Titel:
Wasserrechtliche Duldungsanordnung für Schutzstreifen
Normenketten:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, § 124a Abs. 4 S. 4, Abs. 5 S. 2
WHG § 92 S. 2, § 93
Leitsätze:
1. Nach § 93 S. 2 iVm § 92 S. 2 WHG darf die Duldungsanordnung nach § 93 S. 1 WHG nur ergehen, wenn das Vorhaben anders nicht ebenso zweckmäßig oder nur mit erheblichem Mehraufwand durchgeführt werden kann. Die Befugnis der Behörde, den Eigentümer oder Nutzungsberechtigten zur Duldung zu verpflichten, ist hiernach eröffnet, wenn eine der beiden Voraussetzungen uneingeschränkt und anhand objektiver Maßstäbe überprüfbar erfüllt ist. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
2. Im bloßen Abwälzen der Duldungsverpflichtung auf ein anderes privates Nachbargrundstück, das in gleichem Umfang in Anspruch genommen würde und bei dem auch ein ähnliches Verhältnis zwischen dem Nutzen für die Allgemeinheit und dem individuellen Nachteil für den Betroffenen bestünde, liegt grundsätzlich keine ebenso zweckmäßige Alternative vor, weil sich die zuständige Behörde sonst stets auf die Belastung eines anderen verweisen lassen müsste, ohne die Duldung der Durchleitung jemals durchsetzen zu können. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Berufungszulassung (abgelehnt), wasserrechtliche Duldungsanordnung für einen Schutzstreifen, Fernwasserleitung, Eichen, zweckmäßige Alternative, privates Nachbargrundstück, Mehrkosten, Ermessen, Entschädigung
Vorinstanz:
VG Ansbach, Urteil vom 23.06.2022 – AN 9 K 21.02013
Fundstelle:
BeckRS 2023, 253
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 23. Juni 2022 für beide Rechtszüge auf jeweils 2.000 EUR festgesetzt.
Gründe
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Der Kläger wendet sich gegen eine wasserrechtliche Duldungsanordnung vom 18. Oktober 2021 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 18. Januar 2022 des Landratsamtes N. a.d. A. - B. W..
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Der Kläger ist Eigentümer des Waldgrundstücks FlNr. 1671 Gemarkung D. Es grenzt in seiner gesamten Länge an einen W.weg (FlNr. 1668).
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Der Beigeladene, ein kommunaler Zweckverband und Trinkwasserversorger, plant, die Wasserleitungen im Bereich … … - D., Baujahr 1964, und D. bis Hochbehälter/Wasserturm H., Baujahr 1966, aus Altersgründen zu erneuern. Die neue Leitung soll aus technischen (Bestandsleitung soll bis zur Inbetriebnahme der neuen Leitung funktionsfähig sein) und räumlichen Zwängen (angrenzende Bebauung) nicht an der Stelle oder neben der Bestandsleitung verlegt werden. Um die Beschränkungen für die betroffenen Grundeigentümer im Bereich des klägerischen Grundstücks möglichst gering zu halten und etwa gleichmäßig zu verteilen, ist vorgesehen, die Leitung möglichst mittig im W.weg (FlNr. 1668) zu verlegen. Da für den erforderlichen Schutzstreifen von 6 m (3 m links und 3 m rechts der Rohrleitungsachse) die Breite des Waldweges nicht ausreicht, soll für den Schutzstreifen das klägerische Grundstück in einer Breite von 1 m bis 1,5 m auf der gesamten Grundstückslänge in Anspruch genommen werden. Für die Dauer der Verlegung ist zudem ein über den Schutzstreifen hinausgehender 12 m breiter Streifen als Baufeld vorgesehen. Auf dem klägerischen Grundstück befinden sich zwei Eichen, von denen eine im künftigen Schutzstreifen liegt und gefällt werden soll. Die andere, im Baufeld gelegene Eiche soll nach den Planungen während der Bauzeit durch entsprechende Maßnahmen vor Beschädigungen geschützt werden.
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Verhandlungen mit dem Kläger über die Eintragung einer Dienstbarkeit zur dinglichen Absicherung des Schutzstreifens blieben erfolglos.
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Mit E-Mail vom 24. August 2021 teilte das Wasserwirtschaftsamt A. mit, dass das Vorhaben zur Sicherung der Trinkwasserversorgung erforderlich sei. Unter Berücksichtigung der Trassierungsgrundsätze stelle die Wahl der Rohr- und Leitungsführung eine zweckmäßige und wirtschaftliche Lösung dar. Eine andere Trassierung würde zu erheblichen Mehrbelastungen benachbarter Grundstückseigentümer führen.
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Die untere Naturschutzbehörde teilte mit Stellungnahme von 8. September 2021 mit, dass es aus natur- und artenschutzrechtlicher Sicht keine Einwände gegen die Fällung der einen Eiche gebe.
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Nach Anhörung des Klägers wurde dieser mit Bescheid vom 18. Oktober 2021 verpflichtet, den Schutzstreifen, wie er sich aus den Plänen zur Erneuerung der Wasserleitung HB H. - AE G. … …, gez. im Juni 2021, ergibt, in dem Umfang und mit den Belastungen, die in dem beigefügten Vorschlag für die Dienstbarkeitsbestellung festgelegt sind, auf seinem Grundstück FlNr. 1671 zu dulden. Zudem wurde der Kläger verpflichtet, während der Bauarbeiten das erforderliche Baufeld von 4,50 m Breite, gemessen von der geplanten L2.strasse auf dem W.weg FlNr. 1668 Gemarkung D., zu dulden, soweit es auf seinem Grundstück FlNr. 1671 liegt (Nr. 1 des Bescheidtenors). Der Beigeladene wurde verpflichtet, dem Kläger für die Duldungen einmalig Schadensersatz in Höhe von 1 EUR/m² zu leisten. Der Waldwert ist im Wege einer Waldentschädigung, deren Höhe durch einen Forstsachverständigen bestimmt wird, zu entschädigen (Nr. 2 des Bescheidtenors).
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Zur Begründung ist im Bescheid ausgeführt, die Duldungsanordnung finde ihre Rechtsgrundlage in § 93 WHG. Sie sei geeignet, die Wasserversorgung mehrerer Ortsteile durch neue Leitungsanlagen weiterhin zu gewährleisten. Sie sei auch erforderlich, da der Eigentümer die Dienstbarkeiten nicht freiwillig unterzeichnet habe. Die Erneuerung der Fernwasserleitung könne anders nicht ebenso zweckmäßig oder nur mit erheblichem Mehraufwand durchgeführt werden und der von dem Vorhaben zu erwartende Nutzen sei erheblich größer als der Nachteil des Betroffenen. Die neue Leitung müsse aus technischen Gründen möglichst geradlinig verlaufen. Andere Trassierungen wären nur mit erheblichem finanziellen Mehraufwand möglich. Eine Verlegung weiter westlich auf der FlNr. 1561/1 sei unverhältnismäßig. Auch wenn auf diesem Grundstück weniger Bäume stünden und der Bestand lichter und jünger sei, rechtfertige das keineswegs, einem Dritten alle Belastungen der Trasse aufzubürden und die Leitung auf dessen Grund zu verlegen. Die beiden alten Eichen auf dem Grundstück des Klägers seien in die Ermessensentscheidung einbezogen worden. Naturschutzrechtliche Einwände seien geprüft worden. Die beiden Bäume stünden weder unter Naturschutz, noch seien sie als Biotope geschützt. Einer der beiden Bäume solle erhalten werden und werde während der Baumaßnahme durch Einzelbaumschutz soweit wie möglich geschützt. Für die Fällung der zweiten Eiche und die Inanspruchnahme von Grund werde der Kläger angemessen entschädigt.
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Die am 18. November 2021 erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 23. Juni 2022 ab. Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Wegen des Zulassungsvorbringens wird auf die Gerichtsakte verwiesen.
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Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe wurden entweder nicht hinreichend dargelegt oder liegen nicht vor (vgl. § 124 Abs. 2, § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).
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A. Aus dem Vorbringen des Klägers ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
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Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen nur, wenn einzelne tragende Rechtssätze oder einzelne erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts durch schlüssige Gegenargumente infrage gestellt werden (vgl. BVerfG, B.v. 16.7.2013 - 1 BvR 3057/11 - BVerfGE 134, 106 = juris Rn. 36; B.v. 9.6.2016 - 1 BvR 2453/12 - NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 16). Sie sind nicht erst dann gegeben, wenn bei der im Zulassungsverfahren allein möglichen summarischen Überprüfung der Erfolg des Rechtsmittels wahrscheinlicher ist als der Misserfolg (vgl. BVerfG, B.v. 16.1.2017 - 2 BvR 2615/14 - IÖD 2017, 52 = juris Rn. 19; B.v. 3.3.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77/83). Schlüssige Gegenargumente liegen vor, wenn der Antragsteller substanziiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - NVwZ 2011, 546/548 = juris Rn. 19; BayVGH, B.v. 12.10.2017 - 14 ZB 16.280 - juris Rn. 2; B.v. 5.9.2022 - 8 ZB 20.3120 - juris Rn. 9). Dabei kommt es grundsätzlich nicht auf einzelne Elemente der Urteilsbegründung an, sondern auf das Ergebnis der Entscheidung, also auf die Richtigkeit des Urteils nach dem Sachausspruch in der Urteilsformel (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 - 7 AV 4.03 - DVBl 2004, 838 = juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 15.12.2017 - 8 ZB 16.1806 - juris Rn. 9; B.v. 5.9.2022 - 8 ZB 20.3120 - juris Rn. 9).
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Nach diesem Maßstab bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Kläger durch die auf der Grundlage des § 93 WHG erlassene Duldungsanordnung nicht in seinen Rechten verletzt ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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1. Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass die geplante Trassenführung der Fernwasserleitung - anders als der Kläger vorträgt - nicht gegen zwingendes Natur- oder Artenschutzrecht verstößt (zum grundsätzlichen Erfordernis der materiellen Rechtmäßigkeit der Durchleitung und der dazu erforderlichen Umsetzungsmaßnahme für eine das Eigentumsrecht einschränkende Duldungsanordnung vgl. Zöllner in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG AbwAG, Stand Feb. 2022, § 93 Rn. 46). Dabei kann offen bleiben, ob sich der Kläger insoweit überhaupt auf eine Verletzung eigener Rechte berufen kann (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Denn jedenfalls ist der Einwand in der Sache nicht berechtigt.
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a. Nach der Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde vom 28. September 2021 und 24. November 2021 (Bl. 121, 177 der Behördenakte) stellt die Verlegung der geplanten Fernwasserleitung zwar einen Eingriff in den Naturhaushalt nach § 14 BNatschG dar, der nach § 15 BNatschG kompensiert werden muss. Hierfür wurde ein landschaftspflegerischer Begleitplan (§ 17 Abs. 4 Satz 3 BNatSchG, § 12 BayKompV) eingereicht. In diesem wurden sämtliche notwendigen Eingriffe genau beschrieben sowie Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen erarbeitet. Zu diesen Maßnahmen zählt unter anderem die Baufeldverkleinerung innerhalb der Waldflächen von 19 m auf 12 m und der Schutz einzelner Bäume am Baufeldrand. Zur Prüfung von artenschutzrechtlichen Verbotstatbeständen durch die Tötung oder Störung nach § 44 BNatSchG geschützter Tier- und Pflanzenarten wurden zusätzlich artenschutzrechtliche Gutachten erstellt. Hierbei sind Vermeidungs- und CEF-Maßnahmen erarbeitet worden. So findet der Gehölzeinschlag zur Vermeidung von Konflikten mit Brutvögeln außerhalb der Vogelbrutzeit (01.10. bis 28.02.) statt. Zur weiteren Sicherung der ökologischen Funktion werden zusätzlich Nist- und Fledermauskästen im Trassenbereich angebracht. Die Einhaltung sämtlicher festgelegter Minderungs-, Vermeidungs- und CEF-Maßnahmen wird durch eine ökologische Baubegleitung gesichert, welche das Vorgehen dokumentiert.
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Inwiefern die vorgesehenen Minderungs-, Vermeidung-, und CEF-Maßnahmen zu unkonkret und Kompensationsmaßnahmen nicht konkret geplant worden sein sollen, legt der Kläger nicht dar, zumal ein landschaftspflegerischer Begleitplan vorliegt, aus dem sich die einzelnen Maßnahmen ergeben. Bei dem in Anspruch genommenen Schutzstreifen handelt es sich entgegen des Vortrags des Klägers auch nicht um ein „Waldbiotop“, das nach § 30 Abs. 2 BNatSchG oder Art. 23 BayNatSchG geschützt wäre (Bl. 177a der Behördenakte).
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b. Auch das Vorgehen bezüglich der beiden auf dem klägerischen Grundstück befindlichen Eichen begegnet entgegen dem Vorbringen des Klägers keinen naturschutzrechtlichen Bedenken.
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Hierzu hat das Erstgericht festgestellt, dass eine Eiche, die lediglich im Baufeld, nicht aber im Schutzstreifen steht, erhalten werden soll (UA S. 15). Die Behauptung, dass diese Eiche während der Baumaßnahmen beschädigt werde, weil das Wurzelwerk in den Schutzstreifen hineinragt, ist durch nichts belegt. Der Schutz der Eiche wird entsprechend der DIN 18920 „Schutz von Bäumen, Pflanzenbeständen und Vegetationsflächen bei Baumaßnahmen“ gewährleistet (Bl. 177 BA). Dass dies nicht ausreichend wäre, ist im Zulassungsantrag nicht dargetan. Die Behauptung, dass diese Eiche wegen der Nähe ihres Wurzelballens zu der Eiche, die gefällt werden muss, absterben würde, kann der Senat schon auf Grund des deutlichen Abstandes zwischen den Bäumen (Bl. 106 BA) nicht nachvollziehen.
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Die Fällung der anderen Eiche, die im Schutzstreifen steht, ist rechtlich zulässig. Insbesondere verstößt die Fällung nach der Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde vom 24. November 2021 nicht gegen natur- oder artenschutzrechtliche Vorgaben (Bl. 177 f. BA). Es wurden keine Habitatstrukturen für nach § 44 BNatSchG geschützte Tierarten festgestellt; eine anderweitige Schutzverordnung liegt nicht vor. Die Eiche liegt auch nicht in einem Naturpark, Landschaftsschutzgebiet oder gesetzlich geschützten Biotop (Bl. 177a BA).
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2. Auch soweit der Kläger geltend macht, dass die Anordnung unverhältnismäßig sei, weil die Trasse ebenso zweckmäßig auf dem Grundstück mit der FlNr. 1561/1 verlaufen könne, ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung.
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Nach § 93 Satz 2 i.V.m. § 92 Satz 2 WHG darf die Duldungsanordnung nach § 93 Satz 1 WHG nur ergehen, wenn das Vorhaben anders nicht ebenso zweckmäßig oder nur mit erheblichem Mehraufwand durchgeführt werden kann. Diese Voraussetzungen stehen in einem Alternativverhältnis (vgl. NdsOVG, B.v. 18.3.2020 - 13 LA 40/19 - ZfW 2020, 184 = juris Rn. 6 m. w. N.). Die Befugnis der Behörde, den Eigentümer oder Nutzungsberechtigten zur Duldung zu verpflichten, ist hiernach eröffnet, wenn eine der beiden Voraussetzungen uneingeschränkt und anhand objektiver Maßstäbe überprüfbar erfüllt ist. Im bloßen Abwälzen der Duldungsverpflichtung auf ein anderes privates Nachbargrundstück, das in gleichem Umfang in Anspruch genommen würde und bei dem auch ein ähnliches Verhältnis zwischen dem Nutzen für die Allgemeinheit und dem individuellen Nachteil für den Betroffenen bestünde, liegt grundsätzlich keine ebenso zweckmäßige Alternative vor, weil sich die zuständige Behörde sonst stets auf die Belastung eines anderen verweisen lassen müsste, ohne die Duldung der Durchleitung jemals durchsetzen zu können (vgl. VGH BW, B.v 19.11.2013 - 3 S 1525/13 - NVwZ-RR 2014, 263 = juris Rn. 20; NdsOVG, B.v. 31.8.2017 - 13 LA 188/15 - ZfW 2018, 36 = juris Rn. 35; Zöllner in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, a.a.O. § 93 Rn. 64 m. w. N.).
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So liegt der Fall hier. Bei dem vom Kläger favorisierten Verlauf über das Grundstück FlNr. 1561/1 würde die Belastung privaten Grundes nicht vermieden, sondern nur vom klägerischen Grundstück auf das gegenüberliegende Grundstück verlagert. Eine solche bloße Verlagerung stellt keine zweckmäßige Alternative dar. Der Kläger legt auch nicht dar, dass bei einer Inanspruchnahme des Grundstücks FlNr. 1561/1 der Nutzen für die Allgemeinheit größer wäre und die Belastung für dieses Grundstück geringer ausfiele als für sein eigenes. Im Gegenteil verkennt er, dass der gegenüberliegende Grundstückseigentümer nach der aktuellen Planung schon jetzt durch den erforderlichen Schutzstreifen betroffen ist und durch die vom Kläger favorisierte Trassenführung flächenmäßig doppelt so hoch belastet würde, während der Kläger unbelastet bliebe. Ausschlaggebend für die Bewertung der Belastung ist die flächenmäßige Inanspruchnahme durch den Schutzstreifen, da dieser zukünftig forstwirtschaftlich nicht mehr genutzt werden kann. Dies betrifft beide Grundstücke gleichermaßen unabhängig vom derzeitigem Baumbestand. Auf den Umstand, ob auf dem Nachbargrundstück ebenso viele Bäume zu fällen wären bzw. der Bewuchs dort lichter und jünger ist, kommt es demnach nicht an. Der Kläger nutzt überdies, ebenso wie der Nachbar, sein Waldgrundstück forstwirtschaftlich, sodass es üblich ist, dass Bäume geschlagen und neu gepflanzt werden. Es ist daher eher dem Zufall geschuldet, dass der Baumbestand auf dem nachbarlichen Grundstück (derzeit) jünger und lichter ist.
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Der Kläger legt auch nicht dar, dass die erstmalig im Schriftsatz vom 22. Dezember 2022 vorgetragenen weiteren Alternativtrassen (vollständige Verlagerung der Leitung mit Schutzstreifen auf das klägerische Grundstück unter Umgehung der beiden Eichen, Umfahrung der Eiche im Schutzstreifen, „mäandernde“ Verlegung der Leitung zum Schutz der Eiche und zur gleichmäßigen Belastung der Grundstücke) ebenso zweckmäßig wären. Er beschreibt insoweit weder einen konkreten Trassenverlauf noch zeigt er auf, dass die Alternativtrassen unter Beachtung aller geltenden Rechtsvorschriften und Regeln der Baukunst funktionell gleichwertig zur Plantrasse wären. Da aus technischen Gründen die Trinkwasserleitung möglichst gradlinig verlaufen muss, hat die Beigeladene zu Recht schiefe Leitungsverläufe als nicht ebenso zweckmäßig abgelehnt.
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Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz ist nicht ersichtlich, zumal das Grundstück FlNr. 1561/1 ebenso für den Schutzstreifen in Anspruch genommen wird wie das klägerische Grundstück (vgl. Bauentwurf vom 6/2021, Bl. 144b der Behördenakte). Die vom Kläger angesprochene Verschiebung der L2.strasse war auch nicht vom Nachbarn veranlasst. Grundlage der Planänderung war vielmehr eine Neuvermessung der FlNr. 1668 (W.weg). Da der tatsächliche Grenzverlauf entlang des Waldwegs vor Ort nicht zu ermitteln war, weil der W.weg nicht amtlich vermessen und ausgesteint war, wurde auf Veranlassung der Beigeladenen eine Vermessung und Abmarkung der FlNr. 1668 durchgeführt (vgl. Bl. 4 BA). Unter Zugrundelegung des Vermessungsergebnisses passte die Beigeladene ihre Planung an und plante die Fernwasserleitung möglichst mittig im W.weg, sodass die umliegenden Grundstücke in etwa gleichmäßig durch den erforderlichen Schutzstreifen belastet werden würden (Bl. 2, 115a BA, Bl. 54 GA).
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Die vom Kläger angeführte Doppelbelastung durch eine weitere Leitung ist für den Senat nicht nachvollziehbar, zumal ausweislich des Grundbuchs das klägerische Grundstück nicht bereits mit einem dinglich gesicherten Leitungsrecht belastet ist.
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3. Kann das streitgegenständliche Vorhaben durch eine andere L2.strasse nicht ebenso zweckmäßig durchgeführt werden, kommt es auf die Frage der Mehrkosten (§ 93 Satz 2 WHG i.V.m. § 92 Satz 2 WHG) nicht mehr an. Die Klägerseite verkennt, dass sich die Frage des erheblichen finanziellen Mehraufwandes in § 92 Satz 2 WHG erst stellt, wenn Trassenalternativen ebenso zweckmäßig sind, was hier nicht der Fall ist (s.o.). Entgegen der Ansicht des Klägers, muss der Vorhabenträger weder schiefe und damit unzweckmäßige Leitungsverläufe hinnehmen noch Alternativtrassen, die mit einem erheblichen finanziellen Mehraufwand verbunden sind.
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4. Auch soweit der Kläger rügt, dass die beiden Eichen nicht ausreichend in die behördliche Ermessensentscheidung eingeflossen wären, führt dies nicht zum Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat keine Ermessensfehler festgestellt und ausgeführt, dass die klägerischen Belange sachgerecht ermittelt, bewertet und in die Ermessensentscheidung eingestellt worden sind (UA S. 17). Der Bescheid selbst befasst sich unter Punkt 2.3.3.4. im Rahmen der Begründung der Ermessensentscheidung ausführlich mit den beiden klägerischen Eichen. Inwiefern die Ausführungen unzutreffend wären, legt der Kläger nicht dar. Insbesondere widerspricht der Kläger nicht der Feststellung, dass er sein Waldgrundstück forstwirtschaftlich nutzt, sodass ohnehin Bäume regelmäßig entnommen und neu gepflanzt werden.
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5. Rechtliche Bedenken gegen die Angemessenheit der im streitgegenständlichen Bescheid festgelegten Entschädigungsregelung sind im Zulassungsantrag nicht aufgezeigt. Die Entschädigung des Klägers beträgt entgegen seiner Annahme nicht nur 150 EUR; hinzu kommen vielmehr jedenfalls eine Hiebsunreifeentschädigung i.H.v. 1.115 EUR und eine Entschädigung für Randschäden i.H.v. 650 EUR (vgl. Bl. 56 GA), wobei die Höhe durch einen Waldsachverständigen im Rahmen eines Waldwertgutachtens ermittelt wurde (Nr. 2.2. des Bescheidtenors, Bl. 56 GA). Dass dies den Vorgaben des § 95 WHG nicht entsprechen würde, ist nicht dargetan.
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B. Der Zulassungsantrag zeigt auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Insoweit begnügt sich der Zulassungsantrag allein mit der Zitierung der Norm und legt nicht ansatzweise dar, worin diese Schwierigkeiten seiner Ansicht nach bestehen (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Allein der Hinweis, dass es um eine wasserrechtliche Duldungsanordnung ginge, welche mit komplizierten technischen Erwägungen und naturschutzrechtlichen Belangen kollidiert, genügt hierfür nicht.
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C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO.
31
D. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG (vgl. BayVGH, B.v. 5.11.2012 - 8 CS 12.802 - NVwZ-RR 2013, 28 = juris Rn. 15; B.v. 21.1.2013 - 8 ZB 11.2030 - ZfW 2013, 176 = juris Rn. 31; BayVGH, B.v. 22.2.2022- 8 C 21.2664 - Rn. 11). Danach ist der Streitwert in Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit grundsätzlich nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Maßgebend ist grundsätzlich der wirtschaftliche Wert des Klageziels, das der Kläger mit seinem Antrag unmittelbar erreichen will (vgl. BVerwG, B.v. 16.2.1995 - 1 B 205/93 - NVwZ 1995, 473 zu § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG a. F.; BayVGH, B.v. 8.1.2019 - 8 C 18.456 - NVwZ-RR 2019, 62 = juris Rn. 6). Empfehlungen in Bezug auf wasserrechtliche Duldungsanordnungen (§ 93 Satz 1 WHG) existieren nicht (vgl. Nr. 51 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013). Das wirtschaftliche Interesse des Klägers an der Aufhebung der Duldungsanordnung wird daher unter Berücksichtigung der dem Kläger gemäß Bescheid vom 18. Oktober 2021 zustehenden Entschädigung auf 2.000 EUR geschätzt (vgl. auch BayVGH, B.v. 21.1.2013 - 8 ZB 11.2030 - juris Rn. 31; BayVGH, B.v. 22.2.2022 - 8 C 21.2664 - Rn. 11). Die erstinstanzliche Streitwertfestsetzung ist entsprechend abzuändern (vgl. § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG).
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Mit der Ablehnung des Zulassungsantrages wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).