Inhalt

VGH München, Beschluss v. 01.02.2023 – 16a DZ 22.2493
Titel:

Keine Zulassung der Berufung gegen Disziplinarurteil

Normenketten:
GG Art. 103 Abs. 1
BayDG Art. 27 Abs. 1 S. 3, § 62 Abs. 2 S. 2
BeamtStG § 34 S. 3 (idF bis zum 7.7.2021)
BeamtStG § 37 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, § 47 Abs. 1 S. 1
VwGO § 86 Abs. 1, § 108 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 5, § 124a Abs. 4 S. 4
DS-GVO Art. 6 Abs. 1 S. 1
Leitsätze:
1. Ein Beweisantrag im Sinne von § 86 Abs. 2 VwGO setzt voraus, dass er sich auf eine konkrete und individualisierte Tatsache bezieht. Dafür genügt weder ein pauschales Bestreiten von konkreten in einer Disziplinarverfügung zur Last gelegten Sachverhalten noch der nachträgliche allgemeine Verweis auf gegensätzliche eigene Ausführungen im Laufe des behördlichen oder gerichtlichen Verfahrens. (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)
2. Allein die Möglichkeit einer anderen Bewertung der Beweisaufnahme rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht; eine fehlerhafte Beweiswürdigung als Zulassungsgrund ist nur dann gegeben, wenn die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts augenscheinlich nicht zutreffen oder beispielsweise wegen gedanklicher Lücken oder Ungereimtheiten ernstlich zweifelhaft sind. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Verarbeitung von personenbezogenen Daten ist nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 DS-GVO ua dann rechtmäßig, wenn sie zur Ausübung der Disziplinarbefugnisse durch den verantwortlichen Dienstvorgesetzten erforderlich ist. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Lehrerin im Realschuldienst, Geldbuße (4.000 Euro), Wiederholter Verstoß gegen Wohlverhaltenspflicht, Beleidigung des Konrektors und einer Kollegin, Beamte, Lehrer, Beleidigung, Wohlverhaltenspflicht, Dienstvergehen, Disziplinarverfahren, Beweisantrag, Beweiswürdigung, personenbezogene Daten, Geldbuße, Berufung, Verfahrensmangel, ernstliche Zweifel
Vorinstanz:
VG Ansbach, Urteil vom 27.07.2022 – AN 12b D 18.2511
Fundstelle:
BeckRS 2023, 1983

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

Gründe

1
Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO (Verfahrensmangel, auf dem die Entscheidung beruhen kann) und des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils) gestützte Zulassungsantrag (vgl. Art. 62 Abs. 2 Satz 2 BayDG) bleibt ohne Erfolg.
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1. Die Berufung ist nicht wegen des behaupteten Verfahrensmangels einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht zuzulassen. Das Verwaltungsgericht hat nicht dadurch gegen seine Pflicht zur Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) und seine Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) verstoßen, dass es die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 14. Juli 2022 gestellten Beweisanträge auf Einvernahme der Zeugen F. und T. („Außerdem stellt der Klägervertreter den Beweisantrag aus dem Schriftsatz vom 5. Juli 2022“, Protokoll v. 14.7.2022 S. 22) abgelehnt und insoweit von einer weiteren Sachaufklärung abgesehen hat.
3
Die Ablehnung eines Beweisantrags verletzt den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör nur dann, wenn die unter Beweis gestellte Tatsachenbehauptung nach dem Rechtsstandpunkt des entscheidenden Gerichts erheblich ist und die Nichtberücksichtigung des Beweisangebots im Prozessrecht keine Stütze findet (BVerfG, B.v. 8.11.1978 – 1 BvR 158/78 – juris Rn. 11; BVerwG, B.v. 25.1.2016 – 2 B 34.14 – juris Rn. 32). Dies ist hier hinsichtlich der von der Klägerin gestellten Beweisanträge nicht der Fall. Das Verwaltungsgericht hat die Beweisanträge aus den im Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 14. Juli 2022 (S. 23 f.) angeführten allgemeinen prozessualen Gründen ohne Rechtsfehler abgelehnt. Zur Begründung setzte es sich detailliert mit den im Schreiben vom 5. Juli 2022 dargestellten Beweistatsachen auseinander und stellte zutreffend fest, dass diese im Wesentlichen als wahr unterstellt werden könnten.
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Die Klägerin wendet hiergegen ohne Erfolg ein, das Verwaltungsgericht sei dazu verpflichtet gewesen, die Beweisanträge gemäß § 88 VwGO sachgerecht und nicht lediglich anhand des Wortlauts des Schriftsatzes vom 5. Juli 2022 auszulegen. Im Rahmen der Begründung seines die Beweisanträge ablehnenden Beschlusses habe das Erstgericht den Schriftsatz vom 31. Mai 2022 völlig ausgeblendet. Die Benennung der Zeugen nehme offenkundig Bezug auf die Klagebegründung vom 3. Dezember 2019 und die dortigen Ausführungen der Klägerin zu den Positionen 10, 12 und 14 (Klagebegründung S. 23 bis 30) bzw. zu den Positionen 3 bis 10 (Klagebegründung S. 11 bis 28). Dort habe die Klägerin die Sachverhalte abweichend von der Sachverhaltsdarstellung der Disziplinarbehörde geschildert. Mit der Ablehnung der Beweisanträge verkürze das Verwaltungsgericht in unzulässiger Weise den durch Auslegung problemlos zu ermittelnden Inhalt der von der Klägerin gestellten Beweisanträge.
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Damit vermag die Zulassungsbegründung nicht durchzudringen. Denn ein vorab zu bescheidender Beweisantrag im Sinne von § 86 Abs. 2 VwGO setzt voraus, dass er sich auf eine konkrete und individualisierte Tatsache bezieht (Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 86 Rn. 55; vgl. § 373 ZPO i.V.m. § 98 VwGO zum Zeugenbeweis). Daran fehlt es hier. Angesichts des ausdrücklichen Beweisantrags „aus dem Schriftsatz vom 5. Juli 2022“ gab es für das Verwaltungsgericht keinen Anlass, weitere Schriftsätze des Bevollmächtigten zu möglichen Beweisanträgen in den Blick zu nehmen. Insbesondere das klägerische Schreiben vom 31. Mai 2022 konnte das Verwaltungsgericht als überholt ansehen, nachdem der Klägerbevollmächtigte mit seinem Schriftsatz vom 5. Juli 2022 auf den zutreffenden Hinweis der Landesanwaltschaft (Schr. v. 9.6.2022) reagiert hatte, in dem Schreiben vom 31. Mai 2022 bleibe mit der bloß „gegenbeweislichen“ Benennung der Zeugen F. und T. zu den Positionen 10, 12 und 14 bzw. 3 bis 10 der Disziplinarverfügung offen, über welche konkreten Tatsachen die Zeugen aussagen sollten. Für die Bezeichnung einer bestimmten Beweistatsache genügt weder ein pauschales Bestreiten von konkreten in der Disziplinarverfügung zur Last gelegten Sachverhalten noch der nachträgliche allgemeine Verweis auf gegensätzliche eigene Ausführungen im Laufe des behördlichen oder gerichtlichen Disziplinarverfahrens (z.B. in der Klagebegründung vom 3.12.2019). Es ist nicht Aufgabe des Verwaltungsgerichts, sich aus dem Vortrag der Klagepartei die Beweistatsachen zusammenzusuchen, die zur Begründung des Beweisantrags geeignet sein könnten. Es fehlte zudem an der Darlegung, welche rechtlich erheblichen Bekundungen über die konkreten Wahrnehmungen der Zeugen zu erwarten sind. Andernfalls ist das Gericht nicht in der Lage, die Tauglichkeit des Beweismittels zu beurteilen (BVerwG, B.v. 24.9.2012 – 5 B 30.12 – juris Rn. 9; B.v. 24.3.1987 – 9 B 307.86 – juris Rn. 8). Eine Vernehmung der angebotenen Zeugen musste sich vor diesem Hintergrund nicht aufdrängen.
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2. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens ebenfalls nicht. Solche sind nur zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und die Zweifel an der Richtigkeit dieser Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
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Die Klägerin hat ein innerdienstliches Dienstvergehen im Sinne von § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG begangen (2.1 und 2.2.1), das die Verhängung einer Geldbuße in Höhe von 4.000,00 Euro rechtfertigt (2.2.2).
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2.1 Das Verwaltungsgericht ist aufgrund der vorgelegten Behördenakten und der Zeugenaussagen in der mündlichen Verhandlung zu Recht zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin die ihr in dem angegriffenen Urteil vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen (Anschuldigungspunkte 1, 3 bis 6, 8 und 10 bis 15) begangen hat. Die von der Klägerin in ihrer Zulassungsbegründung (dort unter 2.a, S. 5 bis 13) „in tatsächlicher Hinsicht“ erhobenen Einwände gegen die erstinstanzliche Entscheidung überzeugen nicht und bedürfen keiner weiteren Prüfung in einem Berufungsverfahren.
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Die Klägerin wendet sich im Wesentlichen (Anschuldigungspunkte 3, 4, 5, 8 und 15) gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Ausgangsgerichts. Solche Fehler sind im Hinblick auf § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO im Berufungszulassungsverfahren nur einer eingeschränkten Prüfung zugänglich (vgl. BayVGH, B.v. 18.6.2018 – 8 ZB 18.734 – juris Rn. 12; Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124 Rn. 19). Für einen darauf gestützten Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO genügt der Vortrag, die Tatsachen seien anders als vom Verwaltungsgericht angenommen oder der Sachverhalt bzw. das Ergebnis einer Beweisaufnahme sei anders zu bewerten, nicht. Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Das Gericht ist im Grundsatz nicht an bestimmte Beweisregeln gebunden. Es würdigt den Prozessstoff auf seinen Aussage- und Beweiswert für die Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen nur nach der ihm innewohnenden Überzeugungskraft. Trotz des besonderen Charakters der Beweiswürdigung, der dem Gericht einen Wertungsrahmen eröffnet, ist das Gericht allerdings nicht gänzlich frei. Die richterliche Überzeugung muss auf rational nachvollziehbaren Gründen beruhen, d.h. sie muss insbesondere die Denkgesetze, die Naturgesetze sowie zwingende Erfahrungssätze beachten. Ein Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO liegt vor, wenn das Gericht von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, namentlich Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätten aufdrängen müssen, oder wenn die Beweiswürdigung objektiv willkürlich ist, gegen die Denkgesetze verstößt oder einen allgemeinen Erfahrungssatz missachtet. Wegen einer fehlerhaften Beweiswürdigung ist der Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO i.V.m. Art. 62 Abs. 2 Satz 2 BayDG folglich nur dann gegeben, wenn die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts augenscheinlich nicht zutreffen oder beispielsweise wegen gedanklicher Lücken oder Ungereimtheiten ernstlich zweifelhaft sind. Allein die Möglichkeit einer anderen Bewertung der Beweisaufnahme rechtfertigt die Zulassung der Berufung jedoch nicht (vgl. BayVGH, B.v. 18.6.2018 – 8 ZB 18.734 – juris Rn. 12; B.v. 12.4.2021 – 8 ZB 21.23 – juris Rn. 14; OVG NW, B.v. 21.6.2012 – 18 A 1459/11 – juris Rn. 9; VGH BW, B.v. 11.2.2019 – 12 S 2789/18 – juris Rn. 19). Ein solcher zur Zulassung der Berufung führender Mangel der Beweiswürdigung lässt sich dem Zulassungsvorbringen nicht entnehmen.
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Das Verwaltungsgericht ist in seiner ausführlichen Urteilsbegründung auf die Aussagen der Zeugen in der mündlichen Verhandlung sowie auf die Bedenken der Klägerin eingegangen und hat in nachvollziehbarer und schlüssiger Weise dargelegt, wie und warum es zu seiner richterlichen Überzeugung gelangt ist. Demgegenüber sind im Zulassungsantrag Fehler bei der Beweiswürdigung nicht substantiiert dargelegt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO i.V.m. Art. 62 Abs. 2 Satz 2 BayDG). Die Klägerin hat nicht aufgezeigt, dass das Verwaltungsgericht von unzutreffenden Tatsachen ausgegangen ist oder die Beweiswürdigung gedankliche Lücken oder Ungereimtheiten aufweist. Sie bestreitet größtenteils die Vorwürfe und führt im Wesentlichen lediglich aus, dass das Verwaltungsgericht die Zeugenaussagen anders hätte bewerten müssen.
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2.1.1 Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen (Anschuldigungspunkt 1), dass die E-Mails der Klägerin vom 23. und 24. Oktober 2015, die diese an den damaligen Konrektor RSD L. geschrieben hatte („Der betreffende Kollege besitzt nämlich Artenschutz, u.a. in der FS-D, weswegen er die Schulleitung duzt, und Migräneschutz und Altersschutz und männliche Lehrkraft-Schutz und was weiß ich noch alles…“; „Den Spionageberichten und dem stasi-artigen Hörensagen einiger Kollegen und PR-Mitgliedern, die sich mit zusammenhanglosen Gesprächsfetzen oben anzubiedern versuchen, würde ich wenig Glauben schenken…“) nicht einem Beweisverwertungsverbot unterliegen.
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Mit ihrem Einwand, ihre E-Mail-Korrespondenz habe ausschließlich vertraulichen und somit nicht-dienstlichen Charakter gehabt, hat sich bereits das Verwaltungsgericht eingehend auseinandergesetzt (UA S. 10). Da RSD L. in seiner E-Mail vom 24. Oktober 2015 (11:10 Uhr) der Klägerin eindeutig zu erkennen gegeben hat, dass er in die Zukunft gerichtet eine besondere Vertraulichkeit in der Kommunikation mit der Klägerin nicht mehr wahren wird, durfte die Klägerin nicht mehr davon ausgehen, dass RSD L. den Inhalt ihrer darauf später antwortenden E-Mail vom 24. Oktober 2015 (15:34 Uhr) als vertraulich einstufen werde. Hierzu verhält sich die Zulassungsbegründung nicht. Damit genügt sie insoweit schon nicht den Darlegungserfordernissen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO i.V.m. Art. 62 Abs. 2 Satz 2 BayDG).
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Dass es sich entgegen der klägerischen Auffassung auch bei der E-Mail vom 23. Oktober 2015 nicht um eine höchstvertrauliche Mitteilung gehandelt hat, bestätigt die Klägerin in ihrer E-Mail vom 24. Oktober 2015 (15:34 Uhr) an den damaligen Konrektor, in der sie ausführt: „Hi …, wenn etwas privat und vertraulich ist, sage ich das deutlich. Da ich dies nicht getan habe, habe ich hier einen Kollegen, den ich von seiner Arbeitshaltung her respektiere, über meine Sicht der Dinge informiert.“ Der Inhalt der E-Mails bezieht sich zudem ganz wesentlich auf Vorgänge, die einen dienstlichen Bezug haben und nicht zum höchstpersönlichen Bereich der Klägerin gehören, mithin keine besonders sensiblen Daten umfassen. Zudem wurde die E-Mail-Korrespondenz zwischen der Klägerin und dem damaligen Konrektor RSD L. über die jeweiligen dienstlichen E-Mail Accounts abgewickelt. Die Ausgangs-E-Mail des RSD L. vom 23. Oktober 2015 schloss darüber hinaus mit seiner förmlichen Signatur, inklusive Dienstbezeichnung, dienstlicher Adresse, dienstlicher Funktions-E-Mail-Adresse („verwaltung@rs-…de) und dienstlicher Telefonnummer ab. Die Klägerin hat sich bewusst an einer E-Mail-Korrespondenz mit dem stellvertretenden Schulleiter beteiligt. Wenn dieser dann ihrer später formulierte Erwartung der Vertraulichkeit nicht entspricht, liegt dies mit in ihrem Risikobereich.
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Der weitere Einwand, der damalige stellvertretende Schulleiter RSD L. habe durch die Weiterleitung der privaten E-Mails gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) verstoßen, was zu einem Verwertungsverbot führe, ist bereits widersprüchlich, soweit die Zulassungsbegründung meint, dass die Verordnung gemäß Art. 2 Buchst. c DS-GVO keine Anwendung auf die Verarbeitung personenbezogener Daten durch natürliche Personen zur Ausübung familiärer oder privater Tätigkeiten fände und die verfahrensgegenständlichen Äußerungen der Klägerin gerade diesem Bereich zuzuordnen seien. Ungeachtet dessen ist die Verarbeitung der hier maßgeblichen personenbezogenen Daten nach der Verordnung zulässig. Gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 DS-GVO ist die Verarbeitung von Daten u.a. dann rechtmäßig, wenn sie zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung, der der Verantwortliche unterliegt, erforderlich ist (Buchst. c) oder wenn sie für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich ist, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde (Buchst. e). Dies ist bei der Ausübung der Disziplinarbefugnisse durch den verantwortlichen Dienstvorgesetzten als bereichsspezifischem Fachrecht mit Blick auf die Funktionen des Disziplinarrechts – insbesondere die Individual- und die Generalprävention sowie der Schutz der Integrität der öffentlichen Verwaltung – der Fall (Frankenstein, NordÖR 2019, 261/263; Heberlein in Ehmann/Selmayr, Datenschutz-Grundverordnung, 2. Aufl. 2018, Art. 6 Rn. 21).
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Die weitere Rüge, es sei – selbst wenn man von einer Verwertbarkeit der Äußerungen der Klägerin ausginge – nicht erkennbar, dass das Gericht die Vertraulichkeit der Äußerungen im Rahmen der Bemessung der Disziplinarmaßnahme im Sinne des von dem Beklagten selbst zitierten Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. November 2018 (2 C 60.17) berücksichtigt hätte, geht schon deshalb ins Leere, weil sich eine entsprechende Maßnahmemilderung aus der zitierten Entscheidung nicht ergibt. Fragen einer möglichen Beweisverwertung stellten sich dem Bundesverwaltungsgericht nicht. Im Übrigen ist es absurd, bei einer Verwertbarkeit der Äußerungen der Klägerin eine Maßnahmemilderung in Betracht ziehen zu wollen. Hierfür besteht keinerlei Notwendigkeit.
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Die Klägerin kann sich auch nicht auf den ins Feld geführten Grundsatz der Unschuldsvermutung mit der Begründung stützen, dass sie den betreffenden Kollegen nicht namentlich genannt habe. Denn für den Kommunikationspartner der Klägerin war der Kollege eindeutig identifizierbar. Dies genügt für den Verstoß gegen die Pflicht aus § 34 Satz 3 BeamtStG in der Fassung bis zum 6. Juli 2021, sich innerhalb und außerhalb des Dienstes achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten (Wohlverhaltenspflicht). Für diesen Verstoß ist es ohne Belang, dass es – wie die Klägerin meint – insoweit im Rahmen der §§ 186, 187 StGB am objektiven Tatbestandsmerkmal der klar definierbaren „Tatsache“ fehlen würde.
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2.1.2 Soweit sich die Zulassungsbegründung hinsichtlich des Anschuldigungspunkts 3 in der Behauptung erschöpft, im Rahmen der Chemiesaalbegehung am 27. September 2016 seien Kollegen oder Vorgesetzte nie Gegenstand der Vorwürfe der Klägerin gewesen, ihre Äußerungen seien völlig aus dem Kontext gerissen worden (sie habe die Fehler der Renovierung der Chemieräume resigniert mit der von ihr so empfundenen „Spessart-Inzuchtpolitik in Sachen Beförderungen“ an ihrer Dienststelle verglichen; vgl. Klagebegründung v. 3.12.2019 S. 11 ff.), Herrn StR (RS) Z. sei bei seiner Zeugenvernehmung vom 14. Juli 2022 der Sachverhalt nicht mehr erinnerlich gewesen und ihre Äußerungen unterlägen aufgrund der Vertraulichkeit des geführten Personalgesprächs einem Beweisverwertungsverbot, vermag dies nach den oben genannten Grundsätzen Fehler bei der Beweiswürdigung nicht substantiiert darzulegen. Dass die Klägerin den Sachverhalt aus ihrer Sicht abweichend bewertet, vermag die gerichtliche Beweiswürdigung allein nicht in Frage zu stellen. Auf die Aussage des Zeugen StR (RS) Z. hat das Verwaltungsgericht seine Überzeugungsgewissheit ausdrücklich nicht gestützt. Angesichts des Umstandes, dass die Äußerungen während der dienstlichen Begehung des Chemiesaals im Zusammenhang mit der Renovierung der Chemieräume durch den Schulaufwandsträger unter zeitweiser Mitanwesenheit des StR (RS) Z. und nicht – wie vorgetragen – im Rahmen eines vertraulich geführten Personalgesprächs getätigt wurden, besteht für ein Beweisverwertungsverbot unter Zugrundelegung des Zulassungsvorbringens kein Anhaltspunkt.
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2.1.3 Die Klägerin bestreitet, die ihr vorgehaltene Äußerung „Das ist schlimmer wie in einem Polizeistaat unter Hitler oder Putin“ getätigt und in Bezug auf die Schwerbehinderteneigenschaft einer Kollegin erklärt zu haben, dass „wir Amerikaner“ jemanden, der zur Arbeit gehen und stundenlang Tennis spielen könne, als gesund ansähen. Alles Weitere sei Schmarotzertum. Sie sei von solchem Verhalten angewidert (Anschuldigungspunkt 4). Dies genügt indes nicht den Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, weil sie nicht auf die spezifische verwaltungsgerichtliche Argumentation (UA S. 14 f.) eingeht und damit eine substantiierte Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils unterlässt. Das Verwaltungsgericht (UA S. 14 f.) führte u.a. aus, dass es sich bei dem Gespräch am 12. Oktober 2016 nicht um ein vertrauliches Mitarbeitergespräch (Bek. v. 28.5.1998 – FMBl. S. 142, geändert d. Bek. v. 13.2.2009 – FMBl. S. 38; Ziff. IV Bek.v. 16.5.2014 – KWMBl. S. 114) gehandelt habe, weil Anlass des Gesprächs die Vorgänge im Hinblick auf die Chemiesaalbegehung am 27. September 2016 gewesen sei. Nach § 37 Abs. 2 Nr. 1 BeamtStG gelte die Verschwiegenheitspflicht des § 37 Abs. 1 BeamtStG nicht, soweit – wie hier – Mitteilungen im dienstlichen Verkehr geboten seien. Dass die Weitergabe von disziplinarrechtlich relevanten Sachverhalten, von denen ein stellvertretender Schulleiter im Rahmen eines anlassbezogenen Personalgesprächs Kenntnis erlangt, zur Verwendung in einem möglichen Disziplinarverfahren im dienstlichen Verkehr geboten sei, liege schon vor dem Hintergrund der gesetzlichen Wertung des Art. 27 Abs. 1 Satz 3 BayDG auf der Hand. Indem die Zulassungsbegründung diese Ausführungen gänzlich ausblendet und sich allein auf den wiederholenden Vortrag beschränkt, die Äußerung sei „im Rahmen eines vertraulichen Gesprächs“ erfolgt, lässt sie die notwendige Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffes nicht erkennen.
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2.1.4 Aufgrund der Aussagen der Zeugin StRin (RS) St. und des Zeugen StR (RS) H. gelangte das Verwaltungsgericht zu der Überzeugung, dass die Klägerin am 19. Oktober 2016 in einem Gespräch mit StRin (RS) St. den damaligen Konrektor RSD L. als „Arschloch“ bezeichnet habe (Anschuldigungspunkt 5).
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Auch diesbezüglich kommt die Klägerin nicht über ein Bestreiten der ihr zugeschriebenen Äußerung hinaus. Der bereits im Klageverfahren erhobene Einwand, die Aussagen der Zeugin StRin (RS) St. seien nicht verwertbar, weil die Klägerin „davon ausgegangen“ sei, dass es sich bei allen Gesprächen mit der Personalratsvorsitzenden um vertrauliche Gespräche handele, genügt nicht den Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Die Zulassungsbegründung setzt sich insoweit nicht mit den entscheidungstragenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts auseinander, wonach Art. 10 BayPVG schon deshalb nicht zu greifen vermag, weil der Zeugin StRin (RS) St. die Beleidigung des RSD L. durch die Klägerin am 19. Oktober 2016 nicht im Rahmen ihrer Personalratstätigkeit bekannt geworden sei. Zum einen sei das Personalgespräch vom 12. Oktober 2016, zu dem die Zeugin durch die Klägerin beigezogen wurde, am 19. Oktober 2016 bereits beendet gewesen, zum anderen falle die Wahrnehmung einer Beleidigung von vorneherein nicht in den Aufgabenbereich eines Personalratsmitglieds. Nach Ansicht des Senats konnte die Klägerin auch nicht davon ausgehen, dass ihre öffentliche Äußerung im Lehrerzimmer unter Anwesenheit mindestens des Kollegen StR (RS) H. im Rahmen eines vertraulichen Gesprächs mit der Personalratsvorsitzenden getätigt wurde.
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2.1.5 Der Anschuldigungspunkt 6 wird von der Klägerin nicht bestritten, sondern nunmehr damit erklärt, sie habe mit ihren diesbezüglichen Aussagen („Dann verrecken halt die Diabetiker“; „Er [muslimischer Schüler] soll nach Syrien zum Beten“) als Reaktion auf die Absicht, das Krankenzimmer am Nachmittag für das Gebet eines muslimischen Schülers zu benutzen, lediglich darauf hinweisen wollen, dass es an einer säkularen Schule keine religiösen Belange auf Kosten der gesundheitlichen Versorgung der gesamten Schülerschaft im Krankenzimmer geben könne. Wenn die Klägerin in der Sache also (wohl) die Richtigkeit der Disziplinarmaßnahme (Geldbuße) in Frage stellt, rechtfertigt das ebenfalls nicht die Zulassung der Berufung. Die Klägerin hat mit ihren Aussagen den Bereich einer geordneten Diskussionskultur verlassen, indem sie auf den Vorschlag einer Kollegin, polemisch, unreflektiert und in ihrer Sprachwahl völlig überzogen reagiert hat anstatt, wie es sich angeboten hätte, sich einer sachlichen Diskussion zu stellen. Die Äußerung, dass der muslimische Schüler zum Beten nach Syrien gehen solle, zeugt in dieser Situation zudem von einem geringen Verständnis der Klägerin für die religiösen Belange des betroffenen Schülers.
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2.1.6 Auch hinsichtlich des Anschuldigungspunkts 8 („Ich habe alles mit dem Handy aufgenommen“) bestreitet die Klägerin den Sachverhalt und behauptet, lediglich gesagt zu haben, dass sie ohne Zeugen nicht weiter bereit sei, das Gespräch fortzusetzen oder „wir alles mit dem Handy aufnehmen können“, vermag die gerichtliche Beweiswürdigung nicht in Frage zu stellen. Denn das Verwaltungsgericht hat sich mit der gegenteiligen Sachverhaltsschilderung durch die Klägerin bereits auseinandergesetzt (UA S. 19). Im Rahmen seiner Beweiswürdigung kam es gleichwohl zu dem Schluss, dass der vorgeworfene Geschehensablauf durch die Aussagen des Zeugen RSD L. und der Zeugin B. bestätigt wurde, die sich am Tattag im Vorzimmer der Schulleitung aufgehalten und durch die geschlossene Tür des Zimmers der Schulleitung mitbekommen haben, dass beide Gesprächspartnerinnen dieses Gespräch sehr laut geführt haben. Die Zeuginnen RSDin a.D. I. und B. sowie der Zeuge RSD L. führten in ihrer gerichtlichen Zeugeneinvernahme zudem übereinstimmend aus, dass nach dem Gesprächsende die Klägerin, nachdem sie das Zimmer der damaligen Schulleiterin verlassen hatte, geäußert habe, alles mit dem Handy aufgenommen zu haben. Alle drei Zeugen hätten dieses Tatgeschehen im Verlauf der Zeugeneinvernahme glaubhaft geschildert. Ein Belastungseifer der Zeugen sei nicht erkennbar. Die Vermutung der Klägerin, es sei „davon auszugehen“, dass die seit Jahren an Multipler Sklerose erkrankte Frau RSDin I. die Klägerin nicht richtig verstanden habe, weil die neurologische Erkrankung deutliche Kommunikationsschwierigkeiten verursache, ist nicht geeignet, die auf drei verschiedenen Zeugen beruhende Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts zu erschüttern.
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2.1.7 Das Verwaltungsgericht ist hinsichtlich des Anschuldigungspunkts 12 davon ausgegangen, dass es am Vormittag des 21. März 2017 ein angespanntes Gespräch zwischen der Klägerin und StRin (RS) St. gegeben habe, in dem die Klägerin mutmaßte, dass StRin (RS) St. nervliche Probleme habe. Bei einem erneuten Aufeinandertreffen im Lehrerzimmer gegen 14:20 Uhr habe die Klägerin in einem Gespräch mit StRin (RS) St., Frau W. und StR (RS) H. gesagt: „Ihr seid doch alle geistig verwirrt“. Im Anschluss sei die Klägerin ins kleine Lehrerzimmer gegangen. Als StR (RS) H. der Klägerin gefolgt sei und diese auf ihr Verhalten angesprochen habe, habe die Klägerin StR (RS) H. aufgefordert, das Lehrerzimmer zu verlassen. Als StR (RS) H. nicht reagiert habe, habe die Klägerin versucht, ihn, während er in der geöffneten Glastür zum kleinen Lehrerzimmer gestanden sei, mit Hilfe der Glastür hinauszuschieben. Die Klägerin habe geschrien, dies sei Belästigung am Arbeitsplatz und sie rufe die Polizei.
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Im Übrigen (Anschuldigungspunkt 13) ist das Verwaltungsgericht zur Überzeugung gelangt, dass, als StR (RS) H. am 22. März 2017 auf die Klärung des Vorfalls vom Vortag bestand, die Klägerin gesagt habe, dass sie sich belästigt fühle und dass er dies bereits am Vortag getan habe, indem er sie physisch davon abgehalten habe, sich der Konfliktsituation zu entziehen. Die Klägerin habe anschließend das Lehrerzimmer mit den Worten verlassen „jetzt kommen die Männer in Grün“.
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Die Klägerin wendet unter Verweis auf ihre Ausführungen in der Klagebegründung vom 3. Dezember 2019 (S. 27 ff.) ein, dass das Erstgericht die Aussage der Zeugin S. in der mündlichen Verhandlung vom 14. Juli 2022 nicht hinreichend gewürdigt habe. Diese habe hervorgehoben, dass die Situation ihrer Meinung nach „grenzwertig“ gewesen sei. Die Klägerin habe sich allein schon wegen des Körperbaus des StR (RS) H. und seines Aufstellens vor der Klägerin räumlich eingeschränkt gefühlt. StR (RS) H., der von der Landesanwaltschaft Bayern selbst als Zeuge beschrieben werde, der „etwas übertrieben und im Hinblick auf seinen Beitrag zu seinen Gunsten untertrieben“ habe (vgl. Disziplinarverfügung v. 27.11.2018, S. 18), habe der Klägerin mehrfach mit beruflichen und persönlichen Konsequenzen gedroht.
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In der Aussage der Zeugin S. vermag der Senat keinen Widerspruch zu dem oben dargestellten Ergebnis der verwaltungsgerichtlichen Beweisaufnahme zu erkennen. Sie ist nicht geeignet, die Glaubwürdigkeit der Zeugin StRin (RS) St., des Zeugen StR (RS) H. und der Zeugin W. im Hinblick auf das entscheidende Kerngeschehen, der vorgeworfenen Aussagen und Geschehensabläufe am 21./22. März 2017, in Frage zu stellen. Die Zeugin S. stellte die unter dem Anschuldigungspunkt 12 vorgeworfenen Äußerungen und Verhaltensweisen der Klägerin nicht in Abrede. Eine Rechtfertigung dieses Verhaltens folgt nicht aus der Auffassung der Zeugin S., die Situation sei „grenzwertig“ gewesen. Denn die Zeugin bestätigte auch, dass StR (RS) H. in dieser Situation „sehr ruhig“ und „nicht beleidigend“ gewesen sei. Nicht nachvollziehbar erscheint der Einwand der Klägerin, StR (RS) H. habe sie unter Ausübung körperlicher Gewalt (indem er sich in den Türrahmen stellte) daran gehindert, sich der Situation zu entziehen, wenn sie – nach ihren eigenen Angaben (Stellungnahme v. 23.1.2018, S. 38 – Disziplinarakte S. 294) – anschließend „das kleine Lehrerzimmer durch die zweite Tür, mit der man das große Lehrerzimmer umgehen kann“, verlassen habe.
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2.1.8 Die Klägerin rügt, das Erstgericht habe die Äußerung in ihrer E-Mail vom 22. März 2017: „Ich möchte in diesem Zusammenhang und insb. nach dem erneuten Vorfall heute in der ersten Pause, bei der mir von Herrn H. in körperlich einschüchternder Weise sowie mit lautstarker Unterstützung von Frau St. und Frau W. in aller Öffentlichkeit rechtliche Konsequenzen angedroht wurden, noch einmal dringend bitten, im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht als Leiterin der Schule den betroffenen Personen deutlich zu machen, dass eine beiderseitige Kontaktaufnahme nur noch in dienstlichen Angelegenheiten zu erfolgen hat. Alle anderen Formen der Kontaktaufnahme sehe ich als provozierendes, stark belästigendes und kontinuierliches Mobbing an, gegen die ich mich in der Erhaltungspflicht meiner Gesundheit mit Hilfe des Hauptpersonalrats wehren werde. […]“ in rechtlich fehlerhafter Weise als Verstoß gegen ihre Dienstpflichten gewertet. Vielmehr handele es sich nur um eine zulässige Meinungsäußerung, die nicht als disziplinarrechtlich relevantes Fehlverhalten zu qualifizieren sei.
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Die Grenzen einer zulässigen Meinungsäußerung sind indes überschritten. Denn mit ihrer Äußerung unterstellt die Klägerin den betroffenen Kollegen, dass jede künftige, darüber hinaus gehende Kontaktaufnahme ein „stark belästigendes und kontinuierliches Mobbing“ darstelle. Durch diese generalisierende und praxisferne Aussage überschreitet die Klägerin die Grenze dessen, was im Interesse eines störungsfreien Dienstbetriebs und des Schutzes der Mitarbeiter vor unberechtigten Angriffen hingenommen werden kann.
29
2.1.9 Indem die Zulassungsbegründung unter Verweis auf das bisherige Vorbringen (vgl. Klagebegründung v. 3.12.2019, S. 31 ff.) die Bezeichnung von StRin (RS) G. als Denunziantin (Anschuldigungspunkt 15) weiterhin bestreitet, greift sie die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts in unsubstantiierter Weise an.
30
Aber selbst unter Zugrundelegung der Behauptung der Klägerin (Klagebegründung v. 3.12.2019, S. 19), sie habe gesagt, dass Herr StR (RS) D. „alle Fragen an Frau [RSDin] I. richten müsse oder an den denunzierenden Personalrat“ entfiele nicht der disziplinarische Vorwurf, einer „in erheblichem Umfang abwertenden“ Äußerung gegenüber einer Kollegin (UA S. 37). Der Einwand, dass ihre diesbezüglichen Äußerungen zwar pointiert seien, jedoch damit noch nicht die Grenze der freien Meinungsäußerung nach Art. 5 Abs. 1 GG überschritten sei, da die Verwendung des Begriffes „Denunziantin“ nicht per se beleidigend sei, greift nicht durch. Die Bezeichnung als Denunziantin, d.h. einer Person, die jemanden aus persönlichen, niedrigen Beweggründen, zum Beispiel um einen persönlichen Vorteil zu erlangen, angezeigt hat, umfasst im vorliegenden Kontext den Vorwurf, die Kollegin habe unter gravierendem Bruch des kollegialen Vertrauens bzw. unter wiederholter Missachtung der personalvertretungsrechtlichen Verschwiegenheitspflicht die Klägerin wahrheitswidrig einer Straftat verdächtigt. Die Unterstellung eines solchen Vorgehens impliziert ein ehrloses Verhalten und hat daher durchaus beleidigenden Charakter.
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2.2 Die Klägerin rügt zudem die Bewertung der Anschuldigungspunkte in rechtlicher Hinsicht.
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2.2.1 Als nicht tragfähig erweist sich die Ansicht, dass ihre Äußerungen (Anschuldigungspunkte 1, 3 und 4) allesamt privater Natur gewesen seien und es sich hierbei infolgedessen nicht um innerdienstliche Dienstpflichtverletzungen (§ 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG) gehandelt habe.
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Die Frage, wann ein pflichtwidriges Verhalten als innerdienstliches oder als außerdienstliches Dienstvergehen anzusehen ist, ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung hinreichend geklärt (vgl. BVerwG, B.v. 28.8.2018 – 2 B 5.18 – juris Rn. 21; Weiß GKÖD Band II, Stand März 2022, J 090). Die erforderliche Abgrenzung ist nicht bloß anhand einer formellen Dienstbezogenheit (zeitlicher oder örtlicher Zusammenhang), sondern in erster Linie materiell danach vorzunehmen, wieweit sich das Fehlverhalten auf den Amtsbereich des Beamten ausgewirkt hat (materielle Dienstbezogenheit). Hiernach liegt ein Fehlverhalten außerhalb des Dienstes (nur dann) vor, wenn es weder formell in das Amt des Beamten noch materiell in die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden war (stRspr, vgl. etwa BVerwG, U.v. 20.2.2001 – 1 D 55.99 – juris Rn. 57; U.v. 18.6.2015 – 2 C 9.14 – juris Rn. 10). Gemessen daran hat die Klägerin auch hinsichtlich der disziplinarisch zur Last gelegten Anschuldigungspunkte 1, 3 und 4 innerdienstliche Dienstvergehen begangen. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht die Innerdienstlichkeit in Bezug auf die Sachverhalte, die sich innerhalb des Schulgebäudes abgespielt haben, damit begründet, dass die Kollegen und Vorgesetzten der Klägerin deren Äußerungen vor dem Hintergrund der örtlichen Gegebenheiten und des Inhalts der Äußerungen und aufgrund der der Klägerin obliegenden Dienstaufgaben nicht als Äußerungen einer Privatperson erfahren haben. Nichts Anderes gilt in Bezug auf die Anschuldigungspunkte, denen schriftliche Äußerungen der Klägerin in der Form verschiedener E-Mails zugrunde liegen. Dies folgt indiziell bereits daraus, dass die Klägerin für das Versenden dieser E-Mails ihren dienstlichen E-Mail Account verwendet hat. Darüber hinaus steht der Inhalt dieser E-Mails mit dem Dienstbetrieb in einem so engen Zusammenhang, dass ohne diesen Zusammenhang die Dienstpflichtverletzungen nicht möglich gewesen wären.
34
2.2.2 Der Senat hält in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht eine einmalig wirkende materielle Einbuße für eine ausreichende, aber auch erforderliche Erziehungsmaßnahme. Auch dies hat die Vorinstanz eingehend und zutreffend begründet (vgl. im Einzelnen UA S. 39 ff.). Insbesondere die Beleidigung des damaligen Konrektors RSD L. als „Arschloch“ (Anschuldigungspunkt 5) und die Bezeichnung einer Kollegin als „Denunziantin“ bzw. „denunzierend“ (Anschuldigungspunkt 15) erweisen sich nicht als bloße Unhöflichkeiten, Taktlosigkeiten oder Ungehörigkeiten. Sie bringen sowohl aus Sicht eines objektiven Empfängers als auch aus der subjektiven Sicht der Betroffenen eine gravierende Herabwürdigung zum Ausdruck und sind damit als beleidigend einzustufen.
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Das Verwaltungsgericht hat zu Recht festgestellt, dass der Umstand, dass der Klägerin nach ihrer Auffassung in rechtswidriger Weise eine Anlassbeurteilung verweigert wurde, nicht als Milderungsgrund angesehen werden kann. Denn insoweit hätte die Klägerin versuchen müssen, auf der Grundlage der bestehenden Rechtsordnung den ihrer Auffassung nach bestehenden Anspruch auf Erstellung einer Anlassbeurteilung durchzusetzen.
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Auch die zwischenmenschlichen Spannungen zwischen der Klägerin und der früheren Schulleiterin RSDin a.D. I., die grundsätzlich entlastend wirken können (BayVGH, U.v. 17.12.2012 – 16a DZ 10.1943 – juris Rn. 16), hat das Verwaltungsgericht zutreffend gewürdigt. Soweit sie diese nicht für die Verhängung einer noch milderen Maßnahme hat ausreichen lassen, da die Klägerin im Rahmen dieses Spannungsverhältnisses inhaltlich und sprachlich überzogen, völlig unangemessen und zum Teil beleidigend reagiert habe, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden.
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Das Zulassungsvorbringen, die Vielfalt der Sachverhalte sei – entgegen der Auffassung des Erstgerichts – auch nicht auf einen mangelnden Willen der Klägerin, Konflikte zu vermeiden, zurückzuführen, sondern vielmehr darauf, dass sich die Klägerin infolge der personellen Probleme mit dem Personalrat und der Schulleitung immer mehr in die Enge gedrängt gesehen habe, liegt neben der Sache, da es die vorgeworfenen Verhaltensweisen in ihrer Art und Weise, aber auch in ihrer Quantität und Qualität nicht zu rechtfertigen vermag.
38
Die klägerische Rüge, die Einleitung des Disziplinarverfahrens zu einem früheren Zeitpunkt hätte zu einer Verhaltensänderung der Klägerin führen können, vermag der Senat nicht nachzuvollziehen. Denn die Klägerin hat sich weder durch die Dienstanweisung vom 17. Oktober 2016, durch die sie nachdrücklich zur Mäßigung aufgefordert wurde, noch durch das Gespräch mit dem zuständigen Ministerialbeauftragten am 22. Dezember 2016, in dem sie aufgefordert wurde, gegenüber der Schulleitung loyal zu sein und verbale Entgleisungen zu unterlassen, beeindrucken lassen. Selbst nach Einleitung des Disziplinarverfahrens am 7. Februar 2017 erfolgten weitere disziplinarrechtlich relevante Handlungen durch die Klägerin. Die umgehende Einleitung eines Disziplinarverfahrens bereits allein aufgrund des Anschuldigungspunktes 1 war von Seiten der Disziplinarbehörde nicht veranlasst. Vor diesem Hintergrund vermag der Senat die klägerische Auffassung nicht zu teilen, die Schulleitung habe es unterlassen, zur Befriedung der Situation beizutragen. Die Durchführung einer (weiteren) Mediation lehnte der Beklagte nachvollziehbar mit der Begründung ab (vgl. Bescheid des StMUK v. 27.7.2018, S. 16), dass bereits mehrere Gespräche mit der Klägerin stattgefunden hätten, u.a. am 22. Dezember 2016 unter Leitung des Ministerialbeauftragten, um eine Lösung und Befriedigung der Situation vor Ort herbeizuführen. Zudem sei, wie RSDin I. und RSD L. in einem Gespräch mit dem Ministerialbeauftragten berichteten, bereits eine Mediation versucht worden (vgl. hierzu Beiakte 2, S. 4 ff.). Der hierfür eingeschaltete Moderator hätte seinen Einsatz abgebrochen. Darüber hinaus zeigte sich die Konfliktlage vor Ort als derart verhärtet, dass eine neuerliche Mediation wenig bis nicht erfolgversprechend erschienen sei.
39
Dass es zu keinen Problemen der Klägerin mit Eltern und Schülern gekommen sei, stellt das normale Verhalten zur Erfüllung der Dienstpflichten dar und ist nicht geeignet, die Schwere des Dienstvergehens weiter abzumildern, zumal weder die Eltern noch die Schüler hinreichende Kenntnis über die konkreten disziplinarischen Vorwürfe haben dürften.
40
Das Verwaltungsgericht (UA S. 42) hat auch die lange Verfahrensdauer von der Einleitung des Disziplinarverfahrens am 7. Februar 2017 bis zur mündlichen Verhandlung im Juli 2022 mildernd berücksichtigt (BVerwG, U.v. 10.12.2015 – 2 C 50.13 – juris Rn. 4). Dabei hat es auch zutreffend angemerkt, dass die zeitliche Verzögerung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens zunächst dadurch ausgelöst worden sei, dass die Klage vom 27. Dezember 2018 erst am 3. Dezember 2019 durch die Klägerseite begründet worden und in der Folge eine umfangsreiche gerichtliche Beweisaufnahme durch die Einvernahme von insgesamt dreizehn Zeugen auf dem Höhepunkt des pandemiebedingten Infektionsgeschehens erforderlich gewesen sei.
41
Der Zulassungsbegründung ist zuzugeben, dass die polizeiliche Hausdurchsuchung, das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte sowie ihre dienstliche Abordnung und anschließende Versetzung sehr belastend gewesen sein dürften. Jedoch resultierten diese Maßnahmen in erster Linie aus dem Verhalten der Klägerin und können daher nicht durchgreifend mildernd berücksichtigt werden.
42
3. Die Klägerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens (§ 154 Abs. 2 VwGO i.V.m. Art. 72 Abs. 4 Satz 1 BayDG).
43
Gerichtsgebühren werden nicht erhoben (Art. 73 Abs. 1 BayDG).
44
Mit der Ablehnung des Antrags wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (Art. 62 Abs. 2 Satz 2 BayDG i.V.m. § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).