Titel:
Restrukturierungsplan
Normenkette:
StaRUG § 9 Abs. 2 S. 2, § 26 Abs. 1 Nr. 3, § 27 Abs. 2 Nr. 2
Leitsätze:
1. § 26 Abs. 1 Nr. 3 Hs. 2 StaRUG ist nicht dahingehend teleologisch zu reduzieren, dass bei reinen Gesellschafterplänen die Zustimmung nur einer Gruppe ebenfalls ausreicht, weil ein Überstimmen von Gläubigern nicht zu befürchten sei. (redaktioneller Leitsatz)
2. Ist im Restrukturierungsplan ein Kapitalschnitt vorgesehen, behalten die die Gesellschaft weiterhin finanzierenden Fortführungs-Gesellschafter keinen wirtschaftlichen Wert iSd § 27 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG. (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine Gruppenbildung, bei der im Ergebnis zwischen sanierungswilligen und sanierungsunwilligen Gesellschaftern unterschieden wird, ist nicht sachgerecht iSv § 9 Abs. 2 S. 2 StaRUG. (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Restrukturierungsplan, Gesellschafterplan, Gruppenbildung, Zustimmung, teleologische Reduktion, sanierungswillige Gesellschafter, sanierungsunwillige Gesellschafter, Kapitalschnitt, wirtschaftlicher Wert
Fundstellen:
ZIP 2023, 603
EWiR 2023, 343
LSK 2023, 4140
BeckRS 2023, 4140
ZRI 2023, 319
Tenor
In dem Restrukturierungsverfahren der wird das Ergebnis der Vorprüfung des Restrukturierungsplans hinsichtlich der zur Prüfung gestellten Fragen wie folgt zusammengefasst:
1. Einer teleologische Reduktion des § 26 Abs. 1 Nummer 3, 2. Halbsatz StaRUG dahingehend, dass bei reinen Gesellschafterplänen die Zustimmung nur einer Gruppe ebenfalls ausreichend sei, weil ein Überstimmen von Gläubigern nicht zu befürchten sei, kann das Gericht nicht folgen.
Für eine teleologische Reduktion wäre womöglich dann Raum, wenn der Zweck der Vorschrift auch in der streitgegenständlichen Situation gewahrt bliebe. So wird eingewandt, der Zweck der Norm bestehe darin, zu verhindern, dass eine nachrangige Gruppe eine vorrangige Gruppe überstimmen würde, weil sodann die Befriedigungsreihenfolge durchbrochen würde. Kowalewski/Praß führen hierzu aus: „Mit anderen Worten muss für den gruppenübergreifenden Cramdown zumindest eine Gruppe von Absonderungsanwartschaftsinhabern oder nicht nachrangigen Gläubigern zustimmen. Damit wird die denkbare problematische Situation verhindert, dass Stakeholder, die bei einer Liquidation sowieso keine Werte erhalten hätten (also „out of the money“ wären), andere Stakeholder überstimmen können, die im Falle einer Liquidation noch voll befriedigt werden könnten.“ (Kowalewski/Praß in: Morgen, StaRUG, § 26, Rz. 67). Fehle es wegen der Gleichrangigkeit aller am Plan beteiligten Gruppen bzw. weil alle Gruppen nur aus Anteilseignern bestehen aber am Anwendungsbereich für diese Ausnahmevorschrift, genüge bei einem Plan mit nur zwei Gruppen nach Ansicht der Planerstellerin die Zustimmung nur einer der (gleichrangig) betroffenen Gruppe. Die Fallkonstellation eines Restrukturierungsplanes, in dem sich lediglich zwei Gruppen von Anteilseignern gegenüberstehen, hätte der Richtliniengeber sowie der nationale Gesetzgeber bei der Umsetzung offenkundig schlicht übersehen. Dafür wird überdies Erwägungsgrund 57 zur Restrukturierungsrichtlinie Art. 11 Abs. 1 lit. b) ii) zitiert, in der es heißt: „Wenn Anteilsinhaber jedoch das Recht haben, über einen Restrukturierungsplan abzustimmen, sollte eine Justiz oder Verwaltungsbehörde dem Plan trotz der Ablehnung durch eine oder mehrere Klassen von Anteilsinhaber durch Anwendung der Regeln des klassenübergreifenden cram down bestätigen können.“
Dieser Erwägungsgrund sagt jedoch nichts darüber aus, ob die Überstimmung der ablehnenden Gruppe von Anteilsinhabern noch an weitere Bedingungen hinsichtlich der überstimmenden Gruppe zu knüpfen ist. So ist in Erwägungsgrund 54 der Richtlinie sowie in Art. 11 Abs. 1 Satz 1b der Richtlinie festgelegt, dass der Restrukturierungsplan mindestens von einer Gruppe solcher Beteiligter unterstützt werden soll, auf deren Rechte im nächst besten Alternativszenario noch ein Wert entfällt. Daraus lässt sich schließen, dass der Zweck der Regelung darin liegt, dass keine Gruppe, deren Position keinen Geldwert hat als einzig zustimmende Gruppe eine andere Gruppe – gleichrangig oder nichtüberstimmen können soll. Sodann wäre gegebenenfalls noch eine teleologische Reduktion des § 26 Abs. 1 Nummer 3 StaRUG denkbar für Fälle von Restrukturierungsplänen, an denen ausschließlich Gesellschafter beteiligt sind, bei denen auf die Rechte der Anteilseigner im nächst besten Alternativszenarien noch ein Wert entfiele. Dies ist hier jedoch nach den Ausführungen bereits des Restrukturierungsplans nicht der Fall, denn das Alternativszenario ist ein Insolvenzverfahren, bei den auf die Anteilseigner bzw. auf die Anteile kein Wert mehr entfiele. Überdies ist das ein ohnehin schwerlich denkbares Szenario, da es in dieser Fallkonstellation wohl an der drohenden Zahlungsunfähigkeit fehlen würde und damit überstimmten Anteilseignern tatsächlich ein Wert genommen würde.
Weiter ist im Rahmen der Auslegung hinsichtlich der Anwendung einer teleologischen Reduktion zu berücksichtigen, dass dann stets die Möglichkeit bestünde, dass finanzierungsbereite (Kleinst-) Gesellschafter es unter Mithilfe der Geschäftsführung einer Schuldnerin erreichen könnten, über einen Restrukturierungsplan die Mehrheit der Gesellschafter aus der Gesellschaft zu drängen. Dies läuft dabei den Grundsätzen des Kapitalgesellschaftsrechts zuwider, und würde gerade für Startup-Unternehmen, die häufig von unterschiedlich finanzierungswilligen Anteilseignern geführt werden, zu einer eklatanten Durchbrechung der allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Vorgaben führen. Dabei verkennt das Gericht nicht, das grundsätzlich durch das StaRUG, insbesondere durch die Bestimmungen der §§ 25, 26 und 27 StaRUG „cram down“ Entscheidungen (gruppenübergreifende Mehrheitsentscheidungen, sog. „cross-class cram-down“ oder „cram down“ Entscheidungen) möglich sind (vgl etwa Desch in BB 2020, 2498-2504: „Nach § 26 Abs. 1 Nr. 3 dürfen die zustimmenden Gruppen nicht ausschließlich durch Anteilsinhaber oder nachrangige Restrukturierungsgläubiger gebildet sein (im Szenario des Insolvenzplans haben Stimmrechte von Anteilsinhabern und nachrangigen Gläubigern in der Praxis ohnehin keine Bedeutung) und im Falle der Bildung von lediglich zwei Gruppen genügt die Zustimmung der anderen Gruppe. Gerade die letztgenannte Variante eröffnet die Möglichkeit, Cram Down-Entscheidungen auch gegen Mehrheiten durchzusetzen.“). Allerdings ist hierfür nach dem klaren Wortlaut eine Gläubigergruppe oder zumindest jedenfalls eine Gruppe von Anteilsinhabern erforderlich, denen ein Wert verbleibt.
Der Argumentation der Schuldnerin, dass sich die hier gebotene teleologische Reduktion des § 26 Abs. 1 Nummer 3 StaRUG an der gefestigten Rechtsprechung des BGH zum sogenannten „Sanieren oder Ausscheiden“ anlehne, kann indes nicht gefolgt werden. Denn in diesen Fallkonstellationen waren die zum Ausscheiden der nicht sanierungswilligen Gesellschafter eingefügten Regelungen im Gesellschaftsvertrag von der im Gesellschaftsvertrag erforderlichen Mehrheit der Gesellschafter gefasst worden (vgl. BGH, 19.10.2009, II ZR 240/08; NJW 2010,65). Der BGH hat zwar nicht mehr daran festgehalten, dass der Entzug der Gesellschafterstellung durch zwangsweises Ausscheiden nur mit Zustimmung des betroffenen Gesellschafters möglich sei, aber nur unter der oben genannten Voraussetzung der Beschlussfassung aufgrund der im Gesellschaftsvertrag erforderlichen Mehrheit.
Der insoweit klare und eindeutige Wortlaut spricht gegen eine teleologische Reduktion. Weiter hat der Gesetzgeber in anderen Konstellationen, wenn ihm die Wahrung von Rangklassen bzw. der Befriedigungsreihenfolge schützenswert war, dies klar zum Ausdruck gebracht, so z.B. in § 27 Abs. 1 Nr. 3 StaRUG. Die Wahrung von Rangklassen wurde von der Gesetzessystematik durch die verschiedenen Prioritätsregeln des § 27 StaRUG geschützt, § 26 StaRUG hingegen dient dem Schutz des Mehrheitsprinzips. Wenn auch der Schutz des Mehrheitsprinzips Einschränkungen unterliegt (s.o.), war die Intention des Gesetzgebers für die Voraussetzung eines „cram down“ eindeutig: bei einem Patt bei nur zwei beteiligten Gruppen muss eine nicht-nachrangige Gläubigergruppe zustimmen. So soll offenbar auch verhindert werden, dass hinter dem Rücken sämtlicher Gläubiger, selbst wenn diese nicht unmittelbar betroffen wären, eine gravierende Veränderung in der Gesellschafterstruktur einer Schuldnerin erreicht wird. Das Prinzip der Gläubigerbeteiligung ist generell in Planverfahren in umfangreichen Ausprägungen verankert, und soll auch hier explizit Beachtung finden. Dass allerdings unter Beteiligung von Gläubigern ein „cram down“ möglich ist (s.o.), kann denklogisch nicht dazu führen, deshalb zwingend auch ohne eben diese Gläubigerbeteiligung einen „cram down“ zu ermöglichen. Denn die Einbeziehung von einzelnen oder mehreren Gläubigern führt in einem Restrukturierungsverfahren im Bezug auf Außenwirkung, Gläubigerbeiträge und Glaubwürdigkeit zu derart verschiedenen Auswirkungen im Vergleich zu einem Plan, an dem lediglich Anteilseigner beteiligt sind, dass der Gesetzgeber offenbar zur zwingenden Einbeziehung von zumindest einer Gläubigergruppe für den Fall des § 26 Abs. 1 Nummer 3, 2. Halbsatz StaRUG bewogen wurde. Jedenfalls kann diese Erwägung des Gesetzgebers und in der Gesamtzusammenschau des Gesetzes damit auch dieser Sinn und Zweck der Norm nicht ausgeschlossen werden, da die Erwägungsgründe unmittelbar hierzu weder in die eine noch in die andere Richtung Aussagen tätigen. Für die aus Gründen der mit einer teleologischen Reduktion einhergehenden Durchbrechung der Gewaltenteilung stets gebotene restriktive Anwendung einer teleologische Reduktion erkennt das Gericht daher hier keinen Raum. Das Erfordernis der Zustimmung einer Gläubigergruppe ist aus den dargelegten Gründen unerlässlich und kann nicht teleologisch reduziert werden.
2. Das Gericht geht angesichts der im Plan gewählten Gestaltung eines Kapitalschnitts davon aus, dass die die Gesellschaft weiterhin finanzierenden Fortführungs-Gesellschafter keinen wirtschaftlichen Wert im Sinne der Norm des § 27 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG „behalten“, weil der Plan durch die Schaffung eines neuen Stammkapitals neue wirtschaftliche Werte schafft, die entgeltlich durch Leistung der Kapitalanlage und eines erheblichen in die freie Rücklagen der Gesellschaft einzuzahlen Sanierungsbeitrages erworben werden müssen. Durch den vorzunehmenden Kapitalschnitt werden alle Gesellschafteranteile gleichermaßen „vernichtet“, keiner der Gesellschafter „behält“ hierbei einen Wert. Die dem Plan zustimmenden Gesellschafter müssen dann ihre Finanzierungszusagen erfüllen, was die Schaffung einer neuen Rechts- und Vermögensposition bedeutet. In der Umwandlung eines Darlehensanspruchs in Eigenkapital kann kein „Behalten“ eines wirtschaftlichen Werts im Sinne von § 27 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG gesehen werden, da keine bisherige Rechtsposition aus dem Gesellschaftsanteil verbleibt. Ohne eine entsprechende Regelung im Plan würde das Darlehen auch fortbestehen, und von einem „Behalten“ im Sinne des § 27 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG könnte keine Rede sein, da dieser nur auf Eigenkapital-Positionen des Gesellschafters abstellt. Zudem bleibt zu bedenken, dass diese Konstruktion der Umwandlung des Darlehensanspruchs in Eigenkapital der finanziellen Lage der Schuldnerin geschuldet ist. Würde man dies nun im Sinne von § 27 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG als „Behalten“ auslegen, entspräche dies auch nicht dem Schutzzweck dieser Norm, der auf eine Gleichbehandlung ausgelegt ist. Die Gleichbehandlung ist aber wie erwähnt durch die Möglichkeit sämtlicher Gesellschafter, die Vereinbarung zu unterzeichnen und dem Plan zuzustimmen, gewahrt.
3. § 27 Abs. 1 Nummer 3 StaRUG ist hier nicht anwendbar, weil § 27 Abs. 2 StaRUG eine Sonderregelung für die angemessene Beteiligung von Gesellschaftern enthält, ein Verstoß gegen § 27 Abs. 1 Nummer 3 StaRUG kann daher im vorliegenden Plan nicht gesehen werden.
4. Über die von der Schuldnerin gestellten Vorprüfungsfragen weist das Gericht im Sinne von § 46 Abs. 1 Satz 2 StaRUG darauf hin, dass die Gruppenbildung in dem vorgelegten Restrukturierungsvorhaben im Sinne einer Aufteilung der Anteilsinhaber in Gruppe 1 und 2 nicht sachgerecht im Sinne von § 9 Abs. 2 Satz 2 StaRUG ist.
§ 9 Abs. 2 Satz 2 StaRUG sieht zwar vor, dass Beteiligte mit gleicher Rechtsstellung nach Maßgabe wirtschaftlicher Interessen in weitere Gruppen unterteilt werden können. Das Sanierungsinteresse bzw. die Bereitschaft, eigene Sanierungsbeiträge zu leisten, kann als sachliches Abgrenzungsmerkmal grundsätzlich geeignet sein, eigene fakultative Gruppen i.S.v. § 9 Abs. 2 Satz 2 StaRUG zu bilden (vgl. Kowalewski/Praß in: Morgen, StaRUG, § 9 Rz. 76; Schmidt, ZGR 2012, 565, 579). Im streitgegenständlichen Restrukturierungsplan werden diejenigen Anteilsinhaber in Gruppe 1 eingeteilt, die sich in einer zu unterzeichnenden Übernahmeverpflichtungserklärung unter „6. Förderungspflicht“ dazu verpflichtet haben, „alles in ihrer Macht stehende zu unternehmen, um den Erfolg der Sanierung der Banovo GmbH zu fördern…“. Dieser Förderungspflicht bedeutet, dass diese Anteilsinhaber sich zur Zustimmung zum Restrukturierungsplan verpflichtet haben. Die Planerstellerin meint, dass Gruppe 1 dem Plan zustimmen werde, die andere Gruppe offenbar eher zustimmungsunwillig sei, sei lediglich ein Reflex, der nicht das maßgebliche Differenzierungsmerkmal darstelle (dies sei und bleibe die Sanierungswilligkeit und -bereitschaft) und daher unschädlich sei.
Hier wird von Seiten der Bevollmächtigten einiger Anteilseigner der Schuldnerin eingewandt, dass die Grenze einer sachgerechten Gruppenbildung überschritten sei, da die Gruppenbildung einzig und greifbar dem Ziel der Separierung diene, um die Voraussetzungen für einen „cram down“ zu schaffen. Weiter wird angeführt, die Zustimmung sei nicht bloßer Reflex, sondern vielmehr das Kriterium für die Gruppenzugehörigkeit, wie sich auch aus Ziffer 1 von Seite 41 im gestaltenden Teil des Plans für die Planbetroffenen der Gruppe 1 ergebe: „1. Wir stimmen den Regelungen dieses Restrukturierungsplans, den in ihm getroffenen Festsetzungen auf Grundlage der in ihm gegebenen Erläuterungen vorbehaltlos und vollständig zu.“
Eine solche faktische Vorabstimmung, durch die die Anteilseigner bereits vor der Abstimmung durch eine vertragliche Verpflichtung gebunden werden, in bestimmter Weise abzustimmen, entspricht nicht dem Sinn und Zweck einer auf die Gruppenbildung folgenden Abstimmung. Die Zustimmung zum Plan ist für Mitglieder der Gruppe 1 aufgrund der Verpflichtungen in der Übernahmeverpflichtungserklärung zwingend, womit die Zustimmung unmittelbar Kriterium zur Einteilung in diese Gruppe ist. Dabei handelt es sich nicht um eine sachgerechte Abgrenzung i.S.v. § 9 Abs. 2 S. 2 StaRUG. Dass dabei auch andere Kriterien wie die generelle Sanierungswilligkeit Abgrenzungskriterien darstellen, ist unerheblich. Durch eine solche Gruppeneinteilung würde zudem das Mehrheitsprinzip des § 25 Abs. 1 StaRUG unterlaufen. Denn unabhängig von den Stimmrechten würde es in einer solchen Gruppe immer zu einer einstimmigen Zustimmung kommen, womit ein Vorgehen nach § 26 StaRUG jedenfalls bei nur zwei Gruppen immer denkbar wäre. Eine an die Zustimmung gekoppelte Gruppeneinteilung ist missbräuchlich und damit auch nicht sachgerecht i.S.v. § 9 Abs. 2 S. 2 StaRUG. Das AG Köln hat sich in seinem Beschluss vom 03.03.2021 – 83 RES 1/21, NJW 2021, 433, Rz. 27 in dem Sinne geäußert, dass eine Einteilung der Planbetroffenen in zwei Gruppen – dem Plan voraussichtlich oder in vorangegangenen Gesprächen zustimmende und dem Plan voraussichtlich oder in vorangegangenen Gesprächen widersprechende Planbetroffene – „absurd“ sei. Dies muss hier umsomehr gelten, da das Abstimmungsverhalten nicht nur voraussichtlich bekannt ist, sondern gar vertraglich für die Mitglieder der Gruppe 1 festgeschrieben ist.
5. Ferner weist das Gericht über die von der Schuldnerin gestellten Vorprüfungsfragen im Sinne von § 46 Abs. 1 Satz 2 StaRUG darauf hin, dass es sich bei der Planregelung gemäß Ziffer B II. 2.1 (Seite 38 Plan) um eine unzulässige Planregelung handelt. Bei den Regelungen der Beteiligungs- und Gesellschaftervereinbarung vom (, München), die gemäß B II 2. des Restrukturierungsplans aufgehoben werden sollen, handelt es sich nicht ausschließlich um gesellschaftsrechtliche Regelungen. Wären dies rein gesellschaftsrechtliche Maßnahmen im Sinne von § 2 Abs. 3 StaRUG, wäre eine Aufhebung der Beteiligungs- und Gesellschaftervereinbarung vom (, München) möglich. Die Beteiligungs- und Gesellschaftervereinbarung vom (, München) hat in weiten Teilen gesellschaftsrechtlichen Charakter. Insbesondere im Teil B der Beteiligungs- und Gesellschaftervereinbarung vom (U, München) finden sich jedoch schuldrechtliche Garantien mit entsprechenden Haftungsfolgen, die zu schuldrechtlichen Ansprüchen zwischen den Gesellschaftern, hier von Neuinvestoren gegen die Garantiegeber, führen können. Auch im Teil C der Beteiligungs- und Gesellschaftervereinbarung vom (, München) sind Erlösverteilungsabreden mit schuldechtlichem Charakter enthalten. § 2 StaRUG bildet jedoch keine hinreichende gesetzliche Grundlage um in schuldrechtliche Rechtsbeziehungen zwischen den streitgegenständlichen Parteien einzugreifen. So wäre nach Dafürhalten des Gerichts diese Vereinbarung auch nicht durch gesellschaftsrechtliche Beschlüsse der Gesellschafterversammlung aufzuheben, da es sich eben um gesonderte schuldrechtliche Vereinbarungen handelt. § 2 Abs. 2 StaRUG wiederum erlaubt unter Umständen schuldrechtliche Vereinbarungen zwischen der Schuldnerin und Gläubigern, jedoch nicht die Gestaltung von schuldrechtlichen Verhältnissen zwischen mehreren Gesellschaftern und insbesondere nicht die Aufhebung eines gesamten schuldrechtlich begründeten Rechtsverhältnisses. Eine rein deklaratorische Wirkung der Aufhebung der Beteiligungs- und Gesellschaftervereinbarung vom (, München), wie vom Vertreter der Schuldnerin vorgebracht, kann vom Gericht nicht erkannt werden.
6. Weiter weist das Gericht darauf hin, dass die Erklärung gemäß § 14 Absatz 1 StaRUG zu den Aussichten, dass die drohende Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin durch den Plan beseitigt wird und dass die Bestandsfähigkeit der Schuldnerin sicher- oder wiederhergestellt wird vom durch die nicht die Mindestanforderungen des § 14 Abs. 1 StaRUG erfüllt, da sie keine Aussage zur Beseitigung der drohenden Zahlungsunfähigkeit ausgehend von einem 24-monatigen Prognosezeitraum trifft. Aussagen zur Wiederherstellung bzw. Sicherstellung der Bestandsfähigkeit der Schuldnerin trifft die Erklärung ebenfalls nicht.