Titel:
Beitragsrecht: Status eines GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführers
Normenketten:
GmbHG § 39
HGB § 15
Leitsätze:
1. Nach dem Grundsatz der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlich relevanter Sachverhalte darf sich der prüfende Sozialversicherungsträger bei seiner Entscheidung auf die (negative) Publizität des Handelsregisters stützen, auch wenn dieses von der materiellen Rechtslage abweicht. (Rn. 27)
2. Dies gilt auch, soweit der Eintragung in das Handelsregister lediglich deklaratorischer Charakter zukommt (hier: Eintragung des Geschäftsführers einer GmbH nach § 39 GmbH-Gesetz). (Rn. 28)
Schlagwort:
Sozialversicherungspflicht
Vorinstanz:
SG Bayreuth, Urteil vom 20.09.2021 – S 11 BA 54/20
Rechtsmittelinstanz:
BSG Kassel vom -- – B 12 BA 1/24 R
Weiterführende Hinweise:
Revision zugelassen
Fundstellen:
RFamU 2024, 184
NZG 2024, 461
DStR 2024, 374
BeckRS 2023, 40296
LSK 2023, 40296
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 20. September 2021 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin hatte die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Revision wird zugelassen.
IV. Der Streitwert wird auf Euro 42.523 festgesetzt.
Tatbestand
1
Streitig ist die Pflicht der Klägerin zu Nachentrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen i.H.v. Euro 42.523,02 aufgrund der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) für die Klägerin.
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Die Klägerin wurde am 22.03.2010 in Rechtsform einer GmbH durch die je zur Hälfte mit einer Einlage von jeweils 12.500 € beteiligten Gesellschafter S M und H M gegründet. Gegenstand des Unternehmens ist das Fondsmanagement und die Vermittlung von Investments, Versicherungen und Bausparverträgen. Nach § 6 der unverändert fortbestehenden Satzung können ein oder auch mehrere Geschäftsführer bestellt werden. Ist nur ein Geschäftsführer bestellt, so vertritt er die Gesellschaft allein. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, so wird die Gesellschaft durch zwei Geschäftsführer gemeinschaftlich oder einen Geschäftsführer in Gemeinschaft mit einem Prokuristen vertreten. Die Gesellschafterversammlung kann bei Vorhandensein mehrerer Geschäftsführer einzelnen von ihnen Einzelvertretungsbefugnis erteilen. Nach § 11 Nr. 4 steht je 1 EURO eines Geschäftsanteils eine Stimme zu, nach § 11 Nr. 9 der Satzung werden Beschlüsse, soweit Gesetz und Satzung keine größere Mehrheit vorsehen, mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst.
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Mit notarieller Gründungsurkunde vom 22.03.2010 war S M – neben ihrem Ehemann H M – zur alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführerin unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB bestellt und in dieser Funktion in das Handelsregister eingetragen worden. Nach dem Tode von H M rückte zunächst dessen Erbe D M als Gesellschafter nach. Zum 24.11.2014 übernahm der Beigeladene zu 1) (im Weiteren: Beigeladener) dessen Gesellschaftsanteil von 50%. Mit Gesellschafterbeschluss vom 17.12.2014 wurde der Beigeladene mit Wirkung vom 01.01.2015 neben seiner Schwester S M zum ebenfalls alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer bestellt. Die Bestellung wurde erst im Jahr 2019 in das Handelsregister eingetragen.
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Der Tätigkeit des Beigeladenen liegt ein am 30.12.2014 unterzeichneter Geschäftsführer-Anstellungsvertrag zu Grunde, nach welchem die Geschäfte mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns nach Maßgabe der Gesetze, des Gesellschaftsvertrages, einer etwaigen Geschäftsordnung für die Geschäftsführung und der Gesellschafterbeschlüsse zu führen sind. Der Vertrag enthält weiter Regelungen zu einer festen Jahresvergütung mit monatlicher Auszahlung, welche entsprechend der Leistungen des Beigeladenen und der wirtschaftlichen Situation der Gesellschaft angepasst wird, mindestens aber um den Prozentsatz, um den im Durschnitt die Gehälter der übrigen Angestellten der Gesellschaft in dem betreffenden Jahr angepasst werden. Weiter finden sich Regelungen zu Nebentätigkeiten, zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (6 Monate) und zum Urlaubsanspruch (30 Tage).
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In der Zeit von 04.02.2019 bis 04.05.2020 führte die Beklagte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung für den Prüfzeitraum 2015 bis 2018 durch. Nach Anhörung stellte die Beklagte mit Bescheid vom 04.05.2020 fest, dass das vom Beigeladenen von 01.01.2015 bis 30.04.2015, von 01.07.2015 bis 31.10.2015, von 01.01.2016 bis 30.11.2016 und von 01.01.2017 bis 30.11.2017 bezogene Entgelt – in der restlichen Zeit bestand ein wirksam vereinbarter Entgeltverzicht – der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlegen habe. Es wurde eine Beitragsnachforderung in Höhe von 42.523,02 € erhoben. Der Beigeladene habe in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer bis zu seiner Eintragung in das Handelsregister in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis gestanden. Mitarbeitende Gesellschafter einer GmbH seien nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nur dann als selbstständig zu betrachten, wenn Ihnen aufgrund ihrer Gesellschaftsanteile (in der Regel mehr als 50%) Leitungsbefugnis gegenüber dem Geschäftsführer zukomme. Demgegenüber seien Gesellschafter-Geschäftsführer dann selbstständig, wenn Ihnen eine umfassende Sperrminorität (in der Regel 50% Gesellschaftsanteile) zukomme, mit welcher Weisungen der Gesellschafterversammlung verhindert werden könnten. Zwar halte der Beigeladene 50% der Gesellschaftsanteile der Klägerin, er könne jedoch aufgrund der fehlenden Eintragung in das Handelsregister in der streitigen Zeit sozialversicherungsrechtlich nicht als Geschäftsführer angesehen werden. Zwar sei die Eintragung für eine wirksame Geschäftsführerbestellung nicht konstitutiv, der Beklagten könne jedoch aufgrund des in § 15 Abs. 1 HGB geregelten Grundsatzes der positiven Publizität des Handelsregisters die ihr in der streitigen Zeit nicht bekannte Geschäftsführerbestellung nicht entgegengehalten werden. Die Beklagte dürfe sich bei der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung auf die jeweiligen Eintragungen ins Handelsregister stützen. Danach sei die Tätigkeit des Beigeladenen für die Klägerin lediglich als die eines mitarbeitenden Gesellschafters zu werten.
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Der hiergegen am 08.06.2020 eingelegte Widerspruch der Klägerin wurde mit undatiertem Bescheid, der Klägerin zugegangen am 11.11.2020, als unbegründet zurückgewiesen.
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Gegen diese Entscheidung erhob die Klägerin durch ihre Bevollmächtigte am 15.12.2020 Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG). Entgegen der Auffassung der Beklagten liege eine wirksame Bestellung des Beigeladenen zum Geschäftsführer vor. Diese sei durch Gesellschafterbeschluss ordnungsgemäß erfolgt und unmittelbar wirksam geworden. Eine Eintragung in das Handelsregister werde für die Wirksamkeit der Bestellung zum Geschäftsführer – anders als bei der Eintragung von Gesellschaftern – vom Gesetz gerade nicht gefordert. Diese sei rein deklaratorisch und für den sozialversicherungsrechtlichen Status ohne Belang. Insbesondere könne die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Unbeachtlichkeit schuldrechtlicher Abreden im Rahmen der statusrechtlichen Beurteilung nicht auf die durch Gesellschafterbeschluss vorzunehmende Bestellung eines Geschäftsführers nach den Bestimmungen des GmbH-Gesetzes übertragen werden. Der Beklagten seien im Rahmen der Betriebsprüfung die Satzung der Klägerin, der bestellende Gesellschafterbeschluss wie auch der Geschäftsführer-Anstellungsvertrag vorgelegt worden. Sie habe damit positive Kenntnisse von der wirksamen Bestellung gehabt, für deren Rechtsverbindlichkeit könne sich die Beklagte nicht auf den fehlenden Handelsregistereintrag berufen. Dem vom Bundessozialgericht aufgestellten Grundsatz der Vorhersehbarkeit sozialversicherungsrechtlicher Tatbestände sei damit Genüge geleistet. Aufgrund der wirksamen Bestellung zum Geschäftsführer komme dem Beigeladenen aufgrund seiner 50-prozentigen Beteiligung und der Tatsache, dass Gesellschaftsbeschlüsse mit einfacher Mehrheit gefasst werden, eine umfassende Sperrminorität zu. Es liege danach – wie auch unter Berücksichtigung der Bestimmungen des Geschäftsführer-Anstellungsvertrages – keine abhängige Beschäftigung vor.
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Mit Urteil vom 20.09.2021 wies das SG die Klage als unbegründet ab. Bei der Beschäftigung des Beigeladenen in den streiten Zeiträumen handele es sich um eine abhängige Beschäftigung, weshalb die nacherhobenen Beiträge zur Sozialversicherung abzuführen seien. Bei Beurteilung der Tätigkeit von GmbH-Gesellschaftern wie auch von Geschäftsführern sei insoweit maßgeblich, über welche Rechtsmacht und damit über welchen rechtlichen Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft diese verfügten. Während der mitarbeitende Gesellschafter nur bei mehrheitlicher Beteiligung an der GmbH als selbstständig betrachtet werden könne, sei dies beim Gesellschafter-Geschäftsführer bereits dann der Fall, wenn ihm aufgrund seiner Anteile eine umfassende, d. h. alle Gesellschaftsbereiche betreffende Sperrminorität zusteht. Da der Beigeladene 50% der Anteile an der Klägerin halte, komme es für seinen sozialversicherungsrechtlichen Status demnach darauf an, ob er als Geschäftsführer oder nur als mitarbeitende Gesellschafter anzusehen sei. Für eine wirksame Bestellung des Beigeladenen zum Geschäftsführer komme zwar der Eintragung des Gesellschafterbeschlusses in das Handelsregister nach § 39 Abs. 1 GmbHG nur deklaratorische Wirkung zu, diese gesellschaftsrechtliche Wertung sei jedoch nicht auf das Sozialversicherungsrecht übertragbar. Aufgrund der vom Bundessozialgericht geforderten Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände, komme es für die statusrechtliche Beurteilung sehr wohl auf die Eintragung an.
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Nach § 15 Abs. 1 HGB wirke die Bestellung zwar im Innenverhältnis, nach außen hin aber so lange nicht, solange sie Dritten – zu welchen auch die Beklagte zu rechnen sei – nicht bekannt gewesen sei. Hierzu reiche die bloße Kenntnis vom Gesellschafterbeschluss nicht aus, entsprechende Rechtssicherheit trete für die Beklagte im Rahmen der Statusprüfung erst ein, wenn das Registergericht die Eintragungsfähigkeit geprüft und die Rechtmäßigkeit der Beschlussfassung festgestellt habe. Dass es sich bei dieser Feststellung nicht um eine bloße Formsache, sondern um eine weitere Prüfungsebene handele, die die Bestellung des Geschäftsführers objektiviere, ergebe sich auch daraus, dass das Registergericht bei begründeten Zweifeln berechtigt und verpflichtet sei, den wahren Sachverhalt aufzuklären. Auch fehle es ohne Eintragung an der nach § 39 Abs. 3 GmbHG erforderlichen Erklärung des neu bestellten Geschäftsführers, dass seiner Bestellung keine Umstände nach § 6 Abs. 2 S. 2 Nrn. 2 und 3 sowie S. 3 GmbHG entgegenstehen. Da es sich bei der Erklärung nach § 82 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG um eine strafbewehrte Versicherung handele, sei dieser auch im Hinblick auf die Rechtssicherheit der Bestellung besondere Bedeutung beizumessen. Daneben würden sich auch aus dem Geschäftsführer-Anstellungsvertrag keine überwiegen Indizien für eine selbstständige Tätigkeit ergeben, vielmehr würden dort arbeitnehmertypische Vereinbarungen getroffen, wie verstetigtes Entgelt, Urlaubsanspruch und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Ein eingeschränktes Weisungsrecht wie auch eine gewisse Freiheit hinsichtlich Ort und Zeit der Arbeitsleistung sei bei Diensten höherer Art üblich und spreche nicht gegen eine abhängige Beschäftigung. Der zeitweise Gehaltsverzicht deute zwar auf ein gewisses unternehmerisches Risiko hin, ein solcher könne aber auch im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung vereinbart werden.
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Am 15.01.2021 legte die Klägerin durch ihre Bevollmächtigte Berufung beim Bayer. Landessozialgericht ein. Zur Begründung wurde erneut vorgetragen, die Beklagte sei als Dritte nicht schutzwürdig im Sinne des § 15 Abs. 1 HGB, da sie ihm Rahmen der Betriebsprüfung tatsächliche Kenntnis von der Bestellung des Beigeladenen zum Geschäftsführer erlangt habe. Die vom SG vorgenommene Differenzierung zwischen gesellschaftsrechtlicher und sozialversicherungsrechtlicher Wertung lassen sich weder aus dem Gesetz noch aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts herleiten. Zu der vorliegenden Konstellation einer fehlenden Eintragung in das Handelsregister lägen gerade keine einschlägigen Urteile vor. Der Grundsatz der Einheitlichkeit der Rechtsordnung könne nicht willkürlich ausgehebelt werden. Soweit das SG auf die Prüfungskompetenz des Registergerichts abstelle, beziehe sich diese nur auf die formalen Voraussetzungen der Eintragung, nicht jedoch auf materielles Recht. Der Wille der Gesellschaft, einen neuen Geschäftsführer in satzungsgemäßer und damit rechtlich anzuerkennender Weise zu installieren, habe sich alleine mit dessen Bestellung nach außen manifestiert. Auch der erkennende Senat habe mit Urteil vom 30.09.2020 (L 6 R 5194/17) im Hinblick auf die dort zu entscheidende Bestellung eines Geschäftsführers einer UG die alleinige Maßgeblichkeit der gesellschaftsrechtlichen Gegebenheiten betont. Lediglich im Hinblick auf die dort – aufgrund des gewählten vereinfachten Verfahrens nach § 2 Abs. 1a GmbHG – für die Bestellung eines weiteren Geschäftsführers erforderliche Satzungsänderung mit obligatorischer konstitutiver Eintragung in das Handelsregister habe der Senat Versicherungspflicht angenommen. Dies bedeute im Umkehrschluss, dass eine fehlende, rein deklaratorische Eintragung ins Handelsregister der Annahme von Selbstständigkeit nicht entgegenstehe.
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Am 22.02.2023 fand einen Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage statt, in welchem der Beigeladene ausführte, im Bereich Marketing/Vertrieb als Geschäftsführer auch nach außen aufgetreten zu sein, Verhandlungen geführt und Verträge eigenverantwortlich unterzeichnet zu haben. Die Beklagte hat dies nicht bestritten. Im Hinblick auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 13.12.2022 (B 12 KR 16/20 R) wurde den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt.
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Mit Schriftsatz vom 30.05.2023 vertrat der Bevollmächtigte der Klägerin die Auffassung, dass die benannte Entscheidung auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar sei, da dort keine Bestellung zum Geschäftsführer erfolgt und zur Wirkung der Eintragung in das Handelsregister keine Aussage getroffen worden sei. Die Feststellung von Versicherungspflicht habe nicht auf einer fehlenden Eintragung beruht, sondern auf fehlenden organschaftlichen Rechten des im dort zu entscheidenden Falle gerade nicht zum Geschäftsführer bestellten Beigeladenen. Diese Rechte hätten dem Beigeladenen im vorliegenden Fall jedoch aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen Bestellung zum Geschäftsführer zugestanden, die fehlende Eintragung ins Handelsregister habe sich ausschließlich haftungsrechtlich gegenüber den Vertragspartnern im Außenverhältnis ausgewirkt. Die Tätigkeit des Beigeladenen sei auch ohne Eintragung eine unternehmerische gewesen, er habe auf alle wesentlichen Grundlagenentscheidung der Gesellschaft Einfluss genommen.
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Die Klägerin, die Beklagte und der Beigeladenen zu 1) haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung im Termin vom 22.02.2023, die übrigen Beigeladenen mit Schriftsätzen vom 26.06.2023 und 04.07.2023 zugestimmt.
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Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 20.09.2021 sowie den Bescheid der Beklagten vom 04.05.2020 in Gestalt des undatierten Widerspruchsbescheides vom November 2020 aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
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Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
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Die Beklagte hält das Urteil des SG für rechtsfehlerfrei. Dieses sei zutreffend von einer abhängigen Beschäftigung des Beigeladenen ausgegangen. Eine uneingeschränkte Parallelität zwischen gesellschaftsrechtlich eingeräumter Stellung und statusrechtlicher Abwägungsentscheidung bestehe nicht. Bereits im Rahmen der versicherungsrechtlichen Beurteilung von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft habe das Bundessozialgericht auf einfach festzustellende, ohne weiteres überprüfbare Abgrenzungsmerkmale wie insbesondere die Eintragung ins Handelsregister abgestellt. Die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung sei insoweit entscheidend durch das Postulat der Vorhersehbarkeit geprägt. Die Eintragung in das Handelsregister gewährleiste – unabhängig ihrer Natur – die vom Bundessozialgericht ausdrücklich geforderte Vorhersehbarkeit und Nachprüfbarkeit, sie schaffe im Rahmen der äußerst komplexen Gesamtschau ein einfach festzustellendes, ohne weiteres überprüfbares Abgrenzungsmerkmal.
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Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten und des Sozialgerichts, der Gerichtsakten sowie der vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 20.09.2021 ist nicht zu beanstanden. Der Bescheid der Beklagten vom 04.05.2020 in Gestalt des undatierten Widerspruchsbescheids vom November 2020 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beklagte hat zu Recht aufgrund der durchgeführten Betriebsprüfung Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung für die Zeit von 01.01.2015 bis 0.04.2015, von 01.07.2015 bis 31.10.2015, von 01.01.2016 bis 30.11.2016 und von 01.01.2017 bis 30.11.2017 festgestellt und Beiträge in Höhe von 42.523,02 EUR nacherhoben. Der Beigeladene war bei der Klägerin als Geschäftsführer abhängig beschäftigt und damit versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung.
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Rechtsgrundlage für den Erlass des angefochtenen Bescheides ist § 28p Abs. 1 S. 5 SGB IV. Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung bei den Arbeitgebern Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Nach § 28e Abs. 1 S. 1 SGB IV hat der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu zahlen. In dem hier streitigen Zeitraum unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, u.a. der Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung (vgl. § 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI, § 25 Abs. 1 SGB III). Ausgangspunkt für die Beurteilung des Vorliegens einer Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Danach ist Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 S. 2 SGB IV).
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Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Tätigkeit und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl. BSG Urteil vom 30.10.2013, B 12 KR 17/11 R; BSGE 111, 257 mwN). Ob eine wertende Zuordnung zum Typus der Beschäftigung gerechtfertigt ist, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 11.11.2015, B 12 KR 10/14 R). Die jeweilige Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, das heißt den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden. Auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (BSG, Urteil vom 18.11.2015, B 12 KR 16/13 R; BSG, Urteil vom 23.05.2017, B 12 KR 9/16 R mwN).
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Diese Maßstäbe gelten auch für die statusrechtliche Beurteilung der Tätigkeit eines GmbH-Geschäftsführers (vgl. BSG, Urteil vom 14.03.2018, B 12 KR 13/17 R; BSG, Urteil vom 11.11.2015, B 12 KR 10/14 R; BSG, Urteil vom 29.07.2015, B 12 KR 23/13 R). Dabei kommt es für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit zunächst darauf an, ob der Geschäftsführer am Gesellschaftskapital beteiligt ist (Gesellschafter-Geschäftsführer). Ein Geschäftsführer ohne Kapitalbeteiligung (Fremdgeschäftsführer) ist ausnahmslos abhängig beschäftigt. Ist ein GmbH-Geschäftsführer zugleich als Gesellschafter am Kapital der Gesellschaft beteiligt, sind der Umfang der Kapitalbeteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft maßgebliches Merkmal bei der Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und Selbständigkeit.
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Ein Gesellschafter-Geschäftsführer muss durch seine Kapitalbeteiligung über seine Gesellschafterstellung hinaus die Rechtsmacht besitzen, durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung die Geschicke der Gesellschaft bestimmen zu können. Eine solche Rechtsmacht ist regelmäßig gegeben, wenn mehr als 50 v. H. der Anteile am Stammkapital gehalten werden. Ein Geschäftsführer, der nicht über diese Kapitalbeteiligung verfügt, ist grundsätzlich abhängig beschäftigt. Er ist ausnahmsweise nur dann als Selbständiger anzusehen, wenn er exakt 50 v. H. der Anteile am Stammkapital hält oder ihm bei einer geringeren Kapitalbeteiligung nach dem Gesellschaftsvertrag eine umfassende („echte“ oder „qualifizierte“), die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassende Sperrminorität eingeräumt ist. Denn der selbständig tätige Gesellschafter-Geschäftsführer muss eine Einflussmöglichkeit auf den Inhalt von Gesellschafterbeschlüssen haben, um ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung verhindern können. Demgegenüber ist eine „unechte“, auf bestimmte Gegenstände begrenzte Sperrminorität nicht geeignet, die erforderliche Rechtsmacht zu vermitteln (BSG, Urteil vom 14.03.2018, B 12 KR 13/17 R; BSG, Urteil vom 11.11.2015, B 12 R 2/14 R; BSG, Urteil vom 11.11.2015, B 12 KR 10/14 R; BSG, Urteil vom 29.06.2016, B 12 R 5/14 R). Außerhalb des Gesellschaftsvertrags (Satzung) zu Stande gekommene, sich auf die Stimmverteilung auswirkende Abreden sind für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung ohne Bedeutung. Die für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit notwendige Rechtsmacht, die den Gesellschafter-Geschäftsführer in die Lage versetzt, die Geschicke der Gesellschaft bestimmen oder zumindest ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung verhindern zu können, muss gesellschaftsrechtlich eingeräumt sein (vgl. BSG, Urteil vom 14.03.2018, a.a.O.).
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Vom Geschäftsführer zu unterscheiden ist der mitarbeitende Gesellschafter, welche nur dann als selbstständig anzusehen ist, wenn er in der Lage ist, Einzelanweisungen der Geschäftsführung zu verhindern. Hiervon ist auszugehen, wenn es sich um einen Allein-Gesellschafter oder einen Mehrheitsgesellschafter (mindestens 51% Anteil) handelt, der keiner wirksam zustande gekommenen Stimmrechtsbindung unterliegt (BSG vom 25.01.2006, B 12 KR 30/04 R; BSG vom 19.08.2015, B 12 KR 9/14 R). Denn ein so mitarbeitender Gesellschafter kann nicht nur Weisungen der Gesellschafterversammlung verhindern sondern aufgrund seines bestimmenden Einflusses in der Gesellschafterversammlung den ihm vorgesetzten Geschäftsführer zu einem bestimmten Tun oder Unterlassen veranlassen (vgl. § 37 HGB). Derartige Gesellschafter haben auf Grund ihrer gesellschaftsrechtlichen Position letztlich auch die Leitungsmacht gegenüber dem Geschäftsführer und unterliegen damit nicht ihrerseits dessen Weisungsrecht.
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Ausgehend von diesen Prämissen kann vorliegend eine selbstständige Tätigkeit des Beigeladenen nicht festgestellt werden. Der Geschäftsführer-Anstellungsvertrag vom 30.12.2014 ist durch typische Merkmale eines Beschäftigungsverhältnisses geprägt. Der Beigeladene unterlag den Weisungen der Gesellschafterversammlung und hatte seine gesamte Arbeitskraft gegen eine feste Jahresvergütung mit monatlicher Auszahlung zur Verfügung zu stellen (Ziff. 1.1 und 1.3.1). Anpassungen erfolgten entsprechend der Leistung des Beigeladenen und der wirtschaftlichen Situation der Klägerin (Ziff 1.3.2). Zwar hatte der Beigeladene danach auch ein gewisses Eigeninteresse am wirtschaftlichen Erfolg der Klägerin, infolge der Abhängigkeit auch von seiner eigenen Arbeitsleistung ging dieses jedoch nur unwesentliche über das Interesse jedes Arbeitnehmers am wirtschaftlichen Erfolg seines Arbeitgebers hinaus. Angesichts des Festgehalts setzte der Beigeladene seine Arbeitskraft nicht mit der Gefahr des Verlusts ein. Die ihm eingeräumten Freiheiten bei der Ausübung seiner Tätigkeit ändern nichts daran, dass er in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess in die Organisation der Klägerin eingegliedert war.
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Der vorliegend bestehende Gesellschaftsanteil des Beigeladenen von 50% bedingt keine abweichende Beurteilung. In diesem Zusammenhang ist unstreitig, dass sich die Bestellung des Beigeladenen zum Geschäftsführer an die Vorgaben des § 6 der Satzung der Klägerin hält und der ordnungsgemäß zustande gekommene Gesellschafterbeschluss insofern die gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen perpetuiert. Durch seinen Gesellschaftsanteil kommt dem Beigeladenen damit grundsätzlich eine Sperrminorität im Sinne der Rechtsprechung des BSG zu. Gleichwohl ist in Übereinstimmung mit dem SG festzustellen, dass der Beigeladene aufgrund der fehlenden Eintragung ins Handelsregister lediglich als mitarbeitender Gesellschafter der Klägerin zu betrachten ist. Denn der Annahme einer selbstständigen Tätigkeit steht die vom Bundessozialgericht geforderte Vorhersehbarkeit und Klarheit sozialversicherungs- und beitragsrechtlich relevanter Sachverhalte entgegen. Die vorliegend nicht in der Gründungsurkunde oder in der Satzung, sondern durch Gesellschafterbeschluss vorgenommene Bestellung des Beigeladenen zum Geschäftsführer vermag ohne Anmeldung zum und Eintragung ins Handelsregister gem. §§ 6, 8, 39 GmbHG – ohne dass es insoweit auf den rein deklaratorischen Charakter der Eintragung ankäme – die sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Rechtsmachtverhältnisse nicht mit sozialversicherungsrechtlicher Wirkung zu verschieben. Maßgebender Aspekt ist, dass nach ständiger Rechtsprechung des BSG in die statusrechtliche Bewertung nur solche Rechtspositionen einzubeziehen sind, die der prüfende Versicherungsträger bereits zu Beginn des zu beurteilenden Zeitraums klar hätte erkennen können. Im Interesse sowohl der Versicherten als auch der Versicherungsträger muss die Frage der Einordnung als selbstständige Tätigkeit oder abhängige Beschäftigung grundsätzlich schon bei Aufnahme der Tätigkeit zu klären sein, weil es darauf nicht nur für die Entrichtung der Beiträge, sondern auch für die Leistungspflichten der Sozialversicherungsträger und die Leistungsansprüche des Betroffenen ankommt. Das Postulat der Vorhersehbarkeit prägt das Recht der Pflichtversicherung in der Sozialversicherung und unterscheidet es ggf. auch von Wertungen des – an anderen praktischen Bedürfnissen ausgerichteten – Gesellschaftsrechts. Die Klarheit beitragsrechtlicher Sachverhalte für alle Betroffenen erfordert, dass typisierte Abgrenzungsmerkmale möglichst einfach festzustellen und ohne Weiteres überprüfbar sein müssen. Dies dient der Rechtssicherheit; zugleich wird dadurch der Aufwand für die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens von Versicherungspflicht auf ein vertretbares Maß begrenzt (BSG, Urteil vom 13.03.2023, B 12 R 4/21 R, Rn. 17; vgl. auch BSG, Urteil vom 08.07.2020, B 12 R 1/19 R; BSG, Urteil vom 10.12.2019, B 12 KR 9/18 R, RdNr. 19; BSG, Urteil vom 5.3.2014, B 12 KR 1/12 R, RdNr. 22).
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Vorliegend war die Geschäftsführereigenschaft des Beigeladenen unstreitig weder im Zeitpunkt der Aufnahme seiner Tätigkeit noch während des gesamten, der Prüfung durch die Beklagte zugrunde liegenden Zeitraums zum Handelsregister angemeldet und dort eingetragen worden. Ohne dass es im weiteren darauf ankäme, ob der Beigeladene im Innenverhältnis tatsächlich frei von Weisungen seiner Schwester als einzig eingetragener, alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführerin war, er tatsächlich nicht nur in bestimmten fachlichen Bereichen sondern in der gesamten Breite der Unternehmenstätigkeit der Klägerin als Geschäftsführer nach außen aufgetreten ist und aus welchen Gründen vorliegend die obligatorische Eintragung ins Handelsregister für einen Zeitraum von annähernd fünf Jahren aufgeschoben wurde, hat diese Unterlassung damit zur Folge, dass sich die Klägerin sozialversicherungsrechtlich nicht auf die dem Beigeladenen eingeräumte Handlungsmacht berufen kann. Durch das Unterlassen der Eintragung hat es die Klägerin gegenüber der Beklagten als prüfendem Sozialversicherungsträger versäumt, die gesellschaftlichen Verhältnisse von Beginn an umfassend und nach außen hin uneingeschränkt wirksam transparent zu machen. Hierbei kommt es zur Überzeugung des Senats weniger auf die Frage an, in welchem Umfang die in § 15 HGB geregelte Publizität des Handelsregisters am Rechtsverkehr teilnehmende Dritte schützt und ob auch die Beklagte hierunter fällt. Die Vorhersehbarkeit versicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände gebietet es unabhängig hiervon, dem prüfenden Sozialversicherungsträger bereits mit Aufnahme der Tätigkeit alle für die Beurteilung der Selbstständigkeit eines GmbH-Geschäftsführers maßgeblichen Entscheidungskriterien an die Hand zu geben. Anderenfalls würde eine später rückwirkend geltend gemachte Selbstständigkeit eines nicht eingetragenen GmbH-Geschäftsführers ohne tatsächlich auch nach außen publizierte, uneingeschränkte Bevollmächtigung letztlich einer GmbH die Möglichkeit eröffnen, die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von der Offenlegung der gesellschaftlichen Handlungsmacht abzukoppeln.
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Gerade bei einer nachträglichen Änderung in der Geschäftsführung einer GmbH besteht ein besonderes Transparenzbedürfnis. Denn für den prüfenden Sozialversicherungsträger steht außer Frage, dass bei einer im notariellen Gesellschaftsvertrag/Satzung vorgenommenen (Erst-) Bestellung eines Geschäftsführers nach – in diesem Falle konstitutiver – Eintragung der GmbH unter Zugrundelegung der gemäß §§ 8, 6 GmbHG bei Erstanmeldung einzureichenden Unterlagen regelmäßig von einem formell und materiell rechtmäßig zustande gekommenen Bestellungsvorgang ausgegangen werden kann. Wird – wie hier – außerhalb der Satzung ein Geschäftsführer alleine durch Gesellschafterbeschluss bestellt, wirkt zwar alleine diese Bestellungsvorgang als solcher konstitutiv, die nachfolgende Eintragung ins Handelsregister ist nach § 39 GmbH-Gesetz rein deklaratorisch (Bartl/Bartl/Beine/Koch/Schlarb/Schmitt, GmbH-Recht,8. Aufl., Rn 2 zu § 39). Gleichwohl ist der Anmeldungs- und Eintragungsvorgang als solcher bestimmten Formalitäten sowie einer Mindestprüfpflicht des Registergerichts unterworfen. Nach § 39 Abs. 2 GmbHG sind der Anmeldung die Urkunden über die Bestellung der Geschäftsführer oder über die Beendigung der Vertretungsbefugnis in Urschrift oder öffentlich beglaubigter Abschrift beizufügen. Zugleich ist nach Abs. 3 zu versichern, dass keine Umstände vorliegen, die einer Bestellung nach § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und 3 sowie Satz 3 und 4 GmbH G entgegenstehen und dass die Geschäftsführer über ihre unbeschränkte Auskunftspflicht gegenüber dem Gericht belehrt worden sind. Auch wenn danach eine umfassende Prüfpflicht des Registergerichts nur bei begründeten Zweifeln angenommen wird, ist mit diesem Procedere eine Erhöhung der Rechtssicherheit verbunden, welche nicht zuletzt auch der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände dient. Der Handelsregistereintrag bezeugt insoweit, dass die aufgrund der Vorlage von Originaldokumente vorgenommene Eintragung einer entsprechenden Rechtsprüfung unterzogen wurde (so auch LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.04.2020, L 4 BA 825/20 ER-B; Urteil vom 13.11.2020, L 8 BA 889/20). Auch das BSG hat mit Urteil vom 13.03.2023 (B 12 R 4/21 R) nochmals den Vorrang der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände gegenüber gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen ausdrücklich betont, indem es unabhängig von der materiell-rechtlichen Sachlage für die Frage der Beurteilung der Tätigkeit eines Gesellschafter-Geschäftsführers die Maßgeblichkeit der ins Handelsregister eingetragenen Gesellschafterliste und insbesondere der darin ausgewiesenen Gesellschaftsanteile bereits für einen Zeitraum angenommen hat, in dem § 16 Abs. 1 GmbHG n.F. noch nicht galt und die Eintragung der Liste demnach noch keinen konstitutiven Charakter hatte (BSG a.a.O., Rdnr. 20 ff.).
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Für das so gefundene Ergebnis sprechen nicht zuletzt auch die aus einer fehlenden Eintragung der Geschäftsführereigenschaft in das Handelsregister im tatsächlichen Rechtsverkehr entstehenden Erschwernisse. Ein selbständiger Gesellschafter-Geschäftsführer muss in der Lage sein, auf die Ausrichtung der Geschäftstätigkeit des Unternehmens umfassend Einfluss zu nehmen und damit das unternehmerische Geschick der GmbH insgesamt wie ein Unternehmensinhaber zu lenken (vgl. BSG Urteil vom 28.06.2022, B 12 R 4/20 R; BSG Urteil vom 01.02.2022, B 12 KR 37/19 R; BSG vom 13.12.2022, B 12 KR 16/20 R). Ohne Eintragung bestand aber für den Beigeladenen im Zweifel das Erfordernis, nicht nur den Umstand seiner Bestellung zum Geschäftsführer, sondern – im Hinblick auf die im Handelsregister eingetragene abstrakte Vertretungsregelung des § 6 Abs. 2 der Satzung, wonach bei Bestellung von mehr als einem Geschäftsführer grundsätzlich nur gemeinschaftliche Vertretungsbefugnis besteht – entsprechend den Anforderungen des § 8 Abs. 4 Satz 2 GmbHG auch den Umfang seiner Vertretungsmacht jeweils im Einzelnen belegen müssen. Die Klägerin muss es sich daher in jeder Hinsicht anrechnen lassen, wenn sie – möglicherweise um nach außen hin den Anschein der alleinigen Handlungsbefugnis der eingetragenen Geschäftsführerin zu erhalten – auf die Aufnahme des Beigeladenen als weiteren alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer in das Handelsregister verzichtet.
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Entgegen der Auffassung der Berufung kann letztlich auch der Entscheidung des Senats vom 30.09.2020 (L 6 R 5194/17) nichts Anderes entnommen werden. Der dort zu entscheidende Sachverhalt betraf eine im vereinfachten Verfahren nach § 2 Abs. 1a GmbHG gegründete UG. Das verwendete Musterprotokoll sah insoweit die Bestellung von nur einem Geschäftsführer vor. Jede Bestellung eines weiteren Geschäftsführers stellte sich insoweit als Änderung der gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen dar, welche bereits aus diesem Grunde der konstitutiven Eintragung in das Handelsregister bedurfte. Zur Frage der Maßgeblichkeit einer rein deklaratorischen Handelsregistereintragung wurde in diese Entscheidung insoweit keine Aussage getroffen, eine entsprechender Umkehrschluss verbietet sich.
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Die Berufung ist nach all dem ohne Aussicht auf Erfolg Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Streitwertfestsetzung erfolgt nach § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG i.V.m. §§ 52, 47 Gerichtskostengesetz (GKG) und bemisst sich nach der Höhe der streitigen Forderung.
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Die Revision wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen.