Inhalt

VG Bayreuth, Urteil v. 31.07.2023 – B 8 K 22.476
Titel:

Überbrückungshilfe III: Neupolsterung von Stühlen und Sitzbänken keine Hygienemaßnahme

Normenkette:
GG Art. 3 Abs. 1
Leitsätze:
1. Der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Behördenentscheidung. Dies kann jedoch insoweit nicht gelten, als die Behörde ihre Ermessenserwägungen um neue Erwägungen ergänzt, die über eine bloße Konkretisierung oder Klarstellung der schon vorher entscheidungsrelevanten Ermessenserwägungen hinausgehen. Dann wird man der Klagepartei nicht das Recht absprechen können, im Sinne der prozessualen Waffengleichheit ebenfalls Tatsachen zu den neu eingeführten Ermessenserwägungen vorzubringen. (Rn. 37 – 38) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Anerkennung der Kosten für den Austausch von Teppichböden gegen einen abwischbaren Bodenbelag im Rahmen der Überbrückungshilfe III ist nicht vergleichbar mit dem hier vorliegenden Fall des Austausch der beschädigten Polster der Sitzoberflächen im Gastraum, der schon vor der Pandemie bzw. unabhängig von der Pandemie angestanden hätte. (Rn. 41 – 43) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Gleichbehandlung im Rahmen des Förderkonzeptes bei Überbrückungshilfe, Hygienekonzept, Investitionsstau, Vertrauensschutz, Corona, Überbrückungshilfe, Polster, Hygienemaßnahme, sachlicher Grund, Verwaltungspraxis
Fundstelle:
BeckRS 2023, 42239

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Die Klägerin begehrt die Aufhebung eines teilweise ablehnenden Bescheids über sog. Überbrückungshilfe III sowie die Gewährung weiterer Überbrückungshilfe.
2
Die Klägerin betreibt ein Restaurant und ließ die dort vorhandenen Stühle und Sitzbänke neu beziehen, wofür insgesamt Kosten in Höhe von 7.010,50 EUR anfielen.
3
Mit elektronischem Antrag vom 25.03.2021 beantragte die Klägerin eine Billigkeitsleistung der sog. Überbrückungshilfe III für die Monate Januar bis Juni 2021 in Höhe von 49.359,99 EUR.
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Mit Bescheid vom 25.03.2021 gewährte die Beklagte der Klägerin eine Abschlagszahlung für die Überbrückungshilfe in Höhe von 24.680,00 EUR. Mit Bescheid vom 07.04.2021 gewährte die Beklagte der Klägerin Überbrückungshilfe in Höhe von 49.359,99 EUR.
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Das von der Klägerin eingereichte Angebot des Vertragspartners der Klägerin zur Neupolsterung der Stühle und Sitzbänke vom 12.05.2021 enthält auszugsweise folgende Beschreibung:
„Sehr geehrte Damen und Herren, nach gründlicher Begutachtung der im Lokal vorhandenen Stühle und Sitzbänke können wir Ihnen folgende Empfehlung als Fachwerkstatt für Polstermöbel aussprechen:
- die Stühle & Sitzbänke waren bei der Besichtigung vor Ort in einem unhygienischen Zustand
- die Kunstlederbeschichtung der Möbel hat sich zum größten Teil schon abgelöst!
- eine Reparatur der Oberflächen ist nicht möglich! Das Kunstleder ist kaputt.
…“
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Mit Änderungsanträgen vom 30.06.2021 und 14.09.2021 beantragte die Klägerin die Änderung mit dem Ziel der Anpassung der Förderhöhe für die Monate Januar bis Juni 2021 auf 120.340,46 EUR.
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Auf die Nachfrage durch den Sachbearbeiter der Beklagten vom 21.09.2021 über das Online-Portal der Beklagten zu den Kosten für Instandhaltung und Wartung von Anlagevermögen antwortete der Steuerberater der Klägerin am 23.09.2021 hinsichtlich dieser Kosten auszugsweise wie folgt:
„Bei den Kosten handelt es sich ausschließlich um Erhaltungsaufwand, es sind keine Kosten für Neu- oder Ersatzbeschaffungen. Ein Investitionsstau lag nach Auskunft meines Mandanten nicht vor. Die Maßnahmen wurden auch im Hinblick auf die verbesserte Hygiene durchgeführt und war insoweit zur Aufrechterhaltung der Leistungserbringung zwingend notwendig.“
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Die Vorbemerkungen der bayerischen Richtlinie für die Gewährung von Überbrückungshilfe des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen – Phase 3 (Überbrückungshilfe III), Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie vom 18.02.2021, Az. PGÜ-3560-3/2/304, BayMBl. Nr. 132, zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 21. Dezember 2021 (BayMBl. 2022 Nr. 25) (im Folgenden: Förderrichtlinie) legen Folgendes fest:
„Der Freistaat Bayern gewährt nach Maßgabe
- des Art. 53 der Bayerischen Haushaltsordnung (BayHO) sowie der allgemeinen Bestimmungen und der dazu erlassenen Verwaltungsvorschriften, … finanzielle Überbrückungshilfe für Soloselbständige, Angehörige der Freien Berufe und kleine und mittelständische Unternehmen, die unmittelbar oder mittelbar durch Coronabedingte Auflagen oder Schließungen betroffen sind, als Unterstützungsleistung für die Monate November 2020 bis Juni 2021. Die Überbrückungshilfe III erfolgt durch teilweise Übernahme der erstattungsfähigen Fixkosten für die Monate November 2020 bis Juni 2021 (Förderzeitraum) als Billigkeitsleistung ohne Rechtsanspruch im Rahmen der vom Bund zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel. Die Bewilligungsstelle entscheidet über den Antrag nach pflichtgemäßem Ermessen.“
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Die Förderrichtlinie legt unter Ziffer 3.1 folgende förderfähigen Kosten fest:
„Der Antragsteller kann Überbrückungshilfe III für die folgenden fortlaufenden, im Förderzeitraum anfallenden vertraglich begründeten oder behördlich festgesetzten und nicht einseitig veränderbaren betrieblichen Fixkosten beantragen,
f) Ausgaben für notwendige Instandhaltung, Wartung oder Einlagerung von Anlagevermögen und gemieteten Vermögensgegenständen, einschließlich der EDV;
p) Hygienemaßnahmen.
Die betrieblichen Fixkosten der Buchstaben a bis j müssen vor dem 1. Januar 2021 begründet worden sein. Davon ausgenommen sind Fixkosten, die nach dem 1. Januar 2021 entstehen und betriebsnotwendig sind, beziehungsweise zur Aufrechterhaltung des Betriebs erforderlich sind (z. B. Leasingverträge, die ausgelaufen sind, und ein vorher vorhandenes, erforderliches Objekt (z. B. Fahrzeug) durch ein neues ersetzen); dabei sind maximal die Kosten in bisheriger Höhe ansetzbar. […]“
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Die Übersicht zu häufig gestellten Fragen zur „Corona-Überbrückungshilfe für kleine und mittelständische Unternehmen“ – Dritte Phase von November 2020 bis Juni 2021 (im Folgenden: FAQ), die das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und das Bundesministerium der Finanzen im Internet veröffentlicht hat (URL: https://www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de/DE/FAQ/Ubh-III/ueberbrueckungshilfe-iii.html), lauten im Stand 22. Dezember 2021, der insofern dem aktuell abrufbaren Stand entspricht, auszugsweise wie folgt:
„6. Ausgaben für notwendige Instandhaltung, Wartung oder Einlagerung von Anlagevermögen und gemieteten und geleasten Vermögensgegenständen, einschließlich der EDV
Enthält unter anderem
- Zahlungen für Instandhaltung, Wartung oder Einlagerung von Anlagevermögen und gemieteten Vermögensgegenständen, einschließlich der EDV, sofern diese aufwandswirksam sind (= Erhaltungsaufwand), abgerechnet wurden (Teil-)Rechnung liegt vor) und nicht erstattet werden (zum Beispiel durch Versicherungsleistungen).
Enthält nicht:
- Nicht aufwandswirksame Ausgaben für Instandhaltung, Wartung oder Einlagerung von Anlagevermögen und gemieteten Vermögensgegenständen, einschließlich der EDV (zum Beispiel Erstellung neuer Wirtschaftsgüter).
- Ausgaben für Renovierungs- und Umbauarbeiten (Ausnahme sind coronabedingte Hygienemaßnahmen, vergleiche Ziffer 14)
- Ausgaben für Maßnahmen, deren Notwendigkeit bereits vor der Pandemie angestanden hätte (Beseitigung Investitionsstau) beziehungsweise Maßnahmen, die nicht ursächlich im Zusammenhang mit Vorschriften zur Eindämmung der Corona-Pandemie stehen (zum Beispiel Sanierung von Sanitäreinrichtungen, Austausch von Zimmertüren, Sanierung von Parkplatzflächen, verkalkte Wasserleitungen). Ebenso nicht förderfähig sind Maßnahmen, die zur Einhaltung von bereits vor der Pandemie bestehenden gesetzlichen Vorgaben (zum Beispiel allgemeiner Arbeitsschutz) dienen.
- Neuanschaffung oder Ersatz von Wirtschaftsgütern, deren Anschaffung nicht ursächlich im Zusammenhang mit der Corona Pandemie steht.
16. Ausgaben für Hygienemaßnahmen
Enthält unter anderem
Bisher unter Nummer 7. Falls diese Kosten bei bestehenden Anträgen dort erfasst wurden, ist kein Änderungsantrag erforderlich. Eine Korrektur erfolgt mit der Schlussabrechnung
- Anschaffung mobiler Luftreiniger bspw. durch Hepafilter oder UVC-Licht und die Nachrüstung bereits bestehender stationärer Luftreiniger durch beispielsweise Hepafilter oder UVC-Licht, Maßnahmen zur temporären Verlagerung des Geschäftsbetriebs in Außenbereiche. Das Fehlen einer Schlussrechnung zum Zeitpunkt der Antragstellung steht der Erstattungsfähigkeit der Kosten nicht entgegen; eine reine Beauftragung der Maßnahmen reicht hingegen nicht aus (mindestens Zwischenrechnungen erforderlich).
- Förderfähige Hygienemaßnahmen umfassen unter anderem Einmalartikel zur Umsetzung von Hygienemaßnahmen, wie Schnelltests, Desinfektionsmitteln und Schutzmasken.
- Schulung von Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern zu Hygienemaßnahmen
- Besucherinnen beziehungsweise Besucher-/Kundenzählgeräte
Zur Berücksichtigung der besonderen Corona-Situation sind Hygienemaßnahmen einschließlich investiver Maßnahmen entgegen der sonst gültigen Vorgaben auch förderfähig, wenn sie nach dem 1. Januar 2021 begründet sind.
Anhang 4 enthält eine Beispielliste mit ansetzbaren Kosten.
Enthält nicht:
Förderfähige Hygienemaßnahmen umfassen nicht variable Kosten für Anschaffungen die nicht ausschließlich Hygienemaßnahmen dienen, zum Beispiel Anmietung zusätzlicher Fahrzeuge bei Reiseunternehmen.“
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Anlage 4 der FAQ lautet auszugsweise:
„Folgende Digitalisierungs- oder Hygienemaßnahmen sind beispielhafte Maßnahmen unter Ziffer 2.4 Positionen 14 und 16.
Diese oder ähnliche Maßnahmen sind förderfähig, wenn sie den FAQs entsprechen und die Kosten der Maßnahmen in einem angemessenen Verhältnis zu den Zielen stehen. Die Maßnahme muss primär der Existenzsicherung des Unternehmens in der Pandemie dienen und darf kein Abbau eines Investitionsstaus sein (das heißt Maßnahmen, die bereits vor Beginn der Pandemie angestanden hätten und durch diese nicht bedingt sind). Ebenso sind Maßnahmen nicht förderfähig, die zur Einhaltung von bereits vor der Pandemie bestehenden gesetzlichen Vorgaben (zum Beispiel allgemeiner Arbeitsschutz) dienen. Förderfähig sind vornehmlich Kosten, die infolge von Vorschriften zur Eindämmung der Corona-Pandemie (zum Beispiel Corona-Arbeitsschutzverordnung, Homeoffice-Pflicht, Maskenpflicht und so weiter) entstehen beziehungsweise entstanden sind. Die Hygienemaßnahmen müssen Teil eines schlüssigen Hygienekonzeptes sein. Eine Begründung und Einzelfallprüfung ist in jedem Fall erforderlich. Die Liste benennt nur beispielhafte Fördergegenstände und trifft keine Aussage über die durch die Bewilligungsstelle festzustellende tatsächliche Förderfähigkeit im Einzelfall beziehungsweise die Höhe der Kostenerstattung, die vom Umsatzeinbruch abhängt.
Beispiele für Hygienemaßnahmen beziehungsweise Maßnahmen zur temporären Verlagerung des Geschäftsbetriebs in Außenbereiche gemäß Ziffer 2.4 Position 16
- Anschaffung mobiler Luftreiniger beispielsweise durch Hepafilter oder UVC-Licht
- Nachrüstung bereits bestehender stationärer Luftreiniger beispielsweise durch Hepafilter oder UVC-Licht
- Anschaffung Handtrockner beispielsweise mit Hepafilter oder UVC-Licht
- Anschaffung Dampfreiniger mit UVC-Licht zur Oberflächen- und Bodenreinigung
- Anschaffung von Besucher-/Kundenzählgeräten
- Anschaffung mobiler Raumteiler
- Schulung von Mitarbeiter/innen zu Hygienemaßnahmen
- Nichtbauliche Maßnahmen zur Nutzung des Außenbereichs bei schlechterem Wetter (Heizpilz, Sonnenschirm, und so weiter)
- Einmalartikel zur Umsetzung von Hygienemaßnahmen, wie Schnelltests, Desinfektionsmitteln und Schutzmasken.“
12
Mit Bescheid vom 22.04.2022 gewährte die Beklagte daraufhin der Klägerin Überbrückungshilfe in Höhe von 109.123,66 EUR, lehnte den Antrag jedoch teilweise in Bezug auf Kosten für die Neupolsterung von Stühlen und Bänken in Höhe von 7.010,50 EUR ab.
13
Zur Begründung der Teilablehnung führte sie aus, dass die Kosten als Neuanschaffungen im Zusammenhang mit der Wartung und Instandhaltung nicht erstattungsfähig seien, da sie nicht ursächlich im Zusammenhang mit Vorschriften zur Eindämmung der Corona-Pandemie ständen. Sie würden allgemeine Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen darstellen. Daraus folge auch eine entsprechende Kürzung bei der Kostenposition 12 für die Personalkosten in Höhe von 20% sowie bei Kostenposition 23 in Höhe von 40% für den Eigenkapitalzuschuss.
14
Mit Schriftsatz vom 03.05.2022, eingegangen bei Gericht am 09.05.2022, erhob die Klägerin Klage. Sie beantragt zuletzt,
1.
Der Bescheid der Beklagten vom 22.04.2022 wird insoweit aufgehoben, als Kosten in Höhe von 7.010,50 EUR für die Polsterung von Stühlen sowie sich daraus ergebende Zuschläge in Höhe von 4.206,30 EUR nicht bei der Berechnung der Höhe der Überbrückungshilfe berücksichtigt wurden.
2.
Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin weitere Überbrückungshilfe in Höhe von 11.216,80 EUR zu gewähren.
15
Zur Begründung führt sie im Schriftsatz vom 03.05.2022 an, die Kosten für die Neupolsterung von Stühlen in Höhe von 7.010,50 EUR seien als Ausgaben für die notwendige Instandhaltung, Wartung oder Einlagerung von Anlagevermögen gemäß Ziffer 6 der Frage 2.4 der FAQ anzuerkennen. Zusätzlich ergäben sich daraus weitere Zuschläge in Höhe von 4.206,30 EUR, sodass sich die Überbrückungshilfe um insgesamt 11.216,80 EUR erhöhe.
16
Hilfsweise seien die Fixkosten als Ausgaben für Hygienemaßnahmen förderfähig. Sie seien vergleichbar mit den von der Beklagten anerkannten Kosten für den Austausch des Teppichbodens gegen abwaschbare Oberflächen, die als Hygienemaßnahmen anerkannt worden seien.
17
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
18
Sie trägt vor, der Begriff der Notwendigkeit sei in der Verwaltungspraxis der Beklagten eng auszulegen. Die Neupolsterung sei als Folge eines Investitionsstaus anzusehen, die Maßnahme hätte bereits vor Beginn der Pandemie angestanden und sei nicht durch diese bedingt. Sie sei zudem nicht Teil eines schlüssigen Hygienekonzepts, weil dafür allein die bessere Möglichkeit der Reinigung des Materials nicht ausreiche. Eine Änderung der Einstufung hin zur Hygienemaßnahme sei im Klageverfahren nicht mehr möglich, jedenfalls aber auch ohne Erfolg, da die Maßnahme nicht im Rahmen eines schlüssigen Hygienekonzeptes erfolgt und zur Existenzsicherung des Unternehmens notwendig gewesen sei.
19
Die Klägerin entgegnet hierauf, die Notwendigkeit der Maßnahme ergebe sich gerade aus den erhöhten Anforderungen an die Hygiene wegen der Corona-Pandemie. Die zum Zeitpunkt der Antragstellung geltenden FAQ hätten zudem einen Ausschluss der Förderfähigkeit für Maßnahmen, deren Notwendigkeit bereits vor der Pandemie entstanden sei, nicht enthalten. Sie habe zudem auf die Förderfähigkeit der Maßnahme vertraut, spätere Einschränkungen der FAQ könnten keine nachteilige Wirkung entfalten.
20
Die Beklagte hält entgegen, die Hygienestandards seien im Gastronomiebereich schon vor Beginn der Pandemie derart hoch gewesen, dass die Maßnahme notwendig gewesen sei. Im Rahmen der Leistungsverwaltung sei ein geringerer Schutz des Vertrauens gewährleistet, der Empfänger müsse stets mit dem künftigen Wegfall der Subventionen rechnen.
21
Auf Nachfrage des Gerichts teilte die Klägerin mit Schriftsatz vom 04.04.2023 mit, dass keine weiteren Unterlagen zum Stand der Polstermöbel vor der Neupolsterung vorgelegt werden könnten. Das Unternehmen, dass die Polsterung vorgenommen habe, sei nicht erreichbar. Die Klägerin selbst habe keine Dokumentation über den Zustand vorgenommen.
22
Auf Nachfrage des Gerichts teilte die Beklagte mit Schriftsatz vom 27.04.2023 mit, nach ihrer Förderpraxis sei der Austausch eines Teppichbodens gegen abwischbare Böden ersatzfähig. Der Austausch von Polstern sei hingegen in ständiger Verwaltungspraxis nicht als Hygienemaßnahme förderfähig. Diese Maßnahme sei weder infolge des Infektionsschutzes noch zur Existenzsicherung in der Pandemie notwendig gewesen.
23
In der mündlichen Verhandlung vom 31.07.2023 erklärte der Klägervertreter, dass zum Zeitpunkt der Neupolsterung kein besonderes Hygienekonzept für das Restaurant vorhanden gewesen sei. Vor der Neupolsterung hätte die Polsterung kleine Risse aufgewiesen, welche seiner Meinung nach durch die zu kalte Lagerung während der pandemiebedingten Schließung aufgetreten seien. Deswegen hätten die Polsterungen/Bezüge nur noch schwer desinfiziert werden können. Zu der dazu abweichenden Beschreibung des Zustandes der Polster durch den Vertragspartner der Klägerin im Angebot vom 12.05.2021 befragt, erklärte er, dies sei nur so dargestellt worden, um den Auftrag zu erhalten. Einen Nachweis (z.B. durch Fotos) könne er aber nicht vorlegen.
24
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten sowie die Sitzungsniederschrift vom 31.07.2023 Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Entscheidungsgründe

25
Die Klage ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
26
1. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist sie statthaft.
27
Die Klage ist als Verpflichtungsklage in der Form der sogenannten Versagungsgegenklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO statthaft.
28
Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung beantragt, den Verwaltungsakt teilweise aufzuheben und die Beklagte zur Gewährung von weiterer Überbrückungshilfe zu verpflichten (sog. Vornahmeklage).
29
Diesem Antrag kann – jedenfalls hilfsweise – auch der Antrag entnommen werden, den Verwaltungsakt teilweise aufzuheben und die Beklagte dazu zu verpflichten, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden (sog. Verbescheidungsklage), zumal der ausdrücklich gestellte Vornahmeantrag ein Mehr zum im Wege der Auslegung ermittelten Verbescheidungsantrag darstellt (vgl. BVerwG, U.v. 21.04.1977 – V CB 7.74 – juris Rn. 15), der an seinen höheren Anforderungen z.B. an die Spruchreife scheitern kann. Das Gericht ist an die Fassung der Anträge nicht gebunden, darf aber über das Klagebegehren nicht hinausgehen (§ 88 VwGO). Es entspricht im Rahmen dessen dem wohlverstandenen Klagebegehren der Klägerin, sich gestützt auf die vorgetragenen Fehler bei der Entscheidungsfindung gegen die Entscheidung der Beklagten zu wehren und hierfür alle prozessual zur Verfügung stehenden Möglichkeiten wahrzunehmen.
30
2. Die Klage mit dem Antrag, den Verwaltungsakt teilweise aufzuheben und die Beklagte zur Gewährung von weiterer Überbrückungshilfe zu verpflichten (sog. Vornahmeklage), hat in der Sache keinen Erfolg, denn die Klagepartei hat keinen Anspruch auf den Erlass des beantragten Verwaltungsaktes (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
31
Der streitgegenständliche, die Förderung ablehnende Bescheid beruht rechtsfehlerfrei auf der zugrundeliegenden Haushaltsordnung des Freistaates Bayern (BayHO) sowie der einschlägigen Förderrichtlinie, hier der Richtlinie für die Gewährung von Überbrückungshilfe des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen – Phase 3 (Überbrückungshilfe III), Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie vom 18.02.2021, Az. PGÜ-3560-3/2/304 (BayMBl. Nr. 132), zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 21.12.2021 (BayMBl. 2022 Nr. 25).
32
2.1 Bei der Gewährung dieser Förderung handelt es sich rechtlich um eine in das pflichtgemäße Ermessen der Bewilligungsstelle gestellte Billigkeitsleistung gemäß Art. 53 BayHO, die ohne Rechtsanspruch im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel gewährt wird (Vorbemerkung sowie Nr. 1 Satz 4 der Förderrichtlinie). Für die gerichtliche Prüfung einer Förderung in Form einer Billigkeitsleistung gelten dieselben Grundsätze wie für Zuwendungen, die ebenfalls auf der Grundlage der einschlägigen Förderrichtlinien im billigen Ermessen der Behörde und im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel (Art. 23, 44 BayHO) erfolgen (vgl. VG Würzburg, U.v. 14.11.2022 – W 8 K 22.548 – BeckRS 2022, 42039 Rn. 25, beck-online; VG Bayreuth, U.v. 05.06.2023 – B 8 K 22.89 – juris, Rn. 79).
33
Eine solche Förderung setzt grundsätzlich keine besondere gesetzliche Ermächtigung voraus, weil es sich bei der Gewährung beantragter Zuwendungen um eine reine Leistungsverwaltung ohne Eingriffe in Rechtspositionen Privater handelt. Gesetzesfrei gewährte Fördermittel haben ihre Legitimationsgrundlage in der jeweiligen Haushaltsordnung in Verbindung mit dem jeweils geltenden – als Gesetz beschlossenen – Haushaltsplan, in welchem Einzelplan, Kapitel und Titel die konkret bezeichneten Zuwendungen ausgewiesen sind (vgl. BVerwG, B.v. 08.04.1997 – 3 C 6/95 – NVwZ 1998, 273/273; U.v. 27.03.1992 – 7 C 21/90 – NJW 1992, 2496; U.v. 21.03.1958 – VII C 6/57 – NJW 1958, 1153).
34
Im Übrigen ergeben sich Einzelheiten zum Antragsverfahren, den Bewilligungsvoraussetzungen, Finanzierungsarten und Höhe sowie Rückabwicklung der Förderung aus den Verwaltungsvorschriften zu Art. 44 BayHO im Allgemeinen und den fachspezifischen Förderrichtlinien im Besonderen. Die Exekutive ist grundsätzlich frei, Regelungen über Zuwendungsempfänger, Zuwendungsobjekte, Zuwendungsverfahren und Zuwendungsumfang zu treffen (vgl. BVerwG, U.v. 26.04.1979 – 3 C 111/79 – NJW 1979, 2059).
35
Dies geschieht üblicherweise durch Richtlinien. Dabei handelt es sich nicht um nach außen wirkende und anspruchsbegründende Rechtsnormen, sondern um verwaltungsinterne Weisungen oder Verwaltungsvorschriften. Den Gerichten ist es verwehrt, die Bewilligungspraxis durch eine eigenständige Auslegung der jeweiligen Richtlinien selbst zu bestimmen. Sie haben vielmehr die Richtlinien als Willenserklärung des Richtliniengebers unter Berücksichtigung dessen wirklichen Willens und der tatsächlichen Handhabung (Bewilligungspraxis) auszulegen und anzuwenden (vgl. BVerwG, U.v. 19.09.2000 – 1 C 19/99 – BVerwGE 112, 63/67; OVG Lüneburg, U.v. 21.02.2006 – 10 LB 45/03 – Rn. 31, juris). Allerdings sind diese Richtlinien bindend für die Verwaltung und entfalten deshalb in Form der Selbstbindung Außenwirkung über den Gleichheitssatz nach Art. 3 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) und das im Rechtsstaatsprinzip in Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Gebot des Vertrauensschutzes (vgl. BVerwG, U.v. 08.04.1997 – 3 C 6/95 – NVwZ 1998, 273/274).
36
Der Antragsteller hat so grundsätzlich (lediglich) Anspruch darauf, nach einem aufgestellten Verteilungsprogramm willkürfrei und im Rahmen des Gleichbehandlungsgrundsatzes behandelt zu werden (vgl. BVerwG, U.v. 08.04.1997 – 3 C 6/95 – NVwZ 1998, 273/274). Ein unmittelbarer Anspruch auf Förderung besteht danach im Einzelfall über den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung und den Gleichheitssatz nicht schon, wenn lediglich die intern festgelegten Fördervoraussetzungen abstrakt erfüllt werden, sondern nur wenn vergleichbare Anträge in ständiger Förderpraxis der Beklagten auch tatsächlich positiv verbeschieden wurden (vgl. BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – juris Rn. 19).
37
2.2 Der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Behördenentscheidung, nicht dagegen der Zeitpunkt der Antragstellung durch die Klägerin und auch nicht der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts. Der maßgebliche Zeitpunkt bestimmt sich grundsätzlich nach dem materiellen Recht, das im Subventionsrecht mangels gesetzlicher Regelung durch die (auf den Förderrichtlinien beruhende) ständige Verwaltungspraxis der Bewilligungsstelle bestimmt wird, sodass – abgesehen von vertiefenden Erläuterungen – ein neuer Tatsachenvortrag oder die Vorlage neuer Unterlagen im Klageverfahren grundsätzlich irrelevant sind.
38
Dies kann jedoch insoweit nicht gelten, als die Behörde ihre Ermessenserwägungen – wie hier – um neue Erwägungen (§ 114 S. 2 VwGO) ergänzt, die über eine bloße Konkretisierung oder Klarstellung der schon vorher entscheidungsrelevanten Ermessenserwägungen hinausgehen. Hier wird man der Klagepartei nicht das Recht absprechen können, im Sinne der prozessualen Waffengleichheit ebenfalls Tatsachen zu den neu eingeführten Ermessenserwägungen vorzubringen, die auch vom Gericht beachtet werden müssen, da ansonsten die Rechtsverteidigung der Klagepartei beeinträchtigt wäre. Dies gilt umso mehr, wenn die Beklagte in der mündlichen Verhandlung selbst die von der Klagepartei vorgetragenen Tatsachen – wie hier das Angebot des Vertragspartners – wiederum zur Begründung der Ermessensentscheidung heranzieht.
39
2.3 Nach diesen Maßstäben ergibt sich kein unmittelbarer Anspruch der Klagepartei auf Gewährung von Überbrückungshilfe für die Kosten der Neupolsterung. Ein solcher ergibt sich nicht aus dem verfassungsmäßigen Recht auf Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 GG, denn die Beklagte hat nicht in nicht zu rechtfertigender Weise Gleiches bzw. Vergleichbares ungleich behandelt.
40
Es sind für das Gericht keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass vergleichbare Fälle in der tatsächlichen Förderpraxis der Beklagten positiv verbeschieden wurden. Dabei ist für die Beurteilung der Vergleichbarkeit der Förderentscheidungen neben den materiellen Förderkriterien (Art der Kosten und an sie gestellte weitere Voraussetzungen) auch auf die formellen Förderkriterien (z.B. Begründung und Nachweis im Verwaltungsverfahren) abzustellen, da erst das Vorliegen beider zu einer positiven Förderentscheidung führt.
41
Die Anerkennung der Kosten für den Austausch von Teppichböden gegen einen abwischbaren Bodenbelag, der nach der Förderpraxis der Beklagten dann als Hygienemaßnahmen gem. Ziff. 3.1 S. 1 Buchst. p der Förderrichtlinie förderfähig ist, wenn die Gleichwertigkeit der Bodenbeläge beachtet wird, ist nach Überzeugung des Gerichts kein in diesem Sinne vergleichbarer Fall.
42
2.3.1 Zwischen diesem Fall und dem hier streitgegenständlichen Austausch der Polster darf auch angesichts des weiten Ermessens der Beklagten bei der Ausgestaltung des Förderkonzeptes differenziert werden. Beide Fälle trennt als Differenzierungskriterium, dass hier ermessensfehlerfrei davon ausgegangen werden kann, dass wegen der Beschädigung der Sitzoberflächen im Gastraum ein Austausch der Sitzoberflächen – im Gegensatz zu einem Austausch eines (intakten) Teppichbodens – schon vor der Pandemie bzw. unabhängig von der Pandemie angestanden hätte.
43
Dies führt sowohl bei Ausgaben für die notwendige Instandhaltung/Wartung (wegen des Investitionsstaus) als auch bei Hygienemaßnahmen (wegen des Investitionsstaus bzw. wegen der Notwendigkeit der Maßnahme aufgrund zur Einhaltung von bereits vor der Pandemie bestehenden gesetzlichen Vorgaben) dazu, dass die Förderfähigkeit nach dem nachvollziehbar dargelegten Förderkonzept der Beklagten ausgeschlossen ist (vgl. Frage 2.4 Ziffer 6 Spalte „Enthält nicht:“ sowie Anhang 4 der FAQ). Im Gegensatz dazu ist der Austausch eines (intakten) Teppichbodens durch einen abwischbaren Belag kaum Folge eines Investitionsstaus oder Teil der schon vor der Pandemie gebotenen Hygiene in der Gastronomie, sondern erst durch die Pandemie bedingt worden, sodass die Ersatzfähigkeit im Rahmen der Überbrückungshilfe näherliegt.
44
Das von der Klägerin vorgelegte Angebot des Vertragspartners, das angibt, nach gründlicher Begutachtung der Stühle und Sitzbänke erstellt worden zu sein, spricht ausdrücklich davon, dass sich die vorhandene Kunstlederbeschichtung der Möbel schon zum größten Teil abgelöst habe.
45
Der Vertreter der Klägerin konnte den Wahrheitsgehalt der Beschreibung in der mündlichen Verhandlung nicht überzeugend entkräften. Grundsätzlich liegt es jedoch gerade bei Zuwendungen in der Sphäre des Zuwendungsempfängers, die für ihn günstigen Voraussetzungen für die Gewährung einer Zuwendung darzulegen und nachzuweisen (vgl. u.a. VG Halle, U.v. 25.04.2022 – 4 A 28/22 – Rn. 28, juris; VG München, U.v. 20.09.2021 – M 31 K 21.2632 – BeckRS 2021, 29655 Rn. 30), was hier jedenfalls wegen der widersprüchlichen Angaben zum Zustand des Bezugs („zum größten Teil […] schon abgelöst“ im eingereichten Angebot des Vertragspartners, „kleinere Risse“ nach der Darstellung des Vertreters der Klägerin in der mündlichen Verhandlung) nach Überzeugung des Gerichts nicht plausibel geschehen ist.
46
2.3.2 Weiterhin wird die Differenzierung auch davon getragen, dass der Bescheid nur hinsichtlich der Kosten für die Neupolsterung angefochten ist, sodass nur insofern die Frage des fehlenden Hygienekonzeptes erstmals relevant werden konnte. Hinsichtlich der Kosten für den Austausch des Teppichbodens dagegen konnte dies – mangels Anfechtung des Bescheides insoweit – nicht mehr relevant werden.
47
Der Vertreter der Klägerin gab in der mündlichen Verhandlung an, dass die Neupolsterung nicht Teil eines Hygienekonzepts für das Restaurant gewesen sei, was jedoch nach der nachvollziehbar dargelegten Förderpraxis der Beklagten erforderlich ist, die sich auch in Anhang 4 der FAQ wiederspiegelt. Dass im Online-Antragsverfahren, das besonders auf unbürokratische und schnelle Abwicklung angelegt ist, bei den Kosten für den Austausch von Teppichböden gegen einen abwischbaren Bodenbelag keine Nachweise angefordert wurden und diese deswegen in die Förderung aufgenommen wurden, führt im Übrigen nicht dazu, dass diese materielle Fördervoraussetzung aus dem Prüfprogramm der Bewilligungsbehörde entfällt.
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2.3.3 Zudem ist der Beklagten zuzugeben, dass der Aufwand für die Flächendesinfektion eines Teppichbodens im Gastraum schon auf Grund der weit größeren Fläche und typischerweise deutlich schwereren Textilien im Regelfall einen größeren Aufwand verursachen würde, was ebenfalls ein sachliches Differenzierungskriterium darstellt.
49
Im Ergebnis ist davon auszugehen, dass der Beklagten aus der Menge der zahlreichen Merkmale, die die beiden Fälle unterscheiden, mehrere sachliche Differenzierungskriterien zur Seite stehen, sodass sie hier willkürfrei, ohne Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz unterscheiden konnte.
50
3. Auch der Antrag, den Verwaltungsakt teilweise aufzuheben und dazu zu verpflichten, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden (sog. Bescheidungsklage), hat in der Sache keinen Erfolg, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Neuverbescheidung (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
51
Die sog. Bescheidungsklage wird dann relevant, wenn das Gericht nach den materiell-rechtlichen Vorschriften nicht zu einer abschließenden Entscheidung über den Erlass des Verwaltungsakts in der Lage ist (vgl. BVerwG, B.v. 17.11.2015 – 4 B 35.15 – ZfBR 2016, 156/157 Tz. 4). Sie knüpft insbesondere an den materiellen Anspruch der Klagepartei auf ermessensfehlerfreie Entscheidung (Art. 40 BayVwVfG) an. Ihr Anwendungsbereich ist eröffnet, wenn die Behörde eine Ermessensentscheidung zu treffen hat, die nicht (vollständig) durch gesetzliche Regelungen determiniert ist. Außer in Fällen, in denen das behördliche Ermessen auf Null reduziert ist, darf das Gericht sein Ermessen hier nicht an die Stelle des Ermessens der Behörde setzen und somit auch nicht durch Verpflichtung zum Erlass des Verwaltungsaktes „durchentscheiden“ und damit die künftige Behördenentscheidung vorwegnehmen.
52
In Fällen von Ermessenentscheidungen überprüft das Gericht nach § 114 Satz 1 VwGO, ob der ablehnende Verwaltungsakt rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist (sog. Ermessensfehler).
53
Die Klagepartei hat keinen Anspruch auf Neuverbescheidung, da die Ablehnung des Verwaltungsakts nicht ermessensfehlerhaft (§ 114 Satz 1 VwGO) war und sie deswegen nicht in ihren Rechten verletzen konnte.
54
3.1 Die Ermessenerwägungen der Beklagten stellen sich im Wesentlichen wie folgt dar:
55
3.1.1 Der ursprüngliche Teilablehnungsbescheid vom 22.04.2022 stützt sich darauf, dass die Kosten für die Neupolsterung allgemeine Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen darstellen würden und deswegen nicht – wie beantragt – als notwendige Ausgaben für die laufende, wiederkehrende Instandhaltung oder Wartung förderfähig seien.
56
3.1.2 Die Beklagte hat die Ermessenerwägungen jedoch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren durch Vortrag in den vorbereitenden Schriftsätzen und in der mündlichen Verhandlung konkretisiert bzw. in prozessrechtlich zulässiger Weise nach § 114 Satz 2 VwGO ergänzt.
57
Letzteres war möglich, weil eine Ergänzung der Ermessenserwägungen materiell-rechtlich zulässig ist. Da im gesetzlich geregelten Bereich das Nachschieben von Ermessenserwägungen regelmäßig zulässig ist, ist die Anwendung der gleichen Kriterien im Bereich des materiellen Subventionsrechts nicht zu beanstanden. Auch die weiteren Voraussetzungen an das Nachschieben von Ermessenserwägungen sind erfüllt:
58
Es fand hier keine unzulässige erstmalige Ermessensausübung im gerichtlichen Verfahren statt (vgl. BVerwG, U.v. 13.12.2011 − 1 C 14/10 − NVwZ 2012, 698/698 Rn. 9; U.v. 23. 10. 2007 − 1 C 10/07 − NVwZ 2008, 326/328 Tz. 30; U.v. 05.09.2006 – 1 C 20/05 – NVwZ 2007, 470 Tz. 22). Es wurde auch keine über die bloße „Ergänzung“ i.S.d. § 114 Satz 2 VwGO hinausgehende Wesensänderung des Verwaltungsaktes bewirkt, denn die neuen Ermessenerwägungen konkretisieren inhaltlich die im Bescheid genannten bzw. knüpfen inhaltlich an sie an. Auch die Rechtsverteidigung der Klagepartei wird nicht beeinträchtigt, da im Hinblick auf den Zeitpunkt des Nachschiebens eine Reaktion der Klagepartei (z.B. durch Vortrag eigener Tatsachen hierzu, Anpassung der Verteidigungsstrategie oder sie vor Kostentragung bewahrende Erledigungserklärung) weiterhin möglich war. Zudem ist das Nachschieben hinreichend bestimmt erfolgt, denn es ist erkennbar, welche Erwägungen Teil der Ermessensentscheidung sind bzw. nicht mehr sind, sodass der Klagepartei die Rechtsverteidigung und dem Gericht die Überprüfung der Ermessensentscheidung weiterhin möglich ist (vgl. dazu BVerwG, U.v. 13.12.2011 – 1 C 14/10 – NVwZ 2012, 698/699 Rn. 18).
59
3.1.3 In der Klageerwiderung vom 07.06.2022 führt die Beklagte insofern aus, die Neupolsterung sei zudem als Folge eines Investitionsstaus anzusehen, die Maßnahme hätte bereits vor Beginn der Pandemie angestanden und sei nicht durch diese bedingt. Sie sei zudem nicht Teil eines schlüssigen Hygienekonzepts. Die Hygienestandards seien im Gastronomiebereich schon vor Beginn der Pandemie derart ausgestaltet gewesen, dass der Austausch der Polsterung notwendig gewesen sei. Eine Änderung der Einstufung hin zur Hygienemaßnahme sei im Klageverfahren außerdem nicht mehr möglich, jedenfalls aber auch ohne Erfolg, da die Maßnahme nicht im Rahmen eines schlüssigen Hygienekonzeptes erfolgt und zur Existenzsicherung des Unternehmens notwendig gewesen sei.
60
3.2 Ein Ermessensnichtgebrauch (oder Ermessensausfall) liegt nicht vor.
61
Ein Ermessensnichtgebrauch ist gegeben, wenn die Behörde kein Ermessen ausübt, z.B., weil sie verkennt, dass sie Ermessen hat (vgl. BVerwG, B.v. 14.01.1999 – 6 B 133-98 – NJW 1999, 2912/2912; B.v. 05.05.2014 – 6 B 46/13 – NVwZ 2014, 1034/1035 Rn. 9). Ob die Behörde tatsächlich Ermessen ausgeübt hat, muss grundsätzlich anhand einer Auslegung ihres Bescheides ermittelt werden, jedoch kann sich im Übrigen ausnahmsweise auch aus dem Gesamtzusammenhang ergeben, dass sie tatsächlich Ermessenserwägungen angestellt hat (vgl. BVerwG, B.v. 15.01.1988 – 7 B 182/87 – NVwZ 1988, 525/526; Schübel-Pfister in: Eyermann, 16. Aufl. 2022, VwGO § 114 Rn. 18).
62
Im Teilablehnungsbescheid vom 22.04.2022 ist eine Ermessensausübung bei der Entscheidung über den Antrag auf Förderung zu erkennen, dass die Behörde Ermessen ausgeübt hat.
63
So stellt die Beklagte ausdrücklich fest, dass die Ablehnung im pflichtgemäßen Ermessen steht. Zudem wird Bezug genommen auf den Ermessensgesichtspunkt der wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung der Haushaltsmittel. Auch die in der Begründung des Bescheides genannten Voraussetzungen der Förderpraxis (keine allgemeinen Sanierungs-/Modernisierungsmaßnahmen, sondern nur laufende, wiederkehrende Wartung und Instandhaltung) sind hier nicht als Tatbestandsvoraussetzungen, sondern als echter Teil der Ermessenserwägungen einzuordnen, da sie nicht auf einer gesetzlichen Regelung beruhen, sondern lediglich ohne unmittelbare Außenwirkung in der Förderrichtlinie niedergelegt sind.
64
3.3 Auch ein Ermessensfehlgebrauch liegt nicht vor. Ein solcher liegt vor, wenn die Behörde ihr Ermessen entgegen § 114 S. 1 Alt. 2 VwGO nicht entsprechend dem Zweck der Ermächtigung ausgeübt hat.
65
Dabei ist insbesondere Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung, ob sich die Behörde von Erwägungen hat leiten lassen, die nicht vom Zweck der gesetzlichen Ermächtigung gedeckt sind und damit als sachwidrig einzustufen sind (vgl. BVerwG, U.v. 14.10.1965 – II C 3/63 – VerwRspr 1966, 936/938; U.v. 01.01.1967 – I C 98.64 – BVerwGE 26, 135, Rn. 33).
66
Der Beklagten sind keine derartigen Ermessenfehler i.S.d. § 114 Satz 1 VwGO vorzuwerfen. Nach Überzeugung des Gerichts stellen die von der Beklagten getätigten Erwägungen sachgerechte Gründe dar, die vom Zweck der gesetzlichen Ermächtigung gedeckt sind.
67
3.3.1 Die Beklagte konnte ermessensfehlerfrei davon ausgehen, dass die Kosten für die Neupolsterung nicht Ausgaben für die notwendige Instandhaltung oder Wartung (vgl. Ziffer 3.1 Satz 1 Buchst. f der Förderrichtlinie), sondern stattdessen Sanierung-/Modernisierungsmaßnahmen anlässlich eines Investitionsstaus darstellen und damit nach ihrem Förderkonzept nicht förderfähig sind.
68
Für Kosten für die notwendige Instandhaltung oder Wartung von Anlagevermögen verlangt die Förderrichtlinie, dass sie vor dem 01.01.2021 begründet worden sind oder danach entstehen und betriebsnotwendig bzw. zur Aufrechterhaltung des Betriebs erforderlich sind (Sätze 5 und 6). Für diese Kosten setzen die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz sowie dem Bundesministerium der Finanzen veröffentlichten FAQ zur sog. Überbrückungshilfe III nach Frage 2.4 („Welche Kosten sind förderfähig?“), Ziffer 6 („Ausgaben für notwendige Instandhaltung, Wartung oder Einlagerung von Anlagevermögen und gemieteten und geleasten Vermögensgegenständen, einschließlich der EDV“) voraus, dass die Zahlungen für Instandhaltung oder Wartung aufwandswirksam sind, abgerechnet wurden und nicht erstattet werden. Nicht erstattet würden Ausgaben für Renovierung- und Umbauarbeiten, Ausgaben für Maßnahmen, deren Notwendigkeit bereits vor der Pandemie angestanden hätte (Beseitigung eines Investitionsstaus), Maßnahmen, die nicht ursächlich im Zusammenhang mit Vorschriften zur Eindämmung der Corona-Pandemie stehen und Maßnahmen, die zur Einhaltung von bereits vor der Pandemie bestehenden gesetzlichen Vorgaben (z.B. allgemeiner Arbeitsschutz) dienen.
69
Die Beklagte hat zulässigerweise im Rahmen ihrer (ergänzten) Ermessenserwägungen die Neupolsterung der Stühle und Bänke als Beseitigung eines Investitionsstaus angesehen, denn sie durfte auf Grundlage der vorliegenden Tatsachen davon ausgehen, dass wegen des schlechten Zustandes der Polstermöbel Maßnahmen erforderlich waren, die über eine bloße Instandhaltung oder Wartung hinausgingen. In diesem Zusammenhang überzeugt auch die Einlassung des Vertreters der Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht, die Schäden an dem Bezug in Form von kleineren Rissen seien lediglich aufgrund der Nichtnutzung während der pandemiebedingten Schließungen der Gastronomie entstanden.
70
In der Nachricht des Steuerberaters der Klägerin auf der Online-Plattform der Beklagten vom 21.09.2021 wurde zwar darauf verwiesen, dass „nach Auskunft“ seines Mandanten kein Investitionsstau vorgelegen habe. Im Angebot des Vertragspartners der Klägerin vom 12.05.2021 ist aber beschrieben, dass sich die Kunstlederbeschichtung der Möbel zum größten Teil schon abgelöst habe; das Kunstleder sei kaputt, eine Reparatur sei nicht möglich.
71
Dies konnte der Vertreter der Klägerin auch nicht im weiteren Klageverfahren entkräften. Auf Nachfrage des Gerichts erklärte er, weitere Unterlagen zum Zustand der Polstermöbel vor der Neupolsterung könnten nicht vorgelegt werden; das Unternehmen, dass die Polsterung vorgenommen habe, sei zudem nicht erreichbar. Den Zustand der Möbel vor der Polsterung habe die Klägerin nicht festgehalten.
72
3.3.2 Die Beklagte konnte zudem ermessensfehlerfrei davon ausgehen, dass die Kosten für die Neupolsterung nicht als Hygienemaßname (vgl. Ziffer 3.1 Satz 1 Buchst. p der Förderrichtlinie) förderfähig sind. Die Beklagte hat plausibel vorgetragen, dass solche Maßnahmen nach ihrem jedenfalls zum Zeitpunkt der Bewilligung in der tatsächlichen Förderpraxis angewendeten Förderkonzeptes bestimmten Anforderungen genügen müssen, welche hier nicht erfüllt sind.
73
Für die Anerkennung von Kosten für Hygienemaßnahmen setzen die FAQ zur sog. Überbrückungshilfe III nach Frage 2.4, Ziffer 16 („Ausgaben für Hygienemaßnahmen“) und Anhang 4 („Digitalisierung- und Hygienemaßnahmen“) voraus, dass die Kosten der Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis zu den Zielen steht, die Maßnahme primär der Existenzsicherung des Unternehmens in der Pandemie dient, diese kein Abbau eines Investitionsstaus darstellt, Teil eines schlüssigen Hygienekonzepts ist und im Einzelfall begründet wird.
74
Wie in der mündlichen Verhandlung bestätigt, verfügte die Klägerin nicht über ein Hygienekonzept, das die wegen der Corona-Pandemie erforderlich gewordenen besonderen Maßnahmen enthielt und damit die Beurteilung der Angemessenheit der Maßnahme sowie des Dienens der Existenzsicherung ermöglicht. Dass die Voraussetzung des Hygienekonzeptes Teil des Prüfprogrammes der Beklagten ist, ist dem Gericht im Übrigen auch aus anderen Verfahren, die eine Förderung nach der Überbrückungshilfe III zum Gegenstand haben, und der übrigen Rechtsprechung (vgl. z.B. VG München, U.v. 28.07.2023 – M 31 K 22.1561 – Rn. 41, juris) bekannt.
75
Die Beklagte hat darüber hinaus nachvollziehbar dargelegt, dass der Austausch der Polster im Gastraum nach ihrem Förderkonzept nicht als Hygienemaßnahme förderfähig ist, da die Hygienestandards im Gastronomiebereich schon vor Beginn der Pandemie einen Austausch erforderlich gemacht hätten (vgl. dazu VG München, U.v. 28.07.2023 – M 31 K 22.1561 – Rn. 41, juris). Jedenfalls, wenn – wie im Angebot des Vertragspartners beschrieben – sich die Polsterung zum größten Teil schon abgelöst hat, kann ermessensfehlerfrei davon ausgegangen werden, dass der Austausch nicht oder nicht ausschließlich (vgl. Frage 2.4 Ziffer 16 der FAQ, Spalte „Enthält nicht:“) durch die Pandemie bedingt ist. Insofern deckt sich die vorgetragene Förderpraxis mit der insofern einheitlichen Rechtsprechung zum Austausch von Sitzpolstern im Rahmen der Überbrückungshilfe (z.B. Austausch von Polstern durch abwischbares Leder: VG Würzburg, U.v. 06.03.2023 – W 8 K 22.978 – Rn. 64, juris; Austausch durch leichter zu reinigende Polsterung: VG Augsburg, U.v. 29.03.2023 – Au 6 K 22.1928 – Rn. 46, juris; Anschaffung von abwaschbaren Stuhlpolstern bei ÜBH III plus: VG Würzburg, U.v. 13.02.2023 – W 8 K 22.1507 – Rn. 97, juris).
76
Es kann deswegen dahingestellt bleiben, ob der Klägerin die Geltendmachung der Kosten für die neue Polsterung als Hygienemaßnahme noch möglich war oder die Bewilligungsstelle eine derartige Umqualifizierung ermessensfehlerfrei als verspätet einstufen durfte (so VG Würzburg, U.v. 24.10.2022 – W 8 K 21.1263 – Rn. 89, juris; VG Augsburg, U.v. 19.07.2023 – Au 6 K 22.1310 – Rn. 72, juris).
77
3.3.3 Die Bewilligungsstelle hat nach Überzeugung des Gerichts auch nicht den Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes ermessensfehlerhaft vernachlässigt. Die Klägerin trägt hierzu vor, dass in den zum Zeitpunkt der Antragstellung geltenden FAQ keine ausdrückliche Ausnahme für Ausgaben für Maßnahmen, deren Notwendigkeit bereits vor der Pandemie angestanden hätte (Beseitigung eines Investitionsstaus) enthalten gewesen sei.
78
Grundsätzlich ist es möglich, dass die Bewilligungsstelle bei der Gewährung einer Förderung durch das Gebot des Vertrauensschutzes, das sich aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) ergibt, eingeschränkt ist. So kann einem Förderempfängern Vertrauensschutz zukommen, dass eine Förderung für ein begonnenes Vorhaben, das in der Vergangenheit bereits subventioniert worden ist, im neuen Haushaltsjahr fortgeführt wird (vgl. BVerwG, U.v. 08.04.1997 – 3 C 6/95 – BVerwGE 104, 220-230, Rn. 31), sodass das Förderprogramm nur aus willkürfreien, d.h. sachlichen Gründen geändert werden kann. Auch die Abschöpfung von fehlgeleiteten Vorteilen schon gewährter Subventionen mit in die Zukunft reichenden Wirkungen mit tatbestandlicher Rückwirkung ist nur unter Abwägung mit dem Vertrauen auf die Fortgeltung der bestehenden Rechtslage zulässig (vgl. BVerfG, B.v. 08.06.1988 – 2 BvL 9/85 – BVerfGE 78, 249-289, Rn. 90). Auch wenn eine Förderung zunächst unter Vorbehalt gewährt wird, kann im Rahmen des Schlussbescheides der Grundsatz des Schutzes des Vertrauens in den Bestand der ursprünglichen Förderentscheidung und ihrer Kriterien, der in Art. 48 f. BayVwVfG gesetzlich verankert ist, einer Rückforderung entgegenstehen (vgl. OVG NRW, U.v. 17.03.2023 – 4 A 1988/22 – Rn. 186, juris).
79
Im hier vorliegenden Fall durfte sich die Bewilligungsstelle jedoch bei der erstmaligen Entscheidung über die Förderung der Maßnahme im Ergebnis auch auf Ermessenserwägungen stützen, die nicht in den zum Zeitpunkt der Antragstellung veröffentlichen FAQ enthalten waren. Hierbei ist insbesondere der Charakter der FAQ zu berücksichtigen, der gegen eine Einstufung als abschließende Beschreibung einer antizipierten Verwaltungspraxis spricht. Die schließt im Übrigen nicht aus, in anders gelagerten Fällen – gerade bei einer positiven Regelung zu einer Voraussetzung – Schlüsse aus den FAQ auf die tatsächliche Förderpraxis zu ziehen.
80
Die FAQ werden schon nicht von einer Stelle des Freistaats Bayern als dem Rechtsträger, dem die Bewilligungsstelle zuzuordnen ist, die die Förderentscheidung trifft, und der auch die Förderrichtlinie erlässt, veröffentlich, sondern vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und dem Bundesministerium der Finanzen, sodass diese die Bewilligungsstelle zumindest nicht unmittelbar binden können (vgl. dazu BayVGH, B.v. 17.03.2022 – 6 ZB 21.2057 – Rn. 13, juris).
81
Die in Frage- und Antwortform veröffentlichten Erläuterungen wecken zudem aufgrund ihres informelleren Charakters, der von dem der Förderrichtlinie abweicht, ein geringeres Vertrauen als die Förderrichtlinie, die eher einer Rechtsnorm ähnlich formuliert ist. Durch die Frage-/Antwortform sowie ihren Zweck, das Antragsverfahren zu erleichtern, sind sie auch notwendigerweise vereinfacht und betreffen lediglich Ausschnitte der großen Zahl an möglichen Konstellation, die nicht die gesamte Bewilligungspraxis abdecken können.
82
Angesichts dessen, dass sich erst im Laufe des Bewilligungszeitraums herausstellt, welche Fragen für die Antragsteller relevant sind, ist der Inhalt der FAQ auch notwendigerweise stets in der Entwicklung begriffen, sodass mit einer weiteren Ergänzung stets zu rechnen ist. Letztlich müssen die jeweiligen Antragsteller damit rechnen, dass die Bewilligungsstelle eine Einzelfallprüfung vornimmt und nicht alle Fälle in den FAQ abschließend behandelt werden.
83
Auch der besondere Rechtscharakter der Überbrückungshilfe III spricht hier gegen einen Vorrang des Vertrauensschutzes.
84
Die Überbrückungshilfe III ist nach dem ausdrücklichen Förderkonzept eine freiwillige Zahlung, durch die (lediglich) die wirtschaftliche Existenz von Unternehmen gesichert werden soll (vgl. Ziffer 1 Sätze 4, 5 der Förderrichtlinie). Im Grundsatz ist jedoch bei Maßnahmen, die der Existenzsicherung dienen sollen, davon auszugehen, dass diese auch ohne die Aussicht auf eine Förderung getätigt worden wären. Ist dies nicht der Fall, weil z.B. die Motivation maßgeblich durch die Hoffnung auf Kostenerstattung geprägt ist und die Pandemie nur die Gelegenheit für die Durchführung der Maßnahmen darstellt, ist dies dagegen weniger schutzwürdig. Ein überwiegendes, schutzwürdiges Vertrauen in die Förderung aus öffentlichen Mitteln für Maßnahmen, deren Notwendigkeit ohnehin bereits vor der Pandemie entstanden hat bzw. ohne die Pandemie angestanden hätte, ist so kaum denkbar.
85
Außerdem umfasst der Anwendungsbereich der Überbrückungshilfe III aufgrund der Breite der Förderung, die im Gegensatz zu typischen Einzelförderprogrammen nicht auf klar abgegrenzte Maßnahmen und eine eng umgrenzte Zahl der Antragsteller beschränkt ist, eine unüberblickbare Vielzahl an möglichen Einzelfällen aus allen Bereichen des wirtschaftlichen Lebens. Die Auswirkungen der vorweg festgelegten Einzelheiten des Förderkonzeptes sind insofern für die Bewilligungsstelle kaum zuverlässig zu prognostizieren, stattdessen muss auf unvorhergesehene Auswirkungen notwendigerweise mit einer Anpassung der Kriterien des Förderkonzeptes im Laufe des Bewilligungszeitraums reagiert werden. Insofern ist zu berücksichtigen, dass selbst wenn ein schutzwürdiges Vertrauen entsteht, dieses beschränkt ist, wenn die Förderung noch der näheren Ausgestaltung bedurfte und dies bei objektiver Betrachtung erkennbar war (vgl. VGH BW, B.v. 22.03.2021 – 1 S 649/21 – Rn. 105, juris).
86
Im Übrigen ist eine Anpassung des Förderkonzeptes insbesondere dahingehend, dass Kosten für Maßnahmen, deren Notwendigkeit schon vor der Pandemie bestanden hat, nicht förderfähig sind, aus willkürfreien, d.h. sachlichen Gründen möglich. Entfällt die Förderfähigkeit von Maßnahmen, deren kausale Verbindung zur Pandemie geringer ausgeprägt ist, sodass der Kreis der förderfähigen Maßnahmen auf die verengt wird, die enger mit der Pandemie in Zusammenhang stehen, so stellt dies eine zulässige Beschränkung des Förderkonzeptes dar. Eine solche Beschränkung ist insbesondere aus Gründen der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit zulässig, die aufgrund der stets vorliegenden Beschränktheit der finanziellen Mittel mitausschlaggebend für die Gestaltung des Förderkonzeptes sein müssen. Sie schränken nach Art. 109 Abs. 4 GG i.V.m. § 6 Abs. 1 und § 1 Haushaltsgrundsätzegesetz (HGrG) sogar den formellen Bundes- und Landesgesetzgeber bei der Ausgestaltung des Haushaltsrechts und somit erst recht die Exekutive im Rahmen der Ermessensausübung bei der Vergabe von Fördermitteln ein.
87
3.3.4 Es liegt auch kein atypischer Einzelfall vor, der ausnahmsweise ein Abweichen von der Förderpraxis gebietet.
88
Es ist grundsätzlich nicht ermessensfehlerhaft, wenn die Beklagte sich bei der Entscheidung über die Förderung an ihrer bisherigen Verwaltungspraxis orientiert, die auf den typisierenden Regelungen in der Förderrichtlinie beruht. Sie ist aufgrund der Selbstbindung der Verwaltung aus Art. 3 Abs. 1 GG gegenüber dem Antragsteller dazu sogar grundsätzlich verpflichtet. Lediglich in besonderen, atypischen Einzelfällen kann es als nicht ermessensgerecht angesehen werden, eine an der ständigen Verwaltungspraxis orientierte Ermessensentscheidung zu treffen, wenn dies notwendig ist, um wesentlichen Besonderheiten des Einzelfalls Rechnung zu tragen, die von den ermessensliegenden Vorschriften nicht hinreichend erfasst sind und solches Gewicht aufweisen, dass sie eine abweichende Rechtsfolge auch gebieten (vgl. BayVGH, B.v. 22.05.2023 – 22 ZB 22.2661 – juris Rn. 38; VGH BW, U.v. 13.07.2023 – 14 S 2699/22 – juris Rn. 89).
89
Anhaltspunkte dafür, dass der vorliegende Fall derartige Besonderheiten aufweist, die ein Abweichen gebieten, sind indes nicht erkennbar. Insbesondere handelt es sich bei dem Betrieb der Klägerin um einen für die Überbrückungshilfe III klassischen Betrieb, nämlich einen Gastronomiebetrieb. Auch die Maßnahmen, deren Kosten die Klägerin ersetzt haben möchte, entsprechen typischen Maßnahmen eines Gastronomiebetriebs, wie die dazu vorliegende Rechtsprechung belegt.
90
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.