Inhalt

VG München, Urteil v. 19.04.2023 – M 28 K 21.1502
Titel:

Abgrenzung des baurechtlichen Innen- und Außenbereichs für die Festsetzung von Erschließungsbeiträgen im Zusammenhang mit einem Buchgrundstück

Normenketten:
BayKAG Art. 5a
BauGB § 34, § 35, § 131 Abs. 1 S. 1
Leitsatz:
Auch wenn streitgegenständliche Flächen im maßgeblichen Zeitpunkt der Entstehung der Beitragspflichten für Erschließungsbeiträge Teilflächen eines Buchgrundstücks sind, muss die Kommune eine Teilfläche des Buchgrundstücks, die dem Außenbereich iSv § 35 BauGB zuzurechnen ist, bei der Verteilung des beitragsfähigen Erschließungsaufwands unberücksichtigt lassen. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Erschließungsbeitragsrecht (teilweise erfolgreiche Klage), rechtswidrige Heranziehung einer im Außenbereich liegenden Grundstücksteilfläche zu einem Erschließungsbeitrag, Einzelfall der Abgrenzung von bauplanungsrechtlichem Innen- und Außenbereich, Erschließungsbeitragsrecht, Erschließungsbeitrag, Abgrenzung, Innenbereich, Außenbereich, Teilfläche, Grundstück, Buchgrundstück, Erschließungsaufwand
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 04.03.2024 – 6 ZB 23.1745
Fundstelle:
BeckRS 2023, 23441

Tenor

 I.    Der Bescheid der Beklagten vom 1. März 2021 wird aufgehoben, soweit darin ein höherer Erschließungsbeitrag als 36.789,77 € festgesetzt wurde.
 II.    Von den Kosten des Verfahrens hat die Klägerin 27/50 und die Beklagte 23/50 zu tragen.
III.    Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils vollstreckbaren Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

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Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu einem Erschließungsbeitrag.
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Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks FlNr. 64 (nachfolgend stets: Gemarkung …), das mit einem Wohnhaus bebaut ist ( … 3) und – im maßgeblichen Zeitpunkt der Entstehung der Beitragspflichten, vor einer späteren Grundstücksteilung – im Süden an der …, im Osten an dem … und im Norden an der – … Straße anliegt.
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Eine westliche Teilfläche dieses Grundstücks liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „…“ der Beklagten. Die nördlich und südlich an das Grundstück der Klägerin angrenzenden, bebauten Grundstücke liegen in den Geltungsbereichen der Bebauungspläne „…“ und „südlich des …“, letzterer Bebauungsplan setzt auch die streitgegenständliche Erschließungsanlage „… Straße“ fest. Die östlich des … angrenzenden Grundstücke sind nicht überplant und landwirtschaftlich genutzt (Freiflächen und landwirtschaftliche Gebäude). Eine 3.410 qm große, östliche Teilfläche des insgesamt 5.831 qm großen Grundstücks der Klägerin liegt nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans und ist auch nicht bebaut.
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Die Beklagte führte Straßenbaumaßnahmen zur Herstellung der … Straße ab den 1980er Jahren, im Schwerpunkt Mitte der 1990er Jahre und sodann wieder ab 2015 durch. Für einzelne Grundstücke entlang der … Straße, nicht jedoch für dasjenige der Klägerin, wurden bereits 1997 (rechtswidrig, vgl. Beschlussvorlage vom 14.1.2021, Bl. 18 der Behördenakte) Erschließungsbeiträge festgesetzt, die im Zuge der vorliegend streitgegenständlichen Beitragsabrechnung bei diesen Eigentümern angerechnet wurden. Die letzte Rechnung für Baumaßnahmen an der … Straße datiert aus dem Jahr 2019, eine Widmung der … Straße erfolgte im Jahr 2020.
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Mit Bescheid der Verwaltungsgemeinschaft P. als Behörde der Beklagten vom 1. März 2021 wurde für das Grundstück FlNr. 64/0 ein Erschließungsbeitrag in Höhe von 67.978,08 € festgesetzt und die Klägerin zur Zahlung aufgefordert. Der Festsetzung liegt die gesamte Fläche des Buchgrundstücks der Klägerin mit 5.831 qm zu Grunde.
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Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 18. März 2021 Klage zum Verwaltungsgericht München. Sie beantragte,
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den Erschließungsbeitragsbescheid der Verwaltungsgemeinschaft P. für die Erschließungsanlage „… Straße“ vom 1. März 2021 für das Grundstück FlNr. 64/0 (Gemarkung …*) aufzuheben.
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Zur Begründung wurde mit Schriftsatz vom 30. August 2021 vorgetragen. Geltend gemacht wurde im Kern, dass das Grundstück der Klägerin insgesamt nicht beitragspflichtig sei. Der östliche Teil des Grundstücks liege im bauplanungsrechtlichen Außenbereich, der westliche Teil werde über die abgerechnete Anlage nicht erschlossen. Im Übrigen bestünden gegen die Wirksamkeit des Bebauungsplans „südlich des …“ erhebliche Bedenken.
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Die Beklagte beantragte,
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die Klage abzuweisen
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und führte zur Begründung mit Schriftsätzen vom 12. Juli 2022 und 11. April 2023 aus. Im Kern wurde geltend gemacht, das gesamte Grundstück sei bauplanungsrechtlich dem Innenbereich zuzurechnen.
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Am 8. November 2022 erging ein gerichtliches Aufklärungsschreiben zu Einzelfragen der Widmung und der tatsächlichen Herstellung der … Straße, zu den Eigentumsverhältnissen einzelner Grundstücke im Umfeld der … Straße und zu weiteren Einzelfragen der Beitragsabrechnung. Hierzu nahmen die Klägerseite mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2022 und die Beklagte mit Schriftsatz vom 3. Januar 2023 Stellung.
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Am 24. März 2023 nahm der Berichterstatter die örtliche Situation im Umfeld des klägerischen Grundstücks und der abgerechneten Erschließungsanlage in Augenschein. Am 19. April 2023 fand mit den Beteiligten eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die von der Beklagten vorgelegte Behördenakte verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist zum Teil begründet.
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Der auf Art. 5a KAG i.V.m. der Erschließungsbeitragssatzung (EBS) der Beklagten vom 4. Februar 2019 beruhende Bescheid der Beklagten vom 1. März 2021 ist rechtswidrig, soweit darin für das Grundstück FlNr. 64 der Klägerin ein höherer Erschließungsbeitrag als 36.789,77 € festgesetzt wurde (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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1. Das Grundstück der Klägerin ist nur mit seiner westlichen, im Geltungsbereich des Bebauungsplans „…“ liegenden Teilfläche von 2.421 qm durch die abgerechnete Erschließungsanlage „… Straße“ erschlossen i.S.v. Art. 5a Abs. 9 KAG i.V.m. § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB, § 4 Satz 1 EBS. Die östliche Teilfläche von 3.410 qm liegt im bauplanungsrechtlichen Außenbereich i.S.v. § 35 BauGB und unterliegt nicht der Beitragspflicht für die abgerechneten Straßenbaumaßnahmen.
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a) Die östliche Teilfläche des klägerischen Grundstücks, die nicht im Geltungsbereich des Bebauungsplans „…“ liegt, ist dem bauplanungsrechtlichen Außenbereich i.S.v. § 35 BauGB zuzuordnen.
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Wegen der Grundsätze zur Abgrenzung von Innen- und Außenbereiche wird zunächst auf die diesbezüglich herrschende Auffassung in Rechtsprechung und Literatur verwiesen, der die Kammer folgt (statt vieler: BayVGH, B.v. 17.4.2023 – 1 ZB 22.1789 – juris Rn. 10; B.v. 6.2.2023 – 15 ZB 22.2506 – juris Rn. 7; B.v. 27.7.2022 – 9 ZB 22.431 – juris Rn. 7; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Februar 2023, § 34 Rn. 13 ff., § 35 Rn. 13 f.), wegen der diesbezüglichen erschließungsbeitragsrechtlichen Besonderheiten der Berücksichtigung typischer wohnakzessorischer Nutzungen vgl. u.a.: Schmitz, Erschließungsbeiträge, 2018, § 13 Rn. 31 f.; VG München, U.v. 29.7.2022 – M 28 K 19.2179 – juris Rn. 56 ff. m.w.N.. Zu Maßstäben aus Literatur und Rechtsprechung bezüglich der Feststellung eines sog. „Außenbereichs im Innenbereich“ vgl. die Darstellung im Urteil der Kammer vom 29. Juli 2022 (M 28 K 19.2179 – juris Rn. 85 ff.). Gemessen hieran ergibt sich vorliegend:
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Die zu beurteilende Grundstücksfläche bestimmt sich wie folgt: Unzweifelhaft besteht ein Bebauungszusammenhang im Bereich der straßenbegleitend, vor allem aber nördlich an die … (zwischen … und …*) angrenzenden Bebauung. Im Westen wird die zu beurteilende Fläche durch die Wohngebäude auf den FlNrn. 61 und 65 begrenzt, nördlich durch die beiden Wohngebäude am südlichen Ende des Bebauungsplangebiets „südlich des …“ (auf FlNnr. 93/2 und 93/3). Im Osten wird die fragliche Fläche nicht durch prägende Bebauung oder in anderer Weise begrenzt, da dem … wegen seiner geringen Breite und des einfachen Ausbauzustands keine „trennende“ Wirkung zukommt und sich östlich des … neben landwirtschaftlichen Freiflächen lediglich Gebäude befinden, die nicht dem ständigen Aufenthalt von Menschen bestimmt sind und nur Neben- und Lagergebäude zu landwirtschaftlichen Betrieben darstellen. In diesen so definierten Bereich sind für die Abgrenzung der Gebiete nach § 34 BauGB einerseits und § 35 BauGB andererseits auch Flächen einzubeziehen, die ihrerseits zwar im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liegen, aber nicht bebaut sind, weil (wie unmittelbar östlich des Wohngebäudes … 1 und nördlich des Wohngebäudes … 3) der Bebauungsplan dort keine Bebauung vorsieht oder (wie auf den FlNrn. 65/1, 92/9, 92/13) zwar eine Bebauung vorgesehen ist, diese aber im maßgeblichen Zeitpunkt noch nicht verwirklicht wurde (zur Berücksichtigung nur der faktisch vorhandenen Bebauung: Spannowsky in BeckOK BauGB, Stand 1.5.2022, § 34 BauGB Rn. 21; Rieger in Schrödter, BauGB, 9. Aufl. 2019, § 34 Rn. 14).
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Die so definierte Grundstücksfläche besteht mithin – unbeschadet der „Öffnung“ in den Außenbereich über den … hinweg – grundsätzlich aus der östlichen Hälfte des klägerischen Grundstücks (entspricht i.W. der heutigen FlNr. 64/1), dem unbebauten Bereich östlich des Wohngebäudes … 1 und nördlich des Wohngebäudes … 3 sowie (nach den aktuellen Grundstücksverhältnissen) den FlNrn. 65/1, 65/2, 92/9, 75/16 und 92/13. Hingegen bleiben die FlNrn. 92/2, 75/17 und 92 (Osthälfte) als zweifelsfrei „Baulücken“ vergleichbare Flächen außer Betracht.
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Gemessen an den konkreten örtlichen Verhältnissen ist diese Betrachtung jedoch etwas zu korrigieren: Hierzu veranlassen zwar nicht das Bienenhaus und der Pflanzen- und Baumbewuchs nördlich des Wohngebäudes auf dem klägerischen Grundstück, denen insoweit kein maßgebliches Gewicht zukommt. Auch die festgestellten Höhenunterschiede im Bereich des klägerischen Grundstücks veranlassen keine Korrektur, da es sich um eine relativ „fließende“, keine Plateaus oder ähnlich markante Zäsuren ausprägende Hanglage (abfallend von West nach Ost) handelt. Die Hanglage und – mehr noch – die vorhandene Bebauung schränken indes die Überschaubarkeit der beschriebenen Grundstücksfläche ein, weshalb die Kammer in die Beurteilung der maßgeblichen Fläche letztlich nur noch die südliche Hälfte des (heutigen) Grundstücks FlNr. 65/1 einbezieht, nicht mehr jedoch die sich daran nach Norden hin anschließenden Flächen.
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Die so beschriebene Fläche hat – bei Begrenzung der Messung am … – eine Größe von ca. 5.100 qm. Gemessen an der maßstabsbildenden Bebauung in der Umgebung ließen sich auf ihr mindestens fünf Bauvorhaben vergleichbarer Größe verwirklichen. Dabei ist sich die Kammer bewusst, dass über das Vorliegen einer „Baulücke“ nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben zu entscheiden ist, sondern auf der Grundlage einer umfassenden Bewertung der konkreten Gegebenheiten. Nach dem Eindruck des Gerichts von den konkreten baulichen und topographischen Verhältnissen, insbesondere der Größe und dem Zuschnitt der Fläche, ihrer höhenmäßigen Entwicklung, den im Zusammenhang mit ihrer Erschließung möglichen Varianten und ihrer „Öffnung“ über den … in den Außenbereich hinein, würde sich eine Bebauung dieser Fläche trotz der grundsätzlich an drei Seiten umgebenden Bebauung nicht mehr als zwanglose Fortsetzung der vorhandenen Bebauung darstellen. Diese Fläche ist vielmehr einer von der Umgebung unabhängigen gesonderten Entwicklung und Beplanung fähig und stellt deshalb bauplanungsrechtlich Außenbereich i.S.v. § 35 BauGB dar.
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b) Die westliche, vom Geltungsbereich des Bebauungsplans „…“ umfasste Teilfläche wird auch durch die abgerechnete Erschließungsanlage „… Straße“ erschlossen i.S.v. Art. 5a Abs. 9 KAG i.V.m. § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB, § 4 Satz 1 EBS.
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Vorliegend grenzt die nordöstliche Ecke der vom Geltungsbereich des Bebauungsplans „…“ umfassten Teilfläche des klägerischen Grundstücks – nur – punktförmig an die abgerechnete Erschließungsanlage an (nämlich an der südwestlichen Ecke der Stichstraße auf FlNr. 93/1). Im Übrigen grenzt die Stichstraße an die unter 1. a) ermittelte und beschriebene Außenbereichsteilfläche des klägerischen Grundstücks an. Dies hindert das „Erschlossensein“ der Innenbereichsteilfläche indes nicht, denn diese Teilfläche ist – unter erforderlichem Hinwegdenken der weiteren Erschließungsanlage „…“ – auch wegen der … Straße bebaubar.
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Die … Straße besitzt auch südlich des Wendehammers im Bereich der FlNr. 93/1 Anbaubestimmung, da über sie an die angrenzenden Grundstücke in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht herangefahren werden kann und darf (vgl. Schmitz, a.a.O., § 6 Rn. 25). Die im Geltungsbereich des Bebauungsplans „…“ liegende Teilfläche des klägerischen Grundstücks ist auf Grund von dessen Festsetzungen auch beitragsrechtlich relevant nutzbar (vgl. die für das klägerische Grundstück festgesetzte Baugrenze, innerhalb derer sich das Bestandsgebäude … 3 befindet). Insoweit sind auch die Erreichbarkeitsanforderungen für eine gesicherte Erschließung gewahrt, denn entsprechend dem Gebietscharakter im Bereich des klägerischen Grundstücks als Wohngebiet genügt mangels besonderer anderer planungsrechtlicher oder sonstiger Anforderungen die durch die … Straße gewährleistete Möglichkeit des „Heranfahrenkönnens“ an das klägerische Grundstück aus (vgl. Schmitz, a.a.O., § 13 Rn. 53 ff., 56). Dass von dort aus – wegen des lediglich punktförmigen Anliegens – die beschriebene Innenbereichsteilfläche der FlNr. 64 nur durch kurzes Überschreiten der beschriebenen Außenbereichsteilfläche der FlNr. 64 betreten werden kann, hindert das „Erschlossensein“ nicht, da der Zugang tatsächlich möglich und auf Grund des – im maßgeblichen Zeitpunkt – einheitlich im Eigentum der Klägerin stehenden Buchgrundstücks, das in seiner Gesamtheit am Ende der Stichstraße in ausreichender Breite an der Erschließungsanlage anliegt, auch rechtlich gesichert ist.
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c) Obwohl die vorgenannten Flächen – im maßgeblichen Zeitpunkt der Entstehung der Beitragspflichten – Teilflächen eines Buchgrundstücks sind (vgl. zur grundsätzlichen Maßgeblichkeit des Buchgrundstücks im Erschließungsbeitragsrecht: Schmitz, a.a.O., § 13 Rn. 7 ff.), hätte die Beklagte die beschriebene östliche, dem bauplanungsrechtlichen Außenbereich i.S.v. § 35 BauGB zuzurechnende Teilfläche bei der Verteilung des beitragsfähigen Erschließungsaufwands unberücksichtigt lassen müssen.
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Denn ein Grundstück wird durch eine Anbaustraße im Sinne des § 131 Abs. 1 BauGB nur erschlossen, wenn ihm durch diese Straße die Bebaubarkeit oder eine der Bebaubarkeit erschließungsbeitragsrechtlich gleichstehende Nutzung vermittelt wird und „es ist erschlossen nur, soweit diese Voraussetzungen vorliegen“ (Matloch/Wiens, Das Erschließungsbeitragsrecht in Theorie und Praxis, Stand April 2023, Rn. 822, Hervorhebung nicht im Original). Wenn ein Buchgrundstück - wie vorliegend – mit dem durch die maßgebliche Erschließungsanlage erschlossenen Teil im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liegt, mit einer weiteren Teilfläche aber schon in den Außenbereich reicht, muss zur Bestimmung der erschlossenen Fläche die Außenbereichsfläche abgezogen werden (Schmitz, a.a.O., § 13 Rn. 26, 31 f.; VG München, U.v. 29.7.2022 – M 28 K 19.2179 – juris Rn. 56 ff. m.w.N.).
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d) Die tenorierte teilweise Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheids errechnet sich daraus, dass statt einer Grundstücksfläche von 5.831 qm richtigerweise nur eine Grundstücksfläche von 2.421 qm zu berücksichtigen ist. Unter Anwendung des – nicht streitigen – Nutzungsfaktors für das klägerische Grundstück von 1,3 (§ 6 Abs. 2 EBS) errechnet sich eine korrigierte beitragspflichtige Grundstücksfläche von 3.147,30 qm. Der zutreffende Beitragssatz errechnet sich bei korrigierter Summe der beitragspflichtigen Flächen (19.039,93 qm abzüglich früherem Ansatz FlNr. 64 von 7.580,30 qm zuzüglich korrigiertem Ansatz FlNr. 64 von 3.147,30 qm) von 14.606,93 qm auf 11,689312 €/qm. Multipliziert mit der korrigierten beitragspflichtigen Grundstücksfläche errechnet sich ein rechtmäßiger Beitrag in Höhe von 36.789,77 €.
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2. Die von Klägerseite gegen die Wirksamkeit des Bebauungsplans „südlich des …“ (5. Änderung) angeführten Bedenken verhelfen der Klage nicht zum Erfolg.
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a) Soweit geltend gemacht wurde, die Verfahrensvermerke des am 7. August 2015 bekannt gemachten Bebauungsplans enthielten keinen Ausfertigungsvermerk, ist dem die Beklagte durch Hinweis auf die am 7. August 2015 noch vor der ortsüblichen Bekanntmachung erfolgte handschriftliche Unterzeichnung durch den ersten Bürgermeister (vgl. nach Ziffer 7. der Verfahrensvermerke des Bebauungsplans) zutreffend und im Folgenden unwidersprochen entgegengetreten. Eines expliziten Hinweises darauf, dass die handschriftliche Unterzeichnung durch den ersten Bürgermeister die Ausfertigung darstellte, bedarf es nicht (vgl. BayVGH, U.v. 18.11.1991 – 14 N 89.1153 – juris Rn. 61).
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b) Soweit geltend gemacht wurde, die 5. Änderung des Bebauungsplans stelle sich jedenfalls hinsichtlich der Festsetzung einer öffentlichen Verkehrsfläche auf FlNr. 93/1 als abwägungsfehlerhaft i.S.v. § 1 Abs. 7 BauGB dar, weil ausweislich der Begründung des Bebauungsplans eine Erschließung des klägerischen Grundstücks durch die (verlängerte) … Straße kein planerisches Ziel gewesen sei, in einer Beschlussvorlage für die Gemeinderatssitzung mit dem Satzungsbeschluss aber auf die erleichterte spätere Abrechnung von Erschließungskosten durch die Festsetzung auf FlNr. 93/1 hingewiesen worden sei, greift dies nicht durch. Die Beklagte hat insoweit im Schriftsatz vom 12. Juli 2022 schlüssig und in rechtlich nicht zu beanstandender Weise dargelegt, dass planerisches Ziel der 5. Änderung des Bebauungsplans die Gewährleistung einer ausreichenden baurechtlichen Erschließung der Grundstücke FlNrn. 65/1 (damals 65 TF) und 93/2 war. Dass sich hieraus erschließungsbeitragsrechtliche Konsequenzen auch für das Grundstück FlNr. 64 der Klägerin ergaben, vermag einen Abwägungsfehler i.S.v. § 1 Abs. 7 BauGB nicht zu begründen (zumal angesichts des – vom zuständigen Landratsamt bestätigten – Standpunkts der Beklagten, bei dieser Fläche handle es sich insgesamt um bauplanungsrechtlichen Innenbereich, dem angesichts der Größe der betroffenen Fläche auch die … Straße eine erforderliche Erschließung vermitteln konnte).
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Weitere Aspekte, welche die – ggf. teilweise – Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Bescheids begründen könnten, sind der Kammer nicht ersichtlich. Sie ergaben sich insbesondere nicht hinsichtlich der Abgrenzung der maßgeblichen Erschließungsanlage, der Verteilung des beitragsfähigen Erschließungsaufwands und der Entstehung der sachlichen Beitragspflichten aus der Überprüfung der im gerichtlichen Aufklärungsschreiben vom 8. November 2022 aufgeworfenen Aspekte und wurden von den Beteiligten auch nicht geltend gemacht.
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Der Klage war deshalb mit der Kostenfolge des § 155 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 VwGO im tenorierten Umfang stattzugeben.
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Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.
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Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nrn. 3 oder 4 VwGO nicht vorliegen (§ 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO).