordnung auferlegten Verpflichtung nicht nachkommt. Danach setzt die Vollstreckung aus einem rechtskräftigen Bescheidungsurteil (§ 113 Abs. 5 S. 2 VwGO) voraus, dass die Behörde ihrer im Urteil auferlegten Verpflichtung nicht nachgekommen ist, also überhaupt keine erneute Entscheidung getroffen hat, oder die im Urteil verbindlich zum Ausdruck gebrachte Rechtsauffassung des Gerichts bei der Neubescheidung nicht beachtet hat (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, B.v.13.10.2015 – OVG 12 L 49.15 – juris Rn. 2). Ob dies der Fall ist, bestimmt sich nach dem Inhalt des Vollstreckungstitels und der Reichweite seiner Rechtskraftwirkung. Maßgeblich für den Umfang der materiellen Rechtskraft sind nicht allein der Tenor und die Gründe, aus denen das Gericht den angefochtenen Verwaltungsakt aufgehoben hat, die Reichweite der materiellen Rechtskraft erstreckt sich vielmehr auch auf die Rechtsauffassung, die das Bescheidungsurteil der Behörde zur Beachtung bei dem Erlass des neuen Verwaltungsakts vorschreibt (vgl. BVerwG, U.v. 3.12.1981 – 7 C 30/80 – juris Rn. 14; vgl. Schoch/ Schneider/Pietzner/Möller, 44. EL März 2023, VwGO § 172 Rn. 33, 34). Die in dem Bescheidungsurteil verbindlich zum Ausdruck gebrachte Rechtsauffassung bestimmt die Rechtskraftwirkung aber nur insoweit, als sie die Gründe betrifft, aus denen das Gericht die Ablehnung für rechtswidrig und den Kläger für dadurch in seinen Rechten verletzt erklärt hatte (vgl. BVerwG, U.v. 21.12.1967 – VIII C 2.67 – juris Rn. 5). Fehlen wesentliche Tatbestandsvoraussetzungen oder sonstige Elemente, z. B. in Bezug auf die Ermessensausübung, kann sich die Rechtskraft darauf nicht erstrecken und es tritt von vornherein keine Bindung der Behörde ein (vgl. Schoch/Schneider/Riese, 44. EL März 2023, VwGO § 113 Rn. 231, 233).
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Dies ist vorliegend in Bezug auf die streitige Frage, zu welchem (fiktiven) Zeitpunkt die Antragstellerin nach A 11 hätte befördert werden können, der Fall. Weder Ziffer 2 des Urteilstenors noch die Entscheidungsgründe enthalten rechtskräftige Feststellungen zu einer konkreten Schadensersatzhöhe oder zu der Rechtsauffassung des Gerichts bzgl. der Berechnungsgrundlagen, aus denen sich der vorliegend zwischen den Beteiligten streitige fiktive Beförderungszeitpunkt der Antragstellerin nach A 11 bindend ergeben würde. Das Urteil enthält in Ziffer 2 des Tenors insoweit keinen vollstreckbaren Inhalt, der in Rechtskraft erwachsen konnte und gemäß § 172 S. 1 VwGO vollstreckbar wäre, hätte die Antragsgegnerin diese Verpflichtung nicht oder unzureichend erfüllt.
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Zwar handelt es sich bei Ziffer 2 des rechtskräftigten Urteils der Kammer vom 16. September 2022 (AN 16 K 20.02557) gemäß § 168 Abs. 1 Nr. 1 VwGO durchaus um einen vollstreckbaren Titel, soweit die Antragsgegnerin grundsätzlich verpflichtet wurde, die Antragstellerin dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtlich so zu stellen, als sei sie im Zeitpunkt ihrer Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe am … in das Eingangsamt der Besoldungsgruppe A 10 im gehobenen technischen Verwaltungsdienst eingestuft worden. Es stellt einen Bescheidungstenor im Sinne des § 113 Abs. 5 S. 2 VwGO bezogen auf den Erlass der erforderlichen beamtenrechtlichen Entscheidungen in Form von Verwaltungsakten, ggf. kombiniert mit Realakten (z.B. Auszahlung), dar. Der Erlass eines entsprechenden Leistungs- und Verpflichtungsurteils im Sinne von § 113 Abs. 4, 5 S. 1 VwGO war im Verfahren AN 16 K 20.02557 weder beantragt noch wäre ein solcher Antrag zielführend gewesen. Dem Gericht war es ohne die seitens der Antragsgegnerin diesbzgl. zu treffenden – teilweise in ihrem pflichtgemäßen Ermessen stehenden – originären Entscheidungen und Maßnahmen als Dienstherrin der Antragstellerin nicht möglich, die dafür erforderliche Spruchreife herbeizuführen.
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Dieser ausgesprochenen Verpflichtung ist die Antragsgegnerin nachgekommen. Sie hat das Beamtenverhältnis die Antragstellerin samt damit zusammenhängender dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtlicher Entscheidungen unter Zugrundelegung ihrer Rechtsauffassung entsprechend so nachgezogen, als wäre die Antragstellerin im Zeitpunkt ihrer Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe am … in das Eingangsamt der Besoldungsgruppe A 10 im gehobenen technischen Verwaltungsdienst eingestuft worden. Zur konkreten Umsetzung des Urteilstenors, insbesondere dem streitgegenständlichen „wie“ der Entschädigung, enthielt der Urteilstenor nur insoweit Feststellungen, als das Datum der Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe und die Einstufung in den gehobenen technischen Verwaltungsdienst vorgegeben waren. Zudem sollte eine rückwirkende Anpassung in dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtlicher Hinsicht erfolgen.
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Die Entscheidung der Antragsgegnerin, von einer Beförderung der Antragstellerin nach A 11 erst im November 2019 auszugehen und die Schadensersatzsumme danach zu berechnen, steht mangels entsprechender Aussagen der Kammer nicht im Widerspruch zu Ziffer 2 des Urteilstenors vom 16. September 2022 (AN 16 K 20.02557). Eine unzureichende Umsetzung des Urteilstenors ist insoweit nicht feststellbar. Die im Urteil vom 16. September 2022 niedergelegte Rechtsauffassung der Kammer lässt keinen Gesichtspunkt erkennen, unter dem die daraufhin ergangenen Entscheidungen der Antragsgegnerin aus Gründen der Rechtskraft (§ 121 VwGO) als rechtswidrig anzusehen wären. Dies gilt auch hinsichtlich der beantragten Feststellung, dass die Antragsgegnerin verpflichtet sei, der Antragstellerin einen etwaigen weiteren Steuerschaden zu ersetzen. Die Bindung an das Urteil zwang die Antragsgegnerin nur, die Antragstellerin rückwirkend zum … in das Eingangsamt der Besoldungsgruppe A 10 im gehobenen technischen Verwaltungsdienst einzustufen und entsprechende dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtliche Entscheidungen zu treffen und Konsequenzen zu ziehen. Das Urteil enthält keine Feststellungen dazu, dass zu diesen auch die Anerkennung eines Ersatzanspruches aufgrund eines erst in der Folge eintretenden etwaigen Steuerschadens gehört. Anders als die dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtlichen Entscheidungen, zu denen die Antragsgegnerin verpflichtet wurde, ergibt sich das „ob“ und die Höhe eines steuerlichen Schadensersatzes auch nicht unmittelbar aus dem Gesetz selbst.
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Da mangels Vollstreckbarkeit des Urteilstenors hinsichtlich des Begehrens der Antragstellerin bereits die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen der §§ 170 ff. VwGO fehlen, kann dahinstehen, ob es für die Durchführung der Vollstreckung vor dem Hintergrund der Regelung des § 171 VwGO für die Vollstreckung nach § 172 VwGO der Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Urteils bzw. einer Vollstreckungsklausel § 167 Abs. 1 S. 1 VwGO, § 750 ZPO bedurft hätte.
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Einer Streitwertfestsetzung bedarf es wegen der in Nr. 5301 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 (GKG) festgelegten gesetzlichen Festgebühr nicht (vgl. Schoch/Schneider/Pietzner/Möller, 42. EL Februar 2022, VwGO § 172 Rn. 61).