Titel:
Reisekosten für Ausbildungsreise
Normenkette:
BayRKG Art. 1, Art. 2, Art. 7, Art. 24
Leitsatz:
Es handelte sich um eine Reise zum Zwecke der Ausbildung nach Art. 24 BayRKG, wenn eine Fahrt nicht der Heimreise an den Wohnort, also der allgemeinen Lebensführung des Beamten diente, sondern er mit der Fahrt nach dem Willen des Dienstherrn den Zweck verfolgt, seinen Dienstpflichten dadurch nachzukommen, dass er am angeordneten Digitalunterricht in von ihm gewählten, vom Dienstherrn nicht zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten, nämlich seiner Wohnung, teilnimmt, da der Dienstherr nicht am zugewiesenen Ausbildungsort Räume für die Ausbildung zur Verfügung stellt. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Reisekosten für Ausbildungsreise, Fahrt von Präsenzunterricht am Ausbildungsort an Digitalarbeitsplatz in eigener Wohnung wegen Räumung der unentgeltlich zur Verfügung gestellten Unterbringungszimmer in Ausbildungsstätte während Corona-Epidemie, Dienstlich veranlasste Mehraufwendungen
Vorinstanz:
VG Würzburg, Urteil vom 01.06.2021 – W 1 K 21.440
Fundstelle:
BeckRS 2023, 6041
Tenor
I. Die Berufung wird zurückgewiesen.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Schuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Gläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Der Kläger begehrt Wegstreckenentschädigung für eine am 2. Oktober 2020 absolvierte Fahrt als Dienst- bzw. Ausbildungsreise von K. nach H.
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Der Beklagte wies den in seinem Dienst stehenden Kläger mit Bescheid vom 20. August 2020 im Rahmen seiner Ausbildung vom 14. September 2020 bis 8. Januar 2021 der Teilnahme am Grundstudium an einer Hochschule für den öffentlichen Dienst zu. Das Grundstudium erfolgte aufgrund der Corona-Pandemie im Wechselunterricht, aufgeteilt in digitale Phasen und Präsenzunterricht. Während der digitalen Phase wurde dem Kläger – anders als während des Präsenzunterrichts – vom Beklagten am Ort der Hochschule keine Unterkunft zur Verfügung gestellt; die Unterkünfte waren während der digitalen Unterrichtsphasen zu räumen. Die Anreise für die erste Phase des Präsenzunterrichts erfolgte am 28. September 2020, deren Ende war für den 2. Oktober 2020 vorgesehen. In der Folge schloss sich ab 5. Oktober 2020 wiederum eine digitale Unterrichtsphase an. Gemäß Schreiben vom 20. August 2020 gab der Beklagte nähere Einzelheiten über Unterbringung und Verpflegung bekannt. Dabei wechselten sich zwei- bis dreiwöchige digitale Phasen mit ein- bis zweiwöchigen Präsenzphasen in der Zeit vom 14. September 2020 bis 18. Dezember 2020 ab.
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Mit Bescheid vom 14. Oktober 2020 bewilligte der Beklagte dem Kläger lediglich für die Hinfahrt nach K. Reisekosten in Höhe von 94,50 Euro mit der Begründung, hinsichtlich der Rückfahrt am 2. Oktober führe der Wechsel zwischen Präsenz- und Fernlehre nicht zu einer Unterbrechung der Zuweisung zur Bildungseinrichtung. Es bestehe daher nur für die erste und letzte Fahrt aus Anlass der Zuweisung ein Anspruch auf Erstattung. Zwischenheimfahrten in Folge des Wechsels zwischen Präsenz- und digitaler Lehre seien nur im Rahmen eines bestehenden Trennungsgeldanspruchs erstattungsfähig. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Bescheid vom 8. März 2021 zurück.
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Das Verwaltungsgericht verpflichtete den Beklagten mit Urteil vom 1. Juni 2021 unter Abänderung des Bescheids vom 14. Oktober 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. März 2021, dem Kläger für die Fahrt am 2. Oktober 2020 von K. nach H. eine Wegstreckenentschädigung nach Art. 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 BayRKG zu gewähren. Bei der vom Kläger am 2. Oktober 2020 von K. nach H. unternommenen Fahrt handele es sich entsprechend dem Wortlaut des Gesetzes um „eine Reise zum Zweck der Ausbildung“. Der Dienstherr des Klägers habe vorliegend zum einen veranlasst, dass das Grundstudium nicht vollständig in Präsenz am Ausbildungsort K. stattfinde, sondern im Wechsel zwischen digitalen Phasen und Präsenzunterricht und zum anderen, dass die während der Präsenzphasen zur Verfügung gestellte Unterkunft in K. während des Digitalunterrichts vom Kläger habe geräumt werden müssen, sodass dem Kläger dadurch veranlasste Mehraufwendungen in Form der Reise an den privaten Wohnort entstanden seien. Diese Aufwendungen seien auch notwendig zur Erledigung des Dienst- bzw. Ausbildungsgeschäfts gewesen, da dem Kläger ab 2. Oktober 2020 und während der sich anschließenden digitalen Unterrichtsphase am Ausbildungsort keine Unterkunft durch den Dienstherrn zur Verfügung gestellt worden sei und auch anderweitig nicht zur Verfügung gestanden habe. Es bestehe zwar wohl kein gebundener Anspruch eines Anwärters auf unentgeltliche Unterkunft am Ausbildungsort. Allerdings entspräche es der ständigen Praxis des Dienstherrn, dass die Unterkünfte den Anwärtern während der gesamten Dauer ihres Studiums kostenfrei überlassen würden, sodass diesbezüglich eine Selbstbindung des Dienstherrn anzunehmen sei und der Kläger insoweit einen Anspruch auf Gleichbehandlung habe, zumal auch keine generelle künftige Änderung der Handhabung inmitten stünde. In der zeitweisen Nichtgewährung einer kostenfreien Unterkunft während des digitalen Unterrichts liege damit eine Ungleichbehandlung gegenüber der sonst üblichen Handhabung, die hier auch nicht aufgrund der Covid-19-Pandemie sachlich gerechtfertigt sei. Dies gelte jedenfalls dann, wenn – wie vorliegend geschehen – gleichzeitig keine anderweitige Unterkunft zur Verfügung gestellt werde und überdies die dienstlich veranlassten Mehraufwendungen durch dann erforderlich werdende zusätzliche Fahrten an den privaten Wohnort, um die dort ohnehin bestehende Unterkunft in Anspruch zu nehmen, nicht als Reisekosten erstattet würden. Die vom Dienstherrn hier gewählte Handhabung sei vielmehr mit seiner Fürsorgepflicht gegenüber dem Kläger nicht in Einklang zu bringen. Dies gelte zumal der Dienstherr nach seinem Schreiben vom 12. August 2020 offensichtlich selbst davon ausgegangen sei, dass die Anwärter an ihren privaten Wohnort zur Ableistung des digitalen Unterrichts zurückkehrten. Hieran ändere es nichts, dass sich der Dienstherr in formalistischer Weise darauf zurückziehe, dass er den Kläger während des gesamten Zeitraums des Grundstudiums an den Ort der Hochschule zugewiesen habe, was in der gegebenen Sondersituation des Wechselunterrichts mit gleichzeitigem Verweis aus den zugewiesenen Unterkünften als treuwidrig anzusehen sei. Der Dienstherr habe – anders als der Kläger – maßgeblich Einfluss auf die Gestaltung der Ausbildung sowie auf die Entstehung etwaiger zusätzlicher Aufwendungen und sei daher aufgrund seiner Fürsorgepflicht umgekehrt gehalten, die aufgrund der festgelegten Organisation anfallenden Mehraufwendungen im notwendigen Umfang als Reisekosten zu erstatten. Der Kläger könne nicht auf Trennungsgeldansprüche verwiesen werden. Es habe auch keiner Genehmigung bedurft, da der dem Kläger mit Schreiben vom 20. August 2020 mitgeteilte Ablaufplan für den anstehenden Studienabschnitt und die darin beschriebene und mit konkreten Daten versehene zeitliche Aufteilung in digitale Phasen und Präsenzunterricht einen angeordneten dienstlichen Auftrag bzw. festgelegten Einsatzplan enthalte. Es liege die Konstellation einer Reise zur Erledigung eines Dienst- bzw. Ausbildungsgeschäfts außerhalb des Ausbildungsortes vor (Art. 24 Abs. 1 Satz 3 i.V.m Art. 2 Abs. 2 Satz 1 BayRKG). Der Beklagte gehe aufgrund der zeitlich durchgehenden Zuweisung des Klägers an den Ort der Hochschule während des gesamten Studienabschnitts mit Schreiben vom 20. August 2020 von einem durchgängig einschlägigen Dienst- bzw. Ausbildungsort in K. aus. Die Fahrt vom 2. Oktober 2020 habe eine Reise zur Erledigung eines Dienst- bzw. Ausbildungsgeschäfts, nämlich der Teilnahme an der anstehenden digitalen Unterrichtsphase, außerhalb des Dienst- bzw. Ausbildungsorts dargestellt.
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Dagegen wendet sich der Beklagte mit seiner vom erkennenden Senat zugelassenen Berufung. Der Beklagte macht geltend, das Zurücklegen von Wegstrecken zwischen Wohnung und regelmäßiger Dienststätte sei weder eine Dienstreise noch ein Dienstgang. Dienst- und Ausbildungsreisen begännen bzw. endeten grundsätzlich an der Wohnung. Da Kosten, die durch das Auseinanderfallen von Wohnort und Dienstort entstünden, als Kosten der allgemeinen Lebensführung nicht erstattungsfähig seien, käme eine Erstattung nur bei Vorliegen eines besonderen dienstlichen Anlasses in Betracht. Ein solcher Anlass liege nicht vor. Da die Studierenden erfahrungsgemäß wöchentliche Heimfahrten durchführen würden, sei nicht belegt, dass der Kläger tatsächlich die Fahrt zur Wohnung zusätzlich zurückgelegt habe. Der Kläger habe sich erhöhte Lebenshaltungskosten wegen der auswärtigen Unterbringung erspart. Die Auslegung des Art. 24 Abs. 1 Satz 2 BayRKG, nach der bei Veranstaltungen am Wohnort auch ein Anspruch auf Wegstreckenentschädigung gemäß Art. 6 BayRKG bestehen solle und nicht nur, entsprechend dem Gesetzeswortlaut der Regelung in Art. 24 Abs. 1 Satz 2 BayRKG, ein Anspruch auf Erstattung notwendiger Fahrtkosten und Nebenkosten, sei verfehlt. Die Regelung des Art. 24 Abs. 1 Satz 2 BayRKG für Veranstaltungen am Wohnort könne schon nicht auf ein Ausüben des Dienstes in der Wohnung übertragen werden. Die Regelung ziele darauf ab, dass bei Aus- und Fortbildungsmaßnahmen am Wohnort, die von der Wohnung aus angetreten würden, lediglich eine Fahrtkostenerstattung für öffentliche Verkehrsmittel erfolge. Eine Fahrt, wie vorliegend von der reisekostenrechtlichen Dienststelle zur eigenen Wohnung, sei etwas völlig Anderes und könne nicht unter diese Regelung subsumiert werden. Die vom Verwaltungsgericht aufgeworfene Frage, ob die Regelungen des Art. 2 BayRKG auch bei Ausbildungsreisen entsprechend anzuwenden seien, sei im Hinblick auf Art. 24 Abs. 1 Satz 3 BayRKG, der den Abschnitt II des Bayerischen Reisekostengesetzes auch für Ausbildungsreisen für entsprechend anwendbar erkläre, zu bejahen. Aus der nicht erfolgten Gleichstellung der Ausbildungsreise mit einer Dienstreise in Art. 2 Abs. 2 Satz 4 BayRKG könne daher nicht – wie vom Gericht in Frage gestellt – der Schluss gezogen werden, dass die allgemeinen Voraussetzungen des Art. 2 BayRKG für Ausbildungsreisen keine Anwendung fänden. Da aber Ausbildungsreisen von Dienstreisen zu unterscheiden seien, beinhalte die entsprechende Anwendung des Abschnitts II bei Ausbildungsreisen nicht auch eine pauschale kostenrechtliche Gleichstellung von Ausbildungsreisen mit Dienstreisen, wie schon der Regelungsinhalt des Art. 24 BayRKG zeige. Neben einem zwingenden besonderen dienstlichen Anlass für eine zusätzliche Heimfahrt gemäß Art. 24 Abs. 4 BayRKG und dem Nachweis dafür angefallener Mehraufwendungen mangele es für das Vorliegen einer Ausbildungsreise hier auch an der erforderlichen Genehmigung. Der vorliegende Ablaufplan für den Studienabschnitt könne nicht als Genehmigung von Ausbildungsreisen zum Wohnort für den Zeitraum der Digitalphasen ausgelegt werden, da es den Studierenden letztlich freigestanden habe, wo sie den Digitalunterricht ableisten wollten. Vielmehr seien die entstandenen dienstlichen Mehraufwendungen nach der Spezialregelung des Art. 23 Abs. 1 BayRKG trennungsgeldrechtlich abzufinden. Auch fürsorgerechtliche Gründe könnten nicht zu einer Erstattung führen. Eine sonst übliche Mehrfachbelegung sei aus Infektionsschutzgründen, eine Anmietung weiterer Unterkünfte aus Haushaltsgründen nicht möglich gewesen.
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Der Beklagte beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 1. Juni 2021 abzuändern und die Klage abzuweisen.
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die Berufung zurückzuweisen.
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Es werde vom Beklagten unterstellt, dass das Zurücklegen von Wegstrecken zwischen Wohnung und regelmäßiger Dienststätte grundsätzlich als regelmäßiger Arbeitsweg zu betrachten und deswegen eine Erstattung systematisch ausgeschlossen sei. Es sei aber zu berücksichtigen, dass der Beklagte den Anwärtern zwingend auferlegt habe, für bestimmte Phasen die Unterkunftsräume zu räumen und entsprechend eine Heimfahrt anzutreten, wobei dann der eigentliche Dienstort beim Heimatort gewesen sei. Bei einem Dienstreisenden, der keine Dienststelle nach Art. 2 Abs. 2 Satz 2 BayRKG habe, gelte zwar zunächst die Dienststelle, der der Berechtigte organisatorisch zugeordnet sei, als Dienststelle. Werde einem Beamten aber Homeoffice genehmigt, sei dieser häusliche Arbeitsplatz an den festgelegten Heimarbeitstagen Dienststätte des Beamten. Der häusliche Arbeitsplatz trete an den Heimarbeitstagen als Ort der Dienstleistung an die Stelle des Arbeitsplatzes in der (Stamm-)Dienststelle. Die Verrichtung der Arbeit an der Dienststelle wäre dann als Ausnahme und damit als eine Dienstreise anzusehen, die dann u.U. auch erstattungsfähig wäre. Gleiches müsse umgekehrt gelten, wenn dem Beamten aufgetragen werde, den Dienst für bestimmte Zeiträume ausschließlich im Homeoffice zu verrichten. Dem Beamten müssten solche Aufwendungen erstattet werden, die daraus resultierten, dass nicht nur Heimarbeit genehmigt, sondern sogar angeordnet worden sei, mit der Folge, dass jeweils entsprechende Reisetätigkeiten alleine aus diesem Grunde wahrgenommen werden müssten. Die vom Kläger getätigte Fahrt sei aus dessen Sicht daher eine Dienstbeendigungsreise gewesen, nachdem eine Unterkunft vor Ort nicht mehr zur Verfügung gestanden habe. Daraus sei die zwingende Ableistung des Homeoffice abseits des eigentlichen Dienstortes gefolgt. Bei den üblicherweise zu absolvierenden Arbeitswegen des Beamten verwirkliche sich regelmäßig durch Wahl des Wohnortes ein eigenes privates Risiko, auf das der Dienstherr keinen Einfluss habe. Hier sei es aber umgekehrt, denn das stets abwechselnd angeordnete Homeoffice sei ein vom Dienstherrn veranlasster Mehraufwand gewesen, dem ein Beamter auch durch die Wahl des Wohnortes nicht habe beikommen können.
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Die Beteiligten erklärten sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie der vorgelegten Behördenakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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1. Die zulässige Berufung, über die gemäß § 125 Absatz 1 Satz 1 VwGO i.V.m. mit § 101 Absatz 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann, ist unbegründet.
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Das Bayerische Verwaltungsgericht Würzburg hat mit seinem Urteil vom 21. Juni 2021 den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 14. Oktober 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. März 2021 zu Recht verpflichtet, dem Kläger für die Fahrt am 2. Oktober 2020 von K. nach H. eine Wegstreckenentschädigung nach Art. 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 Bayerisches Gesetz über die Reisekostenvergütung der Beamten und Richter (BayRKG) i.d.F.d. Bek. vom 24. April 2001 (GVBl S. 133, BayRS 2032-4-1-F), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. Dezember 2019 (GVBl S. 724) zu gewähren. Die angefochtenen Bescheide des Beklagten sind insoweit nicht rechtmäßig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), weil die angefallenen Kosten für die Fahrt vom 2. Oktober 2020 dienstlich veranlasste und zur Erledigung der Ausbildung notwendige Mehraufwendungen für eine Ausbildungsreise nach Art. 24 Abs. 1 Satz 3 BayRKG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 Satz 1 und Absatz 2 BayRKG waren.
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Es handelte sich um eine Reise zum Zwecke der Ausbildung nach Art. 24 BayRKG, da die Fahrt von K. nach H. am 2. Oktober nicht der Heimreise an den Wohnort, also der allgemeinen Lebensführung diente. Der Kläger verfolgte mit dieser Fahrt vielmehr mit Wissen und Willen des Dienstherrn den Zweck, seinen Dienstpflichten dadurch nachzukommen, indem er am angeordneten Digitalunterricht in von ihm gewählten, vom Dienstherrn nicht zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten, nämlich seiner Wohnung, teilnahm, da der Dienstherr nicht – wie sonst üblich – am zugewiesenen Ausbildungsort in K. Räume für die Ausbildung zur Verfügung stellte, sondern anordnete, die Diensträume zu verlassen, ohne andere Räume zur Verfügung zu stellen. Eine Ausbildung fand in K. demnach während des Digitalunterrichts nicht statt.
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Wie das Verwaltungsgericht und der Beklagte zutreffend ausführen, war der Ausbildungsort des Klägers und damit der reisekostenrechtliche Dienstort K.
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Nach Art. 24 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Art. 7 Satz 1 BayRKG beginnen Dienst- und Ausbildungsreisen grundsätzlich an der Wohnung. Auch trifft die Auffassung des Beklagten zu, dass die Kosten für die allgemeine Lebensführung wie z.B. die Fahrten von der Wohnung zum Dienstort, die durch das Auseinanderfallen von Wohnort und Dienstort entstehen, nicht erstattungsfähig sind.
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Weist der Dienstherr aber einen Ausbildungsort, hier die Hochschule in K. zu, kann der Kläger grundsätzlich erwarten, dass ihm – unabhängig von einer (un-)entgeltlichen Übernachtungsmöglichkeit – dort zumindest ein Raum zur Verfügung steht, in dem er den Unterricht verfolgen kann. Wie sich aus der Stellungnahme des Beklagten vom 28. April 2021 im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergibt, teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass er zunächst am Ausbildungsort in K. vom 28. September 2020 bis 2. Oktober 2020 Präsenzunterricht hat, dann jedoch das gestellte Unterkunftszimmer verlassen muss. Nach Aktenlage stand es ihm grundsätzlich frei, wo er den digitalen Unterricht verfolgt. Es wurde aber weder eine andere entgeltliche oder unentgeltliche Unterkunft noch ein sonstiger Unterrichtsraum ohne Unterkunftsmöglichkeit vor Ort zur Verfügung gestellt, von dem er den digitalen Unterricht ab 5. Oktober 2020 hätte verfolgen können. Wie der Beklagte in seiner Antragsschrift ausführte, ging der Dienstherr daher davon aus, dass die Mehrzahl der Studierenden von zu Hause aus am Digitalunterricht teilnehmen wird. Daher war der häusliche Arbeitsplatz der Ort, wo er den Digitalunterricht verfolgen und seiner Dienstpflicht nachkommen durfte (vgl. BVerwG, U.v. 24.04.2008 – 2 C 14/07 – juris). Die Rückkehr nach Hause diente nicht der allgemeinen Lebensführung einer – wie der Beklagte ausführt – üblichen Wochenendheimfahrt, sondern erfolgte, um – ausnahmsweise – in seiner Wohnung, dem außerhalb des Dienstortes liegenden Geschäfts- bzw. Ausbildungsort, der Dienstpflicht, am Digitalunterricht teilzunehmen, nachkommen zu können.
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Wenn der Dienstherr angeordnet hätte, dass der Unterricht nicht mehr in K., sondern an einem anderen Ort außerhalb des Ausbildungsfinanzamtes und der Wohnung stattfindet, wäre die Fahrt von K. zu diesem Geschäfts- bzw. Ausbildungsort eine Ausbildungsreise gewesen. Nichts Anderes gilt, wenn der Kläger die Ausbildungsreise an der Dienststelle in K. antritt, um von dort an den Geschäfts- bzw. Ausbildungsort zu fahren, wo er seine Ausbildung weiterführen und den Digitalunterricht verfolgen wollte und sollte, hier seine Wohnung. Nachdem eine Ausbildungsreise nach Art. 24 Abs. 1 Satz 1 BayRKG vorliegt, kommt es auf die Ausführungen des Beklagten, dass Fahrten zwischen Wohnung und Dienststätte nur bei Vorliegen eines besonderen dienstlichen Anlasses nach Art. 24 Abs. 4 BayRKG erstattungsfähig seien, nicht an.
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Es lagen dienstlich veranlasste Mehraufwendungen nach Art. 24 Absatz 1 Satz 3 BayRKG und Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BayRKG vor, die zur Erledigung der Ausbildung gemäß Art. 3 Absatz 2 BayRKG notwendig waren.
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Dienstlich veranlasste und notwendige Mehraufwendungen, nämlich die Fahrtkosten am 2. Oktober 2020 entstanden, weil der Kläger nicht – wie sonst üblich – die gesamte Ausbildungszeit vom 14. September 2020 bis 8. Januar 2021 in K. verbringen konnte, sondern auf Anordnung des Dienstherrn die Zimmer in der Ausbildungsstätte verlassen musste. Mangels anderer Unterkunftsmöglichkeiten in K. musste er zum Zweck der Ausbildung am 2. Oktober 2020 nach Hause fahren, um dort dem Digitalunterricht zu folgen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
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Zwar trifft es zu, dass es dem Kläger freistand, am Unterricht auch an einem beliebigen dritten Ort teilzunehmen. Hätte der Kläger aber z.B. vor Ort ein Zimmer genommen, hätte der Kläger höhere Kosten für die Übernachtungen während des Digitalunterrichts bezahlen müssen als 94,50 Euro für die Fahrt nach Hause. Es war ihm auch wegen der abwechselnden zwei- bis dreiwöchigen digitalen Phasen mit ein- bis zweiwöchigen Präsenzphasen in der Zeit vom 14. September 2020 bis 18. Dezember 2020 nicht zumutbar, vor Ort ein Zimmer anzumieten.
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Der Dienstherr kann bei Zweifeln bis zum Ablauf eines halben Jahres nach Antragstellung, hier dem 9. Oktober 2020, einen Nachweis der Mehraufwendungen verlangen (Art. 3 Absatz 1 Satz 3 BayRKG). Zweifel, ob Mehraufwendungen vorlagen, machte der Beklagte aber erstmals nach Ablauf dieser Frist in der Klageerwiderungsschrift vom 28. April 2021 geltend. Entscheidend ist, ob für die Fahrt dienstlich veranlasste Mehrkosten angefallen sind. Art und Umfang regelt das Gesetz (Art. 3 Abs. 1 Satz 2 BayRKG). Hier sind z. B. Benzinkosten angefallen. Das Gesetz sieht zwar in Art. 24 Abs. 3 BayRKG vor, dass auf die Reisekostenvergütung Zuwendungen Dritter, die Dienstreisenden ihres Amts wegen für dieselbe Dienstreise oder denselben Dienstgang gewährt wurden, anzurechnen sind. Es sieht aber nicht vor, dass der Dienstherr sonstige eventuell ersparte Aufwendungen gegenrechnen kann. Auf die vom Beklagten vorgebrachte Argumentation, dass keine Mehrkosten vorlägen, da Verpflegungskosten für Frühstück und Mittagessen in K. sowie unterstellte private Wochenendheimfahrten erspart worden seien, kommt es daher nicht an.
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Anders als der Beklagte meint, hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt, dass die Ausbildungsreise dadurch als genehmigt galt, dass durch den Ablaufplan ein festgelegter Einsatzplan nach Art. 2 Abs. 6 Satz 2 BayRKG vorlag, wann Präsenz- und Digitalunterricht stattfindet und dass – weil ab 2. Oktober 2020 keine Zimmer mehr zur Verfügung standen – eine Ausbildungsreise an den Wohnort erforderlich wurde. Auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts wird verwiesen.
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Unstreitig war es vor der Corona-Pandemie Praxis, dass über mehrere Wochen Präsenzunterricht stattfand und vor und nach dem Blockunterricht jeweils nur eine Hin- und Rückfahrt zwingend erforderlich waren, die auch erstattet wurden. Die Studierenden hatten die Möglichkeit, an den Wochenenden nach Hause zu fahren, mussten dies aber nicht. Nach Auffassung des Beklagten und des erkennenden Senats war hier aufgrund der Corona-Pandemie eine andere Handhabung als bei den Lehrgängen vor der Pandemie grundsätzlich aus Infektionsschutzgründen gerechtfertigt, da z.B. eine Mehrfachbelegung nicht möglich war. Eine Anmietung von weiteren Zimmern konnte vom Dienstherrn nicht erwartet werden, da sie höhere Kosten verursacht hätte, als die Erstattung der streitgegenständlichen Fahrtkosten.
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Zwar regelt Art. 24 BayRKG, dass bei Reisen zu Ausbildungszwecken Aufwendungen erstattet werden können, dem Beklagten also grundsätzlich ein Ermessen zusteht. Es liegt hier aber eine Ermessensreduzierung auf Null vor, denn es widerspricht im streitgegenständlichen Fall Treu und Glauben, die Fahrtkosten vom 2. Oktober 2020 nicht zu erstatten.
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Entscheidend ist hier, wie das Verwaltungsgericht zu Recht auf Seite 12 des Urteils anmerkt, dass der Dienstherr – anders als der Kläger – maßgeblich Einfluss auf die Gestaltung der Ausbildung und die etwaige Entstehung von zusätzlichen Aufwendungen hatte. Aus dem Schreiben des Beklagten vom 20. August 2020 geht hervor, dass in der Zeit vom 28. September bis 2. Oktober 2020 Präsenzunterricht in K. stattfand. Danach sollte eine digitale Phase folgen. Es sollten mehrere Präsenz- und mehrere Digitalphasen abwechselnd hintereinander erfolgen. Der Kläger hatte demnach die Dienstpflicht, vom 28. September 2020 bis 2. Oktober 2020 – unabhängig von seiner Unterkunftsart – am Unterricht vor Ort teilzunehmen. Aus den Akten geht nicht hervor, dass er stattdessen von zu Hause digital am Unterricht hätte teilnehmen dürfen. Der Dienstherr hätte die wöchentlichen Hin- und Rückfahrten der Lehrgänge dadurch vermeiden können, dass er durchgehend Digitalunterricht oder blockweise mehrere Wochen hintereinander Präsenz- und dann Digitalunterricht angeordnet hätte. Dann wäre für den Blockunterricht vor Ort wie vor der Pandemie nur eine Hin- und Rückreise erforderlich gewesen. Es wäre trotzdem möglich gewesen, abwechselnd mit den anderen Kursen die Ausbildungsräume zu nutzen, die wegen der Corona-Pandemie nicht mehrfach belegt werden konnten. Der Blockunterricht wäre für den jeweiligen Lehrgang kürzer als üblich gewesen. Schon aus organisatorischen Gründen wäre diese Lösung wohl nahegelegen, da dann z. B. kein ständiger Bettenwechsel usw. erforderlich gewesen wäre. Die Folgekosten des Infektionsschutzes gehen in diesem Fall daher nicht – wie der Beklagte meint – einseitig zu Lasten des Beklagten, sondern sind der Entscheidung des Dienstherrn geschuldet, ca. im zweiwöchentlichen Wechsel Präsenz- und Digitalunterricht durchzuführen.
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2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Absatz 1 VwGO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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3. Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO und § 127 BRRG genannten Gründe vorliegt.