Inhalt

LG München I, Endurteil v. 20.09.2023 – 1 S 9372/22 WEG
Titel:

Änderung des Kostenverteilerschlüssels auf das Objektprinzip

Normenkette:
WEG § 16 Abs. 2 S. 2
Leitsätze:
1. Es entspricht nicht ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die Mehrheit die Kostenverteilerschlüssel für Erhaltungsmaßnahmen und Versicherungen auf das Objektprinzip umstellt; ein derartiger Maßstab ist vielmehr willkürlich. (Rn. 23 – 27) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Beschluss, die Kosten, die der GdWE bei Rechtsstreitigkeiten entstehen, nach dem Objektprinzip zu verteilen, ist dagegen ordnungsgemäß.  (Rn. 28 – 29) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Kostenverteilung, Objektprinzip, Versicherungsbeiträge, Erhaltungskosten
Vorinstanz:
AG Altötting, Urteil vom 23.06.2022 – 2 C 122/22
Fundstellen:
ZMR 2024, 1065
ZWE 2024, 324
BeckRS 2023, 47421
LSK 2023, 47421

Tenor

- 1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Altötting vom 23.06.2022, Az. 2 C 122/22, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
a. Die folgenden unter TOP 3 der Eigentümerversammlung vom 23.02.2022 mehrheitlich gefassten Beschlüsse werden für ungültig erklärt:
aa. „Die Kosten von Reparaturen werden zukünftig nach Einheiten verteilt.“ bb. „Die Kosten der Wohngebäudeversicherung werden zukünftig nach Einheiten verteilt.“
cc. „Die Kosten der Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung werden zukünftig nach Einheiten verteilt.“
b. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
c. Von den Kosten des Rechtsstreits in 1. Instanz tragen die Klägerinnen 17% und die Beklagte 83%.
2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerinnen 14% und die Beklagte 86%.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Amtsgerichts Altötting ist, soweit es nicht abgeändert wurde, ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die jeweilige Partei kann die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit i. H. von 110% des vollstreckbaren Betrages aus diesem und dem in Ziffer 1 genannten Urteil des Amtsgerichts Altötting abwenden, wenn nicht der Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit i. H. von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
- Beschluss
- Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 3.439,80 € festgesetzt.

Entscheidungsgründe

I.
1
Die Klägerinnen sind Mitglieder der beklagten Wohnungserbbaurechtsgemeinschaft (im Folgenden: GdWE).
2
Mit ihrer Klage haben die Klägerinnen von mehreren in der Eigentümerversammlung vom 23.02.2022 zu TOP 3 gefassten Beschlüssen, mit denen die zukünftige Verteilung einzelner Arten von Kosten unter den Wohnungseigentümern geregelt wurde, fünf angefochten, nämlich die Beschlüsse, wonach die Kosten von Reparaturen, die Kosten der Wohngebäudeversicherung, die Kosten der Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung und die Rechtskosten künftig nach Einheiten verteilt werden sowie den Beschluss, wonach die Kosten vom Kaminkehrer, welche den Festbrennstoffkamin betreffen, künftig über die Heizkosten der gesamten WEG mit abgerechnet werden.
3
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes einschließlich der in 1. Instanz gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des amtsgerichtlichen Urteils sowie auf das als Anlage K 2 vorgelegte Protokoll der Eigentümerversammlung vom 23.02.2023 und die als Anlage K 1 vorgelegte Teilungserklärung vom 24.03.2015 nebst Gemeinschaftsordnung (im Folgenden: GO) Bezug genommen.
4
Das Amtsgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben und unter Abweisung der Klage im Übrigen die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 23.02.2022 zu Tagesordnungspunkt 3 für ungültig erklärt, soweit
1.
die Kosten von Reparaturen zukünftig nach Einheiten verteilt werden,
2.
die Kosten der Wohngebäudeversicherung zukünftig nach Einheiten verteilt werden,
3.
die Kosten der Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung künftig nach Einheiten verteilt werden
4.
die Kosten von Rechtskosten künftig nach Einheiten verteilt werden.
5
Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, dass die Eigentümer zwar grundsätzlich nach § 16 II Satz 2 WEG in der seit dem 01.12.2020 geltenden Fassung dazu berechtigt seien, den Kostenverteilungsschlüssel für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten durch mehrheitlich gefassten Beschluss zu ändern und dem auch die Regelung in § 6 der GO nicht entgegen stehe. Die Beschlüsse entsprächen jedoch, soweit sie für ungültig erklärt worden seien, nicht ordnungsmäßiger Verwaltung, da sich durch die beschlossene Änderung der Kostenverteilung die größeren Einheiten unangemessen zum Nachteil der kleineren Einheiten entlasten würden, was dem Grundsatz der Verteilungsgerechtigkeit eklatant widerspreche. Das habe die Klagepartei innerhalb der zweimonatigen Frist des § 45 WEG zur Begründung der Anfechtungsklage zumindest im Kern auch gerügt, indem sie bereits im Schriftsatz vom 21.04.2022 klar dargestellt habe, dass die Klägerinnen die Beschlussfassungen über die Abänderung der Verteilung bestimmter Kosten für unwirksam halten, weil sie der Meinung sind, dass nicht mit der Mehrheit der Miterbbaurechtsanteile der beiden größeren Wohnungen eine Änderung der Kostenaufteilung zulasten der beiden kleineren Wohnungen habe bestimmt werden können. Der Beschluss über die Änderung der Kosten von Reparaturen sei darüber hinaus zu unbestimmt, da der Begriff der Reparaturen nicht eindeutig genug im Hinblick auf eine Abgrenzung von Instandsetzungs- und Instandhaltungsmaßnahmen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Urteilsgründe verwiesen.
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Gegen das Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt, mit der sie die vollständige Abweisung der Klage erreichen möchte.
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Zur Begründung der Berufung trägt die Beklagte vor, die Klagepartei habe innerhalb der zweimonatigen Frist zur Begründung der Anfechtungsklage inhaltliche Mängel der angegriffenen Beschlüsse nicht gerügt, sondern die Klage ausschließlich darauf gestützt, dass die erforderliche Mehrheit von 70% der Stimmen aller Wohnungseigentümer gemäß der Öffnungsklausel in § 18 der GO bei den streitgegenständlichen Beschlüssen nicht erreicht worden sei. Erstmals nach Ablauf der zweimonatigen Frist habe die Klagepartei geltend gemacht, dass die Beschlüsse nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entsprächen, weil die Verteilung ungerecht und der Beschluss über die Kostenverteilung von Reparaturen zu unbestimmt sei. Bei der Entscheidung hätten die Beschlüsse nach Ansicht der Beklagten daher nicht auf das Vorliegen inhaltlicher Mängel überprüft werden dürfen, sondern nur darauf, ob der Beschluss mit einfacher Mehrheit wirksam gefasst werden konnte, was vom Amtsgericht zutreffend bejaht worden sei. Unabhängig davon ist die Beklagte aber auch der Meinung, dass die in der Berufung noch streitgegenständlichen Beschlüsse ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen und gerade die Veränderung des Kostenverteilungsschlüssels zu gleichen Teilen nach Wohneinheiten die Verteilungsgerechtigkeit erhöhen soll. Die Miteigentümer seien verpflichtet, das Gemeinschaftseigentum schonend und pfleglich zu behandeln, wie sich nicht zuletzt aus § 3 Nr. 5 der GO ergebe. Es solle ein Anreiz zur Kostensenkung und Kostenvermeidung gesetzt werden. Zudem habe der Gesetzgeber die Möglichkeit der Abänderung des Kostenverteilungsschlüssels ausdrücklich erweitert und den Wohnungseigentümern damit mehr und vor allem einen sehr weitreichenden Gestaltungsspielraum eröffnet. Dabei dürften an die Auswahl eines angemessenen Kostenverteilungsschlüssels keine zu strengen Anforderungen gestellt werden, weil sich jede Änderung des Verteilungsmaßstabes zwangsläufig auf die Kostenlast des einen oder anderen Wohnungseigentümers auswirke. Auch bestehe nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung für einen Anspruch auf Änderung der Kostenverteilung ein relevanter Schwellenwert von 25% für Abweichungen zwischen Wohnfläche und Miteigentumsanteil. Hieraus könne eine Wertung abgeleitet werden. Bei keinem der streigegenständlichen Beschlüsse werde aber eine Veränderung um 25% zwischen Miteigentumsanteilen im Vergleich zu Einheiten auch nur ansatzweise erreicht. Die Verteilung der Rechtskosten sowie der Kosten für die Wohngebäudeversicherung und die Haus- und Grundbesitzerversicherung nach Wohneinheiten entspreche überdies der in § 6 Nr. 1 der GO getroffenen Regelung, wonach die Verwaltungskosten für die jeweilige Wohnung sowie die Kosten des Kabelfernsehens für jede Wohneinheit gleich hoch seien. Zu den Verwaltungskosten gehörten aber auch die Kosten der Rechtsverfolgung sowie die Versicherungsprämien. Die Beschlüsse, wonach diese Kosten nach Wohneinheiten zu verteilen seien, hätten daher nur deklaratorischen Charakter.
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Zudem würden sich die Versicherungsprämien im konkreten Fall nicht nach der Größe der Wohnfläche der einzelnen Wohnungen und des Gebäudes bestimmen, sondern ausschließlich nach der Anzahl der Wohneinheiten. Auch das spreche dafür, diese Kosten nach der Anzahl der Wohneinheiten zu verteilen. Was unter Reparaturen zu verstehen sei, ergebe sich aus dem Verwaltervertrag, der in § 2 Nr. 10c regele, dass der Verwalter zur Erfüllung seiner Aufgaben nach pflichtgemäßem Ermessen zu kleineren bzw. laufenden Instandhaltungsmaßnahmen sowie Reparaturen ohne Beschlussfassung entscheidungsbefugt sei, sofern diese im Einzelfall keine höheren Kosten als 1.500,00 € und insgesamt im Wirtschaftsjahr keine höheren Kosten als 3.000,00 € erfordern. Die Verteilung der Kosten von Reparaturen nach der Anzahl der Wohneinheiten entspreche auch deshalb ordnungsmäßiger Verwaltung, weil die Wohnungen der Klägerinnen bei den Hauptkosten der Kalt- und Warmwasserversorgung sowie der Versorgung mit Heizwärme teilweise einen höheren Anteil hätten als die anderen Wohnungseigentümer mit größeren Einheiten. Durch den höheren Anteil an der Nutzung der Versorgungseinrichtung würden die Klägerinnen auch für eine höhere Abnutzung und höhere Kosten sorgen. Schließlich ist die Beklagte der Auffassung, dass es sich bei den Reparaturkosten um Erhaltungskosten handeln würde und damit letztlich auch um Verwaltungskosten, die gem. § 6 Nr. 1 der GO ohnehin nach Wohneinheiten zu verteilen seien. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung vom 29.08.2022 und auf den Schriftsatz der Beklagtenseite vom 03.04.2023 verwiesen.
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Die Beklagte beantragt unter Abänderung des Urteils vom 23.06.2022:
Die Klage wird abgewiesen.
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Die Klägerinnen beantragen,
Die Berufung ist zurückzuweisen.
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Sie sind der Meinung, die gefassten Beschlüsse über die Änderung des Verteilungsschlüssels für die Kosten von Reparaturen, der Wohngebäudeversicherung, der Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung und für Rechtskosten dahingehend, dass diese Kosten zukünftig nach Einheiten verteilt werden, würden, wie das Amtsgericht zutreffend erkannt habe, ordnungsmäßiger Verwaltung widersprechen. Soweit die Beklagte zurückweise, dass die Änderung der Kostenverteilung nur den Zweck verfolge, die Mehrheit zum Nachteil der Minderheit von Kosten zu entlasten, bleibe sie eine Erklärung schuldig, welchen anderen Zweck die Änderung der Kostenverteilung verfolgen würde. Entgegen der Behauptung der Beklagten richte sich die Höhe der Wohngebäudeversicherung nicht nach der Anzahl der Wohneinheiten, sondern nach dem Wert des Gebäudes. Da größere Wohnungen einen höheren Wert hätten, würden diese bei den Versicherungsprämien auch stärker zu Buche schlagen. Soweit die Beklagte bezüglich der Kosten für Reparaturen auf den größeren Verbrauch an Wasser und Heizenergie durch die kleineren Wohnungen der Klägerinnen verweise, sei zu berücksichtigen, dass die Wohnung W3 der Klägerin zu 2) bis April 2021 von einer Familie mit zwei Kleinkindern bewohnt worden sei, während die Wohnung W 4, die nicht im Erbbaurecht der Klägerinnen stehe, über Jahre leer gestanden habe. Die Wohnung W4 werde überdies zusätzlich mit Holz beheizt. Obwohl die Wohnungen der Klägerinnen keine Möglichkeit hätten, mit Holz zu heizen, hätten sie im Abrechnungszeitraum Juni 2021 bis Mai 2022 nur 41,7% der Heizkosten verursacht. Unabhängig davon ist es nach Auffassung der Klägerinnen abwegig und damit ebenfalls unbillig, den Energieverbrauch dafür heranzuziehen, dass der Kostenanteil an Reparaturkosten nach Wohneinheiten gerechtfertigt sei. Auch für die Änderung des Verteilungsschlüssels der Rechtskosten geben es keinen nachvollziehbaren Grund, außer dass sich die Mehrheit zum Nachteil der Minderheit von den Kosten entlasten wolle. Schließlich sind die Klägerinnen der Auffassung, sie hätten innerhalb der zweimonatigen Frist zur Klagebegründung den wesentlichen Lebenssachverhalt vorgetragen, aus dem sich ergebe, dass die Beschlüsse nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen und damit die Anfechtungsfrist gewahrt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungserwiderung vom 24.05.2023 verwiesen.
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Die Kammer hat den Parteien am 07.02.2023 einen Hinweis erteilt, auf den wegen des Inhalts Bezug genommen wird.
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Nachdem die Parteien einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zugestimmt haben, hat die Kammer mit Beschluss vom 17.07.2023 einen Termin zur Verkündung einer Entscheidung gem. § 128 II ZPO ohne mündliche Verhandlung auf den 20.09.2023, 9.00 Uhr und als Zeitpunkt, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht und bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, den 04.08.2023 bestimmt.
II.
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Die zulässige Berufung hat in der Sache nur insoweit Erfolg, als sich die Beklagte gegen die Ungültigkeitserklärung des in der Eigentümerversammlung vom 23.02.2022 unter TOP 3 gefassten Beschlusses, nach dem die Kosten für Rechtskosten zukünftig nach Einheiten verteilt werden, wendet. Im Übrigen ist die Berufung dagegen unbegründet.
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1. Richtig ist allerdings, dass, wie auch das Amtsgericht zutreffend erkannt hat, dass durch die Regelungen des § 18 Nr. 1), Nr. 2) der GO (Anlage K 1) die sich aus § 16 II Satz 2 WEG ergebende Kompetenz der Wohnungseigentümer, für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten eine von § 16 II Satz 1 WEG oder von einer Vereinbarung abweichende Verteilung mit einfacher Mehrheit zu beschließen, nicht eingeschränkt und vom Erreichen einer Mehrheit von 70% der Stimmen aller Wohnungseigentümer abhängig gemacht wird. Ebenso wenig werden die inhaltlichen Anforderungen an eine Abänderung des gesetzlichen oder eines vereinbarten Kostenverteilungsschlüssels durch die Regelung in § 18 Nr. 1) der GO gegenüber § 16 II Satz 2 WEG erhöht.
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Vielmehr ist in § 47 WEG ausdrücklich geregelt, dass Vereinbarungen, die vor dem 01.12.2020 getroffen wurden und die von solchen Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes abweichen, die durch das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz geändert wurden, der Anwendung dieser Vorschriften in der vom 01.12.2020 an geltenden Fassung nicht entgegenstehen, soweit sich aus der Vereinbarung nicht ein anderer Wille ergibt, was in der Regel aber nicht anzunehmen ist. Ein Wille, die durch § 16 II Satz 2 WEG eröffneten Möglichkeiten zur Änderung bestehender Kostenverteilungsschlüssel einzuschränken, lässt sich den in § 18 Nr. 1), Nr. 2) der GO getroffenen Vereinbarungen nicht entnehmen. Im Gegenteil wird in § 18 Nr. 1) Satz 3 der GO explizit klargestellt, dass im WEG verankerte Beschlusskompetenzen durch die Regelung nicht eingeschränkt werden sollen, sondern Vorrang haben und die Regelung ausschließlich der Erweiterung gesetzlicher Beschlusskompetenzen dient. Daraus folgt zugleich, dass auch soweit die sich aus § 16 III WEG in der bis zum 30.11.2020 geltenden Fassung (im Folgenden: aF) ergebende Kompetenz zur Änderung des Verteilungsschlüssels für Betriebskosten und die Kosten der Verwaltung durch § 16 II Satz 2 WEG unverändert übernommen wurde, eine Einschränkung durch die in § 18 Nr. 1), Nr. 2 der GO getroffenen Vereinbarungen gerade nicht erfolgen sollte.
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2. Wie das Amtsgericht aber gleichfalls zutreffend ausgeführt hat, entsprechen die unter TOP 3 der Eigentümerversammlung vom 23.02.2022 beschlossenen und im Berufungsverfahren noch streitgegenständlichen Änderungen der Verteilungsschlüssel für die Kosten von Reparaturen, der Wohngebäudeversicherung sowie der Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung dahingehend, dass diese Kosten zukünftig nach Einheiten verteilt werden, nicht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung.
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2.1. Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich eine Verteilung der Kosten von Reparaturen, der Kosten der Wohngebäudeversicherung sowie der Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung nach der Anzahl der Wohneinheiten nicht schon aus der in § 6 Nr. 1) der GO getroffenen Vereinbarung, wonach die Verwaltungskosten für die jeweilige Wohnung und die Kosten des Kabelfernsehens für jede Wohneinheit gleich hoch sind und ist daher die beschlossene Verteilung dieser Kosten nach der Anzahl der Einheiten nicht rein deklaratorischer Natur.
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Allerdings zählen zu den Kosten der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums grundsätzlich auch die Erhaltungskosten des gemeinschaftlichen Eigentums (vgl. Scheller in Münchener Kommentar zum BGB, 9. Aufl., Rn 19 zu § 16 WEG; Falkner in BeckOK zum WEG, Stand: 01.05.2023, Rn 91 zu § 16 WEG) und Versicherungskosten (vgl. Scheller in Münchener Kommentar zum BGB, 9. Aufl., Rn 25 zu § 16 WEG; Becker in Bärmann, 15. Aufl., Rn 43 zu § 16 WEG; Falkner in BeckOK zum WEG, Stand: 01.05.2023, Rn 92 zu § 16 WEG). Mit den im ersten der unter TOP 3 der Eigentümerversammlung vom 23.02.2022 gefassten Beschlüsse bezeichneten Kosten von Reparaturen sind dabei nach nächstliegendem Verständnis des für die Auslegung von Beschlüssen, die „aus sich heraus“ – objektiv und normativ – zu erfolgen hat (vgl. BGH, Urteil vom 18.03.2016, Az: V ZR 75/15, juris Rn 20), maßgeblichen Wortlauts des Beschlusses sowie des sonstigen Protokollinhalts unter Berücksichtigung der getroffenen Vereinbarung in § 3 Nr. 4), Nr. 6, Nr. 7 und § 5, 1. Absatz der GO, in denen die Begriffe Instandhaltung, Instandsetzung und Reparaturen gleichbedeutend verwendet werden, die Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums gemeint, mithin die Kosten der Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums (vgl. die Legaldefinition des Begriffs Erhaltung in § 13 II WEG; Skauradszun in BeckOGK zum WEG, Stand: 01.06.2023, Rn 63 zu § 19 WEG; Dötsch in Bärmann, 15. Aufl., Rn 129 zu § 19 WEG). Eine Begrenzung der unter TOP 3 getroffenen Regelung zu der Verteilung der Kosten von Reparaturen auf Maßnahmen bis zu einer bestimmten Kostenhöhe, lässt sich dem Beschlusswortlaut und dem sonstigen Protokollinhalt nicht entnehmen. Sie ergibt sich entgegen den Ausführungen der Beklagten auch nicht aus der in § 2 Nr. 10c des Verwaltervertrags vom 17.03.2020 getroffenen Vereinbarung, da weder der Beschlusswortlaut noch der sonstige Protokollinhalt hierauf Bezug nehmen.
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Dass die in § 6 Nr. 1) der GO getroffene Vereinbarung zur Verteilung der Verwaltungskosten für die jeweilige Wohnung und die Kosten des Kabelfernsehens zu gleichen Anteilen auf die Wohneinheiten jedoch nicht für die Verteilung der Erhaltungskosten bzw. der Kosten für Reparaturen gelten soll, lässt sich bereits der in § 6 Nr. 4) der GO getroffenen Regelung entnehmen, nach der die Zuführung zur Rücklage nach Miteigentumsanteilen verteilt wird. Denn die Gelder der Rücklage, die in § 5, 1. Absatz der GO ausdrücklich als Reparaturrücklage bezeichnet wird, dienen gem. § 3 Nr. 4) und 7) der GO der Finanzierung von Maßnahmen der Instandhaltung der gemeinschaftlichen Gebäudeteile, Einrichtungen im Haus und der Außenanlage sowie nach Eintritt von Schäden von Maßnahmen zu deren Wiederherstellung, folglich zur Finanzierung von Maßnahmen der Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums. Der Umlageschlüssel für den der Rücklage zuzuführenden Betrag muss daher, damit die Gelder der Rücklage zur Finanzierung späterer Erhaltungsrücklagen verwendet werden können, dem Umlageschlüssel für Erhaltungsmaßnahmen entsprechen (vgl. Dötsch in Bärmann, 15. Aufl., Rn 223 zu § 19 WEG; Falkner in BeckOGK zum WEG, Stand: 01.05.2023, Rn 103 zu § 16 WEG; Sommer/Heinemann in Jennißen, 7. Aufl., Rn 152 zu § 19 WEG). Das spricht dafür, dass nach dem für die Auslegung der Gemeinschaftsordnung als Bestandteil der Grundbucheintragung maßgeblichen Wortlaut und dem Sinn, wie er sich aus unbefangener Sicht als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen ergibt (vgl. BGH, Urteil vom 22.03.2019, Az: V ZR 145/18, juris Rn 7; BGH, Urteil vom 12.11.2021, Az: V ZR 204/20, juris Rn 11), Kosten für Erhaltungsmaßnahmen nicht zu den Kosten zählen, die gem. § 6 Nr. 1) der GO zu gleichen Anteilen auf die Wohneinheiten verteilt werden, sondern zu den übrigen Bewirtschaftungskosten, die gem. § 6 Nr. 4 der GO nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile umzulegen sind.
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Aber auch sonst ist die Bestimmung in § 6 Nr. 1 der GO nach ihrem Wortlaut und dem Sinn, wie er sich aus unbefangener Sicht als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen ergibt, eng auszulegen und erfasst nicht die Kosten für die Wohngebäudeversicherung sowie die Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung. Denn die Bestimmung gilt nach dem Wortlaut nicht allgemein für die Kosten der Verwaltung oder die Kosten der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums, sondern nur für die „Verwaltungskosten für die jeweilige Wohnung“. Bei nächstliegendem Verständnis sind damit nur die gegenüber dem Verwalter geschuldeten Gebühren und Auslagen gemeint, da der Aufwand für die Tätigkeit des Verwalters sich üblicherweise nach der Anzahl der vorhandenen Eigentums- bzw. vorliegend Erbbaurechtsanteile bestimmt und daher die Verträge mit den Verwaltern üblicherweise eine gesonderte Gebühr für jede Eigentumseinheit vorsehen und sich hieraus sodann die seitens der GdWE geschuldete Gesamtvergütung berechnet. Darüber hinaus werden in § 5, 1. Absatz der GO beispielhaft für die Verwaltungskosten ausschließlich die Verwaltergebühren genannt, was dafür spricht, dass mit dem in der GO verwendeten Begriff der Verwaltungskosten nur die seitens der GdWE gegenüber dem Verwalter geschuldeten Beträge, also dessen Gebühren und Auslagen, gemeint sind und nicht die sonstigen durch die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums der GdWE entstehenden Kosten. Im Übrigen verbleibt es, sofern in der Gemeinschaftsordnung keine klare und eindeutige Regelung getroffen wird, im Zweifel bei der gesetzlichen Regelung (vgl. BGH, Urteil vom 09.12.2016, Az: V ZR 124/16, juris Rn 14; BGH, Urteil vom 14.06.2019, Az: V ZR 254/17, juris Rn 7; BGH, Urteil vom 26.06.2020, Az: V ZR 199/19, juris Rn 6), hier also bei der Verteilung nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile (§ 16 II Satz 1 WEG bzw. § 6 Nr. 4) der GO als Auffangregelung für die Kostenverteilung).
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2.2. § 16 II Satz 2 WEG knüpft die Beschlussfassung über die Änderung des Verteilungsschlüssels für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten nicht an das Vorliegen besonderer Voraussetzungen. Der Beschluss muss aber, wie jeder Beschluss, ordnungsmäßiger Verwaltung und billigem Ermessen i. S. des § 18 II WEG entsprechen (vgl. Becker in Bärmann, 15. Aufl., Rn 139 zu § 16 WEG; Falkner in BeckOGK, Stand 01.06.2022, Rn 203 zu § 16 WEG; Jennißen in Jennißen, 7. Aufl., Rn 74 zu § 16 WEG). Bei der Frage, ob die Neuregelung den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht, ist zu berücksichtigen, dass den Wohnungseigentümern bei Änderungen des Umlageschlüssels nach § 16 II Satz 2 WEG aufgrund ihres Selbstorganisationsrechts ein weiter Gestaltungsspielraum eingeräumt ist. Die Wohnungseigentümer dürfen danach jeden Maßstab wählen, der den Interessen der Gemeinschaft und der einzelnen Wohnungseigentümer angemessen ist und insbesondere nicht zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung Einzelner führt. Dabei dürfen an die Auswahl eines angemessenen Kostenverteilungsschlüssels nicht zu strenge Anforderungen gestellt werden, weil sich jede Änderung des Verteilungsmaßstabes zwangsläufig auf die Kostenlast des einen oder des anderen Wohnungseigentümers auswirkt (vgl. BGH, Urteil vom 01.04.2011, Az: V ZR 162/10, juris Rn 8; Becker in Bärmann, 15. Aufl., Rn 140 zu § 16 WEG; Scheller in Münchener Kommentar zum BGB, 9. Aufl., Rn 45 zu § 16 WEG). Vielmehr dürfen lediglich das „Ob“ und das „Wie“ der beschlossenen Änderung des Kostenverteilungsschlüssels nicht gegen das Willkürverbot verstoßen (vgl. BGH, Urteil vom 01.04.2011, Az: V ZR 162/10, juris Rn 8; Becker in Bärmann, 15. Aufl., Rn 144 zu § 16 WEG; Bartholome in BeckOK zum WEG, 51. Edition, Stand: 01.01.2023, Rn 121 zu § 16 WEG; Jennißen in Jennißen, 7. Aufl., Rn 75 zu § 16 WEG). Als willkürlich und damit ermessensfehlerhaft ist eine Änderung des Verteilungsschlüssels insbesondere dann anzusehen, wenn sie aus sachfremden Erwägungen erfolgt und nur dem Interesse einzelner Wohnungseigentümer dient, die sich besserstellen wollen, ohne dass für den geänderten Verteilungsschlüssel inhaltliche Gründe sprechen, wenn also die Änderung der Kostenverteilung erkennbar nur den Zweck verfolgt, die Mehrheit zum Nachteil der Minderheit von Kosten zu entlasten (vgl. Jennißen in Jennißen, 7. Aufl., Rn 75 zu § 16 WEG; Falkner in BeckOGK zum WEG, Stand: 01.06.2022, Rn 209 zu § 16 WEG; Bartholome in BeckOK zum WEG, 51. Edition, Stand: 01.01.2023, Rn 121 zu § 16 WEG; Scheller in Münchener Kommentar zum BGB, 9. Aufl., Rn 45, 48 zu § 16 WEG).
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2.3. Zu Recht ist das Amtsgericht davon ausgegangen, dass die von den Wohnungseigentümern unter TOP 3 der Eigentümerversammlung vom 23.02.2022 beschlossenen Änderungen der Verteilungsschlüssel für die Kosten von Reparaturen, der Wohngebäudeversicherung sowie der Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung dahingehend, dass diese Kosten zukünftig nach Einheiten verteilt werden, gegen das Willkürverbot verstößt, weil sie erkennbar nur dem Zweck dient, die Mehrheit zum Nachteil der Minderheit von Kosten zu entlasten.
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2.3.1. Wie die Klagepartei vorgetragen hat und von Beklagtenseite nicht bestritten wurde, haben die Eigentümer der Erbaurechtseinheiten mit den Nr. W2 und W 4 jeweils für die in der Berufungsinstanz noch streitgegenständlichen Beschlüsse zu TOP 3 der Eigentümerversammlung vom 23.02.2022 gestimmt und die Klägerinnen, die Inhaber der Erbbaurechtseinheiten W1 und W3 sind, dagegen. Wie die Klagepartei weiter vorgetragen hat und von Beklagtenseite nicht bestritten wird, sich zudem aus der als Anlage K 1 vorgelegten Teilungserklärung nebst Gemeinschaftsordnung ergibt, ist mit der Erbbaurechtseinheit W 1 ein Miterbbaurechtsanteil von 22/100, mit der Erbbaurechtseinheit W 2 ein Miterbbaurechtsanteil von 29/100, mit der Erbbaurechtseinheit W 3 ein Miterbbaurechtsanteil von 21/100 und mit der Erbbaurechtseinheit W 4 ein Miterbbaurechtsanteil von 28/100 verbunden, verfügen die Inhaber der Erbbaurechtseinheiten W2 und W4 damit jeweils über die größeren Miterbbaurechtsanteile und weil sich gem. § 10 Nr. 2) der GO die Anzahl der Stimmen nach der Anzahl der Miteigentums- bzw. Miterbbaurechtsanteile bestimmt zusammen auch über die Mehrheit der Stimmen in der Eigentümerversammlung. Demzufolge haben die Inhaber der Erbbraurechtseinheiten W 2 und W4 mit den in der Berufungsinstanz noch streitgegenständlichen Beschlüssen zu TOP 3 der Eigentümerversammlung vom 23.02.2022 den Verteilungsschlüssel für die Kosten von Reparaturen bzw. der Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums, für die Kosten der Wohngebäudeversicherung und für die Kosten der Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung zu ihren Gunsten und zulasten der Klägerinnen von einer Verteilung nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile, wie sie in § 6 Nr. 4) der GO in Übereinstimmung mit § 16 II WEG (alte und neue Fassung) vorgesehen war, auf eine Verteilung nach der Anzahl der Erbbaurechtseinheiten geändert.
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2.3.2. Inhaltliche Gründe, die für eine Verteilung der streitgegenständlichen Kosten nach der Anzahl der Erbbraurechtseinheiten anstelle nach dem Verhältnis der Miterbbraurechtsanteile sprechen könnten, bestehen nicht. Insbesondere führt die Verteilung nach der Anzahl der Erbbaurechtseinheiten weder zu einem geringeren Verwaltungsaufwand, noch zu einer höheren oder einer mit der Verteilung nach dem Verhältnis der Miterbbaurechtsanteile gleichwertigen Kostengerechtigkeit, sondern benachteiligt die Klägerinnen ungerechtfertigt. Dass die beschlossene Änderung der Kostenverteilung wegen des relativ geringen Unterschieds der auf die einzelnen Einheiten entfallenden Miterbbaurechtsanteile zu einer Kostenerhöhung der Klägerinnen bzw. einer Kosteneinsparung bei den beiden anderen Mitgliedern der GdWE von lediglich 3% bzw. 4% führt, steht dieser Beurteilung nicht entgegen. Denn auch diese Kostenerhöhung oder Kosteneinsparung kann sich über die Jahre und bei größeren Erhaltungs- bzw. Reparaturmaßnahmen auch im Einzelfall auf mehrere hundert oder sogar tausend Euro summieren.
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2.3.2.1. Die Höhe der anfallenden Kosten für Reparaturen wird in der Regel maßgeblich durch die Größe des gemeinschaftlichen Gebäudes sowie die Anzahl der Bewohner beeinflusst. Die Größe des Gebäudes und die Anzahl der Bewohner wird wiederum maßgeblich durch die Größe der einzelnen Wohnungen bestimmt in dem Sinne, dass eine größere Wohnung im Regelfall auch dazu führt, dass sich die Fläche des Gemeinschaftseigentums, insbesondere die Fläche der Außenwände und die Dachfläche sowie die Anzahl der Fenster, ebenso wie die Anzahl der Bewohner erhöht. Daher gibt es durchaus Sachgründe dafür, die Kosten für Erhaltungsmaßnahmen bzw. Reparaturen nach dem Verhältnis der Wohnfläche oder dem Verhältnis der Miteigentumsanteile bzw. Miterbbaurechtanteile, deren Größe sich in der Regel nach der Wohnungsgröße richtet, zu verteilen. Sachliche Gründe, die Kosten zu gleichen Anteilen auf alle Einheiten zu verteilen, lassen sich demgegenüber nicht feststellen. Hierfür sprechen insbesondere nicht die einfachere Handhabung und ein geringerer Verwaltungsaufwand, da sich auch der dem Verhältnis der Miteigentumsanteile entsprechende Anteil an den Kosten durch eine einfache Rechenoperation ohne größere Schwierigkeiten bestimmen lässt. Ebenso wenig ist erkennbar, warum die beschlossene Änderung des Kostenverteilungsschlüssels, wie die Beklagtenseite vorgetragen hat, einen erhöhten Anreiz zur Kostensenkung und Kostenvermeidung bieten sollte. Der Umstand, dass die Eigentümer der größeren Wohneinheiten mit den höheren Miteigentumsanteilen, die aufgrund der ihnen zukommenden Mehrheit der Stimmen in der Eigentümerversammlung von über 50% die Höhe der entstehenden Kosten für Reparaturen maßgeblich durch entsprechende Beschlussfassungen beeinflussen können, durch die beschlossene Änderung des Kostenverteilungsschlüssels in geringerem Umfang an den Kosten beteiligt werden als zuvor, spricht eher für das Gegenteil. Dass der höhere Verbrauch an Wasser und Heizleistung durch die Einheiten der Klägerinnen tatsächlich, wie die Beklagte behauptet, zu einem schnelleren Verschleiß der Rohrleitungen und der Heizungsanlage und damit zu höheren Reparaturkosten führt, erscheint bereits fraglich. Die Kosten der Wartung der Heizungsanlage gehören gem. § 7 II HeizkV ohnehin zu den Kosten des Betriebs der zentralen Heizungsanlage die nach der Heizkostenverordnung zu verteilen sind (vgl. Drager in BeckOGK, Stand: 01.04.2023, Rn 38 zu § 7 HeizkV). Jedenfalls könnte ein höherer Verbrauch an Wasser und Heizwärme nicht eine Abänderung des Verteilungsschlüssels für sämtliche Reparaturen, also auch für Erhaltungsmaßnahmen betreffend die Außenwände, das Dach, die Fenster, das Treppenhaus u.s.w. rechtfertigen, wie sie vorliegend beschlossen wurde.
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2.3.2.2. Ebenso hängt die Höhe der Versicherungsprämie für die Wohngebäudeversicherung und die Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung regelmäßig auch von der Größe der Wohnfläche und des Gebäudes ab, so dass größere Wohnungen regelmäßig auch zu einer höheren Versicherungsprämie beitragen (vgl. Jennißen in Jennißen, 7. Aufl., Rn 94 zu § 16 WEG). Dies gilt für die Wohngebäudeversicherung insbesondere auch deshalb, weil Versicherungsunternehmen in der Regel für Wohnungseigentumsanlagen nur einheitliche Gebäudeversicherungen anbieten, die sowohl das Gemeinschaftseigentum als auch das Sondereigentum abdecken (vgl. Dötsch in Bärmann, 15. Aufl., Rn 178 zu § 19 WEG). Zudem erhöht eine größere Wohnung die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Schadens, der durch die Versicherung abgedeckt werden soll, weil sie in Bezug auf die Wohngebäudeversicherung aus den vorgenannten Gründen zu einer entsprechenden Vergrößerung der versicherten Sachwerte führt und in Bezug auf die Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung zu einer Vergrößerung der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Flächen, von denen eine Gefährdung von Rechtsgütern Dritter ausgehen kann. Anderes ergibt sich nicht aus dem seitens der Beklagten in Anlage zum Schriftsatz vom 03.04.2023 vorgelegten Versicherungsschein der vom 29.06.2021. Insbesondere ist, soweit darin auch die Anzahl der Wohneinheiten genannt wird, nicht ersichtlich, ob und in welchem Umfang diese tatsächlich Einfluss auf die Höhe der Versicherungsprämie Einfluss hat. Schließlich profitieren die Eigentümer einer Wohnung mit einem größeren Miteigentums- bzw. hier Miterbbaurechtsanteil auch in einem höheren Maße von einer abgeschlossenen Wohngebäudesowie Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung als die Eigentümer von Wohnungen mit kleineren Miteigentums- bzw. Miterbbaurechtsanteilen, weil zum einen, wie dargelegt, auch Schäden am Sondereigentum durch die Wohngebäudeversicherung gedeckt sind, welches bei größeren Wohnungen regelmäßig einen höheren Wert hat als das Sondereigentum kleinerer Wohnungen und weil im Übrigen die Kosten für die Beseitigung bzw. den Ersatz von Schäden, die durch die Versicherungen gedeckt sind, ohne eine entsprechende Versicherung auf die Eigentümer nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile umzulegen wären. Zudem haften die Eigentümer gegenüber Dritten für deren Ansprüche gegen die GdWE gem.§ 9a IV WEG nach dem Verhältnis ihres Miteigentumsanteils. Soweit die Verteilung der Kosten von Reparaturen durch Beschluss zu TOP 3 der Eigentümerversammlung vom 23.02.2023 abweichend dahingehend geregelt wurde, das diese künftig nach Einheiten verteilt werden, kann das dagegen in die Betrachtung nicht einfließen, weil der Beschluss von den Klägerinnen mit der vorliegenden Klage ebenfalls angegriffen wurde und, wie dargelegt, nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht und für ungültig zu erklären ist. Es gibt damit gute Gründe, die für eine Verteilung der Kosten für die Wohngebäudeversicherung sowie für Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile sprechen, während sich Argumente, die für eine Verteilung dieser Kosten nach der Anzahl der Wohneinheiten sprechen könnten, nicht finden lassen.
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3. Die Kammer stimmt mit dem Amtsgericht auch darin überein, dass die zweimonatige materielle Ausschlussfrist des § 45 WEG zur Begründung der Anfechtungsklage von den Klägern gewahrt wurde und sie ihre Klage innerhalb dieser Frist zumindest im Kern auf einen Verstoß gegen das Willkürverbot durch die angegriffenen Beschlüsse gestützt haben. Die in § 45 WEG geregelte Frist zur Begründung der Klage soll bewirken, dass für die Wohnungseigentümer und für den zur Ausführung von Beschlüssen berufenen Verwalter zumindest im Hinblick auf Anfechtungsgründe alsbald Klarheit darüber besteht, ob, in welchem Umfang und aufgrund welcher tatsächlichen Grundlage gefasste Beschlüsse einer gerichtlichen Überprüfung unterzogen werden. Zwar bedarf es hierzu einer Substantiierung im Einzelnen nicht. Es ist jedoch – zumal unter der Geltung der den Zivilprozess beherrschenden Beibringungsmaxime – unerlässlich, dass sich der Lebenssachverhalt, auf den die Anfechtungsklage gestützt wird, zumindest in seinem wesentlichen Kern aus den innerhalb der Frist eingegangenen Schriftsätzen selbst ergibt; wegen der Einzelheiten mag auf Anlagen verwiesen werden (vgl. BGH, Urteil vom 16.09.2016, Az: V ZR 3/16, juris Rn 16; Skauradszun in BeckOGK zum WEG, Stand: 01.12.2022, Rn 24 zu § 45 WEG). Die Klägerinnen haben vorliegend aber bereits mit Schriftsatz vom 21.04.2022, der bei Gericht am 21.04.2022 und damit innerhalb der zweimonatigen Klagebegründungsfrist des § 45 WEG eingegangen ist, vorgetragen, dass gem. § 6 Nr. 4) der GO die Kosten, mit Ausnahme der Verwaltungskosten, der Kosten des Kabelfernsehens, der Heizungs- und Warmwasserkosten sowie der Kaltwasserkosten, nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile von den Wohnungseigentümern zu tragen sind, dass die Eigentümer der Wohnungen W 2 und W 4 jeweils über größere Miteigentumsanteile als die Kläger und zusammen über 50% der Stimmen aller Wohnungseigentümer verfügen und die von ihnen beanstandeten Änderungen der Kostenverteilungsschlüssel für Reparaturen, die Wohngebäudeversicherung, die Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung und die Rechtskosten in der Weise, dass diese künftig nach Einheiten verteilt werden, von den Eigentümern der Wohnungen W 2 und W 4 gegen die Stimmen der Kläger beschlossen wurden. Damit haben sie im wesentlichen Kern bereits den Lebenssachverhalt vorgetragen, aus denen sich der Verstoß gegen das Willkürverbot ergibt. Insbesondere lässt sich bereits dem Schriftsatz vom 21.04.2022 im Kern entnehmen, dass sich die Kläger dagegen wenden, dass die Eigentümer der Wohnungen W 2 und W 4 mit ihrer Stimmenmehrheit die Kostenverteilungsschlüssel zu ihren Gunsten und zum Nachteil der Kläger gegen deren Willen geändert haben. Das ist zur Wahrung der Frist des § 45 WEG ausreichend.
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4. Demgegenüber widerspricht die beschlossene Änderung der Verteilung von Rechtskosten dahingehend, dass diese zukünftig nach Einheiten verteilt werden, nicht ordnungsmäßiger Verwaltung, ist insbesondere nicht willkürlich und war auf die Berufung der Beklagten daher das amtsgerichtliche Urteil, soweit mit diesem der Beschluss betreffend die zukünftige Verteilung von Rechtskosten nach Einheiten für ungültig erklärt wurde, abzuändern und die Klage in diesem Punkt abzuweisen.
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4.1. Das ergibt sich entgegen der Auffassung der Beklagten jedoch nicht bereits aus der in § 6 Nr. 1) der GO getroffenen Regelung. Die im zehnten Beschluss zu TOP 3 der Eigentümerversammlung vom 23.02.2022 getroffene Regelung zu den Kosten von Rechtskosten betrifft bei nächstliegendem Verständnis des Beschlusswortlautes und des sonstigen Protokollinhaltes Kosten, die der GdWE im Zusammenhang mit einem von ihr auf Aktiv- oder Passivseite geführten Rechtsstreit entstehen, insbesondere Rechtsanwalts- und Gerichtskosten. Obgleich es sich bei den Kosten eines seitens der GdWE auf Aktiv- oder Passivseite geführten Rechtsstreits – ebenso wie bei den Kosten der Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums sowie den Versicherungskosten – grundsätzlich um Kosten der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums handelt (vgl. Scheller in Münchener Kommentar zum BGB, 9. Aufl., Rn 23 zu § 16 WEG; Becker in Bärmann, 15. Aufl., Rn 45 zu § 16 WEG; Falkner in BeckOK zum WEG, Stand: 01.05.2023, Rn 93 zu § 16 WEG), sind sie aber nicht nach der in § 6 Nr. 1) der GO getroffenen Vereinbarung nach der Anzahl der Wohneinheiten auf die Mitglieder der GdWE umzulegen und ist der Beschluss daher nicht rein deklaratorischer Natur. Denn die Auslegung ergibt, wie bereits dargelegt, dass mit den in § 6 Nr. 1) der GO genannten Verwaltungskosten für die jeweilige Wohneinheit nur die Gebühren und Auslagen des Verwalters gemeint sind. Hierzu zählen die Kosten eines seitens der GdWE auf Aktiv- oder Passivseite geführten Rechtsstreits aber nicht.
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4.2. Eine Verteilung der Kosten für einen seitens der GdWE auf Aktiv- oder Passivseite geführten Rechtsstreit zu gleichen Anteilen auf sämtliche Wohneinheiten anstelle einer Verteilung nach Miteigentumsanteilen führt aber nicht zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung der Klägerinnen, insbesondere stehen einer solchen Verteilung keine Gesichtspunkte der Verteilungsgerechtigkeit entgegen, weil die Kosten typischerweise von der Größe des Miteigentumsanteils nicht beeinflusst werden (vgl. BGH, Urteil vom 15.03.2007, Az: V ZB 1/06, juris Rn 33). Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Inhaber der Erbbaurechtseinheiten mit einem größeren Miterbbaurechtsanteil regelmäßig ein größeres Interesse an der Durchführung eines Rechtsstreits durch die GdWE haben, sondern hängt das Interesse an der Durchführung eines Rechtsstreits wesentlich von dem konkreten Gegenstand des Rechtsstreits ab.
III.
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1. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits in 1. Instanz erfolgte gem. § 92 I ZPO, die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens gem. §§ 97 I, 92 I ZPO nach dem Verhältnis des jeweiligen Obsiegens zum Unterliegen unter Zugrundelegung der in Ziffer 4. und 5. genannten Streitwertansätze.
33
2. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2 ZPO.
34
3. Die Revision war gemäß § 543 I Nr. 1, II ZPO nicht zuzulassen, da die vorliegende Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erforderlich ist. Es ging nur um die Anwendung anerkannter Rechtsgrundsätze auf einen reinen Einzelfall.
35
4. Die Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren beruht auf § 49 I GKG, wonach der Streitwert in Verfahren der Beschlussklagen nach § 44 WEG grundsätzlich auf das Interesse aller Wohnungseigentümer an der Entscheidung festzusetzen ist.
36
Das Interesse aller Wohnungseigentümer bestimmt sich dabei vorliegend nach der Höhe der Mehrbelastung bzw. der Entlastung von Kosten, die sich für die einzelnen Wohnungseigentümer durch die in nach den streitgegenständlichen Beschlüssen geänderte Kostenverteilung ergibt. Durch die geänderte Kostenverteilung würde sich eine Mehrbelastung der Klägerinnen in Höhe von 7% der jeweiligen Kosten und spiegelbildlich eine Entlastung der beiden anderen Mitglieder der GdWE von ebenfalls 7% der Kosten ergeben. Für die Bestimmung des Streitwertes ist, da mit den streitgegenständlichen Beschlüssen der Verteilungsschlüssel für die jeweilige Kostenart dauerhaft geändert wurde, auf den 3,5-fachen Betrag der voraussichtlich jährlich entstehenden Kosten abzustellen (vgl. BGH, Beschluss vom 30.03.2023, Az: V ZR 132/22, juris Rn 8, 13) und von diesem sodann ein Betrag von insgesamt 14% anzusetzen (Summe des Interesses der Klägerinnen und der beiden anderen Wohnungseigentümer). Der siebeneinhalbfache Wert des Interesses der Klägerinnen, auf den der Streitwert gem. § 49 Satz 2 GKG gedeckelt ist, kommt nicht zum Tragen, da er das Interesse aller Wohnungseigentümer an der Entscheidung übersteigt.
37
Die durchschnittlichen jährlichen Reparaturkosten setzt die Kammer mit 5.000,00 € an, so dass sich für die Anfechtung des gefassten Beschlusses über die zukünftige Verteilung der Kosten für Reparaturen nach Einheiten ein Streitwert von 5.000,00 € x 3,5 x 14/100 = 2.450,00 € ergibt.
38
Die jährlichen Kosten der Wohngebäudeversicherung bemisst die Kammer unter Berücksichtigung des Umstandes, dass auch der im Versicherungsvertrag vereinbarte Selbstbehalt wie die Versicherungsprämie zu behandeln und auf die Wohnungseigentümer umzulegen ist (vgl. BGH, Urteil vom 16.09.2022, Az: V ZR 69/21, juris Rn 22), mit 1.000,00 €, so dass sich für die Anfechtung des Beschlusses über die zukünftige Verteilung der Kosten der Wohngebäudeversicherung nach Einheiten ein Streitwert von 1.000,00 € x 3,5 x 14/100 = 490,00 € ergibt.
39
Der Streitwert für die Anfechtung des Beschlusses betreffend die zukünftige Verteilung der Kosten der Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung nach Einheiten beträgt unter Zugrundelegung des jährlichen Versicherungsbeitrags von 20,00 € 9,80 € (20,00 € x 3,5 x 14/100).
40
Die jährlichen Kosten für seitens der GdWE geführte Rechtsstreitigkeiten bemisst die Kammer mit durchschnittlich 1.000,00 €, so dass sich für die Anfechtung des Beschlusses über die zukünftige Verteilung von Rechtskosten nach Einheiten ein Streitwert i. H. von 490,00 € ergibt.
41
Insgesamt war der Streitwert für das Berufungsverfahren damit auf 3.439,80 € festzusetzen.
42
5. Eine Abänderung des vom Amtsgericht festgesetzten Streitwert für die 1. Instanz i. H. von 3.500,00 € gem. § 63 III Nr. 2 GKG von Amts wegen war nicht veranlasst. Für den zusätzlich in 1. Instanz streitgegenständlichen Beschluss, nach dem die Kosten vom Kaminkehrer, welche den Festbrennstoffkamin betreffen, künftig über die Heizkosten der gesamten GdWE mit abgerechnet werden sollen, bemisst die Kammer die sich in einem Zeitraum von 3,5 Jahren ergebende Mehrbelastung bzw. Entlastung aller Eigentümer durch die geänderte Kostenverteilung und damit das Interesse aller Wohnungseigentümer an der Entscheidung i. S. des § 49 Satz 1 GKG überschlägig mit 100,00 €. Daraus würde sich ein Streitwert für die 1. Instanz von 3.539,80 € ergeben. Da aber ein Gebührensprung gegenüber dem vom Amtsgericht festgesetzten Streitwert von 3.500,00 € insoweit nicht besteht, bedurfte es keiner Abänderung.
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