Inhalt

VG München, Beschluss v. 22.08.2023 – M 18 S 23.3773
Titel:

Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage, Nachträgliche Auflage zur Betriebserlaubnis, Aufnahmestopp, Mängel, Strukturelle Gefährdung, Kindeswohlgefährdung

Normenketten:
VwGO § 80
SGB VIII § 45
SGB VIII § 47
Schlagworte:
Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage, Nachträgliche Auflage zur Betriebserlaubnis, Aufnahmestopp, Mängel, Strukturelle Gefährdung, Kindeswohlgefährdung
Fundstelle:
BeckRS 2023, 25362

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der am 28. Juli 2023 erhobenen Klage (M 18 K …) gegen den Bescheid vom 26. Juni 2023 wird wiederhergestellt.
II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 26. Juni 2023 mit dem ein Aufnahmestopp als Auflage zur bestandskräftigen Betriebserlaubnis angeordnet wurde.
2
Der Antragsteller betreibt Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe.
3
Mit bestandskräftigen Bescheid vom 1. Februar 2017 wurde dem Antragsteller von der Antragsgegnerin die Erlaubnis gemäß § 45 SGB VIII für den Betrieb einer heilpädagogischen Wohngruppe für 15 Jugendliche in zwei Gruppen erteilt. Als Zielgruppe wurden männliche Jugendliche ab dem Alter von 14 Jahren definiert, die durch Entwicklungsstörungen in ihrer altersgemäßen Persönlichkeitsentwicklung erheblich beeinträchtigt sind und der heilpädagogischen, stationären Unterbringung bedürfen (Ziffer 2.2). Als Ausschlusskriterien wurden männliche Jugendliche mit geistiger und körperlicher Behinderung, manifester Drogen- und Suchtmittelabhängigkeit, akuten psychischen Erkrankungen, die klinisch behandelt werden müssen sowie extremen psychischen Belastungen, die eine therapeutische Unterbringung erfordern, genannt (Ziffer 2.4). Für den Gruppendienst wurden pro Gruppe insgesamt mindestens 5,38 Planstellen mit sozialpädagogischen Fachkräften vorgeschrieben (Ziffer 3.2). Hinsichtlich der Dokumentation wurde festgelegt, dass für alle Betreuten ein auf den individuellen Bedarf abgestimmter interdisziplinärer Erziehungsplan zu erstellen ist, der alle wesentlichen Bereiche der Betreuung, Erziehung und Förderung umfasst. Die Entwicklungen sind zu dokumentieren, der ganzheitliche Betreuungs- und Förderbedarf muss regelmäßig überprüft und fortgeschrieben werden. Für jeden Betreuten ist eine Einzelakte zu führen, die alle notwendigen Angaben und Unterlagen zur Person und die fortlaufende Dokumentation des Maßnahmenverlaufs enthält (Ziffer 5.2). Der tatsächliche Personaleinsatz ist entsprechend der Betreuungszeit und der Arbeitszeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch Dienstpläne nachprüfbar zu dokumentieren (Ziffer 5.4). Zudem wurde festgelegt, dass Ereignisse und Entwicklungen, die geeignet sind, das Wohl der Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu beeinträchtigen (besondere Vorkommnisse), wie zum Beispiel Entweichen, Suizidversuch, schwere Unfälle oder Tod von Betreuten, massives Fehlverhalten von in der Einrichtung betreuten Jugendlichen (gegebenenfalls mit strafrechtlicher Relevanz), … unverzüglich der Aufsichtsbehörde sowie dem örtlichen und dem Fall zuständigen Jugendamt zu melden sind (Ziffer 6.1).
4
Seit dem Jahr 2021 gab es zwischen den Parteien umfangreichen Schriftverkehr und Gespräche, in denen insbesondere Differenzen hinsichtlich der ausreichenden Meldung besonderer Vorkommnisse und des Personalstandes, des Vorliegen von Ausschlusskriterien bei aufgenommenen jungen Menschen sowie der Benennung von Ansprechpartnern thematisiert wurden. Der Antragsgegner äußerte hierbei wiederholt – auch im Hinblick auf ein weiteres Genehmigungsverfahren – Zweifel an der Zuverlässigkeit des Trägers.
5
Mit Schreiben vom 30. Januar 2023 teilte der Antragsgegner dem Antragsteller unter umfangreicher Auflistungen von Einzelfällen mit, dass es diesem zusammenfassend an der Trägerzuverlässigkeit fehle (§ 45 Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 SGB VIII) im Hinblick auf die Mitwirkungs- und Meldepflichten nach den §§ 46 und 47 SGB VIII (§ 45 Absatz 2 Satz 3 Nr. 1 SGB VIII), im Hinblick auf die Einhaltung der Inhaltsbestimmungen der Betriebserlaubnis vom 1. Februar 2017 hinsichtlich Zielgruppe und Ausschlusskriterien (§ 45 Absatz 2 Satz 3 Nr. 3 SGB VIII) sowie an der Gewährleistung der fachlichen Voraussetzungen für den Betrieb der beiden Heilpädagogischen Wohngruppen durch den Träger gemäß § 45 Absatz 2 Satz 2 Nr. 2 SGB VIII aufgrund der nicht den Anforderungen an eine Heilpädagogische Wohngruppe entsprechenden Betreuung der jungen Menschen. Auch wenn möglicherweise nicht jeder Gesichtspunkt für sich allein die Annahme rechtfertigen würde, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Betriebserlaubnis nicht mehr vorlägen, so ergäbe sich doch zumindest aus der Gesamtschau deutlich, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Betriebserlaubnis nicht mehr vorlägen. Gemäß § 45 Absatz 7 Satz 2 SGB VIII könne die Betriebserlaubnis aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für eine Erteilung nach § 45 Absatz 2 SGB VIII nicht mehr vorliegen. Im Rahmen der Ermessensabwägung sei zu prüfen, ob mildere Mittel als der Widerruf der Betriebserlaubnis in Betracht kommen. Die Aufsichtsbehörde erwäge daher als ersten Schritt zur Gewährleistung des Kindeswohls in den beiden Heilpädagogischen Wohngruppen einen Aufnahmestopp. Der Antragsteller erhalte hierzu Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 28. Februar 2023.
6
Mit Schreiben vom … … … nahm der Antragsteller hierzu Stellung und führte insbesondere aus, dass auf Grund der neuen Leitung in der Einrichtung, welche auch neue Strukturen aufbaue, zukünftig besonderer Wert auf die Einholung der Sichtweise der Heimaufsicht gelegt werde und die Fälle einer einvernehmlichen Lösung zugeführt werden sollen. Eine Veranlassung von heimaufsichtlichen Maßnahmen werden daher nicht gesehen.
7
Der Antragsgegner erließ mit bestandskräftigem Bescheid vom 5. April 2023 für den Betrieb der beiden heilpädagogischen Wohngruppen in der Trägerschaft des Antragstellers einen bis zum … … … befristeten Aufnahmestopp zur Gewährleistung des Kindeswohls mit sofortiger Wirkung als Auflage zur Betriebserlaubnis vom … … … Der Sofortvollzug wurde angeordnet. In den Gründen erfolgten umfangreiche Ausführungen zu Einzelfällen. Hinsichtlich der Befristung wurde ausgeführt, dass mit dieser dem Träger Gelegenheit gegeben werde, seine Zuverlässigkeit nach § 45 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII hinsichtlich des Betriebs unter Beweis zu stellen.
8
Im Folgenden erfolgten zwischen den Parteien mehrfach Telefonate sowie ein E-Mail-Austausch.
9
Der Antragsgegner führte wohl am … … … eine unangemeldete örtliche Prüfung der Einrichtung durch.
10
Mit streitgegenständlichen Bescheid vom 26. Juni 2023, zugestellt am 28. Juni 2023, verlängerte der Antragsgegner den mit Bescheid vom 5. April 2023 erteilten Aufnahmestopp für den Betrieb der beiden heilpädagogischen Wohngruppen als Auflage zur Betriebserlaubnis vom … … … zur Gewährleistung des Kindeswohls für weitere 3 Monate befristet bis … … … (Ziffer 1 des Bescheids). Die sofortige Vollziehung wurde angeordnet (Ziffer 2 des Bescheids).
11
Zur Begründung wurde unter Bezugnahme auf § 45 Abs. 6 Satz 1 und 3 SGB VIII und den Bescheid vom 5. April 2023 sowie ausführlicher Darstellung von Einzelfällen abschließend ausgeführt, dass es sich bei dem nachhaltigen Verstoß gegen Mitwirkungs- und Meldepflichten in Bezug auf Meldungen besonderer Vorkommnisse gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII und dem nachhaltigen wiederholten Verstoß gegen Inhaltsbestimmungen der Betriebserlaubnis zu Zielgruppe und Ausschlusskriterien jeweils um einen Mangel im Sinne von § 45 Abs. 6 Satz 1 und 3 SGB VIII handle. Die pädagogische Betreuung der jungen Menschen in der Einrichtung entspräche aus heimaufsichtlicher Sicht nicht den Anforderungen an eine heilpädagogische Wohngruppe gemäß Betriebserlaubnis vom … … … Hierbei handle es sich ebenso wie bei mehreren Verstößen gegen Mitwirkungs- und Meldepflichten hinsichtlich der Ansprechpartner und Personalbesetzung um einen Mangel im Sinne von § 45 Abs. 6 Satz 1 und 3 SGB VIII. Aufgrund des eingesehenen Dienstplanes für die 25. Kalenderwoche ergebe sich, dass der Gruppendienst nicht hinreichend besetzt sei. Zum Teil bestünden noch zusätzliche Betreuungslücken; auch dies stelle einen Mangel im Sinne von § 45 Abs. 6 Satz 1 und 3 SGB VIII dar. Weniger einschneidende Maßnahmen seien nicht ersichtlich. Die Anordnung des Sofortvollzugs sei erforderlich, da das Wohl der Jugendlichen aufgrund der beschriebenen Mängel und der damit in Zusammenhang stehenden derzeit fehlenden Zuverlässigkeit des Trägers nach § 45 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII in den beiden heilpädagogischen Wohngruppen aktuell nicht sichergestellt sei.
12
Mit Schreiben vom selben Tag wurde der Antragsteller zum beabsichtigten Widerruf der Betriebserlaubnis zum … … … angehört und Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum … … … eingeräumt.
13
Mit Schreiben vom … … … nahm der Antragsteller gegenüber dem Antragsgegner zu dem streitgegenständlichen Bescheid umfangreich Stellung.
14
Der Bevollmächtigte des Antragstellers erhob mit Schreiben vom … … … eingegangen am … … …, beim Verwaltungsgericht München Klage gegen den Bescheid vom 26. Juni 2023 (M 18 K …*).
15
Zudem beantragte er mit Schreiben vom … … …, eingegangen am … … …, beim Verwaltungsgericht München,
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die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers vom … … … gegen den Aufnahmestopp-Bescheid des Antragsgegners vom … … … anzuordnen.
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In der umfangreichen Begründung wird insbesondere ausgeführt, dass dem Antragsteller durch den Aufnahmestopp ein erhebliches tägliches finanzielles Defizit entstehe. Überdies gingen Arbeitsplätze verloren, im Übrigen werde offenkundig eine rechtswidrige Schließung vorbereitet. Trotz vielfältiger, intensiver Bemühungen, einen kooperativen Weg zu finden, die Wünsche und Forderungen der Heimaufsicht zu erfüllen, selbst wenn die Rechtsauffassung bestehe, dass deren Forderungen nicht von Gesetzes wegen gedeckt seien, zeige die Entwicklung – erneuter Aufnahmestopp und Anhörung zwecks Widerrufes der Betriebserlaubnis – dass eine gerichtliche Klärung nunmehr unausweichlich sei. Jedwedes kooperative Verhalten und Bemühen sei fruchtlos gewesen. Der Antragsgegner erwecke durch den vielfältigen Bezug auf eigene Schriftsätze und Nicht-Erwähnen der Stellungnahmen des Antragstellers den Anschein mangelnde Objektivität und Distanz. Die Bewertung und Sichtweise der Heimaufsicht stehe im Gegensatz zu der Bewertung der belegenden Jugendämter, wobei insbesondere umfangreich und mehrfach auf ein Schreiben eines Sozialrats der … … vom … … … Bezug genommen wird.
18
Hinsichtlich der Meldungen besonderer Vorkommnisse gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII wird ausgeführt, dass die Betriebserlaubnis einschließlich deren Grundlagen die Schwelle für meldepflichtige Ereignisse verändere, denn je nach Art und Konzeption der Einrichtung werde die Schwelle für Meldepflichten anders zu bestimmen sein. Vorkommnisse welche Teil der Zielgruppe seien, seien einer nachträglichen Auflage nicht zugänglich und damit auch nicht meldepflichtig. Solange die Pädagogik des Antragstellers sich im Rahmen der Konzeption bewege, bestehe weder ein Nachfragerecht, noch das Recht, diese Pädagogik zu hinterfragen oder zu sanktionieren. Die Pädagogik sei im Rahmen der Betriebserlaubnis bereits geprüft worden. Unter jeweiliger Bezugnahme auf Einzelfälle kommt der Antragsteller zu dem Ergebnis, dass der Vortrag des Antragsgegners nicht substantiiert sei. Die Verstöße würden behauptet, was zurückgewiesen werde. Zudem bestehe für Ereignisse und Entwicklungen die Volljährige beträfen, keine Meldepflicht nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII, da dort nur das „Wohl von Kindern und Jugendlichen“ genannt sei. Es habe sich jeweils nicht um meldepflichtige Ereignisse gehandelt.
19
Hinsichtlich der Thematik „Aufnahme von jungen Menschen in die Einrichtung entgegen der Inhaltsbestimmungen zu Zielgruppe und Ausschlusskriterien“ wird zusammenfassend ausgeführt, dass Experten staatlicher/öffentlich-rechtlicher Gewalt (Jugendamt) aufgrund eigener Expertise die Geeignetheit der Einrichtung für den jeweiligen Jugendlichen geprüft hätten. Da der Gesetzgeber die Heimaufsicht in diesem Verfahren als Beteiligte nicht vorgesehen habe, versuche diese nun über die Behauptung einer Fehlbelegung den Kompetenzstreit im Verhältnis zu den Jugendämtern auf das schwächste Glied, die private Einrichtung, abzuwälzen. Der Vortrag des Antragsgegners sei nicht substantiiert. Verstöße würden behauptet, der Antragsgegner sei in seiner Darstellung nicht objektiv. Es bestehe die Besorgnis der Befangenheit der eingesetzten Mitarbeiter. Mit Bezugnahme auf Einzelfälle wird dargelegt, dass die zuständigen belegenden Jugendämter nicht die Einschätzung des Antragsgegners hinsichtlich der Beurteilung der Erfordernisse der aufgenommenen jungen Menschen teilen würden. Der Antragsgegner verfüge nicht über die erforderliche Expertise die Sachlage bewerten zu können, zudem widerspreche sich der Antragsgegner.
20
Hinsichtlich des Vorwurfs der nicht ausreichenden pädagogischen Betreuung wird ausgeführt, dass professionelles pädagogisches Personal die Pädagogik bezüglich der Jugendlichen durchführe. Es sei zu unterscheiden zwischen der stattfindenden pädagogischen Arbeit und den gefertigten Aufzeichnungen bzw. Notizen. Fehlverhalten von Jugendlichen seien einer Jugendhilfeeinrichtung immanent; dies gelte ganz besonders für die in der Konzeption beschriebenen Jugendlichen. Der Antragsgegner stelle pauschale Behauptungen auf.
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Zudem wurde den Vorwürfen der unklaren Ansprechpartner und der mangelhaften Personalbesetzung entgegengetreten.
22
Abschließend wurde festgehalten, dass zumindest ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Bescheids vorlägen. Im Rahmen der Interessenabwägung überwiege das Interesse des Antragstellers. Der Aufnahmestopp bedeutet das finanzielle Ende der Einrichtung und sei eine faktische Betriebsschließung. Zudem würden 25 Arbeitsplätze verloren gehen. Sollte der Antragsgegner mit dem Aufnahmestopp Erfolg haben, verlören gerade diese Jugendlichen ihr Zuhause, die bereits eine Vielzahl von Einrichtungen hinter sich hätten. Schließlich sei die Anordnung des Sofortvollzugs nicht hinreichend begründet worden.
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Der Antragsgegner legte die Behördenakten elektronisch vor und beantragte mit Schriftsatz vom 9. August 2023, eingegangen am 10. August 2023,
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den Antrag abzulehnen.
25
Zur Begründung wird insbesondere ausgeführt, dass trotz des Aufnahmestopps derzeit deutlich mehr Plätze belegt seien als aufgrund der ausgeprägten personellen Vakanzen im Rahmen des strukturellen Kinderschutzes vertretbar.
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Aus nicht nachvollziehbaren Gründen, weder durch Rechtsprechung noch durch Kommentarliteratur belegt, ziehe der Antragsteller die Schlussfolgerung, Ereignisse seien dann keine meldepflichtigen Ereignisse im Sinne von § 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII, wenn diese bei der konkreten Zielgruppe der Kinder- und Jugendhilfe-Einrichtung häufiger vorkämen. Diese Ansicht könne nicht geteilt werden. Dabei sei auch zu bedenken, dass das jeweilige konkrete Ereignis nicht nur im Hinblick auf den betreffenden jeweiligen jungen Menschen geeignet sein könne, dessen Wohl zu beeinträchtigen. Maßgeblich sei auch, ob das Ereignis geeignet sei, das Wohl der anderen in der Einrichtung betreuten jungen Menschen zu beeinträchtigen. Auch die Ansicht, dass Ereignisse und Entwicklungen ausschließlich Tatsachen meine, die nachträgliche Auflagen gemäß § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII oder den Widerruf der Erlaubnis gemäß § 45 Abs. 7 SGB VIII erforderlich machen würden, werde nicht geteilt. Es treffe nicht zu, dass das Meldewesen ausschließlich dafür da sei, potentielle Defizite der Einrichtung transparent zu machen, wie vom Antragsteller vorgebracht. Schließlich beziehe sich die Meldepflicht gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII auf alle in der Einrichtung betreuten jungen Menschen, auch auf Volljährige. Selbst wenn bei einzelnen aufgelisteten Beispielen darüber diskutiert werden könne, ob diese tatsächlich meldepflichtig im Sinne von § 47 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII gewesen wären, so ergäbe sich doch in der Summe, dass der Antragsteller mehrfach wiederholt meldepflichtige Ereignisse im Sinne von § 47 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII nicht gemeldet habe. Insbesondere Vorkommnishäufungen seien im Rahmen des strukturellen Kinderschutzes in der Gesamtschau zu betrachten. Besondere Vorkommisse seien als negative Einflussfaktoren zu berücksichtigen und ernst zu nehmen im Hinblick auf eine ggf. bereits eingetretene oder auch potentielle Gesamtauswirkung auf die gesamte Betreutengruppe. Pädagogische Risikoanalysen, Krisenprävention und Vorkommnis(nach) bearbeitung-en des Einrichtungsträgers seien daher im Rahmen des strukturellen Kinderschutzes auch der Aufsichtsbehörde transparent darzulegen. Auch die Aufsichtsbehörde habe im Rahmen ihres Prüfauftrags, ob das Kindeswohl in der Einrichtung gewährleistet ist, ein berechtigtes Interesse an Informationen bezüglich der Entwicklung der jungen Menschen in der Einrichtung und insbesondere hinsichtlich der pädagogischen Arbeit mit den dort betreuten jungen Menschen. Der Träger müsse auch im laufenden Betrieb darlegen können, dass die dem Zweck und der Konzeption der Einrichtung entsprechenden fachlichen Voraussetzungen für den Betrieb erfüllt seien und durch den Träger gewährleistet werden (§ 45 Absatz 2 Satz 2 Nr. 2 SGB VIII).
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Schließlich binde die Betriebserlaubnis und die dort genannten Ausschusskriterien den Antragsteller, er könne nicht einfach auf die Expertise der belegenden Jugendämter verweisen. Jegliche Äußerungen von belegenden Jugendämtern hierzu seien aus Sicht der Aufsichtsbehörde eine Kompetenzüberschreitung von Seiten der Jugendämter. Die Ausschlusskriterien seine hinreichend klar definiert, der Antragsteller betreibe Wortklauberei.
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Zudem entspräche aus heimaufsichtlicher Sicht die pädagogische Betreuung der jungen Menschen in den Heilpädagogischen Wohngruppen nicht den Anforderungen gemäß der Betriebserlaubnis. Diese enthalte auch eindeutige Regelungen zur Dokumentation, welche der Antragsteller nicht einhalte. Der Träger sei verpflichtet, Teamkultur samt Dokumentation auch ohne aktive Teilnahme der Aufsichtsbehörde am Team transparent und schlüssig darzustellen. Zudem entnehme die Aufsichtsbehörde der anteilig eingesehenen Gruppenverlaufsdokumentation sowie auch Formulierungen im aktuellen Antrag des Antragstellers nach § 80 Absatz 5 VwGO Hinweise auf Bagatellisierung von Drogenkonsum. Insbesondere würden Hinweise auf pädagogische Überforderung bis hin zu pädagogisch fragwürdigem Umgang mit der Thematik gesehen.
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Der streitgegenständliche Bescheid sei verbunden mit der Anhörung zum Widerruf der Betriebserlaubnis zum … … … Für die derzeit noch in den Heilpädagogischen Wohngruppen untergebrachten jungen Menschen solle damit eine geordnete Verlegung in andere Einrichtungen ermöglicht werden.
30
Mit Beschluss vom 9. August 2023 wurde der Rechtsstreit gemäß § 6 VwGO zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.
31
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten im vorliegenden Verfahren sowie im Verfahren M 18 K … und die vorgelegten umfangreichen Behördenakten sowie Anlagen des Antragstellers verwiesen.
II.
32
Der gemäß §§ 123, 88 VwGO im tenorierten Umfang auszulegende zulässige Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage hat Erfolg.
33
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung. Es hat bei der Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen zwischen dem von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein erforderliche summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf voraussichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich der Bescheid bei dieser Prüfung dagegen als rechtswidrig, besteht kein Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer allgemeinen Interessensabwägung.
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Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ist davon auszugehen, dass der angegriffene Bescheid des Antragsgegners vom … … … rechtswidrig ist und den Antragsteller in seinen Rechten verletzt.
35
Der Antragsgegner stützt den streitgegenständlichen Bescheid auf § 45 Abs. 6 Satz 1 und 3 SGB VIII. Danach können dem Träger einer Einrichtung Auflagen nach § 45 Absatz 4 Satz 2 SGB VIII erteilt werden, wenn festgestellte Mängel im Sinne des § 45 Abs. 6 Satz 1 SGB VIII nicht behoben werden. Gemäß § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII können zur Gewährleistung des Wohls der Kinder und der Jugendlichen nachträgliche Auflagen erteilt werden.
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Indem § 45 Abs. 6 Satz 3 SGB VIII hinsichtlich der Möglichkeit der nachträglichen Auflagenerteilung vollumfänglich auf § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII verweist, müssen für die Erteilung einer Auflage auch die Tatbestandsmerkmale dieser Vorschrift („zur Gewährleistung des Wohls der Kinder und der Jugendlichen“) erfüllt und insbesondere im Rahmen der Ermessensentscheidung einbezogen werden (vgl. auch VG Frankfurt, B.v. 20.8.21 – VG 6 L 289/21 – juris Rn. 6). Nach summarischer Beurteilung ist der Antragsgegner diesem Erfordernis nicht hinreichend nachgekommen.
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Der Gesetzgeber hat mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (KJSG) zum 10. Juni 2023 u.a. auch umfangreiche Änderungen an § 45 SGB VIII vorgenommen. In der Gesetzesbegründung wird ausgeführt, dass durch die Neuformulierung in § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII ein sprachlicher Gleichlauf mit Absatz 2 Satz 1 bewirkt werden solle. Die neue Fassung von § 45 Abs. 6 Satz 3 SGB VIII solle sich einerseits klarstellend auf die bereits in Absatz 4 Satz 2 geregelte Befugnis der (nachträglichen) Auflagenerteilung beziehen. Zum anderen der Bezug auf Absatz 4 Satz 2 bewirken, dass die Auflagenerteilung ausdrücklich mit dem Ziel möglich ist, das Wohl der Kinder und Jugendlichen in der Einrichtung (wieder) zu „gewährleisten“, und damit nun konsequent ebenfalls an die Erteilungsvoraussetzungen aus Absatz 2 Satz 1 anknüpfen (BT-Drs. 19/26107, S. 100).
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Die Erteilung von nachträglichen Auflagen auch nach § 45 Abs. 6 Satz 3 SGB VIII ist dementsprechend nur dann zulässig, wenn dies zur Gewährleistung des Wohls der Kinder und Jugendlichen erforderlich ist. Hingegen genügt es nicht, dass (irgendwelche) Mängel vorliegen. Vielmehr dürften bereits Anlass der Beratungsverpflichtung nach § 45 Abs. 6 Satz 1 SGB VIII nur Mängel sein, die im Hinblick auf das staatliche Wächteramt nicht hingenommen werden können, so dass sie entweder bereits eine aktuelle Gefährdung des Kindeswohls bedeuten oder sich zu einer solchen bei weiterem Verlauf auswirken können. Es geht also nicht um „Bagatellen“, auch nicht darum, den Träger in seinen Vorstellungen zu bevormunden, sondern es muss sich um Mängel handeln, die – wenn sie nicht abgestellt werden – Gegenstand einer Auflage nach § 45 Satz 3 i.V.m. Abs. 4 Satz 2 sein können (vgl. Axel Stähr in: Hauck/Noftz SGB VIII, 2. Ergänzungslieferung 2023, § 45 SGB VIII, Rn. 81; Busse in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 3. Aufl., § 45 SGB VIII (Stand: 15.12.2022), Rn. 81).
39
Der Antragsgegner kann daher die Auflagenerteilung nicht lediglich mit dem Hinweis auf das Vorliegen eines oder auch mehrerer – von ihm angenommenen – Mängel im Sinne von § 45 Abs. 6 Satz 1 SGB VIII und eine sich hieraus ergebende Unzuverlässigkeit des Trägers begründen, sondern hat jeweils darzulegen, weshalb ein solcher „Mangel“ die Gewährleitung des Wohls der Kinder und Jugendlichen gefährden kann.
40
Dies ist vorliegend jedoch nach summarischer Prüfung nicht hinreichend erfolgt. Vielmehr verteidigt der Antragsgegner in seiner Antragserwiderung den streitgegenständlichen Bescheid mehrfach damit, dass das Vorgehen der Aufsichtsbehörde im Rahmen des „strukturellen Kinderschutzes“ (S. 5, 6, 11, 16, 21, 23) erforderlich sei. Wie der Gesetzgeber in der Begründung zur Änderung des § 45 Abs. 7 Satz 2 SGB VIII jedoch explizit ausführt, genüge für eine „strukturelle Gefährdung“ im Sinne des § 45 Abs. 7 Satz 2 SGB VIII die Nichteinhaltung der Erteilungsvoraussetzungen aus § 45 Abs. 2 SGB VIII und erfordere gerade keine konkrete Kindeswohlgefährdung. Ein solche setze hingegen voraus, dass aufgrund von Tatsachen im Einzelfall eine hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass das körperliche, geistige oder seelische Wohl der Kinder oder Jugendlichen Schaden nimmt (BT-Drs. 19/26107, S. 101; vgl. auch Handlungsleitlinien zur Umsetzung des KJSG der Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter vom 23. bis 25. November 2022, Punkt 2.5).
41
Eine solche Kindeswohlgefährdung hat der Antragsgegner jedoch nicht weiter dargelegt. Zwar verlangt auch § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII nicht bereits das Vorliegen konkreter oder akuter Gefahren, sondern lediglich ein entsprechendes Gefahrenpotential (BeckOGK/Janda, 1.6.2023, SGB VIII § 45 Rn. 79.2; Axel Stähr in: Hauck/Noftz SGB VIII, 2. Ergänzungslieferung 2023, § 45 SGB VIII, Rn. 73; Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar SGB VIII, SGB VIII § 45 Rn. 48, 49, beck-online). Ein solches ist jedoch mit einer (lediglich) „strukturellen Kindeswohlgefährdung“ nicht gleichzusetzen (s.o.). Unabhängig von der im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfenden Frage, unter welchen Voraussetzungen von einer einen Widerruf der Betriebserlaubnis nach § 45 Abs. 7 Satz 2 SGB VIII rechtfertigenden „strukturellen Gefährdung“ ausgegangen werden kann (vgl. hierzu kritisch: Axel Stähr in: Hauck/Noftz SGB VIII, 2. Ergänzungslieferung 2023, § 45 SGB VIII, Rn. 97; Busse in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 3. Aufl., § 45 SGB VIII (Stand: 15.12.2022), Rn. 94; BeckOK SozR/Winkler SGB VIII § 45 Rn. 50, 51), sieht das Gericht zumindest im vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahren keine Veranlassung, die Tatbestandsvoraussetzungen des § 45 Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 4 Satz 2 SGB VIII entsprechend der Gesetzesänderung zu § 45 Abs. 7 Satz 2 SGB VIII auszulegen und auch für den Erlass einer nachträglichen Auflage lediglich das Vorliegen einer „strukturellen Gefährdung“ ausreichen zu lassen. Denn insoweit dürfte nicht von einer ungewollten Regelungslücke auszugehen sein, vielmehr dürfte der Gesetzgeber mit seinen umfangreichen Änderungen des § 45 SGB VIII diesen umfassend und abschließend geregelt haben. Unbeantwortet bleiben kann vorliegend auch die Frage, ob eine nachträgliche Auflage im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung als milderes Mittel zu einem Erlaubniswiderruf nach § 45 Abs. 7 Satz 2 SGB VIII ebenfalls die Voraussetzungen des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII einzuhalten hat (und diese Regelung damit abschließend zu verstehen ist) oder nicht (was – soweit erkennbar – in der Kommentarliteratur bisher nicht thematisiert wurde). Denn der Antragsgegner hat den streitgegenständlichen Auflagenbescheid ausschließlich auf § 45 Abs. 6 Satz 3 SGB VIII gestützt.
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Der Antragsgegner begründet im streitgegenständlichen Bescheid die Auflagenerteilung primär damit, dass mehrfache und nachhaltige Verstöße gegen die Mitwirkungs- und Meldepflichten sowie die Regelungen in der Betriebserlaubnis eindeutige Mängel im Sinne von § 45 Abs. 6 Satz 1 und 3 SGB VIII darstellen würden.
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Während er diese von ihm angenommenen Verstöße – auch unter Bezugnahme auf den Bescheid vom 5. April 2023 – jeweils mit der Darstellung von Einzelfällen belegt, unterlässt er es jedoch, die sich daraus seiner Ansicht nach jeweils ergebende Gefährdungssituation aufzuzeigen. Lediglich auf Seite 15 wird unter Bezugnahme auf einen konkreten Vorfall in der Einrichtung ausgeführt, dass dieser verdeutliche, dass das Kindeswohl der in der Einrichtung betreuten jungen Menschen derzeit nicht gewährleistet sei. Zudem wird im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung und der Anordnung des Sofortvollzugs zwar der Gesichtspunkt der „Auswirkung auf das Kindeswohl“ abstrakt genannt (S. 19, 20), jedoch erfolgt auch her keinerlei konkrete Darstellung einer Gefährdungssituation auf Grund der von dem Antragsgegner gerügten Mängel. Zwar mag sich aus einzelnen – von dem Antragsgegner angenommenen – Mängeln eine Gefährdungssituation relativ unproblematisch ableiten lassen. Es obliegt jedoch dem Antragsgegner diese hinreichend darzulegen und im Rahmen der erforderlichen Ermessensentscheidung nach § 45 Abs. 6 Satz 3 SGB VIII zu berücksichtigen, was vorliegend unterblieben ist.
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Bereits auf Grund dessen geht das Gericht nach summarischer Prüfung derzeit davon aus, dass der Bescheid den Anforderungen des Gesetzes nicht genügt, so dass dem Antrag stattzugeben und die aufschiebende Wirkung wiederherzustellen war.
45
Eine Überprüfung der einzelnen Vorwürfe auf ihre Berechtigung hin war daher nicht veranlasst. Das Gericht weist jedoch bereits zum jetzigen Zeitpunkt darauf hin, dass die dem Antragsteller auferlegten Dokumentations- und Meldepflichten gemäß § 47 SGB VIII sowie der bestandskräftigen Auflagen in Ziffer 5.2 und 6. 1 der Betriebserlaubnis von diesem einzuhalten sind und in einem Umfang zu erfolgen haben, der es zulässt, dass die Aufsichtsbehörde ihren Kontrollpflichten – insbesondere in Bezug auf die Einhaltung des Kindeswohls und den Vorgaben der bestandskräftigen Betriebserlaubnis – hinreichend nachkommen kann. Die Ausführungen des Antragstellers, dass die Dokumentation primär im Rahmen des Hilfeplanverfahrens zu erfolgen habe, geht daher fehl, ebenso wie die Annahme, dass Vorfälle mit volljährigen Betreuten generell nicht der Meldepflicht unterlägen. Sofern Hilfe für junge Volljährige geleistet wird, gelten vielmehr die gesetzlichen Regelungen regelmäßig entsprechend auch für diese, was sich vorliegend bereits aus dem Zweck der Mitteilungspflicht nach § 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII – nämlich der Kontrolle der Einhaltung des Wohls der Betreuten – ergibt. Auch die Überprüfung der Belegung entsprechend der Betriebserlaubnis gehört zweifelsfrei zu den Aufgaben der Aufsichtsbehörde und nicht der belegenden Jugendämter. Zwar mag sowohl hinsichtlich der Beurteilung von meldepflichtigen Ereignissen wie auch dem Vorliegen der Ausschlusskriterien häufig ein Spielraum vorhanden sein, der eine eindeutige Bewertung erschwert. Insoweit obliegt es ggf. dem Antragsgegner die Vorgaben hierzu – über die Auflagen in der Betriebserlaubnis hinaus – sinnvoll auszufüllen, Schwellen zu definieren und den Träger ggf. zu beraten. Diese Vorgaben müssen hinreichend bestimmt sein, um sowohl einer strafgerichtlichen (§ 104 Abs. 1 Nr. 3 SGB VIII) als auch einer verwaltungsgerichtlichen Kontrolle zu genügen. Schließlich ist es auch Aufgabe der Aufsichtsbehörde die Einhaltung der Betriebserlaubnis auch hinsichtlich der genehmigten Konzeption zu überprüfen. Grenze einer solchen Überprüfung sind jedoch die genehmigten Konzepte, hingegen können durch die Aufsichtsbehörde (ohne Nachweis einer ansonsten vorliegenden Gefahrensituation) keine weitergehenden Vorgaben, Einwände und pädagogischen Bewertungen gemacht werden. Die Aufsichtsbehörde hat vielmehr bei der Erfüllung ihrer Aufgabe immer auch das Recht des Trägers aus Art. 12 GG zu berücksichtigen, ebenso wie dem Träger zur Aufrechterhaltung seiner Zuverlässigkeit daran gelegen sein muss, die Aufsichtsbehörde bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu unterstützen und hinreichend klar und eindeutig zu informieren.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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Das Verfahren ist nach § 188 Satz 2 VwGO gerichtskostenfrei.