Titel:
Kürzung der Zahlungen im Rahmen des Bayerischen Kulturlandschaftsprogrammes (KULAP)
Normenketten:
VO (EU) Nr. 640/2014 Art. 23 Abs. 2 (idF bis zum 1.1.2023)
DirektZahlDurchfG § 2
Leitsatz:
Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen von Förderkriterien trägt der Begünstigte, für den Nachweis des Verstoßes gegen Verpflichtungen und Auflagen trägt die Behörde die Beweislast. (Rn. 72 und 91 – 93)
Schlagworte:
landwirtschaftliche „Mindesttätigkeit“ als Voraussetzung für die Förderung nach KULAP, Beweislast für das Vorliegen von Förderkriterien bzw. bei Verstoß gegen Verpflichtungen und Auflagen, landwirtschaftliche Subventionen, Mehrfachantrag, Förderkriterien, Auflagenverstoß, Darlegungs- und Beweislast, Dauerkultur, Dauergrünland
Fundstelle:
BeckRS 2023, 42229
Tenor
1. Der Bescheid des Beklagten vom 27.03.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Staatlichen Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 02.11.2020 (Ziff. 4) wird aufgehoben, soweit darin – bezogen auf das Feldstück 8 (Maßnahme B 20) – eine Fläche von 0,50 ha abgezogen worden ist und soweit darin – bezogen auf das Feldstück 8 (Maßnahme B 57) – 18 Obstbäume abgezogen worden sind. Der Beklagte wird verpflichtet, den auf diese Fördermaßnahmen gerichteten Mehrfachantrag des Klägers für 2018 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts insoweit neu zu verbescheiden und die Förderung unter Beachtung der jeweiligen Sanktionen neu zu berechnen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Verfahrens trägt der Kläger 1/3 und der Beklagte 2/3.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch den jeweiligen Kostengläubiger durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Tatbestand
1
Der Kläger wendet sich gegen die vom Beklagten mit Auszahlungsmitteilung vom 27.03.2019 vorgenommene Kürzung der Zahlungen im Rahmen des Bayerischen Kulturlandschaftsprogrammes (KULAP), welches Teil der Agrarumwelt-, Klima- und Tierschutzmaßnahmen (AUM) ist.
2
1. Mit Antrag vom 26.02.2015 beantragte der Kläger Zuwendungen für die Maßnahme B 20 („Extensive Grünlandnutzung für Raufutterfresser: max. 1,40 GV/ha HFF“) und die Maßnahme B 57 („Streuobst“) im Rahmen des Bayerischen Kulturlandschaftsprogramms (KULAP) für die Jahre 2015 bis 2019.
3
2. Mit Mehrfachantrag vom 19.05.2018 beantragte der Kläger u.a. die Auszahlung der KULAP-Zuwendungen für die Maßnahme B 20 („Extensive Grünlandnutzung für Raufutterfresser: max. 1,40 GV/ha HFF“) für eine beihilfefähige Fläche von 9,46 ha. Der Antrag auf Zuwendungen für die Maßnahme B 20 umfasste alle Feldstücke des Klägers mit Ausnahme der Feldstücke 1 und 2. Für die Maßnahme B 57 („Streuobst“) beantragte er Zuwendungen für 235 Bäume (entspricht einer Fläche von 2,35 ha, da ein Baum mit 0,01 ha gleichzusetzen ist, vgl. Ziff. 6.7.1 Satz 2 der Gemeinsamen Richtlinie vom 18.12.2014 der Bayerischen Staatsministerien für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) und für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) zur Förderung von Agrarumwelt-, Klima- und Tierschutzmaßnahmen (AUM) in Bayern).
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Gleichzeitig versicherte er, von den Verpflichtungen und Hinweisen Kenntnis genommen zu haben, die in den Broschüren „Umsetzung der EU-Agrarreform in Deutschland Ausgabe 15“ und „Cross Compliance 2018“, im Merkblatt zum Mehrfachantrag, in den Merkblättern zu den beantragten Einzelmaßnahmen, sowie in der Anleitung zum Ausfüllen des Flächen- und Nutzungsnachweises (FNN) genannt sind, und diese Verpflichtungen einzuhalten bzw. die Förderleistungen zu erfüllen. Er bestätigte, dass seine in diesem Antrag und den Anlagen enthaltenen Angaben richtig und vollständig seien, sowie die Erklärungen in den Anträgen eingehalten würden.
5
3. Am 30.08.2018 erfolgte die erstmalige Kontrolle eines Teils der Feldstücke des Klägers. Ein Prüfbericht wurde nicht erstellt. Im Rahmen einer weiteren Vor-Ort-Kontrolle am 20.09.2018 durch die Abteilung … – Prüfdienst des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) …, wurden u.a. auf folgenden Feldstücken Abweichungen zur beantragten Fläche festgestellt: Nr. 1 „…“ (0,04 ha), Nr. 2 „…“ (0,10 ha), Nr. 4 „…“ (0,12 ha), Nr. 7 „…“ (0,02 ha) und Nr. 8 „…“ (0,5 ha).
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Außerdem wurde festgestellt, dass zwei Bäume auf dem Feldstück Nr. 1, zehn Bäume auf dem Feldstück Nr. 2, ein Baum auf dem Feldstück Nr. 7 und 18 Bäume auf dem Feldstück Nr. 8, mithin insgesamt 31 Bäume, die mit der Maßnahme B 57 beantragt waren, nicht förderfähig seien.
7
Im Prüfbericht der Vor-Ort-Kontrolle findet sich zu Feldstück Nr. 1 folgende Feststellung: „S. 1 Code 822: Fläche ab 2018: 0,02 ha; Abzug ist Weg und Privatgarten“. Bei Feldstück Nr. 2 wurde Folgendes vermerkt: „S. 1 Code 822: Gesamtes Feldstück keine landwirtschaftliche Vegetation/ keine LF/ Baumförderung entfällt“. Feldstück Nr. 8 wurde wie folgt beschrieben: „S. 1 Code 451: Gesamt LF ab 2019: 1,61 ha. Abzugsfläche ist natürliche Ausbreitung des Waldes; S. 1 Code 592: Landwirt hat verbuschte Fläche gemulcht, bzw. gemäht und Aufwuchs entsprechend Fotos liegen gelassen; S. 1 A Code B 57: Nur 53 Bäume für B 57 förderfähig; S 1 B Code B 57: Zu wenig.“
8
Mit Schriftsatz vom 09.11.2018 legte der Kläger schriftliche Erklärungen seines Sohnes und zweier „Helfer“ vor, die bestätigten, dem Kläger auf den Feldstücken Nr. 4, 7 und 8 Anfang September 2018 geholfen zu haben, das Gras abzumähen und das abgemähte Material ins Wildgehege zu bringen und an die Wildtiere zu verfüttern.
9
Am 20.11.2018 fand eine Nachkontrolle seitens des Prüfdienstes statt. Bei dieser wurde in Bezug auf Feldstück Nr. 8 für eine Fläche von 0,5 ha „Gesamt – LF ab 2019: 1,61 ha. Abzugsfläche ist natürliche Ausbreitung des Waldes“ bzw. für eine Fläche von 0,47 ha „Landwirt hat verbuschte Fläche gemulcht“ vermerkt (Bl. 178 der Gerichtsakte).
10
4. Mit Auszahlungsmitteilung vom 27.03.2019, laut Auszug des Programms „Bescheid Anzeige und Druck“ des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten versandt am 23.04.2019, wurde dem Kläger für Fördermaßname B 20 ein Betrag in Höhe von 1.150,28 € für eine Fläche von 8,76 ha (Kürzung um 0,79 ha) bewilligt. Für die Fördermaßnahme B 57 ergab sich nach Flächenabzug von 0,14 ha (entspricht 14 Bäumen) eine ermittelte Fläche von 2,21 ha.
11
Für die Fördermaßnahme B 20 wurde aufgrund einer festgestellten Differenz zwischen der beantragten und der ermittelten Fläche von mehr als 3% bzw. 2 ha eine Kürzung um das 1,5-fache der festgestellten Differenz vorgenommen, für die Fördermaßnahme B 57 erfolgte ebenfalls eine Kürzung um das 1,5-fache der festgestellten Differenz (jeweils Art. 19a Abs. 1 Delegierte VO (EU) Nr. 640/2014). Neben den Flächenabweichungen wurde für die Maßnahme B 57 ein Auflagenverstoß erfasst (Art. 35 Delegierte VO (EU) Nr. 640/2014), nach der Sanktionsmatrix des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten nach Schwere, Ausmaß, Dauer und Häufigkeit bewertet und eine Kürzung in Höhe von 10% vorgenommen.
12
Außerdem erfolgte laut Auszahlungsmitteilung eine Kürzung um 4% gemäß Art. 13 Abs. 1 Delegierte Verordnung (EU) Nr. 640/2014, da der Antrag auf KULAP-Zuwendungen um vier Arbeitstage verspätet eingereicht worden sei.
13
5. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 08.05.2019, eingegangen bei dem Beklagten am 10.05.2019, Widerspruch ein. Er wandte sich im Wesentlichen gegen die Flächenreduzierung der Feldstücke Nr. 1, Nr. 2, Nr. 4, Nr. 7 und Nr. 8. Bei dem Feldstück Nr. 1 handle es sich um eine Grünfläche und nicht, wie bei der Vor-Ort-Kontrolle festgestellt, um einen Privatgarten. Die Nutzung des Feldstücks Nr. 2 sei mit dem Code 822 (Streuobstanlage ohne Wiesennutzung) eingeordnet worden, da das Feldstück teilweise als Siloballen- und Steinlagerplatz verwendet werde. Diese Einordnung sei ihm vom Beklagten empfohlen worden und früher förderunschädlich gewesen. Nun sei sie scheinbar förderschädlich, für diese unklaren Veränderungen der Bestimmungen könne er nicht bestraft werden. Ihm müsse zumindest die Möglichkeit gegeben werden, die Fläche unter Code 990 einzuordnen, damit er Zeit habe, die gelagerten Steine zu entfernen. Die Feldstücke Nr. 4, Nr. 7 und Nr. 8 seien Anfang September mit einem Wiesenmäher gemäht und das Mähgut dem Gehegewild verfüttert worden.
14
Im Schreiben vom 18.04.2020 an die Staatliche Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ergänzte er, dass es sich bei Feldstück Nr. 8 um eine Hanglage und einen „Trockenrasen“ handle, daher komme auch der Braunton auf dem Interpretationsbild. Die Fläche sei mit einem Wiesenmäher gemäht worden, der das Mähgut beim Mähen etwas zerkleinere, wodurch beim Zusammenrechnen kleinere Reste liegen bleiben könnten. Der Wiesenmäher hinterlasse beim Mähen „Großschwadern“, die mit Sicherheit auf den Bildern nicht zu sehen seien, da sie zusammengerecht worden seien.
15
Der Prüfdienst sei bei den Bäumen auf Feldstück Nr. 8 der Meinung gewesen, dass „hohe Obstbäume nicht förderfähig“ seien, da diese „oben“ nicht abgeerntet werden können – dem habe er vor Ort widersprochen. Die Bäume seien jedenfalls vorhanden.
16
6. Mit Widerspruchsbescheid vom 02.11.2020 (Az.: …*), den der Kläger ausweislich der Postzustellungsurkunde am 03.11.2020 erhalten hat, wies die Staatliche Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten u.a. den Widerspruch vom 10.05.2019 zurück (Ziff. 4). Gleichzeitig hob es die Auszahlungsmitteilung des Beklagten insoweit auf, als darin eine Kürzung der Maßnahme B 20 wegen einer Flächenabweichung über 0,65 ha hinaus festgesetzt wurde (Ziff. 4). Es wurde festgelegt, dass die Kosten des Widerspruchsverfahrens durch den Kläger zu tragen sind und für den Bescheid eine Gebühr von 350 € festgesetzt (Ziff. 7 und 8).
17
Die nochmalige Überprüfung des Sachverhalts im Rahmen der Widerspruchsbearbeitung habe ergeben, dass die festgestellten Abweichungen auf den Feldstücken Nr. 4 und Nr. 7 nicht rechtssicher belegbar seien. Die auf diesen Flächen aberkannte Fläche in Höhe von insgesamt 0,14 ha sei somit beihilfefähig. Übrig blieben somit nur die Abweichungen auf den Feldstücken Nr. 1, Nr. 2 und Nr.
18
8. Auf dem Feldstück Nr. 1 seien ein Weg und ein Privatgarten im Umfang von 0,04 ha in Abzug gebracht worden. Dabei handele es sich nachweislich nicht um landwirtschaftlich genutzte und damit auch nicht um förderfähige Flächen. Der Flächenabzug sei rechtmäßig.
19
Das Feldstück Nr. 2 sei mit dem Nutzungscode 822 (Streuobstanlage ohne Wiesen-/Ackernutzung) beantragt worden. Hierbei handle es sich um den Nutzungscode für eine Dauerkultur. Als Dauerkulturen würden nach Art. 4 Abs. 1g VO (EU) Nr. 1307/2013 nicht in die Fruchtfolge einbezogene Kulturen außer Dauergrünland und Dauerweideland bezeichnet, die für die Dauer von mindestens fünf Jahren auf den Flächen verbleiben und wiederkehrende Erträge lieferten. Auf dem Feldstück seien Pflastersteine, ein Autowrack und Siloballen gelagert worden, die Fläche sei außerdem stark zugewachsen und habe waldähnlichen Charakter. Die beantragten zehn Streuobstbäume führten nicht dazu, dass die Fläche als Dauerkultur bezeichnet werden könne. Die Fläche falle ebenfalls nicht unter die Definition von Dauergrünland, Dauerweideland oder Ackerland, weshalb die Aberkennung der nicht landwirtschaftlich genutzten Fläche rechtmäßig sei.
20
Bei dem Feldstück Nr. 8 seien der Abzug von 0,03 ha aufgrund des hereinwachsenden Waldrandes und 0,47 ha wegen eines Verstoßes gegen die Mindesttätigkeit ebenfalls rechtmäßig erfolgt. Der Aufwuchs sei zwar gemäht, aber nicht oder nicht ausreichend abgefahren, sondern liegengelassen worden. Von einer landwirtschaftlichen Nutzung könne deshalb nicht ausgegangen werden.
21
Mit der Maßnahme B 57 („Streuobst“) werde der Erhalt von bestehenden oder neu gepflanzten Obstbäumen gefördert. Hierbei müsse es sich jedoch um Hochstamm-Baumarten handeln, die mindestens drei Meter Kronendurchmesser erreichen und eine Stammhöhe von mind. 1,40 m haben. Außerdem würden maximal 100 Streuobstbäume pro ha landwirtschaftlich genutzter Fläche des Feldstücks gefördert (vgl. Merkblatt AUM 2015 – 2019 Abschnitt C Nr. 5 ab Seite 11).
22
Auf dem Feldstück Nr. 1 habe ein Baum die Stammhöhe von 1,40 m nicht erreicht, ein weiterer Baum habe sich außerhalb des Feldstücks befunden, so dass von insgesamt sechs Bäumen nur vier für förderfähig erklärt worden seien. Da sich die Größe des Feldstücks von 0,06 ha auf 0,02 ha verkleinert habe, sei lediglich eine Förderung von zwei Bäumen zulässig, weshalb für zwei weitere Bäume keine Förderung ausbezahlt werden habe können. Die beantragten zehn Bäume auf Feldstück Nr. 2 hätten insgesamt aberkannt werden müssen, da das Feldstück nicht landwirtschaftlich genutzt werde. Ein Baum auf Feldstück Nr. 7 sei aberkannt worden, weil er nicht die erforderliche Höhe von 1,40 m erreicht habe. Von den 71 beantragten Bäumen auf Feldstück Nr. 8 seien nur 53 vorgefunden worden, weshalb 18 Bäume aberkannt worden seien.
23
Nach Flächenabzug von 0,14 ha ergebe sich eine ermittelte Fläche von 2,21 ha. Da die Abweichung über 3% betrage, sei eine Sanktion zu verhängen gewesen. Diese Sanktion, welche einen weiteren Flächenabzug zur Folge habe, berechne sich aus dem Doppelten der festgestellten Differenz zwischen beantragter und ermittelter Fläche (Art. 19 Abs. 1 Unterabsatz 1 Delegierte VO (EU) Nr. 640/2014). Dies ergebe einen weiteren, zu verhängenden Flächenabzug von 0,28 ha (0,14 ha x 2), so dass eine beihilfefähige Fläche von 1,93 ha (2,35 ha – 0,42 ha) verbleibe.
24
Daneben sei für 31 nicht förderfähige Bäume ein Auflagenverstoß zu erfassen gewesen. 29 Bäume hätten als nicht vorhanden gegolten, dies ergebe eine prozentuale Abweichung von 12,24% (= 29/235). Das Ausmaß des Verstoßes sei mit der Bewertungsstufe II (> 5% bis 20%) zu bewerten. Die anderen Bewertungskriterien fielen unter die Regelbewertung, sodass sich gemäß der Sanktionsmatrix eine Kürzung in Höhe von 30% ergebe. Zwei Bäume seien zu klein gewesen, was eine prozentuale Abweichung von 0,09% (2/235) ergebe. Als Gesamtbewertung komme der Schwerwiegendste der beiden Verstöße zur Anwendung. Die Verböserung in Bezug auf den Auflagenverstoß wurde im Tenor nicht berücksichtigt.
25
7. Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 02.12.2020 hat der Kläger Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth, dort eingegangen am 03.12.2020, erhoben. Er beantragt zuletzt,
- 1.
-
Der Bescheid des Beklagten vom 27.03.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Staatlichen Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 02.11.2020 wird aufgehoben, soweit darin – bezogen auf das Feldstück 8 – der Förderung eine geringere Flächengröße als vom Kläger beantragt und soweit – bezogen auf die Feldstücke 1, 2 und 8 – weniger Obstbäume als vom Kläger beantragt zugrunde gelegt wurden.
- 2.
-
Der Beklagte wird verpflichtet, den auf diese Fördermaßnahme gerichteten Mehrfachantrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden und die Förderung neu zu berechnen unter Beachtung der jeweiligen Sanktionen.
26
Zur Begründung trägt er mit Schriftsatz vom 03.12.2021 vor, die überwiegend extensive Bewirtschaftung sowie die örtlichen Gegebenheiten hätten ein besseres Beweidungs- oder Bewirtschaftungsergebnis nicht zugelassen. Soweit die Sachlage bei der Vor-Ort-Kontrolle so interpretiert worden sei, dass die Flächen nicht landwirtschaftlich genutzt würden und deshalb nicht förderfähig seien, sei dieser Auffassung nicht zu folgen. Nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 30.03.2021 – 3 C 7.20 – juris) stehe der Bewilligungsbehörde, insbesondere dem Vor-Ort-Kontrolleur ein Beurteilungsspielraum bei der Konkretisierung des unionsrechtlichen Dauergrünlandbegriffs nicht (mehr) zu. Auch wenn ein Großteil eines Feldstücks aufgrund einer möglichen Verbuschung nicht vollständig beweidet werden könne, sei die Fläche dennoch als prämienfähiges Grünland anzuerkennen.
27
Zudem sei bei der Vor-Ort-Kontrolle „möglicherweise“ ein GPS-Gerät verwendet worden, welches aufgrund der örtlichen Gegebenheiten schlechten Empfang gehabt habe.
28
Hinsichtlich der aberkannten Streuobstbäume sei die Begründung nicht nachvollziehbar. Die Stammhöhe läge jeweils oberhalb der Mindesthöhe von 1,40 m, die Bäume befänden sich auf einer landwirtschaftlichen Fläche.
29
Für den Beklagten beantragt die Staatliche Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zuletzt,
30
Mit Schriftsatz vom 26.01.2022 trug sie vor, dass das Bundesverwaltungsgericht (s.o.) zwar entschieden habe, dass der Bewilligungsbehörde kein Beurteilungsspielraum bei der Konkretisierung des unionsrechtlichen Dauergrünlandbegriffs zustehe, gleichwohl werde in dem Urteil aber festgehalten, dass die Anerkennung einer Teilfläche als Dauergrünland eine entsprechende effektive Nutzung voraussetze. Das Vegetationsbild einer mehrjährigen Sukzession verholzter Pflanzen und damit ein hereinwachsender Waldrand stehe der Annahme einer solchen Nutzung aber ebenso entgegen, wie ein flächenhaft vorherrschender Aufwuchs von Nichtfutterpflanzen.
31
Ergänzend zur Begründung im Widerspruchsbescheid trug sie zu Feldstück Nr. 8 vor, dass bei diesem eine Fläche von 0,47 ha aberkannt habe werden müssen, weil diese nicht landwirtschaftlich genutzt worden sei. Unter „landwirtschaftlicher Tätigkeit“ verstehe man nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. b VO (EU) Nr. 1306/2013 i.V. m. Art. 4 Abs. 1 Buchst. c Nr. ii und iii VO (EU) Nr. 1307/2013 unter anderem die Erhaltung einer landwirtschaftlichen Fläche in einem Zustand, der sie ohne über die in der Landwirtschaft üblichen Methoden und Maschinen hinausgehende Vorbereitungsmaßnahmen für die Beweidung oder den Anbau geeignet macht, auf der Grundlage von Kriterien, die von den Mitgliedstaaten anhand eines von der Kommission vorgegebenen Rahmens festgelegt werden, oder die Ausübung einer von den Mitgliedstaaten festgelegten Mindesttätigkeit auf landwirtschaftlichen Flächen, die auf natürliche Weise in einem für die Beweidung oder den Anbau geeigneten Zustand erhalten werden.
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Nach § 2 Abs. 1 der DirektZahlDurchfV liege eine landwirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Art. 4 Abs. 1 Buchst. c Nr. ii oder iii und Abs. 2 Buchst. a der VO (EU) Nr. 1307/2013 auf einer landwirtschaftlichen Fläche, die während des gesamten Jahres, für das ein Antrag auf Direktzahlung gestellt wird, nicht für eine landwirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Art. 4 Abs. 1 Buchst. c Nr. i der VO (EU) Nr. 1307/2013 genutzt wird, vor, wenn der Betriebsinhaber einmal vor dem 16. November des Jahres den Aufwuchs mäht und das Mähgut abfährt oder den Aufwuchs zerkleinert und ganzflächig verteilt.
33
Bei der ersten Kontrolle am 30.08.2018 seien auf dem westlichen Teil des Feldstücks Altgrasbestände vorhanden gewesen, welche definitiv belegen würden, dass dieser Flächenteil bis zum 30.08.2020 nicht landwirtschaftlich genutzt worden sei. Bei der Vor-Ort-Kontrolle am 20.09.2018 hätten die Kontrolleure dann festgestellt, dass die Fläche zwar gemäht, aber der Aufwuchs nicht bzw. nicht vollständig abgefahren worden sei. Die Bestätigungen der Helfer des Klägers (Mähen „Anfang September“ und Verfütterung im an die Tiere im Wildgehege) seien vor dem Hintergrund, dass am 20.09.2018 noch eine erhebliche Menge Mähgut auf der Fläche vorhanden war, nicht nachvollziehbar. Damit die Anforderungen an die Mindesttätigkeit landwirtschaftlicher Flächen erfüllt sind, müsse das Mähgut vollständig abgefahren werden und dürfe nicht auf der Fläche liegen gelassen werden.
34
Die bei der Vor-Ort-Kontrolle verwendeten Messgeräte würden jährlich im Rahmen einer Mess-Validierung auf ihre Genauigkeit überprüft.
35
In einem Schriftsatz vom 20.03.2022 führte der Kläger Weiteres zur Begründung seiner Klage aus. Der Kläger habe den Prüfer bei Beginn der Vor-Ort-Kontrolle unbeabsichtigt verärgert, was den gesamten Prüfungstermin zu seinen Lasten beeinflusst habe.
36
Zu den Feldstücken Nr. 1 und Nr. 2 trägt er vor, dass diese im Mehrfachantrag 2018 jeweils mit dem Code 822 (Streuobstanlage ohne Wiesen-/Ackernutzung), bzw. wie es in früheren Codierungslisten gestanden habe „ohne Untergrundnutzung“ beantragt worden seien. Dies heiße, dass keine landwirtschaftliche Nutzung des „Untergrundes“ erfolgen müsse. Dass sich auf Feldstück Nr. 1 ein „Privatgarten“ befunden habe, dieses Feldstück am Waldrand gelegen und mit Sträuchern bewachsen gewesen sei, werde bestritten. Aber auch wenn dies so wäre, sei es aus o.g. Gründen förderunschädlich. Es würden nur Bäume gewertet, die nachweislich vorhanden gewesen seien.
37
Auch dass sich das Feldstück Nr. 2 am Waldrand befunden und mit Sträuchern bewachsen gewesen sei, werde bestritten. Das Feldstück habe der Kläger im Jahr 2000 in die Obstbaumförderung einbezogen, da ihm dies seitens des Beklagten mit dem Hinweis empfohlen worden sei, dass beim Code 822 („Streuobstanlage ohne Untergrundnutzung“) eine Lagerung von Pflastersteinen und Siloballen nicht förderschädlich sei. Dass der Nutzungscode nicht eindeutig sei, dürfe nicht zu Lasten des Landwirtes gehen.
38
Das Feldstück Nr. 8 sei mit dem Code 451 („Wiesen einschließlich Streuobstwiesen“) mit einer Fläche von 1,64 ha beantragt worden. Das Bild (Bl. 209 der Förderakte 2018) zeige, dass das Gras vollständig abgefahren worden sei, beim Aufladen des Mähgutes sei lediglich eine geringe Menge Gras liegen geblieben. Dies könnten auch der Sohn des Klägers und zwei Angestellte bestätigen.
39
Die Aberkennung eines Baumes auf Feldstück Nr. 7 werde akzeptiert. Die aberkannten 18 Bäume auf Feldstück Nr. 8 seien vorhanden, jedoch laut Prüfer zu hoch gewesen und hätten nicht abgeerntet werden können. Im Jahr 2010 sei die Existenz der Bäume bei einer Kontrolle bestätigt worden.
40
Der Kläger ergänzte im Schriftsatz vom 29.03.2022, dass es auf seinem landwirtschaftlichen Betrieb, den er 1993 von seinem Vater übernommen habe, bis 2019 acht Betriebsprüfungen gegeben habe, bei denen es bei sieben Prüfungen keinerlei Beanstandungen gegeben habe. Bei der streitgegenständlichen Prüfung hingegen sei nunmehr jedes Feldstück des Klägers beanstandet worden.
41
Mit Schriftsatz vom 27.04.2022 trug der Beklagte ergänzend vor, dass die beiden Feldstücke Nr. 1 und Nr. 2 mit dem Nutzungscode 822 Streuobstanlage (ohne Wiesen-/Ackernutzung) beantragt worden seien. Mit diesem Nutzungscode seien Flächen zu codieren, bei denen die Obstnutzung eindeutig im Vordergrund stehe (regelmäßige und vollständige Obstnutzung; im Zweifelsfall mit Nachweisen z.B. Brennerei, Vermarktung). Es handele sich dabei um Flächen, die üblicherweise mit ca. 100 Bäumen (Hoch- oder Halbstamm) je Hektar bepflanzt seien. Es erfolge keine Weide-/Wiesen-/Ackernutzung, der Aufwuchs werde lediglich gemulcht. Bei den beiden Feldstücken handle es sich aber gerade nicht um eine Streuobstanlage nach der o.g. Definition. Ebenso handle es sich um keine landwirtschaftliche Fläche, die mit einem anderen Nutzungscode hätte beantragt und gefördert werden können.
42
Auf gerichtliche Nachfrage teilte die Staatliche Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit Schriftsatz vom 24.03.2023 mit, dass es sich bei dem Abzug von lediglich 0,14 ha (entspricht 14 Bäumen) in der streitgegenständlichen Auszahlungsmitteilung um einen Fehler im Abrechnungsprogramm gehandelt habe. Aufgrund von Anpassungen bei der Erfassung der Vor-Ort-Kontrolle sei die tatsächliche Abweichung von 31 Bäumen nicht rechtzeitig vor dem automatisierten Versand an das Abrechnungsprogramm übermittelt worden.
43
Hinsichtlich der Ausführungen des Klägers, die 18 Bäume auf Feldstück Nr. 8 seien vom Vor-Ort-Kontrolleur als „zu hoch“ aberkannt worden, legte sie dar, dass es sich bei den Bäumen aus Sicht des Kontrolleurs nicht um den Kulturbaum „Kirsche“, sondern um eine Wildkirschenform (Vogelkirsche) gehandelt habe. Bei Letzteren sei das Wachstum in der Regel deutlich schlanker, wodurch sie „höher“ erschienen, außerdem seien deren Früchte viel kleiner. Bei der Vogelkirsche handle es sich jedoch um keinen Streuobstbaum, weshalb eine Förderung nicht möglich sei. Sie verwies dazu auf eine E-Mail des Referates L3 – Weinbau und Gartenbau des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 25.02.2015.
44
Mit Schriftsatz vom 19.04.2023 teilte die Staatliche Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit, dass die vorgenommenen Flächenabweichungen von 0,14 ha (14 Bäumen) in der streitgegenständlichen Auszahlungsmitteilung korrekt seien. Ein Flächenabzug bei der Maßnahme B 57 werde nur vorgenommen, wenn bei der Vor-Ort-Kontrolle festgestellt worden sei, dass es sich bei der Fläche, auf der die Streuobstbäume beantragt wurden, um eine nicht-landwirtschaftliche Fläche handle. Vorliegend sei dies (nur) bei den Feldstücken Nr. 1 (-0,04 ha) und Nr. 2 (-0,10 ha) der Fall, woraus sich eine Flächenabweichung von 0,14 ha ergeben habe. Sie verwies hierzu ergänzend auf das Sanktionssystem bei AUM-Auflagenverstößen (Sanktionsmatrix).
45
Jedoch seien aufgrund der verspäteten Erfassung der Kontrollergebnisse nicht alle Streuobstbäume in die Berechnung des Auflagenverstoßes miteinbezogen worden. Aufgrund dessen sei lediglich ein Auflagenverstoß von 10% erfasst worden. Korrekterweise hätte dieser 30% (Auflagenverstoß für 29 nicht vorgefundene Bäume) betragen müssen.
46
In der mündlichen Verhandlung gab der damalige Kontrolleur demgegenüber an, dass von den zitierten 18 Vogelkirschen nur acht Bäume tatsächlich Vogelkirschbäume gewesen seien; zehn Bäume seien grundsätzlich förderfähige Kulturbäume, vermutlich Apfelbäume gewesen. Sie seien jedoch im Waldbestand zu finden und damit nicht beerntbar gewesen. Außerdem sei der Erhalt dieser Obstbäume nicht gewährleistet gewesen. Die (aktuelle) Differenzierung beruhe auf einer Feststellung Ende April 2023. Im Jahr 2018 seien lediglich 18 nicht förderfähige Streuobstbäume festgestellt und abgezogen worden.
47
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen, § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage bzw. Bescheidungsklage hat im Hinblick auf Feldstück Nr. 8 Erfolg, im Übrigen war die Klage abzuweisen.
49
1. Der streitgegenständliche Bescheid vom 27.03.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Staatlichen Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 02.11.2020 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO), soweit darin – bezogen auf das Feldstück 8 – eine Fläche von 0,50 ha (Maßnahme B 20) abgezogen worden ist und soweit darin – bezogen auf das Feldstück 8 (Maßnahme B 57) – 18 Obstbäume abgezogen worden sind. Der Kläger hat einen Anspruch auf Verpflichtung des Beklagten, ihm die beantragte Förderung zu gewähren bzw. seinen Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden (§ 113 Abs. 5 VwGO). Das Gericht ist, soweit die Klage das Feldstück Nr. 8 betrifft, zur Überzeugung gelangt, dass der Kläger jedenfalls im maßgeblichen Förderjahr die Förderkriterien für die streitgegenständliche Teilfläche erfüllt hat und die streitgegenständliche Flächenkürzung in Höhe von 0,50 ha, bzw. die Kürzung der 18 Obstbäume betreffend Feldstück Nr. 8 rechtswidrig erfolgte. In Bezug auf Feldstück Nr. 1 und 2 war die Klage abzuweisen.
50
1.1 Die formelle Rechtmäßigkeit des Bescheids begegnet keinen Bedenken. Insbesondere hat das zuständige Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forst … gehandelt (vgl. Buchst. E der Gemeinsamen Richtlinie vom 18.12.2014 der Bayerischen Staatsministerien für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) und für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) zur Förderung von Agrarumwelt-, Klima- und Tierschutzmaßnahmen (AUM) in Bayern (- Gemeinsame Richtlinie –) i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. Lfd. Nr. … der Anlage 1 zur Ämterverordnung-LM (AELFV) vom 16.06.2005 (GVBl. S. 199, BayRS 7801-2-L), die zuletzt durch Verordnung vom 28.07.2021 (GVBl. S. 505) geändert worden ist).
51
Die erforderliche Anhörung (Art. 28 BayVwVfG) erfolgte im Rahmen der Vor-Ort-Kontrolle am 20.09.2018, nach Bescheiderstellung am 06.06.2019 sowie vor Erlass des Widerspruchbescheids mit Schreiben vom 25.03.2020 (Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 BayVwVfG). Der Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides enthält eine ausreichende Begründung (Art. 39 BayVwVfG).
52
1.2 Der Bescheid ist jedoch materiell-rechtlich zu beanstanden, soweit darin – bezogen auf das Feldstück 8 – eine Fläche von 0,50 ha (Maßnahme B 20) abgezogen worden ist und soweit darin – bezogen auf das Feldstück 8 (Maßnahme B 57) – 18 Obstbäume abgezogen worden sind.
53
Grundlage für die beantragte Förderung ist im Wesentlichen der Mehrfachantrag vom 19.05.2018 in Verbindung mit dem Grundbescheid vom 07.12.2015, dem die verschiedenen Rechte und Pflichten des Klägers zu entnehmen sind.
54
Bei mehrjährigen Förderprogrammen vollzieht sich die Förderung in zwei Stufen. Zunächst wird dem Grunde nach für einen bestimmten – meist 5-jährigen – Zeitraum eine Förderung (mit verschiedenen Einzelmaßnahmen) bewilligt. Sodann wird für jedes Antragsjahr eine Auszahlung dieser dem Grunde nach bereits bewilligten Förderung im Rahmen eines Auszahlungsbescheides festgelegt. Der Grundbescheid ist dann für den Betriebsinhaber Anspruchsgrundlage für die jährliche Auszahlung. Der Inhalt der Förderkriterien, Verpflichtungen und Auflagen ergibt sich aus diesem Grundbescheid (hier u.a. Ziffer 4 des Grundbescheids vom 18.08.2015: vgl. Schulze/Schulte im Busch in Düsing/Martinez, 2. Aufl. 2022, VO (EU) Nr. 640/2014 Art. 35 Rn. 20).
55
Auf unionsrechtlicher Ebene sind Rechtsgrundlagen die Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über die Förderung der ländlichen Entwicklung durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005, der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über die Finanzierung, die Verwaltung und das Kontrollsystem der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 352/78, (EG) Nr. 165/94, (EG) Nr. 2799/98, (EG) Nr. 814/2000, (EG) Nr. 1290/2005 und (EG) Nr. 485/2008 des Rates sowie der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 637/2008 des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates.
56
Die genannten europarechtlichen Bestimmungen setzen den rechtlichen und strategischen Rahmen, dessen Ausfüllung den Mitgliedsstaaten, konkret in Deutschland dem jeweiligen Bundesland, überlassen bleibt. Dabei verbleibt den Mitgliedsstaaten hinsichtlich der Modalitäten der vorgesehenen Förderung ein Gestaltungsspielraum (EuGH, U.v. 01.12.2022 – C-409/21 – juris Rn. 27, 30, 33); hier das im Freistaat Bayern geltende Merkblatt AUM.
57
Die streitgegenständliche Flächen – „Kürzung“ betreffend Feldstück Nr. 8 und die Maßnahme B 20 beruht auf Art. 23 Abs. 2 Delegierte Verordnung (EU) der Kommission Nr. 640/2014.
58
Art. 23 Abs. 2 Delegierte Verordnung (EU) Nr. 640/2014 lautet wie folgt:
„Ist die für die Zahlung der Basisprämie oder für die einheitliche Flächenzahlung im Sammelantrag angemeldete Fläche größer als die ermittelte Fläche, so wird, unbeschadet der nach Artikel 28 vorzunehmenden Verwaltungssanktionen, bei der Berechnung der Ökologisierungszahlung für dem Klima- und Umweltschutz förderliche Landbewirtschaftungsmethoden (im Folgenden: „Ökologisierungszahlung“) die ermittelte Fläche zugrunde gelegt.“
59
Eine Ermessensausübung des Fördergebers ist darin nicht vorgesehen.
60
Die „ermittelte Fläche“ ist in Art. 2 Abs. 1 Nr. 23 Buchst. a Delegierte Verordnung (EU) Nr. 640/2014 wie folgt definiert:
61
Im Rahmen flächenbezogener Beihilferegelungen die Fläche, die alle Förderkriterien oder anderen Auflagen im Zusammenhang mit den Voraussetzungen für die Beihilfegewährung erfüllt, ungeachtet der Zahl der Zahlungsansprüche, über die der Begünstigte verfügt […] Der Begriff „Förderkriterien“ ist in den unionsrechtlichen Verordnungen nicht erläutert. Allgemein kann man bei den Förderkriterien von Anforderungen sprechen, die erfüllt sein müssen, damit eine Förderung gewährt wird (vgl. Schulze/Schulte im Busch in Düsing/Martinez, Agrarrecht, 2. Aufl. 2022, VO (EU) Nr. 640/2014 Art. 35 Rn. 5 f.).
62
Im Merkblatt AUM 2015-2019 Abschnitt A Nr. 3 Seite 2 ist der Begriff wie folgt definiert:
Förderkriterien stellen Voraussetzungen dar, um die Maßnahmen beantragen zu können („Zugangsbedingungen“). Sie sind nicht Bestandteil der Zuwendungshöhe. Werden die Förderkriterien während des 5-jährigen Verpflichtungszeitraums nicht eingehalten, entfällt die Voraussetzung für den ganzen Verpflichtungszeitraum. Dies führt grundsätzlich zur Aufhebung des Bescheids.
63
Das Gericht ist, soweit die Klage Feldstück Nr. 8 betrifft, zur Überzeugung gelangt, dass der Kläger die Förderkriterien für die streitgegenständliche Teilfläche jedenfalls im Jahr 2018 erfüllt hat.
64
a. Ein Förderkriterium für die Gewährung der Förderung nach KULAP ist eine landwirtschaftlich genutzte Fläche, vgl. Ziff. 1 der Gemeinsamen Richtlinie und Merkblatt AUM 2015 bis 2019 Abschnitt B Nr. 2 Seite 4.
65
„Landwirtschaftliche Fläche“ ist jede Fläche, die als Ackerland, Dauergrünland und Dauerweideland oder mit Dauerkulturen genutzt wird (Art. 4 Abs. 1 Buchst. e Verordnung (EU) Nr. 1307/2013).
66
Unter den Begriff „Dauerkultur“ fallen nicht in die Fruchtfolge einbezogene Kulturen außer Dauergrünland und Dauerweideland, die für die Dauer von mindestens fünf Jahren auf den Flächen verbleiben und wiederkehrende Erträge liefern, einschließlich Reb- und Baumschulen und Niederwald mit Kurzumtrieb (Art. 4 Abs. 1 Buchst. g Verordnung (EU) Nr. 1307/2013).
67
Der Begriff „Dauergrünland und Dauerweideland“ (zusammen „Dauergrünland“) wird in Art. 4 Abs. 1 Buchst. h Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 definiert als „Flächen, die durch Einsaat oder auf natürliche Weise (Selbstaussaat) zum Anbau von Gras oder anderen Grünfutterpflanzen genutzt werden und seit mindestens fünf Jahren nicht Bestandteil der Fruchtfolge des landwirtschaftlichen Betriebs sind […]“.
68
„Gras oder andere Grünfutterpflanzen“ wiederrum sind alle Grünpflanzen, die herkömmlicherweise in natürlichem Grünland anzutreffen oder normalerweise Teil von Saatgutmischungen für Weideland oder Wiesen in dem Mitgliedstaat sind, unabhängig davon, ob die Flächen als Viehweiden genutzt werden (Art. 4 Abs. 1 Buchst. i Verordnung (EU) Nr. 1307/2013).
69
Der Begriff „landwirtschaftliche Tätigkeit“ in Art. 4 Abs. 1 Buchst. e Nr. ii und iii Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 bezeichnet die Erhaltung einer landwirtschaftlichen Fläche in einem Zustand, der sie ohne über die in der Landwirtschaft üblichen Methoden und Maschinen hinausgehende Vorbereitungsmaßnahmen für die Beweidung oder den Anbau geeignet macht, auf der Grundlage von Kriterien, die von den Mitgliedstaaten anhand eines von der Kommission vorgegebenen Rahmens festgelegt werden (Nr. ii), oder die Ausübung einer von den Mitgliedstaaten festgelegten Mindesttätigkeit auf landwirtschaftlichen Flächen, die auf natürliche Weise in einem für die Beweidung oder den Anbau geeigneten Zustand erhalten werden (Nr. iii).
70
Der deutsche Gesetzgeber hat den Begriff „landwirtschaftliche Tätigkeit“ im Sinne des Art. 4 Abs. 1 Buchst. c Nr. ii und iii und Abs. 2 Buchst. a Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 in § 2 des Gesetzes zur Durchführung der Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik (Direktzahlungen-Durchführungsgesetz – DirektZahlDurchfG) weiter konkretisiert. Danach liegt eine solche vor, wenn der Betriebsinhaber einmal vor dem 16. November des Jahres den Aufwuchs mäht und das Mähgut abfährt (Nr. 1) oder den Aufwuchs zerkleinert und ganzflächig verteilt (Nr. 2).
71
Das DirektZahlDurchfG gilt unmittelbar zur Durchführung der Direktzahlungen. Nach Buchstabe E der Gemeinsamen Richtlinie werden die nationalen Regelungen zur 1. Säule (Direktzahlungen-Durchführungsgesetz [DirektZahlDurchfG], Direktzahlungen-Durchführungsverordnung [DirektZahlDurchfV] und Verordnung über die Durchführung von Stützungsregelungen und des Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems [InVeKoS-Verordnung – InVeKoSV]), soweit dies für ein einheitliches Vorgehen erforderlich ist, jedoch auf die Agrarumwelt-, Klima- und Tierschutzmaßnahmen entsprechend angewendet.
72
Grundsätzlich trägt der Begünstigte im Rahmen der Antragstellung die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Förderkriterien (vgl. Schulze/Schulte im Busch in Düsing/Martinez, Agrarrecht, 2. Aufl. 2022, Verordnung (EU) Nr. 640/2014 Art. 35 Rn. 35).
73
b. Das Gericht erlangte aufgrund der vorliegenden schriftlichen Unterlagen und nach der mündlichen Verhandlung die erforderliche Überzeugung (§ 108 Abs. 1 VwGO), dass der Kläger das Feldstück Nr. 8 jedenfalls im Jahr 2018 landwirtschaftlich genutzt und damit die Förderkriterien für die Gewährung der Förderung nach KULAP erfüllt hat.
74
Das streitgegenständliche Feldstücke Nr. 8 wurde aufgrund der Vor-Ort-Kontrolle am 20.09.2018 mit einer Fläche von 0,03 ha wegen hereinwachsendem Waldrand und mit einer Fläche von 0,47 ha aberkannt, da die Prüfer davon ausgingen, dass die jeweilige Teilfläche vom Kläger zwar gemäht, der gemähte Aufwuchs aber liegen gelassen worden sei und das Feldstück damit nicht der erforderlichen landwirtschaftlichen Nutzung im Sinne der Förderrichtlinie unterlegen habe.
75
Unstreitig und mit Bildern dokumentiert ist, dass eine Mahd im Förderjahr 2018 jedenfalls bis zur zweiten Kontrolle am 20.09.2018 erfolgte. Durch den bei der damaligen Prüfung anwesenden Prüfer konnte deshalb eine „Wiederanerkennung der Selbstbewirtschaftung“ angenommen werden (vgl. Stellungnahme des Prüfdienstes des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forst … vom 29.03.2023, Bl. 290 der Gerichtsakte).
76
Dass auf den bei der Vor-Ort-Kontrolle am 30.08.2018 angefertigten Bildern auf einer Teilfläche ein verholzter Aufwuchs zu sehen war, kann allenfalls als Nachweis dafür dienen, dass diese Teilfläche bis zu diesem Datum (noch) nicht gemäht worden war.
77
Streitig bleibt lediglich, ob der Kläger im Förderjahr 2018 das gemähte Gras abgefahren und an das Gehegewild verfüttert hat.
78
Bereits im Verwaltungsverfahren legte der Kläger die Bestätigungen dreier „Helfer“ vor, die übereinstimmend angaben, ihm Anfang September 2018 beim Abmähen und Verbringen, bzw. Verfüttern des Grases geholfen zu haben (Bl. 15 der Behördenakte 2018).
79
In der mündlichen Verhandlung gab der Kläger an, das Mähgut und den hohen Altgrasbestand, wie er auf den Bildern des Prüfdienstes zu sehen sei, an das Damwild verfüttert zu haben. Dieses schäle gerne die Verholzung und die Rinde ab und fresse auch alte Grasbestände, wenn diese entsprechend zerkleinert worden seien (Protokoll S. 6).
80
Diese Einlassung vermochte der Beklagte nicht zu entkräften.
81
Der bei der zweiten Vor-Ort-Kontrolle anwesende Prüfer gab in der mündlichen Verhandlung selbst an, dass ein Teil des Aufwuchses offenbar abgefahren worden sei (Protokoll S. 6). Auch in seiner Stellungnahme vom 29.03.2023 (Bl. 290 der Gerichtsakte) gibt er an, dass der Kläger die abgefahrenen Vegetationsreste ins Damwildgehege verbracht hat.
82
Auf den bei der Vor-Ort-Kontrolle gefertigten Bildern ist zwar erkennbar, dass noch verbliebene Grasreste auf der Fläche vorhanden sind (vgl. Bl. 118 der Behördenakte); die Einlassung des Klägers, er habe das Heu mit einem Wiesenmäher gemäht, der das Mähgut etwas zerkleinere, wodurch auch nach dem Zusammenrechen kleinere Reste liegen bleiben würden (Bl. 274 der Behördenakte 2018), vermögen diese Bilder aber nicht zu widerlegen.
83
Auch die Argumentation des Beklagten, auf Befliegungsbildern vom 09.04.2018 sei die Fläche mit einem gräulichen Braunton verfärbt, der darauf hinweise, dass es sich um Altgrasbestände handle, die bereits 2017 nicht genutzt worden seien, vermag nicht zu überzeugen.
84
Ebenso wenig ist der mit einer Fläche von 0,03 ha abgezogene Waldrand in den Behördenakten bzw. auf den vorgelegten Satellitenbildern erkennbar oder dokumentiert. Auch in der mündlichen Verhandlung konnten die Beklagtenvertreter keine eindeutigen Angaben zum Verlauf des Waldrandes auf den vorhandenen Bildern machen (Protokoll S. 7).
85
Aus den oben genannten Gründen ist die Kürzung der Flächen betreffend das Feldstück Nr. 8 rechtswidrig. Der Kläger hat infolgedessen Anspruch auf die beantragte Leistung. Die diesem Ergebnis entgegenstehende Entscheidung im streitgegenständlichen Bescheid in Form des Widerspruchsbescheids ist deshalb aufzuheben.
86
Die Sanktionierung des Auflagenverstoßes für insgesamt 18 Bäume auf Feldstück Nr. 8 betreffend die Maßnahme B 57 beruht auf Art. 35 Delegierte Verordnung (EU) Nr. 640/2014 der Kommission. In der o.g. Gemeinsamen Richtlinie ist unter Ziffer 6.7.2 „Nichteinhaltung von Förderkriterien, Verpflichtungen oder sonstigen Auflagen“ bei Nichteinhaltung von Förderkriterien, Verpflichtungen oder sonstigen Auflagen auf die Anwendung der Regelungen des Art. 35 der Delegierten Verordnung (EU) der Kommission Nr. 640/2014 auf der Ebene der jeweiligen Maßnahme hingewiesen. Die Anwendbarkeit des Art. 35 Delegierte Verordnung (EU) der Kommission Nr. 640/2014 verdrängt insoweit das nationale Verwaltungsverfahrensrecht (Schulze/Schulte im Busch in Düsing/Martinez, 2. Aufl. 2022, VO (EU) Nr. 640/2014 Art. 35 Rn. 10).
87
Art. 35 Abs. 1 und Abs. 2 Delegierte VO (EU) Nr. 640/2014 lauten wie folgt:
„(1) Die beantragte Förderung wird ganz abgelehnt oder zurückgenommen, wenn die Förderkriterien nicht erfüllt sind.
(2) Die beantragte Förderung wird ganz oder teilweise abgelehnt oder ganz oder teilweise zurückgenommen, wenn folgende Verpflichtungen oder sonstige Auflagen nicht eingehalten werden:
a) im Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum festgelegte Verpflichtungen oder b) gegebenenfalls sonstige für das Vorhaben geltende Auflagen, die in Unionsvorschriften oder einzelstaatlichen Vorschriften oder im Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum festgelegt sind, insbesondere die Vorschriften für die öffentliche Auftragsvergabe, für staatliche Beihilfen sowie sonstige verbindliche Standards und Anforderungen.“
88
Eine Ermessensausübung des Fördergebers hinsichtlich einer (teilweisen) Ablehnung der Auszahlung ist darin nicht vorgesehen. Gemäß Art. 2 Abs. 1 Nr. 2 a) Delegierte VO Nr. 640/2014 ist ein Verstoß „jede Nichtbeachtung dieser Beihilfekriterien, Verpflichtungen oder anderer Auflagen“.
89
Es ist für das Gericht allerdings nicht erwiesen, dass der Kläger hinsichtlich Feldstück Nr. 8 gegen Verpflichtungen oder sonstige Auflagen verstoßen hat.
90
a. Die hier maßgeblichen Nebenbestimmungen (Verpflichtungen und Auflagen; vgl. zur Begrifflichkeit Ziffer 3.2 und 3.3 der Gemeinsamen Richtlinie) finden sich nach Nr. 4 des Grundbescheids vom 18.08.2015 im Merkblatt AUM 2015 – 2019 Abschnitt C Nr. 5 Seite 11. Sie lauten wie folgt:
„B57 – Streuobst – einzelflächenbezogen
- (*) Förderfähig ist der Erhalt von bestehenden oder neu gepflanzten Streuobstbäumen. Zu Streuobst (Kernobst, Steinobst, Nussbäume) auf landwirtschaftlich genutzter Fläche zählen Hochstamm-Obstbäume als Einzelbäume, kleine Baumgruppen, Baumzeilen entlang von Wegen und Straßen sowie extensiv genutzte Streuobstbestände mit oder ohne Unternutzung.“
- Gefördert werden Hochstamm-Baumarten, die mind. 3 m Kronendurchmesser erreichen und eine Stammhöhe von mind. 1,4 m haben.
- Es werden maximal 100 Streuobstbäume pro ha LF des Feldstücks gefördert.
- Höhe der Zuwendung: 8 €/Baum
91
b. Das Gericht erlangte aufgrund der vorliegenden schriftlichen Unterlagen und der mündlichen Verhandlung in Würdigung und Abwägung aller Argumente und fachkundigen Stellungnahmen nicht die erforderliche Überzeugung (§ 108 Abs. 1 VwGO), dass dem Kläger entsprechende Verstöße vorzuwerfen sind. Dies geht zu Lasten des Beklagten.
92
Denn dieser trägt die materielle Beweislast, wenn er sich auf den Verstoß gegen Verpflichtungen und Auflagen aus dem Grundbescheid beruft und ihm dieser Nachweis – wie im vorliegenden Fall – nicht gelingt (vgl. dazu Schulze/Schulte im Busch in Düsing/Martinez, Agrarrecht, 2. Auflage 2022, Rn. 35 zu Art. 35 Delegierte VO (EU) Nr. 640/2014). Auch nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gilt – wenn es keine speziellen Regelungen zur Feststellungs- oder Beweislast gibt – der Grundsatz, dass jeder Beteiligte regelmäßig die Beweislast für das Vorhandensein aller Voraussetzungen der ihm günstigen Rechtsnormen trägt (U.v. 19.09.1969 – IV C 18.67 – VerwRspr 1970, 202/210). Regelmäßig trägt deswegen beispielsweise die Behörde die Feststellungslast oder Beweislast für das Bestehen der Voraussetzungen ihres Eingriffsaktes, hier der Verstoß gegen Verpflichtungen und Auflagen. Der Bürger hat demgegenüber die ihm nachteiligen Folgen dafür zu tragen, wenn ihm der Nachweis für das Vorliegen der Voraussetzungen eines ihn begünstigenden Verwaltungsaktes nicht gelingt.
93
Diese Grundsätze gelten nur dann nicht, wenn die Nichterweislichkeit auf Umständen beruht, die in den Verantwortungsbereich des Zuwendungsempfängers fallen (vgl. Sächsisches OVG, U.v. 16.02.2012 – 1 A 677/13 – Rn. 58, juris) und die andere Partei deshalb vor unzumutbaren Beweisschwierigkeiten stehen würde, wenn sie für diese Vorgänge die Beweislast trüge (BVerwG, U.v. 26.01.1979 – IV C 52.76 – Rn. 12, juris).
94
Vorliegend stützt der Beklagte den Auflagenverstoß darauf, dass 18 Bäume auf Feldstück Nr. 8 als nicht vorhanden gegolten hätten, da diese nicht vorgefunden worden seien, weshalb er nach den obigen Grundsätzen die materielle Beweislast trägt. Insbesondere ist nach der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 (z.B. Art. 63 Abs. 1) und der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 809/2014 der Kommission für die Gewährung von Maßnahmen nach dem Merkblatt AUM gerade nicht Fördervoraussetzung, dass keine Kürzungstatbestände erfüllt sind.
95
c. Das Gericht konnte sich aus folgenden Erwägungen nicht die notwendige Überzeugung bilden, dass 18 Bäume auf Feldstück Nr. 8 nicht vorhanden bzw. förderfähig waren:
96
Weder aus den Behördenakten, noch aus dem streitgegenständlichen Bescheid und auch nicht aus dem Widerspruchsbescheid ist ersichtlich, warum 18 Bäume nicht förderfähig gewesen sein sollen. Aus dem Prüfbericht der Vor-Ort-Kontrolle ergibt sich zwar, dass nur 53 Bäume auf dem Feldstück Nr. 8 als förderfähig angesehen wurden (Bl. 112 der Behördenakte 2018), im Förderbescheid hingegen wurde nur eine Flächenkürzung, bzw. ein Auflagenverstoß für 14 Bäume festgesetzt. Im Widerspruchsbescheid wurde demgegenüber für insgesamt 31 nicht förderfähige Bäume ein Auflagenverstoß angenommen. Erst auf Vorhalt des Gerichts, dass nach Mitteilung des Klägers der Kontrolleur die 18 Bäume als „zu hoch“ angesehen hätte, teilte die Staatliche Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit, dass es sich hierbei um nicht förderfähige Wildkirschen (Vogelkirschen) gehandelt habe (Schriftsatz vom 19.04.2023). Auf Nachfrage des Gerichts, warum im streitgegenständlichen Bescheid nur 14 Bäume abgezogen worden seien, antwortete die Staatliche Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit Schriftsatz vom 24.03.2023 zunächst, es habe sich bei dem Abzug von 14 Bäumen um einen Fehler im Abrechnungsprogramm gehandelt. Aufgrund von Anpassungen bei der Vor-Ort-Kontrolle sei die tatsächliche Abweichung von 31 Bäumen nicht rechtzeitig vor dem automatisierten Versand der Auszahlungsmitteilung an das Abrechnungsprogramm übermittelt worden. Mit Schriftsatz vom 19.04.2023 teilte sie mit, dass die vorgenommene Flächenabweichung von 0,14 ha (14 Bäume) in der Auszahlungsmitteilung korrekt gewesen sei. Ein Flächenabzug werde nur vorgenommen, wenn bei der Vor-Ort-Kontrolle festgestellt werde, dass die Bäume auf einer nicht-landwirtschaftlichen Fläche stehen. Vorliegend sei dies bei Feldstücken Nr. 1 (Abzug 4 Bäume) und Nr. 2 (Abzug 10 Bäume) der Fall, woraus sich eine Flächenabweichung von 0,14 ha ergäbe. Jedoch seien aufgrund der verspäteten Erfassung der Kontrollergebnisse nicht alle Streuobstbäume in die Berechnung des Auflagenverstoßes miteinbezogen worden. Aufgrund dessen sei in der Auszahlungsmitteilung lediglich ein Auflagenverstoß von 10% erfasst. Korrekterweise hätte dieser aber 30% betragen müssen.
97
In der mündlichen Verhandlung teilte der bei der Vor-Ort-Kontrolle anwesende Kontrolleur schließlich mit, dass unter den zitierten 18 Vogelkirschen nur acht Bäume tatsächlich Vogelkirschen gewesen seien. Zehn Bäume seien hingegen grundsätzlich förderfähige Kulturbäume, „vermutlich“ Apfelbäume gewesen, die jedoch aufgrund deren Lage im Waldbestand nicht beerntbar gewesen seien.
98
Eine (bildlichen) Dokumentation in der Behördenakte, die das Gericht in die Lage versetzt hätte, die Bewertung des Prüfers selbst nachvollziehen zu können, fehlt vollständig. Allein dessen zweifellos vorliegende Fachkenntnis vermag die Nachprüfbarkeit der von ihm vorgenommenen Bewertungen nicht grundsätzlich zu ersetzen. Daran vermag auch die Differenzierung hinsichtlich der nicht anerkannten Streuobstbäume, die er wie er in der mündlichen Verhandlung angab, Ende April 2023 feststellte, also fünf Jahre nach der ausschlaggebenden Vor-Ort-Kontrolle, nichts zu ändern. Die in sich nicht konsistenten Begründungen zur fehlenden Förderfähigkeit machen die Dokumentation nicht hinfällig.
99
Die Unerweislichkeit der dem Kläger vorgeworfenen Verstöße ergibt sich vorliegend auch nicht daraus, dass die entscheidenden Umstände etwa in die Sphäre des Klägers fallen, so dass der Beklagte vor unzumutbaren Beweisschwierigkeiten steht, sondern folgt vielmehr aus der – wie oben ausgeführt – unzureichenden Dokumentationen des vermeintlichen Verstoßes, auf die die „Kürzung“ der AUM-Zahlungen gestützt wurden.
100
Aus den oben genannten Gründen ist die Kürzung der Flächen wegen Nichterweislichkeit rechtswidrig. Der Kläger hat infolgedessen Anspruch auf die beantragte Leistung. Die diesem Ergebnis entgegenstehende verbösernde Entscheidung im Widerspruchsbescheid ist deshalb aufzuheben und der Antrag insoweit neu zu verbescheiden.
101
1.3 Im Übrigen war die Klage abzuweisen. Der Flächenabzug von 0,14 ha (entspricht 14 Bäumen) und die deshalb verhängte Sanktion in Bezug auf Feldstück Nr. 1 und Nr. 2 und die Maßnahme B 57 erfolgte rechtmäßig.
102
Die streitgegenständliche „Kürzung“ betreffend Feldstück Nr. 1 und 2 beruht auf Art. 23 Abs. 2 Delegierte Verordnung (EU) Nr. 640/2014 der Kommission. Ein Förderkriterium für die Gewährung der Förderung nach KULAP ist eine landwirtschaftlich genutzte Fläche, vgl. Ziff. 1 der Gemeinsamen Richtlinie (zur Definition vgl. Punkt 1.2.2).
103
Darüber hinaus muss es sich bei den Bäumen um Hochstamm-Baumarten handeln, die mindestens drei Meter Kronendurchmesser erreichen und eine Stammhöhe von mind. 1,40 m haben. Außerdem werden maximal 100 Streuobstbäume pro ha landwirtschaftlich genutzter Fläche des Feldstücks gefördert (vgl. Merkblatt AUM 2015 – 2019 Abschnitt C Nr. 5 Seite 11).
104
Für das Vorliegen der Förderkriterien trägt der Begünstigte im Rahmen der Antragstellung die Darlegungs- und Beweislast (vgl. Punkt 1.2.2).
105
a. Auf Feldstück Nr. 1 wurde ein Baum aberkannt, da er sich außerhalb der Feldstücksgrenze befand. Dies ist auch aus den vorgelegten Behördenakten ersichtlich und mit Fotos dokumentiert (Bl. 84 Behördenakte 2018). Der Kläger vermochte dem nichts entgegenzusetzen. Für das Gericht besteht deshalb kein Anhaltspunkt, an der Rechtmäßigkeit des Abzugs zu zweifeln.
106
Ein weiterer Baum wurde aberkannt, da er nicht die erforderliche Stammhöhe von 1,40 m aufwies. Auch dieser Baum ist in den Behördenakten mit Foto eindeutig dokumentiert (Bl. 85 Behördenakte 2018).
107
Weiter wurden zwei Bäume aberkannt, da die landwirtschaftliche Fläche nach Kürzung nur noch 0,02 ha betrug und damit maximal zwei Bäume gefördert werden. Eine Fläche von 0,04 ha wurde aufgrund des Vorhandenseins eines Weges und eines „Privatgartens“ aberkannt.
108
Der Abzug des Weges, der im Übrigen auf den Bildern in der Behördenakte (Bl. 83 der Behördenakte 2018) eindeutig dokumentiert ist, erfolgte rechtmäßig, denn auf einem (befestigten) Weg kann jedenfalls keine landwirtschaftliche Nutzung i.S.d. Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 erfolgen.
109
Ebenso wenig ist eine solche auf der als „Privatgarten“ bezeichneten Teilfläche erkennbar. Die Fläche ist, wie aus den Bildern (Bl. 83 der Behördenakte 2018) ersichtlich mit Bodendeckern (vermutlich Immergrün) bewachsen.
110
Der Verweis des Klägers auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, wonach der Bewilligungsbehörde ein Beurteilungsspielraum bei der Konkretisierung des unionsrechtlichen Dauergrünlandbegriffs nicht zustehe (BVerwG, U.v. 30.03.2021 – 3 C 7.20 – juris Rn. 23), und seine Einlassung, er habe den Aufwuchs von Feldstück Nr. 1 gemäht und an sein Damwild verfüttert, ist in der Sache unbehelflich, denn der Kläger hat das Feldstück Nr. 1 nicht als „Dauergrünland“, sondern als „sonstige förderfähige Flächen“ mit dem Nutzungscode 822 als „Streuobstanlage (ohne Wiesen-/Ackernutzung)“ beantragt.
111
Dieser Nutzungscode bezeichnet eine „Dauerkultur“, wie sie in Art. 4 Abs. 1 Buchst. g Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 definiert ist (s.o.). Nach der Anleitung zum Ausfüllen des Flächen- und Nutzungsnachweises (FNN) des Jahres 2018 (S. 5) sind damit „Flächen zu codieren, bei denen die Obstnutzung eindeutig im Vordergrund steht (regelmäßige und vollständige Obstnutzung). Es handelt sich dabei um Flächen, die üblicherweise mit ca. 100 Bäumen (Hoch- oder Halbstamm) je Hektar bepflanzt sind. Es erfolgt keine Wiesen/Ackernutzung, der Aufwuchs wird lediglich gemulcht.“
112
Entgegen der Ansicht des Klägers handelt es sich bei der aberkannten Teilfläche des Feldstücks Nr. 1 um keine Streuobstanlage nach der o.g. Definition. Nach seiner Einlassung in der mündlichen Verhandlung stünden auf dem Feldstück insgesamt vier Obstbäume, darunter ein Pflaumen- und ein Apfelbaum mit wenig Ertrag, sowie zwei Apfelbäume, die mit ca. 100 kg pro Jahr gut getragen hätten (Protokoll. S. 3).
113
Nach der o.g. Definition und der Förderpraxis des Beklagten ist jedoch grundsätzlich eine „regelmäßige und vollständige Obstnutzung“ erforderlich. Dies bedarf nach der in der mündlichen Verhandlung erklärten Förderpraxis (Protokoll S. 5) im Zweifel einen Nachweis, beispielsweise einer Brennerei oder Vermarktung des Obstes. Selbiges hat der Kläger weder behauptet noch vermochte er einen entsprechenden Nachweis zu führen.
114
Auf der streitgegenständlichen Teilfläche (Weg und „Privatgarten“) befinden sich – ausweislich der sich in der Behördenakte befindlichen Fotos (Bl. 83 ff. der Behördenakte 2018) – auch keine (anerkannten) Obstbäume, so dass diese Fläche jedenfalls nicht als „Dauerkultur“ förderfähig ist. Naturgemäß waren auch in den Jahren 2015 bis 2017 keine förderfähigen Bäume vorhanden.
115
b. Auf Feldstück Nr. 2 wurden zehn Bäume aberkannt, da das Feldstück von dem Beklagten insgesamt als nicht landwirtschaftlich genutzte Fläche eingestuft wurde. Auch diesbezüglich ist das Gericht nicht zur Überzeugung gelangt, dass der Kläger die Förderkriterien für die streitgegenständlichen Teilflächen im maßgeblichen Förderjahr 2018 erfüllt hat.
116
Auf dem Feldstück wurden Pflastersteine, ein Autowrack und Siloballen gelagert. Der Kläger hat das Feldstück wie Feldstück Nr. 1 als „sonstige förderfähige Fläche“ mit dem Nutzungscode 822 als „Streuobstanlage (ohne Wiesen-/Ackernutzung)“ beantragt.
117
Das Feldstück Nr. 2 entspricht jedoch nicht einer „Dauerkultur“ nach der o.g. Definition. Die Einlassung des Klägers in der mündlichen Verhandlung, es stünden darauf drei Kirschbäume mit etwa 30 kg Ertrag, zwei bis drei Pflaumenbäume (mit zwei bis drei Pflaumen) und Birnbäume, die ebenfalls wenig getragen hätten (Protokoll S. 3), lassen eine „regelmäßige und vollständige Obstnutzung“ nicht erkennen. Auf den sich in der Behördenakte befindlichen Fotos des Feldstücks (Bl. 90 ff. Behördenakte 2018) ist vielmehr zu erkennen, dass die Fläche auf der die Obstbäume stehen, stark zugewachsen ist und einen „waldähnlichen“ Charakter aufweist. Eine ordnungsgemäße Ernte der vorhandenen Obstbäume ist nach Überzeugung des Gerichts aufgrund des dichten Bewuchses ohne weiteres kaum möglich. Der Kläger vermochte dies nicht zu entkräften. Auch einen Nachweis beispielsweise der Brennerei oder Vermarktung des Obstes hat der Kläger auch für das Feldstück Nr. 2 nicht erbracht.
118
c. Der Vortrag des Klägers, dass die Flächenabweichungen deshalb nicht rechtmäßig seien, weil bei der Vor-Ort-Kontrolle „möglicherweise“ ein GPS-Gerät verwendet worden sei, das an den dortigen örtlichen Gegebenheiten keinen Empfang hatte und dessen erforderliche Funktionstüchtigkeit und Messgenauigkeit nicht nachgewiesen sei, ist nicht substantiiert und kann ihm nicht zum Erfolg verhelfen. Zwar trifft den Beklagten nach dem Grundsatz, wonach jeder Beteiligte regelmäßig die Beweislast für das Vorhandensein aller Voraussetzungen der ihm günstigen Rechtsnormen trägt, die Beweislast (s.o.), denn er bedarf eines rechtfertigenden Grundes für die teilweise Aufhebung des Bewilligungsbescheids. Dem Kläger obliegt es – ungeachtet der hier grundsätzlich beim Beklagten liegenden materiellen Beweislast – in diesem Rahmen konkret darzulegen, warum die Feststellungen unzutreffend sind. Der Kläger vermochte dem Gericht keine Anhaltspunkte aufzuzeigen, diese Angaben in Zweifel zu ziehen. Wie der Beklagte dargelegt hat, werden die bei der Flächenkontrolle verwendeten GPS-Geräte jährlich im Rahmen einer Mess-Validierung auf ihre Genauigkeit überprüft (Bl. 102 der Gerichtsakte). Die abgezogenen (Teil-)Flächen sind im Übrigen anhand der vorgelegten Orthophotos ausreichend dokumentiert und nachvollziehbar.
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Die im Bescheid verhängte Sanktion bzw. der Auflagenverstoß für insgesamt 14 Bäume auf Feldstück Nr. 1 und 2 betreffend die Maßnahme B 57 beruht auf Art. 19, bzw. Art. 35 Delegierte Verordnung (EU) der Kommission Nr. 640/2014 und ist aus o.g. Erwägungen ebenfalls nicht zu beanstanden.
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2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO und entspricht dem gegenseitigen Obsiegen und Unterliegen der Beteiligten. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 und Abs. 1 VwGO i.V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.