Titel:
Folgezulassung zur Durchführung von allgemeinen Integrationskursen
Normenketten:
IntV § 18 Abs. 1, § 20 Abs. 1 S. 2
AufenthG § 43
VwGO § 123
Leitsätze:
1. Dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge kommt bei Integrationskursen die Aufgabe der Koordination und Steuerung zu, um den gesetzlichen Auftrag, bundesweit ein einheitliches Grundangebot zur Verfügung zu stellen, zu erfüllen. Dabei sind Qualitätskriterien unabdingbar, die eine einheitliche Trägerlandschaft gewährleisten. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
2. Hinsichtlich der Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit der Kursträger sind auch bei einer Folgezulassung keine erleichterten Voraussetzungen zugrunde zu legen; vielmehr besteht insofern der gleiche Maßstab wie für die Erstzulassung. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
vorläufiger Rechtsschutz auf Folgezulassung zur Durchführung von allgemeinen Integrationskursen, fehlende Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit eines Kursträgers, Durchführung von Integrationskursen, Folgezulassung, privater Kursträger, Zuverlässigkeit, Leistungsfähigkeit, Mängel, Qualitätskriterien, vorläufiger Rechtsschutz
Fundstelle:
BeckRS 2023, 2867
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 25.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Die Antragstellerin begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung der Antragsgegnerin, ihr vorläufig als Kursträger die Folgezulassung für die Durchführung von allgemeinen Integrationskursen zu erteilen.
2
Am 8. Mai 2014 beantragte der Verein „…“ durch die erste Vorsitzende Frau … die Erstzulassung als Kursträger gemäß § 18 Abs. 1 Integrationskursverordnung (IntV). Mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) vom 7. August 2014 (Bl. 76 ff. BA) wurde dem Kursträger „…“ (Trägernummer: …) die Zulassung zur Durchführung von allgemeinen Integrationskursen mit Wirkung ab dem 1. Juli 2014 erteilt, ebenso wie die Zulassung zur Abnahme der Tests nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 IntV. Die Zulassungen waren befristet auf den 30. Juni 2017. Mit Änderungsbescheid vom 17. März 2015 (Bl. 102 ff. BA) wurde auch die Zulassung zur Durchführung des Intensivkurses und die Zulassung zur Durchführung des speziellen Integrationskurses Jugendintegrationskurs erteilt.
3
Am 24. Juni 2016 wurde beim Kursträger „…“ eine Kurs- und Verwaltungsprüfung durchgeführt. In der Niederschrift zur Verwaltungsprüfung – Einstufungstests zum Kurs … (Bl. 118 BA) ist festgehalten: Interviewbogen nicht vorhanden, Wertung: Ermahnung.
4
Am 23. Januar 2017 beantragte Frau … als natürliche Person unter dem Namen „…“ (im Folgenden: Antragstellerin) die Erstzulassung als Kursträger gemäß § 18 Abs. 1 IntV. Dem Antrag lag ein Anschreiben vom 19. Januar 2017 (Bl. 122 BA) bei, in dem Frau … ausführte, dass sie die erste Vorsitzende des Vereins „…“ sei und gleichzeitig die verantwortliche Person für die Deutsch-Integrationskurse. Sie beantrage die Erstzulassung als Kursträger und bitte um Übertragung der bestehenden Trägerschaft des Vereins „…“ auf ihre eigene Person. Mit Bescheid vom 9. Mai 2017 (Bl. 203 ff. BA) wurde der Antragstellerin (Trägernummer: …*) die Zulassung zur Durchführung von allgemeinen Integrationskursen erteilt sowie die Zulassung zur Abnahme der Tests nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 IntV und zur Durchführung der speziellen Integrationskurse Jugendintegrationskurs, Elternintegrationskurs, Frauenintegrationskurs und Alphabetisierungskurs. Diese Zulassungen waren befristet bis zum 8. Mai 2020.
5
Mit Schreiben vom 22. Juli 2017 (Bl. 214 BA) ging beim Bundesamt eine Beschwerde über die Unterrichtsqualität im … ein. Der Sprachkurs sei von unqualifizierten Personen durchgeführt worden. Frau … sei nur am Geld interessiert gewesen und habe nichts unternommen. Mit E-Mail vom 17. August 2017 (Bl. 215 BA) beantwortete der Regionalkoordinator aus … … diese Beschwerde dahingehend, dass der vorgetragene Sachverhalt zutreffend sei. Es sei auch in anderen Kursen des Trägers vorgekommen, dass der Unterricht von Personen durchgeführt worden sei, die nicht über die erforderliche Qualifizierung verfügten. Der Träger sei angemahnt worden.
6
Am 20. November 2018 wurde bei der Antragstellerin eine Kurs- und Verwaltungsprüfung durchgeführt, die zu einer schriftlichen Abmahnung vom 28. Februar 2019 (Bl. 369 ff. BA) geführt hat. Es wurde insbesondere ausgeführt, dass am Tag der Kursprüfung eine nicht-zugelassene Lehrkraft den Unterricht geleitet habe. Das erstmals durchgeführte Modul 5 (Zeitraum: 18.10. – 27.11.2018), in dem eine nichtzugelassene Lehrkraft unterrichtet habe, werde vom Bundesamt nicht vergütet und die entstandenen Kosten seien vom Träger selbst zu zahlen. Zudem sei im Zeitpunkt der Kursprüfung keine Anwesenheitsliste im Unterricht gelegen. Bei der Überprüfung der Fehlzeiten sei aufgefallen, dass für keine der teilnehmenden Personen Fehlzeiteneintragungen vorlägen. Dies sei sehr atypisch. Bei der Überprüfung der Zwischentests sei aufgefallen, dass für drei Teilnehmende kein Zwischentest vorgelegen habe. Die Antragstellerin wurde darauf hingewiesen, dass wiederholte Verstöße zu weiterführenden Sanktionen bis hin zum Widerruf der Zulassung zur Durchführung des Sprachkurses führen könnten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Abmahnungsschreiben Bezug genommen.
7
Am 18. Juli 2019 wurde bei der Antragstellerin eine weitere Kurs- und Verwaltungsprüfung durchgeführt, die zu einer schriftlichen Abmahnung vom 10. Dezember 2019 (Bl. 479 ff. BA) geführt hat. Es wurde insbesondere ausgeführt, dass am Tag der Kursprüfung die Teilnehmerliste noch nicht von den am Kurstag anwesenden Teilnehmenden unterzeichnet gewesen sei (Unterrichtsbeginn 8:00 Uhr, Zeitpunkt der Prüfung 9:10 Uhr) und dass bei vier Teilnehmenden die Unterschriftenfelder bei Abwesenheit nicht ordnungsgemäß durchgestrichen gewesen seien. Zudem sei im Rahmen der Verwaltungsprüfung aufgefallen, dass für eine Person der Einstufungstest nicht vollständig vorgelegen habe. Weiter hätten nicht von allen Teilnehmenden Berechtigungsscheine vorgelegen. Ohne die Vorlage der Teilnahmeberechtigung fehle die Grundlage der geförderten Teilnahme am Integrationskurs. Schließlich seien bei einigen Teilnehmenden nicht die entsprechenden Entschuldigungsnachweise vorgefunden worden, die deren Abwesenheit am Kurs plausibilisierten. Besonders schwerwiegend seien die nicht vorhandenen Nachweise über die Fehlzeiten bei der Person mit PKZ: … (23 nicht zu vertretende Fehlstunden). Die Person sei von der Ausländerbehörde verpflichtet und müsse daher bereits ab dem 2. Kurstag ein ärztliches Attest vorlegen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Abmahnungsschreiben Bezug genommen.
8
Am 25. Oktober 2019 wurde bei der Antragstellerin eine sog. „DTZ-Prüfung“ durchgeführt, die zu einer schriftlichen Ermahnung vom 12. Februar 2020 (Bl. 529 ff. BA) geführt hat. Es wurde insbesondere ausgeführt, dass das zulässige Limit der zu prüfenden Teilnehmer bei der mündlichen Prüfung gemäß § 7 Nr. 4 Abs. 2 der telc Durchführungshinweise durch die Prüfkraft Frau … mit zwei Teilnehmenden überschritten worden sei. Die Ermahnung beziehe sich auf die Prüfstellenzulassung, nicht auf die Kursträgerzulassung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Ermahnungsschreiben Bezug genommen.
9
Am 29. April 2020 beantragte die Antragstellerin die Folgezulassung als Kursträger.
10
Mit Bescheid vom 4. August 2020 (Bl 608 ff. BA) wurde der Antragstellerin die Folgezulassung zur Durchführung von allgemeine Integrationskursen, befristet auf ein Jahr, erteilt. Als Grund für die Befristung wurde ausgeführt, dass zum Zeitpunkt des Folgezulassungsantrags das Qualitätsmanagementzertifikat gefehlt habe sowie Prüfbescheide mit negativen Ergebnissen (zwei Abmahnungen und eine Ermahnung mit Schreiben vom 28. Februar 2019, 10. Dezember 2019 und 12. Februar 2020) vorlägen. Auch die fehlende Teilnahme an Träger-Netzwerktreffen für diesen Zulassungszeitraum sei negativ zu werten. Im Anschluss hieran erfolgte eine automatische Verlängerung der Folgezulassung mit Bescheid vom 2. Juni 2021 bis zum 30. Juni 2022 (Bl. 634 ff. BA).
11
Am 20. Juli 2021 wurde bei der Antragstellerin erneut eine Kurs- und Verwaltungsprüfung durchgeführt. Mit Schreiben vom 13. August 2021 (Bl. 812 ff. BA) wurde der Antragstellerin Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Mit Schreiben vom 12. Oktober 2021 (Bl. 834 ff. BA) nahm die Antragstellerin ausführlich zu den vorgeworfenen Verstößen Stellung. Mit Schreiben vom 24. Februar 2022 (Bl. 852 ff.) wurde die Antragstellerin erneut schriftlich abgemahnt. Es wurde insbesondere ausgeführt, dass bei zwei Teilnehmenden das Unterschriftenfeld nicht gestrichen worden sei. Zudem sei gegen die Verpflichtung, den Lehrkräften mit Wirkung ab dem 1. Februar 2021 ein Honorar von mindestens 41 EUR pro Unterrichtseinheit zu zahlen, verstoßen worden. Die Lehrkraft Frau … habe am 20. Juli 2021 angegeben, ein Honorar in Höhe von 35 EUR pro Unterrichtseinheit zu erhalten. Weiter sei eine Person angemeldet worden, die nur die Kopie eines Berechtigungsscheins vorgelegt habe. Dies sei unzulässig. Eine Kursaufnahme hätte nicht erfolgen dürfen. Im Rahmen der Verwaltungsprüfung sei festgestellt worden, dass mehrere Personen bei Abwesenheit keinen Entschuldigungsnachweis vorgelegt hätten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Abmahnungsschreiben Bezug genommen.
12
Mit am 24. Mai 2022 beim Bundesamt eingegangenem Antragsformular (Bl. 887 ff. BA) stellte die Antragstellerin einen weiteren Antrag auf Folgezulassung.
13
Mit Bescheid vom 8. August 2022 wurde der Antragstellerin die Zulassung zur Durchführung von allgemeinen Integrationskursen nicht erteilt (Ziffer 1). Die Zulassung für die Abnahme der Abschlusstests nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 IntV wurde nicht erteilt (Ziffer 2). In Ziffer 3 wurde tenoriert, dass die Zulassung des Trägers am 30. Juni 2022 endet. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass aufgrund der Gesamtwürdigung der bisherigen Zusammenarbeit eine Folgezulassung nicht ausgesprochen werden könne. Der Kursträger habe nicht nur in der Vergangenheit, sondern auch bis zuletzt, in der im Jahr 2021 durchgeführten Vor-Ort-Kontrolle, nicht die erforderliche Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit an den Tag gelegt. Die negative Bewertung der bisherigen Zusammenarbeit resultiere maßgeblich aus den Erkenntnissen und Feststellungen der Kurs- und Verwaltungsprüfungen als auch Abschlusstestprüfungen vom 20. November 2018, 18. Juli 2019, 25. Oktober 2019 und 20. Juli 2021 sowie den damit in Zusammenhang stehenden Er- und Abmahnungen. Nahezu alle vorgefundenen Verstöße/Beanstandungen seien schwerwiegend und zeugten nicht nur von fehlender Organisation und Verwaltung beim Träger, sondern auch von Unkenntnis bzw. Nichtbeachtung wesentlicher Vorschriften für die Durchführung von Integrationskursen. Vor diesem Hintergrund sei die erforderliche Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit des Trägers zu verneinen. Der Träger habe mehrfach besonders schwere Verstöße begangen, für die er mit Bescheiden vom 28. Februar 2019, 10. Dezember 2019 und 24. Februar 2022 abgemahnt worden sei. Auch die fehlende Teilnahme an Träger-Netzwerktreffen sei negativ zu berücksichtigen. Darüber hinaus gestalte sich auch die Zusammenarbeit mit dem Träger enorm zeitintensiv und personalintensiv. Der Kursträger verfüge trotz aller Bemühungen bis dato über unzureichende Kenntnisse des Integrationskursgeschehens. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bescheid Bezug genommen.
14
Am 16. August 2022 erhob die Antragstellerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 8. August 2022. Zur Begründung des Widerspruchs wiederholte der Bevollmächtigte der Antragstellerin im Wesentlichen die Ausführungen der Antragstellerin, die diese mit Schreiben vom 12. Oktober 2021 (Bl. 834 ff. BA) als Reaktion auf die Kurs- und Verwaltungsprüfung vom 20. Juli 2021 gemacht hatte.
15
Mit Widerspruchsbescheid vom 9. November 2022 wurde der Widerspruch der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 8. August 2022 zurückgewiesen.
16
Am 8. Dezember 2022 ließ die Antragstellerin mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 7. Dezember 2022 Klage gegen den Bescheid vom 8. August 2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. November 2022 erheben, die unter dem Aktenzeichen AN 6 K 22.02584 anhängig ist.
17
Bereits am 26. September 2022 ließ die Antragstellerin beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg einen Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO stellen, der mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 13. Oktober 2022 an das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach verwiesen wurde.
18
Zur Begründung führt der Bevollmächtigte der Antragstellerin im Wesentlichen aus, dass auf die Widerspruchsbegründung Bezug genommen werde. Der angefochtene Bescheid befasse sich bei der Begründung mit Vorfällen, die vor der letzten Zulassung erfolgt seien und die nach Auffassung der Antragstellerin stets vollständig ausgeräumt worden seien, sodass die Zulassung wieder zugesprochen worden sei. Eine Ausnahme stelle Punkt 4 auf Seite 3 dar, wo ausgeführt werde: „Der Kursträger erhielt mit Bescheid vom 24.02.2022 für die am 20.07.2021 durchgeführte Kurs- und Verwaltungsprüfung eine Abmahnung. Mit besonderer Schwere zu konstatieren waren unter anderem die Unterschreitung der vom Bundesamt festgesetzten Honoraruntergrenze, die wiederholte Nicht-Streichung von Unterschriftenfeldern auf der Unterschriftenliste, die unrechtmäßige Aufnahme eines Teilnehmenden in einen Kurs (Aufnahme ohne Originalberechtigungsschein) und wiederholte unzureichende bzw. nicht vorhandene Fehlzeitennachweise.“ Zum Vorwurf der Unterschreitung der Honoraruntergrenze habe die Antragstellerin in ihrem Schreiben vom 14. Oktober 2021 (zutreffend: 12. Oktober 2021, Bl. 834 ff. BA) an das Bundesamt ausgeführt, dass am 22. Februar 2021 der pandemiebedingte Lockdown geendet habe. Es sei verständlicherweise auch zu Verzögerungen bei der Umsetzung von inzwischen erfolgten Änderungsanweisungen gekommen. Außerdem sei bei der Honorar-Änderung die Interpretation des Zeitpunktes der Änderung nicht ganz klar gewesen. Es sei verwirrend gewesen, dass Honorarerhöhungen während des laufenden Kurses umgesetzt werden sollten. Bereits am darauffolgenden Tag der Kontrolle sei rückwirkend bis Februar 2021 die Differenz zwischen 35 EUR und 41 EUR nachweislich nachvergütet worden. Zum Vorwurf der wiederholten Nicht-Streichung von Unterschriftsfeldern auf der Unterschriftenliste habe die Antragstellerin in ihrem Schreiben vom 14. Oktober 2021 ausgeführt, dass es durchaus an der Tagesordnung sei, das Unterschriftenfeld unmittelbar nach dem Unterricht mit einem Querstrich durchzustreichen. Die beiden Teilnehmer, bei denen beanstandet worden sei, dass die Unterschriftsfelder nicht durchgestrichen gewesen seien, seien bereits am ersten Tag des dritten Moduls abgemeldet worden. Sie hätten im Modul 3 an keinem Tag den Unterricht besucht und würden dementsprechend auch nicht abgerechnet. Zum Vorwurf der unberechtigten Aufnahme eines Teilnehmers ohne Originalberechtigungsschein habe die Antragstellerin in ihrem Schreiben vom 14. Oktober 2021 ausgeführt, dass sich der Teilnehmer … am 30. November 2020 mit einer Kopie des Berechtigungsscheins für den Integrationskurs beginnend am 1. Dezember 2020 angemeldet habe. Ab dem 3. Dezember 2020 habe es einen Unterrichtsstopp wegen des Corona-Lockdowns gegeben. Am 22. Februar 2021 sei der Unterricht in Präsenz weitergeführt worden. Erst am 19. März 2021 habe der Teilnehmer den Original-Berechtigungsschein mit der Bescheinigung der ordnungsgemäßen Teilnahme am Unterricht des anderen Trägers, der den Kurs bedauerlicherweise online durchgeführt habe, vorgelegt. Der Teilnehmer habe der Aufforderung, den Original-Berechtigungsschein vorzulegen, nicht nachkommen können, da der angeordnete Lockdown erfolgt sei. Dass der Teilnehmer nach dem 22. Februar 2021 kurzzeitig unrechtmäßig bei zwei Trägern den Unterricht zu verschiedenen Zeiten besucht habe, habe er eingesehen und bedauert. Er wolle eventuell Schadensersatz leisten. Sein Problem sei der Online-Unterricht gewesen, bei dem er keinen Lernerfolg habe verzeichnen können. Zum Vorwurf der unzureichenden bzw. nicht vorhandenen Fehlzeitennachweise habe die Antragstellerin in ihrem Schreiben vom 14. Oktober 2021 ausgeführt, dass die Fehlzeitennachweise in einem Ordner untergebracht gewesen seien und, da dieser überfüllt gewesen sei, weitere Nachweise in einem gesonderten großen Briefumschlag abgelegt gewesen seien, die der Regionalkoordinatorin erst bei ihrer Reklamation zugeschickt worden seien. Dies verstoße nicht gegen den Grundsatz einer ordnungsgemäßen Verwaltung, da alle Nachweise örtlich zusammen abgelegt gewesen seien, wenn auch nicht in einem einzigen Ordner. Ergänzend zur Stellungnahme der Antragstellerin vom 12. Oktober 2021 führt ihr Bevollmächtigter aus, dass im Ablehnungsbescheid angegeben werde, dass die Zulassung aufgrund der Gesamtwürdigung der bisherigen Zusammenarbeit nicht ausgesprochen werden könne. Dass eine Folgezulassung allein abhängig sei von der Zusammenarbeit mit dem Bundesamt, sei nicht nachvollziehbar. In der Ablehnung werde außerdem hingewiesen, dass dem Träger negativ angerechnet werde, an einigen Netzwerktreffen nicht teilgenommen zu haben. Dazu sei zu sagen, dass die Termine alle in der Zeit vor der letzten bewilligten Zulassung gelegen hätten. Des Weiteren werde darauf verwiesen, dass die Termine festgesetzt und nicht abgefragt würden. Für die Treffen, die nicht hätten besucht werden können, sei jeweils eine Entschuldigung erfolgt. Ein weiterer Punkt im Ablehnungsbescheid sei der Vorwurf, die negative Bewertung der Zusammenarbeit resultiere u.a. aus den Abschlussprüfungen vom 20. November 2018, 18. Juli 2019, 25. Oktober 2019 und 20. Juli 2021. Unabhängig davon, dass auch diese Daten vor der letzten Zulassung lägen, werde darauf hingewiesen, dass zu diesen Daten keine Abschlussprüfungen des Trägers stattgefunden hätten. Hier müsse ein Irrtum vorliegen. Der ablehnende Bescheid verstoße daher insbesondere gegen den verfassungsrechtlich geschützten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Dies sei insbesondere dadurch ersichtlich, dass Vorgänge aus der Vergangenheit aufgeführt worden seien, die nach der Auffassung der Antragstellerin auch restlos hätten geklärt werden können. Der Bescheid stelle auch einen schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte der Berufsfreiheit und Berufsausübung dar. Die Vorwürfe der Antragsgegnerin seien nicht substantiiert und auch objektiv fehlerhaft. Dies werde insbesondere durch das bis 30. September 2025 gültige Zertifikat der Deutschen Akkreditierungsstelle bewiesen, mit dem der Antragstellerin bescheinigt werde, dass sie gemäß § 178 SGB III die erforderliche Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit besitze. Der Antragstellerin, die seit mehr als 30 Jahren als Lehrkraft in Deutsch tätig sei, solle die Berufsausübung untersagt werden. Der Antragstellerin sei die Existenz entzogen worden. Sie verfüge nur über eine sehr geringfügige Rente, von der sie ihren Lebensunterhalt nicht bestreiten könne. Corona habe ihre Reserven aufgebraucht. Sie müsse täglich ca. acht bis zehn Personen abweisen, die sich für einen Deutschkurs anmelden wollten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 26. September 2022, die beigefügte Widerspruchsbegründung vom 7. September 2022 und das Schreiben der Antragstellerin an das Bundesamt vom 12. Oktober 2021 Bezug genommen.
19
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß:
Der Antragsgegnerin wird im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO aufgegeben, der Antragstellerin die Zulassung zur Durchführung von allgemeinen Integrationskursen gemäß ihrem Folgezulassungsantrag vorläufig zu erteilen.
20
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag kostenpflichtig abzuweisen.
21
Zur Begründung wird mit Schriftsatz vom 27. Oktober 2022 im Wesentlichen ausgeführt, dass die Antragstellerin keinen Anordnungsanspruch glaubhaft machen könne, der die Antragsgegnerin dazu verpflichten würde, die Antragstellerin vorläufig als Trägerin von Integrationskursen zuzulassen. Die Zulassung von Kursträgern für Integrationskurse erfolge auf Basis von § 43 AufenthG in Verbindung mit den Normen der Integrationskursverordnung. Nach den Regelungen der Integrationskursverordnung könne sich das Bundesamt dabei für die Durchführung von Integrationskursen mit privaten Trägern behelfen, welche vom Bundesamt im Rahmen eines Zulassungsverfahrens zugelassen würden. Im Rahmen dieses Zulassungsverfahrens müssten die potentiellen Kursträger besondere Anforderungen erfüllen; insbesondere müssten sie nachweisen, zuverlässig, gesetzestreu und ausreichend leistungsfähig zu sein, vgl. § 18 Abs. 1 IntV. Da der potentielle Kursträger mithin eine staatliche Aufgabe wahrnehme und als zugelassener Kursträger einen Handlungsspielraum habe, seien hohe Anforderungen an das Zulassungsverfahren zu stellen, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der nicht unerheblichen Zuwendung von staatlichen Mitteln. Zugelassene Kursträger nach der Integrationskursverordnung unterlägen vielfältigen Verpflichtungen, namentlich den Verpflichtungen aus den Nebenbestimmungen zur Zulassung und den Verpflichtungen aus den Abrechnungsrichtlinien. Insbesondere im Bereich der Abrechnung müssten Kursträger ein hohes Maß an Sorgfalt, Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit zeigen. Mit der Zulassung eines Kursträgers begründe sich quasi ein Vertrauensvorschuss dahingehend, dass der Kursträger ordnungsgemäß arbeiten werde. Dabei seien im Rahmen der Folgezulassung von Kursträgern dieselben Bewertungskriterien anzulegen wie bei der Erstzulassung. Grundsätzlich erreiche die Antragstellerin die für die Folgezulassung notwendige Punktzahl; die ablehnende Entscheidung beruhe jedoch darauf, dass sich die Antragstellerin im Rahmen einer Gesamtschau aufgrund der Erfahrungen in der Vergangenheit als nicht zuverlässig und leistungsfähig gezeigt habe. Im Einzelnen seien folgende Gründe für die ablehnende Entscheidung ausschlaggebend: Am 20. November 2018 sei eine Kurs- und Verwaltungsprüfung erfolgt, bei welcher festgestellt worden sei, dass die Antragstellerin eine nicht zugelassene Lehrkraft eingesetzt habe, welche den Kurs … geleitet habe. Außerdem sei die Unterschriftenliste, in welche sich die Teilnehmenden eintragen müssten, im Zeitpunkt der Kontrolle nicht vorhanden gewesen. Im Übrigen seien die im Rahmen der Abrechnungsrichtlinien (AbrRL) geforderten Nachweise über Entschuldigungen im Zeitpunkt der Verwaltungsprüfung nicht vorhanden gewesen. Dieses Verhalten sei mit dem Abmahnungsschreiben vom 28. Februar 2019 gegenüber der Antragstellerin sanktioniert worden. Am 18. Juli 2019 sei eine Kurs- und Verwaltungsprüfung erfolgt, bei welcher festgestellt worden sei, dass die Unterschriftenliste, in welche sich die Teilnehmenden einzutragen hätten, von den anwesenden Teilnehmenden noch nicht unterzeichnet gewesen sei. Auch habe die Antragsgegnerin bei der Verwaltungsprüfung am 18. Juli 2019 festgestellt, dass die Einstufungsunterlagen nicht für alle Teilnehmenden des Kurses …, Modul 6, vorgelegen hätten. Im Übrigen seien die im Rahmen der Abrechnungsrichtlinien (AbrRL) geforderten Nachweise über Entschuldigungen zum Zeitpunkt der Verwaltungsprüfung für den Kurs …, Modul 3 und Modul 6, nicht in ausreichendem Maße vorhanden gewesen. Das aufgezeigte Verhalten sei mit dem Abmahnungsschreiben vom 10. Dezember 2019 gegenüber der Antragstellerin sanktioniert worden. Am 25. Oktober 2019 habe die Antragsgegnerin die Durchführung des DTZ durch die Antragstellerin geprüft. Dabei sei aufgefallen, dass entgegen den DTZ-Durchführungshinweisen der telc vom 1. Januar 2019 zu viele Prüfdurchgänge pro Tag von einer Prüfkraft erfolgt seien. Ausweislich von § 7 Nr. 4 Abs. 3 der Durchführungshinweise zum Deutsch-Test für Zuwanderer, Stand 1. Januar 2019, seien DTZ-Prüfstellen verpflichtet, sicherzustellen, dass Prüfende maximal 13 Prüfungsdurchgänge pro Tag ablegten. Die DTZ-Prüfkraft habe diese Zahl um zwei Durchgänge überschritten und habe an diesem Tag insgesamt 15 Prüfungsdurchgänge durchgeführt. Das vorgenannte Verhalten sei mit dem Ermahnungsschreiben vom 12. Februar 2020 gegenüber der Antragstellerin sanktioniert worden. Am 20. Juli 2021 habe die Antragsgegnerin bei der Antragstellerin eine Kurs- und Verwaltungsprüfung durchgeführt. Dabei habe die Antragsgegnerin u.a. festgestellt, dass die Antragstellerin die mit Trägerrundschreiben (TRS) 23/20 vom 10. Dezember 2020 durch die Antragsgegnerin neu festgesetzte Honoraruntergrenze von nun an 41 EUR anstatt 35 EUR gegenüber den freiberuflichen Lehrkräften nicht eingehalten habe. In Anlage 1 des TRS 23/20 werde ausgeführt, dass „für bereits zugelassene Integrationskursträger (…) die Vergütungsgrenze von 41,00 Euro spätestens ab dem 01.02.2021 [gilt]“. Soweit die Antragstellerin in der Widerspruchsbegründung auf Seite 3 unten ausführe: „[…] bisher erfolgten Änderungen in den meisten Fällen nur jeweils zu Beginn neuer Kurse“, werde daraus deutlich, dass die Antragstellerin sich nicht sorgfältig informiert habe. Wie die Antragstellerin ausführe, sei in den „meisten Fällen“ eine Umsetzung von Änderungen nur zu Beginn neuer Kurse erfolgt. Dadurch sei der Antragstellerin bewusst gewesen, dass es durch die Antragsgegnerin eben keine regelhafte Umsetzung von Änderungen nur zum Beginn neuer Kurse gegeben habe – offensichtlich habe es auch schon Ausnahmen in Form von rückwirkenden Umsetzungen durch die Antragsgegnerin gegeben. Dadurch habe sich die Antragstellerin eben nicht auf ein wie auch immer aussehendes Muster verlassen können. Im Übrigen sei das TRS 23/20 eindeutig in Bezug auf die Umsetzung der Honoraruntergrenze für freiberufliche Lehrkräfte. Ferner seien die anstehenden Änderungen zur Honoraruntergrenze auch auf den Netzwerktreffen durch die zuständige Regionalkoordinatorin in vielfältiger Weise erläutert worden. Die Antragstellerin beziehungsweise eine Vertretung sei bei dem Netzwerktreffen nicht anwesend gewesen. Zu dem von der Antragstellerin in der Antragsschrift aufgeführten Verhalten der Antragsgegnerin, wonach die für die Netzwerktreffen festgesetzten Termine nicht abgefragt würden, werde ausgeführt, dass die Termine – aufgrund der Vielzahl von Teilnehmenden – festgesetzt werden müssten. Im Übrigen werde die Antragstellerin auf den Zulassungsantrag verwiesen, in dem die Antragstellerin mit ihrer Unterschrift bestätigt habe, an den Netzwerktreffen teilzunehmen. Ferner seien der Antragstellerin die Termine in der Regel mit ausreichendem zeitlichem Vorlauf bekanntgegeben worden, sodass sich die Antragstellerin hierauf organisatorisch hätte einrichten können. Im Übrigen hätten sich bei der Kontrolle am 20. Juli 2021 erneut Mängel in der Führung der Unterschriftenliste gezeigt, sowie bei der Dokumentation der Entschuldigungsnachweise. Soweit die bereits abgemeldeten Teilnehmer nicht zur Abrechnung kämen, so sei auszuführen, dass die Antragstellerin die Teilnehmenden trotzdem hätte streichen müssen, der Wortlaut der Abrechnungsrichtlinien (AbrRL) sei insoweit klar. § 2 Abs. 4 AbrRL in der Fassung vom 1. August 2021 sage: „Erscheint ein Teilnahmeberechtigter nicht zum Unterricht, ist sein Unterschriftsfeld unmittelbar nach Unterrichtsende mit einem Querstrich durchzustreichen.“ Auch die Dokumentation der Fehlzeitennachweise sei eindeutig geregelt. In der AbrRL werde in § 3 Abs. 3 auf den Fehlzeitenkatalog im Rahmen der Abrechnung der Integrationskurse verwiesen. Im Fehlzeitenkatalog im Rahmen der Abrechnung der Integrationskurse sei geregelt: „Nachweise der Teilnahmeberechtigten über entschuldigte Abwesenheitszeiten verbleiben beim Kursträger und sind im Falle einer Vor-Ort-Prüfung oder auf Anforderung des Bundesamtes vorzulegen.“ Ein nachträgliches Zuschicken von Fehlzeitennachweisen sei damit nicht ausreichend. Die Fehlzeitennachweise hätten bei der Kontrolle am 20. Juli 2021 vorliegen müssen. Im Übrigen seien auch die zugeschickten Fehlzeitennachweise bei einer großen Anzahl von Teilnehmenden nicht ausreichend gewesen. Beispielhaft sei der Teilnehmende mit der PKZ … mit handschriftlichem Nachweis für die Abwesenheit vom 3. Oktober 2019 – 4. Oktober 2019 als entschuldigt gewertet worden. Dies sei nicht zulässig gewesen. Der durch die Stadt … verpflichtete Teilnehmende hätte gemäß dem Fehlzeitenkatalog vom 1. August 2018 ein ärztliches Attest vorlegen müssen. Schließlich sei bei der Kontrolle am 20. Juli 2021 festgestellt worden, dass die Antragstellerin einen Teilnehmenden zum Integrationskurs zugelassen habe, obwohl dieser bei der Anmeldung zum Integrationskurs nur die Kopie seiner Teilnahmeberechtigung vorlegen habe können. Die Antragstellerin habe somit entgegen von § 7 Abs. 1 Satz 2 IntV gehandelt und damit einen nicht unerheblichen Verwaltungsaufwand verursacht, obwohl die Antragstellerin es eigentlich hätte besser wissen müssen. Denn integraler Bestandteil des Integrationssystems sei, dass Teilnehmende eine Teilnahmeberechtigung für den Integrationskurs erhalten und diese im Original beim entsprechenden Kursträger vorlegen müssten, damit eine doppelte Abrechnung von Teilnehmenden vermieden werde. Festzuhalten bleibe damit, dass die Antragstellerin in der Antragsschrift und in der Widerspruchsbegründung die Verstöße gegen die AbrRL, die IntV und den Fehlzeitenkatalog im Rahmen der Abrechnung des Integrationskurses selbst einräume. Die Antragstellerin versuche die Verstöße dabei nur zu relativieren. Dieses Verhalten zeige, dass die Antragstellerin kein gesteigertes Interesse an den gesetzlichen Normen zum Integrationskurs und den von der Antragsgegnerin festgelegten Regelungen für Träger von Integrationskursen habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 27. Oktober 2022 Bezug genommen.
22
Mit Schriftsatz vom 31. Oktober 2022 erwidert der Antragstellerbevollmächtigte im Wesentlichen, dass die Antragsgegnerin wiederum auf angebliche Verfehlungen aus den Jahren 2018 und 2019 verweise, die alle ausgeräumt seien. Hinsichtlich der fehlenden Unterschriftenliste am 20. November 2018 sei zu sagen, dass der Kursbeginn um 17:45 Uhr gewesen sei und die Antragsgegnerin nicht verlangen könne, dass die Liste bereits vor Kursbeginn aufgelegt werde. Bei den zwei Teilnehmern, bei denen die Unterschriftenfelder nicht durchgestrichen gewesen seien, sei eine Abmeldung erfolgt. Sie hätten zu keinem Zeitpunkt den Kurs besucht, seien nicht abgerechnet und deshalb auch nicht als „entschuldigt“ oder „nicht entschuldigt“ geführt worden. Richtig sei der Vorwurf der nicht zugelassenen Lehrkraft. Diese sei kurzfristig eingesprungen, da die vorgesehene Lehrkraft kurzfristig erkrankt gewesen sei. Die Antragstellerin habe hier unter dem Gesichtspunkt eines „übergesetzlichen Notstandes“ gehandelt, da es ihr für die Kursteilnehmer als unzumutbar erschienen sei, sie nach Hause zu schicken, wo doch eine Ersatzkraft beschafft werden habe können. Die Antragstellerin, die es als ehrenamtlicher Vorstand des Hauses mit der Integration sehr ernst nehme, habe diesen Fehler bedauert. Im Hinblick auf das Motiv der Antragstellerin dürfe diese objektive Verfehlung aber nicht überbewertet werden. Die Teilnehmerzahl sei niemals überschritten worden. Hinsichtlich der Unterschreitung der Honoraruntergrenze habe die Antragstellerin nach Feststellung ihres Fehlers unverzüglich 237,00 EUR überwiesen. Ein größerer Fehlbetrag sei nicht festzustellen gewesen. Die Antragsgegnerin greife auf angebliche Verfehlungen früherer Jahre zurück und trage formelhaft vor, die Zusammenarbeit mit der Antragstellerin sei „enorm personal- und zeitintensiv“, ohne dies zu begründen. Die überwiegend unbegründeten Abmahnungen dürften hierbei nicht berücksichtigt werden, so dass die Antragsgegnerin im Einzelnen darlegen müsste, welche konkrete Fehlleistungen, die bei der Gesamtbetrachtungsweise noch „übrig“ blieben, besonders zeitintensiv gewesen seien. Dass der Eingriff in die Berufsausübung hier weniger schwerwiegend sei, weil die Antragstellerin sich anderweitig eine Beschäftigung suchen könne, sei nicht nur unrichtig, sondern auch in dieser Begründung unangemessen. Die Antragstellerin sei bereits im Rentenalter, habe also wohl keine Chance, in ihrem alten Beruf unterzukommen; die Ablehnung sei auch so kurzfristig erfolgt, dass für diese Zeit eine andere Anstellung nicht gefunden werden könne. Die Antragstellerin sei nach wie vor der Auffassung, dass die „neuen“ Vorwürfe, also die Vorwürfe, die angeblich nach der alten Zulassung erfolgt seien, nicht substantiiert seien. Sonst hätte die Antragsgegnerin nicht stets auf die Vorfälle aus den früheren Jahren zurückgegriffen.
23
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
24
Nach sachdienlicher Auslegung (§ 88 VwGO) begehrt die Antragstellerin im Wege einer einstweiligen Anordnung, die Antragsgegnerin zu verpflichten, der Antragstellerin die Zulassung zur Durchführung von allgemeinen Integrationskursen gemäß ihrem Folgezulassungsantrag vorläufig zu erteilen.
25
Der zulässige Antrag ist unbegründet, da die Antragstellerin bereits keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat.
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1. Für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO bedarf es der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruches und eines Anordnungsgrundes. Dabei bezeichnet der Anordnungsanspruch denjenigen materiell-rechtlichen Anspruch, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird. Ergibt die summarische Prüfung des von der Antragstellerseite geltend gemachten Begehrens im einstweiligen Rechtsschutzverfahren, dass die Antragstellerseite in der Hauptsache mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein wird, ist das Vorliegen eines Anordnungsanspruches in der Regel zu bejahen.
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Der Anordnungsgrund ergibt sich aus der Notwendigkeit, schon vor einer gerichtlichen Entscheidung in der Hauptsache Rechtsschutz zu gewähren, um entweder zu verhindern, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts der Antragstellerseite vereitelt oder wesentlich erschwert wird, oder um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern.
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Bei alledem ist aber auch noch zu beachten, dass eine einstweilige Anordnung die Entscheidung in der Hauptsache grundsätzlich nicht endgültig vorwegnehmen darf. Dabei käme hier die begehrte einstweilige Anordnung, mit der die Antragstellerin, wenn auch nur vorläufig, zugelassen würde, in ihrer Wirkung letztlich faktisch einer Vorwegnahme der Hauptsache gleich. Eine - zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes dennoch mögliche – ausnahmsweise Vorwegnahme der Hauptsache setzt daher hier voraus, dass die erstrebte Regelung schlechterdings notwendig ist, d.h. wenn die sonst zu erwartenden Nachteile für die Antragstellerin unzumutbar und im Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache spricht (vgl. dazu etwa Kuhle in BeckOK VwGO, Stand 1.7.2022, § 123 Rn. 156a).
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2. Im vorliegenden Fall lässt sich aber schon ein glaubhaft gemachter Anordnungsanspruch (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO) im Sinne zumindest überwiegender Erfolgsaussichten der Antragstellerin im Hauptsacherechtsstreit nicht konstatieren.
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Vielmehr ist bei summarischer, aber doch im Hinblick auf die Folgen der Entscheidung nach § 123 VwGO eingehenderer Prüfung anhand des vorliegenden Sach- und Streitstandes mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Antragstellerin in der zugehörigen Hauptsache – Verpflichtung zur Erteilung der Zulassung zur Durchführung von allgemeinen Integrationskursen – unterliegen wird. Die Antragstellerin wird aller Voraussicht nach eine erneute Zulassung als Kursträger nach § 18 IntV nicht erreichen können. Die Entscheidung der Antragsgegnerin stellt sich voraussichtlich als rechtmäßig dar.
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3. Nach § 18 Abs. 1 der Verordnung über die Durchführung von Integrationskursen für Ausländer und Spätaussiedler – IntV – vom 13. Dezember 2004 (BGBl. I, S. 3370; zuletzt geändert durch Art. 26 des G. v. 10.8.2021, BGBl I, S. 3436) kann das Bundesamt auf Antrag private oder öffentliche Kursträger zur Durchführung der Integrationskurse dann zulassen, wenn sie zuverlässig und gesetzestreu sind (Nr. 1), wenn sie in der Lage sind, Integrationskurse ordnungsgemäß durchzuführen (Leistungsfähigkeit) (Nr. 2) und wenn sie ein Verfahren zur Qualitätssicherung und -entwicklung anwenden (Nr. 3).
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Bei den Voraussetzungen der Zuverlässigkeit (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 IntV) und Leistungsfähigkeit (§ 18 Abs. 1 Nr. 2 IntV) handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe, die gerichtlich vollumfänglich überprüfbar sind. Bei der Auslegung dieser Begrifflichkeiten ist § 43 AufenthG zu beachten, der Aufgaben und Ziele des Integrationskurses sowie die Verantwortlichkeit für die Einhaltung dieser Vorgaben bestimmt. Nach § 43 Abs. 3 Satz 2 AufenthG wird der Integrationskurs vom Bundesamt koordiniert und durchgeführt, wobei es sich hierzu privater oder öffentlicher Träger bedienen kann. Diese Vorgabe wird in § 1 Satz 2 IntV konkretisiert, wonach das Bundesamt die Kurse in der Regel nicht selbst, sondern von privaten oder öffentlichen Trägern durchführen lässt. Dem Bundesamt kommt daher die Aufgabe der Koordination und Steuerung zu, um auch bei einer Vielzahl verschiedenster Träger die Aufgabe des gesetzlichen Auftrags, bundesweit ein einheitliches Grundangebot anzubieten, zu erfüllen. Ausgehend von der Möglichkeit der Teilnahmeberechtigten, den Kursträger frei zu wählen, sind Qualitätskriterien unabdingbar, die eine bundesweit einheitliche Trägerlandschaft gewährleisten. Aus diesem Grund kommt gerade dem Zulassungsverfahren entscheidende Bedeutung zu. Das Verfahren soll Qualität, Wettbewerb und Transparenz schaffen. Um hierfür bundesweit einheitliche Anforderungskriterien sicherzustellen, bedient sich das Bundesamt eines einheitlichen Antragsformulars (§ 19 Abs. 5 IntV) sowie eines Bewertungskatalogs, mit dem es zunächst die Kriterien der Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit konkretisiert, um weitgehend eine bundesweit einheitliche Trägerlandschaft zu gewährleisten.
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Die Grundsätze der Zusammenarbeit mit den Kursträgern finden ihren Niederschlag des Weiteren in den Nebenbestimmungen, die auch Bestandteil der der Antragstellerin bisher erteilten Zulassungen waren. Aus diesen ist ersichtlich, dass die Antragsgegnerin zwar durch die von ihr zur Grundlage der Zusammenarbeit gemachten Konzepte und durch ihre gesetzlich eingeräumte Kontrollfunktion den Rahmen und auch verschiedene Details für die Durchführung der Integrationskurse vorgeben kann. Letztlich muss sie – allein schon damit den unterschiedlichen Teilnehmer- und Lernsituationen Rechnung getragen werden kann und mangels eigener sachlicher und personeller Ressourcen – den Kursträgern gewisse Spielräume einräumen. Nur so können die von der Integrationsverordnung vorgegebenen Aufgaben erfolgreich erfüllt werden. Im Rahmen der Zusammenarbeit zwischen der Antragsgegnerin und dem Kursträger sind auch aufgrund der dabei dem Kursträger einzuräumenden Handlungsspielräume hohe Anforderungen an die von der Antragstellerin zu erfüllende Zuverlässigkeit bei der Aufgabenwahrnehmung zu stellen. Hieraus folgt weiter, dass der Begriff der Leistungsfähigkeit nicht nur die Kapazität meint, die Kurse in Hinblick auf die eigentliche Unterrichtstätigkeit in ordnungsgemäßer Weise durchzuführen. Vielmehr setzt die Leistungsfähigkeit auch voraus, die Kurse verwaltungs- und büromäßig abzuwickeln und dabei in der Lage zu sein, die entsprechenden Tätigkeiten wie die Organisation der Kurse und ihres Verlaufs, die Einstufung und Testung der Teilnehmer, ihre Abwicklung einschließlich Abrechnung gegenüber dem Bundesamt und die Zusammenarbeit mit dem Bundesamt strikt entsprechend den Vorgaben des Bundesamtes selbstständig zu erledigen. Dies ist schon deshalb nötig, damit das Bundesamt nicht in zu hohem Maße mit zusätzlichen Verwaltungsaufgaben belastet wird und sich seiner gesetzlichen Aufgabe, die Integration von Ausländern zu steuern, widmen kann (VG Ansbach, B.v. 7.12.2017 – AN 6 E 17.01820; VG Ansbach, B.v. 18.1.2019, – AN 6 E 18.01990; VG Ansbach, B.v. 24.5.2022 – AN 6 E 22.00975).
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An die Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit sind dabei auch für eine „Folgezulassung“ keine erleichterten Voraussetzungen zugrunde zu legen. Vielmehr besteht insofern der gleiche Maßstab wie für die Erstzulassung gemäß § 18 Abs. 1 IntV. Nach § 20 Abs. 3 Satz 2 IntV kann das Bundesamt bei Wiederholungsanträgen zwar ein vereinfachtes Verfahren vorsehen. Wie aus dem Zusammenhang mit § 20 Abs. 3 Satz 1 IntV deutlich wird, bezieht sich dies allerdings nur auf die formellen Anforderungen an den Zulassungsantrag nach § 19 IntV. Dies betrifft jedoch nicht die materiellen Anforderungen nach § 18 IntV. Vielmehr gibt § 20 Abs. 1 Satz 2 IntV vor, dass bei der Entscheidung über die Erteilung der Zulassung und ihre Dauer auch die Erfahrungen mit der bisherigen Kooperation des Trägers mit dem Bundesamt zu berücksichtigen sind, sodass die Wirkung der damaligen Vorkommnisse für die Frage der Erteilung einer Folgezulassung schon anhand der aufgezeigten gesetzlichen Grundlagen nicht etwa durch die damaligen Abmahnungen „verbraucht“ ist, sondern diese Vorkommnisse – unter Einbeziehung des seitdem verstrichenen Zeitraums und der darin mit dem Träger gemachten weiteren Erfahrungen – auch für die Entscheidung über eine Folgezulassung herangezogen werden können.
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4. Davon ausgehend ist die Entscheidung des Bundesamtes, der Antragstellerin die begehrte Folgezulassung zu versagen, aller Voraussicht nach nicht zu beanstanden. Das Bundesamt ist beim vorliegenden Sach- und Streitstand aufgrund der gemachten Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit der Antragstellerin in deren bisherigen Zulassungszeiträumen, wie sie sich in den vorgelegten Akten widerspiegeln, zu Recht davon ausgegangen, dass es dieser sowohl an der erforderlichen Zuverlässigkeit, was allein schon für die Versagung ausreicht, als auch an der erforderlichen Leistungsfähigkeit fehlt.
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Das Bundesamt hat – in Übereinstimmung mit dem Akteninhalt – in den erteilten Abmahnungen vom 28. Februar 2019, 10. Dezember 2019 und 24. Februar 2022, im Ablehnungsbescheid vom 8. August 2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. November 2022 und in der Erwiderung zum Antrag nach § 123 VwGO gegenüber dem Gericht nachvollziehbar und plausibel dargelegt, welche gravierenden Verstöße gegen die einschlägigen Vorgaben aufgedeckt worden sind.
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Voranzustellen ist, dass die Behauptung des Bevollmächtigten der Antragstellerin in der Widerspruchsbegründung vom 7. September 2022, dass im Ablehnungsbescheid zu Unrecht von Abschlussprüfungen vom 20. November 2018, 18. Juli 2019, 25. Oktober 2019 und 20. Juli 2021 die Rede sei, da zu diesen Zeitpunkten keine Abschlussprüfungen stattgefunden hätten, unzutreffend ist. Entgegen der Vermutung des Antragstellerbevollmächtigten liegt hier kein Irrtum der Antragsgegnerin vor; vielmehr ist er selbst einem Irrtum unterlegen. Das Wort „Abschlussprüfungen“ wird im streitgegenständlichen Bescheid an keiner Stelle erwähnt. Dem Bescheid ist hingegen zu entnehmen, dass an den o.g. Terminen Kurs- und Verwaltungsprüfungen und eine Abschlusstestprüfung stattgefunden hätten. Dies ist nach Aktenlage auch zutreffend; die entsprechenden Prüfergebnisse wurden der Antragstellerin mit Schreiben vom 28. Februar 2019, 10. Dezember 2019, 24. Februar 2020 und 13. August 2021 jeweils gegen Postzustellungsurkunde zugestellt.
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Bei den Kurs- und Verwaltungsprüfungen haben sich gravierende Mängel gezeigt, die von der Antragstellerin größtenteils auch nicht entkräftet werden konnten.
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So wurde bei der Kursprüfung am 20. November 2018 festgestellt, dass eine nicht zugelassene Lehrkraft eingesetzt worden sei. Dieser schwerwiegende Verstoß wird von der Antragstellerin nicht bestritten. Der Versuch, den Verstoß mit der Begründung eines „übergesetzlichen Notstandes“ zu relativieren, zeugt von der fehlenden Einsicht der Antragstellerin. Selbst eine kurzfristige Erkrankung einer zugelassenen Lehrkraft würde es nicht rechtfertigen, den Unterricht von einer nicht zugelassenen Lehrkraft durchführen zu lassen. Vorliegend wurde jedoch nicht nur eine Unterrichtseinheit von einer nicht zugelassenen Lehrkraft durchgeführt, sondern das komplette Modul 5 (Zeitraum: 18.10. – 27.11.2018). Auch vor dem Hintergrund, dass es bereits im Juli 2017 eine Beschwerde eines Kursteilnehmers über unqualifiziertes Personal (italienische Reisebüroangestellte, Rentnerinnen, Schriftsteller) gegeben hat (Bl. 214 BA) und dass dies nach Aussage des damaligen Regionalkoordinators vom 17. August 2017 auch in anderen Kursen des Trägers vorgekommen sei (Bl. 215 BA), ist dieser Verstoß sehr gravierend, da der Erfolg eines Sprachkurses maßgeblich vom Einsatz einer qualifizierten Lehrkraft abhängt. Ein weiterer schwerer Verstoß am 20. November 2018 war die nicht vorhandene Unterschriftenliste im Zeitpunkt der Kontrolle. Bei der Führung der Unterschriftenlisten handelt es sich um ein Kernstück des notwendigen Vertrauensvorschusses und mithin auch bei der Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit eines Integrationskursträgers, da die unterrichtstägliche Befüllung der Signaturlisten bei äußerst geringen Kontrollmöglichkeiten des Bundesamtes sowohl unmittelbar das von der Antragsgegnerin an den Träger zu leistende finanzielle Entgelt als auch mittelbar die Einwirkung auf die Teilnehmer zwecks möglichst erfolgreicher Integrationsbemühungen durch intensive Teilnahme betrifft. Der Rechtfertigungsversuch des Bevollmächtigten der Antragstellerin für die fehlende Unterschriftenliste am 20. November 2018 mit einem Kursbeginn erst um 17:45 Uhr (vgl. Seite 2 des Schriftsatzes vom 31. Oktober 2022) ist für die Kammer vor dem Hintergrund, dass die Kursprüfung am 20. November 2018 in der Zeit von 9:40 Uhr bis 10:15 Uhr stattfand (vgl. Bl. 369 BA), nicht nachvollziehbar. Offensichtlich verwechselt der Bevollmächtigte der Antragstellerin die Kursprüfung vom 20. November 2018 mit der Kursprüfung vom 20. Juli 2021, bei der ebenfalls keine Unterschriftenliste vorgefunden wurde. Hier konnte die Beanstandung jedoch ausgeräumt werden, was sich dem Abmahnungsschreiben vom 24. Februar 2022 unschwer entnehmen lässt. Ein weiterer Mangel im Rahmen der Prüfung am 20. November 2018 waren die nicht vorhandenen Nachweise über Entschuldigungen im Zeitpunkt der Prüfung. Dieser Mangel wird von der Antragstellerin nicht bestritten. Offenbar befanden sich die Nachweise über Entschuldigungen bei der Inhaberin der Antragstellerin zu Hause (Bl. 236 BA).
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Bei der Kurs- und Verwaltungsprüfung am 18. Juli 2019 wurden erneut Mängel bei der Unterschriftenliste festgestellt. Zum Zeitpunkt der Prüfung (9:10 Uhr) war die Teilnehmerliste noch nicht von den am Kurstag anwesenden Teilnehmenden unterzeichnet, obwohl der Unterricht bereits um 8:00 Uhr begonnen hatte. Die eingesetzte Lehrkraft Herr … wies lediglich darauf hin, dass die Liste normalerweise zu Kursbeginn von den Teilnehmenden unterzeichnet werde. Die Antragstellerin äußerte sich im Rahmen des Anhörungsverfahrens zu diesem Verstoß nicht. Zudem haben sich erneut Mängel bezüglich der Entschuldigungsnachweise gezeigt. Besonders schwerwiegend sind nicht vorhandene Nachweise über die Fehlzeiten eines Teilnehmers, der von der Ausländerbehörde zur Teilnahme verpflichtet wurde und daher gemäß dem Fehlzeitenkatalog des Bundesamtes vom 1. August 2018 bereits ab dem 2. Kurstag ein ärztliches Attest vorzulegen hatte. Auch von weiteren Teilnehmenden, die gemäß der Abrechnung nicht zu vertretende Fehlstunden hatten, konnten die erforderlichen ärztlichen Atteste nicht vorgelegt werden. Da die Fehlzeitennachweisen zahlungsbegründende Unterlagen darstellen, handelt es sich hierbei um gravierende Beanstandungen.
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Schließlich wurden auch bei der Kurs- und Verwaltungsprüfung am 20. Juli 2021 erhebliche Mängel festgestellt. So wurde festgestellt, dass die ab 1. Februar 2021 gültige Honoraruntergrenze von 41 EUR nicht eingehalten wurde. Dieser Vorwurf wird von der Antragstellerin nicht bestritten, vielmehr führt sie mit Schreiben vom 12. Oktober 2021 aus, dass ihr bei der Honorar-Änderung die Interpretation des Zeitraums der Änderung nicht ganz klar gewesen sei. Sie habe es ein wenig verwirrend gefunden, dass Honorarerhöhungen während des laufenden Kurses umgesetzt werden sollten. Diese Aussage verwundert vor dem Hintergrund, dass die Antragstellerin am 13. Dezember 2020 unterschriftlich bestätigt hat (Bl. 622 BA), die Vergütung aller Honorarlehrkräfte spätestens mit Wirkung ab dem 1. Februar 2021 auf mindestens 41 EUR zu erhöhen. Doch selbst wenn der Antragstellerin der Zeitpunkt für die Honorarerhöhung nicht ganz klar gewesen sein sollte, wäre von einem zuverlässigen Kursträger zu erwarten gewesen, bei Unklarheiten Rücksprache mit dem Bundesamt zu halten. Ein weiterer Mangel war die nunmehr zum dritten Mal festgestellte unzureichende Führung der Unterschriftenliste. Es mag zutreffend sein, dass die nicht durchgestrichenen Unterschriftenfelder zwei Kursteilnehmer betreffen, die bereits am ersten Tag des dritten Moduls abgemeldet wurden und daher nie den Kurs besucht haben. Dies ändert aber nichts daran, dass in § 2 Abs. 4 der Abrechnungsrichtlinie (in der im Zeitpunkt der Kontrolle maßgeblichen Fassung vom 1.7.2021) eindeutig geregelt ist, dass das Unterschriftsfeld unmittelbar nach Unterrichtsende mit einem Querstrich durchzustreichen ist, wenn ein Teilnahmeberechtigter nicht zum Unterricht erscheint und dass kein Unterschriftsfeld frei bleiben darf. Ebenfalls zum dritten Mal wurden Mängel bezüglich der Entschuldigungsnachweise festgestellt. So wurden mehrfach abwesende Kursteilnehmer als entschuldigt geführt, obwohl die in diesen Fällen erforderlichen ärztlichen Atteste nicht vorgelegt wurden. Diesbezüglich wird auf die detaillierte Aufzählung im Abmahnungsschreiben vom 24. Februar 2022 Bezug genommen. Der Stellungnahme der Antragstellerin vom 12. Oktober 2021 kann entnommen werden, dass ihr der Inhalt des Fehlzeitenkatalogs, insbesondere ab welchem Fehltag ein ärztliches Attest vorgelegt werden muss, offenbar nicht geläufig ist. So führt sie aus, dass sie sich daran erinnern könne, dass ihr gesagt worden sei, dass zwei Fehltage ohne Attest möglich seien. Vor dem Hintergrund, dass die Antragstellerin bereits mit Schreiben vom 10. Dezember 2019 wegen fehlender Fehlzeitennachweise abgemahnt und auf die entsprechenden Regelungen hingewiesen wurde und dass der Fehlzeitenkatalog (Stand 1.8.2018) auf der Internetseite des Bundesamtes zugänglich ist, verwundert diese Unkenntnis. Zudem wurde auch mit Trägerrundschreiben 05/18 der Fehlzeitenkatalog (Stand 1.8.2018) übermittelt und es wurde explizit darauf hingewiesen, dass verpflichtete Teilnehmer künftig bei krankheitsbedingten Fehlzeiten bereits ab dem zweiten Krankheitstag ein ärztliches Attest vorlegen müssen. Wie bereits ausgeführt wurde, stellen die Fehlzeitennachweise zahlungsbegründende Unterlagen dar, sodass hier besonders sorgfältig und gewissenhaft gearbeitet werden muss. Von einem zuverlässigen Träger kann erwartet werden, dass die Regelungen bezüglich der Fehlzeitennachweise bekannt sind, insbesondere, wenn diesbezüglich schon einmal eine Abmahnung erfolgt ist. Schließlich wurde bei der Kontrolle am 20. Juli 2021 auch festgestellt, dass die Antragstellerin einen Teilnehmenden zum Integrationskurs zugelassen hatte, obwohl dieser bei der Anmeldung zum Integrationskurs am 30. November 2020 nur die Kopie seiner Teilnahmeberechtigung vorlegen konnte. Dies stellt einen Verstoß gegen § 7 Abs. 1 Satz 2 IntV dar und führte im konkreten Fall dazu, dass sich der Teilnehmer bei zwei Trägern anmelden konnte, was der Antragstellerin erst aufgefallen ist, als am 19. März 2021 der Original-Berechtigungsschein vorgelegt wurde. Die Ausführungen der Antragstellerin, dass der Teilnehmer bedauere, dass er kurzzeitig unrechtmäßig bei zwei Trägern den Unterricht zu verschiedenen Zeiten besucht habe, ändern nichts daran, dass dies erst durch das Fehlverhalten der Antragstellerin ermöglicht wurde.
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Aus Sicht des Gerichts sind die aufgeführten wiederholten Verstöße über einen längeren Zeitraum in ihrer Gesamtschau von solchem Gewicht, dass die gemachten Erfahrungen in der Zusammenarbeit des Bundesamtes mit der Antragstellerin diese weder als zuverlässig noch als hinreichend leistungsfähig i.S. der Tatbestandsvoraussetzungen des § 18 IntV erscheinen lassen. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass der Antragstellerin mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 4. August 2020 die Folgezulassung zur Durchführung von allgemeinen Integrationskursen bis 6. August 2021 erteilt wurde, obwohl im Zeitpunkt des Bescheidserlasses schon mehrere Vorkommnisse aktenkundig waren. Dem Bescheid kann jedoch entnommen werden, dass die Zulassung bewusst auf nur ein Jahr befristet wurde, da das Verhalten des Trägers bzw. die Zusammenarbeit mit dem Träger im vergangenen Zulassungszeitraum Anlass zu Zweifeln an der notwendigen Leistungsfähigkeit sowie Zuverlässigkeit des Trägers nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 und 2 IntV gegeben habe. Im letzten Zulassungszeitraum (9.5.2017 bis 8.5.2020) seien in den Jahren 2018 und 2019 im Rahmen von Kurs- und Verwaltungsprüfungen sowie bei der Durchführung der DTZ-Prüfung jeweils Mängel bei der Organisation und Durchführung der Integrationskurse festgestellt worden, die zu zwei Abmahnungen und einer Ermahnung (datiert auf den 28. Februar 2019, 10. Dezember 2019 und 12. Februar 2020) geführt hätten. Der Kursträger sei seiner Verpflichtung zur Einhaltung und Beachtung der Bestimmungen der Integrationskursverordnung, der Abrechnungsrichtlinie, der Integrationskurstestverordnung sowie den Ausführungshinweisen in Trägerrundschreiben nicht immer nachgekommen. Nach Maßgabe dieser Kriterien sei im Rahmen des dem Bundesamt zustehenden Beurteilungsspielraums die notwendige Gesetzestreue, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit des Kursträgers anzuzweifeln. Zudem mangele es grundlegend an der Mitarbeit im Netzwerk vor Ort, zu der sich der Kursträger in den einzelnen Zulassungszeiträumen verpflichtet habe. Daher werde die Zulassung für ein Jahr erteilt, sodass die Voraussetzungen der Zulassung in relativ kurzer Zeit nochmals vollumfänglich nachgewiesen und beurteilt werden könnten und der Kursträger eine Besserung in der Zusammenarbeit mit dem Bundesamt aufzeigen könne. Die Befristung auf ein Jahr (die aufgrund des Pandemiegeschehens mit Bescheid vom 2. Juni 2021 einheitlich bis zum 30. Juni 2022 verlängert wurde) diente daher nach Auffassung der Kammer als „Warnschuss“, um ein Veränderung im Verhalten der Antragstellerin zu bewirken. Trotz der sehr deutlichen Worte im Bescheid vom 4. August 2020 wurden bei der Kurs- und Verwaltungsprüfung am 20. Juli 2021 erneut Verstöße aufgedeckt, sodass in der Gesamtschau nicht mehr von einer Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit der Antragstellerin auszugehen ist. Hinzu kommt, dass es der Antragstellerin offensichtlich an der notwendigen Einsicht in ihr Fehlverhalten mangelt. So führt sie im gerichtlichen Verfahren aus, dass die Vorgänge in der Vergangenheit restlos geklärt worden seien. Den Abmahnungsschreiben vom 28. Februar 2019 und 10. Dezember 2019 kann jedoch entnommen werden, dass dies mitnichten der Fall ist. Die Beanstandungen konnten jeweils nur teilweise ausgeräumt werden. Hätte die Antragstellerin alle Vorwürfe restlos klären können, wäre sie weder abgemahnt worden, noch hätte sie eine auf nur ein Jahr befristete Zulassung erhalten, in der sehr deutlich Zweifel an der erforderlichen Gesetzestreue, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit des Kursträgers geäußert wurden. Auch mit Blick auf das aktuellste Abmahnungsschreiben vom 24. Februar 2022 versucht die Antragstellerin größtenteils, eigene Fehler in der Organisation zu relativieren und mit angeblich realitätsfernen gesetzlichen Vorgaben, vermeintlich unklaren Handlungsanweisungen oder mit einem Frontenaufbau seitens der Regionalkoordinatorin des Bundesamtes zu entschuldigen. Bei der Beurteilung der dargestellten Mängel und Verstöße der Antragstellerin und unter Berücksichtigung ihrer dagegen vorgebrachten Einwände ist die Kammer daher zu der Auffassung gekommen, dass im Hauptsacheverfahren mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass sich die Zweifel an der Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit der Antragstellerin bestätigen werden, wobei nochmals auf die oben dargestellten Maßstäbe zu verweisen ist. Abschließend ist anzumerken, dass diese Beurteilung entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten der Antragstellerin auch nicht durch das vorgelegte Zertifikat der Deutschen Akkreditierungsstelle vom 1. Oktober 2020 erschüttert wird, da der Antragstellerin mit diesem Zertifikat lediglich die Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit nach § 178 Nr. 1 SGB III bescheinigt wird; nicht hingegen, ob die für das vorliegende Verfahren maßgebliche Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit zur ordnungsgemäßen Durchführung von Integrationskursen gemäß § 18 Abs. 1 IntV gegeben ist. Das vorgelegte Zertifikat dient lediglich dazu, die Anwendung eines Verfahrens zur Qualitätssicherung und -entwicklung gemäß § 19 Abs. 3 IntV nachzuweisen, worauf auch im Trägerrundschreiben 13/17 (Bl. 602 BA) hingewiesen wurde.
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5. Die Frage, ob einer Stattgabe des Antrags das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache hier entgegensteht, kann ebenso wie die Frage, ob ein Anordnungsgrund ausreichend glaubhaft gemacht wurde, mangels Vorliegens eines Anordnungsanspruchs offenbleiben.
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6. Nach alledem ist hier Antragsablehnung geboten. Dementsprechend werden auch die Verfahrenskosten insgesamt der Antragstellerin auferlegt (§ 161 Abs. 1, § 154 Abs. 1 VwGO).
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7. Die Festsetzung des Streitwertes fußt auf § 52 Abs. 1 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG. Die Kammer geht nach der sich aus dem Antrag der Antragstellerin für sie ergebenen Bedeutung der Sache nach ihrem Ermessen unter Berücksichtigung dessen, dass es sich um ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes handelt, davon aus, dass ein Streitwert von 25.000,00 EUR angemessen ist.